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Die Zukunft, 19. März, Jahrg. XXIX, Bd. 112, Nr 25.

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XXIX. Jahrg. Berlin, den 19. März 1921 N r. 25

i e ukunfit

H eraus ge Der

Maximilian Harden

INHALT

Seite

Das Zweite Gesicht ... 337

Oberschlesien für D e u ts c h la n d ...337

Der böse N a c h b a r ... 342

Aus Stoff des T r a u m e s ...362

Nachdruck verboten

E rsc h e in t je d e n S o n n a b e n d

Preis vierteljährlich 22 Mk., das einzelne Heft 2,00 Mk.

B E R L IN

Verla g der Z u k u n f t

SW47, Großbeerenstraße 67 1921

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W i e n e r R e s ta u ra n t E S t S R R Z I W A N E R

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T E L E P H O N : Z e n t r u m 4 0 8 6 P i l s n e r U r q u e ll

B e s t e s 1 zur P flege derZähne,

I n e i n e r M i n u t e B a c k h i t z e ,

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Berlin, den 19. März 1921

D as Zweite Gesicht

O b e r s c h l e s i e n f ü r D e u ts c h la n d

O ie fragen, H err D irektor, ob ich Ihnen, dem Sohn einer

^ alteingesessenen oberschlesischen Familie, „in der seit Menschenaltern mindestens eben so viel Polnisch wie Deutsch gesprochen w ird“, mit gutem Gewissen rathen könne, am zwanzigsten März für Deutschland zu stimmen; und Sie fügen den freundlichen Satz an: „D ie Verleumdungen, denen Sie in manchen der deutschen Propaganda dienstbaren Blättern ausgesetzt waren, werden Sie, Dessen bin ich gewiß, in Ihrem U rtheil nicht beirren.“ Dessen dürfen Sie gewiß sein. D ie Blätter, an die Sie denken, haben elende Fälschung ihrer pol*

nischen Konkurrenten übernommen und die bösartig alberne Behauptung in die W elt gesetzt, von mir sei die Kumpanei Korfanty als „die V erkörperung des kategorischen Impera*

tivs der ethischen Pflicht“ gerühm t worden. N och anderen Blödsinn. Jeder Leser der „Z u k u n ft“ weiß, daß hier niemals ein W o rt davon, nie ein im Sinn ähnliches gestanden hat; daß ausdrücklich gesagt w orden ist, auch der Rückblick auf die schlechte Behandlung, die er in D eutschland erlitt, könne H errn Korfanty nicht von der A nw endung häßlicher M ittel gegen deutsche Menschen und deutsches W esen entschul»

digen. Eben so wenig werden die Leiter der deutschen Pro*

paganda durch die Thatsache, daß ihr, besonders in dem

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338 Die Z ukunft

Brief eines besorgten Deutschen, hier U nkenntniß der ober*

schlesischen Verhältnisse und Bedürfnisse nachgesagt w urde, davon entschuldigt, daß sie einer von ihnen selbst täglich als unrein verschrienen Quelle Angaben entnahmen und Schimpfrede drauf stützten, ohne auch nur zu prüfen, o b sie wahr seien; ob irgendwas wenigstens im Sinn A ehnliche hier gestanden habe. Von der Stunde des W affenstillstandes an war ich, privatim und öffentlich, für die Erhaltung Ober*

Schlesiens in Deutschland bem üht und habe sie als europäische N othw endigkeit Denen zu erweisen versucht, die im A usland regiren oder Oeffentliche M einung machen. D ie W irkung die*

ser Versuche läßt sich belegen. N ach der (verspäteten) Zu*

sage staatlicher A utonom ie blieb in mir die Furcht, der ober*

schlesische Bauer und Industriearbeiter werde an endgiltigen Verzicht D eutschlands auf allgemeine W ehrpflicht, das ihm W ichtigste, nicht glauben (weil Rückkehr in diese Pflicht sogar von der D em okratenpartei ersehnt w ird) und die allzu öffentliche Geldsammelei für H infahrt, Verpflegung, Ob*

dach, Rückfahrt der einst abgewanderten Oberschlesier könne der Feindschaft bequemen Vorwand zu Entw erthung der auf diesem W eg erlangten Stimmen bieten. D enn nicht laut ge*

nug kann, immer wieder, gesagt werden, daß der O berste Rath an das Ergebniß oberschlesischer Abstimm ung nicht gebunden, sondern zu dessen Verwerthung, nach dem ver*

sailler Paktrecht, frei ist; er entscheidet „auf G ru nd der Volks*

abstimmung, unter Berücksichtigung der W illenskundgebung der Einw ohner, der geographischen u nd w irtsch aftlich en Lage der Ortschaften (en tenant compte du voeu exprime par les habitants ainsi que de la Situation geographique et economique des localites).“ Das ärgste aller U ebel aber wäre die Zerreißung des Landes, auch, wenn sie uns die besten Korn* und W aldkreise ließe, sogar, wenn sie uns nur Pleß und Rybnik nähm e; noch schwerer, weil die Kreise wirthschaft*

lieh auf einander angewiesen sind, zu ertragen als die Bil*

dung eines zwischen D eutschland und Polen neutralisirten Pufferstaates, die noch vor Kurzem manchem englischen Staats*

mann e rstreb e n sw ert schien. Endgiltige A ntw ort auf all diese O stfragen dürfen Sie, H err D irektor, erst von dem Tag hoffen,

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D a s Zweite G esic ht 339 der Europa erkennen lehrt, daß es nur durch Neuglieder#

ung und Vereinung der W irthschaftstaaten zu retten ist. W ie ich mir wirksame Propaganda dachte, habe ich am elften De#' zember 20 hier gesagt. „D ie für Deutschland kämpfenden Oberschlesien m üßten öffentlich, im Ton. ruhiger W ürde, zu Polen sprechen: .Erlaubet von uns Abgeordneten, selbst zu prüfen, was unter Eurer Herrschaft aus den Provinzen Po#

sen und Pomerellen geworden ist, über Stadt# und Land#

wirthschaft, nach Stichproben in Gnesen, G raudenz, Brom#

berg, uns ein U rtheil zu bilden und den Gesaammteindruck den Landsleuten zu zeigen. W ir legen den selben Erkun#

dungw unsch der deutschen Behörde vor. N ur, wer Etwas zu verbergen hat, wird die Erfüllung weigern. Ehe wir Ober#

schlesier, eine, trotz verschiedener Sprache, völkisch feste Ein#

heit, aussprechen, ob wir einem (und welchem) der zwei Reiche zugehören wollen, m uß uns, nicht aus fremdem Be#

rieht, offenbar sein, was rechts und links geworden ist.* Sagt W arschau N ein: dann hat die deutsche Partei ein Werbe#

mittel von unwiderstehlicher Gewalt. W agt es die Probe:

dann wird der Anblick unrentabel versiechender Landwirth#

schaft, verfallender Städte, sterbenden H andels, wird das Klagelied der vielen Polen die den W inkel im Internirten#

lager der zermürbenden Pein des Stadtlebens in Pomerellen vorzogen, jeden Unbefangenen erkennen lehren, was Ober#

schlesien als ein Theil des Polenstaates von der Zukunft, von naher schon, zu erwarten hätte. In Polen ist politisch W irrw arr, von dem man den Schleier nicht zu heben wagt, ist W irthschaftzerrüttung, herrscht W ehrpflichtzwang, wur#

zeit keine andere G ew ißheit so fest wie die des Dauerkrieges gegen Rußland. Prüfet genau, wie es in den seit zwei Jahren dem Polenstaat eingefügten W ojwodschaften aussieht: und entscheidet danach in verantwortlfcher W ahlfreiheit. So müßte zu den Oberschlesiern gesprochen, jedes G efäß der .bewährten Propaganda* in Scherben geschlagen, nicht die winzigste Lüge noch über die Lippe, die Feder gelassen, je#

der Tag der noch bleibenden W ochen mit gewissenhaftem Ernst ausgenutzt werden: dann dürfte das Vaterland ruhig sein.1* Schon nach diesen Sätzen konnten Redliche an meiner

