• Nie Znaleziono Wyników

Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 18, No. 4

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 18, No. 4"

Copied!
20
0
0

Pełen tekst

(1)

Jah rga n g X V III.

U nterrichtsblätter

1912. N o. 4.

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

Organ des Vereins zur Förderung des m athematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts.

B egründet u nter M itwirkung von B ernhard S ch w a lb e und F ried rich P ietzk er,

von diesem geleitet bis 1909, zurzeit herausgegeben von

Prof. Dr. A . Thaer,

Direktor der Oborrealsckule vor dem Holstentore in Hamburg.

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W . 57.

Redaktion: A lle fü r die R e d a k tio n bestim m ten M itteilu n g en und S en d u n g en w erden n u r an die Adresse des D ir. T h a e r , H am b u rg 36, erbeten.

V erein: A nm eldungen und B e itra g sz a h lu n g e n f ü r den V erein (6 Mk. Ja h re s b e itra g ) sind an den S chatzm eister, P ro fesso r P r e s l e r in H an n o v er, K ö n ig sw o rth erstraß e 47, zu rich ten .

Verlag: D er B e z u g s p r e i s fü r den J a h rg a n g von 8 N um m ern is t 4 M ark, f ü r einzolne N um m ern 00 P f. Die V erein sm it­

glied er e rh a lte n die Z e itsc h rift u n e n tg e ltlic h ; frü h ere J a h r ­ g ä n g e sin d d u rch den V erlag bez. ein e B u c h h d lg . z u b e z ie h e n . A n z e i g e n ko sten 25Pf. fü r die3-gesp. N o n n ar.-Z eile; hei A ufgabe h a lb e ro d . g a n z e r Seiten, sow ie bei W ied erh o lu n g en E rm ä ß ig u n g . — B e ilag e g eb ü h ren n ach U eb erein k u n ft.

Nachdruck der einzelnen Artikel ist, wenn überhaupt nicht besonders ausgenommen, nur mit g e n a u e r Angabe der Quelle und mit der Verpflichtung der Einsendung eines Belegexemplars an den Verlag gestattet.

In h a l t : U eber Vereinheitlichung der Bezeichnungsweisen in der M athem atik. Von Dr. W . L i e t z m a n n in Barm en (S . 61). — U eber einige Ergebnisse des Studiums der modernen Erdbebendiagram m e. V o n Dr. E . T a m s in H am burg (S . 64). Elem entare Ableitung der Leibnizschen R eih e für V o n Prof.

4:

M i l a r c h in Bonn (S . 71). — Klein ere M itteilungen [Zu r graphischen Diskussion der quadratischen Gleichung auf der M ittelstufe. V o n Dr. W . B ü c h e l in Ham burg (S. 72). — Nachtrag zu meiner M it ­ teilung in N r. 1 d. Ja h rg . Von B . K c r s t in Z w ickau (S . 72). — Zum großen Ferm atschen Satz. Von B r . N a g e l in W ilhelm shaven (S. 72)]. —- Vereine und Versammlungen [B e rich t über die 21. H au p t­

versammlung des Vereins in H a lle a. S. V o n Pro f. D r. A . W i t t i n g in Dresden (S . 72). — Teilnehm er­

liste (S. 77)]. — Bücherbesprechungen (S. 78). — Z u r Besprechung eingetroffene B üch er (S . 80). — Anzeigen.

U eb er V e r e in h e itlic h u n g der B e z e ic h n u n g sw e ise n in der M athem atik.

V o n W . L i e t z m a n n (Barm en).

V ortrag auf der 21. Hauptversam mlung des Vereins in H a lle a. d. S.

W enn ich heute hier einer Aufforderung des H errn Vorsitzenden unseres Vereins folgend über V e r e i n h e i t l i c h u n g d e r m a t h e m a ­ t i s c h e n B e z e i c h n u n g s w e i s e spreche, so werde ich vielleicht einer großen Anzahl von Ihnen m it meinen Ausführungen eine kleine Enttäuschung bereiten. Viele werden Vorschläge erwarten, w e l c h e Zeichen, w e l c h e A b ­ k ü r z u n g e n , w e l c h e S c h r e i b w e i s e n zu benutzen sind, und welche nicht. Ich fürchte aber, daß, ganz gleichgültig, welche W ahl ich treffe, eine etw a dem Vortrage nachfolgende Diskussion darüber, ob Tangens mit tan, tg oder tang abgekürzt werden soll, oder ob man die M ittellinie im Dreieck ma oder t„ nennen soll, vollkommen uferlos werden würde.

Ich möchte daher heute nur auf die Frage eingehen, i n w e l c h e m U m f a n g e man eine Vereinheitlichung der mathematischen Bezeich­

nungsweise im U nterrichte fordern kann und soll, und dann, w e l c h e G r ü n d e für eine

W ahl zwischen verschiedenen Vorschlägen in B etracht kommen möchten.

Zunächst aber eine V orfrage! Is t es denn tatsächlich n ö t i g , daß w ir uns in den Schulen neue von manchen unliebsam empfundene Fesseln schaffen, daß wir möglicherweise sogar Regle­

mentierungen das W o rt reden. — An und für sich kann der freie M athem atiker Begriffe und Symbole definieren wie er will, unbekümmert um die Gewohnheiten seiner M itmathem atiker.

Aber andererseits liegt es im W esen wie j e d e r

so auch der m a t h e m a t i s c h e n Sprache, daß

nicht jedermann seine eigene Sprache, ja auch

nur seinen eigenen D ialekt spricht. Das Ideal

ist ein m athematisches Esperanto, darin sind

sich wohl alle M athem atiker einig. — W enn

jem and die Summe von a und b in der Form

ab schreiben wollte, so ist ihm m it logischen

Gründen nicht beizukommen, man würde ihn

aber nicht ernst nehmen — und wenn in einer

Program m arbeit über die Differentialrechnung

vom Jah re 1907 der Differential q u o t i e n t der

Funktion f ( x ) systematisch m it d f ( x ) geschrieben

wird, so kann man eigentlich nur m it dem

Kopf schütteln. — Ein Buch, das nur bei ganz

wenigen Symbolen von der dem Leser vertrauten

Schreibweise abweicht, liest sich schwer, man

(2)

S. 62.

U n t e r r i c h t s b l ä t t e r .

Jahrg. X V III. No. 4.

muß sich erst „einiesen“ — das geht einem schon m it englischen Schulbüchern so. Es gibt ja Fälle genug, in denen die Verschiedenartig­

keit der Schreibweise keine Schwierigkeiten für das Verständnis m it sich führt — wohin man auch die Basis b setzt, man versteht doch

b

gleich, was mit lo g V , lo g « , 4log n, fWlog «,

„log«, logw fl, log a(b) gemeint ist. Aber es gibt andere Fälle, bei denen M ißverständnisse an der Tagesordnung sind, also wenn z. B. die alte, aber noch immer nicht ausgestorbene In ­ rechnung 24 : 4S0 schrieb und damit das meinte, was wir m it 480 : 24 ausdrücken.

Aus alledem — und ich könnte, zumal wenn ich auf die pädagogische Seite der Frage ein- gehen wollte, leicht mehr Gründe beibringen

— geht hervor, daß eine Regelung der Frage geboten erscheint. Es schadet nichts, wenn die natürliche Zuchtwahl durch die künstliche ein wenig beschleunigt wird. — Ansätze dazu sind da. Bekanntlich sind in Deutschland durch Reichsgesetz die Maße und Gewichte festgesetzt und eine Verfügung des Unterrichtsm inisters ordnet in Preußen die Schreibung der Ab­

kürzungen genau an. W ichtig sind besonders die allgemeinen Bestimmungen, daß der Ab­

kürzungspunkt w e g f ä l l t , und daß als Dezi­

malzeichen das K o m m a gilt — in Oesterreich ist es bekanntlich ein P u n k t in halber Zeilen­

höhe.

Viel w eiter als diese Festsetzungen gehen die Vorschläge des seit 1907 arbeitenden sog.

A E F. Es ist das ein Ausschuß für Einheiten und Forraelgrößen, der von etwa einem Dutzend großer m eist technischer Vereine Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz eingesetzt ist.

U nter seinen im E ntw urf befindlichen Vor­

schlägen finden sich auch zwei umfangreiche L isten: die eine zählt die in physikalischen Formeln üblichen Buchstabenbezeichnungen auf, also z. B.

1

für Länge,

m

für Masse,

t

für Zeit, die andere stellt 42 mathematische Zeichen und Operationssymbole zusammen.

