• Nie Znaleziono Wyników

Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 17. Jg. 1929, 8. März, Heft 10.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 17. Jg. 1929, 8. März, Heft 10."

Copied!
16
0
0

Pełen tekst

(1)

DIE NATURWISSENSCHAFTEN

17« Jahrgang 8. März 192g Heft 10

D ie K re b s z e lle 1.

V on Al b e r t Fi s c h e r, Berlin-Dahlem .

(Aus dem K aiser W ilhelm -Institut für Biologie, G astabteilung Dr. A . Fi s c h e r aus Kopenhagen.) Meine D am en und Herren! D er K reb s ge­

hört zu den K rankheiten, die am frühesten er­

kannt und beschrieben worden sind, und doch ist seine E rforschung erst heute für wissen­

schaftliche M ethoden zugänglich geworden. D ie K rebsgeschw ulst selbst und der Organism us, der sie beherbergt, w ar der Z entralpunkt, um den sich diese ersten Forschungen drehten. M it der E ntw icklun g der m ikroskopischen Techn ik sam ­ melte sich das Interesse um den B au der K reb s­

geschwulst und um die Zellen, aus denen das G e­

schwulstgewebe zusam m engesetzt ist. A u f diesem Stadium der U ntersuchungen ist die K rebsfor­

schung m erkwürdigerweise die letzten 3 Jahrzehnte hindurch stehengeblieben. E s besteht kein Zw ei­

fel, daß die bakteriologische Ä ra gerade in dieser Periode ihre Spuren auch auf dem Gebiete der K rebsforschung hinterlassen hat. Zum Teil h at sie ihr eine experim entelle R ich tu n g gegeben, aber meiner Meinung nach w ar sie auch die d irekte U r­

sache der Verzögerung von w irklichen F ortsch rit­

ten in der Forschung. F ast 30 Jahre lang h at man in L aboratorien K rebsgew ebe von T ier zu T ier überim pft unter der mehr oder weniger fixen V o r­

stellung, daß ein Erreger die Ursache dieser K ran k ­ heit ist. Diese Versuche haben uns indessen keinen Grund zu der Annahm e einer Infektionstheorie gegeben.

W ährend die Behandlung einer ganzen R eihe von K rankheiten, z. B. Störungen in der F unktion der Bauchspeicheldrüse, Schilddrüse usw. durch und durch auf w issenschaftlicher G rundlage be­

ruht, ist die Behandlung der K reb skrankh eit noch ganz empirisch. W ir können nicht erw arten, daß der E ntstehung m aligner G eschwülste vorgebeugt oder eine H eilung durchgeführt werden kann, so­

lange die Bedingungen für ihre E ntstehung oder ihr W achstum unbekannt bleiben. D as K reb s­

problem muß von einem physiologischen Gesichts­

punkt aus angegriffen werden.

Unsere bisherigen E rfahrungen haben uns ge­

lehrt, daß chemische, physikalische, parasitäre und bakterielle Einflüsse auf einen Organismus die E ntstehung von K rebs bewirken können. M it anderen W orten : die verschiedensten chronischen Reize in einer passenden Q u an tität und D auer können die K ran k h eit zum E ntstehen bringen.

K rebs beteiligt sich an dem fundam entalsten aller biologischen Prozesse, näm lich an der R egenera­

tion und dem W achstum und besteht tatsächlich 1 V ortrag gehalten vor der Kaiser Wilhelm-Gesell­

schaft in der Berliner U niversität am 9. Januar 1929.

in einer A bw eichung von den norm alen Vorgängen.

D as Problem des W achstum s von bösartigen Zellen muß deshalb, wie bei normalen Zellen, von einer physiologischen Seite studiert werden. G anz wie norm ale Gewebezellen und B akterien können K reb s­

zellen n icht allein durch ihre Morphologie definiert werden, sondern auch durch ihre physiologischen Eigenschaften.

E rst m it H ilfe vo n 2 hervorragenden neuen U ntersuchungsm ethoden: D er T echnik der Züch­

tu n g tierischer Gewebezellen außerhalb des Or­

ganismus und der von Ot t o W a r b u r g ausgearbei­

teten T echnik zur Messung des respiratorischen Stoffwechsels der Gewebe ist es m öglich geworden, die Physiologie der K rebszelle zu studieren und qu alitative B egriffe m it qu an titativen V erh ält­

nissen auszutauschen. D ie K rebszelle ist eigentlich dadurch erst zu dem modernen B egriff von heute geworden. A u f Grund des durch diese Methoden E rforschten w ill ich versuchen, Ihnen die lebende K rebszelle zu charakterisieren. N atürlich sind wir uns darüber klar, daß dieses B ild einer K rebszelle noch w eit davon entfernt ist, vollständig zu sein.

Es ist Ihnen sicher bekannt, daß die verschie­

denen Gewebezellen außerhalb des Organism us ge­

zü ch tet werden können. W ir besitzen Stäm m e von solchen Gewebezellen, von denen einige m ehrere Jahre alt sind, einer h at eben in diesen T agen seinen 17. G eburtstag. Sie können zu physiologischen Experim enten b enu tzt werden. Ihr W ach stum kann gemessen werden. D ie Zellen reagieren näm ­ lich prom pt auf Veränderungen in den um gebenden Medien der K on zen tration von Substanzen, die das W achstum befördern oder hemmen. Zum E xp erim ent brauchen w ir R einkulturen von Zellen in einem bekannten Zustand von A k tiv itä t und gezü ch tet in Medien von konstanter Zusam m en­

setzung. H ierm it können Versuche über den E in ­ fluß eines Gewebes auf ein anderes und den E in ­ fluß, den die O rganflüssigkeit auf die Zellen aus­

üben, angestellt werden. W ir sind außerdem in der Lage, bösartige Gewebezellen, also echte K reb s­

zellen, m it der gleichen Sicherheit zu züchten wie Bakterien, Tuberkelbacillen, Pestbacillen usw.

V o r beinahe 6 Jahren ist es uns gelungen, die ersten perm anenten Stäm m e von Krebszellen an­

zulegen. E s w aren Hühnersarkom zellen, die dem berühm ten R o u s-Sarkom angehören. Übrigens hat dieser H ühnerkrebs lange Zeit beim Pathologen in M ißkredit gestanden. Es zeigte sich nämlich, daß diese Geschw ulst durch ein zellfreies F iltra t von G eschw ulstpreßsäften auf gesunde H ühner übertragen werden kann. D ies erw eckte durchaus

Nw. 1929 12

(2)

Fi s c h e r: Die Krebszelle.

