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Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 9, No. 6

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Academic year: 2022

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J a h r g a n g I X .

U nter richtsblätter

1 9 0 3 . N r. 6.

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

O rg a n d e s V e r e in s z u r F ö r d e r u n g

d e s U n te r r ic h ts in d e r M a th e m a tik u n d d e n N a tu r w is s e n s c h a f te n .

B e g rü n d e t u n te r M itw irk u n g von

B e r n h a r d S ch w alb e,'

herausgegeben von

F . P i e t z k e r ,

P r o fe sso r am G ym n asiu m zu N ord hausen.

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W. 30.

Redaktion: A lle fü r d ie R ed a k tio n b estim m ten M itte ilu n g e n und S en d u n g en w erd en nu r an d ie A dresse des P r o f. P i e t z k e r in N ordnausen erb eten .

Verein : A n m eld u n g en und B e itr a g sz a h lu n g e n fü r d en V erein (3 Mk. J a h r e sb eitra g oder e in m a lig e r B e itr a g v o n 45 M k.) sin d an d en S ch a tzm eister, P r o fe sso r P l- e s 1 e r in H a n n o v er, L in d en erstra sso 47, zu rich ten .

V erlag: D er B e z u g s p r e i s für den J a h r g a n g v o n 6 N um m ern is t 3 M ark, für e in z e ln e N um m ern 00 P f . D ie V eroin sin it- g lie d e r e rh a lten d ie Z e itsc h r ift u n e n tg e ltlic h ; früh ere J a h r ­ g ä n g e sin d durch d en V e r la g bez. e in e B u o h h d lg . zu b e zieh en . A n z e i g e n k o ste n 25 P f . fü r d ie ä -g e s p . N o n p a r .-Z e ile ; hoi A u fg a b e h a lb er od. g a n z e r S e ite n , so w ie b e i W ie d e r h o lu n g en E rm ä ssig u n g . — B e ila g e g e b ilh r e n nach U eb e re in k u n ft.

N ach d ru ck der e in z e ln e n A r tik e l is t, w e n n üb erh au p t n ic h t b esonders au sg en o m m en , nu r m it g e n a u e r A n g a b e der Q uelle und m it der V e rp flic h tu n g der E in s e n d u n g e in e s B eleg e x e m p la r s a n den V e rla g g e sta tte t.

In h a lt: Der biologische Unterricht an den neunklassigeu Realanstalten. Von K. F r i c k e , Schluss (S. 117).

— Der biologische Unterricht an den scchsklassigen Realschulen. Von B a s t i a n S c h m i d (S. 122). — Diskussion über den biologischen Unterricht an den höheren Schulen (S. 125). — Ueber das Drei- körperproblem. Von J. F r a n z , Prof. an der U niversität Breslau (8. 126). — D ie Regelation im Lichte der Versuche Faradays und als Gegenstand des Schulunterrichts. Von W i l h e l m K r e b s (S. 126). — Ueber die Bedeutung des K eiles für die Inhaltsberechnung einiger Körper. Von C h r.

N i e l s e n (S. 128). — Vereine und Versammlungen [-17. Versammlung deutscher Philologen und Schul­

männer zu H alle a. S . ; I. Internationaler Kongress für Schulhygiene] (S. 130). — Lehrm ittel-Be­

sprechungen (S. 132). — Bücher-Besprechungen (S. 132). — Zur Bespr. eiugetr. Bücher (S. 133). — Anzeigen.

D e r b io lo g is c h e U n te r r ic h t a n d e n n e u n k la s s ig e n P e a la n s ta lte n .

Bericht, erstattet auf der Hauptversammlung zu Breslau.

V on K. F r i c k e (Bremen).

(Schluss.)

D en S toff haben w ir nun in d er W eise au f die K lassen v e rte ilt, dass w ir von S e x t a bis Q u a r t a grossbluinige i n s e k t e n b l ü t i g e V er­

tr e te r v ersch ied en er F am ilien zu r B esp rech u n g b rin g en , die z. B. zu den L iliaceen od er Irid a- ceen, zu den S crophulariaceen, L a b ia ten und B o rra g in ac een gehören oder aus dem G ebiete d e r P a p ilio n aceen und V iolaceen oder d er Cru- ciferen, R anunculaceen, R osaceen usw . ausge- w ä h lt sind.

I n U n t e r - und O b e r t e r t i a w erd en die B estim m ungsübungen nach B u c h e n a u s „F lo ra von B rem en “ zu r R egel. I n U n t e r t e r t i a kom m en beispielsw eise die E rica ceen und Vacci- niaceen, die R ubiaceen u n d U m belliferen, die C am panulaeeen, D ipsaceen und das schw ierige G ebiet d e r C om positen hinzu. In O b e r t e r t i a schliessen sich d aran die F am ilien, die m an frü h e r als A p etale n im System u n tersch ied , m it ih ren zw ar einfacher g eb au ten , ab er sch w ierig er

zu beo b ach ten d en B lü ten teilen , insbesondere die w i n d b 1 ü t i g e n F ag aceen und B etulaceen, die m o n okotylen G räser u n d d e r a lte Stam m d e r gym nosperm en N adelhölzer. D ie Avichtige F a ­ m ilie d er Salicaceen b ie te t in den beiden G a ttu n g e n Salix und P o p u lu s ein g ü n stig es V erg leich so b jek t fü r in sek to p h ile u n d anem o- p h ile B lü tenbildung.

Von U n t e r s e k u n d a an b eh an d eln w ir die K ryptogam en, z u n ä ch st die P t e r i d o p h y t e n , die F a r n e , B ärlap p e und S chach telh alm e m it dem eig entüm lichen G enerationsw echsel, dann, auch den gro ssen K reis d er zw ar u n sch ein b aren ab er im H a u sh a lte d er N a tu r so w ich tig en B r y o p h y t e n , d er L au b - und L eberm oose.

B ei b eiden lern en w ir auch das W a sse r als V e rm ittle r d er B e fru c h tu n g k en n en , eine E r ­ scheinung, die sich in d e r K lasse d er A l g e n Aviederholt. D iese bild en neben den P i l z e n und den aus beiden sym biotisch verschm olzenen F l e c h t e n den K reis d e r T h a l l o p h y t e n , die dem P ensum u n se re r O b e r s e k u n d a angehören.

W elche M an n ig faltig k eit b ie te n da n ic h t schon die A lgen, die BeAvohner des M eeres, deren T h allu s in m anchen F ä lle n d u rch seine G liede­

ru n g an die höchstentAAÜckelten L andpflänzen

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S. 118. Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. Jahrg . IX . No. 6.

erin n ert, bis zu den m ik ro sk o p isch en G ebilden, an denen d er in d e r G eg en w art so o ft erw äh n te B egriff des P l a n k t o n s u n d seine B ed eu tu n g fü r das Leben im M eere, w ie im Süss w asser e rlä u te rt w ird. E benso m an n ig fa ltig is t auch das H eer d e r P ilze, die w egen des M angels an C hloro­

ph y ll ein er p ara sitisc h e n o d er sa p ro p h y tisch e n L ebensw eise a n g ep asst sind od er uns die m e rk ­ w ü rd ig e E rsch ein u n g d er fried lich en Sym biose vor A ugen führen. Ih re n ie d rig ste n Form en sind fü r den M enschen gerad e die in te re s s a n te s te n ; die S p r o s s - und S p a l t p i l z e fü h ren uns zu d e r E rk lä ru n g w ic h tig e r N atu rersch ein u n g en wie G ä r u n g , F ä u l n i s und S e u c h e . A uch au f diesem G ebiete soll d er U n te rric h t so w eit w ie m öglich n ic h t M itteilungs- sondern A n ­ s c h a u u n g su n te rric h t s e in ; g eeig n e te V ersuche, w ie die V erg äru n g ein er m it N äh rsalzen v e r­

setz ten Z u ck erlö su u g , Z ü c h tu n g von E äulnis- b a k te rie n in R e in k u ltu re n , V erh in d eru n g der F ä u ln is o rg an isch er Stoffe d urch A uskochen u n d L u ftab sch lu ss, U e b e rtra g u n g d er E rre g e r d u rch Im p fu n g usw ., b ilden die G ru n d lag e des U n te rric h ts.

In U n t e r s e k u n d a beh an d eln w ir dann noch das w ich tig e K a p ite l ü b er die ä u s s e r e G l i e d e - r u n g d er Pflanze, eine M o r p h o l o g i e , ab er d u rc h d ru n g en von P hysiologie und B iologie.

