»Muabend, 16. Juni. 24. 1866.
—3. Jahrgang.
DYVerfassung
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D- Wir machen unsere Leser darauf aufmerksam, daß die Erneuerung des Abonnemen ts bei den Postanstalten womöglich bis zum 21. d. Mts. geschehen muß,
wennsie der regelmäßigen Lieferung der einzelnen Nummern versichert sein wollen.
Wo liegt der eigentliche Grund zu der jetzigen kriegerischenVerwickelung?
Wenn zwei Regierungen mit einander Krieg führen wollen, so schiebtnatürlichjede
vonbeidendie Schuld auf die andere. Es ist daher kein Wunder, daß die österreichischen Minister aller Welt beweisenwollen, daß sie
nurdurch die Feindseligkeiten
derpreußischenRegie- rung gezwungen worden sind, ihre Armeen
ander
preu-ßischenGrenze aufmarschiren zu lassen. Auf der ande-
renSeite wird
manpreußischerseits nicht müde, uns Tag für Tag zu erzählen, daß Oesterreich den-Krieg geradezu
an
den Haaren herbeizieht Beide Regierungen liegen eben im Prozeß mit einander« und jede
vonbeiden will natürlich Recht haben. Wir dagegen, die wir den Krieg
am
liebsten gar nicht, und gewiß nicht unter »der Fuh-
rung der jetzigenMinister haben wollen, wir muser nach ruhiger Ueberleguug sagen, daß, wie die Dinge jetzt liegen, keine
vonbeiden Regierungeu
imRechte, sondern alle beide im Unrechtefind.
»Doch ist es für einen unparteiischen Richter nicht so leicht, in diesem schweren und verwickelten Prozesse in allen Stücken ein gerechtesUrtheil zu fällen. Es sind
von
dem Urtheilsspruche gar viele und »wichtige Dinge auf das Allerernstlichste in Betracht zu· ziehen.
Das allerdings wird ein unparteiischer Mann leicht herausfinden, daß die Beschwerden, welche die beiden Regierungen seit Monaten und noch im letztenAugen- blicke gegeneinander erheben, durchaus nicht
vonder Art sind, daß sie überhaupt einen Krieg rechtfertigen könnten Denn der Wiener Friede
vom30. October 1864, der Gastciner Vertrag
vom14. August 1865 und der zu- letzt auch noch bekannt gemachte geheime Vertrag
vom16. Januar 1864 sind
nurAbmachungenzwischenzwei Regierungen,
umdie die Völker niemals befragt worden sind; die Volksvertretungen haben niemals ihre
Zustimmung zu ihnen gegeben· Wir aber müssen fest- halten
andem alten deutschen Grundsatze: »Wo wir
nichtmitrathen, da wir nicht mitthaten.« Darum mogen die» Regierungen
umsolcheAbmachungenstreiten, so viel sie Lust haben, aber sie mögen deshalb nicht Krieg—führen mit dem Gelde und dem Blute des Volkes. Sie könnten dieses Recht
nurdann bekommen,
wenn
die Volksvertretung nach gründlicher und gewissen- hafter Erwägung solche Abmachungen noch nachträglich billigte und ihnen dann die nöthigen Mittel zum Kriege bewilligte.Was die österreichische Regierung thut, geht
uns freilich nichts an, aber die preußische Regierung hat unsere Abgeordneten nicht befragt, als sie jene Verträge schloß, und sie hat sie wieder nicht befragt, als sie auf unsere Kosten ganz ungeheuere Mittel zu den Kriegsriistungen verwandte. Und doch ist sie nach unserer Verfassung wie Jedermann weiß,nicht zu Ausgaben berechtigt die ihr
vomAbgeordnetenhause nicht bewilligtsind.
