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Die Zukunft, 19. Februar, Jahrg. XXIX, Bd. 112, Nr 21.

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(1)

X X IX . Jahrg. Berlin, den 19. Februar 1921 Nr. 21

ie Sukuni

Herausgeber

Maximilian Harden

INHALT

Seite

D a s F ragezeich en ... 207

Schaum am Bug . ... ... 207

D er H ellingsschlitten ... 215

S top ! ... ... 21$

S ta p ella u f... ...223

W o h i n ? ... 232

Nachdruck verboten

Erscheint Jeden Sonnabend dich

22

Mk., das einzelne £

B E R L IN

Verlag der Zu kunft

SW47, Großbeerenstraße 67 1921

(2)

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(3)

V

Das Fragezeichen

S c h a u m am B u g

V V T i e wars denn nach C an n ae? H eftiger hat das Sol*

datenglück sich doch w ohl niem als von einem Land abg ew an d t als dam als von dem gew altigen Rom. Sieben A chtel d es H eeres am A ufidus vernichtet; A bfall C apuas, des zweit*

stärksten Stadtstaates, zum Feind, zu dem gleich danach im S üden auch Syrakus ü berg eh t; scharfe B edrohung durch den v ierten P h ilip p v o n M akedon ien ; u n d der auf dem Schlachtfeld sterb en d e Feldherr, der A em ilier, h at selbst m it dem letzten H au ch gerathen, n u r noch an die D eck u n g der H a u p tsta d t zu d en k e n . H atten die Röm er n u n die H o sen v o ll? N ic h t Einer, der m itreden durfte. T rotzdem vom Senat selbst achtzig alte K erle gefallen waren, blieb er fest, von der ersten Stunde an in E inheitfront. E r bestand eben aus erprobten Beamten, bis in die K nochen patriotischen Söhnen alter H äuser, nicht aus G esindel, das aus dem W ürfelb echer sogenannter D em okratie gepurzelt war. V on H annib al» H asd rub al wäre erträglicher Friede zu haben gewesen. D iese K arthager, punische Schlau*

köpfe, w u ßten , d a ß Rom noch höllische K räfte in sich habe.

D e r Senat aber ließ ihren G esan dten gar nicht erst ’rein u n d erklärte, L oskauf der G efangenen sei ausgeschlossen. Belager*

un g zu stan d . M ilitärdik tatu r. D as hatte Schm iß. D as w irkte a u f die Stim m ung Rom s, das von den zwei Punischen K riegen

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(4)

u n d allem V orangegangenen doch, w eiß G o tt, reichlich er#

schöpft war. N a, u n d vierzehn Jahre nach C annae kam Z am a;

fiel die E ntscheidung schon recht w eitab vom Rom s Heimath#

b oden. Fiel so, d a ß K arthago nichts m ehr zu lachen hatte, Schiffe, E lephanten u n d anderes K riegsgeräth hingeben, fünf#

zig M illio nen M ark, einen R iesenbrocken für diese Zeit, aus#

spucken m ußte, etc. pp. Jetzt hatte der röm ische M o b B lu t geleckt u n d w ollte noch ’ne Schüssel auslecken. Sie erinnern sich, m eine H erren, des D em agogen, der nach dem Sieg bei Zam a für die F ortsetzung des Krieges sprach u n d von Scipio, dem Feldherrn, m ft einem T ritt von der T rib ü n e gestoßen w urde. D o rt aber w aren solche G ro ß sch n au zen auf Hasen#

f ü ß en vereinzelt. D ie G efahr ging ohne Z e rrü ttu n g der Lebens#

kräfte vo rü ber, weil die H eim ath wie ein M ann bei der Stange blieb. W o z u , in H errg o tts N am en, w ird d enn G eschichte ge­

schrieben, w enn w ir nichts draus lern en ? U n n ö th ig .h ie r daran zu erinnern, d aß wir kein C annae hatten, sond ern a u f allen F ronten siegreich w aren u n d , tro tz dem G ek rib b el der Ameri#

kaner, die nichts k o n nten u n d die w ir einfach zusammen#

schossen, tro tz den T anks, deren A nfangszauber längst verpufft war, d ich t vor dem Endsieg standen, als die F ro n t von hinten erdolcht w urde. D aran ist ja nichts m ehr zu ändern. K ann ab er ein noch nicht bis in die letzte Fleischfaser V erfaulter sich auch n u r in ein G espräch ü b er die pariser Irrenhausforderungen ein#

lassen, die sogar von den p. t. Ju d e n b lä tte rn als die schäm*

loseste Frechheit allerZ eiten gebrand m ark t w e rd e n ? D a ß m an sie zu stellen wagte, ist n u r der jäm m erlichen M iß w irthschaft der letzten zwei Jah re zuzuschreiben, unserer elenden Schlapp#

heit, die höchstens zu w üth en d em G egacker *den Schnabel aufriß, doch nie den M u th fand, die Stacheln, N ägel, Z ähne zu zeigen. W as w ill denn die Bande da d rü b en n o c h ? D a ß sie sich einbildet, .gesiegt* zu haben, ist n u r ein Beweis m ehr d afür, wie g u t ihre b erühm te Lügenm aschine arbeitet. W ir habens, leider, im m er noch nicht gelernt; der gute M ichel w ürde feuerroth, w enn ihm ein unw ahres W o rt entführe. Kern#

deutsches Land in O st u n d W est, unsere M usterko lon ien, Schiffe, W affen, G eld hau fen haben w ir ausgeliefert. D as soll nicht genug sein ? Sie m achen ein fürchterliches Geflenn*

208 D i e Z u k u n f t

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D a s h - a y e / . e i c h e n 209 weil w ir Reims, A rras, V erdun, Peronne, Saint* Q u en tin u n d viele andere N ester ausgiebig m it G ranaten u n d Luftbom*

ben belegt u n d g roße Strecken, besonders die liebe Picardie, g ründlich rasirt haben. C ’est la guerre, sagte Voltaire o d er ein anderer Affe. W a ru m , D onnerw etter, ließen sie uns ’ra n ? Einfachste m ilitärische N o th w en d ig k eit. H ä tte n sies etw a an*

ders gem acht? M it dem selben Recht kö n n ten die G ro ß m äu le r uns vorw erfen, d a ß w ir ihre M annschaft nicht flott w eiter leben ließen. Ich höre noch unseren F eldprediger den Leuten einschärfen: .O hne weichliche Schwächlichkeit soll der S oldat dem Feinde das kalte Eisen seiner B ayonnette in die R ippen bohren, die sausende K linge auf ihn schm ettern, ihn aufs K orn nehm en. D as ist ein gottgefälliges W e rk , ist seine heiligste Pflicht, ist so recht sein G ottesdienst. D a, Ih r Russen, Fran*

zosen, Belgier u n d vor A llem Ih r englischen C anaillen, da h a b t Ihr, w'as Euch g eb o h rt: kalt Eisen 1‘ So prachtvoll deutsch from m e Kerls hatten w ir zu T ausenden. D ie sind nicht von unserer E rde verschw unden. D ie bezeugen vor G o tt u n d M enschen, d aß w ir n u r thaten ,w as unum gänglich n o th w endig war. U nsere L osung m u ß te sein: Erst das H eer, d an n die Hei*

m ath u n d zuallerletzt, versteht sich, der Feind. W as die Herr*

schäften in Frankreich u n d Belgien an K ohle u n d Eisen, an*

deren R ohstoffen, M aschinen, T ransm issionanlagen hatten, gehörte zunächst doch w ohl dem Sieger. N ic h t aus M u th willen haben w ir all die Abbau» K om m andos eingerichtet, an die lang*

w ierigen Razzias nach G ew ebe u n d Spindeln, W erkzeugm a*

schinen u n d D rehb än ken , M etallen u n d G ru b e n h o lz kostbare Z eit vergeudet, m ühsam jedesK upferstückchen herausgeklaubt.