[

Die N atur­

wissenschaften

den E indruck, daß man es doch m it einem E rreger zu tun h ätte, der durch die feinsten Poren eines Porzellanfilters hindurchgepreßt werden könnte.

D ie U ntersuchungen des B aues eines solchen G e­

schw ulstgew ebes ergaben, daß es aus m ehreren Zellarten besteht. B ei Züchtung eines kleinen Stückchens von Geschw ulstgew ebe konnte man ein W achstum von 2 ganz verschiedenen Zellform en beobachten, einen bindegewebsähnlichen Z elltyp und eine typische W anderzelle m it lebhaften am öboiden Bew egungen. E s ist uns gelungen, beim Züchten dieser 2 verschiedenen Z elltypen zu en t­

scheiden, ob beide T yp en bösartig sind oder ob die m alignen Potenzen nur einer der beiden T yp en angehören. D er stark bewegliche Zelltypus, den ich Ihnen nachher auf der Leinw and dem onstrieren werde, w urde dabei als der verantw ortliche T räger der m alignen E igenschaften gefunden. N ach Ü b er­

im pfung von R ein kulturen dieser typischen W an ­ derzellen auf gesunde Hühner en tw ickelte sich K rebs, der zum spontanen Tod der Tiere führte, wogegen Ü berim pfung von R einkulturen von den bindegew ebeähnlichen Zellen im m er n egativ v e r­

lief. Sie w erden aus diesem G rundversuch ersehen, meine D am en und Herren, daß man im stande ist zu zeigen, welche von den beiden Zellkom ponenten die eigentliche K rebszelle ist, eine T atsache, die m an unm öglich durch irgendwelche anderen e x i­

stierenden M ethoden herausbringen könnte und am w enigsten von allen durch die so viel geübte Ü berim pfung von K rebsgew eben von T ier zu Tier.

W ir waren seither im stande, diese Zellen unbegrenzt durch viele Jahre hindurch w eiterzuzüchten, ohne daß sie die F äh igkeit, neue G eschw ülste bei Ü ber­

im pfung au f ein T ier zu entw ickeln, verloren h ä t­

ten; dies ist also eine E igenschaft, die nur an diese Zellen gebunden ist und an keine anderen. E ine ganze R eihe vergleichender U ntersuchungen an bösartigen M akrophagen und an den entsprechen­

den norm alen Zellen ist unternom m en worden, auf die ich noch bei der Besprechung der echten Säuge­

tierkrebszellen zurückkom m en werde. A u ch bei den Säugetierkrebszellen h at es sich näm lich ge­

zeigt, daß die bösartigen Potenzen an ganz be­

stim m te Zellen gebunden sind.

V or 2 Jahren ist es uns hier in D ahlem gelungen, eine M ethode zur unbegrenzten Züchtung von Säugetierkrebszellen auszuarbeiten. W ir besitzen seitdem einen M äusecarcinom stam m , der je tz t also 2 Jahre alt ist. Dieser K rebszellenstam m hat es erm öglicht, in einem höheren Grade und noch genauer die W achstum sgeschw indigkeit sol­

cher Zellen zu messen. Zwei H älften einer solchen K u ltu r w achsen unter identischen Bedingungen m it einer solchen G leichm äßigkeit, daß höchstens ein U nterschied von 5 % besteht. D as Züchtungs­

medium für die K rebszellen besteht aus einer M i­

schung von R atten p lasm a und H ühnerplasm a, dem H üh nerem bryon alextrakt zu gesetzt ist. D er G e­

brauch von heterologem Medium, also einem den Zellen artfrem den Medium, ist uns aus rein p rak­

tischen Gründen diktiert, da es nicht m öglich ist,

von einem so kleinen Tier, w ie der Maus, genügende Mengen Plasm a zu gewinnen. D esto interessanter ist es aber zu erfahren, daß die G eschw ulstzellen im stande sind, dauernd unendliche Mengen von neuem Zellprotoplasm a aufzubauen aus Substan­

zen, die von Tieren stam m en, au f die unser Mäuse- carcinom sich nicht übertragen läßt. Die Zellen haben die ganzen 2 Jahre hindurch ihre F äh igkeit, K reb s zu entw ickeln, wenn sie auf gesunde T iere überim pft werden, beibehalten. D ie K u ltu ren er­

gaben nach Ü berim pfung in 100% G eschw ülste.

D aß der K rebs nicht von einem spezifischen E rreger erzeugt wird, w ie die D iphtherie von dem D iphtheriebacillus, die Tuberkulose vom T u b erkel­

bacillus und die Syphilis von der Spirochaeta pal- lida, dagegen sprechen, w ie gesagt, sowohl unsere klinischen wie unsere experim entellen Erfahrungen.

D ie K rebszelle ist ein P rod u kt des Organism us selbst im G egensatz zu den E rregern der In fek­

tionskrankheiten, die von außen kommen und dem Organism us gegenüber ganz frem d sind. W ir können uns deshalb m it einem gewissen R ech t die K rebszelle als E rreger der K rebskrankh eit vo rstellen und als solchen betrachten. Ist sie ein­

m al gebildet worden, so scheint es leider, jedenfalls sprechen unsere bisherigen U ntersuchungen dafür, als ob der V organg ein irreversibler Prozeß ist.

W as eigentlich innerhalb der Zellen selbst während ihrer U m w andlung zu K rebszellen vo r sich geht, darüber wissen w ir noch nichts, und unsere U n ­ w issenheit kann vielleich t nur dem M angel an K enntnis der Bedingungen der W achstum sphäno­

mene im allgem einen zugeschrieben werden.

U nsere erste A u fgabe w ar es nun, experim en­

telle Tatsachen zu sammeln, um zu versuchen, das große R ätsel zu beleuchten, w arum die K reb s­

zellen unbegrenzt und schrankenlos zwischen den schlum m ernden Zellen in einem erwachsenen O r­

ganism us w eiterproliferieren. W ie kom m t es wohl, daß diese Zellen eines solchen zügellosen W ach s­

tum s fähig sind und daß sie nicht dem w achstum s­

regulierenden Mechanismus im gesunden Z ellstaat unterw orfen sind? Diese Frage kann m an auch um drehen, sie lau tet dann: W as hält das W ach s­

tum der norm alen G ewebezellen innerhalb eines gewissen ihnen gegebenen Rahm ens? D a diese 2 Fragen unzw eifelhaft Zusammenhängen, werden die experim entellen Befunde, die zur E rklärung der einen führen, m öglicherweise auch die E rk lä ­ rung der anderen Frage ergeben.

