Sonnabend, B. Februar-. .M 5. 1866.
—3. Jahrgang.
Die Verfassung.
Wecheiibcatt stei- das Welle
Etsch 73J4
Die wirthschaftlichenZustände des Landes.
Die Regierung irrt sich,
wennsie in der Thronrede die wirthschaftlichenZustände des Landes i«m Allgemei-
nen
als befriedigend-bezeichnet Wir meinen, daß sie
im Gegentheil .,,im Allgemeinen« durchaus»unbefrie- digend sind. Das hcitte die Regierung schondaraus schließen können, daß ihre eigene Bank
nurGeld zu sieben Procent ausleiht, und dasz Landleute, Gewerbe- und Handeltreibende, denen die königliche Bank nicht offensteht, in der Regel noch viel höhereZinsen geben müssen,
wennsie dieselben auch der sogenanntenWucher- gesetze wegen
unteranderen Namen,bezahlen. Ja, sie können oftmals, trotz ausreichender Sicherheit, gar kein Geld bekommen. Der Abgeordnete
v.Forckenbeck hat schon iin Hause erklärt, daß
erdie ersteGelegenheit ergreier werde,
umdemselben die druckendeanaterielle Lagederjenigen Landestheile zu schildern, die ihm durch eigene Erfahrung genau bekannt sind. Auch Abgeordnete aus anderen Landestheilen werden nicht minder traurige S ilderungen zu machen haben. Die Regierungselbst gie t freilich
nur ri,daß »dieletzte Ernte theilweise ungenügend ausgesallen« sei. »Aber nicht theilweise, sondern beinahe überall ist sie »ungenügend« undm vielen Gegendensogar im hohen Grade dürftiggewesen Es ist dies aus den Nachweisen zu ersehen, die selbst in den amtlichen Blättern bekannt gemacht wurden.
Weiter iebt die Regierung zu, daß »einzelne Leb-ens- bedürfnisse im Preise gestiegen sIUd—« Aber sie sucht
uns
damit zu trösten,dasz wir wenigstens
vorH ringer»s- Uoth gefchützt sind, denn es »genugt« la die freie Thätig- keit des Handelns, mit Hülfe der gewöhnlichen Korn- munikations-Mittel den in einigen Gegenden fehlenden Getreidebedarf zu ergänzen.Freilich auch dann, wenn das Getreide im Lande selbst nicht ausreicht, werden
wirja für Geld oder auf Kredit auch wohl aus fremden Ländern, und, wie im Jahre 1847, selbst aus Schwe- den Getreide bekommen können, aber es fragt sich, wie lange wir solcheerhöhte Preise aushalten können.
Nun sind aber unsere wirthschaftlichen Zustände doch nicht schon dann »befriedigend«,
wennwir nicht gerade
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onnabend. Preis vierteljährlich
beiallenPreuß. Postanstalten 41,.-2 Satz«
beidenaußerpreußis
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das Verhungern zu fürchten haben. Ferner bleibt der Landmann in sehr vielen Laudestheilen doch immer in der schlimmen Lage, daß
erwenig oder auch·wohl gar kein Getreide übrig hat, das
erverkaufen kann. Wo soll
erda das Geld her-bekommen,
umZinsen und Abgaben und oft noch das Futter zu bezahlen, das erkaner muß,
wenn ernicht zum großen Schaden der Wirth- schaft sein Vieh, sogar unter dem Werthe, los- schlagen will?
Und weiter,
wennder Landmaunzkeiu Geld hat, so kann auch der Handwerker-, der Kaufmann, der Fabrikant nichts
vonihm verdienen, nnd die Noth verbreitet sich dann
vondem flachen Lande auch auf die Städte. Ja, sie wird
Umso größer-,
wenn,wie das auch seit einigen Monaten der Fall ist, noch andere Ursachen vorhanden sind, die das Geld theuer machen und den Verkehr in’s Stocken bringen.
