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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 25, H. 7

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Technik und Wirtschaft

H e ra u s g e b e r: Dr.-Ing. O tto B r e d t und Dr. G e o r g F re ita g / V DI-V erlag GmbH, B e rlin N W 7 25. J a h rg a n g

I Die Werksiedlung

Von O TTO D. SCHAEFER, Berlin

Im Januarheft gaben w ir im A u fsa tz „Das in­

dustrielle Unternehmen und die Siedlung“ einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, auf dem W ege über die Siedlung zur M ilderung der industriellen Arbeitslosigkeit beizutragen. Die vor­

liegende A rbeit beschäftigt sich ausschließlich m it dem Problem der W erksiedlung. A m Beispiel der Fabriksiedlung der Siem ens-W erke in Staaken bei Berlin zeigt Otto D. Schaefer, das Geschäfts führende Vorstandsmitglied des Reichskuratoriums fü r W irt­

schaftlichkeit, in welcher W eise zweckmäßig Staat und Industrie bei der Lösung dieser fü r die gesamte deutsche W irtsch a ft lebenswichtigen Frage Zu­

sammenarbeiten. Die Herausgeber.

Gesunde W irtschaftspolitik zu betreiben, ist gleichbedeutend mit der Beherrschung der K unst, die W egrichtung der wirtschaftlichen Entw icklung eines Volkes im voraus zu erkennen, sich ih r einzuordnen und sie nach planvollem Ermessen zum Wohle der Allgemeinheit zu beeinflussen.

Zur A usübung einer solchen K unst gehört eine Einstellung, welcher E igennutz und Eigenwunsch fern sind, welche also ihre Grundlage findet in dem bestimmten W ollen zum Dienst an der Allgemeinheit. Mitzweck der w irtschaftlichen Betätigung des einzelnen wie des w irtschaftlichen U nter­

nehmens überhaupt bleibt trotzdem nach wie vor das Streben nach R entabilität. Denn n u r au f G rund solcher Voraussetzung kann der H auptzw eck solcher Betätigung, durch A rbeitsicherung zur Existenzsicherung zu gelangen, erreicht werden.

Die wirtschaftlichen

und psychologischen Voraussetzungen

Es wäre abwegig, im Rahmen dieser A usführungen die Ursachen nochmals zu suchen und darzustellen, warum in der gegenwärtigen Zeitperiode schwerster w irtschaftlicher Störungen solche Arbeit- und Existenzsicherung nicht ge­

geben sind. Geht es doch darum, alle bis zum Ü berdruß angestellten theoretischen E rw ägungen au f die Seite zu schieben und zu handeln. Notwendig scheint n u r die Stel­

lungnahme zu der F rage zu sein, ob es sich bei der der­

zeitigen W irtschaftskrise um eine der periodisch wieder­

kehrenden, lediglich konjunkturell bedingten Erscheinungen von besonders heftigem und besonders lang andauerndem Ausmaße handelt, oder ob eine tiefgreifende S tru k tu r­

wandlung des weltwirtschaftlichen und dam it des national­

wirtschaftlichen Geschehens festzustellen ist. Ist die letzte F rage zu bejahen, dann m uß unverzüglich der Versuch gemacht werden, durch sinnvoll geplante und folgerichtig durchdachte M aßnahm en einen nicht zu umgehenden Um­

w andlungsprozeß zu fördern, dam it wiederum ein w irt­

schaftliches Gleichgewicht wohl ausgewogener K rä fte ent­

steht. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann der oben aufgezeigte H auptzw eck des w irtschaftlichen Ablaufes wieder erreicht werden.

Die deutsche N ationalw irtschaft h at starke strukturelle W andlungen zu verzeichnen. Diese ergeben sich u. a. aus

der statistischen Feststellung, daß von 1871 bis 1925, also in einem Zeitraum von n u r etwa 55 Jahren, der P rozent­

satz der Bevölkerung des deutschen Reiches, welche au f dem Lande und in den S tädten wohnte, sich fa st genau umgekehrt hat. W aren noch im Ja h re 1871 au f dem Lande G4 % der Bevölkerung ansässig gegenüber n u r 36 % in den Städten (im Ja h re 1900 w ar das V erhältnis 4 5 ,6 % bzw. 5 4 ,4 % ), so betrug dieses V erhältnis im Ja h re 1925 35,6 bzw. 64,4 % ; und wenn im Jah re 1882 noch 40 % der Bevölkerung in der deutschen Landw irtschaft gegenüber 60 % in Fertigung, H andel, Verkehr und V erwaltung Be­

schäftigung fanden, so stellte sich dieses V erhältnis im Jah re 1925 au f 23 % gegenüber 77 % .

Sprechen diese Zahlen schon eine beredte Sprache und klären sie das Bild schon einigermaßen, so m uß doch im Rahmen dieser A usführungen au f eine m it der äußeren Umschichtung gleichlaufende V eränderung in der inneren Einstellung hingewiesen werden. Es handelt sich dabei um die Frage, ob ein Volk, welches ein M ensehenalter lang in fa st beispiellosem w irtschaftlichen A ufstieg dahinstürm te und als Ziel die Schaffung einer breiten rein materiellen Basis betrachtet hat, bereit und fähig ist, sein bisheriges Zielstreben gänzlich zu wandeln —- ob ein solches Volk, zum mindesten in beträchtlichen Teilen, freiw illig bereit ist, au f das zu verzichten, was hier als B allastbedarf be­

zeichnet sei? Denn wenn je tzt der Siedlungsgedanke zum Gegenstände ständiger E rörterung au f den K am pffronten der Tagespresse geworden ist, wenn er sich als ein im V or­

dergründe von Regierungsentschließungen und Parteizielen stehender P rogram m punkt darstellt, wenn er dergestalt zur fa st letzten Hoffnung zahlloser Verzweifelter geworden ist, dann muß es sich hier um etwas Elem entares handeln, welches nach einem Ausdruck und nach seiner V erw irk­

lichung sucht und um sie ringt. Es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, daß es ein Gebot der Stunde ist, mit dem größten sittlichen E rnste die Voraussetzungen und die Möglichkeiten festzustellen, welche dem Siedlungsgedanken anhängen und der drohenden G efahr entgegenzutreten, daß egoistische Zwecke, besonders solche parteipolitischer N atur, die Schwierigkeiten der im Siedlungsgedanken liegenden Probleme verschleiern und eine überaus ernst zu nehmende Bewegung zu einem Schlagworte herabwürdigen.

Siedeln bedeutet in jeder F orm fü r den der Landbearbei­

tung bisher Ungewohnten härteste A rbeit, meistens U rb a r­

machung kargen Bodens. E s bedeutet aber auch anderseits heute fü r viele Tausende, ja H underttausende, den Versuch einer neuen Lebensform. Besonders dort, wo es sich um die Vollerwerbsiedlung handelt, sei diese bäuerlicher oder gärtnerischer A rt, verlangt es Verzicht au f den materiellen A ufstieg zu Reichtum. E s kann zu kargem W ohlstand führen, kann aber vor allem, falls richtig in der Zielsetzung verstanden, wahres freies Menschentum bedeuten. I s t die enge Verbundenheit m it der Scholle doch nach wie vor, trotz h arte r Plage und Mühe, der U rgrund, aus welchem dem Menschen und seiner Gemeinschaft, dem Staate, jener innere W ert und jene innere Festigung erwachsen, ohne

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welche das Gefüge dieser W elt nicht denkbar ist. Der H u n g er nach Land, wie er sieh je tz t wieder einmal beson­

ders sta rk bem erkbar macht, ist nicht von außen her hineingetragen. E r ist vielmehr entstanden, soweit es sich um den städtischen Menschen handelt, aus einer natürlichen R eaktion derjenigen, welche infolge einer zum Teil ja h re ­ langen A rbeitslosigkeit bei bestehender A rbeitsw illigkeit die A ussichtslosigkeit, w ieder in den P roduktionsprozeß eingeschaltet zu werden, erk an n t zu haben glauben. Diese Menschen sind, durch b itterste N ot gezwungen, heute bereit, a u f jeden B allastbedarf zu verzichten. Sie suchen die neue Existenzgrundlage im Prim itiven. U nd n u r allzu leicht und allzu erklärlich glauben sie, au f dem W ege über die Siedlung B efreiung aus ihren schweren Nöten zu finden.

Auch siedeln m uß gelernt se in ! D er Jugendliche, welcher, vielleicht seit seiner Schulentlassung, jah relan g arbeitslos und weder durch die Übung in handw erksm äßigen noch sonstigen technischen F ertigkeiten belastet ist, kann das bäuerliche oder gärtnerische H andw erk auch als Sohn eines In d ustriearbeiters wohl erlernen und ausüben. E r w ird sieh aber vergegenw ärtigen müssen, welchen schweren A nforderungen er dabei zu genügen hat, um zu einem im m erhin kärglichen Existenzm inim um zu gelangen. Schwie­

rig er und problem atischer ist es dabei jedoch um den älteren Indu striearb eiter und um den geistigen A rbeiter bestellt. Sie haben von G rund a u f um zulem en, was eine schwere A ufgabe bedeutet. Die bäuerliche Vollerwerb­

siedlung gehört in erster Linie dem zweit- und nachgebore­

nen Bauernsohne, dem Menschen, in dessen schwerem Blute der R u f der Scholle pocht, dem w ah rh aft geborenen Sied­

ler, welcher seine Sehnsucht nach dem Besitz eigenen A ckerlandes bislang nicht erfüllen konnte, j a diese in einem h arten entsagungsvollen Leben der D ienstbarkeit fü r andere begraben m ußte.