D as W ach stum von norm alen Gewebezellen hängt von der K o n zen tratio n von N ährstoffen in der pericellulären Flüssigkeit ab, aus welchen sie ihren Zellkörper aufbauen. Man könnte sich des­

wegen ein Medium vorstellen, das ausreichend für G eschw ulstzellen, für norm ale Zellen aber insuffi­

zient ist. Dieses konnten w ir tatsächlich auch bei unseren U ntersuchungen nachweisen. Im B lu t, so wie es im Organism us vorkom m t oder so wie wir es in K u ltu ren benutzen, von seinem cellulären In h alt befreit, sind nicht Stoffe in einer genügenden K onzentration vorhanden, um das W ach stum und

(3)

die E rnährung von fixen Gewebezellen in vitro dauernd zu unterhalten. D azu sind viel mehr Stoffe notwendig, wie sie im P reßsaft von E m ­ bryonen Vorkommen oder in gewissen höheren A bbauprodukten der Eiw eißkörper. F ix e G ew ebe­

zellen können nicht von B lutplasm a oder Serum als einziger N ahrung leben. B rin gt man normale Gewebezellen und Krebszellen zusam m en in ein Medium, das ausschließlich aus Plasm a und Serum besteht, setzen die m alignen Zellen ihre P rolifera­

tion fort. D ie norm alen Zellen aber wachsen zw ar anfangs auf K osten der N ährsubstanzen, die in den Zellen gespeichert sind (Residualw achstum s­

energie), stellen dann aber ihr W achstum ein und gehen schließlich zugrunde.

Außerdem haben w ir gefunden, daß norm ale Zellen, die in protoplasm atische Berührung m it Krebszellen kommen, Substanzen freigeben, die, ohne selbst N ahrungsstoffe zu sein, die W ach s­

tum sgeschw indigkeit bedeutend zu erhöhen v e r­

mögen. Es scheint sich hier um A cceleratoren zu handeln, die die Proliferation der K rebszellen be­

schleunigen. W ahrscheinlich ist es aber nicht so, 'laß das E ndresultat größere K u ltu ren ergibt, son­

dern so, daß sie unter den experim entellen B edin­

gungen schneller zu einem term inalen W achstum gelangen als die, die nicht m it norm alen Zellen in B erührung kommen. Jede dieser beiden T a t­

sachen reich t eigentlich für sich allein aus, um das schrankenlose W ach stum der K rebszelle in einem Organism us zu erklären.

W enn m an diesen Befund m it anderen E igen ­ schaften der K rebszellen zusam m enbringt, so haben wir vielleich t noch eine E rkläru n g für die erw ähn­

ten Vorgänge. B ösartige Gewebezellen sind m ei­

stens im B esitz der E igenschaft, das geronnene Plasm am edium in K u ltu ren zu verflüssigen, einer E igenschaft, die alle norm alen Zellen m it ihnen teilen, wenn sie unter schädigenden Einflüssen stehen und absterben. D ie V erdauung des P lasm a­

mediums ist an autolytische Prozesse der Zellen gebunden. D ie P roteolyse beschränkt sich nicht allein auf die Zellen selbst, sondern greift auch auf das um gebende Fibrinnetz über. D ie E igen­

tüm lichkeit bei Geschwulstzellen, sich selbst so vollständig zu vernichten und gleichzeitig das um ­ gebende Fibrinnetz, steht m öglicherweise im funk­

tioneilen Zusam m enhang m it der von Ot t o W a r-

b u r g entdeckten G lykolyse der Geschwulstzelle.

D afür spricht erstens, daß die P roteolyse durch die aus der G lyko lyse entstandene erhöhte W asser­

stoffionenkonzentration begünstigt wird und zw ei­

tens, daß norm ale Zellen, die, wie w ir finden, das Plasm agerinnsel verdauen, auch bedeutende glyko- lytische E igenschaften besitzen. A u f der anderen Seite gib t es auch Ausnahm en, z. B . die N etzhaut, die stark glykolysiert, doch ohne bösartiges G e­

webe zu sein und ohne in höherem Grade proteo­

lytische E igenschaften in vitro zu besitzen. Selbst­

verständlich besteh t auch die M öglichkeit, daß die beiden E igenschaften, ve rstärk te G lyko lyse und Proteolyse, getrennte V orgänge sind.

H e ft io . 1 8. 3. 1929]

C harakteristisch sowohl für Carcinom- wie Sarkom zellen ist das beinahe paradoxale, daß es Zellen sind, die gegenüber norm alen Zellen eine viel kürzere Lebensdauer und bei Schädigungen viel geringere W iderstandsfähigkeit aufweisen. D ie K rebszelle ist eine kranke Zelle. Sie ist in sich selbst T räger eines chronischen Reizes, der unter anderem ein frühes Absterben bedingt. E s besteht eine nicht geringe W ahrscheinlichkeit dafür, daß die kurze Lebensdauer der Zelle und deren Ursache das W esentliche im ganzen M ysterium der K reb s­

zelle ist. D ie physiologische Konsequenz eines Substanzverlustes, des Zugrundegehens von Zellen, ist Proliferation. D a nun die bösartigen Zellen kurzlebig sind, könnte dem K rebsw achstum die physiologische R eaktion des Zellersatzes zugrunde liegen. Man stellte sich eigentlich vor, daß die K rebszelle schneller proliferiert als norm ale G e­

webezellen unter den für normale Gewebezellen optim alen Bedingungen in vitro. D as tun sie je ­ doch nicht. K u ltu ren von bösartigen Zellen proli- ferieren sogar langsam er. W ir können infolge­

dessen das unbegrenzte und schrankenlose W achs­

tum der m alignen Zellen im K örper nicht dadurch erklären, daß sie gegenüber den normalen Zellen die E igenschaft schnellerer Proliferation überhaupt besitzen. In K u ltu ren tun sie es nicht. D agegen wachsen die bösartigen Zellen im Organism us den norm alen Zellen gegenüber relativ schneller, weil die Proliferation von den norm alen Gewebezellen hier nicht ad m axim u m vor sich geht. N ur bei bestim m ten Gelegenheiten, wie bei W undheilung, entfalten die norm alen Zellen erst eine größere W achstum senergie.