Es handelt sich hierbei, rein äußerlich ge­

sprochen, um die Typen, die der Drucker im mathematischen Satz brauchen soll, und die beim Schreiben m athem atischer Ausdrücke nachgeahmt werden. Es werden also die Typen <5, d, d und

£ bei Variationen, Differentiationen und Diffe­

renzen, = und eee bei Gleichheitszeichen und dergl. aufgeführt. Meistens herrscht ja Ein­

stimm igkeit bei der W ahl des Zeichens. Aber manchmal g ilt es doch auch schon hier eine Entscheidung treffen. F ür » angenähert gleich « sind zwei Zeichen üblich — und Soll man für ähnlich und kongruent ~ und ^ oder ^ und oo schreiben — im letzten Fall ist das liegende S nicht wie im ersten Fall in Spiegel­

schrift geschrieben. Als Zeichen für »folglich«

ist bei uns ein langer Strich quer unter die bisherige Ausführung ü b lich ; ist nicht die Ein­

führung des englischen .•. erw ägensw ert?

H ier schließt sich auch die Frage an, w a n n soll man die Symbole schreiben und wann nicht.

Ist der' Satz »die A A sind g estattet?

D arf man — was manche ablehnen — auch im T e x t A A B C schreiben?

Ich wende mich nun der B e z e i c h n u n g g e w i s s e r G r ö ß e n u n d G r ö ß e n a r t e n d u r c h g a n z b e s t i m m t e B u c h s t a b e n und B u c h s t a b e n a r t e n zu. P unkte werden mit großen lateinischen, Strecken m it kleinen la­

teinischen, W inkel m it kleinen griechischen Buchstaben bezeichnet — daneben noch in be­

stim m ter anderer W eise. Solche Dinge gehören hierher. N icht wenig ist hier zu berücksichtigen ; wird man doch z. B. auch die Bezeichnungs­

weise in der darstellenden Geometrie hier m it­

nehmen müssen.

W eiter sind daun stereotype Bezeichnungen gewisser konstanter W erte wie

tt

,

c

, i usf. zu nennen; gewisse mathematische Größengattungen wie r, p (Parabelparam eter), a und b (bei E l­

lipse und Hyperbel) und vieles mehr.

Freilich ist gerade hier eine W arnung vor dem Zuviel am Platze. W enn immer die un­

abhängige Variable m it x, die abhängige m it y bezeichnet wird, dann is t der Schüler zunächst sprachlos, wenn er den W eg s nach der Zeit t differenzieren soll.

Ein drittes großes Gebiet sind die R e c l i e n - s c h e m a t a . W ie schreibt man ein M ultipli­

kationsexempel, erst den M ultiplikandus oder erst den M ultiplikator? W erden die unterein­

ander gereihten Teilsummen nach rechts oder nach links eingerückt? W ir betreten da ein sehr um strittenes Gebiet. Die Frage, ob sog.

norddeutsche oder sog. süddeutsche oder öster­

reichische Subtraktion und Division vorzuziehen sei, gehört hierher — eine R undfrage an deut­

schen Seminaren vor einem Jah re h at fast ge­

nau ein Stimmenverhältnis 1 : 1 ergeben.

Auch hier wieder sollte man meiner Meinung nach in der Schem atisierung nicht zu w eit gehen

— von der allgemeinen Festlegung der Rechen­

schemata beim logarithm ischen oder trigono­

metrischen Rechnen würde ich dringend abraten.

Schließlich kommt für die Bezeichnungs­

weisen noch ein viertes Gebiet in F rag e: die N a m e n für die arithm etischen, algebraischen, geom etrischen Gebilde. H ier spielt die H aupt­

rolle der G esichtspunkt der Verdeutschung von Frem dw örtern.

W ir haben die verschiedenen Aufgaben kennen gelernt, m it denen sich die Vereinheit­

lichung der m athematischen Bezeichnungsweise

auseinander zu setzen hätte. Es ist ein W ort

darüber hinzuzufügen, welche G e b i e t e d e r

M a t h e m a t i k in B etracht zu ziehen sind. Es

(3)

1 9 1 2 .

No.

4 . Ü b e r Ve r e i n h e i t l i c h u n g d e r Be z e i c h n u n g s w e i s e n i n d e r Ma t h e m a t ik.

S.

6 3 .

erscheint aussichtslos, die Hochschulmathematik

m it einzubeziehen. Die Dinge sind da zu sehr in Entwicklung, Umbildung und Neubildung begriffen. Der Versuch, die Vektorschreibweise festzulegen, zeigt die Schwierigkeiten.

Es wird also durchaus Beschränkung auf die Elem entarm athem atik geboten sein, darunter diejenigen Teile der M athematik verstanden, die für die allgemeinbildenden Schulen in Be­

trac h t kommen können.

Ich möchte den Begriff ausdrücklich so w eit fassen. Man sollte sicli nicht m it den Gebieten begnügen, die heute unumschränktes B ürgerrecht in den höheren Schulen haben, sondern auch solche hinzunehmen, bei denen die Zustimmung aller noch zweifelhaft, vielleicht sogar sehr zweifelhaft ist. Also sicher gehören hierher die Grundlehren der Infinitesimalrechnung, aber auch die einfachsten Dinge aus der Geo­

m etrie der Lage, oder die Schreibung der D e­

term inanten usf. U eberhaupt wird die Hoch­

schulmathematik insow eit zu berücksichtigen sein, als Namen und Bezeichnungen der Ele­

mentarm athem atik nicht m it solchen der rein wissenschaftlichen M athematik in W iderspruch stehen dürfen. Ein bekanntes Beispiel sind die

»algebraischen« Zahlen, die in der Wissenschaft W urzeln einer algebraischen Gleichung, in der Schulmathematik »relative« Zahlen bedeuten.

Dann aber noch eins, was mir außerordentlich w ichtig erscheint. W ir sollten die Vereinheit­

lichung n i c h t auf die höheren Schulen be­

schränken. Die V o l k s s c h u l e muß mit. Diese Unterschiede zwischen der mathematischen Sprache der Volksschule und der höheren Schule — ich erinnere nur an das M ultipli­

kationszeichen — müssen verschwinden.

Nun zu dem schwierigsten und doch eigentlich wichtigsten Problem, n a c h w e l c h e n G r u n d ­ s ä t z e n soll man die Entscheidung bei der W ahl der Bezeichnungsweisen treffen. Zunächst muß natürlich oberstes Gesetz se in : überall da, wo die Gewohnheit bereits eine eindeutige E n t­

scheidung getroffen hat, ist ihr Rechnung zu tragen. Versuche, individuelle Eigenheiten zur Geltung zu bringen, sind abzulehnen. — Aber trotzdem wird eine Fülle strittig er Bezeich­

nungen bleiben. W onach soll man sich da richten?

Ein Vorschlag, der zunächst sehr plausibel klingt, ist der, die Entscheidung durch die S t a ­ t i s t i k herbeizuführen. Aber welche Grund­

lagen soll man nehmen? Soll man nach der Zahl der Lehrbücher gehen, die der einen oder anderen Schreibart folgen? Soll man eine Rundfrage veranstalten ? Aber es kommt doch auf das G e w i c h t der Stimmen an?

Man untersucht die Frage einfach h i s t o r i s c h , sagt mir ein anderer; welche Bezeichnung hat die P rio ritä t? Aber soll man wirklich sich für

x oder --- entscheiden, je nach dem A lter der d y

dx ’ J

Bezeichnung? Und wenn E u l e r in seiner für die Symbolik der Trigonom etrie wichtigen A rbeit vom Jah re 1729 für den Tangens neben­

einander tang, tag, tg, tng gebraucht, was soll man nun da wählen?

Auch wenn man nach den für Abkürzungen allgemein in der deutschen Sprache geltenden Regeln sich richten wollte, ist das Ergebnis ein negatives. Es gibt da zwar eine Reihe von Gewohnheiten — im Buchdrucker- D u d en und in den Abkürzungsbestimmungen der B e­

hörden sind sie gesammelt — aber keine all­

gemein verbindlichen Regeln wie etw a für R echt­

schreibung und Zeichensetzung. Und das eine Gesetz, was da ist, nach der Abkürzung einen P unkt zu setzen, gerade das befolgen wir in der mathematischen Symbolik nicht.

Gewisse Bedingungen für die W ahl der Bezeichnungen ergeben sich aus d r u c k t e c h ­ n i s c h e n G r u n d s ä t z e n . Wenn in l o g « die Basis b unter das l oder o geschrieben werden soll, so m acht das dem Setzer Schwierigkeiten.

In manchen Fällen spielt die A u g e n h y g i e n e eine Rolle. W ill man ein Halb m it wagerechtem Bruchstrich schreiben, so muß man entweder kleinere L ettern wählen, oder man muß bei L ettern von üblicher Größe weitere Zwischen­

räume zwischen den Zeilen lassen. Aus diesem Grunde wird in nicht rein-mathematischen W er­

ken, aber auch fast durchweg in Volksschulrechen- büchern der s c h r ä g e Bruchstrich dem w a g e ­ r e c h t e n vorgezogen. Zu den drucktechnischen Bedingungen ist auch das Streben nach einer gewissen A esthetik der Zeichen zu rechnen.

