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Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 18, No. 6

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Academic year: 2022

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J a h rgan g X V III.

U nterrichtsblätter

1912. No. 6.

f ü r

Mathematik und Naturwissenschaften.

Organ des Vereins zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts.

B eg rü n d et u nter M itw irk u n g von

B e rn h a rd S chw albe

und

F r ie d r ic h P ie tz k e r,

von diesem geleitet bis 1909, zurzeit herausgegeben von Prof. Dr.

A. T haer,

D ire k to r d er O berrealschule vo r dem H o lste n to re in H am burg.

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W. 5 7.

Redaktion: A lle fü r die R ed ak tio n bestim m ten M itteilungen und S endungen w erden n u r an die Adresse des D ir. T h a e r , H am b u rg 36, erbeten.

V erein : A nm eldungen u n d B e itra g sz a h lu n g e n fü r den V erein (6 Mk. Ja h re s b e itra g ) sind an den S chatzm eister, P rofessor P r a s i e r in H annover, K ö n ig sw o rth erstraß e 47, zu rich ten .

Verlag: D er B e z u g s p r e i s fü r den J a h rg a n g von 8 N um m ern ist 4 M ark, fü r einzelne N um m ern 60 P f. Die V erein sm it­

g lied er e rh a lte n die Z e its c h rift u n e n tg e ltlic h ; frü h ere J a h r ­ gän g e sind durch d enV erlag bez. ein eB u ch h d lg . zu beziehen.

A n z e i g e n ko sten 2SPf. fü r die3-gesp. N o n p ar.-Z eile; bei A ufgabe h a lb e ro d . g a n z e r Seiten, sow ie bei W ied erh o lu n g en E rm äß ig u n g . — BeilagegebU hren n ach U eb erein k u n ft.

N ach d ru ck d er einzelnen A rtik el ist, w enn ü b erh au p t n ic h t besonders ausgenom m en, n u r m it g e n a u e r A ngabe d er Quelle und m it d e r V erpflichtung d er E in sen d u n g eines B elegexem plars an den V erlag g e s ta tte t.

I n h a l t : D er chem ische U n terrich t an den R ealan stalten : R eferat von P rof. D r. E . L ö w e n h a r d t in H alle a. S.

(S. 101). — K o rreferat. V on Dr. L . D o e r m e r in H am burg (S. 106). — L eitsätze (S. 110). — Die B erechnung dea K reisinhaltes. Von Prof. Dr. H . E. T i m e r d i n g in ßraunschw eig (S. 111). — V ereine un d V ersam m lungen [B ericht üb er den 5. internationalen M atbem atikerkongreß in C am bridge u nd die V erhandlungen der internationalen m athem atischen U nterrichtskom m ission. V on P. R i e b e s e i l in H am b u rg (S. 112). — D ruckfehler-B erichtigung (S. 116)]. — B ücherbesprechungen (S. 117). — A nzeigen.

D er chem ische U n te rric h t an den R e a la n sta lte n .

R eferat, vorgetragen a u f der 21. H auptversam m lung des V ereins zur F ö rd eru n g des m athem atischen und n a tu r­

w issenschaftlichen U n terrich ts zu H alle a. S.

V on E. L ö w e n h a r d t (Halle).

M eine sehr geeh rten H e r r e n ! D er Herrn K o lleg e n D o e r m e r und mir von unserem ver­

ehrten Herrn V orsitzenden er teilte A uftrag, über den chem ischen U nterrich t zu Ihnen zu sprechen, hat uns vor eine n ich t ganz le ic h t zu lösende A u fgab e g e s te llt. D ie B ed eu tu n g des chem ischen U nterrich ts ward h eu tzutage a llse itig so unum ­ w un den anerkannt, daß es offene Türen einstoß en h ieß e, w o llten w ir etw a über sein e B ild u n gs­

elem en te oder seinen erziehlichen W er t reden.

A uch die A n sich ten über A ufgaben und Ziele desselb en haben sich se it A r e n d t s und W i l - b r a n d s bahnbrechender T ä tig k eit durch die gem einsam e A rb eit zahlreicher Fachm änner in la n g er u n terrich tlich er Praxis, durch A ussprachen auf zahlreichen V ersam m lungen, durch V eröffent­

lichu n gen "in Z eitsch riften und Lehrbüchern, zu allgem ein anerkannten G rundsätzen verdich tet und sin d dem en tsp rech en d in den verschiedenen L ehrplänen form uliert worden, so daß man in dieser H in sich t auch kaum w esen tlich N eues sagen kann. E n d lich dürfte auch darin U eber- einstim m u n g herrschen, daß der L ehrgang m ethod isch, und n ich t, w ie man früher sa g te:

„sy stem a tisch “ zu gesta lten ist. A lles das steh t fest. F e s t steh t auch se it über 2 0 Jahren, daß der ch em ische U nterrich t n ich t „Schwam m - und

K reid ech em ie“ sein darf, um einen treffenden A usdruck von O h m a n n zu benutzen. E s dürfte w ohl kaum mehr einen W in k el geb en , w o diese vo rw eltlich e A rt des U nterrichts noch ihr kümmer­

lich es D asein fristet.

A lso zu den g r u n d l e g e n d e n a l l g e ­ m e i n e n Fragen ist N e u e s h eu tzu tage kaum zu sagen. W ir haben vielm ehr gem eint, schon, um bei der kurz zugem essenen Z eit die D eb atte n ich t zu kurz kom m en zu lassen, uns au f die E rörterung ein iger neuerdings in den M ittelpu nk t des In teresses g erü ck ter Fragen beschränken zu m üssen, und haben uns zur Verm eidung von W iederh olun gen in den S toff so g e te ilt, daß dem R eferen ten w esen tlich die m ehr m ethod ische, dem K orreferenten die mehr m aterielle S eite zu fällt.

Ich m öchte zunächst in R ück sich t auf m anche in B enu tzu ng befindliche Lehrbücher auf ein ig e n ich t ganz neu e P u n k te eingehen, in der Hoff­

nung, daß die h eu tige D isk ussion an ihrem T eile zur B e seitig u n g ein iger ü b erlebter G ew oh n h eiten beitragen h elfe.

1. Einem selb stverstän d lich en p ädagogischen Grundsätze en tsprechend s o ll auch der c h e m i s c h e U n terrich t ste ts vom E infach en zum S ch w ierigen au fsteigen . Zum S ch w ierigsten geh ört aber sicher die H e r a u s a r b e i t u n g d e r G e s e t z e u n d T h e o r i e n . S i e m ü s s e n h i n r e i c h e n d b e g r ü n d e t u n d a b g e l e i t e t w e r d e n , dürfen also erst nach A n eign u n g eines gen ü gen d groß en Tatsachenm aterials, d ie T heorien also jed en fa lls erst auf einer höheren S tu fe, beh and elt w erden.

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S. 102. UN T ER R IC H TSBL Ä TT ER . Jahrg. XVIII. No. 6.

— S o ll man aber nach zahlreichen Lehrbüchern urteilen, so w erden n ich t nur die stöch iom etrisch en G run dgesetze, sondern auch D in g e, w ie A tom ­ b egriff und A tom th eorie und ähnliches, vielfach so früh geb racht, daß auf ein w irk lich es V er­

ständnis der Schüler noch garnicht gerech n et w erden kann. N atürlich is t ein m echanisches, sin n loses A usw end iglern en d ie F o lg e . Man kann sogar A r e n d t und W i l b r a n d den V or­

w u rf n ich t ersparen, daß sie h ier zu schnell vorw ärtsgegangen sind. D i e A t o m t h e o r i e g e h ö r t m. E. e r s t n a c h P r i m a .

Schon die Form ulierung der G esetze so llte nur auf Grund einer h i n r e i c h e n d e n Z a h l q u a n t i t a t i v e r V e r s u c h e erfolgen . D ie E lek trolyse des angesäuerten W assers — b e­

k ann tlich ein schon an sich an der S te lle , w o er je tz t noch in m anchen L ehrbüchern als, ich m öch te sa g e n : „ fo ssile r“ , V ersuch seinen durch das A lter g e h e ilig te n P la tz u n b erech tig ter W eise beh aup tet, äu ßerst anfech tb arer V ersuch — darf n ich t der ein zige (vor allem natürlich n ich t der erste) V ersuch b leib en . Man braucht sich nur an A. W . v o n H o f m a n n s k lassisch e „E in leitu n g in die moderne C hem ie“ oder an d ie zahlreichen vorzüglich en , beson ders von F riedrich C. G.