Es ist nicht meine A ufgabe, Sie m it der A u f­

zählung aller C haraktereigenschaften der G e­

schw ulstzellen zu ermüden, die w ir bisher heraus­

gefunden haben und die in diesem Zusam m enhang nicht so w esentlich sind, sondern ich w ill kurz zusam m enfassen und zeigen, daß eine R eihe von Tatsachen besteht, die zum T eil das W esen der M alignität der K rebszellen erklärt.

M it H ilfe m oderner U ntersuchungsm ethoden ist es m öglich geworden, die P hysiologie sowohl gesunder w ie kranker G ewebezellen zu studieren unabhängig von dem O rganism us, dem sie an­

gehören.

U m etw as über K rebszellen aussagen zu können, m ußten erst um fassende U ntersuchungen über die elem entaren E igenschaften der norm alen Gewebe­

zellen in v itro unternom m en werden.

Vergleichende U ntersuchungen über normale und bösartige G ewebezellen haben einige P unkte ergeben, worin diese Zellen voneinander abweichen.

W ir können zusam m enfassend folgendes sagen:

D ie K rebszelle ist eine wenig resistente Zelle und ihre Lebensdauer ist kurz.

A u ßer dem von Ot t o W a r b u r g gefundenen aeroben G ärungsstoffw echsel (aerobe G lykolyse) besitzen die bösartigen Gewebezellen starke proteo­

lytisch e Fäh igkeiten, verm ehrte auto- und hetero­

lytisch e Eigenschaften.

159

F i s c h e r : D ie K r e b s z e lle .

(4)

l6 o Be t z: Energieumsetzungen, in Venturidüsen.

D ie bösartigen Zellen sind anspruchsloser in b ezug au f N ahrung. Sie sind im stande, m it H ilfe von Stoffen im B lutserum als einziger N ahrung zu proliferieren, und zw ar auch m it artfrem dem Serum , das für norm ale Zellen insuffizient bzw.

toxisch ist.

A ußerdem geben die verschiedensten gesunden Gewebezellen, m it denen die K rebszelle in B erüh­

rung kom m t, Stoffe ab, die dieW achstum sgeschw in- d igkeit der K rebszelle beschleunigen.

W ir haben gefunden, daß die untersuchten G eschw ulstzellen, sowohl Sarkom - wie Carcinom- zellen, im stande sind, alle anderen den K u ltu ren zugesetzten norm alen Gewebezellen, hom ologe und heterologe, zu überwuchern.

D ie Proliferationsgeschw indigkeit der G e­

schw ulstzelle in vitro übersteigt bei den besten Ernährungsbedingungen keinesfalls die der nor­

m alen Zelle, eher ist sie noch geringer.

Jede dieser kardinalen E igenschaften der G e­

schw ulstzellen ist eigentlich eine genügende E r ­ klärung dafür, w arum sie im stande sind, schran­

kenlos in einem erwachsenen Organism us zu proli­

ferieren. D iese E igenschaften sind: die aerobe G lyko lyse, die erhöhte P roteolyse, die F äh igkeit, unbegrenzte Mengen Protoplasm a aus Stoffen, die für norm ale G ewebezellen insuffizient sind, au f­

zubauen und gewisse intracelluläre W ach stum s­

prinzipien von gesunden Zellen, m it welchen sie in K o n ta k t kommen, auszunutzen.

D ie N a tu r ­ w issen sch aften

E n e rg ie u m se tz u n g e n in V en tu rid ü sen . V on A . Be t z, G öttingen.

(Aus dem K aiser W ilhelm -Institut für Strömungsforschung.) U n ter den zahlreichen W indm ühlen-Erfindun-

gen t r itt häu fig folgendes Prin zip auf: U m die Leistun g eines W indrades von gegebenem D u rch ­ messer bei gegebener W indgeschw indigkeit zu er­

höhen, b au t m an es in der engsten Stelle eines zu ­ nächst verengten, dann wieder erw eiterten Rohres, einer sog. V enturidüse, ein (Fig. i), das m it seiner

F ig. i. W indrad in einer Venturidüse.

A chse in R ich tu n g des W indstrom es gestellt wird.

A n der engsten Stelle des R ohres ström t dann näm lich die L u ft schneller als im ungestörten W inde, und man erh ält infolgedessen eine erhöhte Leistung. Im Prin zip ist diese Ü berlegung auch richtig, aber die W irku n g w ird gewöhnlich sehr stark überschätzt, indem folgende falsche Schlüsse gem acht w erden: E s ist beobachtet, daß in V en ­ turidüsen die G eschw indigkeit etw a doppelt so groß sein kann wie die des W indes, dem sie aus­

gesetzt sind; da nun die L eistu n g eines W indrades m it der dritten Poten z der W indgeschw indigkeit w ächst, so m üßte man also m it einem W indrade, das an dieser Stelle angebracht ist, die 8 fache L e i­

stun g erhalten. In W irklich keit kann m an aber bei dop pelter D urchflußgesch w indigkeit nur die doppelte E nergie gewinnen, und außerdem ist die doppelte G eschw indigkeit an der engsten Stelle nur zu erreichen, wenn der D urchgang vollständig frei ist. D ie G eschw indigkeit geht aber sehr stark zurück, sobald m an an der e n g s te n . Stelle eine E nergie entziehende V orrich tu n g wie ein W in d ­ rad an bringt. D a über diese V erhältnisse offenbar vielfach U n klarh eit herrscht, so sind vielleich t die folgenden Ü berlegungen hierüber m anchem erw ünscht.

1. V entu rid üsen ohne Störung an der engsten Stelle.

B evo r w ir auf die angeschnittene Frage ien- gehen, ist es zw eckm äßig, zunächst die V erh ält­

nisse ohne das W indrad zu betrachten. W ir stellen uns die F r a g e : M it welcher G eschw indigkeit ström t die L u ft durch den engsten Q uerschnitt bei einem R o h r von gegebenen Abm essungen? W enn w ir

'/?