Aus solcher B etrachtung heraus stimmen Vorschläge und Entschließungen bedenklich, welche in gewiß gu t gem einter Absicht dem Elend der zu vielen Tausenden in den großen Industriezentren beschäftigungslos verkommenden A rbeits­

w illigen dadurch steuern wollen, daß sie vom S taate ver­

langen, eine überaus großzügige und als W est-O st-Siedlung bezeichnete A ktion vorzunehmen. V on der ernsten Schwie­

rigkeit des sieh daraus ergebenden finanziellen Problem s ganz abgesehen, w äre hier zunächst einmal die F rag e zu erheben, wie es m it der E ignung der in B etracht kommen­

den Menschen bestellt ist. E s w äre auch zu prüfen, in welchem A usm aße sich rein technisch ein solches Begehren ü b erhaupt erfüllen läß t, und was aus diesen, doch wohl m it S taatsgeldem neu zu schaffenden Siedlungsstellen w erden würde, wenn eine wiederbelebte W irtsch a ft die H ände braucht, die an F ertigungsarbeit gewohnt sind, und sie vielleicht anderw eitig nicht m ehr finden kann? D er R u f der S tad t w ird viele von jenen wieder locken, denen die H ä rte des bäuerlichen Lebens dann, wenn dieser R uf w ieder erschallt, unerträglich zu sein scheint. U nd ist anderseits das hier in F ra g e kommende U nternehm ertum wirklich hinsichtlich der Z u k u n ft der deutschen W irtsch aft so defaitistisch gestimm t, daß es die Möglichkeit, die heute m üßigen und brachliegenden A rbeitskräfte einmal wieder zu benötigen, überh au p t nicht mehr in seine R echnung als A ktivposten einsetzt?

Die In d u strie m uß andere W ege gehen. Sie m uß den ih r w ertvollen A rbeiter — und sei es aus jenem gesunden saero egoismo heraus — dem W erk erhalten und sollte ein gleiches Interesse heute auch bei dem A rbeiter selbst un­

bedingt voraussetzen. Damit tr itt die F ra g e der W e rk ­ siedlung in den V ordergrund.

D er Gedanke der W e r k s i e d l u n g a n sich ist f ü r die deutsche W irtsch a ft keineswegs etwas Neues, ja m an kann sogar feststellen, daß er in Deutschland zuerst seinen A us­

druck gefunden hat. M an denke n u r einm al zurück in jene so o ft perhorreszierte V orkriegszeit und vergegenwärtige sieh das Bild, welches die u n m ittelbar den industriellen G roßbetrieben vor- und um gelagerten, fa st immer den W erken selbst gehörenden sogenannten „K olonien“ boten.

Gewiß erscheint unserm heutigen Begriffe des Wohnens jene F orm v eraltet und unsehön. A ber kein vernünftig denkender Mensch, welcher die Zeit, in der e r lebt, versteht und darum weiß, daß jede Zeit ihren eigenen Ausdruck hat, w ird sich der E insicht verschließen können, daß das deutsche U nternehm ertum hier etwas g etan und ge­

schaffen h atte, w orauf es m it Recht stolz sein kann.

M an vergegenw ärtige sich doch einmal in R uhe das Ver­

hältnis des heutigen Menschen zu den D ingen und zu der ihn umgebenden W elt. W ieder einm al sucht der Mensch die enge V erbindung m it der N atur. E r g laubt erkannt zu haben, daß diese V erbindung ihm vor sich selbst einen höheren W ert verschafft. Aus einem undisziplinierten Freiheitsbegriff entwickelt sieh langsam aber stetig der W unsch nach jen er F reiheit, welche ihren Ausdruck und ihre B efestigung in dem Besitz des eigenen Heimes und dam it einer A bgrenzung des einzelnen und der Familie nach außen hin finden möchte. H an d in H an d damit geht das Streben, durch B earbeitung der eigenen Scholle sieh jene M indestsieherung der E xistenz zu verschaffen, welche in Zeiten w irtschaftlicher Allgemeinnot ohne solchen Rück­

halt gefährdet ist und auch denjenigen erbarmungslos zum Alm osenem pfänger macht, welcher sich infolge seines be­

ruflichen K önnens auch ein besonderes Recht auf gesicherte A rbeit erworben zu haben glaubte. A ber auch der U nter­

nehmer, der den Problem en der G egenw art ebenso nahesteht wie der A rbeitnehm er, weiß den W ert einer seßhaften und geschulten A rbeiterschaft zu schätzen. Auch ist er nicht n u r berechtigt, sondern auch verpflichtet, sieh stets zu ver­

gegenwärtigen, welches K a p ita l rein bilanzm äßig fü r ihn gerade in dem durch die W erkschulung gegangenen Teil seiner A rbeiterschaft steckt. W a r es doch gerade diese Ausbildung, welche ihn in die Lage versetzt hat, seinem U nternehm en u n te r norm alen V erhältnissen jene Rentabili­

tä t zu geben, die V oraussetzung f ü r die Arbeitsicherung und dam it Existenzsicherung aller an dem Unternehmen Beteiligten ist. A rbeitnehm er und A rbeitgeber haben an der industriellen Siedlung also das gleiche Interesse.

Es ist notwendig, alle diese strukturellen und psycholo­

gischen Gesichtspunkte darzustellen, wenn m an von Sied­

lung spricht. D enn sie sind grundsätzlicher Art

Bei der W erksiedlung (industrielle Siedlung, K urzschichten­

siedlung) handelt es sich grundsätzlich nicht um die Siedlung von Erw erbslosen, welche die sieh ihnen bietende Gelegenheit benutzen, um sieh a u f eigenem Boden ihren B ed arf an gewissen Lebensm itteln nach M öglichkeit selbst zu erzeugen. E s handelt sich vielm ehr um eine Ansiedlung von A rbeitnehm ern eines industriellen U nternehm ens aus den vorstehend dargestellten G esichtspunkten heraus. D aß dabei die gegenw ärtig fa s t zur N orm gewordene K urzarbeit neben ändern G ründen auch solche soziologischer A rt in den V ordergrund d rängt, ist eine Zeiterscheinung, welche den Mitzweck der W erksiedlung, in N otstandzeiten den Ausgleich des Lohnausfalles a u f dem W ege der L andbear­

beitung zu suchen, lediglich stä rk e r sichtbar w erden läßt.

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Der Aufbau von Werksiedlungen

Über die A rt und Möglichkeit des A ufbaues solcher W erk­

siedlung sollen hier einige A usführungen folgen. D aß bei der P lanung einer W erksiedlung vorab die F ragen der E n tfern u n g vom W erk, der V erkehrsm ittel, der günstigen A ufschließbarkeit, der Bodeneignung, sowohl hinsichtlich des Bauzweckes als auch der Bestellung und der E rtra g s­

möglichkeit zu p rü fe n sind, versteht sieh von selbst. Neu ist an der gegenw ärtigen W erksiedlungsbewegung der Ge­

danke, den Siedler selbst aus dem V erhältnis eines Mieters von W erkeigentum heraus in dasjenige eines Mit- oder Alleinbesitzers hinüber zu führen. Das W ohnhaus als Umfassung der Fam ilie und ein Stück Boden als Acker- und G artenland sollen Besitz des Siedlers sein oder werden können, sollen ihm zum wenigsten unter solchen lang­

fristigen und fü r ihn tragbaren und darum erleichterten Bedingungen gegeben werden, daß er nach seinem alleinigen Willen darin und d ara u f schalten und walten kann, so lange er lebt. Die stärksten finanziellen A nforderungen werden an den W erksiedler dann gestellt werden, wenn er Feierschichten unterliegt, wenn er K urzschichtenarbeiter geworden ist.