,
Nun giebt»es wohl etliche Leute, die da ungefährso sprechen: ,,Freilichhat die preußische Regierung vielerlei
gethan, was sie nach der Verfassung und nach dem
un-geschriebenen »und unverjährbaren Rechte des Volkes nicht hatte thun durfen ohne Zustimmung der Volksvertreter;
aber sie ist doch in vollem Rechte,
wennsie Preußen und damit ganz Deutschlandnicht unter die Bootsmäßig- keit
vonOesterreich will kommen lassen· Dazu weiß
manja recht gut, daß OesterreichdiejetzigeGelegenheit
nur
ergreifenwill,
UmPreußen zU schwächen und Deutsch- land in der traurigsten Uneinigkeit zu erhalten«
Wer so sprache, würde gar nicht Unrecht haben. Aber
doch liegt darin noch lange keine Rechtfertigung für
das Verhalten der gegenwärtigen Regierung; und eine
Entschuldigung würde
nur danndarin liegen,
wennein Krieg,
wie ereben jetzt im Werke ist, unter keinen
Umständen zu vermeiden gewesen wäre, und
wennferner
ein solcher Krieg
vonden jetzigen Ministem UND Nach
den jetzigen Isiegierungsgrundsätzen überhaupt so ge- führt werden tönnte, daß Preußen durch ihn wirklich stärker, Deutschland wirklich einig gemacht werden müßte. Das ist aber leider nicht der Fall.
Denn erstens ist
esrein unmöglich, daß wir einer Regierung vertrauen können, welche
vonRecht und Frei- heit,
vonVerfassung und»Gefetz, und
vonAllem, was zur Wohlfahrt und zum Glucke des Landes gereicht, ganz andere Vorstellungen hat, als das Volk selbst. Und ein Krieg, dek- Wie der jetzige, alle Kräfte des Landes in Anspruch nimmtl und die höchsten Opfer
voneinem Jeden fordert, kann und wird niemals einen guten Erfolg haben,
wenndas Volk nicht volles Vertrauen zu seiner Regierung hat. Die Regierung sollte doch wissen, daß
manVertrauen weder sich selbst und Andern ein- predigen oder gar aufnöthigen kann. Vertrauen ist immer
nureine freiwillige, aus eigener Ueber- zeugung dargebotene Gabe.
Zweitens mag der Krieg mit Oesterreich unter den gegenwärtigen Umständen vielleicht unvermeidlich ge- worden sein, aber
nurvielleicht. Dagegen ist es so gut wie gewiß, daß
ervermieden worden wäre,
wennwir seit vier Jahren eine wirklich volksthümliche Regierung gehabt hätten. Wir streiten nicht darüber, ob die österreichische Regierung die genannten Verträ
ewirklich gebrochen hat oder nicht,
dennder erste
uneigentliche Grund des Krieges liegt nicht darin, daß Oesterreichdiese Verträge gebrochen, sondern darin, daß unser jetziges Ministerium sie geschlossen hat.
.Dem MinisterpräsidentenGrafen Bismarck mußte es aus einer mehr als drittehalbbundertjährigen Geschichte und aus eigener persönlicher Erfahrung sehr wohl be- kannt sein, daß Oesterreich der unverbesserliche und
un-versöhnliche Feind Preußens ist. Er mußte es sehr wohl wissen, daß Oesterreich Alles thun würde,
wasin seinen Kräften steht,
umPreußen
aneiner wirklichen Erweiterung seiner Macht zu verhindern. Er mußtewissen,daßOester- reich niemals aus freien Stücken
eszulassen würde,daß Preußen in Schleswig-Holstein den ersten·Schritt thäte,
um
thatsächlich
andie Spitze eines vereinigten und da- durch starken Deutschlands zu treten. Dennoch hat der Gras Bismarck die deutscheAufgabe Preußens nicht dadurch zu erfüllen gesucht,daß
erin allen Dingen und namentlich in der«schleswig-holsteinschen Sache, die Zu- stimmung und das freudige Vertrauen des preußischen und des deutschen Volkes erwarb. Er hat die deutsche Ausgabe Preußens nicht erfüllen wollen in der Bundes- genosseuschast derer, die sie wirklich und in vollem Ernste erfüllt wissen wollten. Jm Gegentheil,
erhat in dem ganz nnerklärlichen Vertrauen zu einer schließlich noch immer gescheitertenKabinetspolitik sich mit Oester- reich, dem uralten Feinde Preußens, verbunden,
um