M it dem U n te rric h te ü b e r den B au d e r W u rze l und des S prosses v erb in d en w ir B eo b ach tu n g en an K eim pflanzen ü b er die zw eckm ässigen B e­

w e g u n g strie b e d e r W u rz e lsp itz e u n d d e r g rü n e n S p ro ssteile, die m an als G eotropism us und H elio ­ tro p ism u s b e z e ic h n e t, das E rg rü n e n d e r L a u b ­ b lä tte r u n te r E influss des T ag eslich tes und ih r B leichen im D unkeln. K u ltu rv e rsu c h e belehren uns ü b e r die W ic h tig k e it d e r B e sta n d te ile einer N äh rlö su n g , an d ere V ersuche zeigen uns die B e d e u tu n g d e r L a u b b lä tte r sow ohl als V er­

d u n stu n g so rg a n e wie auch als O rgane des Stoff­

w echsels, die A ssim ilation d er K o hlensäure, das A usscheiden von S au ersto ff u n d die E n tste h u n g d e r S tä rk e in den b e lic h te te n T eilen d er g rü n en L a u b b lä tte r. H ier is t auch d er O rt, wo w ir zusam m enfassend die U m bildung von W u rzel- u n d S p ro sste ilen zu N ah ru n g ssp eich ern , S ch u tz­

o rg an en und dergl. b esprechen und auch in einem sy stem atischen R ü ck b lick au f die M annig­

fa ltig k e it d er B e stäu b u n g sv o rrich tu n g en und d e r so n stig en V e rb re itu n g sm itte l hinw eisen.

D en i n n e r e n B a u d er Pflanze, von dem se lb stv e rstä n d lic h d e r B egriff d er Z elle schon frü h e r v e ra n sch au lich t ist, behandeln w ir au s­

fü h rlic h e r e rst in O b e r s e k u n d a , schon w egen d e r S c h w ie rig k eit, die m it dem G ebrauche des M ikroskops in d e r K lasse verb u n d en ist. B au und L eb en d e r Zelle, E n tste h u n g , B au u n d B e­

d e u tu n g d er G efässe, d e r G efässbündel und d er üb rig en w ic h tig ste n G ew eb sarten sin d h ie r d er G eg e n sta n d einer eing eh en d eren B eh an d lu n g .

E in R ü ck - und U eberblick ü b e r das g esam te o rg an isch e N a tu rre ic h b e re ite t die S ch ü ler au f das abschliessende E xam en vor, das v o r d e r V ersetzu n g nach P rim a sta ttfin d e t.

W en n ich Uber die w ich tig e F rag e d er B e­

schaffung des frisch en A n s c h a u u n g s ­ m a t e r i a l s fü r den b o tan isch en U n te rric h t noch etw as h inzufügen d a rf , so w ird uns das­

selbe zum g rö sste n T eile g e g e n w ä rtig von einem G ä r t n e r g e liefert. E s b e d a rf a b e r in d er R egel n u r ein er g erin g en A n re g u n g , um auch die S chüler, n am en tlich die jü n g e re n , zum M it­

b rin g en des g ew ü n sch ten M aterials zu v eran ­ lassen. F ü r den A nbau so lch er Pflanzen, die m an g ern in v erschiedenen E n tw ic k e lu n g ssta d ie n v o rzeig t, s te h t uns ein k le in e r S c h u l g a r t e n zu r V erfügung. A lgen z ü ch te ich au ch in A q u a r i e n , die zugleich einigen F isch en , n am en tlich ab er den k lein eren F orm en d er C ru sta ceen und an d eren n ied eren T ieren zum A u fe n th a lte dienen.

B esonderen W e r t habe ich von je h e r in dieser H in sic h t a u f die b o t a n i s c h e n A u s ­ f l ü g e g ele g t, n am en tlich a u f die A usflüge m it den ob eren K lassen. E s kom m t m ir dabei durchaus n ic h t allein a u f das Pflanzensam m eln an, in d er B eziehung sin d j a die klein en S ch ü ler o ft w illig e r als die g rö sseren . F ü r die V e rw ertu n g d er B eobachtungen in d er freien N a tu r is t ab er doch eine Summe von K en n tn issen e r­

forderlich, es m üssen schon gew isse G e d an k en ­ gän g e a n g e re g t sein, w enn m an ein V erstän d n is fü r den Z usam m enhang des G esehenen erzielen will. Bei uns sin d von U n t e r t e r t i a au a u f­

w ä rts eine Z a h l von zw ei o d er drei A usflügen o b lig ato risch . In U n t e r t e r t i a steh en sie vorw iegend in B eziehung zu d er B lü ten b io lo g ie, m an h a t h ier im F re ie n G eleg en h eit zu sehen, wie w eit es die S ch ü ler v ersteh en , a u f diesem B la tte in dem B uche d er N a tu r zu lesen. D ann k o m m t ab e r auch schon h ie r die A b h ä n g ig k e it d er Pflanze von ihrem S t a n d o r t e , also d er o e k o l o g i s c h e G e sic h tsp u n k t, w enn auch z u ­ n ä c h st nur u n te rg e o rd n e t, zu r G eltu n g . D e u t­

lich er schon t r i t t er h e rv o r in d e r O b e r ­ t e r t i a . D ie h ier b esp ro ch en en F o rm en sind zum g ro ssen T eile g e s e l l i g e P flan zen : m it den G räsern v e rk n ü p ft sich d er B egriff d e r W i e s e , m it den k ä tz c h e n trag e n d e n F a g a c e e n und B etulaceen w ie auch m it den N adelhölzern der B egriff des W a l d e s . D iese P f l a n z e n ­ g e m e i n d e n und P f l a n z e n v e r e i n e w erd en in U n t e r - und O b e r s e k u n d a , wo die B e ­ d e u tu n g d e r veg etativ en O rgane und ihre A b­

h ä n g ig k e it von den äu seren L eb en sb ed in g u n g en zum V erständnis g e b ra c h t w ird, zum w ic h tig ste n G eg en stän d e de B e o b ach tu n g au f u n seren A us­

flügen. A uch das T ie rleb en w ird , so w e it es m öglich ist, in den K reis d er B e tra c h tu n g g e ­ zogen, n am en tlich ab e r d e r E influss d er J a h r e s ­

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1903. No. 6. De r b i o l o g is c h e Un t e r r i c h t a n d e n n e u n k l a s s. Re a l a n s t a l t e n. S. 119.

ze ite n w ie d er B oden v erh ältn isse a u f die A us­

b ild u n g d er V eg etatio n . W ir verfolgen die U m w andlung des nocli u n b e lau b ten ab er blum en­

reich e n F rü h lin g sw ald e s bis zu dem P ilzre ich tu m im Spätsom m er, den sc h a rf au sg e p räg te n G egen­

satz von E ichen- und B u chenbeständen u n d die e ig en artig en V eg etatio n sv e rh ältn isse d er u rw ü c h ­ sigen M oorgebiete. W ie w ir an den G räben und den G ew ässern u n se re r F lu ssm arsch en die A npassung d e r h y d ro p h ilen und h y g ro p h ilen G ew ächse m it ih re n g ro sseh V erd u n stu n g so rg a n en beobachten, so finden w ir au f den u n fru c h tb a re n S andfeldern d e r hohen G eest die x erophilen Pflanzen m it den m annigfachen S ch u tzv o rrich tu n g en gegen W a sse rv e rlu st und überm ässige B e stra h lu n g . In d em w ir so die A b h ä n g ig k e it des organischen L ebens von den B o d en v erh ältn issen verfolgen und die Pflanzenvereine in W i e s e u n d W a l d , in H e i d e und M o o r k ennen lernen, legen wil­

den G rund zu einer b i o l o g i s c h e n H e i m a t ­ k u n d e , einem V erstän d n is von dem Z usam m en­

h än g e des organischen L ebens m it d er h e im at­

lichen Scholle.

A u f diesem W eg e kom m en w ir auch den oben e rw äh n ten W ü n sch en d er G e o l o g e n en tg e g en . A uch so n st haben diese F o rd eru n g en schon frü h e r B e rü c k sic h tig u n g in unserem L e h r­

p la n gefunden. B ei d er B e sp rech u n g von S te in ­ salz, G yps, K alk, D olom it. Sand, Lehm und T on in dem U n te rric h te d er Chemie w erden geologische F ra g e n b e rü h rt, bei B esp rech u n g d er K ieselsäure und d er S ilik ate z. B. der U n te rsc h ie d von v u lk an isch en und n ep tu n isch en G esteinen, die W irk u n g d er E rd w ä rm e wie der E influss d er V e rw itteru n g . A uch paläontolo- gische E in z elh e ite n ü b e r die V eg etatio n der S te in k o h len ze it können in d er B o tan ik bei den F a rn e n , S ehachtellialm en und B ärlappgew ächsen e rw ä h n t w e rd e n ; in d er Zoologie b iete n die T rilo b ite n als assela rtig e C rustaceen, n am en tlich ab e r die M ollusken d u rch die au sg esto rb en en F orm en d er A m m oniten und B elem niten, die neben S chnecken und M uscheln die w ich tig sten L eitfo ssilien sind, w ohl G elegenheit, a u f g eo­

logische E rö rte ru n g e n ein zu g eh en ; allein es fe h lte die Z eit, diesen F ra g e n n äh er zu tre te n , u n d nam entlich w a r n irg en d s G elegenheit, die E in zelh e ite n zu einem G esam tbilde zu v e r­

knüpfen.