Von solcher V oraussetzung ist auszugehen, wenn die G rundlagen der F inanzierung der Siedlungstellen richtig erm ittelt werden sollen. D aß es dabei knap p hergeht, ist eine Selbstverständlichkeit. Denn wenn der Industrie­

arbeiter nur etwa 24 S tunden wöchentlich im W erk arbeiten kann, dann bedeutet das bei einem Stundenlohn von 0,80 RM einen W ochenlohn von 19,20 RM. Setzt man den P reis einer Siedlerstelle einfachster A rt bei rd. 1000 m2 Größe unter E rstellung eines Zweieinhalbzimmerhauses mit Dachboden und eingebautem Geflügel-, Ziegen- oder Schweinestall au f 6000 RM an, wobei au f die Baulichkeiten ein Teilbetrag von 3500 RM entfallen soll, und unterstellt man, daß dieser Gesamtaufwand durchschnittlich m it 6 % verzinst und getilgt werden soll, so beträgt die jährliche Leistung hieraus 210 RM oder 4 RM je Woche. Rechnet man weiterhin einen W ochenbetrag von 2 RM f ü r Lasten und Abgaben, was der W irklichkeit wohl entsprechen dürfte, dann verbleiben von dem Kurzarbeitswochenlohn in Höhe von 19,20 RM dem Siedler 13,20 RM. Die Bau­

kosten in Gesamthöhe von 3500 RM können, wie die Dinge heute liegen, aufgebracht werden durch 1400 RM S p a r­

kassenhypothek (40 % des effektiven B auw ertes), 1400 RM Hauszinssteuerhypothek und 700 RM Eigenkapital. Da im Rahmen dieses Beispieles an eine Leihkapitaltilgung im 20 jährigen Turnus gedacht ist, eine K alkulation, welche bei den einstweiligen Finanzierüngsmöglichkeiten berechtigt ist, würde der Siedler au f eigener Scholle und im eigenen Heim, aus dem er bei geregelter Leistungserfüllung nicht exm ittiert werden kann, etwa 13 bis 14 RM als Mietzins fü r 20 Jah re zu entrichten haben, um alsdann völlig m iet­

frei wohnen zu können. V oraussetzung ist dabei die E r ­ richtung eines soliden Bauwerkes, welches die Abschrei­

bungszeit und darüber hinaus ausdauert. Die In stan d ­ haltungskosten bilden einen wichtigen zusätzlichen F aktor, welcher, bei aller geübten Sparsam keit, mit jährlich 50 RM oder wöchentlich 1 RM zu bewerten ist. Um m it dem ver­

bleibenden Reste von rd. 12 bis 13 RM je Woche aus- kommen zu können, m uß der Siedler sich m it allen Nahrungs- und sonstigen Existenzm itteln selbst versorgen.

Das wird schwierig sein, aber genauest angestellte Berech­

nungen haben immerhin die Möglichkeit ergeben, besonders dann, wenn unter A usbau einer Bodenkammer deren V er­

mietung ermöglicht wird und m it einem E rtra g aus der B earbeitung des Landes schon gerechnet werden kann, wozu jedoch eine A nlaufzeit von mindestens zwei bis drei

Ja h re n gehört. D a man sich jedoch der E rkenntnis nicht verschließen sollte, daß die Subsidien des S taates in der F orm von H auszinssteuerhypotheken u. dgl., wie solche bislang mehr oder weniger reichlich fü r Siedlungszwecke flössen, nicht mehr in der bisherigen Höhe oder überhaupt nicht m ehr zur V erfügung stehen könnten, ergibt sieh von selbst die Notwendigkeit, nach ändern W egen der F in an ­ zierungsmöglichkeiten zu suchen. Das W erk muß helfen!

Das W erk muß Vorsorge treffen, auch bei der F inanzierung einspringen zu können, soll der m it der W erksiedlung beiderseits nilgestrebte Zweck erreicht werden. D aß solche Vorsorge im wesentlichen eine A ufgabe w irtschaftlich besserer Zeiten als der gegenwärtigen ist, bedarf keines besonderen Hinweises.

Die Fabriksiedlung der Siemens-Werke

E in M usterbeispiel dafür, wie u nter Berücksichtigung der vorstehend erw ähnten Gesichtspunkte eine derartige Anlage erstellt und finanziert werden kann, bietet die F abriksied­

lung der Siemens-Werke am Bahnhof Staaken bei Berlin.

H ier stellt das Reich das Gelände fü r 216 Siedlungstellen von je 900 m2 Größe, sowie fü r jede Stelle ein Darlehen von 2500 RM, das vom Siedler verzinst und getilgt werden muß, zur Verfügung. Da diese M ittel zur D urchführung des P rojektes jedoch nicht ausreichen, geben die Siemens- W erke fü r jede Stelle einen Zuschuß, der weder rück­

erstattet noch verzinst werden muß. D er Siedler bleibt also von eigener B eitragsleistung zur F inanzierung befreit.

Laufende Unkosten entstehen dem Siedler lediglich aus Verzinsung und Tilgung des vom Reich gewährten D ar­

lehens, dem Erbbauzins fü r das Gelände und den laufenden Verwaltungsunkosten. Diese Unkosten werden je Stelle fü r das erste bis d ritte J a h r m it voraussichtlich höchstens 3 RM wöchentlich, fü r die späteren Ja h re mit voraussicht­

lich höchstens 3,50 bis 3,75 RM wöchentlich angegeben. Das würde eine Monatsmiete von 15 bis 16 RM bedeuten. Die Planung des W ohnhauses, welche von der W erkleitung festgelegt ist, sieht eine geräumige Wohnküche, S chlaf­

zimmer und Schlafkammer, Bodenkammer, H ühner- und Schweinestall vor, ferner V orgarten und größeren Nutz­

garten. D üngemittel werden, soweit notwendig, einmalig geliefert, außerdem werden G artengeräte und die notwen­

digsten Handwerkzeuge einmalig gestellt. Jedes D oppel­

haus erhält einen Brunnen, jedes W ohnhaus fü r sich seine Abwässergrube. D er Siedler erhält das Siedlungsland zu­

nächst au f vier Ja h re in Pacht, und erst nachdem die ersten vier P achtjahre gezeigt haben, daß er zur Pflege und sach­

gemäßen A usnutzung der Siedlungstelle bereit und in der Lage ist, erhält er au f seinen A ntrag hin H aus und G rund­

stück auf 55 Ja h re im Erbbau. Bedingung ist ferner werk­

tätige M itarbeit der Siedler beim B au der H äuser, Straßen, Zäune, Brunnen, bei T ransportarbeiten u. dgl., wobei A nleitung durch erfahrene H andw erker erteilt werden soll.

Der Grundsatz der Gemeinschaftsarbeit, der großen und bedeutsamen fortschrittlichen E rkenntnis unserer Zeit, be­

steht bew ußt fü r die ganze Unternehmung, und darum müssen Siedler, welche ihrer Arbeitspflicht nicht voll ge­

nügen, den fehlenden Teil durch einen entsprechenden der Gesamtheit zugute kommenden K ostenbeitrag ersetzen.

Die langfristig bemessene Erbbauzeit von 55 Ja h re n legt den Eigentums- und Besitzbegriff: fü r den Siedler fest. Sie sichert anderseits dennoch ein gewisses Besitzrecht des W erkes unter Belassung der Bewegungsfreiheit beider Sei­

ten. Die beste Grundlage f ü r den W erk- und A rbeits­

frieden ist gegeben. Dem Siedler selbst ist, wie dem W erke, durch solche sachliche Bindung die bestmögliche G aran­

tie der gegenseitigen D auerbindung geboten. D er gesunde

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und berechtigte Egoism us beider Seiten, au f welchen oben hingewiesen wurde, erhält eine trag feste Grundlage.

Die gedeihliche E ntw icklung einer jeden Siedlung w ird ent­

scheidend beeinflußt von der P erson des Siedlers, von der Zusam mensetzung der S iedlergruppe und von der P ersön­

lichkeit des Obmannes der Siedlung. U n ter der V oraus­

setzung, daß alle w irtschaftlichen, finanziellen und tech­

nischen Gesichtspunkte und Problem e geklärt und optim al gelöst sind, bleibt immer noch als wichtigste der Lösung harrende F rage, geeignete Menschen f ü r die Siedlung zu finden. Dabei w ird es neben einem gewissen K önnen vor allem d ara u f ankommen, Menschen zur V erfügung zu haben, die die richtige innere E instellung zur Siedlung haben. In so fe rn w ird es gu t sein, die F ra g e der Auswahl der Siedler nicht bagatellm äßig zu behandeln, sondern sie besonders ernst zu prü fen , am besten durch H inzuziehung von K ennern, welche eine genaue K enntnis der E rfo rd e r­

nisse und Eigenschaftsvoraussetzungen haben, die zum Siedeln notwendig sind. Ungemein wichtig ist es auch, die F ra u des Siedlers, welcher verheiratet sein sollte, m it zu berücksichtigen. D enn die F ra u w ird die wesentliche T rägerin der A rbeit sein, besonders dann, wenn der N orm alzustand w ieder hergestellt, d. li. wenn der M ann wieder durch das W erk voll beschäftigt sein wird.

E igenschaften, die der Siedler besitzen m uß, sind beispiels­

weise: F reude an der N atur, handw erkm äßige Geschicklich­

keit, g uter Um gang m it Tieren, technisches V erständnis fü r die Geräte, O rganisationstalent, Ordnungssinn, körperliche E ignung zur Sehw erarbeit u. a. m. Obwohl die W erksied­

lung den ausgesprochenen L andm anntypus nicht zur un­

m ittelbaren V oraussetzung hat, ist eine gewisse Schulung des Siedlers trotzdem wichtig. E s ist durchaus denkbar, daß die B etreuung des W erksiedlers schon vor Beginn der eigentlichen Siedlungstätigkeit einsetzt. M an gebe ihm Gelegenheit, beim B au einer Siedlung m itzuw irken und vielleicht a u f schon bestelltem ändern Gelände landw irt­

schaftliche und gärtnerische V ersuchsarbeiten zu leisten.