24*

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340 Die Zukunft

Auffassung nicht zweifeln. A n deren Entstellung bin ich ja aber durch ganze Ballen von Artikeln und Flugschriften ge*

w öhnt worden; und sie wird der Bosheit oder fahrlässigem U nverstand dadurch erleichtert, daß ich das Geschehen nur polar zu sehen vermag und alle nicht dialogische, nicht auch die Gegenseite klingen lassende D arstellung für (im tiefsten G ru n d ) werthlos halte. Nachlaufen, berichtigen, erklären, die Polyphonie aufsträhnen und erweisen, daß mir Aufgemutztes als die M einung anderer W illenszone, zum Zweck der Kon*

frontirung, der W eitung des atmosphärischen Bildes, ange*

führt worden ist? Das wäre (ungern greife ich nach so groß*

brockigem W o rt) doch wohl allzu tief unter meiner W ürde;

obendrein nutzlos. Keine andere Kunst steht in unserer lieben Heim ath in herrlicherer Blüthe als die verschmitzter Wollens*

fälschung. W o Bismarck als genialer G auner, Bethmann als hamletisch reine, hamletisch thatscheue Seele gilt, G oethe als selbstsüchtig kalter H öfling, Schiller als den Posa über*

posender M ärtyrer heiligen Freiheitdranges im G edächtniß lebt, dürfte selbst Schopenhauers D eutschenhaß nicht mehr über V erkennung klagen. „W er mich nicht begreifen kann, D er lerne besser lesen“ ; und wers nicht will, D er trete, bis seine Füße ermüden, Q uark. Aus Ihrem Berufe wissen Sie übrigens, wie oft man, um dreizeilige Lüge zu entknäueln, drei Seiten oder mehr noch gar füllen m uß; und schrieben mir selbst drum : „D aß Sie sich nie in ,Vertheidigung‘ gegen all dieses Gemächel bücken, sondern immer nur die Leistung, das M ühen um Erkenntniß des N othw endigen und Mög=

liehen sprechen lassen, billige ich von Herzen.“

A us meinem Herzen antw ortet der Rath, am Zwanzigsten für D eutschland zu stimmen. So, wie es heute ist, gefällts Ihnen nicht. Auch mir, wie Sie wissen, gar nicht. W ir müssen streben, es zu bessern; allen Gewalten zu Trotz. U nd Ihrer Heim atherde dienen Sie nur, wenn Sie für D eutschland stim*

men. D as heißt, so breit auch die See unserer Plagen sich dehnt: für Europa. Oberschlesien, dessen Kohle, Eisen, Zink der Erdtheil braucht, m üßte unter polnischer Herrschaft schnell verdorren. Technikerköpfe und Q ualitätarbeiter, W issenschaft und organisatorische Kraft w ürden fehlen: und ohne deren

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D as Zweite G esicht 341 M itw irkung kann das reichste W irthschaftgebiet sich nicht lange fruchtbar halten. G laubt Ihre Landsmannschaft denn überhaupt noch an Polens Z u k u n ft? D ie auf keinem Feld schöpferische, sinnlos fuchtelnde, lüderlich wirthschaftende Politik dieses Staates zwingt selbst die Freunde seines ge*

geplagten Volkes in den G lauben an die Prognose des ameri*

kanischen Klinikers H oney, der, nach langem A ufenthalt in allen Theilen des Slachtareiches, neulich schrieb, in spätestens zehn Jahren werde diese Flunder wieder von Europas Karte verschwunden sein. Auch in den W eststaaten sind davon wichtige Vormänner schon überzeugt. England, das in jedem deutschen Industriebezirk jetzt, von Kapitals G nade, mit*

herrschen kann, ist weitab von dem W unsch, das östliche H auptstück dieser Industrie von polnischer Unzulänglich-»

keit entwerthen und durch ein wirthschaftlich schwaches, chaotisches O stm itteleuropa sich den H andel mit Rußland verderben zu lassen. D aß D eutschland (wie jetzt die Ewig*

Schwatzschweifigen in alle W inde plärren), „sterben“ müsse, wenn es die dreizehn M illionen Tonnen Kohle, die Ober#

Schlesien ihm noch im letztenjahr geliefert hat, nicht mehr auf ganz so bequemem W eg erhielte, glaubt der nüchterne Eng*

länder nicht; aber er ist zu vernünftig, um sich in den W ahn zu verlaufen, ein W irthschaftkörper könne die A usschneidung eines H auptstückes ungeschwächt überstehen, und zu prak*

tisch, um in Augenblicksärger einer guten Kaserne eine schlechte, sachkundig geordneter Verwaltung lüdernde vor*

zuziehen. In Frankreich ist, nach den M oskowitersiegen und den Berichten der Generale W eygand undL eR ond, die Polen*

Schwärmerei tief abgeflaut; fände Floquets Ruf „Vive la Po*

logne!“ heute kaum noch ein Echo. D ie Franzosen sind nicht so thöricht, den Kriegsschadensersatz, ohne den ihr Land nicht genesen kann, durch Vernichtung oder Lähmung des Ersatz*

pflichtigen selbst unmöglich zu machen; sie w ürden auf den künstlichen Bau der lockeren Polenschanze zwischen Deutsch*

land und Sowjetien, auch auf Oesterreichs A bsperrung von den deutschen Brüdern, sogar auf die W estbesatzung, die alles zu Entschädigung des Siegers Erraffbare wegfrißt, willig, mit auf*

athm enderBrust, verzichten, wenn sie gewiß sein dürften,daß

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342 Die Zukunft

D eutschland nicht Rachepläne, nicht die gewaltsame Aender*

ung des von ihm unterschriebenen Friedensvertrages bebrütet.

In Oberschlesien, mit der Stimme des Marschalls Filsudski oder eines anderen polnischen Reichspräsidenten, zu gebieten, wäre ihnen bequem. Ihre nordfranzösischen Kohlengruben sind von dem deutschen H eer zerstört, das in Rußlands Berg*

werken, in D om brow a und am Donetz, angelegte Kapital ist ihnen von den Bolschewiken entrissen worden. Die aus England, Amerika, Belgien theuer einzuführende Kohle m uß Frankreich aus seiner Tasche bezahlen: und diese Tasche wird morgen leer sein. Polnische Kohle wäre zu großem Theil französische; ihr Verkaufsertrag könnte den Im port aus den W estreichen bezahlen. U nd eben so begreiflich wie der W unsch, die Kohlenbezirke am D onetz und in D om brow a wieder zinsbar zu machen, ist der D rang, durch die H ingabe von Oberschlesiens Kohle, Eisen, Zink, Blei den polnischen Schuldner vor dem nah drohenden Bankerot zu bewahren.

