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Die Zukunft, 28. Dezember, Jahrg. XXI, Bd. 81, Nr 13.

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XXL Iahrg.· Berlin,den28.Dezember1912. Ur.13.

Herausgehen

Maximilian Heerden

Inhalt-

· Seite

vthlkimrc .............................407

DeitkfchegMittel-lieh VonKarl Ientich ...... .v........411

wimeks Olympish VonJulius MeierssGraefc ...........421

Atti-istenundIaiem VonGustav seck................428

Iliikerventionem Voncaoon ....................Nssx33 Der GrvszeKönig .........................436

Nachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5Mark,dieeinzeer Nummer50Pf,

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa- 1012.-

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wildlmgck Akten

wirdseitJahrzehnten mitgrosse-n ErfolgezurHaustrinkkur beiNieren ·es, Sieht-» stein, ijeiss undanderen Nieren- undBlasenleiden verwandt-. ach den neuesten

Forschunfenistsieauch demZucker-kranken zurErsetzung seines täglichenKalkver ustesanerster stelle zuempfehlen. Fürangehende Mütter und Kinder jnderEntwickelung istsiefürdenRnochenaukban von

hoher Bedeutung.

- 1911= 13598Badegäste nnd2,071,167 Flaschenversand. - Manverlangeneueste Literatur portokreivon den Für-U. Wildnnger klineralquellem BadWildnngen 4.

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Berlin, den 28. Dezember 1912.

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Ultimo.

Trotzdem« Sie Vater dreierschulpflichtigenKinder undInhaber eines nettrentirenden Gefchäftes sind,ausdemvonfrühbis spät jetztdieLaufkundschaftsächsischeStollen, frankfurterVrenten undVethmännchen(D.R.P.)wegschleppt,istJhnenvonAlledem, was Sie überTürkenundSlaven,VotschafterundValkanminister,·

Serbien undAlbanien inderZeitung lasen, so dumm,alsginge einMühlradimKonherum? Je mehr eigene DrahtberichteSie schlucken, destoenger wirdderNebelschlitzvordemAugeJhres redlich nach Klarheit ringenden Geistes?Wenn heute noch,wie inAesopsTagen,dasBewußtsein,imLeidGefährtenzuhaben, Trost gewähren kann, isterIhn-en gewiß.Millionen empfinden wieSie ;thunaber,umvordemNachbar ButterhändleroderBar- biernicht erröthenzumüssen,als verstünden sie,was ihreLehrer selbst doch nicht verstehen.DerunterLarven fühlendenVrust will ichzu klärentrachten,was ist.JnallerKürze;damit Sieinden Laden zurückkönnen:sonst wiegtderLehrlin gjedemdickenDienst- mädel mehr Vethmännchenzu, als ihrerGeldanlagegebühren.

DieTürkenhabendiekläglichsteNiederlageerlitten,die in

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unsererseit einMenschenauge sah.Weilabernichteinfest abge- grenztes Land, sonderndieReligionihnenHeimathist, tauchtder Gebietsverlustsie nichtinGramesmacht. BiergegenEinen,sagen sie, hatten leichtes Spiel;Christenlist hatuns überrumpeltundwir Arglosen habendenGroßmächtengeglaubt,die unszuerst riethen, zwölftausendReservistennachHauszuschicken,undunsdannmit demVersprechen einlullten,demSieger jedeBeute zuweigern.

Das ist gelungen. Dochwenn wirwie-deranfangen,zertrampeln

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2108 DieZukunft.

wirdievierFeindezu einemBalkanbrei ; undwirfangenwieder an,wenn die VierunsereBedingungen ablehnen.Welche-Bedin- gungen?Soweit,lieberLandsmann,sind wirnoch nicht.LäßtJhr Geschäft sichauch ferner gutan,so sehenSiesichvielleichtmalin Kairoum;PortSaidgenügtaberauch schon.Daists imBazar nicht wieinIhremLaden. DemnachdemPreis einerWaarefragenden Kunden nenntderHändlerungefährdasZehnfachederSumme,die

ereinzusäckelnhofft.Die Antwortdrücktdas Bedauern aus,indem Hüter so hübscherSacheneinenJrrsinnigenerkanntzuhaben;und bietetdann einenBetrag,dernoch tiefunterdemZehnteldesgefor- dertenbleitherHändlerschwört,daszerlieberdenganzenKramin Brand steckenals dieseskostbareKleinod für solchenQuarkver- schleudernwürde.Abgethan. Nach zweiStunden oder,beiwerth-s vollerWaare,dreiTagenkommts zurEinigung; inzwischen hat derVerkäUfervielKaffeeundganze Cigarettenbündel spendirt..