W ir dürfen es n u n als einen E rfo lg d er in H a m b u rg ein g ele ite ten biologischen B ew egung beg rü ssen , dass w ir se it A nfang dieses J a h re s auch den g e o l o g i s c h - p a l ä o n t o l o g i s c h e n K u r s u s w ied e r ein rich ten d u rfte n , d er uns s e it 1883 genom m en w ar. D ie M öglichkeit b o t sich d adurch, dass infolge d e r U m w andlung des R ealgym nasium s zu ein er O berrealschule in u n se re r P rim a d er U n te rric h t in d er Chemie von je zw ei a u f drei w ö ch en tlich e S tunden e r­

h ö h t wm-de. Von diesen drei S tunden soll nun

je eine in den beiden H alb jah ren , in denen n i c h t die o r g a n i s c h e Chemie G eg en stan d des U n te rric h ts ist, fü r den e rw äh n te n K ursus v e rw a n d t w erden. A u f eine Z usam m enfassung d er schon in d er Chemie b eh an d elten und geologisch w ich tig en M ineralien nach ih re r chem ischen Z usam m ensetzung w ie nach ihren k ry stallo g rap h isch en V erh ältn issen fo lg t eine Z usam m enstellung d er häufigsten v ulkanischen und n ep tu n isch en G esteine, ein k u rz e r A briss d er dynam ischen G eologie, die W irk sa m k e it d er v ulkanischen K räfte, d e r um w andelnde E in ­ fluss d e r V e rw itte ru n g und d er D enudation, die A ltersb estim m u n g d er S edim ente durch L eitfossilien und eine U e b e rsic h t ü b e r die g eo­

logischen P erio d en und F o rm atio n en . Den Schluss b ild e t eine Skizze d er p aläontologischen E n tw ick e lu n g , die einen U eberblick ü b e r die erd g esch ich tlich e V erg an g en h eit u n serer T ier- u n d P flan zen w elt b ieten soll. D ieser le tz te A b sc h n itt is t noch d adurch von B e d eu tu n g , dass er die M ö g l i c h k e i t b ie te t, auch die D e s z e n d e n z f r a g e zu berühren.*) In dieser H in sic h t m öchte ich n u r hinzufügen, dass es n ic h t die A ufgabe d e r Schule sein kann, eine die E n tw ic k e lu n g d er organischen W e lt b e­

han d eln d e T h eo rie, w ie etw a den D arw inism us, in d o g m atisch er F orm zu l e h r e n ; ih r Ziel k an n es n u r sein, den S c h ü le r durch U ebung im logischen D enken u n d d u rch A neignung tü c h tig e r K en n tn isse so w e it w ie m öglich u rte ils ­ fähig zu m achen, dass e r d er oft w enig g e ­ w issen h aften p o p u lären L ite ra tu r n ic h t hilflos g e g e n ü b ersteh t, und dass er vo r allem im S tan d e ist, T a t s a c h e n v o n P r o b l e m e n z u u n t e r ­ s c h e i d e n . D er U n te rric h t soll den S ch ü ler auch an diese P roblem e h eran fü h ren u n d ihm zeigen, dass die zu ih re r L ö su n g erd ach ten sch arfsin n ig en H y p o t h e s e n n u r a u f einen gew issen G rad von W a h r s c h e i n l i c h k e i t A n sp ru ch haben, und dass ü b e r ih re Z u lässig ­ k e it die A nsich ten d e r F o rsc h e r se lb st o ft au s­

ein andergehen. Zu diesem Z w ecke b ie te t d er geologisch -p aläo n to lo g isch e K u rsu s eine w ill­

kom m ene G elegenheit.

A b er es b le ib t noch ein le tz te s G ebiet, das fü r die lebende N a tu r von W ic h tig k e it ist, das is t die o r g a n i s c h e C h e m i e . Im R ahm en des biologischen U n te rric h te s b e tra c h te t, lie g t ih re besondere B ed e u tu n g in dem U m stande, dass es v o rw iegend die F orm d er c h e m i s c h e n E n erg ie ist, m it d e r d er O rganism us a rb e ite t und von deren G esetzen er in e rs te r L inie a b ­ h än g ig ist.**)

*) Ich gehe auf diese Frage namentlich aus dem Grunde ein, w eil in Hamburg von mehreren Seiten auch die Kenntnis der Deszendenzlehre als unerlässlich be­

zeichnet wurde.

**) Vergl. darüber z. B. O s t w a l d , Vorlesungen über Naturphilosophie. S. 318 u. fg.

(4)

S. 120. Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. Jahrg . IX . No. 6.

A uch die organische Chem ie h a t u n te r d er oben g esch ild erten E in sc h rä n k u n g des n a tu r ­ w issen sch aftlich en U n te rric h ts an den R e a l­

gym nasien leiden m üssen. W ä h re n d die L e h r­

plän e von 1882 von den O b errealschulen „die K en n tn is d e r w ic h tig ste n Stoffe d e r organischen C hem ie“ u n d die von 1891 „die w ic h tig ste n org an isch en V erb in d u n g e n “ v e rlan g ten , w u rd e dieser G eg en stan d in den L eh rp län en fü r die R ealgym nasien g a r n ic h t erw äh n t. E r s t seit 1901 w ird au ch die B eh an d lu n g „ ein ig er o rg a ­ n isch er V erb in d u n g e n “ fü r das P ensum der P rim a des R ealgym nasium s g ew ünscht, w äh ren d fü r die O berrealschule „einige zusam m enhängende A b sc h n itte aus d e r organischen C hem ie“ b e­

stim m t sind.

W ir haben diesem U n te rric h te d er T ra d itio n d e r a lte n R ealsch u le I. 0 . folgend zw ei volle H a lb ja h re ein g eräu m t, g e g e n w ä rtig m it j e drei u n d frü h e r m it je zw ei w ö ch en tlic h en U n te r­

ric h tsstu n d e n . In g ew isser W eise w ird er auch schon in dem biologischen U n te rric h te d er U n te r - u n d O bersekunda v o rb e re ite t, in dem die S ch ü ler b e re its Stoffe w ie Cellulose, Stäx-kemehl, Z ucker, P e t t u n d E iw eiss als w ich tig e B e sta n d te ile d er P flanzen od er als u n e n tb e h rlic h e N a h ru n g sm itte l fü r M enschen und T iere k en n en geleim t haben, fe rn e r den A eth y lalk o h o l und gew isse organische S äu ren als P ro d u k te einer von M ikroorganism en e in g e le ite te u k a ta ly tisc h e n Spaltung'. F ü r den U n te rric h t in d e r P rim a is t nun das w ic h tig ste die sy stem atisch e Z usam m enfassung und die E rk lä ru n g d e r E ig en sch aften d e r org an isch en V erb in d u n g en aus den G esetzen d er m olekularen S tru k tu r . O hne die G ru n d lag e des n a ch so k la re n G i'undsätzen g eo rd n eten w issenschaftlichen S ystem s in der org an isch en Chem ie w ürde ein tie fe re r E in b lick in den in n eren Z usam m enhang v ieler E rsch ein u n g en n ic h t gew onnen w erden k ö n n en . D as t r i t t uns g leich a u f dem G eb iete d e r K ohlenw asserstoffe entgegen, das d urch die R e i h e n b i l d u n g zu einem le ic h t v e rs tä n d ­ lichen u n d ü b e rsich tlic h en w ird . D ie E rsc h e i­

n u n g d e r I s o m e r i e b e le h rt uns b ere its hier, dass n ic h t n u r die A r t und Z a h l , so n d ern au c h die A n o r d n u n g d er A tom e die E ig e n ­ sch aften d e r M olekel beeinflussen, u n d g ib t uns zu g leich eine V o rstellu n g von d e r enoi*men M a n n ig fa ltig k e it d e r o rg an isch en V erbindungen.