Seit aber der Vertrag von Spa den Franzosen sehr beträcht«

liehe M engen deutscher Kohle sichert, kann ihnen die Frage des westlichen Kohlenimportes nicht mehr zu Lebensgefahr werden. Schnell wuchs seitdem die Erkenntniß, daß D eutsch­

land ein (in Scheilocks Sinn) immerhin „besserer“ Schuld«

ner als Polen ist und daß nur ausbündige Thorheit rathen könne, D eutschlands Zahlungfähigkeit, also Entschädigung*

vermögen, durch W egnahme des zweitwichtigsten Industrie»

bezirkes noch mehr zu schwächen, dam it die polnische W irthschaft nicht in allzu kurzer Frist verröchle. N u r von einem ökonomisch starken D eutschland kann Frankreich er»

halten, was der versailler Pakt ihm zuspricht und was es zu G enesung braucht. Ihm zu beweisen, daß dieses starkeDeutsch*

land nicht dem von 1914 gleichen, nicht wieder militärische M acht ballen, nicht zu Rachekrieg gegen Frankreich rüsten würde, ist die Aufgabe deutscher Staatsmannskunst.

D e r b ö s e N a c h b a r

In „L’licho du Rhin“, dem offiziösen Blatte des O bersten Rheinland»Ausschusses, las ich neulich die folgenden Sätze:

„Herr Lloyd George hat unseren Gegnern gestern bewiesen, daß er gerecht ist: er hat anerkannt, daß Deutschland auf dem Weg der

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D a s Zweite Gesicht 343 Entwaffnung einen löblichen Fortschritt gemacht hat. Wir schließen uns diesem Urtheil an. Seit Spa ist viel Kriegsgeräth abgeliefert worden. Dieser Willensaufwand hat ja auch die Verbündeten be­

wogen, die Fristen zu Auflösung der Orgesch und der Einwohner­

wehren zu verlängern. Doch all diese Gebilde müssen verschwinden und die Vorschriften des Friedensvertrages gewissenhaft ausgeführt weiden. Die ehrliche Entwaffnung giebt dem Deutschen Reich, das stets auf seinen friedlichen Geist pocht, eine unverhoffte Gelegen­

heit, uns von seinem guten Willen zu überzeugen. Die hohen Kosten der Besatzung sind das ständige Thema der deutschen Presse. Mit Pauken und Trompeten begleitet sie die Forderung, die Zahl der Truppen im Rheinland herabzusetzen, und thut, wider besseres WisseD, als handle sichs dabei um eine nutzlose und kostspielige Phantasie des ,französischen Militarismus*. Das behaupten am Lautesten gerade die Alldeutschen, die zugleich die Erhaltung der Einwohnerwehren in Bayern und Ostpreußen fordern. Nun weiß doch aber Jeder, daß die Verbündeten nur, um die Ausführung des Versailler Vertrages zu sichern, in Deutschland stehen; und trotz allen Protesten der in eigenster Sache sprechenden deutschen Militaristen können sie den Suggestionen der Stinnes-Presse nicht eher nachgeben, als bis sie gewiß sind, daß in Deutschland nicht der Rachekrieg vorbereitet werde. Den aber fordern die Alldeutschen Tag vor Tag; in glühen­

der Sehnsucht flehen sie ihn hierbei. Daran ändert die ruhige Hal­

tung eines sehr großen Volkstheiles nichts. Das Treiben der deutschen Militaristen zwingt uns also, im Rheinland eine fruppenmacht zu halten, die unsere Sicherheit gegen monarchische Bedrohung ver­

bürgt. Warum beweist das Kabinet Fehrenbach nicht ohne Säumen der Entente, daß Deutschland den Traum des alten Kaiserlichen Ge­

neralstabes, den Traum vom Umsturz der Machtverhältnisse, nicht mitträumt? Warum, da die Organisationen des ,Selbstschutzes* doch unter allen Umständen aufgelöst werden müssen, entschließt die Reichsregirung sich nicht, durch schleunige Auflösung uns jeden Verdachtsgrund zu nehmen? Wenn, etwa bis zum ersten April, alle vom Versailler Vertrag verbotenen militärischen Gebilde aus Deutsch­

land verschwunden wären, das dadurch, durch die Auflösung lange vor dem in Paris beschlossenen Termin, die Reinheit seines Wollens exweisen würde: glauben Sie nicht, daß man, mit aller nöthigen Be­

hutsamkeit, dann das Problem der Besatzung erörtern könnte? Frank­

reich und Deutschland müssen in Frieden mit einander leben. Halt­

barer Friede aber ist nur durch Entwaffnung zu sichern. Fangen Sie an, geehrte Herren Alldeutsche!“

Solche Stimmen werden der Masse des deutschen Volkes

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344 D ie Zukunft

niemals hörbar. W arum nimmt die dem Regirerwillen zu*

gängliche Presse, deren Um fang heute noch größer ist als in den Tagen der Kaiserei, die Anregung zu Gespräch nicht auf? Kein aus wachem A uge Schauender kann noch ver*

kennen, daß die Besatzungfrage in den Kern des seelisch«

wirthschaftlichen H auptproblem s hinablangt. (Bis zu Ermüd*

ung des Lesers ists, fürchte ich, seit zwei Jahren hier gesagt w orden.) Ist das von der Zeitung des Rheinland-Ausschusses angedeutete A bkommen erreichbar: nicht einenTag lang dürfte der A bschluß verzaudert werden. Auch Bayerns noch heftig fortw ährender W iderstand m üßte dem W illen der N ation wei­

chen. Seit der unkluge Versuch zu G ründung einer Räthe-Re#

publik Bayern in Blut ertränkt wurde, war dort kein nennens*

werther Putsch. W ürde morgen einer (was unwahrscheinlich ist, weil dem danach trachtenden H äuflein die Waffe fehlt), so wäre er, unter den beträchtlich gebesserten Transportverhält*

nissen, viel schneller niederzuschlagen als je zuvor einer seit 1919. M inisterpräsident Von Kahr und die H erren Escherich und Heim müssen wissen, daß sie zu diesem Zweck ihre

„W ehren“ verschiedener A rt und Farbe nicht brauchen; daß schorfdreißig Maschinengewehre im Straßenkampf eine G ro ß ­ macht sind. Fürchten sie die G efahr ernsten Bürgerkrieges, dann mögen sie fordern, daß die abzuliefernden Waffen unter internationaler Aufsicht gelagert und im Fall solcher klar er»

wiesenen G efahr der bedrohten Regirung geliehen werden.