W ir m ußten. W ir h atten nichts m ehr. W u rd e n wir weich, dann war d ie D u rc h fü h ru n g d e s groß artig en H indenburg» Program*

mes unm öglich u n d w ir m u ßten schon 17 den Krieg aufge*

ben. D en ken Sie! Bei der b lo ß en V orstellung überläufts Einen kalt. W e n n w ir au f dem ersten' R ückzug, der als eine der glor*

reichsten strategischen Leistungen der gesam m ten Kriegsge*

schichte fortleben w ird, n ich t eine W ü ste zwischen uns u n d den Feind legten, k o n nte er uns sofort folgen. W ir habens gem acht wie 1812 K utusow s R ussen auf ihrem B o d e n ; d aß wirs au f feindlichem th u n konten, ist das V erdienst genialer Heeres*

1B*

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210 Die Zukunft

leitung. Z u letzt sin d noch ein paar Bergwerke ersäuft, auf ein Jah rz e h n t u n b rau ch b ar gem acht w orden. Stim m t. Ja, soll*

ten wir den n die In d u strie unserer Feinde, des nächsten Kon*

kurrenten, in dem A ugenblick etw a schonen, w o seine infame W ü h lerei d en V errath angestiftet hatte, der unserem H eer das R ückgrat b rach ? D ie Leute, die, statt sich vor dem G esetz selbstverständlicher N o th w e h r zu beugen, aus pflichtgem äßem H a n d e ln uns einen Strick drehen m öchten, gehören an die W a n d . D a w ir n u r u n ter der V oraussetzung eines F riedens­

schlusses ,ohne A nnexionen u n d K o n trib u tio n e n 4 uns über*

h a u p t in V erhandlungen einließen, k an n von E n tschädigung ü b er das schon G eleistete h inaus gar nicht die Rede sein. U n se t V olk begreifts. Sprechen die H u ld ig u n g en , die heute von der früh sten M o rgen stu nde an bis in diesen A b en d unser H au s um brausen, nicht die deutlichste Sprache? N ie u n d nirgends haben selbst die allgeliebten Feldherren, denen sie gelten, so lauten, langhallenden J u b e l g e h ö rt wie hier an der Wasser*

kante, in der ehrw ürd ig en H ansestadt, die vor K urzem noch die H o c h b u rg des w üstesten Spartakism us war. Kläglich ist dfer V ersuch gescheitet, unsere schlichte patriotische Feier du rch Strike o der u n b o tm äß ig e H a ltu n g der M assen zu stören. M it D reiviertelm ehrheit h aben die A rb eiter den niederträchtigen H etzversuch abgew ehrt u n d sich, endlich, w ieder besonnen, d a ß sie D eutsche sind u n d w eder in H um an itätsduselei noch in den Sum pf zuchtlos judaeo-jom anischen U ngeistes versinken w ollen. H o rc h e n Sie hinaus! D ieser Ju b e l, diese C h ö re un*

erm üdlich ju n g er Stim m en rufen uns zu: W ir, die K inder des echten D eutschlan d , sin d stolz au f unsere D iosk uren, die uns U eberfallenen den Sieg ü b er eine W e lt von F einden gesichert hatten, u n d w ir w ollen es ihnen, aus deren M u n d e die vom Feind jetzt so schändlich geschm ähten, die n othw endigen, in kerndeutschem K riegersinn hum anen, weil zu A b k ü rz u n g des Krieges dienlichen V ernichtungbefehle kam en, heute m it hundertfach er Stim m gew alt ausdrücken. U n d noch ein Ande*

res ist diesem C h o r zu entnehm en: ein erstes Zeichen von Auf*

erstehung des nation alen W illens. W ie der Senat dieses Stadt*

staates, de* fü r die D au er unseres Festes die Schulen schloß u n d von allen Z in nen die alte, ruh m gek rön te Reichsfahne

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D a s I r a y c / e i c h e n 211

w ehen lie ß , des seiner K örperschaft von Rom vererbten N am ens sich w ü rd ig erwies, so ist das festliche G etos um uns ein Pfand heiliger G ew ißh eit, d aß C annae h in ter uns, Zam a vor uns liegt. Bis dahin sind, natürlich, noch einige Etapen. D ie erste liegt dicht vor uns: die P reußenw ahl. Ist hier Einer, der zweifelt, d a ß sie ein T riu m p h unserer herrlichen Farben Schwarz# W e iß w ird ? W ie eine W o g e allen das U fer ver#

pestenden U n ra th m it ihrem w eißen G ischt w eg spült, so w ird die B randung des V olksw illens bis au f die letzte Spur die Schmach all der Ereignisse tilgen, die w ir schaudernd sehen m ußten. U n d h aben w ir unsere feste A d le rb u rg w ieder, w eht vo n ihrer C itadelle die stu rm erp ro b te Flagge, dann m uß uns b ald auch das Reich w erden. P reu ß en im N o rd , das wackere Bayern im Süd, dazu der unbestreitbare U m schw ung der V olksstim m ung: d er semitisch*sozialistische K lüngel, die roth*goldene Internationale, ist, bei all ihrer M acht, nicht m ächtig genug, uns den W e g in neue R eichstagsw ahl zu ver#

bauen. A uch danach b leib t noch m anches H in d e rn iß zu nehm en. W ir sind, A lle, in dem G lau b en aufgew achsen, ein V olk, das seine W affen abgiebt, entehre sich selbst u n d nichts#

w ürdig, wie unser unvergeßlicher Schiller sagt, sei die N atio n , die nicht A lles an ihre E hre setze. D as G ew ürm , das den Leib unseres V aterlandes, als wärs ein Leichnam , bekroch, w ar anderer M e in u n g ; kein W u n d e r nach seiner A b k u n ft! D och seien Sie unbeso rg t, m eine H erren u n d D am en: w ir haben vor#

gebaut. U n d was der D eutsche an schneller U m stellu ng leisten kann, hat der groß e K rieg ja bewiesen. W ir schafifens. U n d dann . . . ! G edenk en Sie still der W eihestun de, die das tiefe W o rt h örte: ,N u n w ollen w ir sie dreschen!1 D as W o rt, das in jedem deutschen H erzen nachklingen w ird, bis dieses H erz nach G o ttes unerforschlichem R athschluß stillsteht. U nser A llergnädigster H err, der es sprach . . . N a ja, gew iß, gerade w ir P reu ßen w aren nicht im m er m it A llem bis ins K leinste einverstanden. W ir sin d nie H euchler gew esen; u n d so w enig wie der A ppell an die F u rch t findet irgendw as Byzantinisches bei uns ein Echo. A usgeschlossen! D em , was sich als Oefifent*

liehe M ein u n g ausschreit u n d was von drei D u tz e n d Israeliten gem acht w ird, w ar m an lange schon viel zu w eit entgegen­

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212 Die Zukunft

gekom m en. D as Im pulsive u n d so . . . A b e r darum bleib t Z ollern doch im m er Z o llern I U n d noch ist nicht aller Tage A ben d . Z u erst aber mal reinen T isch im H aus! W e n n w ir uns au f die w erthe R egirung verließen, säßen w ir wackelig.