M ü l l e r , R i s e h b i e t h , R e b e n s t o r f f n. a.

au sgearb eiteten V ersuche zu h alten. S ie kennen alle die m annigfachen V eröffentlichungen vor allem in der Z eitsch rift f. d. p hys. und ehem.

U n terrich t, die ganz au sgezeich n ete A n leitu n gen nach d ieser R ich tun g en thalten . R eich es M aterial b ie te t ferner die A r e n d t s c h e , von dem v er­

ehrten H errn K orreferenten, Herrn D r .D o e r m e r , in so vorzü glich er W eise fortgefü h rte „ T ech n ik “ , der n eu erd in gs ein anscheinend sehr prak tisch es

„ V o rb ereitu n gsb u ch “ von K. S c h e i d zur S eite g etreten ist. Ich erinnere en d lich an eine ganze A nzahl kürzerer L ehrbücher, d ie rech t B rau ch ­ b ares in W o rt und B ild bringen, so daß sich w irk lich niem and über M angel an A nleitun gen und B eisp ielen b ek la g en kann.

Q u antitative V ersuche m it der W a g e w ird man w eg en der für sie n o tw en d ig en Z e it nur in sehr g erin g er Z ahl w ährend des D em onstrations- U nterrichtes an stellen können. Im merhin können ein ige, w ie die U eberführung von C alcium kar­

b onat in C alcium oxyd, die des letzteren in g elö sch te n K alk und u m gek eh rt, d ie O xydation von K upfer oder E isen zu E isen oxyd m ittels Salpetersäure u. a ., w enn sie in h inreichen­

der W e ise zum größ ten T eil v o r der Stunde v o rb ereitet w erd en , so daß i n der Stunde nur noch die S ch lu ß w ägu n g au sgefüh rt w ird, sch n ell und m it gro ß er G en au igk eit erled igt w erden und so llten deshalb n i e unterlassen w erden. N atürlich d arf man nur G ew ich tsversuche m it h inreichend gen au en R esu ltaten vor der K lasse ausführen. — V iel zw eck m äß iger sind gasvolu m etrische und m aßanalytische V ersuche,

w ie sie nach den A nordnungen der genannten A utoren in kurzer Z eit ausgeführt w erden können.

Eine ganze R eih e der A . W . H o f m a n n sehen V ersuche eign en sich direkt für den S ch u l­

u nterricht und sind kaum durch b essere zu er­

setzen . Manche anderen gru n dlegen den Versuche, w ie die U n verän derlich keit des G asvolum ens beim V erbrennen von S ch w e fe l und von K oh len ­ stoff, die auch zur A b leitu n g von Form eln b en u tzt w erden, erfordern überhaupt k ein e n en nensw erte Apparatur. B e i der M olekular­

g ew ich tsb estim m u n g darf w en ig sten s eine D am pf­

d ich tebestim m u ng nach V. M e y e r so w ie m itte lst der S ied ep un ktserh öhu ng n ich t feh len . — Im U niversitätslab oratorium w erden ja alle solch en V ersuche vorläufig w o h l noch selten von dem P rak tikan ten ausgeführt,*) denn die P rü fu n gs­

bestim m ungen Uber den N ach w eis der praktischen A u sb ild u ng beschränken sich fast ganz auf die q u alitative und q u an titative A nalyse. D a muß sich eben der an geh en de Lehrer g eleg e n tlic h seiner V orb ereitu ngen zu den Lehrstunden se lb st w eiterb ild en . E s is t u n b ed in gt erforderlich, daß er sich die n ö tig e F e r tig k e it erw irbt, dam it er n ich t vor jed em d erartigen V ersuche zurück­

sch reck t, dann natürlich is t k e i n V ersuch besser als ein die V ersu ch sfeh ler überschreiten der u n ­ g e n a u e r . F reilich darf man andererseits auch k ein e übertriebenen A nforderungen an die Ge­

n a u ig k eit der q uan titativen V ersuche, beson ders der W ägu n gen , stellen . K. S c h e i d m ach t in seinem auf der 88. V ersam m lung deutscher N atu rforsch er und A erzte zu K arlsruhe geh alten en V ortrage über d ie „N eueren F o rtsc h r itte in der M ethodik des chem ischen U n terrich ts**)“ , sehr treffende B em erk un gen hierüber, m it denen man v ö llig einverstanden sein kann und auf die ich hier verw iesen haben w ill. — Er h at in d em selben V ortrag ein e R eih e mehr oder m inder einfach er W ägu n gsversu ch e zu sam m en gestellt und z e ig t dam it sein e U eb erein stim m u ng m it den P rin zi­

pien, die auch von anderen M ethodikern lä n g st vertreten w orden sind. S olch e W ägu n gsversu ch e eign en sich auch vorzü glich für die Sch üler­

übungen. E s w erden sich w oh l überhaupt die m eisten W ä g u n g s- und m aßan alytisch en V ersuche am b esten von den S chülern im Laboratorium erled igen lassen , und zw ar g e n ü g t es, w en n die g esch ick teren , sch n eller arbeitenden gleich sam als M andatare der K lasse d ie gru n d legen d en V ersuche ausführen und die R esu lta te dann von der g a n z e n K lasse b en u tzt w erden. J e d e n ­ f a l l s i s t e i n c h e m i s c h e r . U n t e r r r i c h t o h n e q u a n t i t a t i v e V e r s u c h e e i n K ö r p e r o h n e K n o c h e n : der Sch üler muß die U eber-

*) Im Universitätslaboratorium zu Halle hat Herr Prof. Dr. V o r l ä n d e r neuerdings ein besonderes Praktikum für Lehramtskandidaten eingerichtet.

**) Pädagogisches Archiv, 53. Jahrgang. (1911.)

Seite 673 ff, . . . .

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1912. No. 6. De r c h e m i s c h e Un t e r r i c h t a n d e n Re a l a n s t a l t e n. S. 103.

zeu g u n g gew in n en , daß auch hier alles „nach Maß und Z a h l“ geord n et ist. E s bedarf dazu deshalb noch kein er s e h r g r o ß e n Zahl von solch en V ersuchen, sondern man kom m t m it verhältn ism äßig w en igen aus, w ie solche z. B.

in m einem L eitfaden*) für die Schülerübungen zu sam m en gestellt sind.

2. Und dam it kom m e ich au f einen anderen w ich tig en P u n k t zu sp rechen. W ir stim m en ja alle darin überein, daß der U nterrich t n ich t nur m ö g lic h st an die Erfahrung des Schülers anzuknüpfen, sondern daß er vor allem stets von der A nschauung auszugehen hat. D aß die erste F orderung n ich t im m er le ic h t zu erfüllen is t, w issen w ir. D e sto leich ter kann man der zw eiten g er ec h t w erden. W en n ich aber m anche der vorhandenen Lehrbücher genau durchsehe, m öch te ich fast m einen, daß m anches nur auf dem P apier steh t.

I n irg e n d e in e r F o rm m u ss je d e r b e h an d e lte Stoff, je d e R e­

a k tio n den S c h ü le rn in n a tu ra v o rg e ­ fü h r t w erd en .