Ist durch redliche Entwaffnung das besetzte deutsche Land zu befreien, von Seele und W irthschaft des Reiches die un­

geheure Last wegzuwälzen, die in den H irnen zugleich als G iftstoff gährt: ein großer Schritt in die freundliche H elle europäischen Friedens wäre gethan. U n d die über den Rhein schallende Stimme ist durchaus nicht vereinzelt. Am vierten M arz wurde in der pariser Kammer die Frage der W ehr­

dienstzeit erörtert. D er Sozialist Paul-Boncour forderte die H erabsetzung auf ein Jahr und warnte das Parlament vor dem Eingriff der Arbeiter-Internationale, deren Z orn diese M inderung staatlicher M assenfron rauh erzwingen würde.

Unsere Patrioten wären, dem Redner ihre Verachtung zu zei*

gen, aus dem Saal gelaufen. In der Kammer des „bloc natio»

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D as Z w d t e G esic ht 345 nal" antwortete dem Sozialdemokraten der fromme Generäl D e Castelnau, der im Krieg eine. Armee geführt, bei Nancy einen Sieg erfochten hat und jetzt, als A bgeordneter, dem A usschuß für Heerwesen vorsitzt. Ich übersetze das Haupt«

stück der A ntw ort aus dem amtlich beglaubigten W ortlaut.

„Ich will Herrn Paul-Boncour nicht auf den Weg folgen, lauf dem er uns höchst interessante Entwickelungen gezeigt hat. Noch, scheint mir, schlug nicht die Stunde zu Erörterung der von ihm be­

handelten ernsten Grundfragen. Darüber werden wir, wenn er ein­

verstanden ist, an dem Tag sprechen, wo Ihnen die großen organi­

schen Gesetze vorgelegt werden, die den neuen Status unserer Wehr­

macht bestimmen sollen. Dann werde ich gegen sein ungemein star­

kes Talent, gegen die Macht seiner Ueberredungsgabe zu kämpfen haben und mich bemühen, durch Selbstbeschränkung zu hindern, daß aus dieser Debatte der Ihnen nachgerade langweilige Streit der ,Alten und Neuen' werde. Heute begnüge ich mich mit der kurzen Aussprache einiger Bemerkungen und Erwägungen; sie entstammen dem Wunsch, Unruhe und Gewissensbedenken zu überwinden, die durch die hinreißende Beredsamkeit meines Kameraden Paul-Boncour in Ihrem Geist entstanden sein könnten. In welcher Lage sind, wir?

Unsere Truppen stehen am Rhein. Unsere Haltung im Rheinland ist so, wie sie einem Siegervolk ziemt, das im Triumph seiner gerechten Sache den klarsten Beweis vernünftiger Mäßigung geliefert hat und das auf die Wahrung seiner Würde bedacht ist. Wir hegen weder Angriffspläne noch feindsälige Gefühle gegen Deutschland; wir for­

dern, wie oft, sehr oft, vielleicht allzu oft auf dieser Tribüne gesagt worden ist, nur, was uns gebührt, Alles, was uns gebührt, und nichts Anderes. Kein Einziger unter uns denkt gern oder gar sehnsüchtig an die Nothwendigkeit, die Anerkennung unserer Rechte mit Gewalt zu erlangen. Kein Einziger wünscht die Rückkehr in die Aera der G ew alttaten, die, fast fünf Jahre lang, die ganze Welt unter ihre grausam harten Gesetze gebeugt hat. Würden wir aber in dieses Aeußerste, diese bittere Nothwendigkeit gezwungen, dann würde un­

ser Handeln von der behutsamen Humanität bestimmt werden, zu der unser Vorrang und die bis in Sprichwörter anerkannte Groß- muth unserer Nation uns ermächtigen. Eben so gewiß bin ich frei­

lich, daß wir mit der kaltblütigen Festigkeit Dessen handeln würden, der, weil er ^tark ist, geduldig sein darf. Da Reisen heutzutage be­

schwerlich und theuer sind, können und werden wir uns nicht ent­

schließen, gleich nach der Mühe der Hinfahrt ohne irgendwelche Bürgschaft die Rückfahrkaite zu lösen. Wenn ich dem Deutschen

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346 D ie Z ukunft

Reich einen Rath geben dürfte, würde ich ihm empfehlen, schnell und ohne Vorbehalt den Versailler Vertrag auszuführen und un­

sere vollkommen, gerechten Forderungen zu erfüllen. Denn was vermag in dieser Stunde, da wir am Rhein stehen, Deutschland gegen uns? Nichts. Und was vermögen wir gegen Deutschland?

Alles. Aber nur, wenn wir den Stand unserer militärischen Macht auf der von der Situation gebotenen Höhe halten. Und wie ist diese Situation jetzt? Deutschland leugnet, daß es geschlagen ist, und wei­

gert sieb, die gerechten und unvermeidlichen Folgen der Niederlage auf sich zu nehmen. Gestern erst hat es uns eine eben so unzwei­

deutige wie unwahrscheinliche Probe dieses abnormen Seelenzustandes gegeben; und man muß, wenn man von diesem Volk spricht, wirklich des Wortes gedenken: ,Den blenJen die Götter, dem sie Verderben sinnen.* Deutschlands Thun und Nichtthun schiebt immer weiter die Stunde hinaus, wo es die selbst bereitete entsetzliche Lage erkennen und sich in redliche Ausführung des von ihm unterschriebenen Ver­

trages entschließen muß. Bis dieser Tag aufdämmert, müssen wir.

weil das Werkzeug der Diplomatie unzulänglich ist, uns die zu Sicher­

ung unserer Rechte nothwendigen Machtmittel erhalten. Ist unter sol­

chen Umständen jetzt im Ernst rathsam, den stillen Druck zu mil­

dern, den der Apparat unserer Militärmacht im Inneren Frankreichs und vom Rhein aus auf Deutschland wirkt? Dürfen wir in diesem Augenblick die Wucht und die Raschheit des Willensaufwandes läh­

men, der im Nothfall verbürgen muß, daß Deutschland uns, endlich, giebt, was zu fordern unser Recht ist? Der Heeresausschuß ist nicht dieser Meinung. Deshalb empfiehlt er Ihnen die Annahme des Gesetz­

entwurfes, der die Dauer des (später noch mehr zu kürzenden) Wehr­

dienstes in FriedeDSzeit auf zwei Jahre befristet. Der Zustand in Leicht­

sinn verleitender Ungewißheit ist dem Sonderinteresse unserer jungen Männer eben so schädlich wie dem allgemeinen Landesinteresse. So weit, wie Vernunft gestattet, muß den jungen Männern die Möglich­

keit gedehnt werden, ihrer Dienstpflicht früh zu genügen; so früh wie irgend möglich müssen sie in ihre Heimath zurückkehren, den Aufbau ihrer Zukunft beginnen und selbst Heime gründen und be­

völkern, die unser dringendstes Bedürfniß verlangt. Die Annahme des offenbar nur für eine kurze Zeitspanne vorsorgenden Entwurfes wird, durch die That, nicht durch Worte nur, zeigen, daß Sie, meine Herren, nicht länger die Verschleppungmanöver einer Nation dulden wollen, die auf die Schwäche, die Müdheit und nachsichtige Geduld eines von Natur großmüthigen Volkes rechnet und, vielleicht, hofft, irgend­

ein aus den Tiefen der Steppe oder des fernen Ozeans auftauchender

r

deus ex machina werde ihr aus der Klemme helfen.“

(13)