D ie kreischt in der ersten Stunde, sie denke nicht an Ver­

h a n d lu n g auf der G ru n d lag e der pariser Schm achbedingungen:

u n d geht d ann doch in die L aub e, w eil sie ,voraussetzt1, d o rt w erde m an auch ü b er ihre G egenvorschläge plaudern.

G egenvorschläge! Als ob der P lu n d er andere A n tw o rt ver­

diente als ein stram m es N ein. Ein Segen, d a ß unser D eu tsch ­ lan d noch M änner aus Eichenholz m it Eisennerven hat. W a s w ir heute hier sehen, erinnert an denT ag, da dem bei C annae b e ­ siegten F eldherrn G aius V arro der röm ische Senat bis ans S tadt­

th o r entgegenging u n d ihm dankte, weil er an der R ettung des V aterlandes nicht verzw eifelt habe. So abw egig jed e r V er­

gleich unseres unbesiegten, des Rufes gew ärtigen H eeres m it dem bei C annae zerschlagenen w äre: jetz t springt die A ehn- lichkeit der B edürfnisse ins A uge. D er g ro ß e K onsul Q u in tu s F abius v erbo t alle V olksansam m lungen, wies alle W a sc h ­ w eiber beiderlei G eschlechtes in ihre H äu ser, ließ M euterer u n d Feiglinge in die zweite Klasse des Soldatenstandes h er­

untersetzen, w o sie keinen Sold bekam en, aber geschliffen w urden, d aß ihnen H ö re n u n d Sehen verging. D a n n w urde A lles einberufen, was Beine h atte: K naben, Schuldknechte, Sklaven, V erbrecher. U m das neue H eer zu bewaffnen, be­

fahl d er Senat die Einstellung aller Friedensarbeit u n d schleus nige U m stellung aller Betriebe fü r die Zw ecke des Krieges.

A uch ließ er aus den T em peln die alten W affen, R üstungen, B eutestücke jed er A rt ins Lager der T ru p p e n bringen. Hanni*

bals B oten w urde das S tad tth o r vor der N ase zugeschlagen u n d sie k o n n ten ihre B edingungen gar nicht erst vorlegen. So m uß es auch bei uns gem acht w erden. D a n n w erden w ir sie noch tüch tig er dreschen als im Ja h r 14. W o w ir unseren Fabius zu suchen haben, w issen D eutsche. U n d in diesem Sinn . . .“

In diesem Sinn w ird T ag vor T ag w ieder in D e u tsch ­ land geredet, geschrien. T ro tz allem seitdem E rlebten ge­

nau noch einm al wie in der W eh en zeit vo n Versailles. „ D ie F riedensbedingungen sind ein Sklavenvertrag. Sie bedeuten

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D a s F r a g e z e i c h e n 213 die V ernichtung D eutschlands. D as ist ein Schurkenstreich unserer Feinde. D eutsche M änn er u n d deutsche Frauen, wenn w ir noch einen F unken E hrgefühl haben, m üssen w ir uns dagegen auflehnen. Eine M in d e rh e it von M em m en u n d Ver*

räth ern will das V olk glauben m achen, daß, w enn sie ihre N am en unter d6n sogenannten Friedens vertrag setzen, das Reich erhalten bleibe, Friede sei u n d die G efangenen zu*

rückkehren w erden. D ie V erräther am deutschen Volk be*

hau p ten , d a ß bei U nterzeichnung der feindliche Einm arsch u n terb leib en werde. D as ist eine Lüge. D e r V ertrag be*

stim m t, d a ß die E ntente einm arschiren darf, um die Siche*

ru n g ihrer F orderun g en durchzusetzen. D a aber Jeder, auch die V erbrecher, die unterzeichnen w ollen, w eiß, d a ß die For*

deru n g en unerfüllbar sind, so ist klar, d a ß d er Einm arsch erfolgt, auch w enn unterzeichnet w ird. U n d es ist gleich*

falls klar, d aß das Reich zerfällt, gerade w enn unterzeichnet w ird. W o llt Ih r das Reich vernichten h elfen ? W o llt Ih r h u n g e rn ? W o llt Ih r ehrlose Sklaven sein für ewige Z e ite n ? D eutsche aller Parteien, vereinigt Euch! N ie d e r m it dem Schmach* u n d G ew altfriedenI N ie d e r m it den V erräthern, die unterzeichnen w ollen! Keine V erhandlungen m ehr m it d e n Schurken, die uns belogen u n d betrogen haben!

W ir w ollen w ieder käm pfen gegen unsere Feinde! W ir w ollen siegen o der untergehen. W ir rufen einen M ann an unsere Spitze, der sein V aterland ü b er Alles liebt, der ein tüchtiger F ührer ist u n d ein H erz h at für seine Unter*

gebenen. D e r M ann ist d a !“ So lasen wirs im Ju n i 19. So m iß tö n ig h e u lt K indsw ahn u n d H e tz ru f w ieder durchs deut*

sehe Land. Lüge, die w ir u n ter Schollenhaufen verw est glau*

ben durften , steigt aus der G ru ft. T ro tz der über alles Er*

w arten hoch h inaus gewachsenen Beweisfülle w ird noch h eute geleugnet, d aß berliner U nzuläng lich k eit u n d Prestige*

gier den K rieg angezettelt habe, den in dieser Stunde keine andere M acht w ollte, keine, nach dem Stand ihrer W ehrbe*

reitschaft, w ollen konnte. T ro tzd em kein N ebel m ehr den A usg an g dieses Krieges verh ü llt u n d die A n tip o d en Bauer u n d Hofifmann selbst bekan n t haben, d a ß die m ilitärische N iederlage des deutschen H eeres im Som mer 18, spätestens

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214 Die Zukunft

nach dem achten A u g u s t, entschieden w ar, w ird die M ä r von dem d ich t vor dem Endsieg hinterrücks erdolchten H e e r w eiterverbreitet. N ic h t n u r von T h o ren u n d H etzern. In einem A ufsatz ü b e r Sozialanthropologie, den der Leiter des berlin er M useum s fü r V ölk erk un d e in einer Fachzeitschrift veröffentlichte, fand ich den langw ierigen Satz: „Jetzt, in dieser Z eit der tiefsten E rn ied rigu n g unseres V aterlandes, nach dem b lu tig sten aller K riege, aus den w ir unbesiegt»

aber tro tzd em wie vernichtet hervorgegangen sind, nach einem heim tückischen Schm achfrieden, in einer Z eit, d a einige Staatsm änner der E ntente nicht au fh ö re n , uns m it kynischer T ück e u n d m it sadistischer G rausam keit zu quä«

len, in dieser Z eit endlich, in der w ir einander zerfleischen u n d in d er unsere alte Sitte u n d O rd n u n g , unsere Ehrlich«

keit u n d A rb eitfreu d e der scham losesten K o rru p tio n , dem verächtlichsten Schieberthum u n d einer allgem einen Arbeit«

u n lu st Platz gem acht haben, in dieser traurigen Z eit ist es m ehr d enn je die A ufgab e jedes Einzelnen von uns, üb er die Z u k u n ft nachzuden k en.“ Solchen W o rte n stellt Frank«

reich die w ürdigen der Besiegten von 1871 gegenüber; vor ein paar T agen w u rde d er schöne B rief abgedruckt, in dem T aine, ohne ein W o rt des Z ornes, der Klage, die M itb ü rg er auf«

rief, alles irgend entbehrliche G eld , das kleinste Scherflein, in die G em eindekassen zu tragen, d am it D eutsch land s Schuld«