A llerd in g s b e d a rf es h ie r bei d er u ngeheuren A u sd eh n u n g des Stoffes ein er soi’g fä ltig e n A us­

w ahl. Sehen w ir an d ie se r S telle von den nam en tlich fü r T ech n ik und In d u s trie so w ich ­ tig e n B e i x z o l d e r i v a t e n ab, so lä s s t sich das G e b ie t d er M e t h a n d e r i v a t e a u f ein b io lo ­ g isches Z iel h in b ehandeln, das d arin lie g t, den m o lek u laren B au d e r fü r alle lebenden W e sen so w ic h tig e n K o h len h y d rate, F e tte und E iw eiss­

stoffe zu en trä tse ln . U eb er die A lkohole, A lde­

h y d e u n d K eto n e g elan g en w ir zu einem V er­

stän d n is des Z uckerm oleküls, zu n äch st d er einfachen Z u c k e ra rte n w ie G lykose u n d F ru k to se , von denen aus auch die K o n stitu tio n des R ohr- zuckers u n d d e r ü b rig en K o h len h y d rate v e r­

stän d lich ersch ein t. U e b e r die A eth er und E s te r kom m en w ir zu einem V erstän d n is fü r den B au d er F e tte , die aus A lkohol- u n d S ä u re ra d ik a l v e rk n ü p ft sind. V erbindungen von gem ischtem C h a ra k te r w ie A ld ehydalkohole und K e to n a lk o ­ hole sind au ch die A m idosäuren, die in sich gleichsam die E ig e n sc h a fte n d e r S ä u re und B asis vereinigen. Sie bild en zu 2/ 8 bis 3/ 4 den B estan d d e r Z e rfallp ro d u k te d esE iw eissm o lek ü ls, u n te r denen das A sp arag in bei d er V erw ertu n g d er R eserveeiw eissstoffe in K eim pflanzen eine äh nliche R olle zu spielen s c h e in t, w ie d er T ra u b e n z u ck e r fü r den A bbau und W ie d e ra u fb a u d er S tä rk e . A uch die einfache A to m g ru p p ieru n g des C arbam ids*) sch ein t, wie schon aus d er B iu re tre a k tio n h e rv o rg eh t, beim A u fb a u d er E iw eissstoffe eine R olle zu spielen, w äh ren d die rin g fö rm ig en B in d u n g en n u r in g e rin g e re r M enge w ie im T yrosin u. a. u n te r den A b b au p ro d u k ten zu finden sind.

D ie glänzenden E rru n g e n sc h a ften in d er k ü n stlic h e n S y n th ese sin d w e it davon en tfe rn t, zu ein er U e b erh eb u n g zu fü h ren . K ein K u n d ig er w ird allerd in g s h e u te noch in dem Sinne w ie frü h e r an die W irk sa m k e it ein er L e b e n sk ra ft g lau b en , ab e r g erad e, w enn m an die sc h a rf­

sin n ig en M ethoden E m i l F i s c h e r s b ew u n d ert, m it denen e r das Z u ck erm o lek ü l au fg e b a u t und in so m annigfacher W eise m odifiziert h a t, so m uss m an e rs t re c h t stau n en , w ie in dem C hloro­

p h y ll u n te r dem E inflüsse des S o n n en lich ts die noch k o m p liz ie rte r g eb au ten S tä rk e k ö rn c h e n so sc h ein b ar ganz von se lb st en tste h e n , od er w ie es dem P ro to p la sm a d er P flanzenzelle m öglich ist, aus ganz h etero g en en an o rg an isch en N ä h r­

stoffen das noch n ic h t einm al in sein er Z u­

sam m ensetzung g en au b e k a n n te labile E iw e iss­

m olekül d urch rä ts e lh a ft w irk en d e k a ta ly tisc h e K rä fte im m er von neuem aufzubauen. H ie r g elan g en w ir m it L o t z e zu den Kx-äften z w e ite r H and**) oder zu den D om inanten***), w ie sie R e i n l t e im G eg en satz zu den Enex-gien b e n a n n t h a t ; es sin d die z i e l m ä s s i g und z w e c k t ä t i g im O rganism us w irksam en N atu rg esetze, von denen w ir zu A nfan g ausgiugen. S e lb stv e r­

stä n d lic h h a n d e lt es sieh n u r um logische A b ­ s tra k tio n e n von den tatsä c h lic h e n V orgängen, die sich in d er E rh a ltu n g des L ebens offenbaren.

D am it sind w ir am Schluss. W as ich Ih n en v o rg e tra g e n habe, m eine H erren , is t n ic h t ein

*) Des von W öhler im Jahre 1828 zuerst künstlich dargestellten Harnstoffs.

**) H . L o t z e , Mikrokosmos. 1869. Bd. I. S. 80 u. fg.

***) J . R e i n k e , Theoretische Biologie. 1901.

S. 169 u. fg.

(5)

1 9 0 3 . N o . 6. d e r b i o l o g is c h e Un t e r r i c h t a n d e n n e u n k l a s s. Re a l a n s t a l t e n. S. 121.

P h an ta sie g e b ild e , ein in d er L u ft schw ebender V orschlag, sondern etw as, das sich ta tsä c h lic h aus d er T ra d itio n d e r frü h eren R ealschule I. 0 . an u n se re r A n s ta lt w e ite r e n tw ic k e lt und ver­

w ir k lic h t h a t. E s soll Ih n e n keinesw egs als v orbildliches M uster v o rg e fü h rt w erden, ich bin m ir se lb st m ancher Schw ächen unseres L e h r­

plans im E inzelnen seh r wohl bew usst, sondern n u r als ein unm assgebliches B eispiel, w ie man d u rch alle K lassen ein er A n sta lt m it n e u n jäh ­ rigem K u rsu s B iologie tre ib e n und fü r die Z w ecke d er allgem einen B ildung v e rw e rte n k a n n . E in s m öchte ich allerdings b e h a u p te n : ich w ü sste n ich t, w elches von den e rw äh n te n Ge­

b ieten ich fü r en tb eh rlich hielte, w eder die allgem eine B iologie noch die A nth ro p o lo g ie, die geologisch - paläo n to lo g isch e E n tw ick elu n g ebensow enig w ie die W irk sa m k e it d er chem ischen E n erg ie, sie bilden n ach meinem D afü rh alten ein zusam m engehöriges G anze. D ann d ü rfte ab e r auch w eiter einleuchten, dass dieses G ebiet ein so au sgedehntes ist, dass es eine volle A rb e its k ra ft in A n sp ru ch nim m t, und dass es k ein en lohnenden E rfo lg v e rsp rich t, dieses F eld sozusagen im N ebenberufe b eack ern zu lassen.

D ie H e r a n b i l d u n g v o n L e h r e r n , die, wie frü h e r die N a tu rg esch ic h te, B iologie und G eo­

logie, als H a u p tfac h w ählen, is t z u n äch st das w ic h tig ste Ziel u n se rer B estreb u n g en . Solche L e h re r m it v o ller L e h rb efä h ig u n g w erd en sich ab e r n u r dann finden, w enn sich ihnen ein er- sp riesslich es F e ld fü r ih re T ä tig k e it eröffnet, w enn es w ie d er Schulen g ib t, an denen ein n a tu rg e se h ic h tlic h e r U n te rric h t bis in die oberen K lassen d u rc h g e fü h rt w ird. D as is t ab er von H au s aus d er B e r u f d e r n e u n k l a s s i g e n R e a l a n s t a l t e n , a n i h n e n m u s s d i e Z a h 1 d e r n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n U n t e r ­ r i c h t s s t u n d e n s o h o c h b e m e s s e n w e r ­ d e n , d a s s h i e r a u s g i e b i g e G e l e g e n h e i t g e b o t e n w i r d f ü r e i n e g e d e i h l i c h e F o r t e n t w i c k e l u n g d e r M e t h o d i k u n d D i d a k t i k i n d e n n a t u r g e s c h i c h t l i c h e n F a c h e r n .

Man so llte ab er denken, dass auch schon u n te r den g e g e n w ärtig e n V erh ältn issen ein V er­

such g em ach t w erden k ö n n te , die N a tu rg e ­ sch ich te w ied er bis in die oberen K lassen d u rch zu fü h ren , w en ig sten s an d er O b e r r e a l - s c h u l e , in d er nach den preu ssisch en L e h r­

p län en die G esam tzahl d er fü r N atu rw issen ­ sc h a ft an g esetzte n S tu n d e n h öher ist, als an d e r frü h eren R ealschule 1 . 0 ., die doch auch diesen U n te rric h t d u rch alle K lassen fo rtse tz te . W e n ig e r le ic h t d ü rfte sich d ieser V ersuch a lle r­

dings bei dem h eu tig en R e a l g y m n a s i u m d u rc h fü h ren lassen u n d noch sch w ierig er bei den R e f o r m s c h u l e n in ih re r h eu tig en G e­

sta lt. Es is t von unserem S ta n d p u n k te a u f das tie fste zu bed au ern , dass die R eform be-

w eg u n g so v o llstän d ig in das F a h rw a sse r der N euphilologen g e ra te n ist. Als im J a h re 1888 d er „G esch äftsau ssch u ss fü r d eu tsch e S chul­