— Ich denke h ier auch an die m it R ec h t im m er mehr auch auf der Schule zur B ehandlung gelan gen d e T h e o r i e d e r L ö ­ s u n g e n , sow oh l im engeren Sinne, als die von van ’t H off vorgenom m ene A usd eh n un g der A vogadrosch en R e g e l auf L ösu n gen , w ie die Theorie von der elek trolytisch en D issoziation . Ohne gru n dlegen de V ersuche hat auch ihre B eh an d lu n g im S chulunterricht keinen Sinn, sondern dem Schüler w ird dann nur eine P ortion B ü ch erw issen m ehr au fgeb ü rd et, und davon haben w ir in anderen Schulfächern gerade g en u g ! Man w ird jed en falls zeigen m üssen: an einer k onzen trierten Zucker- oder K upfersu lfatlösu ng die D iffusion einer schw eren L ösu n g vom B oden eines Z ylinders h inau f in das leich tere W asser, den osm otisch en D ru ck einer k onzentrierten Z u ck erlösu ng in einem in W asser g este llte n m it S ch w ein sb lase zugebundenen Zylinder, die P ro p o rtio n a litä t von osm otischem D ruck und K onzentration der L ösu n g in einer au f einfache W e ise (etw a nach Brauer, Lehrbuch S. 141) h erg e stellte n osm otisch en Z elle m it (sem iper­

m eabler) W an d. D iese drei Versuche, allenfalls n och m it einer M essung des absoluten osm o­

tisch en D ru ck es einer Z uckerlösung, gen ü gen zur E in fü h ru n g in van ’t Hoffs T heorie. Daran w ürden sich dann Bestim m ungen der S ied e­

p u n k tserh öh u n g m it Zucker und Harnstoff, ferner m it einem oder zw e i E lek trolyten , v ie l­

le ic h t auch einer G efrierpunktserniedrigung sc h lie ß e n , V ersuche, die man ja auch für die M olek ulargew ichtsb estim m u ngen braucht. W eite r komm en d ie bekannten V ersuche über Stärke und L e itfä h ig k e it der Säuren, der N e r n s t s c h e V ersuch über Jonenw anderung m it Calium-

*) L eitfaden fü r die chemischen Schüleriibungen.

2. A uflage. L eipzig 1912, Teubner.

perm anganat, ein Versuch über Zunahm e der L e itfä h ig k eit m it der V erdünnung m ittels C hlor­

calcium lösung und selb stverstän d lich eine A nzahl elek trolytisch er Versuche, so w e it sie n ich t schon früher g eleg e n tlic h ausgeführt w aren. — S e lb st­

verständlich ist, daß den Schülern zum B e w u ß t­

sein geb racht w ird, daß auch diese T h eorie eben eine T heorie, w enn auch eine g u t b egrü n dete, also w esen tlich ein A rbeits- und Forschu n gs­

m ittel ist. Und aus eben diesem Grunde sch ein t mir die E n tsch eid u n g darüber, w ie w e it ein L eh rgan g v ö llig au f der B asis d ieser neueren A nschauungen au fgebau t werden k an n , n ich t ganz le ic h t zu sein. Auch d ie n e u e r e n L ehr­

bücher w eisen eine rech t v ersch ied en artige B ehandlung der Sache auf. D er p r o p ä d e u t i - s e h e U nterricht (in U II) w ird selb stv erstä n d ­ lich ebenso ohne Jonen-, w ie ohne A tom th eorie auskom men und sich auf die exp erim en tell ab­

zu leiten den stöch iom etrisch en G run dgesetze und d ie B egriffe A eq uivalen t- und V erbin d un gs­

g e w ic h t beschränken.

3. D a der U nterrich t von A n fan g an auf S ch ritt und T r itt die Schüler zu en ergischer M itarbeit heranzuziehen hat, darf er niem als au f einen, w enn auch durch D em onstration en unterstü tzten , V ortrag des Lehrers hinauslaufen, sondern muß im allgem ein en die Form des D ia lo g e s annehm en.

V orbildlich ist ja für d ieses Verfahren A r e n d t s , im V erlage des H allesch en W aisenh auses er­

schien en er „M ethodischer L ehrgang der C hem ie“, als eine bisher w ohl von keinem , auch m. E.

von O s t w a l d n ic h t, übertroffene A n leitu n g eines in gem einsam er A rb eit des L ehrenden und L ernenden en tw ick eln d en V erfahrens. — H e u t ­ z u t a g e g e h e n w i r e i n e n b e d e u t e n d e n S c h r i t t w e i t e r — und damit kom m e ich zu dem w ich tig ste n Merkmal, zu dem b ed eu tend sten m ethodischen F o rtsch ritt des m odernen U nter­

rich ts. W ir verlan gen , daß d ie M itarbeit des Schülers n i c h t n u r r e f l e k t i e r e n d e r , s o n ­ d e r n z u g l e i c h p r a k t i s c h e r A r t se i. D a­

m it w ird den Schüleriibungen eine gan z neue, h ö ch st fru ch tb rin gen d e S te lle an gew iesen .

Die S c h ü le rü b u n g e n m ü ssen zu m w e se n t­

lic h e n B esta n d te il des g an zen ch em i­

sch en U n te rric h ts w erd en .

S ie haben, wo es irgend an geh t, am A usgan gsp un kt der U ntersuchung zu steh en , einzutreten für die D em onstration sversu ch e des Lehrers. D er ch e­

m ische U n terrich t kann das le ich ter durchführen als jed es andere n atu rw issen sch aftlich e F ach und w ird dam it zu einem „ A r b e i t s u n t e r r i c h t “ im em in en testen und m odernsten Sinne d esW ortes.

— D as v e r b i n d l i c h e chem ische P raktikum b esteh t ja, w en ig sten s in Preuß en , m ein esW issen s auch in H am burg und w o h l auch Brem en, schon an einer groß en Zahl von A nstalten s e it Jahren, entsprechend den Forderungen z. B. der preu­

ß isch en L ehrpläne, die überall, w o d ie M öglich ­

(4)

S. 104, Un î e r i u c h t s b l â t ï e r. Jahrg. XVIH. No. 6.

k e it vorhanden ist, solch e U eb u n gen verlangen.

E s stand aber in fo lg e der B evorzu gu n g der A n alyse vielfa ch nur in einem sehr lo sen Zu­

sam m enhang m it dem ganzen L ehrgänge. Sein N utzen w ar dadurch nur ein beschränkter. W en n man nach den Program m en und ein igen v ie l­

fach in Gebrauch befindlichen L eitfäd en urteilen darf, w ird te ilw e ise auch j e t z t n och so ver­

fahren. D am it lo h n t m. E. das Prak tiku m die darauf v erw en d ete Z eit n ich t recht.'“') S ie w issen , daß sich im le tz te n D ezennium — n ich t ohne E influ ß der in E n glan d und A m erika schon län ger üblich en P raxis — langsam aber sicher eine w ic h tig e W an dlu ng vo llzo g en hat. Man is t zu der U eb erzeu gu n g gela n g t, daß es erstens n ich t Z w eck der S ch ule sein kann, A nalytik er auszubilden und daß zw eiten s jed er w irk lich er­

fo lgreich e n atu rw issensch aftliche U nterrich t den Sch üler „h and gem ein “ w erden lassen muß m it dem Stoff. In der B otan ik , z. T. auch in der Z oologie, g esc h ie h t das ja in großem U m fan ge se it, man k ön n te sagen , undenklichen Z eiten.

U nd der neue B io lo g ieu n terrich t der O berklassen so ll eb en falls so w e it als m öglich A rb eitsu n ter­

r ich t sein. Es is t doch ein ganz anderes D ing, s e lb st Hand anlegen, als nur beob ach ten. „ L ’ob- servateu r lit, l ’experim entateur in terro g e“. V iel ü berzeugend er w ir k t der K reislau f der C hloro­

p hyllkörnchen, der Tanz der Infusorien, das w u n d ervolle M osaik der B la ttze lle n in einem s e l b s t h erg estellten als in einem nur vom L e h r e r v o rg e le g te n oder gar projizierten Bild.

E in e ein z ig e se lb stg e fe r tig te P h otograp h ie ver­

schafft eine v iel gründlichere E in sich t in die G eheim nisse dieser K u nst als der sch ön ste E x­

p erim entalvortrag, und w ie s t e ig t das S e lb st­

vertrauen d es ju n g en Chem ikers durch die erste g elu n gen e E lem en taranalyse ! B e i jed er D em on ­ stration eines a n d e r e n b le ib t im m er der un­

b ew u ß te V erdacht, daß dieser m it besonderen K unstgriffen, m it einem g ew issen T rick, arbeitet.