«
Freilich geben wir zu, daß wir schon schlimmere Nothjahre gehabt haben,
unddas;
esauch manche Städte und Landestheile giebt, in denen bis heute mehr Wohl- behagen als Noth empfunden wird. Aber im A llge- meinen sind die wirthschaftlichen Zustände des Landes nicht befriedigend. Der Fiuauzminister jedoch sieht die Dinge anders
auals unser Einer. Er erklärt bei Ueberreichung des Staatsbansbaltsetats, daß allein die direkten Steuern (d. h. hier die Einkommen-, Klassen- uud Gewerbestener) übers eine halbe Million Thaler mehr eintragen werden als im vergaiigeueu Jab1«- Nicht blos, weil die Bevölkerung, sondern auch, »Im-Eil der Wohl- stand des Volkes gestiegen sei. Indes könnte
mandie halbe Million mehr selbst PsUMherausbringen
wennmiser Einkommen in Wirklichkeit niedriger geworden ist, Man darf uns ja
nurhöher einschätzen, und
mankann es, ohne daß irgend ein Gesetz oder irgend ein gesetzlich zulässiger Steuersatz dabei überschritten wurde-.
Bei dieser halben Million kommen
wiraber auf
einen anderen Punkt in der Rede des Finauzministers zu
sprechen. Derselbe rechnet nämlichfür das Jahr »1»866
noch beinahe 3,800,000 Thaler andere Mehreinkuiifte,
also im Ganzen ein Mehreinkoimuen
von»fast 4,4·00·,000
Thalern heraus· Wir fragen, was wurde bei
einemsolchen Ueberschusse
»wohl ein Finanzminister thun, der
»die wirthschaftlichen Zustände« und die Bedürfnisse des Landes so ansieht, wie sie nach unserer und unserer Vertreter Ansicht ein Finanzminister ansehen sollte.
Er würdesdem Könige vorgestellt haben, daß diese Summen zum Nutzen des Landes so verwandt werden müssen, wie
esdas Abgeordnetenhaus auf Grund des Generalberichts seiner Budget-Kommission verlangt hat.
Er würde selbst unter den jetzigenVerhältnissen ungefähr so gesprochen haben: »Königliche Majestätl Die Ein- künfte des Landes sind
vonJahr zu Jahr gestiegen, und dabei habe ich den Anforderungen des Kriegsniinisters gemäß immer den bei weitem größten Theil des Mehr- einkommens auf die Armen verwandt. Aber die große Vermehrung der Friedensarmee hat dem Lande immer mehr Arbeitskräfte entzogen, und gerade dadurch ist dem Volke die Aufbringung der Steuern immer schwerer geworden Jetzt fangen in allen großen Staaten
vonEuropa die Regierungen an, ihre Friedensheere kleiner zu machen, weil ihre Völker die schweren Lasten nicht-
·
mehr tragen können. Sie haben daher sammt und son- ders die Militäirausgabenfür das Jahr 1866 merklich herabgesetzt Da kann doch Preußenunmöglich das ein- zige Land in der Welt sein, das diese Militairaus- gaben auch in diesem Jahre wieder höler stellt, als sie im vorigen
waren.Gestatten Ew. Maje- stät daher, daß ich in dem diesjährigen Etat für die Armee nicht mehr ansetze; als im vorigen Jahre.
Gestatten Sie, daß das Mehreinkommen
von4,400s000 Thalern dem Lande voll und ganz möglichst direkt zu
Gute komme. Zu dem Ende mögen Ew. Majestät
genehmigen, daß diese ganze Summe dem Lande entweder
andirekten Steuern erlaßenwerde, oder daß ich der Volksvertretung vorschlagen darf, daß dieselbe zu Aus- gaben verwandt werde, welche die Steuers-rast des Lan- des vermehren«
Wir wissen nicht, iob der Finanzminister so, oder ob
eranders gesprochen hat. Jeden Falls hat
erden Wünschen des Kriegministers nachgegeben, wie der vorgelegte Etat zeigt, in welchemfür die Armee 2, 200, 000 Thlr. mehr verlangt werden.
»Zwar unterliegt
eskeinem Zweifel, daß unsere Abge- ordneten diese Mehrausgaben für die Armee nicht bewilligen werden. Aber die Regierung hat, wie
vor-auszusehen war, auch in der diesjährigen Thronrede die Reorganisationskosten für durchaus nothwendig erklärt, und sie wird dieselben 1866 eben so wie seit mehreren Jahren selbst dann machen,
wenndas Abge- ordnetenhaus seine Genehmigung verweigert hat. Aber wir sind immer noch der Ansicht, daß die Re ierung eine Ausgabe
nurdann machen darf,
wennauger ihr nicht etwa blos das Herrenhaus, sondern
wenn vorAllem auch das Abgeordnetenhaus diese Aus-
gabe für eine nothwendige erklärt hat. So steht es in der preußischenVerfassung geschrieben.