dasjenige zu erreichen, was dieser Feind uns nie- mals erreichen lassen will. Natürlich hat
erdiese Politik für besonders erfolgreich gehalten. Aber ihre nothwendige Folge ist doch die gewesen«daß
erdas deutsche Volk, diesen natürlichen Bundesgenossen Preußens,
vonuns zurückstieß, und daß
erOesterreich,
diesem unnatürlichen und falschen Bundesgenossen
m
eben jenen Verträgen die erwünschteHandhabe dar- bot,
umuns die allergrößtenHindernisse in den Weg werfen zu können. Denn die Verträge
von1864 und 1865 gewährten den Oesterreichernzwar nicht ein wirk- liches Recht gegen den preußischen Staat und das preußische Volk, wohl aber eine Art
vonRecht gegen dce jetzige preußische Regierung. Bekleidet,
wennauch
nurmit dem bloßen Scheine des Rechtes und
ver-trauend auf den tiefen Mißmuth, mit welchem das Volk in Preußen und Deutschland gegen die gesammtenPoli- tit des Grafen Bismarck erfülltist, hat Oesterreich
esendlich gewagt, seinen Widerstand gegen uns so weit zu treiben, daß der Krieg wirklich unvermeidlich geworden ist, so lange das gegenwärtige preußischeMinisterium
amRuder bleibt. Denn das können wir doch nicht
an-nehmen, daß dieses Ministerium nach so unsäglichen Opfern, die
esdem Lande auferlegt hat, noch in der letzten Stunde den Krieg wohl gar dadurch wird
ver-meiden wollen, daß
esden Forderungen Oesterreichssich demüthig unterwirft, wie dies einst
vorsechszehnJahren in Olmützgeschehen ist.
"
Wir wissen freilich nicht, ob der Krieg auf eine ehrenvolle und heilbringende Weise selbst dann noch
ver-mieden werden kann,
wennein anderes volksthümliches Ministerium an die Stelle des gegenwärtigen treten sollte. Dagegen wissen wir mit voller Bestimmtheit, daß einem anderen und volksthümlichen Ministe- rium die Sympathien des
ganzendeutschen Volkes zuwenden werden, und daß
esalsdann sicher den Krieg auf eine ehrenvolle und heilbringendeWeise zu Ende zu bringen vermag.
Wir leugnen sicherlich nicht« daß die letzte Ver- anlas sung zum Kriege durch Oesterreichherbeigeführt worden ist. Aber den ersten und eigentlichen Grund zu der gegenwärtigenkriegerischen Ver- wickelung müssen wir in der Politik des Mini- steriums Bismarck suchen-
Politische Wocheufchau.
Preußen.« Wir haben in unserer letzten Wochenschau
gesagt, daß die Aussichtenauf Erhaltung des Friedens sehr
gering seien; seitdem ist keine friedlicheWendung eingetreten-
UUV helltey
wowir diese Zeilen schreiben, soll den-Krieg
ander Südgrenze unseres Vaterlandes sehr bald eröffnet
wer- den.Oesterreich hatte, wie wir bereits gemeldet, die holsteini-
schen Stande einberufen, Preußen betrachtete diesen Schritt
als einen Bruch des Gasteiner Vertrages,»so
wieals eine
Verletzung des Art.
5des zwischenOesterrerch und Preußen
am16s Jan. 1864 ab eschlossenen Vertrages Dieser Artikel
lautett »Für den Fall, da
eszu Feindselrgkeitenin Schleswig
kämeund also die zwischen den deutschen Mächten und Dänemark be-
stehenden Vertragsverhältnisse hinfällig würden, behalte-U die
Höfe
vonPreußen und Oesterreich sich vor, die kunftigen
Verhältnisse
derHetzvgihümer
nurim gegenseitigen
Einverständnisse festzustellen. Zur Erzielung dieses
Einverständnisses würden sie eintretenden Falls die sachgemä-
ßen weiteren Abreden treffen. Sie werden jedenfalls
die Frage über die Erbfolge in
denHerzogthümern
nicht and ers, als im gemeinsamen Einverständ-
nisse entscheiden.«
—Preußen hat die Zurücknahme der Einberufung verlangt, und ist, da diese nicht erftzlgte,
inHolstein eingerückt,hat den Zusammentritt
der-Stande
ge-waltsam verhindert,
undder General
v.Manteuffel»hat, nachdem
dieösterreichischen Truppen Holstein ohne jeden Widerstand geräumt haben, die Regierung
desLandes
imNamen
desKönigs
vonPreußen
indie Hand genommen.