Ich en tsin n e m ich n och genau der Freude, die ich als ju n g er S tu d en t empfand, als es mir g e ­ lang, eine m it Z ink und S ch w efelsäu re b esch ick te F la sch e beim Entzünden des noch lu fth altigen W asserstoffes reg elrech t m it d e r s e l b e n D e to ­ n ation zu zersch m ettern (ich h a tte sie aber vor­

her in einen K asten g e s te llt), die ich b ei den V orlesu n gsversu ch en oft g eh ö rt h atte. A lle s m it solchen E rlebn issen Zusam m enhängende d rin gt unm ittelbar zum V erständnis und prägt sich dem G edächtnis unau slöschlich ein. E s is t das B e w u ß tse in , der Natur A u g e in A u g e gegen ü b erzu treten , sie zu unserem W illen zu zw in gen , en tg eg en der M einung des D ich ter s:

G eheim nisvoll am lich ten T ag

L ä ß t sich N atur des S ch leiers n ich t berauben,

U nd w as sie dir n ich t offenbaren m ag, D as zw in g st du ihr n ich t ab m it H ebeln und

m it Schrauben.

U nd warum w o llen w ir dem Schüler im che­

m isch en U n terrich t d iese E ntdeck erfreu den n ich t g ö n n en ? W en n ich j e tz t an die au ssch ließ lich e E inübung der q ualitativen A nalyse nach R ü - d o r f f s L eitfad en zu rü ck d en k e, die — u nb e­

sch a d et des E ifers, den m anche Schüler ze ig ten

— doch j e län ger, d esto w en ig er b efried igte, so kann ich nur die v ie le sch ön e Z e it bedauern, d ie v ie l n ü tzlich er h ä tte verw en d et w erden können. —

J e tz t m ach en w ir das S c h ü le r­

p r a k tik u m z u m R ü c k g ra t des U n te r­

ric h ts.

E s g lie d e rt sieh organisch in den ganzen L ehrgang ein. W as der Schüler s e l b s t erarbeiten kann, w ird i h m ü berlassen. D ie D em onstration en des L ehrers treten nur ergänzend ein. N ur so w erden die U eb un gen sich dem je w e ilig e n Stand der K en n tn isse des Schülers anpassen, nur so seiner g e istig e n A u sb ild u n g w irk lich förd erlich sein können. D as sc h ließ t natürlich n ich t aus, daß einfache A nalysen , etw a b ei der B ehan dlun g der einzelnen M etalle oder der B ildu ngs- und Z ersetzu n gsw eisen der S alze, au sgefüh rt w erden. D o ch dürften d ie a n a l y ­ t i s c h e n R e a k t i o n e n u n d M e t h o d e n n u r h i n s i c h t l i c h d e r a l l e r w i c h t i g s t e n J o n e n S a c h e d e s S c h u l u n t e r i c h t s sein. (A u f den österreich isch en R ealsch ulen lie g e n w oh l die V erhältn isse etw as anders und erinnern mehr an unsere früheren G ew erb esch ulen, so daß da v iel in ten siver an alytisch g ea r b e itet w erden kann.) — D ie S ch ülerü bu ngen sollen aber n ich t zur R ep etitio n , sozu sagen zum N achprüfen des früher D urchgenom m enen, d ien en .*) Ich selb st habe früher d ieses V erfahren für nützlich g e ­ h alten, bin aber durch d ie Erfahrung von seiner U n z w eck m ä ß ig k eit ü b erzeugt w orden.

Daraus, daß der U n terrich t im Laboratorium und im Lehrzim m er Hand in H and geh en m üssen, fo lg t, daß das g a n z e G e b i e t des chem ischen L ehrstoffes auch in die U eb u n gen hinein zu ziehen ist.

W ir v e rla n g e n also U e b u n g en a u f aHen K la sse n stu fe n u n d v o r a lle m im so g .p ro p ä d eu tisc b en U n te r r ic h t

; auf k einer S tu fe is t d ie S e lb sttä tig k e it des S ch ülers so un­

en tbehrlich w ie hier. H an d elt es sich doch um das E rarb eiten der allerersten A nschauungen.

D en n in k ein U n terrich tsfach tr itt der Lernende m it einem so gerin gen V orrat von w irk lich en Erfahrungen, w ie in die Chem ie. D iese müssen vielm ehr h ier erst b esch afft w erden. D a es sich aber m eist um V orgänge und D in g e handelt, die m it gerin gen A usnahm en dem Sch üler im g ew ö h n lich en L eben kaum zum B e w u ß tse in oder v or A ugen kom m en, so is t es d o p p elt n ö tig , daß

*) Vgl. au c h : L ö w e n h a r d t , Noch ein W o rt zu *) V gl. au c h : D a n n e m a n n , D er naturw issen­

den ehem. Schülerübungen (N atu r u. Schule V , 78). schaftliche U n terrich t. H an n o v er 1907, H ahn. S. 148.

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1912. No. 6. De r c h e m i s c h e Un t e r r i c h t a n d e n Re a l a n s t a l t e n. S. 105.

er sich m it ihnen gründlich bek ann t m acht, und das kann natürlich nur durch S elb sttä tig k eit, durch eigen es E xp erim en tieren, gesch eh en . Ob­

j e k te der b eleb ten N atur, Pflanzen und Tiere, w erden dem Sch üler zu eingehend er B etrach tu n g in die H and g eg eb en , ob gleich sie ihm o ft von kleinauf bekannt sind, p h ysik alisch e V orgänge und A pparate h at er G elegen h eit, überall, im öffentlichen und privaten L eben, zu studieren.

Man kann aber u nm öglich verlan gen , daß er sich E igen sch aften und V eränderungen vorher gan z unbekannter S toffe, w ie es die m eisten O bjekte des chem ischen U n terrich ts sind, nur durch die zw eim al oder dreim al in der W och e erfolgen den D em onstration en des Lehrers m erkt.

E s k om m t dazu, daß sein U rteil durch die E r­

klärungen und E n tw ick lu n gen des Lehrers b e­

einflu ßt w ird. E inigerm aßen selb stä n d ig wird er nur u rteilen, w enn zu erst er se lb st die D in ge zur Hand nim m t, und auch dem G edächtnis w erden sich d ie E in zelh eiten nur auf d iese W e ise einprägen. — S eit m ehreren Jahren er teile ich den prop ädeutischen U n terrich t in U I I au f die W e ise , daß ich d ie H ä lfte der S tunden für das P rak tiku m verw en de, und freue m ich im m er aufs N eu e über den E ifer und das b is zur letzten Stunde u n gesch w äch te In teresse der Schüler, das sich n ich t selten in A usdrücken des B e ­ dauerns k un dgib t, w enn es nach l 3/ 4 stün diger ununterbrochener A rb eit — denn die P au se w ird natürlich u ntersch lagen „ sc h o n “ lä u tet.

E in zeln e T eile des P e n su m s k ö n n e n nahezu, v o lls tä n d ig im L a b o ra to riu m e rle d ig t w erd en .

So w erden von der K oh len ­ säure nur die R ed uk tion durch Natrium und natürlich die V ersuche m it der festen K oh len ­ säure im Lehrzim m er ausgeführt, ebenso m it W a ssersto ff und Sauerstoff die um fangreicheren Versuche. D ie für U I I n o tw en d ig en V ersuche m it S ch w e fe l, S ch w efeld ioxyd und S ch w efel­

w a sse rsto ff (natürlich im R eagen zglas), ferner das K ochsalz, die N eu tralisation en von Säuren und B asen und verschiedene andere S alzbildungen kom m en ganz in das Laboratorium . E in oder der andere n ich t ganz einfach e V ersuch w ird zw isch en du rch — a u c h im Laboratorium — vom Lehrer d em onstriert als „gem einsam er“ V er­

su ch , z. B . d ie V erbrennung von P hosph or im gew o g en en , verschlossen en K olben zurB egründung des G esetzes von der E rhaltu ng d es G ew ich ts.

D ie K lasse w ird für das P raktikum g ete ilt.