Politische Wucher-schau Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat seit unserer
;
vorigen Wochenschau keine Plenarsitzung gehalten,dagegen
Vorlagen berathen. Die Budgetkommission
haben die Kommissionen sehr fleißig die ihnen gemachten
ateinen
Theil der einzelnen Etats schon durchberathen und festgestellt, die Vollendung des Vorberichtes wird auch demnäch t
erwartet.Die Kommission für Finanzen
undZölle
atsichfür die Annahme des Handelsvertrages mit Italien entschieden, außerdem hat die Kommission für Petitionen schon
ver-schiedeneGegenständeerledigt und auch die andern Kommis- sionen haben vielfache Zeugnisse ihrer Thätigkeitgegeben.
Von besonderer»Wichtigkeit sind die Berathungen der Kom- missionen über die schon mitgetheilten Anträge des Abgeord-
neten
Virchow wegen Lauenburg und des Abg. Becker
wegen des Vertrages mit
derKöln-Mindener Bahn. Jn der ersten Angelegenheit hat die betreffende Kommission ihre Sitzungen beendigt, und da die Verhandlungen,
andenen sich die Staatsregierung nicht betheiligt hat, ganz in dem Sinne
geführt eutigen wurden, Blattes, in welcherdiese Angelegenheitbespricht, dem wir
unsin dem Artikel unseres
aus-sprechen, fv halten wir eine ansführlicheMittheilung dieser Verhandlungen fnicht für nothwendig.
Die Kommission
zurBerathung des Antrages des Abge- ordneten Becker uber
denVertrag
derStaatsregie- rung mit der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesell- schaft hat eine Sitzung unter dem Vorsitz des Abgeordneten
v.Carlowitz gehalten,
inwelcher die Regierung durch die Herren Geh. Rath Wolff für das Handelsministerium, Geh.
Justiz-Rath Weber und Regierungs-AssessorHoffmann für
dasJustizministerium
vertreten war.Der Referent Abge- ordnete Lasker stellte folgenden Antra
:»Das Haus
derAbgeordneten
woebeschließen, zu
er- klären: 1)DieRegierung ist nicht befugt, ohne Zustim-
mung desLandtages solches Staatsvermögen,. welches
alsEinnahmequelle dient, zu veräußern, zu belasten, oder sonst einer kontraktlichenAenderung zu unterwerfen.
2) Verträge
undRechtsverhältnisse, welcheauf Grund eines besonderen Gesetzes zu Stande gekommen oder wirksam gemacht sind,
könnennur unterMitwirkung aller Faktoren
derGesetzgebungabgeändert werden.
«3) Der zwischen der Staatsregierung und
derKöln-Min- dener Eisenbahn-Gesellschaft
am10.Juni
1865abgeschlossene Vertrag bedarf
derZustimmung desLandtages und
istf nicht feher für wirksam zuserachtem bis diese Zustimmung
er
ol
tit.«
ie Kommission brach, nachdem sie die Begründung Lasker’s und eine Ent egnung des Regierungs-Kommissars gehört, die weitere Vergandlung ab, indem sie den
vomAb- geordneten
v.B enda gestelltenAntrag annahm: Die Sitzung aus drei Tage zu vertagen und die Staatsregierung aufzu- fordern, das Rechtsgutachten
desJustizministers, die auf-
ggstellten Berechnungen über die von. der· Köln-Mindener
sahn zu zahlendeEntschäding
undPlezwlschen der Staats- regierung und der Eisenba)n-Direktion, betreffs der Auf- hebung
desAmortisationsrechts
desStaates und
derFrei-
gsbung
desGarantiefonds,, seit
demJahre
1858gepflogenen erhandlungen der Kommission Votzulegem
Nachdem wir so unsers Lesern in kurzen Worten
einBild der Thätigkeit
derAbgeordneten in der vergangenen Woche
gegeben haben, blele Uns noch eine, unser parlamentarisches Leben betreffende Mittheilung, deren Wichtigkeit und
derenEinfluß auf »die Jernere Entwicklung unseres Staatslebens Jedem gleich
mdie Augenspringen muß.
Bekanntlich lautet der Art.