H ierbei sollte jedoch immer beachtet werden, daß eine solche Schulung an Erw achsenen vorgenommen w ird und sie demnach nach ändern psychologischen und physiologi­

schen V oraussetzungen zu erfolgen h at als bei Jugend­

lichen. Die Betonung des Praktischen w ird stets dabei im V ordergrund stehen müssen. V or allem ist W e rt au f die Schulung in der gärtnerischen A rbeit zu legen. P lanung des N utzgartens, Fruchtfolge, A nlegung der Beete und K ulturen, des K om posthaufens, D üngungsfragen, W irt­

schaftlichkeitsberechnung, Erziehung zur gem einschaft­

lichen M arktverw ertung etwaigen Ertragsüberschusses, bauliche und handwerkliche F ragen, alle diese Dinge kann und sollte der W erksiedler vorher praktisch sich a n le rn e n ').

Die fo rtlau fen d e B etreuung der G esamtsiedlung durch einen Siedlungsfachm ann ist zudem von g rö ß ter W ichtig­

keit. E in Gemeinschaftsgeist m uß durch die ganze Sied­

lung gehen, welcher seinen U rsp ru n g haben m uß in den bew ußt em pfundenen oder doch unbew ußt vorhandenen ethischen W erten, die sich m ittelbar und unm ittelbar aus dem Siedlungsgedanken und der Siedlungstat ergeben, und welcher auch von der W erkleitung her zu unterstützen und zu suchen ist.

Die Werksiedlung ein Dauerproblem

M an sollte sich dem nicht verschließen, daß der Gedanke der W erksiedlung, wie er sich nach den vorstehenden A us­

fü h ru n g en darstellt, eine U m stellung besonders bei denjeni­

gen zu r V oraussetzung macht, welche m it ihrem W ollen noch an den W irtschaftsform en etwa der V orkriegszeit

*) Y g l. a u c h „ A u s w a h l u n d S c h u lu n g d er S ie d le r “ R K W -S o n d er d r u c k . B e r lin 1932, B e u th -Y e r la g .

hängen, an Form en, deren Bewährung jene Zeit bewiesen zu haben schien. Solcher E instellung gegenüber ist die Siedlung in jeder F orm m ehr oder w eniger U topie, und der A rgum ente gegen die Siedlung sind g a r viele. Man verweist darauf, daß die in der Siedlung erzeugten land­

w irtschaftlichen P rodukte in ih rer P reisstellung über den entsprechenden am offenen M arkte gezahlten P reisen liegen m üßten. M an sagt, daß es unsinnig sei, neue, sich selbst versorgen wollende K leinbetriebe zu schaffen, wo doch die gärtnerischen P rodukte je tzt schon einen vollen Absatz nicht fänden. M an wendet ein, daß die Siedlung den G rundsätzen sowohl der nationalen wie der internationalen A rbeitsteilung zuwiderlaufe, da ja bekanntlich die Land­

w irtschaft f ü r die In d u strie und um gekehrt arbeiten solle.

M an erhebt den V orw urf, daß es m it Rücksicht au f die Tatsache des Zusam menbruches von hunderttausenden von B auernstellen unverständlich sei, neue B auem stellen oder H albbauernstellen zu errichten. W as solle denn m it den M ietwohnungen in den S tädten geschehen, wo der Bau­

m arkt völlig stocke und der Im m obilienm arkt schon im Zusam menbruch begriffen sei? W as solle m it den vielen Siedlerstellen geschehen, wenn die In d u strie wieder auf V ollbeschäftigung laufen würde und m it A nsteigen der Kon­

ju n k tu r auch steigenden B e d arf an gutbezahlten Arbeits­

k räften habe m it der Lockung eines gesetzlich festgelegten A chtstundentages m it tarifierten Löhnen? Sollte m an zu­

dem eine gewisse Senkung unseres Lebensstandards bewußt anstreben, a n s ta tt m it allen M itteln um die E rhaltung unseres sich mühsam behauptenden Zivilisationsstandes zu käm pfen? Und was hülfe denn eigentlich bei einem A rbeitslosenstande von ß Mill. die Ansiedlung von einigen tausend F ab rik arb eitern ?

Solche und andere Gesichtspunkte können n u r widerlegt werden durch den H inw eis a u f die eingangs dieser Aus­

führungen erw ähnte grundsätzliche Neueinstellung des heutigen Menschen zu dem ihn umgebenden Geschehen. W ir befinden uns in der T at in dem gew altigsten strukturellen, w irtschaftlichen und seelischen U m w andlungsprozeß, den unsere N ation im letzten Ja h rh u n d e rt erlebt hat. Der Blick k an n angesichts der schlimmen und noch wachsenden Not nicht m ehr allein au f den m ateriellen A ufstieg ge­

richtet sein. U nser aller Lebenszielsetzungen müssen sich zwangläufig infolge eines verstärk ten Innenlebens auf ethische W erte begründen. Gewiß, viele M illionen Menschen w erden nicht m ehr um lernen können, ihre innere Z ufrieden­

heit ist gebunden an das progressive Anwachsen ihres Bankkontos. A ber es w ächst anderseits stetig eine nach vielen Millionen zählende Ju g en d nach, die bereit ist, den W eg im M ateriellen in Bescheidenheit, den W eg im Ideellen aber m it umso stärkerem V orw ärtsdrange zu gehen.

Die W erksiedlung und die K urzschichtensiedlung sind sicher n u r Sym ptom e der tiefgreifenden psychologischen und physiologischen W andlung unserer Zeit. Sie werden aber als D auerproblem im W andlungsprozeß unserer W irt­

schaftsgestaltung unbedingt ihre B edeutung behalten. In ­ dustrie und A rbeiterschaft besitzen ein gem einschaftliches Interesse an der E rh a ltu n g des W erkes und dessen K risen­

festigkeit. Es w ird notw endig sein, es insbesondere da­

durch zum A usdruck zu bringen, daß der U nternehm er seinen Stolz in das gute V erhältnis zu seiner A rbeiterschaft setzt, die A rbeiterschaft aber ihre Interessen, näm lich durch A rbeitsicherung zu r E xistenzsicherung zu gelangen, bei der W erkleitung als deren H au p tso rg e wohl aufgehoben und betreut weiß. M it welchem Stolze sp rich t doch der nord­

am erikanische A rbeiter von seiner A rb e itstätte als „our

fa e to ry !“ [1416]

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Kostenaufbau, Kosten­

senkung, Preisgestaltung

Von Dr. ALICE W ITTE, Berlin

Das F e i e h s k u r a t o r i u m f ü r W i r t ­ s c h a f t l i c h k e i t veranstaltete im Märe d .J . eine Aussprache von P raktikern und W issenschaft­

lern a u f dem Gebiete des Rechnungswesens. Die Themenstellung dieser Tagung gab Einsicht in die eigentlichen bei der Preisbildung maßgebenden Z u ­ sammenhänge. Man begnügte sich nicht damit, bei dem meistbehandelten Problem der K ostenerm itt­

lung stehen zu bleiben. Vielmehr schritt man, von dieser Erkenntnisgrundlage ausgehend, über die verschiedenen M öglichkeiten der Kostensenkung und ihre Ausw irkungen bis zu dem Gesamt problem­

kreis der optimalen Kosten und Preisgestaltung vom S ta n d p u n k t der Gesamtwirtschaft.

Die Zusam m enfassung der verschiedenen Referate und Diskussionsreden liegt nunmehr in einer R K W- Veröffentliehung gesammelt vor (1 ). Mehr noch ais beim gesprochenen W ort wird einem hier der K a m p f wirtschaftlicher Anschauungen und Denkweisen um die Erfassung der W irtschaft schlechthin lebendig.

Es soll hier versucht werden, die wichtigsten Pro­

bleme herauszuheben und, soweit es der knappe Raum gestattet, ihre innere Verbundenheit a ufzu­

decken.

Das Problem der K ostenerfassung und Kostenrechnung ge­

hört seit Ja h re n zu den Zentralproblem en betriebsw irt­

schaftlichen Denkens. Teiluntersuchungen bemühten sich .sowohl um die E rfassung der verschiedenen V oraussetzun­

gen des K ostenaufbaues als auch um die V erfeinerung der Kalkulationsmethoden, ohne zu einer wirklichen K läru n g des Problem s gelangen zu können.