refo rm “ seine M asseneingabe an den H errn U n te rric litsm in iste r ric h te te , da h a tte e r auch die beso n d ere B ed eu tu n g d e r N atu rw isse n sc h a ft fü r die m enschliche B ildung a u f seine F ah n e g e sc h rie b e n ; bei d er O rganisation d er R eform ­ schulen h a t m an davon eig en tlic h n ich ts m ehr g eh ö rt. Im G eg en teil m ach t m an den V ersuch, d u rc h frem d sp rach lich e L e k tü re n a tu rw isse n ­ sc h aftlich e r S ch riften den eig en tlich en A n sc h au ­ u n g su n te rric h t en tb e h rlic h zu m achen. H o ffen t­

lich w ird m an in n ic h t allzu fern er Z e it von dem Irrtu m e zurückkom m en, au f diesem W eg e j einen E rs a tz zu suchen, und sich dazu ent- i schliessen, dem n a tu rw issen sch a ftlich en U n te r­

ric h te auch an den R ealgym nasien w ieder g rö sseren S pielraum zu gew äh ren . A b er viel­

le ic h t k ö n n te m an schon je t z t auch an diesen S chulen da, wo noch etw a biologisch g esch u lte L e h re r v o rhanden sind, den L eh rp län en eine gew isse ö rtlich e B ew eg u n g sfreih eit einräum en u n d d urch eine g eeig n ete an d erw eitig e V er­

te ilu n g d e r n atu rw isse n sc h a ftlic h en u n d m a th e ­ m atisch en U n te rric h tsstu n d e n im Sinne d er T hese 8 d e r H am b u rg er B eschlüsse fü r einen, w enn auch n u r in bescheidenen G renzen g e ­ p fle g te n , biologischen U n te rric h t bis in die oberen K lassen P la tz schaffen. Ic h sag e ab e r au sd rü c k lich — und m öchte das au f alle S chul­

a rte n a u sg ed eh n t w issen — wo noch biologisch g esc h u lte L e h re r z u r V erfügung steh en , denn ih re Z ahl is t bei d er je tz ig e n U n te rric h ts Ver­

te ilu n g seh r zusam m engeschm olzen. W a s ich schon in D ü sse ld o rf herv o rg eh o b en habe *J, m öchte ich h ier w iederholen : N u r v o n e i n e m L e h r e r , d e r s i c h d i e s e n U n t e r r i c h t w i r k l i c h z u s e i n e m L e b e n s b e r u f e g e ­ w ä h l t u n d s i c h s o z u s a g e n i n i h n h i n - e i n g e l e b t h a t , k a n n m a n e r w a r t e n , d a s s e r e s v e r s t e h t , d i e T a t s a c h e n d u r c h b i o l o g i s c h e G e s i c h t s p u n k t e z u v e r k n ü p f e n u n d z u e i n e m w i r k l i c h e n V e r s t ä n d n i s z u b r i n g e n , w i e a u c h d u r c h d i e s e V e r k n ü p f u n g e n i h r e g e d ä c h t n i s m ä s s i g e A n e i g n u n g z u e r l e i c h t e r n .

Wi e das b e z i e h u n g s l o s e B esch reib en und das A usw endiglernen von t o t e n F o r m e l n und i n h a l t l o s e n W o r t e n n u r dazu fü h rt, i n d e r J u g e n d d i e F r e u d e a n d e r N a t u r z u e r s t i c k e n , so w ü rd en auch die biologischen G e sic h tsp u n k te in d e r H and eines L a i e n , d e r sich s e lb st e tw a n u r aus B ü ch ern b e le h rt h a t, die G efahr h erb e ifü h re n , den U n t e r r i c h t z u v e r f l a c h e n , und da-

*) Unterriclitsblätter, Jahrg. V H I. 1902. No. ti.

S . 130.

(6)

S. 122. Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. Jahrg . IX . No. 6.

d u rch u n se re r Sache m ehr schaden als niitzen.

D ie H e ra n b ild u n g tü c h tig e r F a c h le h re r is t daher die u n en tb e h rlic h e V o rb ed in g u n g fü r eine g e ­ d eihliche E n tw ic k e lu n g des n a tu rg esch ich tlich en U n te rric h ts.

B ei unseren B estreb u n g en hoffen w ir au f die U n te rstü tz u n g dieses V ereins, d e r sich ja die F ö rd e ru n g n ic h t n u r des m ath em atisch en , sondern auch des g esam ten n a t u r w i s s e n ­ s c h a f t l i c h e n U n te rric h ts zu r A ufgabe g e­

m ach t hat.

F ü r das h u m an istisch e G ym nasium g a lt zu A nfan g des 19. J a h rh u n d e rts allerdings das P ro g ra m m : „ M a t h e m a t i k und S p r a c h e n , G egensatz u n d E rg ä n zu n g , ergänzen sich au f das g lü c k lic h s te : beide b ieten eine R eihenfolge von U ebungen, ab e r von versch ied en er A rt, sodass alle in te lle k tu e lle n F ä h ig k e ite n zu F e r tig ­ k e ite n sich zu bilden an ihnen die angem essenste G eleg en h eit h a b e n .“ *) D ie N a ch w irk u n g dieses P ro g ram m s m ach t sich auch im L e h rp län e der R ealsch u len bis in die G e g en w art hin ein b e ­ m e rk b ar. A ber es b e d a rf gew iss in dieser V er­

sam m lung k eines besonderen H inw eises darauf, dass es „ in te lle k tu e lle F ä h ig k e ite n “ g ib t, die w e d e r d u rch die M ath em atik noch durch die S p rach en hin reich en d g e fö rd e rt w erd en k ö n n e n ; w as w ir h ier verm issen, is t d i e P f l e g e d e r A n s c h a u u n g u n d d e r B e o b a c h t u n g s ­ g a b e , die G r u n d l a g e d e r E r f a h r u n g und a lle r u n serer K en n tn isse von den äusseren D ingen. D as dem h um anistischen G ym nasium zu G ru n d e geleg te System fü h rte zu dem E rg eb n is, das schon in dem b e k a n n te n ä rz tlic h e n G u t­

ac h ten ü b er das hö h ere S chulw esen E isass- L o th rin g e n s vom J a h re 1882 g ek en n zeich n et i s t : „dass n ic h t w enige d e r M edizin-S tudierenden tr o tz z eh n jä h rig e r V o rb ereitu n g a u f g e le h rte n Schulen u n fäh ig sind, einfache sinnliche E r ­ scheinungen schnell u n d genau aufzufassen, das B e o b a c h te te sp rach lich ric h tig w iederzugeben u n d m it d e r n ö tig en S ic h e rh e it U rte ile und Schlüsse zu z ie h en .“

In dieser form alen H in sic h t sin d ab e r g erad e die A n sch au u n g sw issen sch aften Z o o l o g i e , B o ­ t a n i k und G e o l o g i e wie kaum ein an d erer Z w eig d e r N atu rw isse n sc h a ft g eeig n et, erziehend zu w irk e n , indem sie die au sg ieb ig ste G eleg en h eit b ieten , die B eo b ach tu n g sg ab e n ic h t n u r an k ü n stlic h e n A p p a ra te n , sondern v o rw iegend an e c h ten N a tu rk ö rp e m u n d w irk lich en N a tu rv o r­

g än g e n zu üben. Ohne im g e rin g ste n den W e r t des p lan m ässig an g e leg ten V ersuches zu u n te rsc h ä tz en , von dem ja auch d e r U n te rric h t in d e r B iologie w ie in d er G eologie h e u tz u ta g e au sg ieb ig en G ebrauch m a c h t, so is t doch das

*) Vergl. P. P a u l s e n , Geschichte des gelehrten Unterrichts. Bd. II., 1897. S. 292, mit Hinweis auf eine Programm arbeit von A. F. Bernhardi vom Jahre 1815.

B egreifen und V erstehen d e r w i r k l i c h e n N atu rfo rm en und des u n b e e i n f l u s s t e n N a tu r­

geschehens d e r E n d z w e c k des n atu rw isse n ­ sch aftlich en U n te rric h ts. D ie S c h w ierig k eit aber, die ohne Z w eifel m it d er E rre ic h u n g dieses Zieles v erb u n d en ist, d ü rfte es nocli einm al m it b eso n d erer Schärfe h e rv o rtre te n la ssen , w ie v e rk e h rt es w ar, den U n te rric h t in d er N a tu r­

g esch ich te a u f die u n te re n und m ittle re n K lassen u n serer höheren L e h ra n sta lte n zu b eschränken.

D e r b io lo g is c h e U n te r r ic h t a n d e n s e c h s k la s s ig e n R e a ls c h u le n .

Bericht., erstattet auf der Hauptversammlung zu Breslau*).

Von B a s t i a n S c h r n i d (Zwickau).