'fit

-ß-F, - > V3-Vi n3

Fig. 2. Venturidüse in einer Rohrleitung.

eine R ohrleitun g haben und darin an irgendeiner Stelle eine V erengung anbringen, so ist die G e­

schw indigkeit an der engsten Stelle einfach durch die Q uerschnittsverhältnisse gegeben. W enn der Q uerschnitt des R ohres vo r der V erengung F l und die m ittlere G eschw indigkeit d ort v1 ist, so fließt durch die L eitu n g sekundlich die Menge Q — F1v1 . D iese Menge m uß auch durch die V erengung fließen. W enn dort der Q uerschnitt F2 ist, so muß also

F , = Q = F1v1 sein oder

V2 F l vi F2

W enn w ir aber keine gegebene R ohrleitung haben, sondern nur unseren K örp er m it der Verengung und E rw eiterung, der dem freien W ind ausgesetzt ist, so ist zunächst durchaus unklar, w ieviel L u ft hindurchström t, indem ja die L u ft hier auch die M öglichkeit hat, außen herum zuström en. Sie wird diesen W eg in um so stärkerem M aße wählen, je mehr W iderstand sie beim D urchström en des R ohrstückes findet. B eim D urchgang durch eine Verengung, und hauptsächlich in der folgenden E rw eiterung, erfäh rt näm lich die L u ft einen E nergie­

verlust, der sich in dem F alle der R ohrleitung

(5)

H e ft i o . 1 8. 3. 1929J

Be t z: Energieum setzungen in Venturidüsen. 1 6 1

d a rin ä u ß e rt, d a ß h in te r d em S tü c k m it den Q u er­

sch n ittsä n d eru n g en d er D r u c k n ied rig e r is t als vo rh e r. B e i V o rg ä n g e n ohne E n e r g ie v e r lu s t h ä n g t d er D r u c k e in d e u tig m it d er G e sc h w in d ig k e it z u ­ sam m en g e m ä ß d er sog. BERNOULLischen G le i­

ch u n g

p + — vz — konst.

2 (1)

(o = D ich te der L u ft). B eim Ü bergang vom w ei­

ten Q uerschnitt F x zum engen tr itt auch kein nennenswerter V erlu st ein. Man h a t daher

P i - P i = - (v 2 - v l) (2) Der D ru ck sin kt von p x au* Pt.> dafür ste igt die G eschwindigkeit. D er D ru ck wird in G eschw indig­

keit um gesetzt. In der folgenden E rw eiterun g wird nun w ieder die G eschw indigkeit in D ru ck um ­ gesetzt, aber erfahrungsgem äß nicht mehr verlustlos.

Es geht dabei der D ru ck p ' verloren

P z ~ P i = ~ (vl - v\) - p '. (3) D a F3 = F x und dam it v3 = vx ist1, wird

P3 — P2 = P i — p 2 — p '

Pa = P i — p ' .

Um diesen D ru ck verlu st klein zu halten, m uß die Erw eiterung langsam vo r sich gehen (etwa w ie in Fig. 1 3 dargestellt). Ganz verm eiden läß t er sich aber nicht. Man d rü ck t nun die G ü te einer solchen E rw eiterun g (Diffusor oder auch Saugrohr genannt) durch einen W irkungsgrad

(4)

aus. D ieser gib t das V erhältn is der w irklich er­

reichten D rucksteigerung p3 — p2 Lzur theoreti­

schen bei verlustloser U m setzung

»*,)

an. W ir wollen ihn im folgenden kurz als D iffusor­

wirkungsrad bezeichnen.

D ie D urchflußm enge durch eine dem freien Luftstrom ausgesetzte V enturidüse hängt, wie w ir bereits andeuteten, von dem W iderstand ab, den die L u ft beim D urchström en der D üse findet, also von dem E nergieverlust, der dabei a u ftritt. Dieser ist aber durch den eben erläuterten D iffusor­

w irkungsgrad festgelegt. W ir wollen nun Z u ­

sehen, ob w ir die D urchflußm enge q u an tita tiv in Zusam m enhang m it dem D iffusorw irkungsgrad bringen können.

D ie V enturidüse habe an der engsten Stelle den Q uerschnitt 1P2, der A ustrittsquerschnitt sei 1 W ir setzen hier sowie in den folgenden Über­

legungen voraus, daß v3 über den ganzen Querschnitt konstant ist. In W irklichkeit trifft das nicht z u : Die Geschwindigkeit ist am Rande des Rohres kleiner als an der Achse. Das W esentliche der folgenden Rech- Bungen b leibt aber trotzdem bestehen.

F 3. M it F x wollen w ir den Q uerschnitt bezeichnen, den die durch die D üse hindurchström ende L u ft vor dem E in tritt in die D üse b esitzt (Fig. 3).

W . F,~ W

Fig. 3. Venturidüse im freien Luftstrom . B ei der in einer R ohrleitung eingebauten Düse w ar F x = F a bzw . vx = v3 durch die Abm essun­

gen der R ohrleitung festgelegt. D er E nergiever­

lust äußerte sich in einer D ruckverm inderung p ' = p x — p 3. B ei der . Düse im freien L u ftstrom ist der D ru ck vo r und hinter der D üse gleich

Pz — Pi>

da sich D ruckdifferenzen außen um die Düse herum in sehr starkem M aße ausgleichen können1.

D er E nergieverlust äußert sich hier darin, daß die kinetische Energie der Ström ung hinter der D üse kleiner ist als vorher

9 o 0 0

vi <v\ . 2 3 2 1

Bezeichnen w ir die G eschw indigkeit des ungestör­

ten W indes vo r der Düse m it vlt die im engsten Q uerschnitt F2 m it v2, die im A u strittsqu er­

schnitt F3 m it v3, so ist die Durchflußm enge Q F ,v , = F0V0 = F3v3 (5)

D ie U m setzung der Geschw indigkeit in D ru ck beim Ü bergang von F2 in F3 erfolge m it dem D iffusorw irkungsgrad t]. D ann ist

Pz (6)

D er Zufluß bis zur engsten Stelle erfolgt nahezu verlustlos

Pi - P t = § K - O = ~ v l 1 v

\V2 (7) D a der D ru ck vo r und hinter der D üse gleich ist

P i = Pz

sind in den beiden letzten G leichungen die linken Seiten und dam it auch die rechten gleich. D as ergibt

'v, \ 2 r /F.\*]

rj 1 - F .

(8)

1 Bei sehr starkem Erweiterungswinkel des Diffusors trifft dies nicht mehr zu. D a herrscht hinter der Düse ein U nterdrück. Hier sollen jedoch nur Diffusoren mit schlanker Erw eiterung betrach tet werden.