Die wichtigste Forderung, die an die Be­

zeichnungsweise gestellt werden muß, ist die E i n d e u t i g k e i t . M ißverständnisse dürfen nicht möglich sein. Freilich wird dieser Grund­

satz heute mehrfach durchbrochen. / bedeutet die Zeit und die Tem peratur, für die imaginäre E inheit hat der E lektrotechniker j vorgeschlagen, weil bei ihm i die Strom stärke bedeutet. Be­

denklicher für den M athematiker ist z. B. die zweifache Bedeutung des Begriffes »W urzel«, W urzel einer Gleichung und W urzelausdruck:

daß und — Operationszeichen sind und außerdem die positiven und negativen Zahlen charakterisieren, hat schon manchem Schüler Kopfschmerzen gemacht. — Aber das sind Ausnahmen, die durch die Gewohnheit so sehr geheiligt sind, daß eine neue Festlegung der Bezeichnungen kaum dagegen an könnte. —

Dagegen möchte ich, auf die Gefahr hin, W iderspruch zu begegnen, eine andere Forderung aus dem Eindeutigkeitsprinzip herleiten, tg läß t sich m it t ■ g, l g m it l ■ g zu leicht ver­

wechseln, deshalb möchte ich für Funktionsab­

kürzungen stets möglichst drei Buchstaben wählen.

(4)

S. 64.

Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg. XVIII. No. 4.

Uebrigens wird man m eist auch mit drei Buch­

staben auskommen, soweit es sich nicht um Zusammensetzungen von Bezeichnungen handelt, bei denen man dann zweimal drei Buchstaben nötig hat, wenn nicht etwa noch weitere Ab­

kürzungen Platz greifen. Es laß t sich sogar für die Elem entarm athem atik die weitere F est­

setzung, jew eilig die drei ersten Buchstaben zu wählen, fast vollständig durchführen. Also sin, cos, tan, cot, log, num, lim und w eiter arc sin, log nat usf., soweit man nicht häufig gebrauchte Funktionsbezeichnungen noch mehr abkürzt. Ich bin eigentlich nur auf ein Gegenbeispiel ge­

stoßen, nämlich den cosec, aber der ist ja so­

wieso fast von der Bildfläche verschwunden.

Ich habe m it diesen Schlußbemerkungen schon meinen Vorsatz vergessen, Ihnen nicht mit Einzelvorschlägen zu kommen. Ich darf Ihnen wohl mitteilen, daß der Deutsche Ausschuß für den mathematischen und naturwissenschaftlichen U nterricht m it der Ausarbeitung von Vorschlägen zur Vereinheitlichung der mathematischen Be­

zeichnungsweise für das preußische U nterrichts­

ministerium beschäftigt ist. Der Deutsche Aus­

schuß hat eine Kommission eingesetzt, die morgen hier in Halle eine Sitzung hat. W enn Sie also in eine kurze E rörterung der Frage eintreten wollten, so würde das den Arbeiten der Kom­

mission nur förderlich sein.

U eb er e in ig e E rg e b n isse des S tu dium s der m od ern en E rdbebendiagram m e.

V o n Dr. E . T a m s (Ham burg).

U nter einem Erdbebendiagramm oder S e i s - m o g r a m m kann man allgemein die auf ein Erdbeben zurückzuführende Aufzeichnung eines auf die horizontale oder vertikale Komponente der Bodenbewegung reagierenden Pendelapparates verstehen. Zusammenfassend bezeichnet man die für die Registrierung der horizontalen Kom­

ponente konstruierten Apparate als H o r i z o n ­ t a l s e i s m o g r a p h e n und stellt diesen die für die vertikale Komponente bestimmten V e r t i k a l ­ s e i s m o g r a p h e n gegenüber. Ohne hier im einzelnen auf die instrum entelle Seite eingehen zu wollen, sei indessen einleitend zur Orientie­

rung über den Vorgang und die A rt der Auf­

zeichnung noch das Folgende bemerkt.

Die wichtigsten Typen der H o r i z o n t a l ­ s e i s m o g r a p h e n werden vertreten durch das V e r t i k a l p e n d e l (Drehungsachse horizontal, Schwingungsebene vertikal), das H o r i z o n t a l ­ p e n d e l (Drehungsachse fast vertikal, Schwin­

gungsebene fast horizontal) und das u m g e ­ k e h r t e , a s t a t i s c h e P e n d e l , bei dem der Schwerpunkt über dem U nterstützungspunkt liegt und die bei Abwesenheit von Störungen im labilen Gleichgewicht befindliche Pendelmasse durch Druck bezw. Zug elastischer, m it dem Gerüst verbundener Federn astasiert wird.

Allgemein kann bei horizontalen Boden­

schwingungen von Perioden, die gegenüber der Eigenperiode des Apparates sehr kurz sind, der Schwingungsm ittelpunkt, dessen Abstand von der Drehungsachse gleich der dem Seismographen als Vertikalpendel entsprechenden äquivalenten Pendellänge ist, als stationär b etrach tet werden ; und es kommen die Bewegungen des R egistrier­

werks, dessen Verbindung m it der Erde als starr anzusehen ist, gegenüber diesem in Ruhe verharrenden Punkt zur Aufzeichnung. Da es sich um Bodenverschiebungen handelt, welche der Größenordnung nach vielfach nur Yiooo bis l/ l0 Millimeter betragen und einige Millimeter selten erreichen, so muß naturgem äß eine starke V ergrößerung angewandt werden. W achsen die Perioden, so gerät auch die Pendelmasse in Bewegung, und den durch die Verschiebungen des Erdbodens erzwungenen Schwingungen super- ponieren sich die Eigenschwingungen des Appa­

rates. Theorie und Erfahrung haben aber ge­

zeigt, daß durch die Eigenschwingungen das eigentliche Seismogramm völlig verw ischt werden kann, indem der Apparat vorzugsweise auf die in der Nachbarschaft seiner Eigenperiode liegen­

den Perioden der Bodenschwingungen reagiert.

Diesem Uebelstand ist nun durch Anbringung einer Dämpfungsvorrichtung (Luftdämpfuug, m agnetische Dämpfung u. a.) abzuhelfen; da­

durch wird die Eigenbewegung des Pendels bald unterdrückt und eine gleichmäßigere Ver­

größerung für die verschiedenen Perioden im Seismogramm erzielt. T räg t man gleichzeitig Sorge, die dabei beeinträchtigte Empfindlichkeit wieder auf andere W eise zu erhöhen, so kann man mit großem Nutzen die Dämpfung sogar bis zur Grenze der A periodizität treiben.

Bei einem V e r t i k a l s e i s m o g r a p h e n ist die Pendelmasse so anzubringen, daß sie in vertikaler R ichtung sch w in g t; zu diesem Zwecke muß die W irkung der Schw erkraft irgendwie durch elastische Federn aufgehoben werden.

Ueber die W irkungsweise dieser A pparate gelten Betrachtungen, die den soeben bei den H orizontal­

seismographen angestellten Ueberlegungen ganz analog sind.

Eine strenge Theorie h at neben den P arallel­

verschiebungen auch die Neigungsänderungen des Bodens zu berücksichtigen. F ü r die Praxis der Auswertung von Fernbebendiagrammen er­

gib t sich aber, daß die Neigungen vernach­

lässigt werden können.

Die A u f z e i c h n u n g kann auf zweifache W eise, m e c h a n i s c h oder o p t i s c h , erfolgen.

Da bei der ersten A rt infolge m ehrfacher Hebel-

Ubertragungen und der Schreibung in Ruß oder

mit Tinte merkliche Reibungswiderstände auf-

treten, so müssen zur Ueberwindung derselben

große Pendelmassen angewandt werden. Bei

der optischen R egistrierung ist dies nicht er­

(5)

1 9 1 2 . N o . 4 . Er g e b n i s s e d e s St u d iu m s d e r m o d e r n e n Er d b e b e n d ia g r a m m e. S. 6 5 .

forderlich. H ier fällt von einer feststehenden

Lichtquelle ein Lichtstrahl auf den am Pendel angebrachten Spiegel, der ihn durch Reflexion auf photographisches P apier w irft; die Ver­

größerung h äng t in diesem Falle von der Länge des reibungslos arbeitenden Lichtzeigers ab.