Oesteireich hat darauf in Frankfurt
ineineraußerordentlichen Bundestagssitziing die Sache
demBunde vorgelegt. Es hat ausgeführt, daß das Verfahren »Preußens· ein Bruch
desWiener Vertrages und
desGasteiner Provisoriums sei,
wel-ches Oesterreich
biszurEntscheidung does Bundesfortdauern zu lassen bereit gewesen. ·Der Kaiser sei denBundesgesetzen
treu
geblieben, welche verbieten, einen Streit zwischen Bundes- genossen gewaltsam auszutragen, Preußen aber habe einen Akt
derSelbflhülse unternommen, welchem
mitallen Mitteln Einhalt
zuthun die Bundesversammlung nach Art.
19der Wiener Schlußakteberufenund verpflichtet sei. Der Bund müsse sich daher
indieLage setzen, sur-denBundesfrieden undl die
innereSicherheit Deutschlands zu sorgen. Oesterreich beantragte daher schleunige Mobilmachung
desgan-
zenBundesheeres mit Ausnahme
derzur preußi- schen Armee gehörigen Korps. Die Abstimmung
uberdiesenAntrag ist noch nicht erfolgt, und dürfte vielleicht auch in
derauf den
14·d. M. aiiberaumten Siszungdes Bundes-
tages nochnicht erfolgen,
daaufden
16. d.M.
eineKonferenz
der
Minister
derdeutschen Mittexstaaten ausgeschrieben ist, auf
dersie sich voraussichtlich erst uber ihre Haltung zu die- sem Antrage verständigen
werden.Als ein höchstbezeichnendesAktenstück wollen wir hier auf eine Depescheaufmerksam machen, welche Graf Bismarck
am 4.d.M.
andie preußischen Gesandten im Ausland ge- richtet hat. Die Sprache in derselbenist eine
vondein ge- wöhnlichen diplomatischen Gebrauche so abweichende, daß
wirhier einige
Stellen darausfolgen lassen.
Derpreußische Premierministerwälzt
inderDepesche
die ganzeVerantwort- lichkeitfür die gegenwärtige Lage
derDinge auf Oestreich.
Jn dem Verfahren Oestreichs
amBundestageliege die Ab- sicht einer direkten Provokation und der Wunsch, mit Gewalt einen Bruch und Krieg herbeizuführen »Alle unsere Erklin- diguri
engestehen zu, daß der Entschluß gegen Preußen Krieg
zu
fü)ren, in Wien fest gefaßtist
...Nicht allein wurde dort der gänzliche Mangeluller und jeder Bereit- willigkeit bekundet, in selbst Vettkaullche Verhandlungen eig- zutreten
und dieMöglichkeiteiner» Verständigung zu diskutk.
ren,
sondern Auslassungen einflußreicher österreichischer Staats- mäniier und Rathgeber
desKaisers sind dem Könige
voneiner authentischen Quelle initgetheilt worden, welche keinen Zweifel läßt, daß die kaiserlichenMinister Krieg
umjeden Preis wünschen,theils in
derHoffnung auf Erfolg im Felde-, theils
umüber innere Schwierigkeitenhmweg
zukommen
—ja- selbst mit
derausgesprocheUeU·AlIs1cht, den österreichischen Finanzen durch preußische Kontributionen oder dur einen
»ehrenvollen« Bankerott Hülfe zU kaschaffew Die Hand- Lungen
deröstreichischen Regierung stimmen mit dieser Ab- sicht nur
zugenau überein
«...Der Krieg ist ein ab- gemachteeBeichluß
inWien; der einzignächste Punkt ist dek,
DengünstigenAugenblick
zuwählen,
umihn zu beginnen.«
Am
8.d.M hat das berliner Stadtgericht in der Anklage entschieden,Welche gegen
denAbgeordnetenTwesten wegmspseiner in der Kammer gehaltenen Rede erhoben
wor- denils- Dle Anklage selbst ist auf Grund des bekannten
Zbelmbunalsbeichlkssies »Von! 29- Januar eingeleitet worden.