J ed e H älfte (etw a 16 b is 18, selten 20 Schüler) hat alle 14 T age zw e i Stunden Laboratorium , die gan ze K lasse je d e W oche eine gem einsam e Stunde. D a m eist die z w e i B iologiestu n d en auch vom Chem ielehrer er teilt w erden, so hat es d ieser in der Hand, nach B edürfnis einm al eine B io lo g ie stu n d e für C hem ie und zum A u s­

g le ic h um gekehrt zu verw enden, entsprechend der E rled igu n g eines A b sch n ittes im Laboratorium

durch b eide A b teilu n gen , so daß man in der W och e auch einm al die v e r e i n i g t e K lasse zu z w e i C hem iestunden ins Lehrzim m er nehm en kann, um die R esu ltate des P raktikum s zu er­

gänzen und zusam m enzufassen. Da natürlich die B eobachtu ngen beim A rb eiten n otiert und n ich t nur m ündlich sondern zu w eilen auch sch rift­

lich in G estalt k lein er A usarbeitungen repetiert w erden, m ö g lic h st alle Versuchsanordnungen auch g ez eich n e t w erden, g e h t in der P ause zw isch en j e zw ei L aboratorium stagen n ich t allzuviel ver­

loren, jed en falls viel w en ig er als früher beim rein ged äch tnism äß igen Lernen. Ich brauche n ich t hinzuzufügen, d a ß in U I I und, so w e it w ie m öglich, auch in den höheren K lassen d a s A r b e i t e n „ i n g l e i c h e r F r o n t “ e r f o l g t , dam it auch der Laboratorium sunterricht ein steter G edankenaustausch zw isch en Lehrer und Schülern b leib t. — A nstren gen der für den Lehrer is t n atürlich d ieses Lehrverfahren, aber auch unvergleich lich v ie l fruchtbarer. D en K osten ­ pun kt betreffend, ist gegen ü b er dem a u ssch ließ ­ lichen D em onstration su nterricht kein groß er

U nterschied zu verzeichnen, da ja das Praktikum m it w esen tlich gerin gen , z. T. sehr gerin gen M engen arb eitet und dafür eine gan ze A nzahl D em onstration sversu ch e des Lehrers in W eg fa ll kommen.

D as R esu ltat m einer m ehrjährigen Erfahrungen ist:

Im A n fa n g su n te rric h t k ö n n e n w o h l die D em o n stratio n en des L e h re rs , n ic h t a b e r die S c h ü te rü b u n g e n e n tb e h rt w e r­

den.

— E s w id ersp rich t das ja früher vielfach geäu ß erten A n sich ten , und um so erfreulicher is t m ir d ie T atsache, daß auch anderwärts d ie­

selben B eobachtu ngen gem acht worden sind.*) W er einm al das neue Verfahren erprobt hat, wird n ich t w ied er davon abgehen w ollen .

D aß der U n terrich t der oberen K lassen n ich t so au ssch ließ lich au f das Praktikum au fgebau t w erden kann, fo lg t schon aus der n ötigen B e ­ rü ck sich tig u n g der Theorie, für d ie der L e h r e r doch die m eisten V ersuche ausführen m uß, auch daraus, daß m an hier vielfach n ich t in g le ich er F ron t arbeiten lassen kann, z. B . b ei Analysen oder b ei V ersuchen m it etw as größ erer Apparatur.

D agegen glau b e ich, daß in der o r g a n i s c h e n C h e m i e d e r 0 1 der exp erim en telle T eil, s o ­ w e it er qualitativ is t, w ied er fast gan z den Schülern überlassen w erden m uß. D enn ersten s

*) K . S c h e i d a. a. 0 . 675. F e rn e r 0 . P r o l ß , P rogram m beilage der O berrealschule in S t. G eorg zu H am burg 1912 (Program m N r 1062). Diese sehr be­

achtensw erte A rb e it gin g m ir nach F ertigstellung meines R eferates zu. Ich sehe daraus zu m einer Freude, daß der H e rr V erfasser ebenfalls die obligatorischen Schüler­

übungen zur G rundlage de3 chemischen U n terrich ts m acht, wie ich das u. a. in m einem „L eitfaden fü r die chem ischen Schülerübungen“ (1909) fo rd erte und wie es v o u D a n n e m a n n in „D er naturw issenschaftliche U n te rric h t“ (1907) eingehend b eg rü n d et w urde.

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S. 106. Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. Jahrg. XVIII. No. 6.

h and elt es sich hier vielfa ch w ied er um S toffe, die dem Schüler b ish er u nbekannt w a r e n ; zw e iten s sind die V ersuche m eist rech t einfach, und drittens kann man dabei auch ein gu tes S tü ck B i o l o g i e erarbeiten lassen .

E in e beiläu fige B em erk un g erscheint mir n ich t überflüssig, näm lich, daß gefäh rlich e V er­

suche nicht in die Schülerübungen gehören.

Fin den sich doch in einem vor n ich t langer Z eit erschienenen Lehrbuche für M ädchen­

schulen u nter den Schülerübungen sogar V ersuche m it gelbem P h osp h or („der vo rsich tig blank g esch a b t w orden i s t “) und m it K offein und N ik o tin (n ich t etw a Kaffee und Z igarren)!

4. D ie außerordentliche B ed eu tu n g solcher eig en en A rb eit für E rkenn en und W issen w urde m ir rech t d rastisch — das dürfte v ie lle ich t zum S chluß n ich t uninteressant sein — durch m ein e le tz te n A bitu rienten arb eiten vor das A uge geführt. D as T hem a la u te te : „D ie S ch w e fe l­

säure in der chem ischen In d u strie“ , erstreck te sich also auf sehr v ie le G ebiete der anorganischen und organischen Chem ie, und sie h e da: ein T eil der A rb eiten k n ü p fte — ohne daß ich etw a den S chülern einen en tsprechenden H in w eis g eg eb en h ä tte — mehr oder m inder ausdrücklich an die im P raktikum au sgefü h rten V ersuche an. Von den A rb eiten w aren, trotzd em die G eneration im ganzen nie sehr le istu n g sfä h ig g ew e sen war, eine gan ze A nzahl g u t, nur eine ein zig e n ich t gen ü gen d au sgefallen .

D aß die g esch ild erte D urchführung des Schülerpi'aktikum s auch m ateriell von E influß au f den U n terrich t ist, v er steh t sich von selbst.*) Mein verehrter H err M itb erich terstatter wird u. a. d arlegen , w e lc h e F o lg e n das Verfahren für den U m f a n g d e s L e h r s t o f f e s hat.

* *

*

K o rre fe ra t.

Von D r. U o e r m e r (H am burg).

M eine sehr g eeh rten H e r r e n ! M it den L e it­

sätzen des Herrn R eferen ten befinde ich m ich in v oller U eb erein stim m u ng. — N achdem Ihnen H err P rof. L ö w e n h a r d t , der se it einer langen R eih e von Jahren durch V orträge und V er­

öffentlichu ngen aller A rt einen w esen tlich en E influ ß au f die G estaltu n g des chem ischen U n terrich ts au sgeü b t hat, ein um fassendes B ild von der M ethodik d ieses U n terrich ts entw orfen hat, kann ich m ich in m einen A usführungen au f w en ig e, in erster L in ie den L e h r s t o f f und die O r g a n i s a t i o n b etreffende Fragen beschränken. Ich kann m ich um so kürzer fassen , als gerad e m ein sehr verehrter Herr V orredner auf der le tz te n T agu ng unseres V ereins

*) V ergl. auch: R . B ö h m e , Zeitschr. f. d. R eal- schuhveseu X X X IV ., S. 597. F ern er V erh. der 27. D ir.- Vers. P rov. W estfalen (1911), S. 182,

hier in H a lle im Jahre 1 9 0 4 eine im w esen tlich en h eute noch g ü ltig e U eb ersicht über den Grund­

sto ck des chem ischen L ehrstoffes für R ealan stalten g eg e b e n hat. A uch von der U n terrich tsk om ­ m ission der G esellsch aft D eu tsch er N atu rforsch er und A erzte sind die H au ptpu n kte klar h ervor­

g eh ob en w orden, d ie das R ü ck grat chem ischer U n terw eisu n gen ausm achen so llen . Ich greife daher nur ein zeln e Fragen heraus und erstrebe also w ed er V o llstä n d ig k eit, noch bin ich in der L age, Ihnen etw as N eu es vorzutragen.