D as reg e In teresse, das m an g e g e n w ä rtig den biologischen U n te rric h tsfä ch e rn e n tg e g e n ­ b rin g t, g ilt in e rs te r L in ie den neunklassigen A n stalten , u n d das h a t in so fern seine B e re c h ti­

gung, als diese S chulen im V e rh ältn is zu den sech sk lassig en in den m eisten d eu tsch en S ta a te n n u r sp ärlic h m it diesen D isziplinen b e d a c h t sind. F ü r uns k an n das n a tü rlic h k ein G ru n d sein, die R ealschule m it ih rem Z w ecke, eine hö h ere b ü rg erlich e B ildung zu gew äh ren , bei unseren B e streb u n g en zu vergessen. D ad u rch , dass diese S c liu lg a ttu n g m it ihrem sech sjäh rig en K u rsu s fü r w e itau s die g rö sste M ehrzahl d er A bgehenden einen B ild u n g sab sch lu ss b e d e u te t, m uss d er W e rt d e r einzelnen fü r diese S chule in F ra g e kom m enden B ild u n g sfa k to re n besonders ins A uge g efa sst w erden. S elb stre d e n d k a n n es sich fü r uns n u r um die N a tu rw issen sch aften handeln, und zw ar m üssen w ir p rü fe n , ob die einzelnen G ebiete in dem ihnen g eb ü h ren d en U m fang g e le h rt w erden, so dass ein ab g e ru n d e te s W issen , ein ein h eitlich es B ild im G eiste des S chülers en tstellen kann.

D ass h in sich tlic h d er A u sd eh n u n g d er ein­

zelnen n a tu rw issen sch aftlich en D isziplinen die M einungen noch seh r w e it au sein an d erg eh en , das z e ig t ein B lick a u f die L eh rp län e d er S ta a te n P reu ssen , Sachsen u n d B ayern. P reu ssen fü h rt den zoologisch-botanischen U n te rric h t m it zw ei S tu n d en d u rch alle K lassen und e rfü llt d am it die A n fo rd eru n g en d e r B iologen aufs b este. D agegen m ach t sich d u rch den U m stand, dass von den 18 n a tu rw issen sch aftlich en S tu n d en n u r sechs fü r P h y sik , Chemie u n d M ineralogie verbleiben, ein sch w ere r M angel fü h lb a r. — Sachsen h a t 19 S tu n d e n fü r N atu rw isse n sc h a fte n a n g esetzt, die sich folgenderm assen v e rte ile n : D e r U n te rric h t in den b iologischen F äc h e rn g e h t z w e istü n d ig bis zu r 2. K lasse, wo e r dann n u r noch e in stü n d ig e r te ilt w ird und m it dem Som m ersem ester a b sch liesst. (Im W in te r w ird diese S tu n d e fü r M ineralogie verw en d et.) A u f

*) S. Unt.-Bl. IX., 3, S. 60.

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1903. No. 6. De r b i o l o g i s c h e Un t e r r i c h t a n s e c h s k l a s s. Re a l s c h u l e n. S. 123.

P h y sik , Chem ie u n d M ineralogie e n tfallen in s ­ g esam t 10 — 11 S tunden. H ie r kom m en e n t­

schieden die biologischen W issen sch a ften zu ku rz.

B ayern sodann m it ebenfalls 19 S tunden n a tu rw isse n sch aftlich en U n te rric h t h a t insofern ganz eig e n artig e ab e r durchaus n ic h t v o rbild­

liche V e rh ältn isse, als die biologischen F ä c h e r n u r in den drei u n te rste n K lassen a n g esetzt sind. F ü r P h y sik verbleiben sieben und fü r Chem ie n e b s t M ineralogie sechs S tunden. W enn m an b ed en k t, dass d er speziell e x a k tn a tu rw isse n ­ sch aftlich e U n te rric h t n e b st M ineralogie in Sachsen u n d B ayern ein P lu s von fünf, bezw . sieben S tu n d en g eg en ü b er den p reussischen R ealschulen aufw eist, und w enn m an fe rn e r erw ä g t, dass d o rt fü r den n atu rw isse n sc h a ft­

lichen U n te rric h t ü b e rh a u p t eine S tu n d e m ehr a n g e se tz t ist, dann m üssen w ir an g esich ts d er W ic h tig k e it u n serer ex ak ten N atu rw issen sch a ften d a ra u f dringen, eine w eitere S tu n d e fü r unsere F ä c h e r zu erlan g en . D iese F o rd e ru n g lie g t n ic h t n u r im In te re sse d er b etreffenden D is­

ziplinen, so n d ern auch im In te re sse d er biolo­

gischen, j a d er allgem einen n a tu rw isse n sc h a ft­

lichen B ild u n g ü b e rh a u p t. U nd dass es em pfind­

liche L ü ck en auszufüllen g ib t, das z e ig t uns ein B lick a u f die Chemie.

D ie ganze B eto n u n g bezw . das F ehlen der org an isch en Chem ie in den m eisten L eh rp län en u n se re r deu tsch en R ealgym nasien und R e a l­

schulen — B ayern m a ch t eine a n e rk en n u n g s­

w e rte A usnahm e — m uss en tsch ied en als ein sc h w e re r M angel b ezeich n et w erden. E in e F ülle von B ildungsstoff e n tg e h t d ad u rch d e r Schule, und das g esam t n a tu rw isse n sc h aftlich e Bild, das m an dem S ch ü ler m itg ib t, is t ohne die o rg a ­ n ische Chem ie lü ck e n h aft. O der k an n etw a das B ild a u f V o llstän d ig k eit A nspruch m achen, w enn n u r die anorganische N a tu r b e rü c k sic h tig t w ird u n d die Chem ie d er O rganism en, des einzelnen K ö rp ers, d er N a h ru n g sm itte l keine E rw ä h n u n g fin d e t? H e isst es n ic h t d e r E in h e itlic h k e it der N atu rau ffassu n g e n tg e g e n a rb e ite n , w enn m an im S ch ü ler die U eberzeu g u n g aufkom m en lässt, als w äre zw ischen an o rg an isch er und o rg an isch er Chem ie eine g rosse S cheidew and, als handle es sich h ie r um ein anderes V erh alten d er E le m e n te ? U nd diese U eb erzeugung k a n n im S c h ü le r leich t e n ts te h e n , is t sie doch von den N atu rfo rsc h e rn bis fa s t z u r H ä lfte des vorigen J a h rh u n d e rts und einem C hem iker w ie B erzelius noch v e rtre te n w orden.

D ie D a rste llu n g des H arnstoffs aus einer an o rg an isch en V erbindung, die S y n th ese der E ssig säu re, d er F e tte usw . h a t g ezeigt, dass d ie o rganischen V erbin d u n g en dem E influss d e r­

selben K rä fte u n terlieg e n w ie die an o rg an isch en u n d dass m an von d e r A nnahm e ein er besonderen L e b e n sk ra ft absehen k an n . Und d am it is t die

S cheidew and gefallen, wie auch das W o r t „o r­

g a n isc h “ fü r den C hem iker n u r noch eine histo risch e B ed e u tu n g h a t.

Man w en d et m ir e in , dass die E in fü h ru n g der organischen Chem ie in den L e h rp la n eine U e b e rb ü rd u n g m it sich b rin g t. D as trifft zu ­ n ä c h st inbezug au f R ealgym nasien d u rch au s n ic h t zu. Es muss d a ra u f h ingew iesen w erden, dass es, w ie die R e su lta te ergeben haben, se lb st in solchen R ealschulen, wo es sich n u r um einen zw eijäh rig en (je zw eistündigen) C hem ie­

k u rsu s h an d elt, wie in B ayern, ganz g u t m ög­

lich ist, w en ig sten s ein volles h albes J a h r o r­

ganische Chemie zu betreib en , und das w ill schon viel sagen. A uch in Sachsen g e s ta tte n es die Z e itv e rh ä ltn isse dieses F a c h m ühelos h eranzuziehen. (Ich s e lb st k an n h ie r aus E r­

fa h ru n g sprechen.)

W en n die an o rg an isch e Chemie, s t a t t um ­ stän d lich bei den G rundzügen d e r A tom lelire und d e r chem ischen Z eich en sp rach e sich au f­

zu h alten (wie das häufig d e r F a ll ist), nach i einführenden V ersuchen b ald in s V olle ginge und die e rw äh n te n K a p ite l n ic h t an tizipieren, so n d ern die B egriffe m eth o d isch an den einzelnen E lem en ten en tw ick eln w ürde, u n d w enn fern er die S tö ch io m etrie zw eckm ässigerw eise w en ig er b e rü c k sic h tig t w ü r d e , d ann w äre auch g e ­ n ü g en d Z e it fü r die o rganische Chem ie, und d am it is t g e s a g t, dass w ir unseren zoolo­

gischen, b o tan isch en u n d physiologischen U n te r­

r ic h t von ein er d e r in te re ssa n te ste n S eiten b eleu ch ten und das V erstän d n is d er a n o rg a ­ nischen Chem ie nach ih re r stereochem ischen S eite hin v e rtiefen und ausbauen k ö nnten.