Die Steigerung der W irtschaftsnot, die ihren Ausdruck fan d in Um satzsehrum pfung und deren Folgen, wie Arbeiterentlassungen, ungenutzten A rbeitsplätzen, unren­

tablen Anlagen^ kapitalm äßiger A nspannung bis zur Illi­

quidität, brachte die Sorgen der Betriebe in das Bew ußt­

sein breitester Bevölkerungsschichten. Die Probleme, welche bisher n u r in engeren Fachkreisen behandelt worden w aren, drangen in die Tagespresse und wurden in den K am p f der Tagesmeinungen gezogen. H ierdurch gestaltete sich das komplexe Gebilde der K ostenrech­

nung immer verw orrener und undurchsichtiger. Eine klare D urchdringung und scharfe Umgrenzung schien unmöglich vor allem deshalb, weil keine wirkliche E r ­ kenntnisbasis vorhanden war. Mengenmäßiges und w ert­

mäßiges Denken gingen durcheinander, so daß weder eine allgemeine Vergleichsgrundlage noch einheitliche R icht­

linien fü r die praktische Betriebsgestaltung gefunden werden konnten. Dem Reiehskuratorium f ü r W irtschaft­

lichkeit gebührt das Verdienst, au f der oben genannten Diskussionstagung den Boden fü r eine sachliche V erstän­

digung bereitet zu haben.

1. Die Erfassung der Kosten Kostenaufbau und K ostenverteilung

Die vom R K W aufgestellten Kostenbalken (vgl. Abb. 1) bringen eine Gliederung der K osten nach folgenden Ge­

sichtspunkten :

a) K ostenarten und Kostenstellen,

b) festen und veränderlichen K osten (K ostenspannun­

gen).

>) V e r g l. d ie g le ich n a m ig e R K W -V eröffentlich u n s N r. 80, V e rla g G. A.

G lo eck n er, L eip z ig 1932.

Die A ufteilung nach K o s t e n a r t e n soll einen A u f­

schluß über die Zusammensetzung der K osten und das V erhältnis der K ostenarten zueinander geben.

In der Industrie werden au f Grund einer derartigen Glie­

derung bereits an vielen Stellen Kostenvergleiche durch- geführt. Im H andw erk sind die Unterschiede in der K osten­

stru k tu r — besonders im Bereich der M aterialkosten — der­

artig groß, daß man nur schwer von einem einheitlichen K ostenaufbau zu reden vermag. Auch fü r die Landw irt­

schaft ergeben sich infolge der vielfältigen gegenseitigen Abhängigkeit und Verflechtung der verschiedenen Betriebs­

zweige kaum verw ertbare Vergleiehsgrundlagen.

Die. Unterschiede im Anteil der K ostenarten führten zu der heute im Sprachgebrauch üblichen E inteilung in m aterialbetonte, lohnbetonte, vertriebskostenbetonte und kapitalbetonte Betriebe, die allerdings wegen ih rer irre­

führenden und im Grunde recht nichtssagenden Kennzeich­

nung n u r m it Vorsicht anzuwenden ist.

Die Gliederung nach K o s t e n s t e l l e n ist heute sowohl in der Industrie als auch im H andel weitestgehend dureh- geführt. In der Landw irtschaft scheint sie eigenartiger­

weise weniger üblich zu sein. Die E inteilung nach K osten­

stellen entspricht dem organischen A ufbau des einzelnen Betriebes unter Berücksichtigung kalkulatorischer Ge­

sichtspunkte. I n diesem Zusammenhang muß besonders au f den Problem kreis der K o s t e n z u r e c h n u n g u n d K o s t e n u m l e g u n g hingewiesen werden.

Der V e r r e c h n u n g s p r e i s (A nsatzpreis) will den kalkulatorisch richtigen Preisansatz finden, z. B. bei der Verrechnung von H ilfsbetrieb zu H auptbetrieb, bei dem Leistungsaustausch hintereinandergeschalteter W erke inner­

halb eines K onzerns; er ist besonders wichtig f ü r die Entscheidung der F rage, ob Selbstanfertigung oder Fremdbezug vorzuziehen ist ( Geldmacher).

Kreis unterscheidet f ü r den Bergbau E n d k o s t e n ­ s t e 11 e n , die vom K ostenträger direkt berührt werden (z. B. im W alzwerkbetrieb die W ärm öfen) , und H i 1 f s - k o s t e n s t e l l e n , die vom K ostenträger n u r indirekt in A nspruch genommen werden (z. B. R eparaturw erk­

stätten) .

Besonders schwierig ist es bei den Betrieben der öffent­

lichen W irtschaft, einen richtigen M aßstab der K o s t e n ­ z u r e c h n u n g zu finden. Van A nbei verdeutlicht dies an drei Versorgungsbetrieben: K raftw erk, Straßenbahn und Gaswerk — alle drei öffentlich bewirtschaftete Monopolbetriebe. Neben dem Problem der Verrechnungs­

preise gehören hierzu noch: Gemeinkostenzurechnung, zeitlich und sachlich richtige Abschreibung (auf die noc-h

I 11 m - x w

Fertigungsm aterlal Fertigungslohn öerneinkosten

to % 27% 33%

veränderliche Kosten feste Kosten

1 n Bemein-

hosten

w % 27% 13% 20%

I Fertigungmoteriol

W°/o

E Fertigungslohn

27%

Ff'V'jm- gemein-

hosfen 10%

Vemol- tungs- gemsin- hosten 8%

Vertriebs - gmeinkosten

15%

—— E S sS --- Besamtkosten des Jahres 1330--- —

A b b . 1. D r. Kronenberger: G liederu ng d e r K o s ten in d e r m ode a b h ä n g ig e n W e b e re i-In d u s trie

149

(6)

A b b . 2.

D r. van A u b e l: U n g e d e c k te K o h le k o s te n in A b h ä n g ig ­ k e it von K o h le p re is , K o k s ­ p re is , G a s a b g a b e und K o k s a b s a tz

an sp ä terer Stelle eingegangen w ird ), Zinsverteilung, K uppelproduktkalkulation, Massen- und Zuschlagskalku- lation. Als praktisches Beispiel einer schwierigen Zu­

rechnungsfrage nennt er die F eststellung des zuständigen Erfolgskontos, w enn es sich darum handelt, Außengebiete m it H ilfe der S traß en b ah n zu erschließen, obwohl eine Rente der neuen Linien in absehbarer Zeit nicht zu er­

w arten ist. ( Siedelungs-Kostenkonto bei der S tad t oder S traßenbahn-K onto 1)

Die in der In d u strie sehr häufig vorkommende K u p p e l ­ p r o d u k t k a l k u l a t i o n w ird an einem Beispiel der V errechnung von- ungedeckten Kohlekosten bei der Gas­

erzeugung veranschaulicht (vgl. Abb. 2). H ieru n te r w er­

den die K osten f ü r die Einsatzstoffe der Gaswerke (Kohle, eventuell noch Öl und zugekauften Teer) verstanden, von denen der N etto-Erlös f ü r die zum V erk au f gestellten veredelten N ebenprodukte abgesetzt wird.' Die F ra g e wird also nach dem V erfah ren der sogenannten R e s t r e c h ­ n u n g gelöst, bei der ein P ro d u k t zum L eitprodukt erk lärt w ird, dessen K osten sieh als R est ergeben, nachdem die Erlöse fü r die verkäuflichen N ebenprodukte in Abzug gebracht w orden sind. I n der P ra x is w ird heute noch unter K uppelproduktkalkulation anscheinend nicht ganz Gleich­

artiges verstanden (vgl. die F eststellung der K osten von K u p p elprodukten in der chemischen Industrie, in B ett­

federnfabriken, Mehlmühlen, in der L an d w irtsc h a ft); es w ird daher vorgeschlagen, wegen der prinzipiellen W ichtigkeit dieser V errechnungsart eine Vereinheitlichung durch Gem einschaftsarbeit durchzuführen.

D as Problem der K o s t e n s p a n n u n g e n (das u n te r­

schiedliche V erhalten der K osten bei wechselndem Be­

schäftigungsgrad) nahm in den E rörterungen infolge seiner praktischen Bedeutung fü r die - betriebliche P re is­

politik einen breiten R aum ein. Z w ar gibt es keine wirklich fixen K osten; gewisse K ostenarten, wie die K ostenarten der B etriebsbereitschaft, Mieten, Zinsen usw., verhalten sich jedoch in der Regel der E inengung oder A usw eitung der B eschäftigung gegenüber verhältnism äßig unempfindlich.

Die größtm ögliche Beweglichkeit und A npassungsfähigkeit der verschiedenen K ostenbestandteile zueinander w ird als V oraussetzung zu r W iederbelebung der W irtsch a ft erkannt.

E ine W endigkeit im A bsatzm arkt ist nach Geldmacher n u r zu erzielen, w enn zweierlei bekannt ist:

1. die Summe der proportionalen K osten je Leistungs­

einheit,

2. der Kostenblock der fixen K osten f ü r einen ge­

gebenen Zeitabschnitt.

D as eiserne Regime der fixen K osten ( H irsc h ) zeigt sich am deutlichsten beim Einzelhandel. Beim Schuhhandel sind über drei V iertel, beim E isenw arenhandel über die H ä lfte der K osten starr. N ach am erikanischen Berech­

nungen sind zwei D rittel bis drei V iertel aller Kosten bei einer großen Reihe von Handelszweigen fixe Kosten.

M ethoden d er K o sten rech n u n g

M an unterscheidet im allgem einen M assenkalkulation (Divisionskalkulation, S ortenkalkulation) und Zusehlags­

kalkulation. M a s s e n k a l k u l a t i o n findet ihre An­

wendung überall da, wo gleichartige, einheitliche Produkte in Massen hergestellt werden (Strom , D am pf, P re ß lu ft).