84 derbeschworenenpreußischen
Verfassung: die Mitglieder
beiderKammern
könnenfür ihre Abstimmungen in den Kammern niemals,
für ihre darin ausgesprochenen Meinungen
mirinner-
halb der Kammer ans Grund der Geschäfts-Ordn·ung
RU- Rechenschast gezogen werden« Man hatte dleseU rtikel allgemein so auf efaßt, daß ein Ab eordneter
inkeinkr Weise- Weder auf geri tlichem noch auf Disziplinarwege sur
Eine
imAbgeordnetenhause
undin seiner Eigenschaft
alsolksverkreter Isprochenen Worte
zurVerantwortung gezo
enwerden konne«
Em?solche AuifassUUg entspricht auch dem Geiste des verfessungsmaßtgev Les-Zeus
indemsonst die Mitglieder
derOpposition-
wennsie sich aber Regierungshandlungen tadelnd alldspkechens stets
MGefahr feln wurden, dafür in der einen oder andern Weise bestraft zu werden,
wennihre Straflosig- ieit für eine itsle Aspßesunsssiu welcher sie ja durch ihr Man- dat verpflichtetsind, nicht ver
aungsiiiäßig garantirt ist. Dieser Ansicht
war manbis setzt,
undessind auch schon frühere Versuche, Abgeordnetewegen Aeußerimgen
inder Kammer zur Verantwortung zu ziehen,
vondenGerichtshoer zurück-
ewiesen worden« Da wurde
amSchluß der vorigen Session
get Versuch gemacht, die Abgg. Twesten
undFrentzel wegen Reden, welchesie
inder Kammer gehalten haben,
uk.Verantwortung zu ziehen. Die Untergerichtewiefen die
k--
hebung der Anklage zurück, aber
am29. Januar
d.J. hat das Obertribunal zu Berlin in einer»Plenarsitzung,
anwelcher drei
vonder Regierung berufe-ne Hilfsarbeiter, welche also nicht eigentlich Mitglieder
deshochsten Gerichtshofes sin»d, Theil nahmen, die rhebung dieser Anklage sur zulässig erklärt. Es haben also
lnZukunft
diepreußischen Gerichte
dieGrenzen abzustecken, innerhalb welcher die Volksvertreter ihre
ver-fassungsmäßigen Rechte auszuuben haben.
Die LauenburgischeSache.
Die Herren, die in
derProviiizials Correspondenz ihr Herz
aususchütteti
,pegen,müssen dotkmschon
vor dernächsten
Zu nft mehr ngst haben,
alsancher
von uns denkt.Gerade
amGeburtstage
desaltenFritz,
desKönigs »ohne Furcht und Tadel«, schickensie drei Artikel in die Welt, »in
denen
sie ein so grimmigesGesicht schneiden, als ob sie gleich das ganze Abgeordnetenhaus und wohl gar
unsWähler
mitverschlingen wollten« Nun,
washinter solchenGesichtern steckt, wissen wir ja schon seit unseren Knabeniahren. Aber
wirwissen auch, welchen Schaden mancher Mensch aus« purer Angst anzurichten vermag- Darum nehmen
wiruns
inAcht, daß
dasLand nicht dochnoch einen Schaden erleide, den
wirdurch Besonnenheit und kaltblütigen Muth sehr wohl abwen-
—den können.
tt fch d· Herren
vd die
uert än ·i
en i ie or en sirungen, die ZRedes des gvergehtten Präsidenten Grabow im Lande her- vorrufen könnte. Dann fürchtensie sich
vorden Folgen, die die abgekürzte
Beraihung des Staatshaushasts-Etat ird. Am mei
tenhiibälllekiiächst bevorsteht, nämlich davor, daß»das Haus der bgeordnetenschon in den nachstenTagen erklaren wird, daß nach
derVerfassung Und den Gesetzen des preußi-
schen Staates
dasHerzogthum Lauenburg n»ur
dann
mitder Krone Preußen auf
einerechtsgub tige Weise vereinigt werden kann,
wennbeide Hauser des Landtags ihre Zustimmung dazugegehten hoben.
Und
.gerade diese Lauenbukgische Sache ist ·eiiie so wichtigeSache- daß die Alsdeoidneten und
wirAlle
mitihnen gar sehr nach dem Rechten sehen müssen,
wennnicht sie Wohlfahrt des Landes einen sehr schwerenSchaden erlei-
en
soll.