Sobetreibt derOrientale auchdasStaatsgeschäft.Was Sie über einzuholendeInstruktionundabzuwartende Sonderbotschaftle- sen:Alles LugundTrug.DieTÜrkenwolltenzunächstwissen,ob zwischenOesterreichundSerbien ein Krieg entstehen werde;dann konnten sie aufathmen,waren der vierVedränger ledigundbei- nahesicher,daßderEingriffandererMächteihnenausderKlemme half. Jstsdamitnichts, sobleibtderVersuch,denlästigenSee- polizistenvomHalszuschütteln.UmdieTürkenschiffeärgernund denTransport ausAsienerschwerenzukönnen,hat Griechenland, imEinverständniszmitdenGenossen,demWaffenstillstandnichtzu- gestimmt. Eheessichnicht dazu bequemt, verhandeltdieOsmanen- firma nicht.FlausemDochdieKonjunkturkannnurbesserwerden.

Neben andererHoffnung lauert dieaufneuen Zankderglor-- reichBerbündeten. Diesindnichtvon gestern, haben schonAller- leierstrebt,einander mancher SchandthatgeziehenundihrHerz ist nichtnur vonChristeninbrunst erfüllt.DerKönigundSänger- vonMontenegro hatte einst nichthöherenEhrgeizalsden, auf- derBalkanhalbinseldasSchwertundderStatthalter des Sultans zu werden. Vor ein paarJahren ließerruhigen Gemüthesin.

Gerichtssaal,Parlament, Presse sagen, sein Schwiegersohn Peter, derSerbenherrscher, habegegenihnMörder gedungen;damals warinVeiden dasGefühl heiliger Slavenbrüderschaft nicht sehr heiß.SeitdieVulgareneinevomgriechischenPatriarchatunab- hängige Nationalkirche haben,waren ihre Naufhändelmitden

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Ultixmo. 409

Griechen noch schlimmeralsje zuvor;was daanMißhandlung, Schimpf,Naub undTotschlaggeleistet wurde, ginge nichtinJhr Hauptbuch AuchSerben undGriechen,Serben undVulgaren habeneinander gedroschen,daßdieFetzenflogen.Wielangewird dasKreuzsieeinen? Von den vierKönigenmagnichteinerden anderen riechen. Ferdinand hat sichzurKriegserklärungaufge- rafft,weilerfürchtenmußte,sonst niedergeknalltzu werden. Auch indenanderen,mindertüchtigenüberwogAngstdenHeldenmuth—.

Der Türkehofft, daßihnendasUnterzeugbald wiederfeucht wird;

und seineZuversicht wächstbeimAnblick derfürdas londoner SpektakelVevollmächtigten,diejedenTagdenAbbruchder Ver- handlungenandrohen undeineWoche lang dochdasLungern undLuncheondemRufzuneuer Waffenthatvorzogen.- Alles:

TheaterDochdie Völkerschlugen sichgutundwerdensichtummeln.

Was nun mitden Serben ist?Diemöchtenzuanständigem Preis verkaufen,was inihremLand wuchsundbereitet ward»

Sie habenkeinMeer, nichtdenwinzigsten Hafen; auf europäis scherErdenur sie (außerdenSchweizern,dieauch ohne Küste se- lig werdenkonnten).Lange waren sie so innig mitOesterreich-Un- garn, daßBismarck(einerderVorgänger Vethmannsznichtohne Talent)zusagen pflegte,inSofia müsseman sichfüreinenRufsen, inBelgrad für einenOesterreicher ausgeben.Vor fastsiebenJah-