Von besonderem Interesse ist die sogenannte g a l v a n o m e t r i s c h e R e g i s t r i e r m e t h o d e : die Pendelbewegungen werden dadurch, daß am Pendelarm befestigte Induktionsspulen zwischen den Polen zweier permanenter, hufeisenförmiger Magnete schwingen, in elektrische Ströme um­

gesetzt, die daun durch ein Galvanometer optisch zur Aufzeichnung gelangen. Es sind dabei in der T at die Bewegungen des Galvanometers nur die Folge der Pendelschwingungen, und die w irklich erfolgte Bodenbewegung kann wie bei den anderen Methoden unter Annahme periodi­

schen Verlaufs exakt berechnet werden. Dieses Verfahren lä ß t eine besonders hohe Vergrößerung zu und wird daher auch in Verbindung mit stark gedämpften (aperiodisch gemachten) Seis­

mographen gebraucht.

Um die Z e i t zu erhalten, können z. B. bei der mechanischen Registrierung die Schreibarme etw a jede Minute autom atisch von dem mit konstanter Geschwindigkeit durch ein Uhrwerk bewegten P apier abgehoben werden, so daß

„M inutenlücken“ entstehen, die abzuzählen sind.

Bei der Lichtschreibung werden diese Lücken durch Abblendung der Lichtquelle hervorgerufen.

^

Aus dem in Figur 1 abgebildeten Schema eines Seismogramms von O m o r i erkennt man das Auftreten verschiedener Phasen im Laufe der Aufzeichnung. Die Teile a b und b c des bei a einsetzenden Seismogramms werden als erste und zweite Vorphase bezeichnet; bei c be­

ginnt die bis d3 reichende Hauptphase m it dem Maximum der Bewegung und in dem Teil da c, der Endphase, klingen die Bodenschwingungen allmählich aus. Die Hauptphase kann nach der Periode ihrer W ellen vielfach noch, wie ange­

deutet, in* U nterabteilungen zerlegt werden.

In Uebereinstimmung m it den Lehren der E lastizitätstheorie wurde man nun bald dazu geführt, die kurzperiodischen W ellen der beiden Vorphasen, die ersten und zweiten Vorläufer, im wesentlichen als longitudinale und transver­

sale W ellen, welche ihren W eg unabhängig von­

einander durch den E rdkörper nehmen, zu deuten.

Die voraneilenden Longitudinalwellen bilden die erste V orphase, und das Eintreffen der eine geringere Geschwindigkeit besitzenden Trans­

versalwellen zeigt den Beginn der zweiten Vor­

phase an. In der H auptphase handelt es sich dagegen namentlich um langperiodische Wellen, welche an der Oberfläche entstehen und auf ihr entlang eilen. Die W ellen der Maximalbewegung besitzen eine konstante Geschwindigkeit von etw a 3,4 km s e c —1. Bezüglich der Vorläufer ergab sich, daß ihre „Oberflächengeschwindig­

k e it“, welche man erhält, wenn man die Zeit von ihrer Auslösung im Erdbebenherd bis zu ihrem Eintreffen an einem Observatorium in die längs der Oberfläche gemessene Entfernung dieses Observatoriums vom Herd teilt, m it dieser Entfernung wächst. Das kann nur dadurch erklärt werden, daß die Wellen der Vorphasen sich nicht an der Oberfläche entlang fortpflanzen, sondern durch das Erdinnere gehen auf Strahlen, welche ihre konvexe Seite dem E rdm ittelpunkt zuwenden. Ihre wirkliche Geschwindigkeit auf dem von ihnen eingeschlagenen W ege ist eine Funktion der Tiefe und wächst mit dieser ent­

sprechend der Aenderung der Dichte- und E lastizitätsverhältnisse innerhalb der Erde. Die Vorläufer gelangen durch um so tiefere Schichten, je w eiter der P un kt der Erdoberfläche, an dem sie wieder hervortreten, vom Bebenherd ent­

fernt i s t ; die von ihnen beschriebenen „E rd­

bebenstrahlen“ sind nichts anderes als durch das Brechungsgesetz beschriebene Brachystochronen.

Auf Grund dieser Sachlage gewinnen die L a u f ­ z e i t e n , d. h. eben diejenigen Zeiten, welche

die W ellen benötigen, um vom Herd zu irgend­

einem P u n k t der Erdoberfläche zu gelangen, besondere B edeutung, und es ist gegen- w ärtignoch eine wichtige Aufgabe, die Abhän­

gigkeit der Laufzeit von der Entfernung für die verschiedenen Phasen oder die Laufzeit-

■ funktionen möglichst genau zu erm itteln.

Zur Lösung dieser Aufgabe ist es nötig, in geeigneten Fällen Ausgangspunkt und E in tritts­

zeit eines Bebens zu bestimmen und die an den einzelnen Stationen gewonnenen Seismogramme hinsichtlich ihrer Phasen zu analysieren. W as den letzten P u nk t betrifft, so setzt er einwands­

frei funktionierende A pparate und einen exakten Zeitdienst voraus; bei g u t ausgeprägten Auf­

zeichnungen w ird Sekundengenauigkeit durch­

aus verlangt. An Stelle des Herdes, des H y p o ­ z e n t r u m s , kann man, da die H erdtiefe im allgemeinen vernachlässigt werden darf, den senkrecht über dem Herd an der Oberfläche gelegenen M ittelpunkt des Schüttergebietes, das E p i z e n t r u m , setzen, dessen Lage vielfach hinreichend genau aus den direkten W ahrneh­

mungen über die In ten sität der Erschütterung zu erschließen ist. Größere Schwierigkeiten bereitet die E rm ittlung der E intrittszeit des Bebens im Epizentrum aus unmittelbaren Zeit­

beobachtungen. Man gelangt im allgemeinen schon je tz t zu besseren R esultaten, wenn man

Fig. 1. Typisches Seismogramm nach Omori.

(6)

S. 66. U

N TEK RICHTSBLÄTTER.

Jahrg. XVIII. No. 4.

von den Registrierungen der Erdbebenstationen ausgeht unter Benutzung der bisher gewonnenen Kenntnisse über die Ausbreitungsgeschwindigkeit der einzelnen W ellenarten. W ir werden w eiter unten von den Methoden hören , welche eine rechnerische Bestimmung des Epizentrums aus den Seismogrammen gestatten und gleichzeitig auch die E intrittszeit des Bebens ergeben. Be­

züglich des Epizentrum s darf freilich nicht über­

sehen werden, daß die Fiktion eines Punktes eine in der W irklichkeit nicht ganz zutreffende Voraussetzung ist, da es sich hier immer um ein mehr oder weniger ausgedehntes und ver­

schieden gestaltetes E pizentralgebiet handeln wird.

Um die Laufzeitfunktion abzuleiten, kann man nun rechnerisch oder graphisch Vorgehen.

Man nimmt an, daß in erster Annäherung die Laufzeiten T und die Entfernungen A durch eine Gleichung zweiten Grades T — a -f- b A + c A 2 m iteinander verbunden sind und sucht die noch unbekannten Koeffizienten a, b, c aus solchen Gleichungen zu bestimmen, für welche die zu­

sammengehörigen W erte von T und A bereits bekannt sind; oder man trä g t diese W erte T und A in ein rechtwinkliges Koordinatensystem ein und zeichnet die resultierende Kurve. In F igur 2 sind in verkleinertem Maßstab die von

W i e c h e r t - Z o e p p r i t z entworfenen Laufzeit­

kurven für die ersten und zweiten Vorläufer w iedergegeben; sie wurden auf Grund der Be­

obachtungen über das indische Beben vom 4. April 1905, das kalabrische Beben vom 8. Sep­

tem ber 1905 und das kalifornische Beben vom 18. April 1906 konstruiert, tragen aber noch vorläufigen C harakter, wie gerade neuere U nter­

suchungen wieder gezeigt haben. Es sind zur­

zeit noch nicht alle theoretischen und p ra k ti­

schen Schwierigkeiten überwunden, um im ein­

zelnen exakte Laufzeitkurven entwerfen zukönnen;

doch stellen die abgebildeten Kurven immerhin eine sehr gute Annäherung an die wirklichen Verhältnisse dar.