L ö w e n h a r d t h at in dem erw ähnten V or­

tra g e darauf h in g ew iesen , daß sich in der Chem ie noch kein allgem ein anerkannter B estand an L eh rstoff h erau sgeb ild et habe. D as trifft auch h eu te noch z. T . zu, w en n man über das M indest­

m aß d essen , was gefordert w erden m uß, in der H auptsache auch ein ig ist. U eb er das, w as w irk lich w ic h tig und das, w as n eb en säch lich ist, herrschen vielfach jed och noch rech t v er­

sch ied en e A nsich ten, w as bei der F ü lle des dem C hem ielehrer zur V erfügung steh en d en Stoffes und b ei den verschiedenartigen N eigu n gen der F achlehrer n ich t zu verw undern ist. G eregelt w erden aber m üssen alle in der P ersön lich k eit des Lehrers b egründeten V ersch ied en h eiten und A bw eich u n gen durch die U nterord nu ng des L ehrstoffes unter g e w isse a llgem ein e Z ielford e­

rungen jed es chem ischen U n terrich tes, die man etw a in folgen d e S ätze zusam m enfassen k a n n : D er ch em ische U nterrich t so ll

1. dem Sch üler das V erständnis für d ie Vor­

gän ge verm itteln , die sich beim E n tsteh en und V ergehen der Stoffe — h aup tsächlich der im tä g lic h e n L eben w ich tig en — ab­

sp ielen ;

2. w ie alle N atu rw issen sch aften zur g e w is se n ­ haften, voru rteilsfreien und genauen B e­

o b ach tu n g an leiten und

3. hat er die allen L ehrfächern gem einsam e A ufgabe, d ie g eistig en K räfte und, so w e it als m öglich, die eth isch en A n lagen der Schüler zu w eck en , zu en tw ick eln und zu fördern.

W en n w ir an der Hand d ieser G rundforde­

rungen von Z eit zu Z e it unseren L eh rstoff auf seinen W er t hin prüfen, so w erden w ir recht o ft U n w ic h tig e s auszu sch eiden in der L age sein, um Z e it für das vom H errn R eferen ten gesch ild erte auf S chülerübungen au fgebau te Lehrverfahren zu g ew in n en , d a s o h n e w e s e n t l i c h e S t o f f ­ b e s c h r ä n k u n g n i c h t d u r c h f ü h r b a r i s t . D enn d ie S chülerversuche nehm en, m ehr als die d op p elte Z e it in A nspruch w ie die D em on ­ stration sversuche des Lehrers.

D a is t nun die p h y s i k a l i s c h e C h e m i e b eson ders berufen, E n tla stu n g der P en sen von entbehrlichem L ehrstoff h erbeizuführen, indem sie w ic h tig e allgem ein e R eg e ln h erausarbeitet,

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1912. No. 6. D e r c h e m i s c h e U n t e r r i c h t a n d e n R e a l a n s t a l t e n . S. 107.

d ie einen gu ten T eil G edächtnisarbeit überflüssig m achen. D afür is t d ie vom Herrn R eferenten schon erw ähn te T h eorie der L ösun gen ein aus­

g ezeich n etes B eisp iel. Z ahlreiche R eak tionen w ässeriger L ösungen, d ie man früher m eist zu­

sam m enhanglos nebeneinander stellte , werden durch das Band dieser T h eorie unter ein h eitlich e G esich tsp u n k te zusam m engefaßt. D as ist zu bek ann t, als daß es n ö tig w äre, B e isp iele dafür anzuführen. E ine derartig um fassende T heorie aber so llte m. E . n ich t nur so n ebenbei als beleb en d e Z ugabe zu dem rein em pirisch zu gew in n en d en , unum stößlichen T atsachenm aterial g eg e b e n w er d e n ! D ie T heorie der elek trolytisch en D isso z ia tio n und n ich t m inder die A tom theorie sind h eu te zum V erständnis w issen sch a ftlich ­ ch em ischer Fragen unentbehrlich, das ganze L ehrgebäude der Chem ie baut sich auf ihnen a u f ; sie kommen n ich t nur in der Chemie, sondern auch in den N ach barw issenschaften als ganz selbstverständ liche H ilfsm ittel fo rtg ese tz t zur A nw end un g. W i e a b e r k a n n m a n d e n S c h ü l e r n d i e B e d e u t u n g u m f a s s e n d e r u n d w o h l b e g r ü n d e t e r T h e o r i e n b e s s e r v o r A u g e n f ü h r e n , a l s d a d u r c h , d a ß m a n s i e f o r t g e s e t z t a n w e n d e t , a l s d a ­ d u r c h , d a ß m a n d i e S c h ü l e r i h r e H a n d ­ h a b u n g l e h r t , d a ß m a n s i e i h n e n z u m j e d e r z e i t g e b r a u c h s f e r t i g e n H a n d ­

w e r k s z e u g g e s t a l t e n h i l f t . Mit diesem H ilfsm ittel au sgerü stet sollen die Sch üler in die L age v e r se tz t w erden, neue V ersuchsergebn isse unter allgem ein e G esich tsp u n k te unterzuordnen.

Am einfach sten S to ff sollen sie im K leinen üben, w as beim verw ick elten M aterial w issen sch a ft­

lich er U n tersu ch u n gsergeb n isse erst den A bschluß, die H öhe der E rkenn tnis b ed eu tet. „D ie T heorie is t das denkbar p rak tisch ste, die Q uintessenz der P ra x is“, sa g t B o l t z m a n n , und A r r - h e n i u s scln-eibt: „W ir hören auch recht o ft die A n sich t, daß ein e T h eorie w e n ig oder kein en W er t hat, w eil es m öglich sein könnte, eine andere T heorie auf anderer Grundlage auszu­

arbeiten. Das is t gerade so g esch eit, w ie wenn man ein In strum ent, das man b esitzt, w egw erfen w o llte , w eil es v ie lle ic h t m öglich sein könnte, ein b esseres In stru m en t aus anderem Material zu bauen, ohne zu w arten , b is es da is t und sch n eller oder b esser arb eitet als das a lte “ . U nd wa*um so llte n w ir die A tom theorie und die T h eorie der L ösungen durchnehm en, auf um ständlichem W e g e erarbeiten, um uns dieser vortrefflich en W erk zeu ge n ach her n ich t zu b e­

d ien en ? Darum bin ich ganz der A nsich t L ü p k e s : W enn die D issoziation sth eorie erst erarb eitet ist, dann m uß sie den ferneren L ehr­

sto ff auch durchdringen. V orgänge in w ässerigen E lek tr o ly t-L ö su n g e n z. B . sind dann durch Ion en gleich u n gen darzustellen und n ich t mehr anders. D as erachte ich als eine besonders

w ertvolle E igen tü m lich k eit des chem ischen U n ­ terrichts, daß er die B ed eu tu n g von H ypothesen und T heorien und ihre p rak tisch e A nw end un g so d eu tlich au fzuw eisen g e sta tte t. D ab ei können ja die Sch üler immer w ied er darauf h in gew iesen w erden, daß es nur H ilfsm ittel sind, die durch­

aus „nicht den C harakter einer absoluten W ah r­

h eit und G ew iß h eit haben m ü ssen “ und die von anderen T heorien a b g elö st w erden könn en , falls diese ein e lü ck en losere, einfachere und um fassen­

dere D arstellu n g der E rscheinungen erm öglichen.

E b en so u n rich tig w ie es ersch ein t, die h a u p t ­ s ä c h l i c h s t e n L e h r e n d e r a l l g e m e i n e n C h e m i e dem L ehrgang vorau szuschick en , was früher o ft geschah, ebenso verkehrt w äre es, w enn man diese D in g e erst nach dem A bschluß der anorganischen Chem ie in die Oberprima verlegen w o llte. W en n die T h eorie der Ionen z. B . und die Grundlehren der p hysik alisch en C hem ie g e istig e s Eigentum der Schüler w erden sollen , so m üssen sie an g ee ig n eten S tellen in den L eh rgan g eingefloch ten w erden, so m üssen sie sich dem L eh rstoff anschm iegen und der n achfolgende U nterrich t m uß darauf fußen, er muß die A n w end un g des früher G elernten sein.

Dann erst kom m t die p h ysik alisch e C hemie in ihrer allgem ein bildend en W irku ng zur G eltung, dann erst führt sie zur E n tlastu n g des L ehr­

stoffs, zur V erringerung des M em orierstoffs.