V

D ie Rede hat „panache“, über ihr weht an mancher Stelle der Federbusch des „gTand chef“ und an mancher grenzt sie so dicht an nationale Selbstverherrlichung wie klirrendes Ge*

rede aus dem M und von Heerführern, die das Kriegsglück nicht an ihre Fahne zu binden vermochten. W ü rd e aber einer unserer Breitstreifigen den Sozialdemokraten, der Armeehäup*

tern mit dem Eingriff der Internationale gedroht hätte, so höflich behandeln, als Kameraden bezeichnen, so tief sich vor seiner Beredsamkeit beugen? N icht einmal heute; und nach deutschem Sieg wärs undenkbar gewesen. D er Unbe»

fangene sieht die Fehler französischer Politik; m erkt aber nichts von dem M ilitaristengeist, der den Franzosen alltäg*

lieh bei uns nachgesagt wird. In dessen W esensart neigten sie (unter hundert Franzosen sind fünfundsechzig Landbauer) nur kurze Zeit, als der D äm on des Korsen ihr Blut gehitzt hatte. Jetzt werden die Foch, Joffre, Petain kaum noch be*

achtet,hören nicht ein H undertel desjubels.der unsere Kriegs»

Verlierer umbraust, ihr W ollen findet keine M öglichkeit zu Einfluß in die Politik, scheint auch keine zu suchen; und wer über die Feldherinpersönlichkeit des Marschalls Foch Etwas zu erfragen strebt, empfängt die A ntw ort: „Ein guter Soldat; sein H auptverdienst ist, daß er geduldig die Stunde abwartete, in der das deutsche H eer starken Schwertstreichen nicht mehr Stand halten konnte, und daß er, als sie geschlagen hatte, es nicht wieder in Ruhe kommen ließ, sondern heute hier, morgen dort auf die W eichenden, von unüberbietbarem Kraftaufwand Ermüdeten einhämmerte.“ N irgends Emphase;

kein U rtheil, das den glücklichen Führer in Heroenrang hob.

D aß die Volksstimmung die Generale in Bescheidenheit ge*

w öhnt hat, lehrt auch die Rede des A bgeordneten De Ca*

stelnau. D as uns darin W ichtigste ist der aufrichtig klin*

gende W unsch, Rückfall in die „Aera der G ew altthaten“ zu meiden und würdige Verständigung mit D eutschland zu er*

langen. Dessen wirthschaftlich. finanzielle Leistungfähigkeit schätzt der General, im Einklang mit den Regirern, viel zu hoch. Schlimmer ist, daß auch er den Besiegten heimlicher Rüstung zum Rachekrieg zeiht. Dieser G laube ist in Frank*

reich felsfest geworden. Im „Tem ps“ hat neulich Oberst*

25*

D as Zweite ü e sic h t 3 4 7

(14)

3 4 8 D ie Zukunft

lieutenantR eboul zu beweisen versucht, D eutschlands Trach#

ten sei im W esentlichen von dem Streben nach N eurüstung bestimmt und die W eigerung, Frankreich von Verlust zu ent#

schädigen/entstam m e der Furcht, das zu Anschaffung von W affen und M unition nöthige G eld wegzugeben. Offiziell habe Deutschland noch Waffen für ein Halbm illionheer und überall sei Kriegsgeräth verborgen. „In O stpreußen wurden, im Q uartier zweier Reiterschwadronen, 58 Maschinengewehre gefunden; in der selben G egend, hinter einer Thür, zu der Stunden lang vergebens der Schlüssel gesucht worden war, 6000gute Gewehre. D ie Kommandanten behaupteten, von die#

sen Lagern nichts zu wissen: in ihren Schreibstuben fanden aber unsereO ffizierediegenauen.bis in den Fundtag geführten Listen alles Vorhandenen. W ir dürfen annehmen, daß Deutsch*

land noch 30 000 Maschinengewehre hat und daß auch die ,Dicken Berthas*, deren Zerstörung behauptet, doch nicht er*

wiesen worden ist, noch irgendwo versteckt sind. D er Wehr*

minister w ußte nicht-, wo das Ersatzmaterial des alten Heeres für Telephon# und Telegraphendienst geblieben sei. In berliner Kellern ists entdeckt w orden; das ganze Material im W erth von ein paar H undert M illionen M ark sollte uns vorenthalten werden. Bei der Zerstörung von Gewehren und M itrailleusen wird gemogelt; die zu Zerstörung berufenen Gesellschaften können den Empfang von Waffen bescheinigen, die von der T ruppe zwar angekündet, aber nicht ausgeliefert w urden, und den K ontroloffilieren immer wieder die selben Trüm m erstücke zeigen. Das deutsche Kriegsgeräth ist um das Zwanzigfache größer, als es nach dem Friedensvertrag sein dürfte. W as an Pferden, Bekleidungstücken, Geschirren geblieben ist, erfahren wir überhaupt nicht: weil darüber im Vertrag nichts gesagt sei. N och könnte Deutschland gegen

«in stark gerüstetes Heer ernsthaften Krieg nicht w agen; aber das bewahrte Rüstgerath erlaubt ihm, die N ation im Waffen*

gebrauch zu üben und den wilden M ilitaristengeist zu nähren, d e r 1914 zum K airpf gedrängt hat und jetzt Rachekrieg er«

sehnt. U nd es arbeitet unermüdlich an der Besserung seines Geräthes. Seit dem Waffenstillstand ist ein Infanteriegeschütz von 77 M illimetern, ein Maschinengewehr zu Tankabwehr,

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D as Zweite -Gesicht 3 4 9

eine M aschinenpistole und Anderes im M odell fertig ge«

worden. D as Studium der Gift» und Stickgase w ird fort«

gesetzt, trotz dem Verbot im Artikel 171. Sobald unsere Kontrolausschüsse zurückgezogen würden und D eutschland sich die nöthigen Rohstoffe irgendwoher verschafft hätte, w ürde es sicher sofort die neue Rüstung beginnen. D er W ortlaut do§ von ihm unterschriebenen Vertrages wäre kein Hemmniß. U nd die große Industriekraft dieses Landes w ürde dafür sorgen, daß die Rüstung sehr schnell vollendet wäre.“

Kriegsminister Barthou fragt den A bgeordneten Paul Boncour, warum er, der auf die Herabsetzung der deutschen Heeresziffer poche, die Fälle der ganz oder halb heimlichen W ehrmachtformationen verschweige. EinFranzos.der vor dem Krieg fünfzehn Jahre lang in Deutschland gelebt und sich jetzt wieder in N ord und Süd umgesehen hat, nennt als For*

mationen dieser A rt: O rganisation Escherich, Stahlhelm, Jungs deutscher O rden, Rettet die Ehre (in M ecklemburg); und schreibt an den „Tem ps“ : „D as öffentlich eingestandene, am hellen Tag ausgeschriene Ziel des Deutschen O ffizierbundes ist, die H ohenzollern auf den Thron zurückzuführen und das W erk von Versailles zu vernichten. D er H eim athdienst ist, was in N apoleons Zeit der T ugendbund war; er orga»

nisiit die Verleumdungfeldzüge gegen Frankreich, hetzt die*

unwissenden Massen, die heute noch genau so Iämmchen*

haft folgsam sind wie vor sieben Jahren, gegen uns in Toll*

w uth und wird, wie ich in der .Badischen Presse* las, in seiner Propagandakraft jetzt von der selben Regirung, die stets jede Gemeinschaft mit ihm leugnete, im Einverständ niß mit dem Reichstagsausschuß noch gestärkt. M an feiert

den G eburtstag des Kaisers, fordert überlaut die Rückkehr unter die Fahne des Kaiserreiches; und im Februar hat der Sozialist Schoepflin wieder beslätigt, daß in der von Mon*

archisten geführten Reichswehr Jeder, der vor einem Jahr nicht für Kapp marschiien wollte, als ehrlos geächtet ist.