fo rd eru n g schnell getilgt w erden könne, u n d die Beiträge d e r Einzelnen u n d der G em einden sam m t den N am en D erer, die nichts gegeben haben, öffentlich zu v erkünden. D a h in te r stan d im „T em p s“ die A nklage: „A n dieses V orbild, diese Lehre m üssen w ir erinnern, w enn w ir sehen, d a ß Deutsch«

lan d seine U n tersch rift verleugnet u n d den B ankerot her«

beisehnt, um nicht zum T h eil w enigstens seine V erbrechen sühnen u n d das system atisch Z erstörte w ieder aufbauen zu m üssen. D e r V ergleich, der sich au fdrängt, lehrt den W e rth der zwei V ölker w ägen: d en n im U ng lü ck offenbart sich d er E delsinn der S eelen; u n d das E rgeb n iß dieser P rob e ist un«

seren Feinden von gestern nicht günstig.“ So u rth eilt m an d rau ß en . M üssen G espenster das A n tlitz D eutsch land s noch tiefer in N achtschatten tau ch en ? Ists nöthig, in der Stunde*

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D a s h ' r a o e / . e i c h e n 215 die dem deutschen V olk die R echnung über sinnlose Erd*

Verwüstung bringt, die G enerale, die sie befahlen, vor frem#

dem O h r in Ju b elchören als Beglücker zu feiern?

D e r H e l l i n g s s c h l i t t e n

„ W iß t Ihr, d aß versteckte A delige, die keinen P aß m ehr erhielten, auf Schuppenringen, D om inosteinen, T abakdosen noch im m er das A n den k en des Königs rü h m en ? D ie weiße K okarde, den grünen Rock m it rosigem Kragen hat der K nüppel unserer P atrioten der Bande abgew öhnt. D och sie bereitet Putsche vor, plant eine G eg enrevolution un d verpestet einstw eilen Paris m it dem D u n st ekler Schlemmerei.

W ä h re n d Alles birst, in den Fugen kracht, einstürzt, wo#

von u n d w ofür die Sippe gelebt hat, durchschnüffelt sie Läden u n d Keller nach Leckerbissen u n d Schloßabzügen u n d stopft den Bauch m it Allem , was g u t u n d dem Volk unerschw inglich ist. Rheinw ein von 66, C ham pagner von 79, die edelsten Jah rgänge aus B ordeaux u n d B urgund, junge G änse un d gebackene Schinken, Z ungen, Leberpasteten, Reh, R ebhühner, Trüffeln, See» u n d Flußfische, G em üsesalat, A ustern, Pistazienkuchen, C hocolade, von V elloni, M eunier, M illerand die feinsten Sorten, T afelobst, M andeln, O liven, Zuckerm arronen, B onbons aus V erdun: den Schleckern fehlt nichts; u n d kein Preis schreckt sie vom K auf ab. C ensur un d Privilegienw irthschaft sind aufgehoben. Jed er M o n at beschert ein neues Theater. Je tz t sinds, in unserer H au p tstad t, fü n u n d d re iß ig ; dazu noch Schaugerüste, auf denen K inder u n d P up pen spielen. U eberall G edräng, Lärm, Parteiw uth.

,Es lebe der K ö n ig !1 Es lebe das Volk! Schm eißet das Ge*

iichter hinaus! G iebs ihnen, M irab eau; klettere herunter, d aß D ein F u ß den A bschaum der Klasse erreichen kann, die D u verließest! Voltaires N effe steht au f und beschw ört die M enge, dem Leichnam des gro ß en O hm s die H eim kehr, die B ettung in pariser Erde zu erw irken. ,D ie Q u acksalber der Kirche haben ihm die E ntlarvun g niem als verziehen. D e r T ag der U eb erfü h ru n g in Eure M itte w ird den letzten Seufzer des Fanatism us hören.* D as H a u s bebt. Lange ists her, seit der K önig m it den N äch sten sich in der O p e r zeigte, vom Or#

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2 1 6 D ie Zukunft

ehester m it G retry s K längen zu M arm ontels ,O ü peut»on etre m ieux q u ’au sein de sa fam ille?1 b e g rü ß t u n d vom Public kum , auch der obersten G alerie, bejauchzt w urde. Jetzt durchs tost Beifall die Säle, w enn Sokrates über die Richter hinaus w ächst, der alte R ousseau G rasm ücken vor dem Käfig be?

w ahrt, entku ttete M önche im T anz die B retter stam pfen. W o*

her d er Z ulauf, das G eld für die E intrittskarten in so trü*

ber Z eit kom m t, ist ein Räthsel. A u ch die Schänken, Speise?

häuser, Feinbäckereien sind voll. W eltu n terg angsstim m un g?

U n sin n ; p u rp u rn steigt uns ja eine Sonne auf. Jesus, der sein Leben lang Sansculotte w ar u n d als Rebell gerichtet w urde, freu t sich im H im m el, w enn einer ist, gew iß des K ultes, den w ir der V ernunft, dem H öchsten W esen, d er N a tu r weihen. Folge m ir nach N o tre D am e. D ie auf dem H o chaltar prangt, ist die M aillard, die schöne, dem H erzog von Soubise einst so th eu re Tänzerin. Rings um sie alle hüb«*

sehen W eib er des O pernchors. Ists nicht Labsal, aus solchen K ehlen m al Patriotenlieder zu h ö re n ? In ihren G rüften lau*

sehen die Bischöfe. U eb er ihrem H au p te d röhnen die Fliesen.

O rgel,T rom p eten,T ro m m eln , H örner, von Schnaps un d B runst heisere Stim m en verschlingen sich zur C arm agnole. Tanz, Z o te, A ufp eitsch u n g u n d Stillung der G eschlechtsgier im D om ? D as V olk ist frei; sieh nur, wie w ohl ihm ist. D em L um ­ pensam m ler die ehrw ürdigen Bräuche, in deren Schatten es hungerte, fronte, dem G ru n d h e rrn M etzen ins Belt lieferte, für K önig L üdrian starb! D eine Spitznase s ta u n t? W eihrauch ists, freilich, nicht. D as V olk w ill essen u n d hat, weil auch aus A ltarkelchen W ein ohne Speise nicht lange m undet, in rü h ren d er B escheidenheit M akrelen gebraten. In Hostien»

gefäß? W o rin denn so n st? D ie Spende der Fischw eiber darf nicht faulen. D a sind ihre M änner; verw egene Kerle, nicht w ahr? Sie packen, behutsam übrigens, die M aillard un d tragen sie d u rch das Schiff an das Portal. G eschw ind hinterdrein.

In den K onvent. D e r V orsitzende b ittet sie auf den Stuhl an seiner Seite u n d um arm t sie im N am en des dankbaren Fran*

zosenvolkes, dem Paris m it hehrem Beispiel voranschreite.

Z u rü ck in die K athedrale. A lle Kerzen leuchten dem N acht- fest, das bis ins M o rgen g rau dauert. D ra u ß e n ists kühL S tülpet M itren auf, decket m it M eßgew anden u n d Kapuzen

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D a s r r a - c / e i c h e i i 2 1 7

die Blöße. Einen letzten Schluck? A n der dritten Ecke links ist d er W irth sicher noch auf. U n d am Q u ai giebts um Sechs warme A alsuppe. Solche K ultfeste lä ß t m an sich gefallen.