Wir haben über diese Sache in unserem Blatt
vom7-' October«
v.J· schon emmal gesprochen Aber wir müssen sie nVehmsilssehr ernsthaft besprechen, weil gerade jetzt die
aber graut ihnen
vordein,
was«Entscheidung
vorder Thür steht. Außerdemist die Sache im Laufe der Zeit noch verwickelter geworden, als sie schon zu Anfang
Wat.Sie verhältsich aber so:
'Der Krieg gegen Dänemark wurde durch den Wiener Frieden
vom 30.Oktober 1864 desinitiv beendigt. Jn dem- selben trat der dänischeKönig alle eine wirklichen
odervermeintlichen Rechte nicht blos auf S leswigsHolstein,
umdas der Krieg gefuhtt war, sondern auch auf das ebenfalls deutscheHerzo thum Lauenburg
anden König
vonPreußen und den Kaiser·
vonOesterreich zu freier Berfügun ab.
Soviel Recht dleie Abtretung hatte geben können, isoviel
besaßen
nunPreußenund Oesterreich zu gleich
enTh eilen- und darum setzten beidevorlaufig auch eine gemeinschaft- liche Regierung uber»die« drei Herzogthümer ein. ber- wie
es·a auch
imgewohnlichen Leben bei einer emeinschafts lichm
sikthschaft zugehen pflegt, die beiden Wkächte konn-
tensich nicht recht
miteinandervertragen, und
um,wenig- stens vorläufig,
einenKrieg zu vermeiden, schlossensie schon
am 14.
Au ust 1865, also nach «91-2 Monat, den bekannten Gasteiner ertrag; Freilichscheinen die beiden Regierungen sich seitdem
umkein Haarbreit besser mit einander zu
vertra-gen, aber sie hatten
esdoch geglaubt, daß sie sich vertragen würden, obwohl alle unbefangenen liberalen Zeitungen ihnen vorhersagten, daß es so kommen würde, wie
esdann auch wirklichgekommenist. Doch davon ist ein andermal zu reden.
Jetzt geht
unsnurane daß die beiden Mächte damals in die Verwaltung des gemeinsamen Besitzes sich so theilten, daß Schleswig
vonPreußen allein
undHolstein
vonOesterreich auch allein verwaltet werden sollte. Doch auch
dassollte wieder
nureine vorläufige Abmachungsein. Endgültig dagegen wurde abgemacht, daß Oesterreich mit Lauenburg gar nichts mehr zu thun haben sollte. Der Kaiser
vonOesterreich
tratalle Rechte, die
erauf dieses Herzogthnm hatte
oderzuhaben glaubte,
andenKöni
vonPreußen ab, »»wogegen
diekönigl. preußische Ziegierung sich verp ichtete,
derkaiser. österreichischen Regierung die
umme von2,500,000 dänischen Thalern zu entrichten.«
Seitdem ist der König
vonPreußen wirklich in den Alleinbesitz von Laiienburg etreten. Er hat
am 26.Sep- tem»ber Stande durch den 1865 entgegengenommen preußischen die sogenannte rbhuldigung Ministerpräsidenten und führt
dieGrafen Bismarck, der dortige Regierung Lauenburgischen den
erzu dem Zwecke auch zu seinem «Ministerfür Lauen- burg«
ernannthat. Jndeß ist die Sache damit noch lange nichtgeordnet,und
amwenigsten ist sie so geordnet,
wiedie preußische Verfassung nnd die preußischen Gesetze Ja,
wire·s vorschreiben.
wissennicht einmal, wie die preußische Regierung selbst sich das Berhältniß denkt,
inwelchemLauenburg
zudein preußischen Staate steht
oderinZukunft stehen soll.
Das preußische Volk hat
mitseinem Gelde und mit deiii Blute seiner Söhne
denKrieg gegen DäUemakk geführt
UUVdadurch den Wiener Frieden und den Erwerb auch
vonLauenburg bewirkt.
Aberuber die Art
undWeise,
wieüber seinen Erwerb verfügt ist, hat dasselbe Volk im Grunde keine andere amtliche Auskunft bekommen,’ als- die Mittheilung
desGraer Bismarckfin der Eröffnungsrede
vom 15.Januar d. J. Und auch
indieser Rede sagt
derpreußische Minister ini Wesentlichen weiter nichts, als daß
dasHerzogthuin Lauenburg »m»it der Krone Preußen vereinigt worden ist«-.