D eutschlands ganzes Streben ist, Zeit zu gewinnen, bis es den Verbündeten ein starkes ,N ein‘ entgegenstemmen, dieses N ein auf Eisen stützen und uns zurufen kann: ,Der G ott, der Eisen wachsen ließ, Der wollte keine Knechte!' Der Wie*

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3 5 0 D ie Zukunft

deraufbau deutscher M ilitärm acht hat längst begonnen; bis er vollendet ist, wird die Reichsregirung uns mit Zank über Kleinkram hinhalten und, wie man drüben sagt, Paragraphen«

schlachten liefern. H öchste Zeit, die A ugen aufzumachenT Sogar auf den Professor Keynes können die Franzosen sich be­

rufen; selbst er hat die M einung ausgesprochen, Deutschland habe nicht alle vom Friedensvertrag ihm aufgebürdeten Ab#

rüstungpflichten erfüllt. H öret, als letzten Zeugen, nun noch HerrnPoincare. „D er deutsche M inisterfür Auswärtiges scheint zu vergessen, daß sein unvorsichtiger Versuch, Schuldige zu ent­

schuldigen, die Reichsregirer von heute leicht in Haftgemein­

schaft mit denen von 14 bringen kann. W enn das deutsche Volk sich freim üthig von Vergangenem schiede, wenn es ohne H intergedanken die Politik, die den Krieg entfesselt hat, verwürfe und seinen Führern verböte, die ausgetrete­

nen Stiefel des Kaiserlichen Generalstabes anzuziehen, thäte es für den Frieden mehr als durch allen Beifall, der dreister W ahrheitentstellung und D rohrede nachschallt.,Feinde*: Das dürfte es gar nicht mehr geben. Seit der Unterzeichnung des Friedensvertrages sind über zwanzig M onate vergangen.

W äre er ehrlich ausgeführt w orden, dann wäre D eutsch­

lands Verhältniß zu Frankreich schon normal: und davon hätte das zuerst genannte der zwei Völker den H auptvor- theil. Seit einem Jahr aber scheint D eutschland auf dem G elübde zu stehen, sich unverbesserlich zu zeigen und den Verbündeten immer neuen H ohn zu bieten. W eil H err Si- mons gethan hat, als sei er gegen die Entente trotzig auf­

recht geblieben, bereiten die Berliner dem aus London H eim ­ kehrenden eine stürmische H uldigung. In mancher Zeitung wird empfohlen, der ganzen W elt die endgiltige Entkräftung des Versailler Vertrages anzuzeigen und die bei ,verbrechen-*

sehen* Regirungen, Englands, Belgiens, Frankreichs und ihrer G enossen, beglaubigten D plomaten abzurufen. So behandelt das nach grundlosem Angriff besiegte D eutschland die Völker, deren Städte es zerstört, deren Felder es verwüstet hat. In der selben Zeit legt General Gaucher, der in D üsseldorf komm andirt, nach Kränzung der Gräber, in denen die 1870 und im letzten Krieg auf unserer Seite Gefallenen ruhen,

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D as Zweite G esicht 351 einen Kranz auf die Hügel, unter denen die deutschen Krie*

ger schlafen; und dieser G estus frommer Ritterlichkeit, das

schöne Symbol großm üthigen Franzosengeistes, will, wenn ich ihn recht verstehe, ausdrücken: ,Tief neigen wir das H aupt vor dem Tode, nicht nur, weil es der T o d ist und Alles aus»

löscht, sondern, weil in der Schaar hier gebetteter Deutschen sicherlich tapfere M änner sind, die, im N ebel der von der Kaiserlichen Regirung verbreiteten Lüge, ihr Vaterland ge*

fährdet glaubten und zu seiner Vertheidigung ihr Leben hin»

gaben.* D ie edle H altung des Siegerheeres hebt sich hell von dem dum pfen G roll mancher noch heute in der deutschen Politik Mächtigen ab. D a die Verleumdung wieder anfängt, dürfen wir nicht m üde werden, zu wiederholen, daß in Frank*

reich N iem and imperialistischen W ahngebilden nachjagt noch iriit Bewußtsein in sich H aßgefühl gegen D eutschland hegt. In unserem G eist m üßte wenig Zukunftem pfinden sein, wenn wir uns einzubilden vermöchten, zwischen zwei großen N achbarvölkern, die einander ins Auge sehen, könne die Stimmung lange so bleiben, wie sie zwischen Deutschland und Frankreich jetzt ist. An ihrer Besserung, steten Läute»

rung zu arbeiten, ist- Pflicht, die wir der M enschheit, die wir auch uns selbst schulden. W eil aber das Ergebniß dieser A rbeit zu Bereitung haltbar dauernden Friedens unentbehr*

lieh ist, müssen wir, gerade deshalb, auch die Bedingungen, an die es geknüpft bleibt, erkennen und achten. Frankreich will und kann nicht die W iederherstellung seiner verwüsteten Provinzen selbst bezahlen. In Versailles hat Deutschland sich nicht zu Ersatz unserer gesammten Kriegskosten ver*

pflichtet, sondern nur, uns von den Ausgaben für Wieder*

aufbau und Pensionen zu entschädigen. Die Bürde beider Pflichten könnten unsere Schultern nicht tragen; und wären wir zum schwersten O pfer willig: von solcher Last würde unser Staatshaushalt zerquetscht, der Zusammenbruch un*

serer Finanzwirthschaft morgen Ereigniß. D aß Deutschland seine Schuld abzahle, ist zunächst also für Frankreich eine Lebensfrage; ist aber auch das einzige M ittel, das ein wür*

diges Verhältniß der zwei N ationen sichern kann. Zahlt der Schuldner nur mit Affenmünze oder mit Schimpfrede, dann

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3 5 2 D ie Zukunft

wärs von dem G läubiger doch gar zu naiv, sich m it Hunger#

tod abzufinden, dam it dieser Schuldner nicht allzu sehr leide.“

(Lettre Libre vom vierzehnten M ärz 21.)

N icht alles von diesen Stimmen Ausgesprochene ist wahr und kommt aus so gerechtem U rtheil, wie die Redner wähnen.