Da die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Longitudinalwellen größer ist als die der T rans­

versalwellen, so muß um gekehrt die Laufzeit der ersten Vorläufer stets kleiner sein als die der zweiten Vorläufer, und die Differenz ist wie die Laufzeiten selbst eine Funktion der E n t­

fernung. Hierauf beruht die Möglichkeit, nach einem Seismogramm anzugeben, wie w eit das E pizentralgebiet des Bebens von der betreffen­

den Station entfernt liegt, oder die E p i z e n t r a l ­ d i s t a n z zu erm itteln. Man hat zu diesem Zwecke nur die Dauer der ersten Vorphase, d. h. die Zeit, um welche die zweiten Vorläufer später als die ersten Vorläufer eintreffen, zu bestimmen und aus den Laufzeitkurven die zu dieser Zeitdifferenz gehörige E ntfernung abzu­

lesen; beide Größen wachsen miteinander. So kann man mit Hilfe von wenigstens drei S tatio­

nen unter Benutzung der sphärisch-trigono­

metrischen Formel für die Entfernung zweier E rdorte die geographischen Koordinaten des Epizentrums berechnen. Durch Subtraktion der Laufzeit der ersten Vorläufer von der Zeit des Beginns der Aufzeichnung ergibt sich schließlich ohne weiteres auch die E in trittszeit des Bebens im Epizentrum. Infolge der dem Verfahren, nach welchem die Epizentraldistanzen aus den Seismogrammen abgeleitet werden, sowie den Beobach­

tungen selbst anhaftenden F ehler w ird man indessen in der Praxis mehr als das zur Lösung erforderliche Minimum von Daten verwenden und die Gleichungen dann nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate behandeln.

Eine graphische Methode (E.

R o s e n t h a l , 0. K l o t z ) fü hrt schneller zum Ziel.

Man bedient sich dabei der stereographischen Projektion, die eine einfache Lösung dadurch ermöglicht, daß durch sie jeder Kreis auf der Erde wieder als Kreis (bezw. Gerade) abgebildet wird.

Die F o rtschritte in der K onstruktion der Seismographen und in der A usarbeitung der R egistrierm ethoden ermöglichen es aber auch, bei m arkanten Seismogrammen aus einem Ver­

gleich der Größe der ersten Ausschläge in der Ostwest- und in der Nordsüd-Komponente der

Laufzeitkurven der ersten und zweiten V o rläufer nach Wiecbert-Zoeppritz.

(7)

1912. No. 4.

E r g e b n i s s e d e s S t u d i u m s d e r m o d e r n e n E r d b e b e n d i a g r a m m e .

S. 67.

Horizontalbewegung die Richtung, aus der die W ellen angekommen sind, also das A z i m u t des Epizentrums in bezug auf die Erdbeben­

station, recht genau zu bestimmen ( F ü r s t B.

Ga l i t z i n ) . Die noch übrigbleibende Zweideutig­

keit, ob es sich bei dem ersten Einsatz der Longitudinalwellen um einen Stoß vom Herde her (Kondensation) oder um einen Zug nach dem H erde hin (Dilatation) handelt, kann, da die W ellen infolge ihres W eges durch den Erdkörper auch immer eine m ehr oder weniger ausgeprägte vertikale Komponente besitzen, durch die gleich­

zeitige Aufzeichnung eines Vertikalseismographen behoben werden. H andelt es sich nämlich um eine Kondensation, so wird der Stoß von unten nach oben gerichtet sein, liegt dagegen eine Dilatation vor, so w ird die erste Bewegung von oben nach unten erfolgen. Auf diese W eise ist es somit möglich, die Bestimmung des Epizen­

trums nach den Aufzeichnungen einer einzigen S tation vorzunehmen.

F ür die drei bisher besprochenen Methoden ist wesentlich, daß sie der Ableitung der E pi­

zentraldistanz aus der Dauer der ersten Vor­

phase bedürfen. Hierin liegt aber ihr N a ch teil;

denn, wenn auch bei gu t ausgeprägten Auf­

zeichnungen die Zeit der Ankunft der ersten Vorläufer m it der zu fordernden Genauigkeit festgestellt werden kann, so g ilt das Gleiche durchaus nicht immer von dem Einsatz der zweiten Vorläufer, da diese die W ellen der ersten Vorphase überlagern, so daß Interferenzen ih r Eintreffen verwischen können. Eine Unge­

nauigkeit in der Bestimmung des Beginns der zweiten Vorphase um etwa 10 sec hat aber z. B. bei einer Entfernung von 5000 km eine Unsicherheit von 200 km zur Folge. Daher ist zur Berechnung des Epizentrums noch eine andere Methode (L. G e i g e r ) vorzuziehen, die sich zur Hauptsache auf die Ankunftszeiten der ersten Vorläufer allein stützt. Man nimmt zunächst für die Lage des Epizentrums und die E in tritts­

zeit des Bebens Näherungswerte an, die man sich entweder aus den über das Erdbeben vor­

liegenden direkten Nachrichten oder nach einer der oben besprochenen Methoden verschafft, und berechnet dann auf Grund zuverlässig beob­

achteter Anfangszeiten der ersten Vorphase an verschiedenen Stationen und der Laufzeiten der ersten Vorläufer m it Hilfe des Taylorschen Satzes die an der geographischen Länge und B reite sowie an der Zeit anzubringenden K orrek­

tionen. Dabei werden diese Korrektionen als so klein vorausgesetzt, daß schon ihre zweiten Potenzen vernachlässigt werden können. Liegen die Daten von mehr als drei Stationen vor, so h at man wieder nach dem Ausgleichungsverfahren der kleinsten Quadrate vorzugehen. Ein mit dieser Methode verwandtes graphisches Verfahren, das rasch und bei genügendem Material auch genau zum Ziel führt, rüh rt von C. Z e i ß i g her.

Der W e rt solcher Berechnungen ist in der durch sie ermöglichten Vervollständigung unserer Kenntnisse über die geographische V erbreitung der Erdbeben, besonders auf dem Meeresboden, als auch namentlich darin zu sehen, daß durch sie neues Material zur Verbesserung der bisher entworfenen Laufzeitkurven gewonnen wird.

Ein Beispiel möge die Leistungsfähigkeit der einzelnen Methoden erläutern. Am 22. J a ­ nuar 1910 wurde, hauptsächlich von den euro­

päischen Stationen, ein heftiges Beben registriert, das nach einer vorläufigen Orientierung von einem H erd auf Island oder in der Nähe dieser Insel ausgegangen sein mußte. Der Verfasser w andte zur genaueren Festlegung des Epizentrums zunächst die an erster Stelle genannte Methode an, indem er die Beobachtungen der Erdbeben­

stationen in Pulkow a (St. Petersburg), W ien, Hamburg, Straßburg, Parc Saint Maur (Paris) und Ottaw a (Kanada) benutzte. Als R esultat ergab sich für die geographischen Koordinaten des Epizentrums 67,9° nördl. Br., 17,1° westl.

Gr. und fü r die E in trittszeit im Epizentrum 8 h 4 8 m 1 4 sec M.-Gr.-Z. O. Klotz erhielt m it Hilfe der stereographischen Projektion unter Zu­

grundelegung teilweise anderen Materials in praktisch völliger Uebereinstim m ung: 67° 5G' nördl. Br. und 16° 4 5 ' westl. G r.; und F ürst Galitzin fand aus den Beobachtungen von P u l­

kowa allein: 68° nördl. Br. und 17° w estl. Gr.

Um zu untersuchen, wie w eit bei dieser Ueber­

einstimmung nam entlich des ersten und dritten Ergebnisses der Zufall mitspielen könnte, führte der Verfasser nun auch noch m it demselben, zuerst von ihm benutzten M aterial die Rechnung nach dem Geigerschen Verfahren durch und erhielt als K oordinaten: 67,3° nördl. Br., 19,3°

westl. Gr., sowie als Z eit: 8 11 4 8 m l l seo M.-Gr.-Z.

Auch dieses Ergebnis, dem unter allen das größte Gewicht beizulegen ist, weicht von den anderen Angaben nicht beträchtlich ab, und die über das Erdbeben auf Island selbst bekannt gewordenen Nachrichten stimmen m it der so erm ittelten Lage des Epizentrum s in reichlich 100 km Entfernung nördlich von Island sehr gut überein.

B etrachtet man ein Erdbebendiagram m ge­

nauer, so erkennt man aber vielfach außer dem scharfen Einsatz (impetus) oder dem allmählichen Auftauchen (emersio) der ersten und zweiten Vorläufer (undae prim ae und undae secundae) sowie der langperiodischen Hauptwellen (undae longae) und der Maximalbewegung (undae maxi- mae) auch noch andere bem erkenswerte Stellen in der Aufzeichnung, nämlich das Eintreffen der a n d e r E r d o b e r f l ä c h e als an einer Grenz­

fläche zwischen zwei verschiedenen Medien r e f l e k t i e r t e n longitudinalen und transver­

salen W e l l e n z ü g e . Figur 3 gibt einen Ein­

blick in diese Verhältnisse. Der Kreis um C

als M ittelpunkt sei ein durch Epizentrum (E )

(8)

S. 68.

U N T R K R lC IÏT S B L X T ÏE it.