Sahst D u den D o m je so v o ll? H u n d ertm al im Recht w ar der M ann, der dem K onvent neulich em pfahl, die H eiligen abzusetzen, an ihrer Statt den T u g e n d e n , die den B ürger zieren, H u ld ig u n g anzuordnen, m it solchem Befehl die H y d ra des A berglaubens in die w idrigen Schlupflöcher des verrecken»

den A dels zu scheuchen u n d den W eltsieg der P hilo sophie zu bereiten. D e r versteht seine Z eit; u n d ist selbst doch A risto: M arqu is deS ade. D er lacht D ir in die Zähne, wenn D u von W eltu n terg an g schwatzest. W e ltg eb u rt ists, IhrLafifen?

N ie stand die Ernte des G eistes in so h oh en H alm en. In Frei=

heit zu athm en, ist die allein des M enschen w ürdige Lust.“

D er Z u stan d , dessen K o n tu r dieses B latt (aus dem ^weiten B and m einer Buches „K rieg u n d F riede“) a n d e u te t, sah schlimm er als unserer aus. Barg er so furchtbar nahe G efahr ? D e r H a u p tth e il unserer Schlem mer h o b sich aus anderer Schicht; im G ew ü h l d er vier berliner Riesenräum e, die in der N a c h t vor dem ersten Fastensonntag von T anzvolk und Fleischbeschauern üb erfü llt w aren, hätte das Sieb nicht viel A del gefangen. U m so g rö ß er ist, w ird von M ond zu M o n d die Schaar d er R oyalisten. A uch ihnen schmeckt, d aß die M aillards u n d schönhüftige Jü n g lin g e jetz t nackt tanzen dü rfen ; un d M ancher hascht die G elegenheit, den begehrten Stoff zu B edruckung m it Inseraten u n d M einungbeilage unter dem D ecknam en C losetpapier ü ber d ieG ren ze zuschm uggeln.

D och Schenkel u n d Schieberei sind kein A n gebinde der Re­

publik. D ie ist aus der M ode. „ N o th w e n d ig e sU e b e l? U e b e l:

j a ; n o th w endig : nee.“ Ihre Fahne w eht nicht. Ih r A dler w ird als „Pleitegeier“ verhöhnt. Ihre Offiziere schreiben u n ter Briefe; „K öniglich P reußischer Lieutenant, kom m an dirt zur Reichsw ehr.“ Lachen Jed em ins G esicht, der sie fragt, o b sie ihre Leute gegen einen neuen Lüttw itz führen w ürden.

„K ein Kerl wäre auf die Beine zu kriegen. D ie haben selbst d ie N a se voll. H a t auch bald geschnappt. W e n n die P reu ß en ­ w ahl uns nicht einen g ro ß en Schritt vorw ärts bringt, aber gleich so, d aß allen C oh n s u n d Levis die H ose platzt, w ird die Sache anders gedeichselt. D e n k t Ih r denn, wir ließ en

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218 D ie Zukunft

d en K arren im D re c k ? Ists nicht Lettow , d ann ein A nderer.

G eh ts nachher nicht ohne die russischenSchw eine, dann, inDei*

bels N am en, m it ihnen. Keine A ngst, d a ß sie deshalb ohne D resche w egkom m en! Erst m it ihnen die A nd eren v e rh a u e n ; danach ist die Reihe an ihnen. K rüm per die schwere M enge;

u n d T au rogg en m acht sich m orgen von selbst.“ Täglich h ö rt d er U nverdächtige solche Rede. N irg en d s, in Freiheit zu athm en, sei die allein des M enschen w ürdige Lust. H ier ist die K luft, die unser protzig aufgeputztes Elend von D anto ns letzten T agen trenn t. D e r Strom vo n 1793 wälzte sich ins Freie, spie seine Schlam m fluth ins M eer u n d w ar (vo n einem B onaparte) zu deichen, doch nicht in andere R ichtung zu zw ingen. W e n b eküm m ert bei uns noch die Sorge um Frei­

heitv erlu st? V or einer Stunde las ich w ieder, irgendein Straf»

verfahren sei vor das Sondergericht eines R eichsw ehrgruppen­

kom m andos verw iesen w orden. D iese G erichte haben w ir seit neu n M onaten. H err E b ert, der V orm ann deutscher Sozialdem okratie, hat sie durch „V ero rd n u n g “ dem Reich beschert, dessen herrliche V erfassung solchen U n fu g erm ög­

licht. D e r R eichsw ehrgruppenkom m andant, also ein G eneral der Kaiserzeit, ernen n t die fü n f Richter. D er Staatsanwalt, der den W eisu n g en des Reichsw ehrm inisters gehorchen m uß, braucht sich nicht in die A rb e it schriftlicher A nklage zu be­

m ü hen; am T a g der H a u p tv e rh a n d lu n g erfährt der A n g e­

klagte noch früh genug, welcher strafbaren T h a t er geziehen w ird. Z eugen m öchte er lad e n ? Fehlte uns gerade noch. D as G erich t bestim m t nach freiem Erm essen den U m fang der Be*

w eisaufnahm e; nach allerfreistem : denn in diesem V erfahren giebts keine Beschwerde, B erufung, Revision. D as w ar nicht u n ter W ilh elm . Im zw eiten L ebensjahr der R epublik ists Er*

eigniß gew orden. D ie M ilitärgerichtsbarkeit, die dem A n ­ geschuldigten doch seine w ichtigsten Rechte ließ, ist auf­

geh o b en ; der Ersatz funkelt wie eine von Eiter aufgetrie*

bene Beule. Suchet in D eu tsch lan d M enschen, deren B lut vom H ö re n solcher K unde heftiger p u lst oder die gar be­

reit sind, zu A b w eh r ähnlicher „E rrungenschaft“ einen Finger zu regen. Freiheit u n d Recht tragen keine D iv idende ins H a u s; sind drum vom K urszettel gestrichen. W o ragen, da diese Stützen brachen, noch feste Pfeiler der R e p u b lik ? Sie

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D a s F r a g e z e i c h e n 219 w ankt. D en H an d arb eitern w ird eingehäm m ert, sie sei, w enn in ih r K apitalism us herrsche, nicht besser als M onarchie;

u n d dem Bürger ist sie durch Löhne, Preise, Steuern, Be*

triebsräthe, V aluta verekelt w orden. Statt diese Stim m ung noch d adurch zu nähren, d aß m an den W eltw esten als von grausam en H en k ern b evölkert m alt, den Friedensvertrag ein M o rd in stru m en t u n d W erk zeu g zu D eu tschland V ernichtung heiß t, m üß te m an alle Kräfte der Seele, des G eistes zu Lichtung der Sinnesw irrniß aufbieten, die ein im Kern gutes V olk an diesen A b g ru n d verleitet hat. D as letzte Reis deutscher Hoff*

n u n g welkt, w enn das G erau n G lau b en findet, D em okratie u n d R epublik seien n u r M ittel zum Zw eck politischer Schacher«

machei gewesen u n d D eutschlan d s M ehrheitw ille werfe sie n u n ins G erüm pel, weil ihnen nich t die E rw irk un g bequem er Friedensbedinge gelang. D u rch alle D om e der Menschen«

w eit b ta u st das Sehnen nach neuer, nicht au f ein Jenseits ver#

trö sten der Religion, die m it ihrer Lehre das A lltagsleben in Einklang b rin gt u n d nicht, was T heorie preist, in der Praxis m it Leid bestraft. D ieser G la u b e kann erst auf dem G rab des W ah n es erblühen, d a ß ein M ensch für den anderen, ein V olk fü r das andere n u r O b je k t der A u sb eutung, der Nutzens«

m ehrung sei. D es W ahnes, den Frankreichs G ro ß e Revo*

lu tio n köpfen w ollte. „W o llte! Er hat sie verdam m t lange üb erlebt. W as die Leute uns jetz t zum uthen, ist doch die scham loste A u sb eu tu n g , die je irgendw o versucht w u rd e.“

N o ch einm al schw illt die W o g e des N ationalism us. Schw illt von dem W u n sch , die G ü te r zu w ahren, die nach dem D ogm a alten G lau ben s doch von R ost u n d M o tten gefressen w erden.