A u f diesem G r e n z g e b i e t e v o n C h e m i e u n d P h y s i k kann es m itunter z w e ifelh a ft sein, w as von dem P h ysik er und w as von dem Chemiker durchgenom m en w erden so ll. D er M angel an Z eit, der sich gerade durch die n euere A rt des U nterrich ts so sehr g elten d m acht, z w in g t uns, m it den Lehrern der P h ysik in stetig em Einvernehm en zu arb eiten, dam it k ein e Z e it durch B ehandlung einer und derselben Sache in beiden Fächern verloren g eh t. D er N ach w eis der K örperlich keit der Gase, die B e ­ stim m ung ihrer D ich te, die G asgesetze und m anches andere k önnen ohne w eiteres dem L ehr­

sto ff der P h ysik zu gew iesen w erden und im chem ischen U nterrich t im allgem einen vorau s­

g e s e tz t oder doch durch w e n ig e Fragen w ied er in d ie E rinnerung zurückgerufen w erden. D ie V orgänge bei der E lek tr o ly se w erden m. E.

besser vom Chemiker als vom P h ysik er b e­

handelt, denn das rein C hem ische sp ielt dabei doch die H au ptrolle. Jed en falls aber m üssen sich P h y sik - und C hem ielehrer darüber ein igen , w er etw a d ie F a r a d a y s e h e n G esetze exp eri­

m en tell einführen so ll, denn es hat doch keinen Sinn, die dazu erforderlichen um ständlichen V er­

suche zw eim al vorzuführen. D u rch verein barun gen kann h ier o ft H and in H and g e a r b e itet und v ie l Z eit gew on nen w erden.

D ie F rage, w elch e S te llu n g d i e G e s c h i c h t e d e r C h e m i e im chem ischen U n terrich te ein ­ zunehm en h at, is t in den le tz te n Jahren w ied er

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S. lös.

Un t e r i u c h t s b l ä t t e h. Jahrg . X V III. No. 6.

häufiger erörtert w ord en . D aß d ie B e sc h ä fti­

gu n g m it der G esch ichte der N atu rw issen sch aften für den Schüler n ich t nur anregend, sondern in hohem Grade allgem ein bildend und u nerläß­

lich zum V erstän d nis des S tandes unserer h eu tigen E rken n tn is ist, das ste h t j e tz t u n b estritten fest.

D och über die A rt und den U m fan g h istorisch er B etrach tu n gen geh en die M einungen vielfach noch auseinander. D a sind zunächst in fast allen Lehrbüchern der Chem ie b ein ahe h inter jed em E lem en t der N am e des E n tdeck ers und das E n tdeck un gsjah r an gegeb en . W a s habe ich davon, w enn ich w eiß , daß das Chlor im Jahre 1 7 7 4 von S c h e e l e , das Calcium 1808 von D a v y en td eck t, die Z u ck ersyn th ese von Em il F i s c h e r gefunden w orden ist, w enn ich die näheren U m stände n ich t k en n e, unter denen die E n td eck u n g erfolgte, w enn ich n ich t erfahre, m it w elch en H ilfsm itteln und von w elchem M enschen d ie E n td eck u n g h erb eigefüh rt w urde, und w enn ich n ich t lerne, w elch e B ed eu tu n g d ie E n td eck u n g für die w eitere E n tw ick elu n g der betreffenden W issen sch a ft oder eines Problem s oder für das m en sch liche D en ken überh aup t g e ­ h a b t h a t ! D iese nur für das G edächtnis b e­

stim m ten N otizen können 'also gerne aus den Lehrbüchern v er sc h w in d e n ; die w en ig en Schüler, die sie b eh alten w ürden, haben kein en bleibenden G ew inn davon, denn d ieses W issen is t H alb ­ w issen . D em gegen ü b er is t der alte V orschlag, den ganzen L eh rgan g der Chem ie h istorisch zu en tw ick eln , neuerdings von dem österreich ischen K ollegen B l o c h w ied er gem acht w orden. Nach ihm so ll der L eh rgan g anfangs eine k urzgefaß te G esch ich te der chem ischen Z eitalter und die A uffind un g der G rundgesetze bringen, dann aber die m eth od isch e D urchdringung des gesam ten L ehrstoffs m it S treiflich tern unter dem G esich ts­

p u n k t „E in st und J e t z t “. E inen ähnlichen W e g , der zu einer zusam m enhängenden U eb ersich t der ganzen G esch ichte der C hem ie führen soll, hat R e i t z im vorigen Jahre in der Z eitschr.

f. la tein l. höhere S chulen vorgesch lagen . D ie G lied erun g des L ehrstoffs ein zig und allein nach h istorisch en G esichtspu nk ten em pfiehlt sich g e ­ w iß da, w o sie sich zw an glos durchführen lä ß t.

D as is t aber in der Chemie k e in esw e g s überall m öglich, denn gar zu o ft komm en w ir doch sch n eller zum Z iele, w en n w ir einen einfacheren und d urch sich tigeren W e g einschlagen , der in p äd agogisch er H in sich t den V orzug verdien t.

F o r tg e s e tz te V ergleich e zw isch en „E in st und J e t z t “ w irk en zudem , w enn sie zu häufig kom m en, verw irren d, denn der S ch üler h at m it dem N euen noch zu sehr zu käm pfen, er ist m it dem S toff noch gar n ich t gen ü gen d vertraut und verw achsen, um A lte s und N eu es auseinanderhalten zu können, für ihn is t das A lte und das N eu e neu. W ir um fassen durch jah relan ge A rb eit den Grund­

sto ck des chem ischen W issen s einigerm aßen und

haben das B edürfnis, durch E indringen in den g esch ich tlich en W erd egan g unserer h eu tigen chem ischen E rkenn tnis unser W isse n noch zu vertiefen , zu b efestig e n und von höherer W arte zu ü bersehen. D ie se s B edürfnis is t aus den angeführten Gründen nur verein zelt b ei Schülern anzutreffen. D a r u m v e r w i r r e n w i r a u c h h i e r u n s e r e S c h ü l e r n i c h t d u r c h Z u ­ v i e l , s o n d e r n b e s c h r ä n k e n w i r u n s a u f d i e u m s o g r ü n d l i c h e r e D u r c h a r b e i t u n g d e r G e s c h i c h t e g a n z w e n i g e r g r u n d ­ l e g e n d e r P r o b l e m e . An M aterial fe h lt es uns da nicht, ich brauche nur an D a n n e ­ in a n n s a u sgezeich n etes W erk zu erinnern und einen A ufsatz von R u s k a im P äd agogisch en A rch iv vom vorigen Jahre zu erw ähnen, der die hierher geh örigen H ilfsm ittel, denen die O s t ­ w a l d sehen K lassik er h in zu g efü g t w erden m ögen, zusam m enfaßt.

In der c h e m i s c h e n T e c h n o l o g i e sch ein t m ir eine ähnliche B eschränkung er­

forderlich zu sein w ie in der G esch ichte der C hem ie. A uch auf diesem G eb iete findet man in den Lehrbüchern häufig nur kurze N otizen von gerin gem W er t oder aber eine U eb erfiille von Stoff, dessen B e w ä ltig u n g über die Z iele der S ch u le w e it hinau sgeh t. E in bekanntes L ehrbuch b eschreib t beinahe jed en tec h n o lo g i­

schen P rozeß ausführlich m it seiner ganzen A pparatur. P rof. H ö c k hat vor kurzem darauf h in g ew iesen , daß b isw eilen vier und m ehr V er­

fahren zur G ew inn un g des m etallisch en S ilbers an gefüh rt w erden. D as sc h e in t m ir v ie l zu w e it zu geh en , o b w oh l ic h für d ie m it dem praktischen L eben in B ezieh u n g steh en den F ragen, w ozu ich vor allem auch d ie p h y sio lo g isch en und h y g ie ­ nischen rechne, ein e rech t gründliche B erü ck ­ sic h tig u n g im chem ischen U n terrich t w ün sch te.

D enn n ü tzlich es, im p rak tisch en L eb en verw ert­

bares K önnen und W issen is t b ei den A bitu rienten der R ealvollan stalten als w ese n tlic h e r B estan d ­ te il ihrer allgem einen B ild u n g anzusehen. A ber auch hier h eiß t es im In teresse des A rb eits­

unterrichtes sich au f das A lle r w ic h tig ste b e­

schränken. M. E. g e n ü g t es, w en n man w en ig e tech n o lo g isch e P rozesse um fassender d arstellt.