* V gl. nebenstehende F u ß n o te1. Die ungleichmäßige V erteilung von v3 hat qu antitativ zur Folge, daß der Austrittsquerschnitt F3 nicht voll ausgefüllt ist. Es besteht daher eine gewisse Unsicherheit über die Größe F 3. Im Endergebnis m acht sich diese aber nur wenig bem erkbar.

(6)

I Ö 2 Be t z: Energieum setzungen in Venturidüsen. r D ie N a tu r- [w issen sch afte n

Fig. 4. A bhängigkeit der Durchflußgeschwindigkeit v.y in der engsten Stelle der Venturidüse vom Querschnitts- Verhältnis F2 des erweiterten Teiles und vom W irkungs-

grad r) der Energieum setzung in diesem Teil.

D a m it h a b en w ir die g e su ch te B e zie h u n g zw isch en d er D u rc h flu ß g e sc h w in d ig k e it v2 ein erseits u n d d en A b m essu n g e n d er D ü se F u n d ih rem W ir-

U 3

k u n g sg ra d an d ererseits. M an sieh t h iera u s, d a ß d e r G e sc h w in d ig k e it in d er en g ste n S te lle d u rch den W irk u n g s g ra d r\ ein e G re n ze g e s e tz t ist, selb st

]?

w en n m an d as O u e rs c h n itts v e rh ä ltn is so ex-

n 3

tre m w ie m ö glich m a c h t. F ü r ^ — 0 e rg ib t sich

\ ^l/raax [ I V

In F ig . 4 sin d die W e r te v o n — , die sich aus

G leich u n g (8) ergeb en , fü r ve rsch ied e n e Q uer- s c h n itts v e rh ä ltn is se u n d W irk u n g s g ra d e d a rg e ­ s te llt. M an e rsieh t au s d ieser Ü b e rle g u n g , d a ß m an s e lb st b e i g u te n D ü se n (»7 = 0,75 bis 0,85) die G esc h w in d ig k e it in d er e n g sten S telle n u r a u f e tw a d as 2 — 2 1/2fach e steig ern kan n

( * = 0,4 b is 0.5

w a s a u c h d u rch die E rfa h r u n g b e s tä tig t w ird . M an b e n ü tz t V en tu rid ü se n v ie lfa c h zu M e ß ­ z w e c k e n ; u n d z w a r sow o h l die in ein e R o h rle itu n g e in g e b a u te A n o rd n u n g w ie a u ch die d em freien L u fts tr o m a u sg e se tzte . Im ersteren F a lle w ill m an d ie D u rc h flu ß m e n g e Q = v2F2 = v1F1 d u rch M es­

su n g d er D r u c k d iffe re n z p x — p2 e rm itteln . N a ch G le ic h u n g (2) is t

P i ~ Pz = T (v * " °

F ^ Y F i 2 _ ---

(10)

\ F l F \ )

w o rau s sich Q le ic h t a u srech n en lä ß t, d a ja die Q u e rsc h n itte F1 u n d F2 g egeb en e G rö ß e n des I n ­

stru m e n te s sin d . D a beim Ü b e rg a n g v o m Q u e r­

s c h n itt 1 zu m Q u e rs c h n itt 2 im a llg em ein en n a h e ­ zu k ein e V e rlu s te a u ftre te n , so is t G leich u n g (10) seh r g en au ric h tig , d as V e rfa h re n also ziem lich z u v e rlä s sig 1. M it d er V en tu rid ü s e im freien L u f t ­ stro m w ill m an d u rc h M essu n g v o n p x ~~p2 die G e sc h w in d ig k e it e r m it t e ln :

P i P2 = j ( V o - v \ ) = ~ v \

i;

( ii)

U m h ierau s v1 zu e rm itte ln , m u ß a ls I n s tru m e n t­

k o n sta n te d er K la m m e r a u s d ru c k

\v 1 d u rch E ic h u n g b e stim m t w e rd e n . W ie w ir o b en sahen, h ä n g t n u n d erselb e w e se n tlic h v o m W ir k u n g s ­ g rad des D iffu s o rs a b (G leic h u n g [8]). D ie ser is t a b er selb st, b eso n d ers w en n er seh r h o ch ist, v o n m an ch erlei N eb en u m stä n d e n b e e in flu ß t. D ie se A r t d er V e rw e n d u n g v o n V e n tu rid ü s e n z u r G e ­ sc h w in d ig k e itsm e ssu n g in fre ier L u f t is t d a h e r p rin zip iell n ic h t so z u v e rlä s sig w ie d ie M e n g en - m essu n g im R o h r. Im m erh in k a n n m an den W ir ­ k u n g sg ra d des D iffu s o rs u n d d a m it d en E ic h fa k to r d es In s tru m e n te s w en igsten s ein ige rm aß e n k o n ­ s ta n t b eko m m en , w en n m an d a ra u f v e rz ic h te t, e x tr e m h oh e W irk u n g s g ra d e zu v e rw e n d e n . U m g rö ß ere D ru c k d iffe re n z e n p x— p2 zu e rh a lten , v e r ­ w e n d e t m an v ie lfa c h z u sa m m en g e se tzte V e n t u r i­

d üsen (F ig. 5). In d er ä u ß e re n (größeren) D ü se

Fig. 5. Doppelte Venturidüse für G eschwindigkeits­

messung.

m öge z. B . d ie G e sc h w in d ig k e it im e n g sten Q u e r­

s c h n itt v2 d as d o p p e lte d er W in d g e s c h w in d ig k e it vx b e tra g en . D e r D r u c k an d ieser S telle is t d an n

P2 = P i + — v] Q o 6 0 - v2 = p i - 3 v i

O rd n et m an n u n ein e z w e ite k le in e re D ü se so an, d a ß ih r A u s tr itts q u e r s c h n itt im G eb ie te dieses n ied rige ren D ru c k e s lie g t, so e rh ä lt m a n an d er en g sten S te lle dieser zw e ite n D ü se n o c h ein e w ei-

1 Fehlerquellen bestehen hauptsächlich darin, daß die Geschwindigkeit t\ meist nicht über den ganzen Querschnitt konstant ist, und weiterhin, daß die Flüssigkeit außerdem eine drehende Bewegung im Rohr ausführt. Den ersteren Einfluß kann man kleinhalten, wenn man das Querschnittsverhältnis F genügend klein w ählt. Der zweiten Fehlerquelle begegnet man dadurch, daß man vor die Meßstelle gitterförm ige L eit­

bleche anordnet, welche die Ström ung einigermaßen parallel richten. Auch die Geschwindigkeit v > ist nicht genau bis an den Rand konstant. Dies m acht sich hauptsächlich bei kleinen Düsen oder kleinen Ge­

schwindigkeiten oder zähen Flüssigkeiten geltend, kann aber auch durch ungeeignete Form gebung des Düsen­

einlaufes verstärkt werden und zu merklichen Fehlern führen.