„ W ir haben nicht angefangen; w u rd en nicht besiegt; der Friede war B etrug; die V erlustrechnung der Feinde ist ge*

fälscht; sie selbst sind Schurken u n d T o llh äusler.“ W ie vor zwei Jahren. N u r der Z usatz noch: „ D e r T eufel hole die R e p u b lik , die uns so w eit brach te!“ N a h d ro h t G efahr.

S to p !

N ic h t nu r aus L o nd o n d ro h t G efahr. Ist im H agel der Schim pfreden ganz vergessen w o rd e n , d a ß noch vor dem A b la u f dieses V ierteljahres in O berschlesien abgestim m t wer«

den so ll? D ie H e rre n , die d o rt für D eutschland „Propa#

ganda treib en “ , haben gew iß den redlichsten W ille n (d a ß

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220 D i e Zukunft

ich , weil ich zwei Briefe b esorgter D eutschen abgedruckt hatte, von B lättern dieser P ro p ag an d a m it Jauche beschüttet w urde, ist, vielleicht, n ich t diesen Vielbeschäftigten als Schuld e in z u k e rb e n ); o b nicht aber auch ihnen, wie zuvor den Kriegs#

führern, der B rand hitzigen W unsches m anches Flammengau*

kelspiel als getreues Bild der W irk lich k eit v ortäu sch t? In einer österreichischen K om m unistenzeitung fand ich einen A rtikel, dessen H au p tstü ck e ich hier, unverändert, w iedergebe, weil sie m ir beachtensw erth scheinen.

„Die Presse trägt tagtäglich eine Siegeszuversicht zur Schau, che 111at-^ächlieh durch nichts begründet ist. Gesetzt den Fall, die Abstimmung ni mmt einen ungestörten Verlauf, so ist doch noch lange nicht bestimmt anzunehm en, daß die Bevölkerung Oberschlesiens in ihrer überwiegenden M ehrzahl für Deutsch­

land stimmen wird. Im Gegentheil: gerade im Industriebezirk sind die Aussichten für einen Frfolg der Deutschen die denk­

bar ungünstigsten. Um es nur gerade 'herauszusagen : der größte I heil der Industriearbeiter steht, so weit er nicht kommunistisch gesinnt ist, unbedingt auf Seiten Polens. Dazu kommt, daß iu den ländlichen Kreisen von Rybnik, Pleß, Lublinitz und so weitej" deutsche Stimmen wohl überhaupt nicht abgegeben w er­

den, da dort das Polenthum unbedingt dom inirt und Jeder, der wagt, gegen Polen zu stimmen, totgeschlagen werden würde.

Der Nationalismus in Oberschlesien kann Niemand wunder n bei einer Arbeiterschaft, die vor dem Kriege künstlich und unter Anwendung von Gewalt von jeder Organisation ferngehalten wurde und ständig unter dem Einfluß des oberschlesischen Pfaffenthums stand. Vereint haben hier der königlich p reu­

ßische Polizeistaat, die Schlotbarone und die Pfaffen gearbeitet bei der U nterdrückung jeder freieren Regung. D as Einzige, was dieses T rium virat: Staat, Kapital und Kirche, den oberschlesi­

schen Arbeitern gestattete, w ar der Alkohol. Der hat das un ­ glückliche oberschlesische Proletariat vollends entnervt und wi­

derstandlos gemacht. Zwar .hat d er Krieg W andel geschaffen;

der öberschlesische Soldat, im Felde mit aufgeklärteren Kame­

raden aus an d eren ' Landestheilen z.usa mmenge wor fen, erkannte doch, daß an dem ganzen Hokuspokus, den man ihm vor­

machte, nicht viel daran sein mochte, ja, er w urde sogar mit zuerst revolutionär; ohne aber vom Sozialismus eine Ahnung zu haben. Fr em pörte sich gegen den Krieg, gegen die U n­

gerechtigkeit, die er ständig sah; aber Das war die blinde W utli

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D a s Fragezeichen 221 des Betrogenen, der am Liebsten Alles zerschlägt, ohne sich darüber klar zu sein, was dann werden , soll. Und warum ist der oberschlesische Arbeiter polnisch gesinnt? Erstens ist daran die Niederlage schuld, zweitens der Einfluß der katholischen' Geistlichkeit. So erbärmlich auch die Deutsche Republik in Bezug, auf Fortschritt ist: ganz so unverschäm t austoben kann sich der Klerus nicht wie im Lande der .Heiligen Mutter G ottes von Czenstochau'. Aber auch das Deutschthum ist m itschul­

dig. Der Oberschlesier rebellirte gegen die schamlose A usbeu­

tung, die Unterdrückung, die V erhöhnung seines Volksthums durch die preußische Clique, die Oberschlesien ,regirte' und die ihm gleichbedeutend wurde mit den ,N em ec',den Deutschen.

Sein revolutionärer Haß entlud sich, lange'aufgespeichert, gleich1 einer Sturmfluth gegen die ,G roßen', und da diese Großen eben

Deutsche waren, verallgemeinerte er in wildem Grimm. Wie ist den oberschlesischen Arbeitern mitgejspielt worden! Ich hatte fine U nterhaltung mit einem Polenführer aus Bismarck- Hütte. Das, was mir der Mann sagte, muß ich unterschreiben.

,Was' wollen denn eigentlich auf einmal diese preußischen Hunde von uns? Früher waren .wir nur oberschlesische Hanaken, Pa- muffel, Pollaken, polnische Fdelsäue, und wie man uns sonst noch nannte. W o ein O berschlesier in Deutschland nur hin­

kam, w urde er wegen seiner Sprache verlacht, verächtlich ge­

macht. Kamen w'ir zum Militär, so wurden wir nicht nur von jedem grünen Bengel von Lieutenant geschunden, nein, selbst die preußischen Unteroffiziere, die selbst m indestens eben so d umm und geistig beschränkt waren wie viele von uns (dank der preußischen Schule), setzten ihren Schneid darein, uns bis aufs Blut zu peinigen'. Im Felde aber, da wurden die armen Pjerrunies immer in die vorderste Linie geschickt, im'mer mußten a\ ir bluten, w ährend man in der Heimath unsere Frauen und Brüder durch die gleiwitzer Ulanen zusammenschießen ließ, als sie gegen den Hunger rebellirten. Und jetzt auf einmal kom'men die .Heim athtreuen', kommt die deutsche Propaganda und schreibt in ihren Fetzen, die Keiner von uns liest, lieber Bruder, liebe Schwester! Schämt sich diese Bande nicht der Heuche­

lei? Nicht uns woll'en sie; sie hatten achthun dert Jahre Zeit, um uns zu gewinnen, nein, unsere Kohlen sind es, die diese Schmeißfliegen .anlocken!' So ist die Stimm ung weitester Kreise.