Jahrg. X V III. No. 4.

und Station (St) gehender größter Kugelkreis und der nach dem M ittelpunkt zu konvexe Bogen (1) stelle etwa den W eg der direkt an- kommenden longitudinalen Wellen dar. Wellen, welche auf dem W ege (2) schon in B wieder an der Oberfläche hervorkommen, können nun auch noch durch Reflexion auf dem W ege (2') nach St gelangen. Es müssen dann die W ege (2) und (2') einander gleich sein; und diese einmal

S

F ig . 3. W e g e direkter und reflektierter Vorläuferweilen.

reflektierten Wellen werden bis zur Erreichung der Station das Doppelte derjenigen Laufzeit gebrauchen, welche die direkten W ellen nötig haben, um zu einem um die halbe Epizentral- distanz f1/ , E S t — E B = B St) vom Epizentrum entfernten Ort zu gelangen. Analoges g ilt für Reflexionen höherer Ordnung. Von besonderem Interesse ist aber noch der Umstand, daß bei einer Reflexion immer W ellenzüge beider Arten entstehen, so daß z. B. bei Reflexion eines longitudinalen W ellenzuges neben longitudinalen gleichzeitig auch transversale W ellen w eiter­

gesandt werden. So wird der in A zusammen­

gesetzte Wellenzug (3) und (3') aus direkt vom Herd ausgegangenen Longitudinalwellen (3) und bei der Reflexion in A entstandenen Transver­

salwellen (3') gebildet. Auch die Laufzeit dieser

„W echselw ellen“ läß t sich aus den Laufzeiten der direkten W ellen ableiten, nur ist dabei zu bedenken, daß nun infolge der verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der beiden W ellen­

arten der Reflexionswinkel nicht mehr gleich dem Einfallswinkel ist und daher die beiden W ege (3) und (3') wesentlich voneinander ab­

weichen.

Die in den Figuren 4, 5 und 6 wiedergegebe­

nen Ham burger D iagram m e, welche in der Ost-W est-Komponente von W ieclierts astatischem Pendelseism om eter bei dem mexikanischen E rd ­ beben am 26. März 1908, dem kalabrisch-sizilia- nischen Erdbeben am 28. Dezember 1908 und dem turkestanischen E rdbeben am 3./4. Januar 1911 gewonnen wurden, geben klare Beispiele für die einzelnen Phasen. Das S e i s m o g r a m m v o m 2S. D e z e m b e r 1908 zeigt sehr einfache V erhältnisse: um 4 h 2 4 m 1 6 sec (M .-G r.-Z .)

setzen bei i P die ersten Vorläufer sehr scharf e i n; ihnen folgen nach 3 min 1 sec, entsprechend einer Epizentraldistanz von 1760 km (gleich der Entfernung Hamburg-Messina), ebenfalls m it deutlichem Einsatz bei i S, die zweiten Vorläufer, und um 4 11 28,2 1,1 zeigen sich bei L die lang­

periodischen W ellen der H auptphase m it dem Maximum der Bewegung bei M um 4 l l 29, 3m (Periode 26 sec; Amplitude der wirklichen Bodenverrückung in Hamburg in ostwestlicher Richtung größer als 3 mm, gemessen von einem Um kehrpunkt zum ändern).

Das Epizentralgebiet des t u r k e s t a n i s c h e n B e b e n s vom 3./4. Januar 1911 lag zwischen dem Issyk-kul und der S tadt W jernyi in etwa 4900— 5000 km Entfernung von Hamburg. Die ersten Vorläufer tauchen bei e P um 2 3 h 3 3 m 59 9CC (M.-Gr.-Z.) am 3. Jan uar auf, und die zweiten Vorläufer sind sicher bei i S um 2 3 11 40 111 50 9ec zu erkennen. Zu der hieraus folgen­

den Dauer der ersten Vorphase von G min 51 sec gehört aber eine Epizentraldistanz von 5160 km, die m it den aus dem S chüttergebiet vorliegen­

den direkten Nachrichten nicht befriedigend in Einklang zu bringen ist. Soweit nicht auch F ehler bei den zur Ableitung der Entfernung benutzten Laufzeitkurven von Bedeutung sind, bestätig t somit gerade dieses Seismogramm die bereits oben gem achte Bemerkung, daß es nicht immer möglich ist, das erste Eintreffen der zweiten Vorläufer exakt zu erm itteln. W ürde man die zweite Vorphase schon 10 sec früher bei (t S) beginnen lassen, wozu jedoch nach der Aufzeichnung eine besondere Veranlassung nicht vorliegt, so würde sich eine Epizentraldistanz von 4970 km ergeben. Der in der ersten Vor­

phase deutlich bei i P J t i um 23 h 36 111 08 9ec in die Augen fallende Einsatz ist durch die An­

kunft der einmal an der Oberfläche reflektierten Longitudinalwellen hervorgerufen. Das Eintreffen der langen W ellen der Hauptphase läßt sich nicht genau feststellen.

Das S e i s m o g r a m m v o m 26. M ä r z 1908 deutet schon durch seine große Ausdehnung auf ein sehr fernes Beben hin. Die Dauer der ersten Vorphase beläuft sich hier von dem Beginn der Aufzeichnung bei i P um 2 3 11 1 6 m 12aec (M.- Gr.-Z.) bis zum Beginn der zweiten Vorphase bei i S um 23 h 26 m 54 sec auf 10 min 42 sec und entspricht dam it einer Epizentraldistanz von 9650 km. Dies steh t in Uebereinstimmung m it dem Umstande, daß durch das Beben der Ort Chilapa in der mexikanischen Provinz Guerrero zerstört wurde, denn Chilapa ist von Hamburg 9650 km entfernt. Der Anfang der H anptphase liegt bei L (23 h 48,0 m). A ußer­

dem aber ist klar bei i P R 1 (23 11 19 m 43 sec), P S (23 h 27 m 59 9ec) und i S R 1 (23 h 32 m 429ec) das Eintreffen der einmal reflektierten Longi­

tudinalwellen, bezw. der Wechselwellen, bezw.

(9)

1 9 1 2 .

No.

4 . Er g e b n i s s e d e s St u d iu m s d e r m o d e r n e n Er d b e b e n d ia g r a m m e

S .' 69.

«■ 7J"

■"1

Fig . 4. Kalabrisch-sizilianisches Beben am 28. Dezember 1908.

F ig . 5. Beben in Turkestan (Pro vin z Semirjetschcnsk) am 3./4. Ja n u a r 191 L.

j y

i i

—r\j1/ ■/ %\NV<YMiAvv\r\A

y

i S P ,

F o rts e tz u n g u n te re K urve lin k s

F ig .

6

. Mexikanisches Beben am 26. M ärz 1908.

Ha mb u r g e r Se i s mogr a mmc d e. a .ta ti.c h c n P e n d e l.e ia m o m e le r. von W iech ert (Mas.e»

1000

kgl. O.t-We.bKomponeulo,

(10)

S. 70.

Un t e r b i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg. X V III. No. 4.

der einmal reflektierten Transversalwellen zu erkennen.

Die durch den E rdkörper eilenden Vorläufer­

wellen können nun Aufschluß über d i e K o n ­ s t i t u t i o n d e s E r d i n n e r n geben; dazu führt das Studium ihrer W ege und der auf diesen erreichten Geschwindigkeiten. Der W eg kann, wie hier nicht näher gezeigt werden soll, bei Annahme einiger vereinfachender Voraussetzungen mit Hilfe der Laufzeitkurve konstruiert -werden;

seine Gleichung lautet nach dem B rechungsge­

setz : r cos e r cos e

C, wo C eine Konstante bedeutet, r der Radius der Niveaufläche ist, in der die Geschwindigkeit v beträgt und aus welcher der Erdbebenstrahl unter dem W inkel e (Emersionswinkel) heraustritt, und die iiber- strichenen Buchstaben sich auf die betreffenden W erte an der Erdoberfläche beziehen. Da wir eine Anordnung der Erdm aterie in konzentri­

schen Kugelschalen annehmen, w ird der ab­

steigende Ast symmetrisch zum aufsteigenden verlaufen. Seine maximale Tiefe oder Scheitel­

tiefe w ird der S trahl in seiner M itte en-eichen, wo er senkrecht zum Erdradius gerichtet ist, so daß hier der W inkel e den W ert 0 hat und zwischen dem Radius rm der dieser Tiefe ent­

sprechenden Niveaufläche und der in ihr er­

reichten Geschwindigkeit vm die besonders ein­

fache Gleichung — = C besteht, r ist gleich _

6370 km und v ergibt sich aus der Laufzeit­

kurve ; aus den W iechert-Zoeppritzschen Kurven folgt für die longitudinalen bezw. transversalen W ellen v — 7,17 km sec-1, bezw-. = nahezu 4,0 km sec-1. Da ferner der zu einem bestimm­

ten Radius r (r) gehörige W inkel e (c) durch die K onstruktion der W ege bekannt ist, so können demnach auch die den verschiedenen Tiefen entsprechenden Geschwindigkeiten v be­

rechnet werden (Fig. 7).