W arum wird als unw ahr Erweisliches nicht w iderlegt? Jeder Waffenhehler streng gestraft und dem Kontrolausschuß jeder W eg geebnet, auf dem er Verstecktes zu finden hofft? W arum ist das „Gesetz über die Entwaffnung der Selbstschutzorga­

nisationen“ so umgeknetet worden, daß es höchstens noch dem Buchstaben der Vorschrift genügt, draußen aber als neuer Beweis deutscher A bsicht auf T rug gedeutet w ird?

W arum schreien unsere N ationalisten zornig auf, wenn sie aus eines M inisters M und hören, N o th , nicht U ebermuth, bewirke das H andeln der Sieger, oder wenn ein A rzt aus Rheinland ihnen sagt, in den Berichten über Sexualverbrechen farbiger Soldaten sei viel Falsches, sehr viel Aufgebauschtes gewesen? M üßte nicht redliche Vernunft solcher Kunde sich freuen? D och Vernunft soll eben nicht, wie in Faustens Zelle am Osterabend, wieder zu sprechen anfangen. W er sich in ihre Sphäre vorwagt, wird in D eutschland noch viel schlechter behandelt als in der pariser Kammer der Abge*

ordnete, dem H err Barthou zurief, er rede wie ein Deutscher, also wie ein schlechter Franzos. D eutsche M inister sprechen von „unseren Feinden“, nicht nur Generale und deren T roß vom „F eindbund“. Dieser Feind kann nie zu scheusälig ge*

malt werden. Ihm W ahrheit, deren V erhüllung dem Deut*

sehen Reich Eintagsnutzen verheißt, ihm gar Waffen oder W erthe zu hehlen, ist völkische Pflicht. N u r ein Schuft, ein Landesverräther sieht an ihm ein gutes Härchen. Schmettert ihn der D onner Deiner Lunge in den A bgrund, so bist Du ein kerniger Patriot; und in Heldenglorie, wenn D u Schil«

lers Bastard von Orleans oder Kleistens Lied von Zottelbär und Pantherthier ins Leid unseres Erlebnisses citirst. M u ß

„der Feind“ nicht fester noch stets sich in den G lauben ein»

wurzeln, ihm drohe neuer Krieg? Von allen Seiten schrillt ihm Kampfruf ins O hr. M onarchisten, Nationalsozialisten und Kommerzialdemokraten schelten ihn Erbfeind, N eidhart, Er«

presser, Strolch, W egelagerer; und die nicht dieser „Einheit«

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D as Zweite G esicht 15-3 front“ Zugehörigen bedräuen ihn mit dem Schreckbild r?sch heraufziehender „W eltrevolution“. N irgends wacht eine be«

hutsam das Recht und U nrecht, das Für und W ider abwägende1 Schaar, die Gewicht in die Schale zu legen vermag. Leset, Zweifler, den M ärzaufruf der deutschen Kommunistenpartei.

„Arbeiter, Beamte, Angestellte!“

Das ist das Fazit von zweieinhalb Jahren bürgerlicher Republik.

Foch ist über den Rhein marschirt. Er hat Düsseldorf, Duisburg, Ruhrort besetzt! Die Entente macht den Rhein zur Zollgrenze. Sie belastet die deutsche Ausfuhr nach dem Westen mit erdrückenden Abgaben. Sie droht mit weiteren Maßregeln, die die deutsche Wirth­

schaft erdrosseln sollen. Das "ist der Hungerkrieg! Das ist fein Krieg, der ohne einen Kanonenschlag Deutschland in ein Leichen- und Trümmerfeld verwandeln wird. Besetzung der Ruhrhäfen heißt Beschlagnahme der Kohlen durch die Entente, Kohlenmangel in Industrie und Haushalt, Betriebsstillegung und Arbeitlosigkeit. D e r Raub der Zolleinnahmen heißt neue Pfändung im deutschen Staats­

haushalt. Die übrigen w irtschaftlichen Maßregeln bedeuten Ab­

schnürung vom Weltmarkt, weitere Betriebsstillegungen, größere Arbeitlosjgkeit.

Nach Kriegszusammenbruch bekamt Ihr von der Entente einijge geringe Brot-, Fett- und Fleischrationen zu Wucherpreisen; jetzt werden Euch diese entzogen. Füne neue Hungerperiode beginnt, noch entsetzlicher als während des Weltkrieges. Massenhunger, Massensterben: Das ist Euer Schicksal! Die Regirung sucht nur sich und ihre engeren Klassengenossen zu retten. Die Bourgeoisie ist jeden Augenblick bereit, Euch preiszugeben, wenn sie ihre Existenz erhalten kann. Der Sinn der ganzen Komoedie in London und iü Deutschland, der Abbruch der Verhandlungen, die passive Resistenz, der Appell an die nationale Einheitfront: alles Das hat nur den einen Sinn, sich an der Beute, die aus der deutschen Arbeiterschaft herausgeschunden werden soll, einen möglichst großen Antheil zu sichern, das Geschäft des Zwischenmeisters für die Entente­

bourgeoisie so einträglich wie möglich zu machen. Das A und O aller dieser Wendungen ist die Erhaltung der Herrschaft der Welt­

bourgeoisie über das Proletariat um den Preis würdeloser A b­

hängigkeit der deutschen Kapitalistenklasse von der Bourgeoisie der Siegerstaaten.

Euch bleibt nur ein Ausweg: der Bund mit Sowjetrußland!

ln Rußland steht kein Wucherer, der Euch die Kehle zudrücken will. Dort steht ein freies Volk, stehen hundertfünfzig Millionen Arbeiter und Bauern auf einem Gebiet, das ein Sechstel der Erd-

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3 5 4 D ie Zukunft

Oberfläche umfaßt. Sie rufen Euch, deutsche geknechtete Arbeiter, Beamte, Angestellte, Bauern, Landarbeiter, sie rufen Euch, um mit Euch gemeinsam eine Welt ohne Ausbeutung, ohne Hunger, ohne Noth und Elend neu zu errichten. Das freie russische Land wartet auf deutsche Schienen, Eisenbahnen, Lokomotiven. Der freie russische Boden wartet auf Werkzeuge und Geräthe. Sie brauchen Pflüge, Eggen, Sensen, Mähmaschinen, Lokomobilen und Motore.

am ihre brachliegende Erde zur Getreidekammer Gesammteuropas zu machen. Ganz Rußland wartet auf die Arbeit der deutschen elektrischen Industrie. Das russische Volk wartet auf deutsche Fabrikate und Medikamente, Farbstoffe, Chemikalien, Düngemittel usw. Die russische Volkswiithschaf Uwartet auf deutsche Ingenieure, Techniker, qualifizirte Arbeiter, . Organisatoren. Tausende von Ingenieuren, Technikern, Agronomen, Lehrern haben sich bereit erklärt, nach Rußland auszuwandern. Zehntausende qualifizirter Arbeiter sind zur Ausreise bereit. Die deutsche Regirung, die vor der Entente katzbuckelt und kriecht, hat die russische Technische Einwandererkommission ausgewiesen und damit Tausenden von deutschen Arbeitern und Intellektuellen die Ausreise nach Rußland unmöglich gemacht. Seit zwei Jahren fordern wir Kommunisten die Aufnahme der Handelsbeziehungen zu Rußland, fordern wir das engste politische Bündnis zwischen Rußland und Deutschland. Die Regirung Ebert-H aase hat es abgelehnt. Auch alle bürgerlich- sozialistischen Regirungen haben es abgelehnt. Sie haben den Ver­

trag von Versailles unterschrieben, dessen Folgen Ihr vor Euch seht. Sie haben sich der Entente vollkommen in die Hand gegeben.