ZEITAngeklagte ließ sich auf den
»materiellen Theil
derAnklage gar nicht ein, sondern bestritt
nurin ausführlicher
Rede die Kompetenz des Gerichtshofes, gegen ihn einzuschrei-
ten..
Der Gerichtshof sprach
denAngeklagten
nach längerer Berathung frei. Jn
demUrtheil wird ausgeführt, daß
dieGerichte allerdings die Berechtigung haben;
dieVerfassungs-Urkunde wie jedes
andereGesetz ihrer Prüfung zu unterziehen, daß aber
demArt.
84 derVerfassung,
wennauch seine Stellung im System die»Strafbarkeit der Abgeordneten nicht
aus-schließen würde, nach den Regeln
dergramma- tischen, historischen
undlogischen Interpretation
derinn beigelegt werden müsse, daß
erdie Straflosigkeit allerlAeußerungen eines Abgeord- neten· in seiner amtlichen Eigenschaft bezwecke.
Die Nachrichten in Bezug auf
dieWahlen lauten
ausallen Theilen
derMonarchie der liberalen Partei günstig.
Nach
einerauf Grund
desArt.
63der Verfassung erlassenen Verordnung sollen die in Schleswig-Holstein und Lauenburg stehendenTruppen in dem ersten Wahlbezirke des Regierungs- bezirkes Potsdain mitwählen.» Die Grenzen der Wahlbezirke sind bekanntlich durch ein Gesetz bestimmt.
Wie
mansagt, soll ein Rundschreiben
andie Provinzial- Regierungen ergangen sein in Bezug anf die Beauf- sichtigung der Presse und der Vereine nach dein
Ausbruch eines Krieges.
«Am
11. d.M. sind die Darlehnskassen eröffnet
worden.Der Andrang
warkein sehr großer.
Die deutsche Frage.
Preußens
undOesterreichs Heere stehen sich kampfbereit einander gegenüber,vielleichtist die letzteFriedenshoffnuiig ge- schwunden,
wenndieses Blatt in die Hände unserer Leser kommt. Wer die Lasten und die Opfer eines Krieges kennt, der wird mit
unstrauern, daß
esso weit kommen mußte,
nnd wenn-esauch vielleicht müßig scheint, die Frage
zuer-örtern, welche
vondeiibeidendeutschen Großmächten ange-.
fangen hat, somüssen wir doch fragen, welches der Grund
desdrohenden Krieges ist,
uinzuversuchen, ob
man,wennder blutigeKampf jetztnicht vermieden werden kann, nicht wenig- stens seiner Wiederholungvorbeugen kann. Es ist der Grund in der inangelhaften Verfassun
desdeutschen Vundets zu such en, und
eswürde ein ähnlicherKrieg durch die·Zusammenfassung Deutschlands
zueiner ein- heitlichen Macht
untereiner durch ein deutsches Parlament gestützten Zentralgewalt sicherfür immer vekmieden
werden.Derselben Ansichtist auch unser Minister- prasident,
denn erhat« noch
vorKurzem erklärt, daß die wegen SchleswigHolstein drohende Kriegsgefahrdurch Ein- gehen auf seinen Vorschlag zur Berufung eines deutschen Parlamentes vermieden werden würde.
»Diefer Antrag Preußens ist nicht
anenommenworden, weil» die deutschen Staaten erst wissen
woten, welche Vor- lchlage Preußen für die Reform Deutschlands machen wollte.
Preußen hat diese Vorschläge damals nicht mitgetheilt, nnd erst jetzt,
wofür den Augenblickjede Wahrscheinlichkeit der Berufung eines deutschen Parlanientes ausgeschlossen scheint, theilt
erdieselben mit. Wir lassen hier nachstehend das Wesentlichste
ausdiesen Grundzügen einer
neuenBun- desverfassung folgen:
Art. I. Das Bundesgebiet besteht
ausdenjeni
enStaa- ten, welche bisher
deinBunde angehörthaben,
mitFlusnahme
der kaiserlich österreichischen und königlichniederländischen Landestheile.