Die E lastizitätstheorie liefert für die Ge­

schwindigkeit der Longitudinalwellen _ 1 / H - 2 <“

und für die der Transversalwellen

| A ' n

wenn m it o die D ichte und m it ). und fi die Lameschen Elastizitätskonstanten des Mediums bezeichnet w erd en ; /t ist insbesondere der Tor­

sionsmodul oder der Modul der G estaltelastizität, der für Flüssigkeiten und Gase verschwindet, /. hängt von G estalt- u n d Volumenelastizität ab.

F ü h rt man an Stelle dieser Lameschen Kon­

stanten den Dehnungsmodul E und die E lasti­

zitätszahl k, das Verhältnis von Querkontraktion zu Längsdilatation, ein, so ergibt sich;

. /

E( l

— A-) ] /

‘ ' (1 + £)(1

2 k ) g ’ V‘ f

E 2 (1 + * ) * > ’ also — — ]/ ^ und man ersieht, daß aus

vt ' 1 2 k

der Kenntnis der beiden Geschwindigkeiten zu­

gleich auch die der E lastizitätszahl folgt. Um noch den Dehnungsmodul berechnen zu können,

F ig . 7. Erläu teru n g der Strahlengleichung.

muß auch die Dichte des Mediums als bekannt vorausgesetzt werden. Aus Dehnungsmodul und Elastizitätszahl berechnet sich aber das Maß der elastischen W iderstandsfähigkeit gegen Form- änderung (der Torsionsmodul) /t = E und

die K om pressibilität K —

2 ( 1 + * ) 3 (1 — 2 k)

~ i

t

~

Eine erste Anwendung der von E. W i e c h e r t ausgearbeiteten Theorie und Methode führte nach E. W i e c h e r t , K. Z o e p p r i t z und L. G e i g e r zu dem Ergebnis, daß die F o rt­

pflanzungsgeschwindigkeit der beiden Vorläufer bis zu 1400 km bis 1500 km Tiefe gleichförmig wächst (schwache Krümmung der W ege nach dem E rdm ittelpunkt zu), w eiter nach dem Erd- innern zu aber zunächst konstant bleibt (Gerad­

linigkeit der W ege), bis dann wieder verm ut­

lich eine geringe Abnahme ein tritt. H ierdurch wird wahrscheinlich gemacht, daß die Erde aus einem M antel von 1400 km bis 1500 km Dicke und einem Kern m it einem Radius von etwa 4900 km b esteh t; dieser Kern aber muß, da er auch Transversalwellen w eiterleitet, neben Volumenelastizität auch G estaltelastizität besitzen und daher als fest charakterisiert werden. Zu denselben R esultaten war E. W i e c h e r t be­

reits 1897 durch ganz andere, allgemeinere E r­

wägungen über die Massenverteilung innerhalb

der Erde gelangt, die ferner bei Annahme eines

(11)

1912. No. 4.

E l e m e n t a r e A b l e i t u n g d e r L e i b n i z s c h e n R e i h e f ü r ~.

4

S. 71.

S t e i n m a n t e l s von der Dichte 3 bis 3 x/ ound einer m ittleren D ichte der Erde von 5 1/ 2 für die Dichte des Kerns den W e rt 8 bis S 1/«, d. h. die Dichte des etwas kom primierten Eisens ergaben. B erücksichtigt man diese Dichte, so führen die nach den seismischen Beobachtungen für das tiefere Erdinnere wahrscheinlich ge­

m achten Geschwindigkeiten der longitudinalen und transversalen W ellen von 11 km sec-1 bezw.

6 km sec-1 schließlich dazu, für den Kern die elastische W iderstandsfähigkeit gegen Form ­ änderungen viermal größer als die des Stahls, dagegen die Kom pressibilität 4 1/2mal geringer als die des Stahls anzusetzen. Die große Dichte im Innern der Erde kann also nicht durch Kompression, sondern nur durch M aterialver­

schiedenheit hervorgerufen s e in ; dafür aber, daß es sich im wesentlichen um einen M e t a l l ­ k e r n handeln dürfte, spricht der W e rt der Dichte zwischen 8 und S 1/*. Die Elastizitäts­

zahl k, auch Poissonsche Konstante genannt, hat bis zu 1400 km Tiefe W erte, die nur wenig größer als l/ i sind. Es wäre daraus zu folgern, daß die Moleküle der Erdm aterie selbst bei dem sehr hohen Druck, der in den größeren Tiefen jedenfalls herrscht, keine merkliche P o­

larität besitzen, sondern nach allen Richtungen in gleicher W eise wirken. Aus der Poisson­

schen Molekulartheorie, welche von dieser Vor­

aussetzung einer allseitig gleichstarken W irkung der kleinsten Teilchen ausgeht, ergibt sich näm­

lich k = V4.

Bezüglich der Unstetigkeitsfläche zwischen Mantel und Kern liegen nun allerdings aus der jüngsten Zeit wieder neuere Untersuchungen aus Göttingen vor, die auf der Abhängigkeit der Am plitudenverhältnisse zwischen den di­

rekten und den einmal reflektierten Longi­

tudinalw ellen von der Epizentraldistanz beruhen.

Darnach scheinen mindestens drei Störungs­

schichten vorhanden zu sein und zwar in etwa 1200 km, 1700 km und 2450 km Tiefe. B e­

obachtungen anderer A rt, die sich auf die sehr kom plizierten Oberflächenwellen beziehen, weisen endlich, wie nur kurz bem erkt sei, nach E. W ie - c h e r t noch auf die Existenz einer Magmaschicht unterhalb der äußeren E rdkruste in u n g e f ä h r 30 km Tiefe hin. Aus Nahbebenaufzeichnungen folgert A. Mo h o r o v i c i o eine Dicke der obersten Schicht von 50 km.

Zum Schluß mag noch darauf hingewiesen werden, daß die Aufzeichnungen empfindlicher Seismographen außer den Bodenschwingungen, die durch Erdbeben verursacht w erden, und solchen, die auf künstliche Störungen (Verkehr) zurückzuführen sind, auch noch eine andere A rt von Bewegung der kleinsten Bodenteilchen anzeigen, die namentlich m it der Brandung der See an Steilküsten und meteorologischen F a k ­ toren (Luftdruckänderungen, W inden usw.) zu­

sam m enhängt; man nennt sie „ m i k r o s e i s ­ m i s c h e U n r u h e “. Sie besteht in stärkerem oder geringerem Grade fast das ganze Jah r hindurch, ist aber nicht m it den menschlichen Sinnen unm ittelbar wahrnehmbar. Die vorherr­

schende G attung dieser Bodenschwingungen be­

sitzt Perioden von etwa 4 sec bis 8 sec; ihre Am plituden pflegen im W interhalbjahr größer als im Sommerhalbjahr zu sein und sich im Maximum für H am burg auf wenige H undertstel Millimeter zu belaufen. Andere Gattungen weisen W ellen m it einer Periode von ungefähr 1/ 2 min und darüber auf. Alle drei in den Fig. 4— 6 ab­

gebildeten Diagramme bieten Beispiele der erst­

genannten A rt der mikroseismischen U nruhe:

man sieht die R egistrierlinie bereits vor Beginn der Erdbebenaufzeichnung m it ziemlich regel­

mäßigen kleinen W ellen besetzt. Is t die Be­

wegung größer als in den vorliegenden Fällen, so vermag sie sehr wohl schwache Bebendia­

gramme in ihrer D eutlichkeit stark zu beein­

trächtigen oder gar ganz unerkennbar zu machen.

Völlige Uebereinstimmung bezüglich der ver­

schiedenen Ursachen der mikroseismischen Un­

ruhe ist noch nicht erreicht worden; doch scheint sich die W i e c h e r t s c h e Hypothese eines Zu­

sammenhangs der Bodenschwingungen von etwa 4 sec bis 8 sec Periode m it der M eeresbrandung (für Deutschland namentlich an der skandina­

vischen Küste) mehr und mehr zu bestätigen.

H ier mögen diese Andeutungen genügen. Eine ausführlichere E rörterung w ürde von dem Kern der Abhandlung zu weit abführen.

W ie aber zur ausreichenden Beantwortung dieser zuletzt berührten Fragen die Studien fortgesetzt werden müssen, so erfordert beson­

ders auch das im Vordergrund der seismischen Untersuchungen stehende Problem der Beschaffen­

heit des Erdinnern eine noch w eitere Vertiefung in die Dynamik der Erdbebenwellen. Immerhin sind jedoch schon je tz t in den reichlich zwanzig Jahren moderner seismologischer Forschung auf physikalischer Grundlage beachtenswerte Resul­

tate erzielt worden, zu denen man ohne die Hilfsm ittel und Methoden dieser jungen Disziplin wohl nicht gelangt wäre.