Im allgem einen s te llt m an sich die S ch w ierig ­ k e ite n d er org an isch en Chem ie zu g ro ss vor.

D ass solche v orhanden sind, m uss ohne w eiteres zugegeben w erden, dass diese ab e r g rö sse r w ären als je n e , die sieb a u f anorganischem G ebiete zeigen, h a lte ich fü r ausgeschlossen.

So fallen z. B. s e lb st die Iso m eriev erh ältn isse den in a n o rg an isch er Chem ie g u t g e sch u lten S chülern n ic h t allzuschw er.

W elch e K ap itel d e r org an isch en Chemie sollen w ir h e ra u sg re ife n ? W ü rd e es genügen, die Chem ie d e r K o h len h y d rate u n d d er E iw eis­

stoffe zu b e h a n d e ln ? F ü r R e a la n sta lte n n ic h t.

W ir b rau ch en den sy stem atisch en Z usam m en­

hang, d er d u rch die K ohlenstoffchem ie g eh t, und dem nach m üssen w ir aus d e r P e ttre ih e die g e s ä ttig te n und u n g e sättig ten K o h lem v assersto ffe, Hie A lkohole, A ldehyde u n d Säuren, H alogene, K o h le n h y d ra te usw ., aus d e r B enzolreihe die w ic h tig ste n B en zo ld eriv ate in B e tra c h t ziehen.

W o es an g än g ig is t und keine zu grossen S ch w ierig k eiten v o rlieg en , m uss m an a u f die S tru k tu rv e rh ä ltn isse und a u f die th e o re tisc h e A b le itu n g d er F o rm eln u. a. eingehen (A lkohole,.

A ldehyde, S äuren). H in g eg e n w ü rd e es schon

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S. 124. Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. Jah rg. IX . No. 6.

zu viel Z e it b eanspruchen, um sich z. B . au f die S tr u k tu r d er F arb sto ffe e in z u la sse n ; hier re ic h t ein H inw eis a u f die p ra k tisc h e V erw ertu n g und in d u strie lle B ed eu tu n g aus.

D as E lem en t K o h len sto ff, das dem S chüler in d er an o rg an isch en Chemie in v erh ältn ism ässig w en ig V erbin d u n g en v o r A ugen tr a t, z e ig t sieb j e tz t in einer u n g eh eu eren M a n n ig faltig k eit von V erbindungen, und nirg en d s in d er K ohlenstoff- cliemie feh lt es an A n k n ü p fu n g sp u n k te n an die biologischen W issen sch aften und die P hysiologie des M enschen. Schon d e r einfache K ohlen­

w asserstoff, das M ethan, h a t uns R ech en sch aft abzulegen ü b er seine E n ts te h u n g in Süm pfen und die B eziehungen z u r Pflanzen- u n d T ie r­

w elt. K om plizierte K ohlenw asserstoffe (P e tro ­ leum ) geben d urch ih re tierisch e od er pflanzliche A b k u n ft A n k n ü p fu n g sp u n k te an die p a läontolo- giscbe S eite u n serer D isziplinen. D as m an nigfaltige G eb iet d er A lkohole g ib t eine R eihe von w ich­

tig e n G esich tsp u n k ten , die uns einerse its m it den M ikroorganism en, an d erseits m it K eim ungsvor­

g ängen in B erü h ru n g brin g en . Die S äuren, die K o h len h y d rate und zw ar die B e d eu tu n g le tz te re r fu r die E rn ä h ru n g sow ohl als der H inw eis au f die E n ts te h u n g im P flan zen k ö rp er, der H a rn ­ sto ff als ein w ich tig es P ro d u k t des Stoffw echsels, die Chemie des S tein k o h len teers, d er E iw eiss­

stoffe, d e r H arze usw . — das alles e n th ä lt eine F ü lle von A n k n ü p fu n g sp u n k te n , die fü r die Zoologie, B o ta n ik , H ygiene, N ah ru n g sm ittel- chem ie — und g erad e diese w ollen w ir in d er Schule n ic h t vergessen — se h r w ertv o ll sind.

U nm öglich können w ir an dieser W issensfülle Vorbeigehen, und n u r d adurch, dass w ir eine w issen sch aftlich e G rundlage d e r organischen Chem ie a n streb en , is t uns G ew äh r d a fü r g e­

b o te n , dass das H ereinziehen biologischer K a p ite l von n a c h h a ltig e r W irk u n g sein w ird.

A u sser d e r organischen Chem ie g e s ta tte n die anorganische, die M ineralogie und G eo­

g ra p h ie au f das B iologische h in ü b erzu g reifen , u n d z w ar lä sst sich das in n erh alb d e r gegebenen L e h rp lä n e le ic h t erm öglichen. D a is t es der K re isla u f des K ohlenstoffs u n d des S tickstoffs, das E lem e n t S tic k sto ff sow ohl w ie seine V er­

b in d u n g e n ; die P h o sp h o r-, K alium -, K alcium -, M agnesium - und E isensalze lenken v o r allem die A u fm erk sam k eit a u f die E rn ä h ru n g sv e rh ä lt­

nisse d er Pflanzen. (W ir dürfen bei dieser G eleg en h eit n ic h t versäum en, Pflanzen in N ähr- salzlösungen zu ziehen.

In M ineralogie sin d es n ic h t n u r gew isse M ineralien w ie F e ld sp a t, A p a tit, S alp e ter, deren h e rv o rrag en d e B e d e u tu n g fü r die P flan zen w elt zu w ü rd ig en is t, sondern auch die V orgänge d e r V e rw itte ru n g , d e r physik alisch en sow ohl w ie d e r chem ischen und selb stre d e n d derjenigen U m w andlungen, die d urch die T ier- u n d P fla n z e n -

w e lt (U m satz von K alk und K ieselsäure) h e r­

v org eru fen w erden.

W ir g edenken d er zerstö ren d en W irk u n g e n des in den K ap illaren d er G esteine z irk u lie re n ­ den und g efrieren d en W assers, d er W irk u n g e n je n e r F a k to re n , w elche eine Z ertrü m m eru n g und Z erk lein eru n g g rö sse r G esteinsm assen bedingen, d e r m it S au ersto ff oder K ohlensäure beladenen, chem isch w irk en d en W a sse rm a sse n , d e r Z e r­

stö ru n g en d u rc h die W u rze ln der Pflanzen, w elche dem G estein K alium , K alk und P h o s­

p h o rsäu re etc. entziehen und die d u rch die V e rw itte ru n g ein g ele ite ten V orgänge b esch leu ­ nigen. U nd als w ich tig es E n d p ro d u k t b e tra c h te n w ir die B o d en arten , die nam entlich in u n sere r Z one d u rch den Jah re sz e ite n w ec h se l fü r die P flan zen w elt besonders p rä p a r ie rt w erden. Von liier aus, näm lich von der p h y sik alisch en und chem ischen B eschaffenheit des B odens, ergeben sich w ich tig e G e sich tsp u n k te fü r die L e b e n s­

verh ältn isse d er P flanzenw elt.

V ergessen w ir sodann n ich t, bei d er g eo ­ logischen F o rm atio n die fü r biologische W isse n ­ sch aften bed eu tsam en p aläo n to lo g isch en M om ente auszunutzen.

H in sich tlich d e r V erb in d u n g von N a tu rk u n d e u n d G eog rap h ie h a t S achsen in den neuen L e h r­

p län en fü r R ealgym nasien (22. D ezem ber 1902) eine fü r den n a tu rk u n d lic h e n U n te rric h t h o ch ­ w ich tig e B estim m ung getroffen. Es h e isst d o rt u n te r § 22 (G e o g ra p h ie ):

V on U n te rte rtia ab h a t die U n terw eisu n g , jed o ch ohne die p ra k tisc h e A ufgabe des F ach es dabei a u sser a c h t zu lassen, d a ra u f b e d a c h t zu sein, die Ei-scheinungen a u f d e r E rdoberfläche nach ih ren u rsäch lich en Z usam m enhängen zu be­

handeln. D er U n te rric h t a u f dieser S tu fe is t d ah er tu n lic h s t n a tu rw isse n sc h a ftlic h v o rg eb ild eten L e h rern zu ü b e rtra g e n u n d in B eziehung zum U n te rric h t in N a tu rk u n d e und N a tu rle h re zu setzen. D e r ein stü n d ig e U n te rric h t von I I b bis I b is t w om öglich dem L e h re r d e r N atu rw isse n ­ sc h a ft in diesen K lassen zuzuw eisen.