«Art.
Il.Die gesetzgebende Gewalt
desBundes wird auf
denjenigen Gebieten, welche derselbenzugewieer sind,
vondemBundestage in Gemeinschaft mit einer periodisch zu berufen-
den
Nationalvertretung ausgeübt. Zur Gültigkeit der Be- schlüsse ist die Uebereinstimmung
derMehrheit
desBundes- tages mit der Mehrheit
derVolksvertretung erforderlich
undausreichend.
-Art. Ill· Die Umgestaltung des Bundestages ist
unterden Bundesregierungen
Undmitdemnach dem preußischen Antrage
vom 9.April zu· berufenden Parlamente
zuverein- baren. So lange·, bls dles geschehen sein wird, bleibt das Stimmenverl)ältnisz,welches für die Mitglieder des Bandes auf
dembisherigen Bundestage giltig
war,in Kraft.
Art.
IV. Die Nationalveitretung geht
ausdirekten Wahlen hervor, welchenach
denBestimmungen des Reichs- wahl esetzes
vom12. April
1849vorzunehmen sind.
L
rt.v.Die Bundesstaaten bilden ein gemeinsames und einheitliches Zoll- und Handelsgebiet, in welchem die Errich- tung
vonFreihäfenvorbehalten bleibt.
Art. Vl. Der Gesetzgebung
undOberaufsicht der Bun- desgewaltunterliegen die nachstehendenAngelegenheiten: 1) Die Zoll- und Handelsgesetzgebung 2) Die Ordnung des Maß-, Münz-
undGewichtssystems nebstFeststellung der Grundsätze über die Emission
vonfundirtem und unfundirtem Papier- gelde. 3) Die all emeinen Bestimmungen über das Bank- wesen. 4) Die Er ndungspatente. 5) Der Schutz des geisti- gen Ei enthums. 6) Die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimat
s-und Ansiedelungsverhältnisse, den Gewerbebetrieb, die Colonisation und Auswanderungnach außerdeutschen Län-
dern.7) Organisation eines gemeinsamen Schutzes des deut- schen Handels im Auslande,
derdeutschenSchifffahrt und ihrer Flaggen zur See
undAnordnung gemeinsamerkonsu- larischer Vertretung, welche
vomBunde ausgestattet wird.
8) Das gesammte deutsche Eisenbahnwesen
imInteresse
derLandesvertheidigung
unddesallgemeinen Verkehrs. -9)
DerSchifffahrtsbetrieb auf
denme)reren Staaten gemeinsamen Wasserstiaßen, sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle.
10) Das Post-
undTelegraphenwesen.11) Die gemeinsame CivilprozespOrdnnng und
dasgemeinsameKonkurs-Vetfahren.
Art.
VILDie Bundesgewalt bat das Recht, Krieg zu erklären
undFrieden, sowie Bündnisse
undVerträge zu schlie- ßen,
invölkerrechtlicher Vertretung
desBundes Gesandte zu
ernennen
und zu empfangen. Die Kriegserklärunghat bei
feindlicher Jnvafion des Bundesgebietes
oderbei kriegerischem Angriff auf dessenKüsten unter-allenUmstänan
zuerfolgen;
in
denübrigenFällen ist zur Kriegserklärung die Zustimmung der Soiiveräne
vonmindestens zwei Dritttheilen der Bevöl- kerung
desBundesgebietes erforderlich.
.Art.
VIlLDie Kriegsmarine des Bundes mit den
er-forderlichenHafen-
undSchifffahrtsanlagen wird nach folgen- den Grundsätzen errichtet: Die Kriegsmarine der Nord- und Ostsee ist eine einheitliche
unterpreußischemOberbefehl. Bei Ernennung
derOfflzleke
UndBeamten konkurriren
dieKüsten- staaten auf Grund besonderer Vereinbarungen. Der Kieler
Undder Jahde-Hafen werdenn Bundeskriegshäfen(Es folgen
nun
nähere Bestimmungen uber die Erhaltung
-undRekruti-
rungder Marine.)