(7)

H eft io . 1 8- 3- 1929J

Be t z: E n e r g ie u m s e t z u n g e n in V e n t u r id ü s e n . 1 6 3

tere G eschw indigkeitssteigerung (v4) auf etw a das 4 fache der W indgeschw indigkeit und eine en t­

sprechende D ruckerniedrigung. Man kann dies Verfahren fortsetzen und erhält m it jeder neuen Einsatzdüse ungefähr eine w eitere Verdoppelung der G eschwindigkeit.

2. E in flu ß einer Energieentnahm e an der engsten Stelle einer Venturidüse.

O rdnet man an der engsten Stelle einer V en tu ri­

düse ein W indrad an, welches der L u ft Energie entzieht, so h a t das natürlich zur Folge, daß die L u ft noch mehr W iderstand beim D urchström en findet und ln noch stärkerem M aße außen herum ström t. W ir können zur B eurteilung dieses E in ­ flusses genau die gleichen Überlegungen wie im 1. A bsch nitt anstellen, müssen nur außer dem Energieverlust im Diffusor, der sich durch seinen W irkungsgrad ausdrückt, auch noch die kü nst­

liche E nergieentziehung m it berücksichtigen. B e ­ zeichnen w ir die Energie, welche w ir sekundlich der L u ft m it dem W indrade entziehen, m it E , dann sinkt der D ru ck vo n seinem W7erte p2 vor dem W indrad au f den W ert p./ hinter dem W ind­

rad. D abei ist

F x{Pt ~ Vx) vz = E E E . P2 ~ = = ~Q •

F ü r den Z u flu ß v o r d em W in d ra d erh a lten w ir w ie frü h er [G leich u n g (7)]

F ür den A bfluß hinter dem R ade ist

P:<Ps = P 1 ~ P l = V ~ {vl v l)

— — v »7

2 - - ( f t ) ’

( 1 3 )

D urch Subtraktion der beiden letzten Gleichungen ergibt sich

E y 2

P ' = n = ~ v *

P o T] I ( *4 )

B ezeichnen w ir das G eschw indigkeitsverhältnis V, für die V enturidüse ohne Störung m it — , so ist(v Ä

V u2 0 gem äß den früheren Ü berlegungen [Gleichung (8)]

V

D am it erhalten wir E

= 1 h

V 2 /0

F ., v\ - 0

»1 v2/0

( !5 )

D ieser A usdruck erreicht bei gegebener \ en- turidiise, d .i . bei gegebenem jew eils ein M axi­

mum, wenn , \

^ = v2 (h ) \ v j 0

Fig. 6. Verhältnis der Leistung eines W indrades in einer V enturidüse zu der eines gleichgroßen freien Wind-

p

r a d e s a b h ä n g i g v o m Q u e r s c h n i t t s v e r h ä l t n i s — d e s e r - 3 weiterten Teiles der Düse und vom W irkungsgrad rj der

Energieum setzung in diesem Teil.

1 V gl. S. 911 des Jahrganges 1927 dieser Zeitschr.

ist. D ie Energie, welche dann der L u ft entzogen wird, ist

<? ei ( v 2\ 2

(I6)

W ürden wir ein W indrad vo n der K reisfläche F2 bei der W indgeschw indigkeit vx allein ohne die um hüllende V enturidüse verw enden, so könnte man dam it im günstigsten F alle der L u ft die sekundliche Energie

ü. = (17)

entziehen1. D ie Verbesserung, welche die V en tu ri­

düse bew irkt, d rückt sich dem nach aus durch das V erhältnis

D ie A b h än gigkeit von bzw . I — I von den

\ vi/o \ vt/0

Querschnittsverhältnissen und dem W irkungsgrad der V enturidüse h atten w ir bereits in F ig. 4 kennen-

(8)

1 6 4 Besprechungen.

[

D ie N atur­

wissenschaften

gelernt. W ir brauchen nur die reziproken Ordina- ten dieser A bbildun g m it 0,65 zu m ultiplizieren, um den Leistungsgew inn bei A nw endung der V en- turidüse bei W indm ühlen darzustellen. D ies ist in F ig. 6 geschehen.

B eim B etrach ten dieses Ergebnisses w ird man vielleich t zunächst erstau nt sein, daß m an für

e t = 1, d. h. wenn m an das W indrad m it einem

3«

zylindrischen R ohr um gibt, w eniger L eistun g ge­

winnen kann als m it dem freien W indrad. D ies erk lä rt sich aber folgenderm aßen: W enn m an m it einem W indrad der L u ft E nergie entzieht, so nim m t die G eschw indigkeit ab. In dem gleichen M aße n im m t aber der vo n dem L u ftstro m be­

nötigte Q uerschnitt zu; der L uftstrom b reitet sich beim D urchgang durch das W in drad aus1.

D iese A usbreitung w ird durch den um gebenden Z ylind er erschw ert, und daher rü h rt die verm in ­ derte Leistung.

W eiterhin ersieht m an aus diesen Ergebnissen, daß der Gewinn, den man bei den erreichbaren D iffusorw irkungsgraden von 80 — 85% erzielen kann, so klein ist, daß sich der um fangreiche B au der V enturidüse sicher n icht lohnt. T atsäch lich sind auch alle Versuche dieser A r t gescheitert.

N ennensw erte Erfolge w ären m it einer solchen A nordnung nur zu erw arten, wenn m an sehr hohe D iffusorw irkungsgrade (über 95 %) erreichen könnte.

Man kann das P ro b le m : W indm ühle in V en tu ri­

düse, auch noch in anderer W eise betrachten.