Die K osten einer Zeitperiode, meistens eines Monates, werden durch Division je Leistungseinheit der in dieser Periode erzeugten K o sten träg er erm ittelt. Bei der Montan­

industrie w ird sie in der F orm der S o r t e n r e c h n u n g in verschiedenen V erfeinerungsgraden verw andt. Manchen P rodukten können die G esam tverarbeitungskosten nach einem einzigen Schlüssel angelastet, bei ändern wiederum m uß jede einzelne Kostenstelle nach einem besonderen Schlüssel umgelegt w erden (K re is). I n der Sam t- und Seidenindustrie w ird eine E inheitsbuchführung entworfen, welche die K ostenträgerrechnung über Q ualitäten- bzw.

Sortenabrechnung, möglicherweise sogar über A uftrags­

abrechnung, zugrunde legt ( K ronenberger).

Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n w ird bei kurzfristiger oder lan g fristig er W echselfertigung, z. B. in Maschinen­

fabriken, B etrieben der Süßw arenindustrie und a u f W e rf­

ten angew andt. Die direkten K osten (M aßkosten, Stam m ­ kosten) w erden von vornherein dem P rodukt zugemessen.

D iejenigen K osten jedoch, welche n u r in schlüsselmäßiger V erteilung zugerechnet w erden können, müssen durch Zuschlagsrechnung umgelegt werden. Allerdings bleibt diese A rt der K ostenrechnung stets rdh und ungenau (kum ulative Zuschlagsrechnung im H andw erk und im H andel). A u f die in am erikanischen Großhandlungen übliche f u n k t i o n a l e K o s t e n g l i e d e r u n g , bei der die K osten nach ihrem Verwendungszweck unter­

gliedert werden, macht H irsch aufm erksam . 2. Die Dynamik der Kosten

„Im Rahm en der D iskussionstagung interessiert n atu r­

gem äß nicht n u r die Kostenhöhe und ihr A ufbau, sondern auch der G rad ih rer E la stiz itä t im H inblick a u f die so tiefgreifenden W andlungen in den Gesamt- und betriebs­

w irtschaftlichen V erhältnissen, wie w ir sie in der Gegen­

w art erleben.“ (Rössle.) D as R K W h atte deshalb als zweiten Problem kreis die A usw irkungen der V eränderung verschiedener K ostenteile (K ostendynam ik) zur Diskussion gestellt. D as von K alveram erö rterte P roblem der Ab­

schreibung in der K a l k u l a t i o n fan d hierbei besondere Beachtung, weil das einzelne U nternehm en heute vielfach nicht in der Lage ist, m it seiner B etriebs- und Vermögens­

rechnung den V eränderungen in der W ertgrundlage zu folgen, und ihm hierdurch die Ü berw indung der De­

pression außerordentlich erschw ert wird.

A b sch reibu n g nach A n sch affu n g s- o d e r T a g e s w e rt?

I n der Selbstkostenrechnung als G rundlage der P reis­

politik m uß zweifellos der Tagesw ert bestim m end sein, weil hierdurch die Gewähr f ü r eine laufende A npassung an die schwankenden M arktverhältnisse gegeben ist. W ird

IlffftCZül

1 5 0

(7)

dagegen nach dem A nschaffungsw ert kalkuliert, so besteht die G efahr, daß beim Sinken der Kostenwerte im Be­

schaffungsm arkt die Selbstkostenpreise höher angesetzt werden, als sie der M arktlage des Um satztages entsprechen.

Bei dieser K ostenrechnung handelt es sich nicht n u r darum, M aterialpreise und Löhne au f den Tageswert des Um satz­

tages einzustellen, sondern es sind auch die Anlagekosten au f die neue Basis abzuwerten (Sch m id t). Behnsen macht dagegen d ara u f aufm erksam , daß dies in der Bilanzierung eines langlebigen M aschinenparks Schwierigkeiten bereitet, weil es keinem Industriellen einfällt, in jedem Ja h r fest­

zustellen, wie hoch der Tageswert der gesamten Anlage ist. — F ern er muß noch d ara u f hingewiesen werden, daß man sich zur Bestimmung des Ersatzkostenwertes an An­

lagen mit gleicher w irtschaftlicher Leistung zu orientieren hat. Ist infolge technischen F ortschrittes die K ap azität der neuen E inrichtung g rö ß er und demzufolge auch meist teurer, so m uß derjenige Teil der neuen Anlage, welcher den W irkungsgrad der alten Anlage übersteigt, nicht auf kalkulatorischem, sondern au f finanzwirtschaftlichem Wege gedeckt werden (K alveram ).

Anpassung d er Abschreibungsquote an sch w ankenden B eschäftigungsgrad

Die Berücksichtigung des Beschäftigungsgrades bei der Bemessung der A bschreibung wird ebenfalls als wichtiger F ak to r zur Überwindung der K rise angesehen, weil man hier ebenso wie in dem vorher behandelten F all eine starre Belastungsgröße in einen proportionalen K ostenfaktor umzuwandeln vermag. Die. Abschreibungskosten fü r den nicht ausgenutzten Betrieb dürfen nicht in den Preis eingerechnet werden (F ricke). Hellauer wendet allerdings hiergegen ein, daß die konsequente D urchführung der ge­

schilderten M aßnahm en — wonach Abschreibungen nur von denjenigen Anlagen gemacht werden sollen, die noch produktiv verwendet werden, Gehälter n u r von denjenigen Personen einkalkuliert werden sollen, die noch wirklich tätig sind — zu einem Selbstbetrug führt. In der P reis­

kalkulation werden dann geringere Selbstkosten eingesetzt, als man wirklich hatte.

W irkung der Abwertung

Es ist zweifellos richtig, daß in. denjenigen Fällen, in denen das Abschreibungsmaß n u r au f den wirklich in den Umsatzprozeß eingespannten leistenden Betriebsteil er­

rechnet wird, noch die F rage offen bleibt, was m it der Differenz zwischen den höheren Anschaffungspreisen und den niedrigeren Tageskostenwerten zu geschehen hat.

Schm idt nennt sie ihrem Wesen nach eine W ertänderung am ruhenden Vermögen w ährend der Zeit, da bestimmte Vermögensteile im Betriebe verweilen. Als solche gehören sie in die Vermögensrechnung und nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung. In der K alkulation macht dies keinerlei Schwierigkeiten. Dagegen kann in der Bilanz­

rechnung das Abbuchen vom K ap ital n u r beim Einzel- unternehmen und bei der offenen Handelsgesellschaft ohne weiteres durchgeführt werden; die Aktiengesellschaft ist hierzu n u r au f G rund von E inhaltung besonderer recht­

licher Form alitäten in der Lage. Die gleiche E in­

schränkung muß auch bei dem folgenden Vorschlag von Kalveram gemacht werden.

A bschreibung und Zins

Es empfiehlt sich, die Gesamtbelastung aus Zinsen und Abschreibungen in der Weise zu verkoppeln, daß die Produkte laufend m it einer gleichen Quote, die beides enthält, belastet werden. In der Jahresrechnung müssen

nqn die in der A rt von A nnuitäten gestaffelten Ab­

schreibungsquoten stets einen gleichbleibenden Gesamt­

fak to r ergeben, w ährend in der internen Verrechnung die Amortisationsquote jährlich um den B etrag der Zins­

ersparnis wächst. H ierdurch ist es gerechtfertigt, die Abschreibung der ersten Jahre, in denen der Zinsanteil noch hoch ist, verhältnism äßig niedrig zu halten. Durch diese V errechnungsart wird die K onkurrenzfähigkeit eines Unternehmens mit Neuanlagen — also m it höheren Ab­

schreibungen — anderen Unternehmen mit bereits stärker abgeschriebenen Anlagen gleichgestellt.

Der Zins als K ostenfaktor

In der K ostenrechnung als Nachrechnung werden gewöhn­

lich auch die Zinsen au f das F rem dkapital und au f das Eigenkapital des Unternehm ers als eine besondere K osten­

a rt aufgeführt. Nach Prion gehören die K apitalzinsen aber niemals in die Kostenrechnung; sie tragen keinen K ostencharakter. Auch der Unternehmergewinn ist kein Bestandteil der Kostenrechnung, denn er ist eine Ableitung von dem erzielten Preis. Der U nternehm er leiht keine Geldkapitalien aus, sondern er arbeitet m it seinem Geld im eigenen Unternehmen. Folglich muß er m it der Chance au f hohen Gewinn auch das Risiko eines Verlustes au f sich nehmen. Prion ist der Ansicht, daß diese Überlegung auch au f das im Unternehmen arbeitende Frem dkapital auszudehnen ist. Zugegeben, daß der Unternehm er in seine Überlegungen eine Zinszahlung fü r aufgenommenes Frem dkapital aus seinem zu erzielenden Gewinn einbezieht, so d a rf dies doch au f die P reispolitik keinerlei Einfluß haben; das heißt, der K äu fer der W are kann nicht fü r eventuelle Fehlspekulationen verantw ortlich gemacht wer­

den, die darin liegen, daß es dem Unternehm er in einem gegebenen Augenblick vorteilhafter erschien, Frem dkapital aufzunehmen, s ta tt sich m it dem vorhandenen Eigenkapital zu begnügen.