Damit ist jedochherzlichwenig gesagt; denn «Vereinigung mit der Krone Preußen«ist schon darum ein ganz unbe-
stimmter Ausdruck, weil sich zwei ganz verschiedeneDinge
dabei denken lassen. Der König nämlichhat als Träger
derpreußischen Krone eine doppelteStellung. Einmal ist
er—
als sol
erdas Oberhaupt und der oberste Verwalter des preußts
enStaates, und zweitens ist·er, ebenfalls als solcher, das Oberhaupt der königlichen Familie und der oberste Ver- walter des königlichen Familienguts. Wir mügön daher im-
mer
noch fragen: Hat
derMinister mit jenen orten ankün- digen wollen, daß
derKönig Lauenburg in Besitz genommen hat in seiner Eigenschaft als Oberhaupt
despreußischen Staates,
odernurals Oberhaupt der Familie Hohen- zollern? Wir Müssen dlese Frage
umso dringender stellen, weil der Köni selbst der ersteren Ansicht zu sein scheint und die Anhänger cseiner jetzigenMinister in vollem Widerspruche mit sihm die andere Ansicht
vertreten.Aber dem sei, wie ihm wolle: wir dürfen keinen Augenblick
veressen, daß nach den Geboten der Verfassung
inbeiden Fä
endie Zustim- mung
derbeiden Häuser
desLandtags eingeholt werden muß. Nur mit ihrer Zustimmun kann
dasHerzogthum Lauenburg rechts gültig mit
der ronePreußen vereinigt werden, gleichviel ob
manwill, daß der König als Staats- oberhaupt, oder daß
erals Familienhaupt der Beherr- scher Lauenburgs werden soll· Doch prüfen wir beide Ansichten.
Der König also scheint die ersteAnsicht zu vertreten.
Er hat nämlich in seinem Schreiben
anden Berliner Magi- strat
vom 6.Januar gesa t, daß
esunter desAllmächtigen Beistand ihm im vorigen ahre beschieden worden sei, »die Grenzen
desVaterlands zu erweitern.« Wir sind nicht im Stande, diese Worte auf irgend ein anderes Ereig- niß zu beziehen, als einzi und allein auf die Erwerbung Lauenburgs. Beziehen sie sich aber darauf, so ist
essonnen- klar, daß
derKönig diesen Erwerb gemacht haben«will·
inseiner Ei enschaft
alsStaatsoberhaupt
undnicht infjeiner Eigenschav als bloßes Familienhaupt Eben so klar ist es, daß die. Erweiterung der preußischen Grenzen eine Ver- änderung derselbenist. Und in diesem Falle sagt selbst die »Provinzial-Correspondenz«
vom27. Sept.
v.J. ,,mußte allerdings der Artikel
2 derVerfassung zur Geltung kommen, welcher bestimmt:
,,»Die Gren
endesStaatsgebiets können
nur
durch ein Gesetz (das )eißt durch Uebereinftimmung des Königs mit den beiden Häusern des Landtags) verändert
werden«
« .Nun wissen zwar die Anhänger der gegenwärtigen Regierung-sehr gut, daß unser jetziges Abgeordneten- baus vollkommen bereit ist, die Einverleibung Lauenburgs in den preußischen Staat zu geneh- .migen. Aber sie wollen auch bei dieser Gelegenheit nicht
haben, daß
dasRecht
desAbgeordnetenhauses zur Geltung kommen soll. Darum behaupten sie im Widerspruche gegen die voraussetzlicheAnsicht des Königs selbst, daß Lauen- burg
deinpreußischen Staate nicht einverleibt und daß durch den Erwerb Lauenburgs die Grenzen
despreußischen Staates nicht Verändert Werden sollen« Der König»so ist
derSinn ihrer Rede, hat Lauenburg nicht für den preußi- schen Staat, ondern
nursur seine königliche Familie erworben. Dazu aber, behauptete die Prov.-Korresp.
am 27.September
v.und behauptet sie aufs Neue
am24. Ja-
nuar,bedarf der König der Eiiiwilliqun» des Landtages nicht.