E le m e n t a r e .-r A b le it u n g d e r L e ib n iz s c h e n R e ih e fü r

4

'

V o n Pro f. M i l a r c h (B o n n ).

Z u r F i g u r : CP — a] die zugehörige Tangente A P = cc; CQ = ß; die zugehörige Tangente BQ = b; QP — a— /?; die zugehörige Tangente GP = t. Aus der Kongruenz der Dreiecke OQB und L E A folgt A E = b-, und aus der A ehnliehkeit der Dreiecke O PA und A E F E F — — .

(12)

S. 72.

Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg . XVIII. No. 4.

(

2

)

fü r r =

1

ab

t

1 -|-ab.

U n te r Zuhilfenahm e unbestimmter Koeffizienten sei:

(

3

) a — ax aß - \-y aß — s n

7

-J- ■ •,

und, w eil die R e ih e allgemeine G ü ltig keit haben soll:

(

4

) ß = b — x ¿3 ~|- y ¿5 _ s J ? -)----

a — ß_

(5)

—: 1 — X (aß -4- fl! b -4- 52) ab

-j- V (a

1

-j- <z

3

b -}- a b- -f- a b3 -¡-

6

4) —

— 2(a8-f-o55_jLa4ia4-o3i 3 + i»2*4 + ®^5+ 5 6) + -

(

2

) ^ f = 1 + a b

( 6 )

T ^ = (1 -f- o 6) (1 — * - j

— z \ arH J--|---)

a--t

R ü c k t nun Q nach P , so nähert sich b unendlich a und unendlich dem W e r t 1; also beim Uebergang t

zur G ren ze:

(7) 1 = (1 - f (fi) (1 — 3 n2 x 5 «4 y — 7 «« z -)---) (8) 1 = 1 — 3 a äz + 5o4y — 7 a®z

-}- a

2

— 3 a

4

z - )- 5 n Gy — 1 aß z

(9) 0 = a2(l — 3a:)-f«4j;ß^ — 3*)-fa«(5y — 7s)-|---- .

Daraus

3.« = 1; 5 y = 3 * = 1; 7 £ = 5 y = 1 ;

* = 1 / 3 ; y = l/ 5 ; s = 1/7 usw.

(3} a = a “3+ “5 _ f ! + . . . ;

fü r a = l w ird a = -V

(

10

)

= 1

A + I

3 5

V + - K lein e re M itteilu n gen .

Z u r g r a p h is c h e n D is k u s s io n

d e r q u a d r a tis c h e n G le ic h u n g a u f d e r M itt e ls tu fe . V o n D r. W . B ü c h e l (Ham burg).

W enn man bei der Lösung der quadratischen Gleichung m it H ilfe der graphischen Darstellung auf der M ittelstufe auch die Bedingungen für die ve r­

schiedenen Anzahlen reeller W urzeln aufstellen will, so kann man anstatt des gewöhnlichen Verfahrens (s. B o r e i oder B e h r e n d s e n - G ö t t i n g ) auch auf folgendem W eg e, den ich bisher in der L ite ra tu r nicht gefunden habe, zum Ziele kommen.

Sin d f und q die W u rzeln der Gleichung

= 0, so ist P = — (? + '/),

1

= £ V-

S te llt man diese Gleichungen in einem f q - System dar, so ist ¡ q = q eine auf die Asym ptoten als Achsen bezogene H yperbel, je nach dem Vorzeichen von q im ersten und dritten oder im zweiten und vierten Qua­

dranten.

f + ?/ = — p

ist eine Gerade m it der Neigung 135° und den Achsenabschnitten

—p.

D e r A bstand

d

des Scheitels der H yp erb el vom Nullpunkt ist leicht zu berechnen: D ie Koordinaten des Scheitels sind fq ,

)!q

; daher

d

=

)''2 q.

So ll die Gerade also Tangente sein, so ist

p-

= 4

q.

So findet man leicht die ve r­

schiedenen M öglichkeiten.

* *

*

N a c h t r a g z u m e in e r M it t e ilu n g in N r . 1 d. J a h r g . V o n B . K e r s t (Zw ickau).

Der zweite T e il meiner Bem erkung gilt auch allge­

meiner, wenn statt des rechtwinkligen Dreiecks A B C ein beliebiges D reieck zugrunde gelegt wird.

Fern er kann der Bew eis auch auf den F a ll aus­

gedehnt werden, daß man jedes der gleichseitigen Dreiecke nach innen um klappt um die Seite des ur­

sprünglichen Dreiecks, so daß dieses von den gleichseitigen Dreiecken überdeckt wird.

* *

*

Z u m g ro sse n F e r m a t s c h e n S a tz .

E s besteht die A bsicht, eine periodisch erscheinende Zeitschrift für die Beweise des F e r m a t s c h e n Satzes zu gründen. Interessenten, denen an der Drucklegung ihres Beweises gelegen ist, wollen sich behufs näherer Bedingungen wenden an Oberlehrer B r. N a g e l , W ilhelm shaven, Roonstr. 101.

V e rein e und. V ersa m m lu n g en .

21. H a u p t v e r s a m m lu n g des V e r e in s z u r F ö r d e r u n g des m a th e m a tis c h e n u n d n a t u r w is s e n s c h a ft lic h e n U n t e r r ic h t s in H a l le a. S . v o m 27. b is 3 0 . M a i 1912.

W e r einmal eine Hauptversam mlung des „ F ö r ­ derungsvereins“ besucht hat, w ird nur ungern künf­

tig fernbleiben, dieses oft gehörte U rte il konnte man auch während der Tagung in H a lle öfters vernehmen.

W ie bisher immer, so hatte der Ortsausschuß, an dessen Spitze H e rr G cheim rat W a n g e r i n stand, alles au f das Beste vorbereitet. E in gemütlicher B e ­ grüßungsabend am Pfingstm ontag; eine W anderung über die Peißnitz bis zur M oritzburg, der sich eine Fü h ru n g durch das dort befindliche höchst sehenswerte Museum anschloß, am Dienstag m orgen; Besichtigungen des städtischen Elektrizitätsw erkes, der Zuckerraffinerie und des Schulgartens der Franckeschen Stiftungen am Spätnachm ittag, abends ein animiertes Festm ahl, das war der Rahm en des Dienstag. A m M ittw och w ar nach den Sitzungen Gelegenheit, die städtische Ober­

realschule zu besichtigen, dann erfolgten Führungen in kleinen Gruppen durch den zoologischen Garten, woran sich ein gemeinschaftliches Abendessen sch lo ß ; nach­

her w ar ein T e il des Gartens bengalisch erleuchtet und ein Feuerw erk bildete den glänzenden Abschluß dieses Tages. N ach den Sitzungen des Donnerstag V o rm ittag konnte der botanische Garten, das mineralogische In stitu t oder das Braunkohleuw erk Kopsen bei W eb au besichtigt werden. D er Nachm ittag w ar einem Ausflug nach Kösen gewidmet. Angegliedert waren der V e r­

sammlung noch am F re ita g und Sonnabend F o rtb il­

dungskurse. E in reichhaltiges Program m w ar diesmal auch zur Unterhaltung der Damen, die sich erfreu-

Cytaty

Powiązane dokumenty

schaften angängig ist. Ein Soldat, der im Vorrücken begriffen ist, muß täglich neue Wege finden. Nicht in erster Linie denke ich bei diesem Kampfe an die

treter anderer wichtiger Unterrichtszweige, da muß der Wunsch bei dem L eiter einer höheren Lehranstalt sich regen, daß bei dem löblichen Eifer und dem berechtigten

| naturw issenschaftlichen Grundlage g u t gedeihen kann, ergiebt sich aus der Erw ägung, dass ihr die N aturw issenschaft einen ausserordentlich vielseitigen

wickelung der Verhältnisse auf die D auer doch mehr und m ehr in die m ir als richtig erscheinende Bahn hineingedrängt werden wird.. dass dieser Beitrag nicht ganz

Auch durch die Unterrichtskommission der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte ist die zentrale Stellung der Geologie anerkannt worden. Wenn man die Frage

Aber das w äre wohl als erstrebensw ert zu bezeichnen, dass n u r solche m athem atische Entw icklungen einfachster A rt, die für die P hysik grundlegend sind,

Göschen’sche Verlagsliandlung,

So „rationell“ dieses Verfahren aussieht, so sind w ir doch durch die analoge Erziehung bestimmter K äferarten in den Ameisenkolonien hinreichend gew itzigt, daß