ren wollten sie fürdieGewißheit,inneun Monaten vierzigtau- send OchsenundachtzigtausendSchweineüber dieGrenze Oester- reichsundUngarns bringenzukönnen,.aus diesenLändern Waaren imWerthvon zwanzigMillionen Mark beziehen. Die Viehzüchter stemmten sichgegen dieKonkurrenzgefahr,einZoll- krieg brachaus understimMärz1908kamszu einemHandels- vertrag;derdem serbischen Exportbedürfnißabernicht genügt. Jn derKriegszeitwar derselbe Herr Pasitsch,von dem Siejetzt so viellesen, Ministerpräsident.DieSerbenfordern einenAusgang insAdriatischeMeer (derUmwegdurchs Aegaeischewärefür ViehundPflaumen rechtlang)undhaben ausgerechnet, daßder BaueinerNis hundSanGiovanni diMedua verbindenden Eisen- bahnungefährvierzigMillionen Mark kosten würde,dieleicht durch Pump aufzubringenwären.Besonders leichtausJtalien; denn dieser Ausgangwäre derbequemste Eingang für italische Waaren undböte denStiefelinsassendieMöglichkeit, nachund nacheinen TheildesValkanhandels zuerraffenundaufdem

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410 DieZukunfte

EisenstrangderAdriasDonau-Vahn denGüteraustausch zwi- schenWesteuropaund demOrient zuvermitteln.DieAussicht auf solchenWettbewerb lockt dieHerreninWien undBudapest natürlich nichtinfeurigeVegeisterungfürdenHafenplan. Die Serben mußten alsoüberlaut schreien,umGehörzufinden.Das thaten sie redlich;brachten HimmelundHölleinBewegung:und erhaltennun, was siewollten. Nicht, wassiezu wollen vorgaben.

(Orientbazarsitte;einZehnteldes Berlangten birgtnoch fetten Gewinn.) Doch mehr,alssie,nach zwei durchihr Geschreibewirk- tenMobilmachungenOesterreichs, erwarten durften.Eineinter- nationale, nicht auf ihreKostenzu bauende Eisenbahn,die alle Produkte, auch Kriegsgeräth, ohneZollpflichtin einenneutralen FreihafenderAdriaküste führt.Das ist,weilesdiePlagemitder Beruhigung und Verwaltung eines schwierigen Landes, ferner dieKostenundRisikenderBahn-—undHafenanlage erspart,an- genehmeralsdieErfüllungdesausgetrommeltenWunsches;ist, sammtdemsehrgroßenZuwachsvonLandundMenschen,unge- heuerviel. DerSerbe wirdnocheineWeile dasdemErdfrieden gebrachte Riesenopfer wehmüthig rühmen.VorFremden. Jm Kreis derVerwandten jauchzter; undhat zureichendenGrund.

Das Küstenland,indas dieSerbenbahn mündet, heißtAl- banien undwird,nachdemeinigenWillen derGroszmächte,selb- ständig;bleibt aber derOberhoheitdesSultans unterthan und wirdvonEuropainAufseherobhutgenommen. Diesedoppeltem- gegitterte Selbständigkeit isteinhöchstschlauerZauber.Ander IThemse gewachsen.JnEuropa hat fürs Erste England einesichere -Stimmenmehrheit.Mitderkannes,jenach Vedarf,Wienern,Rö- :mern,Nord-soderSüdsladenwinken;und,wenns nützlichscheint,

»dieTürkenmondsichelalsSensenstahlvorbinden.Albanien würde auf Aktien,unter einem Geschäftsvorstand,derGeldaus dem Boden schlägt,bessergedeihenalsunter demeuropäischenAuf- sichtrath, dessenMitgliedereinander keinHäppchengönnen.Aber derKhalif,der imGlaubensreichMohammeds auchalsweltlich schwacherHerrallgewaltigistundin Egypten,Persien, Indiendas Wetter macht, muß außerdemVosporus noch Europäischeszu verlieren haben.Jhnmitgreifbarem Vermögensrestunter Eng- landsBormundschaftzustellen,war derwichtigsteZweckdes lon- doner Schachers Fortsetzung nachdemJnventursAusverkauf

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DeutschesNiittelalten 411

Deutsches Mittelalter.