Und zu Alledem kam noch die Aera Hörsing. Die O berschle­

sier, die wirklich glaubten, nun sind die Deutschen andere ge­

w orden, wurden durch die Gewaltmethoden dieses Sozialisten'

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222 D ie Zukunft

rasch k u rirt! Und dazu kommt das Gebühren der Deutschen Republik im eigenen Lande. Die S ch re ck en staten eines Noske, die entsetzlichen M ordthaten: all Das bringt die polnische Presse; und der Freispruch von M echterstädt hat so viel Auf­

sehen erregt, daß mir eine deutschgesinntc Dame sagte: .Dieser Freispruch hat uns noch den Rest d er Arbeiterstimmen genom ­ m en!' W as wird werden? Blutvergießen kommt in Oberschle- sien. Dessen bin ich heute schon gewiß. Hat die deutsche Ke- girung nicht schwerste V erantw ortung auf sich geladen, als sie den englischen Vorschlag, die Abgewanderten lieber aulk-rh tlb Oberschlesiens abstimmen zu lassen, zurückwies? '

V or der A bleh n u n g dieses V orschlages w urde hier so*

fo rt gew arnt. Sie hat die englischen Staatsm änner arg ver*

drossen; d en n der Vorschlag, E rg ebn iß anglo-italischer Be*

rathung, kam aus dem aufrichtigen W unsch, die R uhe der A bstim m ung zu sichern u n d sie insbesondere den Frauen gefahrlos zugänglich zu m achen, denen E hem änner u n d Kin*

der von der Reise in s polnisch «deutsche K riegsgebiet ab*

rathen könnten. D ie A nnahm e, vor der die Polen bangten, kon n te n u r nützen, nicht schaden. W ird jetzt (noch scheints m öglich) die A bstim m ung für Einheim ische u n d Abgewan*

derte auf einen T ag gelegt, so v erg rö ßert sich das Risiko u n d der A erger ü b e r die A b le h n u n g bleibt. „ W o z u uns den K o p f zerbrechen, da die D eutschen doch A lles für Trug*

finte h a lte n ? “ N ic h t h u n d e rt Bew egungfähige hätten ge*

zaudert, am Rhein, im V orfrühling, für D eu tsch land zu stim*

m en. W as der K om m unist, in groben W o rte n , berichtet, klin g t un h o ld , doch, leider, glaublich. A uch Briten, Ameri*

kaner, Italer, die m ehrm als in O berschlesien w aren u n d ihre E indrücke an denen ihrer M issionen m aßen, h aben m ir ge*

sagt, das In dustrieg ebiet sei uns durchaus nicht sicher und sehr zu fürchten, d aß dem Stim mzettelsieg, w ohin er auch falle, ein W affenkam pf folgen, B lu t fließen werde. N ach d er V olkszählung von 1910 w aren die polnischen Ober*

schlesier um s D o p p elte stärker als die deutschen. Schon diese T hatsache w arnt vor Siegesgew ißheit. V on U m schm eichelung d er gestern verachteten, vielfach m ißhand elten M enschen ist nichts zu erw arten; nicht Beträchtliches von der D auerillum i*

n atio n polnischer G eldentw erth u n g . W e il die Polenm ark viel schlechter steht, als sie nach dem Innenverm ögen des

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D a s Frage/e ich en 2 2 3

Landes stehen m üßte, ist gerade der B auer geneigt, dem A gi- tator zu glauben, der V alutasturz sei das W e rk des verschm itz- ten D eutschen u n d solle ihm Stim m en ködern. W ahrhaftig*

keit, die das U nrecht un d die Fehler von gestern nicht leug- net, w ird hier der w irksam ste W e rb e r sein. W e n n die O b e r­

schlesier gew iß sind, d a ß sie, in einem freien G liedstaat d er D eutschen R epublik, sich fortan selbst regiren w erden, und w enn ihnen durch A ugenschein o der glaubhaftes Z e u g n iß bew iesen w ird, wie elend es jetzt in den Provinzen Posen u n d W estp reu ß en au ssieh t, w erden die grim m igsten P re u ß en ­ feinde zaudern, ihr Schicksal auf die Schwinge des W eiß en A dlers zu legen. D ie ihnen w ichtigste B ürgschaft ist die Sicherung vo r W ehrd ienstp flich t. D esh alb m uß P a n K o rfan ty sich des aus D eutsch lan d h allenden Rachegeschreies freuen u n d innig w ünschen, d a ß am T ag der A bstim m ung neuer G ro ll die Sieger von den Besiegten geschieden, das besetzte W estgeb iet aus dem V erbände der deutschen Z ollverw altung u n d W irthschaft gelöst u n d die Z e rrü ttu n g u nserer Finanzen ins U n h altbare vertieft habe. M u ß es sein ? D a ß die Verlust»

rechnung vor der E ntscheidung über O berschlesien p räsentirt w urde, ist, liebe W ü th erich e, nicht Zufall.

S t a p e l l a u f

A us der A bw ehrrede des M inisterpräsidenten Briand, dem in der Kam mer vorgew orfen w orden war, das Januar*

abkom m en der fü n f M ächte sei der Französischen R epublik ung ün stig er als der Versailler V ertrag:

„ A m T a g n a c h dem W affenstillstand konnte H e rr T ardieu die g rö ß ten V ortheile für uns erlangen. D ie G elegenheit w ar günstig; die S chuldenregulirung leichter als heute. W as ist d raus g ew o rd en ? Ich ersuche Sie, H e rr T ardieu, nicht, m ir Ihr V ertrauen a u szu d rü ck en ; ich w eiß, d aß Sie es nicht können.

W ir Zw ei haben einander niem als getraut. W ä h re n d des Krieges tadelte H e rr T ard ieu m ich heftig, weil ich R um änien zum Eingriff bestim m te u n d unsere Stellung in Saloniki nicht aufgab. D ie V ortheile dieses H an delns schienen ihm allzu fern zu liegen. Er hat sie dann doch gern genutzt. Ich fürchte, d aß auch jetzt sein T ad el aus vorgefaßter M einung kom m t.

A m Liebsten hätte ich den Friedensvertrag heute gar nicht

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2 2 4 D i e Z u k u n f t

erw ähnt; aber ich kann nicht d u ld en , d aß im Land u n d im Parlam ent trügende Illusion verbreitet werde. D er V ertrag ist in der Idee m eisterlich u n d enthält, wie H e rr T ardieu richtig sagt, schon all die guten D inge, die das pariser A bkom m en vom neunundzw anzigsten Jan u ar bestätigt. D er V ertrag ist ein vollkom m enes W e rk ; ihm fehlt, wie R olands berühm ter Stute, n u r Eins: er leb t nicht. U m ihm in Lebenskraft zu helfen u n d dad urch brauchbare Ergebnisse zu bereiten, m uß m an den M echanism us, ohne den er to te r B uchstabe bliebe, in Bew egung bring en : den E ntschädigungausschuß. D er hat fast überall zu entscheiden; er berechnet die Schuldhöhe, wägt die Leistungfähigkeit D eutschlands, begrenzt den U m fang jährlicher A bzahlung. U n d in diesem A usschuß h atF rankreich von fünf Stimmen eine. W ir m üssen uns imm er erst eine M ehr­

heit schaffen. Sie wissen aber genau, d aß seit einem J a h r im Schoß des A usschusses nie ein Beschluß zu erreichen war. N o ch ist der G esam m tbetrag der deutschen Schuld nicht erm ittelt u n d der T erm in der V erk ü n d u n g (erster M ai) n ah t heran.