3. Die Gestaltung der Kosten

Zu einer vollen D urchdringung und E rfassung des K osten­

problems gehört nicht n u r die K enntnis von den stru k tu ­ rellen Grundlagen des K ostenaufbaus und den W irkungen der verschiedenen Kostenteile au f den Preis. Deshalb muß auch dem letzten Problemkreis der K ostengestaltung besondere Beachtung geschenkt werden. Die aus der bis­

herigen Problembehandlung gewonnenen E rfahrungen müssen individuell mit dem einzelnen Unternehmen in

100

Zinsen- Reklam e-

Handel

62.0.

6Q6>

50.1™

Frachten äeldkosten

Steuern Dubiose

Verkehrsmittel Maschinelle Kraft

^Verkehrsmittel Betriebsm ittel

Menschliche

A rbeitskraft Mensch/. A rbeitskraft Dubiose, Kek/ome.FraM, Verkehrsmittel(wie links)

tif'93,8 81,0

'Verkauf 6256

A bb. 3. D r. B re d t: S ü ß w a re n in d u strie ; V e rte ilu n g des G e s a m ta u fw a n d e s (in °/o vom L a d e n p re is ) — S ta n d 1931

151

(8)

m o 1931

Lohn-Aufbau (135,9)

im Monats-1 Durchschnitt 33,8

'i\n1000RM Lohn-Aufbau

weiblich

mann/ich 1930 m Lohnsatz

CIndex) 100 96

Arbeiterzahl291 (100)618

(166) Lohn je h o p f in*A ie Stunde

50,8 (100)61,6

(82) Menge je Kopf in kg je Monat3Ś7

(100)356

(83) Hergestellte Menge

A b b . 4 . D r. Bredt: S ü ß w a re n in d u s trie ; A rb e its lo h n (v a ria b le r A n te il)

Beziehung gebracht werden, um das Unternehm en im K a m p f um den M arkt zu stärken. H ierbei kommt es d ara u f an, von F a ll zu F a ll eine optim ale K osten- und P reisgestaltung zu suchen, welche den A nforderungen der K onsum bildung (A rbeitslohn) ebenso wie denen der K apitalbildung (Betriebsgewinn) möglichst gerecht zu werden vermag. Gilt es doch als letztes Ziel praktischer W irtschaftspolitik, bei Zahlung von w irtschaftlich ge­

sunden Löhnen einen angemessenen P reis zu erzielen, um lebens- und arbeitsfähige U nternehm ungen zu schaffen.

A rbeitslohn und K on su m b ildu n g

D er K a m p f zwischen P roduktion und H andel um den optim alen A nteil am gesam ten W irtschaftserfolg einer B ranche w ird von B redt in einem Bild verdeutlicht

(Abb. 3).

M an ersieht hieraus ähnlich wie bei anderen Kostengliede­

rungen das V erhältnis der K osten fü r H erstellung und V erkauf. E inen neuen und f ü r die oben geschilderte Be­

trachtungsw eise fru ch tb aren G esichtspunkt b ringt aber die G egenüberstellung des A nteils menschlicher A rbeitskraft in der In d u strie und im H andel. H ierbei w ird die F ra g e aufgew orfen, „ob eine Sehw erpunktsverlagerung in der Arbeitsbeschaffung und K onsum bildung von der in d u stri­

ellen F ertig u n g zur kommerziellen V erteilung bei der weitgehenden D urchrationalisierung unserer In d u strie nicht auch w irtschaftlich durchaus gerechtfertigt ist, oder ob die dam it verbundene Steigerung der sogenannten H andels-

.. yerlust-28,3 „ , 269 D ubiosen .. V erlust35.5

yerlust-380

Vertreterprovision.

S onst. V e rw a ftu ng s- u V e rtn e b sko ste n

Fabrikbetrieb L6hneu.Be- 166 triebsgehätter

Fertigungsstoffe

120 110 100-

30 8 0 -

10-

60- 1921

Hos-

bati 61

1928

n

1929

bau 62

260 231

111

158 123

Ver/ushQO

1930 I 100

236 Verlust-5,6 220

m - \161 115

19311

121

ten- kos- Prtit-

bih auf Hng

215

A b b . 5. D r. B red t: S ü ß w a re n in d u s trie ; S tü c k e rfo lg s ­ rechn ung in P fg /kg

spannen (wie von Goerdeler zum A usdruck gebracht) als ungesund bekäm pft werden m u ß .“

Der aus der Preisgestaltung der letzten Ja h re herrührende Zw ang zum K ostenabbau trifft bei der B etrachtung des einzelnen Unternehm ens am stärksten die menschliche A rbeitskraft. Da die B indung durch T arifv erträg e eine entsprechende E in sp aru n g durch Lohnsenkung unmöglich macht, w irkt sich dies vielfach in einer U m schichtung von den teuren älteren au f die billigeren jüngeren A rbeits­

k rä fte aus (vgl. Abb. 4).

In diesem Zusam m enhang seien die Reform vorschläge von M ahlberg und S chm idt erwähnt. W ie B red t und Prion streben auch sie — allerdings von völlig anderen V oraus­

setzungen ausgehend — eine optim ale W irtschaftsgestal- tung an.

M ahlberg verlangt h ie rfü r u nter anderem völlige Auf­

hebung der Z w angsw irtschaft, also aller festen Preis­

vereinbarungen einschließlich L ohntarife, da Arbeits- beschaffungsprogramme, welche die gegenw ärtigen Preise und Löhne zahlen wollen, u n d u rch fü h rb ar seien. Ebenso verlangt S chm idt, daß Lohn und P reis sich selbst über­

lassen bleiben. N ur dadurch vermöge sich ein neues harmonisches V erhältnis von K osten, Lohn, Preisniveau, Einkomm en und Geldmenge zu entwickeln, was gleich­

bedeutend sei m it „V ollbeschäftigung aller Menschen und Betriebe in ren tab ler P ro d u k tio n “ .

K ostenau fb au und P reisb ild u ng

Die Beeinflussung des K ostenaufbaues durch Veränderung der einzelnen K ostenfaktoren ist sowohl fü r die P ro­

duktion als auch f ü r den H andel u n ter Zugrundelegung der K ostenbalken eingehend untersucht worden. In diesem Zusam m enhang müssen noch diejenigen Einflüsse betrachtet werden, die, von der Seite der Preisbildung herkommend, au f die K ostengestaltung einwirken. Nach Goerdeler untersteh t die Preisbildung dem Gesetz allerhöchster E lastizität, und zw ar bei jedem F ak to r, der an der Preis­

bildung beteiligt ist. N ach eingehender Untersuchung der einzelnen P reisbildungsfaktoren ist er zu der Überzeugung gekommen, daß der V erte ilu n g sa p p arat unserer W irtschaft übersetzt ist, und daß es im Interesse der Volkswirtschaft liegt, diese Ü bersetzung durch Senkung der Preisspannen zu beseitigen.

Eine G egenüberstellung von tatsächlichem Kostenaufbau und tatsächlicher P reisbildung zeigt B redt in einem prak­

tischen Beispiel (vgl. Abb. 5).

M an sieht hier von dem einzelnen U nternehm en aus die Bemühungen, teils durch E insparungen, teils durch Um­

satzsteigerung den von der P reisseite herkomm enden Ein­

flüssen zu begegnen. A n w eiteren Beispielen w ird gezeigt, in wie engem Zusam m enhang die F ra g en einer optimalen K osten- und P reisgestaltung m it dem gesam ten kapital- w irtschaftlichen Problem eines U nternehm ens und dadurch mit der eigentlichen W irtsch a ftsfü h ru n g stehen. Auch Prion h at au f diesen wichtigen Zusam m enhang in seinem R eferat hingewiesen. E r erkennt, daß „der Unternehm er im B rennpunkt der Ü berlegungen das eigene K apital sieht“ .

A ber n ur, wenn der Einzelne die enge kausale V er­

knüp fu n g säm tlicher an der W irtsch a ft beteiligter F a k ­ toren und dam it die Schicksalsgem einschaft seines eigenen Unternehmens m it der gesam ten W irtsc h a ft e rk a n n t hat, sind die V oraussetzungen f ü r einen neuen A ufstieg

gegeben. [1415]

152

(9)

Das Informationswesen eine Grundlage des

technischen Vertriebes1)

Von Dr.-tng. KURT LU BO W SKY, Berlin

Fragen der aktiven und rezeptiven A ufklärung im Vertrieb technischer W aren und Anlagen werden kritisch behandelt. Die Beschränkung der M ittel m uß H and in H and gehen m it weiterer Pflege der sachlichen Unterrichtung innerhalb und außerhalb der W erke.