Wiegeistig-en Führerdesrationalistischen achtzehnten Jahr-

« hundert-s hieltendiedrei Scheusale,diesie niedergerungen hatten,dsenHsexenabierglauben,diebarbarische Justizunddenkon- fessionelle-n Fanatissmus fürdieMächte,diedasMittelalter be- hserrscht hätte-n,unddieses selbst für eine-Zeitdergeistigen Finster- niß,,diesDespotismus und wilder, roher Grausamkeit. Diegroßen deutschenGeschichtforscher aber,deren Arbeit inderPeriode der Romantik begann, enthülltenein-en ganzanderen Wesen-skernder verachtetenZeit. Ehse jedoch dievon ihnengewonnene, richtigeEr- kenntnißl durchguteLehrbücher Gemeinbesitzwerden konnte,ver- ursachtendieUebergriffe derletzten P-äpste,dieUltramontanisi- rung der deutschen Katholikenund derpolitische Kampf,,gegsen Junker und Pfaffen«einen Bückschlag:diseZeitung-:undBrochus renschreiber,die invollkommenerem Maßeals dieSchule das Volk mitBildungstoff versorgen, Pfleigenwiederum alle unlieb- samsen Erscheinungen der Gegenwart für RestedesMittelalters auszugeben, so daß,,mittelalterlich-«sovielbedeutetwieunfrei,un- wiss-endundabergliäubig, fanatischund grausam. Sie wissennicht oder beachten nicht, daß. dies-e Uebel,an denen esallerdings im Alittelalter nichtganz gefehlt hat, erstimsechzehn-ten Jahrhundert kulminirt haben, daßderfürstlicheAbsolutismus sein-ehöchsteAus- bildung sogar ierstimZeit-alterderAufklärungerreicht hatund daß-I derBauernknechtschaft dieser ZeiteinePeriode bsäuerlicherFrei- heitvorangegangen war. AuchdieAusschließng derBürger von höherer-iStaatssämterm ihr KatzbuckelnundsKriechenvorBeamten und Adeligenwaren im«sechzehn-ten Jahrhundert noch-unbekannt;

indessenAnfang habenMänner bürg-erlicherH-erkunft:diekaiser- lich-enKanzlerHeld-,Seld und Granvella, derkursächsischeKanzler- Brückdie.Staatsgeschäfte Deutschlands besorgt.Von denunseren Liberalen,Demokraten und Fortschsrittlern verhaßten Thatsächlich- keiten gehörtnur eine,diePsapstherrschaft,demHochmittelalter an.

Aber diewar bisdahinnothwendig, weilesandere Mittel, alle Völker Europas zueiner Kulturgemieinschaftzuverbinden, da- mals noch nicht gab. Schädlichwurdse dasPapsttthum erst(durch finanzielle Ausbeutung derEhristenheit), alsesseine Politische wieseinemoralische Macht schon eingebüßt hatte,und ist es,nach- gänzlichem Verlust dererstenund Wiederherstellung derzweiten, heutewieder gewordenals letztesBollwerk eines durch Wissen- schaftund Herzenskultur überwundenen Orthodoxismus

Jetzt betheiligensichauch nochdiieVertreter einer neuenWiss

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412 DieZukunft.

senschaft,derNeuropathie, an derSchwarzmalerei. DieNerven- ärztehaben ihr Augenmerk denMassenhysterien zugewandt und dieKreuzzüge,dieG·eiß.lerfahrten,derVeitstanz, derHiexenwahn verleiten siezudemGlauben, dasganze Mittelalter seihyftserisch und in finsteren, beängjstigendsenWahnvorstellungen befangen gewesen. In Wirklichkeit istdas deutsch-e Volk, nachdemdie SchreckenszeitderEinfall-evon Räubervölkern (Hiunnen,Avaren, Miagyarem Normannen) vorüber war, frohgemuth, lebenslustig usndpraktisch verständig gewesen.DieKreuzfahrer hat mehrAben- teuer- und Beutelust alsein frommerWahn getrieben und die Massenhysterienergriffen niemals diegesammte Bevölkerung;erst seitdem Schwarzen TodfingdasGemüthslebenan,sichzuver-—- düstern; weiterhin dann wirkte dieErschwerungderwirthschaft- lich-en Existenzbedingungen ungünstig,dieum 1500 eintrat, und dierabies theologorun1,dieMelanchthon denTodwünschenließ, dervöllig-e Siegdesrömischen Rechtsmitseinen grausamen Stra- fen,zudessenEinschsleppungdieanuisition allerdings schonvom dreizehnten Jahrhundert sannichtwenigbeigetragen hatte, end-lich dieGräuelthateneiner verthierten, zumgroßen Theilausländischen Soldateska vollendeten dann dasUnheil. Ueber daseigentlich-e Mittelalter muß.,wer nicht selbstdieQuellen studiren kann,aber urtheilenwill,neben dsengroßenineueren Ges chichtwesrksenbefragen:

JakobGrimms Deutsche R-ech-tsalt-erthümer,dieGeschicht-edserdient- schen Städteverfassungvon Ludwigvon M-aurer, Städte undGil- dender germanischen Völker von Karl H-egel,diewirthschaftge- schichtlichen Forschungenvon Jn-amsa-Sternegg, Lamprech-t, Hagel- stange,denbeiden Knappund denSchülerndesälteren,dieKul- turgeschichtedesMittelalters von GeorgGrupp-.Aus dem stoff- und farbenreichen Gemiäldedas dieseWerke ergeben, fürein größeres Publikum einigeZüge herauszuheben, erscheintmiraus zwei Gründen alsPflicht.Erstens,weilesdemdeutschenVolkzur Uniehre gereicht,wenn allgemein geglaubtwird-,eshabemehrals tausend Jahre langin einem ZustandwilderVarbiarei und schmach- voller Knechtschaft gelebt;dann,weil geradedasMittelalter den Geistechter Freiheit athmet,den dermoderne Libieralismus für eine Neuschöpfung,und zwar für seine eigene hält.Mittelalter- lich-er,and-ers ausgedrückt: altgermanischer Geist ist es,derinden modernen Volksvertretungsen, inder durchSteins freieStädte- Hpordnung,durchdieneuere preußischieGemeinde-,Kreis- undPro- vinzialordnung gsarantirten Selbstverwaltung inder Selbstregi- rung zahlreich-er freiwilliger Körperschaftenund Vereine,indem blühenden Genossenschaftwesen unserer Zeitwieder auflebt,und

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DeutschesMittelalter. 413 auchdie Hoffnung,daß.eine gründliche Reform unserer Rechts- pflegegelingen werd-e, beruht aufderWiederbelebung dieses Geistes. JmJahr 1823 veröffentlichte Ludwigvon Maurer eine Preisschriftüberdasaltgermanischeöffentlicheund mündlicheGe- richtsv-erfahren,dievon allen ;,Maß,gebsend-en««abgelehntwurde.

Denn man hieltdamals dieses VerfahrenfüreinefranzösischeEr- findung und fordertenach-drücklichdiebaldigeAbschaffunigdies-es Neste-sein-er verhaßt-en Fremdherrschaft. Ein Herrvon Miller schrieb: Europa sei beruhigt, dasmonarchische Prinzip;habeüber JdieRevolution gesiegt;sosolltendenn auch-alle Freunde dieses Prinzips den-Planaufgeben, durchdieOeffentlichkeitund Münd- ilichkeitdiesgerichtlichen Verfahrens »die Prinzen desKönigs- hiausesund dengesammten Adel wiejedenGebildeten indieGe- s ellschaftdesniedrigstenPöbels hierabzuziehenundsie dessen Spott und Gelächterzuüberliefern«..