H err Clem enceau hat oft gesagt, erst d urch die E intracht d er V erbün d eten werde der V ertrag lebensfähig u n d ausführ#

bar. D iese E intracht habe ich erlangt; u n d ich hoffe, be«

weisen zu können, d a ß dieses Z iel ohne V erschleuderung französischer Rechte u n d Interessen erreicht w orden ist. H errn T ard ieu beliebt es, aus ungenauen Ziffern zu schließen, daß D eutsch land s Jahreszahlungen nach unserem A bkom m en im D u rch sch n itt nicht über zwei M illiarden G o ld m ark steigen w erden. A lle Sachverständigen ab er, die vor dem Krieg D eutschlands W irthschaftlage stu d irt u n d deren Entwicke«

lung seit dem Friedensschluß sorgsam b eobachtet haben, nen«

nen uns beträchtlich h öhere Ziffern; sie zweifeln nicht, d aß in den letzten zw eiun d d reiß ig Jahren der V ertragsgeltung die deutsche A u sfuh r auf dreißig bis fü n fu n d d re iß ig Mil«

liarden G o ld m ark steigen könne. M an d a rf solche Ziffern ja nicht einfach m it denen der V orkriegszeit vergleichen; in den Jahrzehnten , an die w ir denken, werden viele gew ich­

tige U rsachen den W aaren w erth so verändert h ab en , d aß die angeführten Ziffern durchaus nicht eine ungeheure Ver«

g rö ß eru n g der G esam m tausfuhr bedingen. U ebrigens wieder#

hole ich n u r die A ngaben der technisch Sachverständigen.

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D a s l'Tas^'ivck'lK'i] 2 2 5

Unsere S chuldforderung schw ankt zwischen hu n d ertach t Und hund ertzehn M illiarden G oldm ark. D avo n haben w ir jetzt höchstens ein D ritte l, nicht, w ie^H err T ard ieu b ehauptet, fast zwei D rittel, am p u tirt; u n d sind obendrein zu der H o ff­

nung berechtigt, d aß wir die ganze oder doch beinah die ganze Summe erhalten w erden. W o d u rc h b erechtigt? D u rc h das B and,das,aufm einen V orsch lag ,un sereS ch uld forderungandas W achsthum des deutschen W o h lstan d es k n ü p ft; dadurch, d aß von dem verm ehrten E xportertrag, in dem sich das W o h l­

standsw achsthum ausdrückt, ein T heil au f uns entfällt. Nie*

m and d arf doch vergessen, d aß unserer K onferenz andere voraufgegangen u n d d aß w ir an deren Ergebnisse g ebu nd en waren. D ie R egirung, nicht das Parlam ent, spricht in F rank­

reichs N am en m it denB und esg en o ssen ; u n d keiner von ihnen ließe sich noch in G espräche ein, w enn der In h alt früherer durch einen b lo ß en M inister Wechsel entkräftet w ürde. H err D o u m er zeigte unseren S tandpunkt. Sie wissen, welche E r­

regtheit d adurch entstand. D as, hieß es, ist, vielleicht, d er Bruch! U n d selbst unter D enen, die unser (dicht, wie ich zugebe, an G erechtigkeit grenzendes) Recht bis ans Ende verfechten wollen, sind w ohl nicht Viele, die auch den Bruch, die L ösung von den V erbü n deten , ru h ig hinnehm en w ürden.

W o frühere V ereinbarung uns Raum ließ, haben w ir ihn ge­

nutzt. So konnten w ir den festen bew egliche Entschädigung*

raten zufügen; u n d mich w undert, d aß darin bei uns nicht Alle die N e u e ru n g erkannten, die den Z o rn der deutschen Industrie entfesselt un d sie zu den dringlichsten R ufen an die R egirung bestim m t hat. D ie Strafandrohungen erm ög­

lichen uns, die R heinlande vor Chicane zu schützen, die von D eutschland w ährend der B esatzungzeit versucht w ürde, u n d diesen Provinzen ein gesondertes W irthschaftleben zu sichern.

D ie vorgeschriebenen Strafen sind nicht w eniger w irksam als m ilitärische. Sie waren, wie H err T ard ieu richtig sagt, auch im Versailler V ertrag enthalten; jetzt aber sind sie zusam m en­

gefaßt, gelten für den Bereich der E ntschädigung wie für den der Entw affnung u n d in diesen ganzen Bezirk ist die Solidarität der V erbündeten so fest, d a ß D eutschland nicht hoffen dürfte, seinen Pflichten sich ungestraft zu entziehen.

Für solchen Fall ist die vollkom m ene Einheit des H andelns

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226 D i e Zukunft

im V oraus gesichert. Ich w erde nach L ond on gehen, um D eutschland in die B ezahlung seiner Schulden zu verpflicht ten, u n d der E n tschluß unserer B undesgenossen, Frankreich von der Last seiner O p fer zu entschädigen, w ird m ir dazu helfen. Ich will ein Ende m achen. In der H in gab e von B lut u n d G u t sind w ir bis an die äußerste G renze des Mög#

liehen gegangen. S to ß en w ir jetzt auf H indernisse, dan n darf N iem an d erw arten, d a ß w ir uns schwach zeigen w erden.

D e n n D eutschlands Schicksal liegt in unserer H a n d .“

(D re i Thatsachen sind ins G ed äch tn iß zu speichern. In der C om m ission desR eparations hat Frankreich seinen W illen bisher nichtdurchzusetzen verm ocht; deshalb w urde seiteinem Ja h r nie ein Beschluß der K om m ission verkündet. D ie Ta«

nuarkonferenz stand vor der G efah r franko*britischen Bruches.

U n d der Vorschlag, einen T heil des deutschen E xportertrages den V erb ü ndeten zu sichern, kam von den Franzosen, nicht, wie bei uns allgem ein g eg lau b t w urde, von den E ngländern.)

D a ß Frankreich, noch im G e d rö h n deutschen Z ornes, fried»

liehe Stim men gern h ö rt, sei (fürs Erste) hier d urch eine G losse erw iesen, die der berühm te H isto rik erA u lard v eröffentlichthat.

„ E rin n ert Ih r Euch noch des H e rrn A n d re Lefevre, der neulich aus dem A m t des K riegsm inisters schied, weil er fand, die Französische R epublik habe nicht genug Soldaten in ihren Kasernen, nicht genug am Rhein, in Syrien, Kyli*

kien u n d anderen E rd stü ck en ? In feierlicher Form kü n d et er uns jetz t an, d a ß er w ieder Jo u rn a list werde. W u ß te t Ihr, d a ß ers je w ar? Sein A rtikel fängt m it dem Satz an:

,N u n ists sechs W o ch en h e r, seit ich die M acht au fgab4.

Ist dieser Satz nicht b ew u n d ern sw erth ? D a haben w ir also einen M ann , der glaubt, als M in ister habe er ,die Macht*

gehabt. M ir ist, als sähe ich das höhnische Lächeln seiner Bureauchefs, die ihn, wie jeden M inister, gefoppt, getäuscht, g enullt haben. Er selbst, der sein eZ eit an Em pfänge, Kabinets*

Sitzungen u n d ähnlichen Kram vergeudete, war gezw ungen, zu täuschen, zu foppen, zu nullen. D er A usgeschiedene b ild et sich, dennoch, ein, er habe als M inister Z eit gehabt, an irgendw as zu denken, u n d schreibt den allerliebsten Satz: ,D ie T agesarbeit schnappt Einen, so zu sagen, als M inister vollkom m en w eg;

m an b em ü h t sich, vor dem E ntschluß die T hatsachen fest un d

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