Art. IX. Die Landmacht des Bundes wird in zwei Bundesheere eingetheilt, die Nordarrnee
unddie Südarmee.
Jn Krieg
undFrieden ist Se. Majestat der König
vonPreu- ßen Bundes-Oberfeldherr
derNordarmee, Se. »Majestät der König
vonBayern Bundes-Oberfeldherr
derSudarmee. (Es folgen Bestimmungen ȟber die getrennt-e Verwaltung beider Armeen, welcheauch
eingeirenntes Militairbudget besitzen)
Art.
X.Die Beziehungen
desBundes zu
dendeutschen Landestheilen des österreichischen Kaiserstaates werden nach
erfolgterVereinbarung über dieselben mit dem zunächsteinzubr- rufenden Parlamente durch besondereVerträgegeregelt werden.
Dies die Grundzüge des preußischen Entwurfes, über welche wir heut
nureinige wenige Worte sagen wollen.
Wir vermissen darin
vorAllem die Herstellung einer einheitlichen Zentralgewalt. Ein veränderter Bun- destag, mag
manihn zusammensetzen wie
manwill, mag
man dasStimmverhältniß ordnen wie
manwill, bleibt ein Kollegium, und zwar
einKollegium
vonBevollmächtigten,
dieihre Jnstruktiouen
vonrivalisirenden Regierungen erhal- ten, so daß
unsdiese Aenderung nicht
vonder Misere befreien wird,
unterwelcher
wirjetzt leiden. An
derSpitze des
neuorganisirten Deutschlands muß eine einheitliche Zentralgewaltstehen, welche
inihren Entfchlüssen
nurdurch
dasVotum der frei gewählten deutschen Volksveriretung beschränktist-
»
Zu den Befugnissen,welche wir dieser Zentralgewalt
zuübertragenwünschen, gehört auch die in
demEntwurf fehlende diplomatische Vertretung im Auslande,
danurauf eme»solche Weise
dasAnsehen Deutschlands im Auslande gestärkt
undden Deutschen daselbst
dernothwendige Schutz gewährt werden kann.
Ebenso muß in der Hand dieser Zentralgewalt
dieein-heitlicheLeitung der KriegsmachtDeutschlands ruhen,
wennsie in der Lage sein soll, ihrem Auftreten gegen Außen
dengehörigenNachdruck zu geben. Die in
demEntwurf
vor-eschlageneZweitheilung des Heeres kann auf unseren Beifall einen Anspruch machen.
Es bringt
unsdieser Entwurf zwar manches Gute, wie wir nicht in Abrede stellen wollen, aber
erbringt es,
und darinliegt sein Fehler,
alsEinzelnheiten, denn
esfehlt eben
dasBand, welches
allediese Einzelnheiten
zueinememein- satnen, wünschenswerthen Gut zusammenfaßt,
nämich
diestrenge Durchführung des Einheitsgedankens, welche eben in der Herstellung einer deutschen Zentralgewalt mit deutschem Parlament,
wiedasProgramm
desNational- vereins sie
vonAnfang
angefordert hat, besteht. Nur durch Erreichung dieses Zieles wird Deutschland sicher sein
vorder Wiederholung solcher Zustände- wie
wirsie jetzt leider
vor unssehen.
Vonder
Brochüre:
Die gewählte
preussisclns Volkemxrtretung
in der Wintersession 1866 ?
»
nebst
einem ·Runtiljlioü auf
diegesammtthätigäeit derselben
inderJ
jetzt geschlossenen Legiscaturperiode.
VonDr.
Gustav LewinsteIkL
3Bog.
8.Preis
4Sgr.
«auf welche
wir indervorigen
Nummer unsereLeser aufmerksan gemacht haben als besonders geeignet
zurVertheilung
indenWahlkkelsells llefert
dieVerlags- buchhandlung
vonFranz Dllncker
inBerlin gegenBaareinsendung
1von ·Thlr-
12Exemplare.
2 » 25 »
5 ,, 100 ,
Die