lGJänzlichunbekannt war demMittelaltser derfürstlich-eAbso- lutismus. JedesHerrschaftverhältnißberuhte aufeinem ausdrück- lichenoder stillschweigend-en Vertrag; und esgaltalsselbstver- ständlich, daß,wenn der eine TheildenVertrag brach, auchder andere nichtmehrgebunden sei. (Nach- diesem Grundsatzmußdie Lösungder Unterthanenpslicht durchdenPäpstlichenBann beur- theiltwerden. Eswurde angenommen, daß.sichderMonarch den VannsdsurchPflichtverletzung zugezogen habe;inWirklichkeitwar freilich meisten-s nichtdieSorgefür Rechtund Gerechtigkeit,son- dern hierarchischie HerrschsuchtderBeweggrund zur Vannun(g.) UnbeschränktesHerrscherrecht gabesnicht; vom kleinen Gutsherrn biszumKönigund Kaiserwar jeder"Machithaber durch Herkommen und Sitte, durch anerkannte, mitunter beschworene Rechteder Untergebenen, der Stände gebunden. Die Städte wacht-en eifer- -süchtigüberihre Freiheit, gestattetendemweltlichenodergeistlichen Landesherrn keinen längeren Aufenthaltinnerhalsb ihrerMauern, schrieben ihmvor, wievielvNiann ermitbringendürfe;vier Pferde und einMaulthier, fünfMann undeinen Buben, heißtesseinmal ; was eran Verpflegung zufordernhabe;,,wolleerbessere Kost, so mögeersichdiemitbringen«; endlich, auf welchem Wegeerdie Stadt zu betreten habe.DieKölner ließen ihren Bischofnur durch ein-Hinterpförtchenund einengesGäßcheneinreiten und gestatte- tenauchdemKaiser nich-t,beiihnen Hofzuhalten.Von derSelb- ständigkeitdesVürgerthums schonimelftenJahrhundert, wodas Städtewesen dochebenerst aufzukeimen begonnenhatte, giebtder folgend-eAusspruch eines Kirchenfürsteneinen Begriff. Als im Jahr 1047 König HeinrichI.von Frankreichzueinem Einfall

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414 DieZukunft.

Tüst-ete,währendderKaiser, Heinrich III.,inItalien weilte,sprach dserBischof Wazovon Lüttich2:derFrankenkönig möge»nurkom- men; die Bürger von Mainz, Köln,Lüttichund vielen anderen Städt-en würden ihmzubegegnen wissen. ZweiCeremonien smögen dieAuffassungdiesMittelalters vondsemlVerhaltnißlder Obrig- keitzudenUnterthanen veranschaulichen Wenn inKiärnthenein neuer Herzogd ieHerrschaftantreten sollte, setzte sich-einBauer aus derFamilie derEdling-er,welcher Hierzogsbiaueroder Herzogvon Glasendorf genannt wurde,aufdenmarmornen Herzogstuhl in Zollfeld." Ringsum, außerhalbdserSchranken, stehtdasLandvolk.

Der Herzogkommtimgrau-en Wams und-Mantel, inderJäger- tasche Brot, Käseund Ackergeräth tragend-,in der Handeinen Stab,ihmzurSeiteeinschwarzerStier und- einmageresBauern- lpsferd-;hinter ihrmderAdel inGala. DerBauer: »Wer ists,derso stolz seinherzieht?«Die Menge: »Der Fürstdes Landes« Der Bauer: »Istereingerechter Richter? Liegt ihmdesLandes Wohl am Herzen? Jsterfreiund-christlich--geb-oren?« DasVolk:»Er istsund wirds s-ein".«DerBauer: »So frag-e ich:Mit welchem Rechtwird- ermichvon diesem Stuhl bringen?« DerGrafvon Görz: »Er kauft ihnvonDirumsechzigPfennig;dazu soll-en diese BugsthiereDein sein, auchdieKleid-er desFürsten;Dein Haussoll frei sein,Keinem zahlstDulZinsnoch Zehnten«Der Bauer giebt dem-Fürsteneinen leichten Backenstreichi, ermahnt ihn, gerechtzu regiren, steigtvom Stuhl,nimmt Stier und-Pferdsmit.DerHerzog setztsich aufdenStuhl, schwingt sein Schwert nachallen Seiten und gelobtdemVolke Rechtund-Gerechtigkeit-Und dieBürger deswestfsälischenStädtchensDelbrückgingen,wenn dasJahres-- gericht abgehalten werden sollte,demDrostenbisandieSüdmühle entgegenund fragtenihn,obserdasRecht bringenoderbeiihnen find-en wolle; nachdemergeantwortet, erwolleesbeiihnen fin- den,geleiteten sie ihnzurGerichtsstiätte.