Der Leerlauf in der Vertriebsberichterstattung Verschiedentlich w ird behauptet, daß der Niedergang der W irtschaft zu einem erheblichen Teil au f einer psycho­

logischen K rise der treibenden K rä fte beruhe. I h r A p­

p a ra t sei allmählich so kom pliziert und unübersichtlich geworden, daß die inneren Hemmungen zu den äußeren in einem V erhältnis stehen, bei dem die interne Verwaltung den eigentlichen V ertrieb überwiege. W er den V ertriebs­

a p p a ra t eines großen W erkes aus der Froschperspektive kennen gelernt hat, der weiß etwas von der offenkundigen Blindleistung des internen Schriftwechsels, von R und­

schreiben und Briefen, Telephongesprächen und Tele­

grammen, Spezialreisen und Sitzungen, von dem ILin- und H erschieben zwischen A kquisiteur und Außenbüro, U nterbüro und H auptbüro, H auptbüro und Zentralver­

w altung, L änderreferat und F achreferat, F achreferat und F abrik, und dort wieder von Zuständigkeit zu Zu­

ständigkeit. Es sind das Vorgänge, die sich nicht im Gleichstrom fortschreitender Arbeit, sondern im W ech­

selstrom wochen- und m onatelanger L e e r l a u f a r b e i t d e r i n t e r n e n A u f k l ä r u n g erschöpfen.

M it der Größe des A pparates wachsen die Massen und elektrisch gesprochen nicht nur die K apazitäten, sondern auch die drosselnden Trägheiten. Man kann ihrer nur H e rr werden durch feinste gegenseitige Abstimmung auf Resonanz, einen Zustand, der es bekanntlich ermöglicht, einen schwingungsfähigen E m pfänger mit geringster Energieüberm ittlung von seiten eines entfernten schwin­

genden Senders zum kräftigen Ausschlag zu bringen.

Bildlich au fg efaß t ist auch diese F unktion das A rbeits­

gebiet der technischen Inform ationsstelle eines Werkes.

Die Werkzeuge dieser A rt, welche der Vertrieb, d. h. der Akquisiteur und der V erkaufsingenieur, zur A nbahnung und zum Abschluß eines technischen Geschäftes benötigen, sind entsprechend der verfeinerten Technik und ihrer W arenkunde sehr m annigfaltig geworden, sie erfordern geduldige systematische A rbeit und laufende Ergänzung.

Es gibt großzügige V erkaufsleiter, welche, getragen von der Welle g uter Gelegenheiten und Beziehungen, den ganzen inform atorischen A p p a ra t von der einfachen Liste bis zum fein durchgearbeiteten Spezialbericht sehr gering einschätzen. E in Blick hinter die Kulissen zeigt, daß diese K öpfe sich ausgiebig des F ernsprechers und des Telegramms bedienen. D er E rfolg beruht dann letzten Endes doch wiederum au f der Auswertung gepflegter I n ­ form ation, deren Stoff von einer Zentralstelle laufend den V erteilungspunkten zugänglich gemacht wird.

H ierbei w ird eine A rt geistigen Zwischenhandels ge­

trieben, mit dem Ziel, durch wohlgeordnete, leichtfaßlich dargestellte, bildliche und textliche Unterlagen den Spe­

zialfachm ann im Rahmen des V e r triebs entbehrlich zu machen und sta tt seiner den V erkaufsingenieur zu stär-

1) N ach ein e m V o r tr a g im H a u s der T ech n ik , E s se n , am 29. 4. 32.

ken. Dieser soll besonders au f vorgeschobenem Posten und au f einer zahlenm äßig schwach besetzten Außenstelle von zeitraubenden R ückfragen und vom Schriftverkehr so weit wie möglich entlastet sein. Die F orderung geht noch einen S chritt weiter, indem m an — wenn auch nicht im Anlagengeschäft, so doch im W arengeschäft — den Schriftverkehr des W erkes nicht n u r m it dem Außen- ingenieur und V ertreter, sondern auch zwischen diesen letzten Stellen und dem Kunden au f ein M indestmaß be­

schränken will.

Die D atenliste technischer Einzelwaren ist an verschie­

denen Stellen frühzeitig zu einem pädagogischen Meister- stück entwickelt worden, und o ft haben fremde große E inkaufsstellen e rk lä rt: „W ir haben großes Interesse fü r deutsche W aren, aber Sie müssen uns übersichtliche D atenbücher und Listen in die H and geben, andernfalls ist der Schriftwechsel und die mündliche Verhandlung mit anschließenden Spezialangeboten fü r uns zu um­

ständlich.“ W ir haben natürlich zahlreiche Ausnahmen, und es ist interessant festzustellen, daß der englische Kommissar zur F örderung des Exports, Mr. Siddeley, in einem kürzlich in der „Electrical Review“ abgedruck­

ten Bericht seine Landsleute au f das Beispiel der aktiven Inform ation und W erbung gewisser deutscher Firm en verweist, deren Leistungen man unbedingt zum Vorbild nehmen sollte, wenn auch die Kosten hierfü r insbesondere in frem dsprachiger Aufm achung nicht unerheblich seien.

Zumal im Außenhandel mit seinen großen E ntfernungen und Postwegen, aber auch im Inland und in erreichbarer Nähe des H erstellers ist der Absatz technischer W aren und Anlagen abhängig von dem sachlichen Geist der tech­

nischen A ufklärung. Dieser Geist findet seinen Ausdruck weder in der Auflagen- und Farbenzahl von F lugblät­

tern, noch in der Schwere des K unstdruckpapiers, noch in R astern, Balken und Sehlagworten, sondern in dem klaren belehrenden A ufbau der Listen, Beschreibungen, Behandlungs- und Betriebsvorschriften, in Presseberich­

ten, Textanzeigen, V orträgen, Filmen, öffentlichen Dis­

kussionen, Ausstellungen, Messen und, besonders hervor­

zuheben, in der mündlichen Einzelunterrichtung. Die Arbeitsweise der kurz hinter uns liegenden Ja h re h at mit ihren Schlagworten von „Tempo“ und „Aufm achung“ den ehrlich W issensdurstigen leider vielfach enttäuscht und verw irrt. D er papierne W ald von Bäumen der E rk en n t­

nis bestand zu einem erheblichen Teil n u r aus A ttrappen und Kulissen. Die Grenzen der Begriffe vom seriösen K unden d i e n s t , der Inform ation, P ropaganda, bis zur m arktschreierischen und aufdringlichen Reklame und zum plum pen K unden f a n g verwischten sich in der L iteratur und Presse des In- und Auslandes immer mehr.

Daß diese Sorgen des technischen Nachrichtenaustausches seit langer Zeit wuchsen und drohten, hat D r.-Ing. S ch u lz für den engeren Rahmen des technischen Zeitschriftenwesens in einem vorzüglichen klaren Werk über die „Zukunft der tech­

nischen Fachpresse“ dargelegt. M it erfreulicher Offenheit behandelt er Ursache und F olge von Erscheinungen, die wir im internen Inform ationswesen der Industrie längst als viel drückender empfinden als die Schriftleiter und Verleger. Denn die öffentliche Literatur stellt zu einem Teil immer noch die geschützten, soliden U m schlaghäfen geistiger Güter dar, während die industrielle Inform ation o ft m it dem Leichter­

verkehr auf freier Reede vergleichbar ist, wo manche nach Gewicht und Inhalt weniger kontrollierte geistige Ware ver­

staut und gelöscht wird.

Der technische F o rtsch ritt und der industrielle W ettbe­

werb sind fraglos trotz aller Kontrolle, Norm ung und R ationalisierung dem H ersteller und dem V erbraucher über den K o p f gewachsen. Große V ertretungen, insbe­

Cytaty

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teils der Vorteil besseren Überblicks, nicht nur für die Leitung, sondern auch für die Gläubiger, anderseits wirkt dieser Umstand aber auch dem Streben nach

fähigkeit sowohl technisch als auch finanzieller Art zu unterrichten. Wenn man mithin den Großfirmen im Heimatland nicht die Möglichkeit gibt, zu arbeiten, die

gen für die öffentliche H and. H ier hat schon ein stiller K rieg unter den Industrien der einzelnen deutschen Länder und auch zw ischen einzelnen B ehörden eingesetzt, der

führung noch möglich ist. Die Lösung ist das Ergebnis eines reinen Rechenexempels und für die praktische W ir tschafts führung von w enig er g roßer Bedeutung als

Da nicht anzunehmen ist, daß der P ersonalstand irgendeines Unternehm ens aus bösem W illen eingeschränkt sein könnte, sondern dies nur aus bitterem Zw ang

H ier handelt es sich also um die unterteilte E igenw irtschaft der Betriebzellen, wie um die W irtsch a ft des Gesamtbetriebes, nicht m inder aber auch um den

rieller Bedürfnisse verlangt, und daß ein menschenwürdiges Leben erst dann beginnen kann, wenn die tägliche Not überwunden. G etragen aber werden letzten Endes

ten Absatz, der Wert eines Patentes in gleichem oder in einer Einsparung von Betriebsausgaben. Dasselbe gilt vom Kredit und anderem. Der Wert einer