Sie alle haben sich aber- und abermals als Landsknechte gegen Sowjetrußland angeboten.

Jetzt ist es höchste Zeit, daß damit Schluß gemacht wird. Der Bund mit dem Osten, der Bund mit der russischen Arbeiter- und Bauernrepublik, die sich drei Jahre lang heldenmütig gegen alle Angriffe des räuberischen Ententekapitals vertheidigt hat, ist jetzt für das deutsche Volk das dringendste Gebot der Stunde! In diesem Kampf gegen das Weltkapital hat Sowjetrußland sich die Sympathie der Arbeiter aller Länder erobert. In Frankreich, England und Italien schlagen die Herzen der Arbeiter der Rätherepublik entgegen. Euer Bund mitSowjetrußland wird die englischen, französischen und italienischen Arbeiter auf Engste mit Euch zur gemeinsamen Front gegen die Weltbourgeoisie verbinden. Um Eures Lebens willen, deutsche Arbeiter, Angestellte, Beamte, Ihr Alle, die ihr in Noth und Elend steckt, um Eures Lebens willen müßt Ihr das Gebot der Stunde erfüllen. Ihr müßt Sowjetrußland die Hand reichen! Ihr müßt das

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D a s Z w e it e Q e s i c h t 3 5 5

Schutz- und Trutzbündniß herstellen. das Huch mächtig macht, Euch Arbeit giebt und Brot! Ihr müßt zu Boden werfen, was Euch-im Wege steht, was Euch in den Arm fällt, den Ihr nach dem Osten ausstreckt. Ihr müßt in dieser Stunde äußerster Gefahr zu kämpfen wissen! Nieder mit den Kapitalisten diesseits und jenseits des Rheins!

Mieder mit der Regirung, die Euch dem Ententekapital opfern will!

ßiindniß mit Sowjetrußland! Das müssen Eure Losungen sein. Lo­

sungen für einen schweren, entscheidenden .Kampf. Rüstet Euch für diesen Kampf; schließt Euch fest zusammen über alle Partei­

schranken hinweg! Strengt Alle Eure Kräfte aufs Aeußerste an!

Reißet alle Verzagten und Schwachen mit! Konzentriret all Euer Denken und Streben auf dieses eine Ziel: Auf zum Kampf für das Bündniß mit Sowjetrußland!

Die Centrale der Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands.

(Sektion der Kommunistischen Internationale.)“

Feuerroth weht hier der H elm busch; ist aber minde«

stens eben so dick wie der von erhabener Generalsglatze flatternde. Rednerei und Parteijargon braucht uns nicht auf*

zuhalten. Von internationalem B ündniß der Bourgeoisien zum Zweck der Beutetheilung ist einstweilen nicht mehr zu merken als von dem alltäglich angekündeten ,,Todeskam pf des Kapitalismus“. D er wandelt sich, wie alles Irdische; sieht aber nicht wie ein Sterbender aus. Ich glaube, daß vor ihm der Glanz langen Sonnentages liegt. D er kann aber erst leuchten, wenn die Kapitalisten, endlich, aus dem seit 14 Geschehenen den richtigen Schluß ziehen, ihren Geschäfts*

bereich völlig entnationalisiren und, zunächst wenigstens in Europa, alle Land» und Stadtwirthschaft, auch Technik, Han«

del, Finanz, so betreiben, als wären die Grenzen zwischen den Ländern weggewischt und die Vereinigten Staaten des alten Erdtheiles schon W irklichkeit. W enn sie also in Ge*

meinschaft, nicht länger gegen einander, arbeiteten, nur von W irthschafternutzen dem H andeln den W eg weisen ließen und den Kontinent wie das M achtgebiet einer Aktiengesell»

schaft verwalteten. D aher winkt ein Riesengeschäft; von dessen Ertrag, freilich, das H andarbeiterheer ein breites Stück heischen und erlangen, das aber noch höchst profitlich blei*

ben wird. Die Kommunisten sehen den Kapitalismus sterben und möchten ihm, aus U ngeduld, gewiß nicht aus M itleid, schnell das glimmende Lebenslicht ausblasen. D aß sie ihm,

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3 5 6 Die Zukunft

dennoch, die Kraft zu Knechtung des Erdproletariates, zu Vollendung der teuflischsten G räuel Zutrauen, w ürde ihre an M arxens Streitschriften geschulte Dialektik flink begrün*

den. W as aber soll gegen die Drosselpläne der Entente (die

„D eutschland in ein Leichen» und Trümmerfeld verwandeln“

und sich doch zu A ussaugung der Arbeiter ihren deutschen Klassengenossen verbünden will) .das B ündniß mit Ruß»

land nützen? H undertm al wurde hier gerügt, daß die Furcht vor „A nsteckung“, vor Stimmenverlust der mitregirenden Sozialisten von der W iederaufnahm e des Verkehrs und Handels mit R ußland abgeschreckt hat; und nur Fälscher*

künste vom Kaliber derer, die mir den Narrenw unsch nach Oberschlesiens Verpolung zuschrieben, könnten mich als blin*

den Bolschewikenfeind verschreien. D och die A nkündung deutsch«russischer Kampfgemeinschaft gegen die W estmächte wäre das wirksamste M ittel zu Vernichtung der Moskowiter»

herrschaft. W ir wollen gar nicht fragen, woher das Prole»

tariat die Kraft zu Bändigung der (wie die Kommunisten behaupten) „bis an die Zähne gewaffneten“ Bourgeoisie neh»

men solle. Kann, nach dem in W eygands Krieg wider Trotzkij Erwiesenen, ein nicht Berauschter zweifeln, daß die vereinten Rothen Armeen von dem in langem Felddienst erzogenen, mit dem modernsten Kriegsgeräth reichlich ausgestatteten H eer der W estmächte überrannt, unter Geschoßlawinen be»

graben w ürden? Das einzige H inderniß der von vielen Fran»

zosen ersehnten Strafexpedition, die Rußland in Anerkenn*

ung seiner Schuldnerspflicht und des bürgerlichen Besitz»

rechtes zurückzwingen könnte, war bisher Deutschland. D er Gedanke, dieses Land als Etapenstraße zu mißbrauchen, konnte sich nur ins D unkel muffiger Kommißköpfe einnisten.

Fiele morgen die Schranke, dehnte die rothe Front sich auch nur bis zur Elbe, dann wäre der W eg nach O st frei, der Poilu und der Tom my würde ihn, zu Abwehr neuer Reichs»

gefahr, ohne M urren beschreiten und Lenins M oskau wäre verloren. D en unabbiegbaren Lauf dieser Inneren Linie sollte deutsche Verschmitztheit nicht erkennen? Keinem Franzosen ists einzureden. „N ationalbolschew iken“, heißts;

„Deutsches Reichs»Patent aus diesem Jahr. Die Leute tragen andere Uniform und Fahne als der rechte Flügel des in näch»

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