Daß; diese-Stätte ein Platzunt-er freiem Himmelwar, daß dort Gleich-eüberGleich-e (Pairs) richteten, auchdieHofeknechte und HörigenimHofgerichtunter demVorsitzxedesVogtes(denn, schreibt Just-us Möser, unsereAltvordern meinten,eswürd-e den Ninus-enübelergehen,wenn sievonKatzengerichtet würden), daßk dieganze MarkgenossenschaftalsUmstandderGerichtssitzungbei- wohnteund dasUrtheilschelten durfte, daßzderBauer, auchder Hörige, bewaffnetzur Gerichtsstättezog: dasAlles ift allgemein bekannt;aber wer denktdaran, wenn vom finsterenMittelalter, vonderFeudalzeit dieRedeist?Daß freilichdiealtedeutscheGe- richtsverfassung, »aufdiehier nicht näher einzugehen ist,unter den

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DeutschesMittelalter. 415 heutigenverwickelten und-verzwicktenRechtsverhältnissemdiestu- dirte Juristen erfordern, nichtwieder hergestelltwerden k"ann,.li-e.gt aufderHand-,»aberandemGeist,dersie beseelt-e,uns vonZeitzu Zeitzuerfrisch«en,wäregut.Dievon unsererheutigen vielfachab- weichendeEmpfindungweise jenerZeit einigermaßenzucharak- terisiren, heb-eicheinige Grundsätzedesdamaligen Rechtes hervor.

Unserlaubt war, Getreide aufdem Halm,Trauben am Rebstock, blutig-esGewand zukaufenund zuverkaufen.Zwischen Totschlag und Mord ward strengunterschieden, doch verstandman unter Moer nur dieheimliche Tötung.Einer freien Frau wider ihren Will-enauchnur einen Finger anzurühren,konnte schwere Buße kosten;dagegen glaubte man einem Weibe nich-t. leicht,dasbe- hauptete, Nothzuchterlitten zuhaben.Wollte sieGlauben finden, dann mußte sieunmittelbar vom OrtederUnthat mitaufgelöstem Haarund lautem GeschreizumRichtereilen. Den Jndizienbsewseis kannte man nicht;fehltenderblinkende Scheinund diehandhafte That,dann konnten nur glaubwiirdige Zeugen(und jeder freie Riann galt als,unbedingt glaubwsürdig)die Schuldoder Un- schuld- b-eweisen. Freiewaren gewöhnlichnur zurBuße, alsozur Entschädigungdes oder der Geschsädigtenoder Verletzten, vier- pflichtet;nur denZahlungunfsähigen traf,wiedenUnfreien, die Strafe, diePoen (Pein). Grausamer, barbarischier Strafen wird inSag-eund Dichtungwie inGesetzbücherngedacht, aber, sagt Grimm,mögensolche,wieZerstückelungdesSchuldners (nach«rö- mischiem Recht,Shylock!)inheidnischer Zeit vorgekommen sein, diegeschichtliche ZeitkenntkeinbeglaubisgtesBeispiel.Wie Ver- stümmselungen orientalischer Art, Folterung und qualifizirte To- des-strafen später eingedrungen sind-, istschon angedeutet worden.

Hat dsiseKirchevom dreizehnten Jahrhundert an diese Ver-schlim- miersung gefördert, so hat sie anfangsvielfach-dieSitten gemildert:

dieAussehng derKinder,dieTötungder Greise verboten,die Anerkennung der PersönlichkeitdesSklaven,dieVollgiltigkeit seinerEheerzwungen (inderHeidenzeithaben auch-die Giermanen den Sklaven,dergewöhnlicheinKriegsgefangener war, alsSache behandelt),den Töchternzum Erbrecht verholfen,überhaupt«sol-i chen Rechtsgewohnheiten entgegenwirkt, dieeinsem Zeitalternatür- lichwaren, das keineandere UeberlsegsenheitalsdiederMuskel- kraftund die-sphysischen Muthes anerkannte. Der mit dieser Schätzungweise gegebenen Gesinnung entsprachesauch-, daß,noch bisziemlich tiefins Mittelalter hinein Totschlagund Raub nicht immer dserEhredesThäters Eintrag thaten,währendder Dieb alseinFeigling ehrloswar. Widerrechtlich Holz fällen, galtnicht alsDiebstahl,weil derweithin schallende AxthiebdieThatmeldet.

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