D abei so ll der Sch üler aber seh en , w ie ganz anders ein chem ischer V organg in der T ech nik sich g e s ta lte t als im Laboratorium , w ie sin n ­ reich die A pparate dort in ein an dergreifen , w ie w ic h tig die O ekonom ie des V erfahrens ist, w elc h e R olle die N eb en p rod u k te sp ielen und w as für W er te die ch em ische In du strie schafft. E i n i g e g r o ß a r t i g e u n d m ö g l i c h s t t y p i s c h e c h e m i s c h e P r o z e s s e m ü s s e n a u f j e d e n F a l l e i n g e h e n d e r b e s p r o c h e n w e r d e n , n a t ü r l i c h m ö g l i c h s t s o l c h e , d i e m i t e i n e r B e s i c h t i g u n g v e r b u n d e n w e r d e n k ö n n e n . A ber au f die D arstellun g einzelner P ro zesse, w ie z. B. des H ochofen prozesses, m öch te

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1912. No. 6. De r c h e m i s c h e Un t e r r i c h t a n d e n Re a l a n s t a l t e n. S. 109.

ich ihrer hohen k u ltu rgesch ich tlich en und v o lk s­

w irtsch aftlich en B edeutu ng w eg e n auch dann n ich t verzich ten, w enn die B e sic h tig u n g einer en tsprechenden A nlage n ich t m öglich ist. In diesem F a lle m üssen eben g u te T afeln, L ich t­

b ild er und A n sch au u n gsm ittel aushelfen. Es is t aber durchaus ausreichend, w en n die Schüler der O berklassen den H ochofen prozeß, die Soda­

darstellun g, d ie S ch w efelsäurefabrikation, die G as- und Z uckerfabrikation kennen gelern t haben.

Für d ie U n terstu fe g en ü gen H ochofenprozeß und Gasfabrik. N atü rlich rich tet sich die A u s­

w ahl der P rozesse, die besprochen w erden sollen , auch nach der ortsan sässigen In du strie.

D aß gerade die B eh an d lu n g tech n ologisch er Fragen das E ingehen au f ihre v o lk sw irtsc h a ft­

lich e B ed eu tu n g und au f manche b ü r g e r k u n d - l i c h e G r u n d b e g r i f f e , w ie Syndikat, Patent, M u stersch u tz, g en eh m igu n gsp flich tige A n la g e , S p ren g sto ffg esetz u sw ., n a h eleg t, m ag nur neben­

b ei erw ähn t w erden.

P h y s i o l o g i s c h e , insbeson dere für Er­

nährung und G esunderhaltung des M enschen w ic h tig e Fragen verdienen, w ie schon hervor­

geh ob en , w eitg e h e n d e B e rü ck sich tigu n g. E ine ein geh en d ere B ehan dlun g dieser D in g e im ch e­

m ischen U n terrich t haben u. a. H e i n e c k und H ö c k in der letzten Z eit befürw ortet. W o b iologisch er U nterrich t auf der gleich en S tu fe neben dem chem ischen ein h ergeh t — h offen tlich is t das bald an allen R ealvollanstalten so — muß d ieser en tlasten d für die Chem ie eintreten.

D er W e r t p h ysiologisch er U n terw eisu n gen über w e n ig g ek lä r te E rsch einu ngen — und deren g ib t es auf d iesem G eb iete rech t v ie le — sc h e in t m ir m anchm al überschätzt zu w erden.

F ür v ie le p h y sio lo g isc h e D in g e b ild et die o r g a n i s c h e C h e m i e d ie unum gängliche G rundlage. S ie find et ihres klaren system atisch en A ufbau es, ihres th eoretisch en und prak tisch en B ild u n g sw ertes w eg en m it R ech t im m er m ehr B erü ck sich tig u n g au f der Schule. U eb er die Stoffab grenzun g scheinen hier kaum M einungs­

versch ied en h eiten zu b esteh en , w o h l aber über d ie A nordnung des S toffes, d. h. also über ihre m eth od isch e B eh an d lu n g im U nterricht. Aus M angel an Z e it m uß ich es mir versagen, auf d iese in teressan te F rage näher einzugehen, ebenso w ie ich den b eid en S tiefk in dern der Chemie, der M i n e r a l o g i e und G e o l o g i e , die m it R ec h t um einen P la tz an der Sonne kämpfen, in der zur V erfü gun g steh en den kurzen Z eit, eine ihrer B ed eu tu n g en tsprechende B ehandlung n ich t zu teil w erden lassen kann. V ielleich t w ird die S te llu n g dieser D iszip lin en zum ch e­

m ischen U nterrich t a u f einer späteren T agung unseres V erein s von berufeneren F achleuten einm al gründlich erörtert.

D i e D u r c h f ü h r u n g d e s s o g . p r a k t i s c h ­ h e u r i s t i s c h e n L e h r v e r f a h r e n s v e r l a n g t

a l s o a u f a l l e n G e b i e t e n ä u ß e r s t e E i n ­ s c h r ä n k u n g d e s L e h r s t o f f e s a u f d a s A l l e r w i c h t i g s t e z u g u n s t e n g r ö ß e r e r G r ü n d l i c h k e i t . „E xten siv B esch rän k un g, in ten siv a llse itig e D urcharbeitung“ sagt L ö w e n ­ h a r d t in seinem V ortrage vom Jahre 1 9 0 4 . In dem dritten von mir v o rg eleg ten L e it­

sätze habe ich gem eint, noch einm al besonders hervorheben zu sollen , daß die q u a l i t a t i v e A n a l y s e n ich t mehr den w esen tlich en B estan d ­ te il des L ehrstoffs der chem ischen Schüler- iibungen ausmachen kann. D as g e h t eig en tlich schon aus den L eitsätzen 3 und 4 und aus dem R eferat des Herrn P rof. L ö w e n h a r d t deutlich g en u g hervor und is t eine zu m eist anerkannte G randforderung. D och da sich von Z e it zu Z e it im mer noch w ied er Stim m en für eine stärkere B e to n u n g d ieses G eb ietes erheben,*) so sch ein t es mir w ich tig , daß d iese F orderung noch besonders u nterstrichen w ird. A u f eine B egrü nd un g kann ich w oh l verzich ten, die ist von berufeneren S eiten o ft und gründlich g en u g er fo lg t; gerade m ein sehr verehrter H err V or­

redner hat sich neben anderen in den le tz te n Jahren auf diesem G eb iete dauernde V erdienste um den chem ischen U n terrich t erw orben.

S ollen die p raktischen U eb u n gen das g e ­ ste c k te Z iel erreichen, so darf die Z a h l d e r u n t e r e i n e m L e h r e r a r b e i t e n d e n S c h ü l e r n ich t zu groß sein , denn dieser v erliert so n st d ie U eb ersich t über die P rak tik an ten und die F ü h lu n g m it dem einzelnen. D ie an gegeb en en Zahlen sind nach m einen Erfahrungen im a ll­

gem einen als M axim alzahlen anzusehen.

W enn sich die U ebungen dem U nterrich te einglied ern so llen und wenn z. B. häufig quan­

tita tiv e V ersuche auszuführen sind, so kom m t alles darauf an, daß sie in jed er B ezieh un g so r g fä ltig vorb ereitet w erden. W enn es nun auch an A nleitu n gen zum p raktischen A rbeiten n ich t feh lt, so w ird es doch kein gew issen h a fter Lehrer der C hem ie verantw orten können, von dem Schüler V ersuche ausführen zu lassen, die er n ich t se lb st bis in alle E in zelh eiten vorher erprobt hat. Und gerade die q uantitativen V ersuche stellen in d ieser H in sich t hohe A n ­ forderungen, die im mer w ied er von neuem an den Lehrer heran treten. D iesem erw äch st also durch d iese A rt des U nterrich tes eine gan z er­

h eb lich e M ehrarbeit. D aher ist es n ich t an­

g ä n g ig , daß er sich an den groß en Schulen auch noch m it rein m echanischen und technischen V orbereitungen für die U eb un gen , m it der R e ­ paratur, der R ein igu n g der A pparate und d ergl.

b efaß t. D ie dazu erforderliche Z e it g in g e der A u sgestaltu n g und D urcharbeitung sein es U n ­ terrich tes verloren, denn b eid es nebeneinander

*) Die persönliche A ussprache nach dem V ortrage h a t m ir dies von neuem b estätigt.

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