Dass sich z ah lreich e A n k n ü p fu n g sp u n k te b ieten , das lie g t schon in dem assoziierenden C h a ra k te r d er G eographie. D am it is t n u n n ic h t g esag t, dass d e r U n te rric h t in E rd k u n d e au f G eo lo g ie, A n th ro p o lo g ie , P alä o n to lo g ie od er irg e n d w elche N atu rw issen sch a ften hin au slau fen soll. So is t es z. B. n ic h t n o tw en d ig , dass d er G e o g rap h ieleh rer die verschiedenen geologischen F o rm a tio n en b e sp ric h t, es is t a b e r ungem ein w ic h tig , a u f den geologischen A u fb a u eines L andes einzugehen, ob es z. B. aus Schw em m ­ land, G ra n it, K alk ste in etc. b e ste h t.

E s w ü rd e v e rk e h rt sein, bei d e r K lim atologie eines L andes eingehende p h y sik alisch e B e tra c h t­

un g en an zu stellen , ab e r die V erh ältn isse d e r W in d e , N ie d e rsc h lä g e, d e r M eeresström ungen m üssen b e rü c k sic h tig t w erden. H in sich tlich d e r

(9)

1903. No. 6. Di s k u s s io n ü b e r d e n b io l o g is c h e n Un t e r r i c h t. S. 125.

Zoologie und B o ta n ik w ird es sich n ic h t n u r um das V orkom m en von L ebew esen an den v ersch ied en ste n S tellen d er E rd e h andeln, son­

dern auch um die A b h ä n g ig k e it d er L eb ew elt von den B odenverhältnissen, m itu n te r auch um A bstam m u n g sv erh ältn isse. D a g edenken w ir d e r versch ied en sten V egetationsform en m it be­

stim m ten E a rb e n c h ara k te re n , d er eigentüm lichen A u sbildungen d e r v eg eta tiv en O rgane (L u ft­

w urzeln, B lä tte r d er K ak teen etc.), d e r W a n d e r­

ungen d e r Sam en, d er B eziehungen d er Pflanzen- (T ier-)w elt zu au sg esto rb en en A rten (Stam m ­ baum ) etc. D ie T ierg e o g rap h ie z e ig t uns das T ie r in sein er A b h än g ig k eit vom K lim a, von d e r L ag e u n d d er Pflanzenw elt, sie w e ist au f die A u sb ild u n g u n d Z w eck m ässig k eit d er S innes­

und B ew egungsorgane hin, a u f A n p assu n g sv er­

h ä ltn isse w ie H a u tfarb e, das V orhandensein eines P elzes u. a.

B erü ck sich tig en w ir m. H. die R ec h te der org an isch en Chemie, sow ie die K o n zen tratio n d e r verschiedenen n a tu rw issen sch aftlich en U n te r­

rich tszw eig e und d e r G eographie, und w ir führen un sere S ch ü ler dem V erstän d n is d er N a tu r näh er. H a lte n w ir fest, dass uns die N a tu r in dem w u n d erb aren Z usam m enw irken ih re r K rä fte s te ts als G anzes, als E in h e it e n tg e g en ­ tr i t t , und d ann können w ir sagen, dass w ir au f dem re c h te n W eg e sind, eine einheitliche N a tu r­

auffassung anzubahnen.

I n H in b lick au f dieses Z iel m üssen w ir so­

wohl fü r R ealgym nasien als auch fü r R ealschulen organische Chem ie als U n te rric h tsg e g e n stan d an­

stre b e n . W ä h re n d w ir ab er an den R ealgym ­ n asien und sächsischen R ealschulen m it den gegebenen Z e itv erh ältn isse n auskom m en können, m ü sste m an fü r p reu ssisch e R ealschulen eine w e ite re U n te rric h tsstu n d e in E rw ä g u n g ziehen, u n d zw ar k ö n n te diese n ic h t n u r fü r organische Chem ie, so n d ern auch fü r M ineralogie, d en s te ts v ern a c h lä ssig te n U n te rric h ts g e g e n s ta n d , v e r­

w e n d e t u n d d e r II. K lasse zu g ed ac h t w erden.

D ass d urch dieses P lus von ein er S tu n d e keine U eb e rb ü rd u n g en tste h en w ürde, das z e ig t uns ein V ergleich d er G esam tstundenzahl d er oberen K lassen d e r R ealschulen P reu ssen s, B ayerns und S a c h s e n s : P re u ssen h a t je 30, B ayern je 34, Sachsen je 32 Stunden.

D isk u ss io n über den b iologisch en U nterricht an den h öheren Schulen. *)

D ie Ausdehnung der einleitenden Referate brachte die Notwendigkeit m it sich, die Redezeit für die ein­

zelnen Teilnehmer an der Diskussion zu beschränken, die Ausführungen der einzelnen Redner betrafen in­

folgedessen vorzugsweise allgemeine Gesichtspunkte.

Zuerst ergriff das W ort K r e b s (Münster i. Eis.), der dabei z. T. auf seinen Tags vorher gehaltenen Vortrag über den naturgesehichtlichen Unterricht an den elsass-

*) S . U .- B l. I X , 3, S . so .

lothringischen Realanstalten Bezug nahm , und daran anschliessend ausführte:

Herr Professor Fricke schien zuerst die Oekologie auf das Pflanzenreich beschränken zu wollen. A us seinen weiteren Ausführungen entnehme ich m it Genugtuung, dass er ihr auch umfassende Geltung für das Tierreich zugesteht, damit ist aber ein wesentlich geographisches Moment im biologischen Unterricht zugestanden.

Durch den Abschluss des naturbeschreibonden Unterrichts in I I R m it Warenkunde ist keineswegs be­

absichtigt, Kaufleute oder Droguisten zu erziehen. V iel­

mehr sollen die der Verknüpfung harrenden Fäden aus dem früheren naturbeschreibenden Unterricht in einer den abgehenden Schülern praktisch verwertbaren und zugleich dem früheren vorwiegend ökologischen Betrieb desselben angemessenen W eise zu einem haltbaren K noten geschürzt werden. D ie Realschüler gehen, wie im Vortrag nachgewiesen, grösstenteils nach Bestehen der ersten Abschlussprüfung ab. Sie gehen zum aller- grössten Teile also in gewerbliche oder subalterne Berufe über, für deren Vorbildung naturgemäss die praktischen Gesichtspunkte vorwiegen müssen.

H a c k s (Kattowitz) hält auch seinerseits keinen einzelnen Teil des von Fricke aufgestellten Lehrplans entbehrlich, allerdings befürchte er, dass die Durch­

führung der Frickeschen Vorschläge auf mannigfache praktische Schwierigkeiten stossen werde, die gerade hei der Schulverwaltung den A usschlag geben würden.

Inhaltlich könne er sich m it der Bedeutung, die Fricke dem Finalitätsbegriffe als dem unterscheidenden Moment für die Grenzbestimmung zwischen dem Gebiet der organischen und dem der anorganischen W elt beilege, nicht befreunden. Das grosse Verdienst des Darwinismus sei das, den Zweckbegriff als naturwissenschaftliches Erklärungsmittel entbehrlich gemacht zu haben.

P i e t z k e r (Nordhausen) urteilt über die Bedeutung der Finalität für die Erklärung der Naturvorgänge ähnlich wie F ricke, verzichtet aber hei der Knapp­

heit der Z eit auf eingehendere Darlegung seiner A uf­

fassung und schlägt vor, dieses Thema, das zu dem eigentlichen Gegenstand der Diskussion nur in loser Beziehung stehe, überhaupt von der weiteren Debatte auszusphliessen.

Obersohulrat S t o 11 e (Strassburg i. E.) ist ein warmer Anhänger der Durchführung des biologischen Unterrichts bis in die obersten Klassen, erhebt aber gegen die Einzelheiten des von Fricke vorgeschlagenen Lehrplans Bedenken. In diesem vermisse er die er­

forderliche Rücksicht auf die Bedürfnisse der m it dem Einjährigenzeugnis abgehenden Schüler, deren doch ein gewisser Bildungsabschluss zu gewähren sei. D ie Vor­

legung der letzten Kapitel aus der Naturgeschichte des Tierreichs und der A nthropologie nach Ober-Sekunda, wie sie Fricke Vorschläge, stehe damit nicht im E in­

klänge.

P o s k e (B erlin ): Zu dem Referat des Herrn Landsberg möchte ich bemerken, dass die von ihm vorgeschlagene Erweiterung des chemischen Kursus am Gymnasium, nach seinen eigenen Worten, ganz auf der Oberfläche bleibt, daher nur zu oberflächlichem Wissen oder vielmehr Nichtwissen führen kann. Es ist besser (wie ich an anderem Orte ausgeführt habe), einen wesentlichen M angel der Gymnasialbildung in dieser R ichtung offen einzugestehen. Der für die Oberstufe gemachte Vorschlag, eine Physikstunde während eines Semesters an die B iologie abzugeben, wird vom Herrn Referenten selbst als eine nur in einzelnen günstigen

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