W enn m an näm lich die V enturidüse w esentlich größer als das W indrad m acht, etw a so, daß die engste Stelle den 10 fachen D urchm esser des W in d ­ rades hat, so spielt die E nergieentnahm e durch das W indrad keine R olle m ehr für den Ström ungs­

vo rgan g durch die V enturidüse. Man erh ält also hier ein V erhältn is — gem äß F ig. 4, d. h. prak- tisch etw a die 2 fache W indgeschw indigkeit als D urchflußgeschw indigkeit. A ndererseits kann m an m it dem W indrad so vie l E nergie aus dieser er­

höhten G eschw indigkeit herausholen, als ob es sich u m freien W ind handelte, da dies ja bei der K lein-

1 V gl. S. 909 des Jahrganges 1927 dieser Zeitschr., F ig. 7.

heit der W indm ühle im m er noch ein verschw inden­

der B e trag gegenüber den in der D üse um gesetzten Energiem engen ist. D a die L eistung eines W in d ­ rades der dritten Potenz der W indgeschw indigkeit proportional ist, so erhält m an m it einer solchen A nordnung bei doppelter D urchflußgeschw indig­

k eit tatsäch lich die 8 fache Leistung. P raktisch kom m t der B au einer solchen Anordnung aller­

dings auch kaum in F rage, da die K osten einer derartig großen V enturidüse vie l zu hoch sind.

E tw as anderes ist es, wenn eine solche Riesen- venturidüse von der N atu r gegeben ist. D ie bei unseren Ü berlegungen angenommene ideale Form einer V enturidüse w ird zw ar in der N atu r kaum Vorkommen, aber in gewissem M aße treffen die V orgänge in einer V enturidüse auch bei der W in d ­ ström ung über einen B ergrücken zu. D ie Strom ­ linien des W indes, der quer zu dem R ücken w eht, werden zusam m engedrängt, die G eschw indigkeit ste igt und hinter dem B erg w ird diese G eschw indig­

k e it w ieder teilw eise in D ru ck um gesetzt. D er W irkungsgrad dieser letzteren U m setzung ist bei den unregelm äßigen Form en des Geländes m eist n icht gerade hoch. Infolgedessen ist auch die er­

reich te G eschw indigkeitssteigerung nur m äßig.

A b er wegen der großen Ausdehnung des Gebietes erhöhter G eschw indigkeit kann m an diese G e­

schw indigkeitssteigerung durch eine W indm ühle v o ll ausnützen, ohne die Ström ung über den B erg nennenswert zu stören, d. h. m an kann hier eine L eistun g herausholen, welche der dritten Poten z der G eschw indigkeit proportional ist. Man w ird sich vielleich t fragen, w as m it der L u ft, die in einem solchen F alle durch die W indm ühle ge­

gangen ist, w eiterhin vo r sich geht. Man h a t ihr so vie l E nergie entzogen, daß sie n icht mehr im ­ stande ist, den V organg der U m setzung von k ineti­

scher E nergie in D ru ck hinter dem B erg m itzu ­ machen, da ihre kinetische E nergie ja durch die starke Energieentnahm e vie l zu klein geworden ist. In W irklich keit ist es nun so, daß dieser v e r­

h ältnism äßig kleinen Luftm en ge von den N ach ­ barschichten her durch M ischungsvorgänge w ieder Energie zugeführt wird. D as Energiem anko v e r­

te ilt sich also m ehr oder w eniger sta rk auf die übrige Luftström ung, für welche sie hinreichend geringfügig ist.

B esp rech u n gen . S C H R Ö D IN G E R E ., Abhandlungen zur WeJlenme-

chanik. 2. verm ehrte Auflage. L eipzig: Joh. Am br.

B a rth 1928. X , 198 S. und 14 Abbild. 16 x 2 4 cm.

Preis geh. RM 6.80, geb. RM 8.30.

Die Schnelligkeit, m it der eine Neuauflage dieses Buches nötig geworden ist, scheint ein erfreuliches Zeichen für die lebhafte und ernste Anteilnahm e, die von weiteren Kreisen der neuesten E ntw icklu ng der Quantentheorie gewidm et wird. D ie S c h r ö d i n g e r - schen Abhandlungen, die nicht nur inhaltlich so grund­

legende B eiträge zu dieser Entw icklu ng geliefert haben, sondern auch durch die Form der D arstellung zu den klarsten und lesbarsten quantentheoretischen Abhandlungen der letzten Zeit gehören, sind in der

T a t besonders geeignet, diese Anteilnahm e zu be­

leben.

Die neue A uflage enthält neben dem In halt der ersten noch drei weitere Abhandlungen, die S c h r ö ­ d i n g e r in der Zw ischenzeit veröffentlicht hat: „Ü b er den C o m p to n effekt"; ,,D er Energieim pulssatz der M ateriewellen“ ; „E nergieaustausch nach der W ellen­

m echanik".

Bei d e r Besprechung der ersten A uflage h a b e i c h es für w ichtig gehalten, die Unterschiede d e r grundsätz­

l i c h e n Auffassung d e u t l i c h z u m a c h e n , w e l c h e z w i s c h e n d e r S c H R Ö D iN G E R s c h e n u n d d e r „ d i s k o n t i n u i e r l i c h e n “ R ich tu ng der Quantenm echanik bestanden. Es wird d e s h a l b n i c h t u n a n g e b r a c h t s e in , wenn i c h bei der

Cytaty

Powiązane dokumenty

E s zeigt sich jedoch, daß das Plasmon seine modifizierende Fäh igkeit unverm indert beibehält, auch wenn es durch zwei Generationen dem Einfluß der arteigenen

Aus allen diesen Quellen zusammen ergibt sich eine eindeutige Zuordnung der Linien zu bestim m ten Niveaus, wenn auch deren absolute Höhe in der Sonnenatmosphäre

In halber Höhe rechts und in der M itte Lateralkegelchen... Natur-

Man dachte, der Mangel an Pigm entation beim weißen A xolotl könnte durch eine höhere Reizschwelle seines Gewebes bedingt sein, so daß vielleicht ein

DIE

greiflich machen. Fragen der Transposition tauchen auf, es wird nach System en gefragt, deren Funktion sich aus dem Verhältnis von Teilbedingungen nicht Stück für

richtungen beim Stoß, deren Analoga in der B o h r - schen Theorie nicht „quantisierbar“ sind (W

sonders aber auch dem Arzt, Apotheker, Pharmakologen sowie dem Lehrer, Sprachforscher und jedem Liebhaber eine unerschöpfliche Fundgrube alles Wissenswerten ist. In 12