Ja, in ihrer Herzensangstspiegelt sie ich sogar
vor,daß sie irgend
etwasdamit ausrichten könne,
wennsie folgende Drohung ausstößtt »Ein Anspruch des Ab cordnetenhauses, daß
derKönig zur Herrschaft über das deut che· Herzogthum Lauenburg erst die Zustimmung des Landtages einholen sollte, würde daher verfassungswidrig sein und
vonder Regierung als ein Eingriff in die Rechte des
Königs unzweifelhaft gebührend zurückgewiesesn werd
en.Unsere Antwort hieran ist folgende:
.Nach Art. 55 der Verfassung bedarf der König auch dann der ,Einwilli ung« des Landtages,
wenn erderBeherrscher eines solchen andes werden will, das nicht zugleich damit
in
den preußischen Staat einverleibt wird, sondern ein abge- soiiderter Staat für sich bleibt. Dieser Artikel lautet: »Ohne Einwillignng beider Kammern kann der König nicht zugleich Herrscherfremder Reiche sein.« Die »Prov.-Korrespondenz««
bestreitet freilich, daß der Ausdruck .fremde Reiche«auch die fremden deutschen Staaten umfasse. Aber daß
ersie wirk- lichumfaßt, das haben wir schon
am7.Oktoberv.J. nachgewiesen
Aber
wennauch der Art.
55gar nicht in der Verfassung stände,so steht darin doch der Art. 48, und in dein heißt es, daß
alleVerträge mit fremden Regierungen zu ihrer Gülti keit der Zustimmung der beiden Hauser
des«andtages bedürfen, wenn dadurch dein Staate Lasten auferlegt werden. Nun ist
esklar, daß
esdem preußischen Staate Lasten auferlegt,
wennsein König zugleich der Beherrscher eines fremden Landes ist. Nament- lich wird unserem Staate und damit
unsAllen die Last auf- erlegt, in Nothfällen das fremdeLand ver-theidigen
nmüssen.
Ja, wir können durch ein solches Land sogar in Kriege ver-
wickelt werden,
vondenen wir sonst völlig verschont bleiben würden. Wir haben die Erfahrung
nurnoch
vorachtJahren gemacht. Damals war das schweizerifche Neuenburg auch als ein fremdes Land mit
derKrone Preußens, aber durchaus nicht
mitdemStaate Preußen verbunden; und gerade
umdieses fremden Ländchens
willengeriethen
wirindie Gefahr
einesKrieges
mitFrankreich,
undderpreußische
Staathatte wenigstens die sehr fühlbare Last zu tragen, daß ein Theil seines Heeres inobil gemacht werden mußte.
Endlich brauchte auch nicht einmal der Art.
48in der Verfassung zu stehen,
unddoch müßte der Landtag nach ganz allgemeinen, auch in unserer Verfassung und in allen unseren Gesetzbüchern anerkannten Rechtsgrundsätzen
uiu
seineEinwilligung befragt werden. Lauenburg ist
erwor-ben worden erstens durch einen Krieg, der das Blut preußischer Bürger gekostethat,
unddermit den Mitteln
undKrä
tendes Staates geführt worden ist,
nndzweitens durch
-er-träge, die nicht im Namen der königlichen Familie, sondern
vonStaatswegen abgeschlossensind. Lauenburg ist mit- hin nicht blos durch
denStaat, sondern auch für
denStaat srworben worden. Wenn daher daher
dasRecht, welches
derpreußische Staat
anLauenburg besitzt,
vonihm auf die königlicheFamilie
undauf
denKönig in seiner Eigenschaft als Oberhaupt dieser Familie übergehensoll, so kann eine solcheEigenthumsübertragung mit.oder ohne Ent- gelt dochnicht einseitig geschehen,sondern sie kann rechts- gültig
nurwerden,
wennauch die verfassungsmäßigen Ver- treter
despreußischen Volkes,
dasheißt,
wennbeide Häuser
desLandtages ihre Zustimmung dazu geben.
Das ist es,
wasunsere Abgeordneten als das ganz unabweisbare Recht
desLandes fordern.
Brieftasten
Herrn W. V« iU Sch. Die Bestimmungen über diese Angelegenheit sind in den verschiedenen Landesgegenden ver- schieden; auf jeden Fall aber scheint
es unsnichtgerechtfertigt,
wenneinseitig das Bestehende unigestoßen wird. Ob
eineBeschwerde bei dem Landrath Erfolg haben würde, hängt
vonden besonderen Umständen des Falles ab.
Druckund
Verlag
vonFranz Duncker
inBerlin —Berantwortlicher
Redakteur undherausgeben
Dr.G·Lewtnstetn
tnBerlin.-