DIE NATURWISSENSCHAFTEN
1 7 . J a h rga n g 2 9- M ärz 1929 H eft 13
Kurze und lange W ellen der drahtlosen Telegraphie.
V o n F . Ki e b i t z, B e rlin . D ie S L A B Y s c h e n M eß stäb e stellen die ersten
tech n isch en W ellen m esser dar, die in D e u tsch la n d in G eb rau ch gew esen s in d ; sie w aren zu r M essu ng v o n W ellen zw isch en 5 m und 800 m e in g e ric h te t;
und dieser U m sta n d is t b ezeich n en d fü r die A u f fassu n g v o n dem W e llen g eb ra u ch , den m an in d en ersten Jah ren der d rah tlo sen T e le g ra p h ie in
B e tr a c h t zog.
F a s t g le ic h ze itig k a m im Jah re 1903 d er W e lle n m esser vo n Dö n i t z in G eb ra u c h ; er u m fa ß te in d rei M eß b ereich en die W ellen län gen zw isch en
140 u n d X120 m.
A u f d er in te rn a tio n a le n K o n fe re n z, die im J ah re 1906 in B e rlin s ta ttfa n d , w u rd e die W e lle n län ge 450 m fü r den V e r k e h r d er S ch iffe u n te r
e in a n d er festg e leg t, d ie W ellen län g en 300 u n d 600 m fü r den allg em ein en ö ffe n tlich en V erkeh r d er K ü s te n s ta tio n e n m it S ch iffen in See. D e r B e re ic h vo n 600— 1600 m w u rd e d a m als fü r d ie m ilitärisch en S ta tio n e n der L an d h e ere u n d d er K rieg sm a rin en v o rg e seh e n ; g rö ß ere W ellen so llten n u r v o n den w en igen G ro ß sta tio n en v e rw e n d e t w erd en , k ü rzere fü r beson d ere Z w eck e V o rb eh alten sein, im b e sonderen fü r den K ü ste n sich e ru n g sd ien st.
B is d a h in w a r die F u n k e n e n tla d u n g d as e in zige M itte l zu r H e rste llu n g e le k trisc h e r S c h w in g u n g en gew esen. D ie F u n k e n m e th o d e g e s ta tte te an sich, W e llen je d e r b elieb igen L ä n g e bis h e ra b zu B ru c h te ile n des Z e n tim e ters h erzu stellen . A lle in die In te n s itä t d er S ch w in gu n gen w a r g erin g.
S ie w u rd e d u rch die E in fü h ru n g d er gek o p p elten S y stem e g e steig e rt; denn h ier k o n n te zu n ä ch st ein e g ro ß e S ch w in g u n g sle istu n g im P rim ä r kreise e rz e u g t w erd en , die m an d u rch K o p p e lu n g ohne e rh eb lich e V e rlu ste a u f den A n te n n en k reis ü b e r
tra g e n k o n n te . D ie Ü b e rle g e n h eit der g ek o p p elten S y stem e w a r in d er v e rh ä ltn ism ä ß ig kleinen K a p a z itä t d er d a m als b e n u tzte n A n te n n en b egrü n d et,
■die in d er G rö ß en o rd n u n g vo n 0,001 M ik ro fa rad la g e n ; u m solche A n te n n en m it lan g sam en W e ch se l
strö m e n b is zu r E n tla d u n g ssp a n n u n g a u fzu la d en , w aren u n h an d lich e In d u k to rien n ötig , die au ß erd em g ro ß e E n e rg ie v e rlu s te b esaß en . D agegen b o ten in den g e k o p p e lten S y stem e n die größeren K a p a z i
tä te n d er ve rw e n d e ten P rim ä rk reisk o n d en sa to ren d ie tech n isch e M ö g lich k eit, R e so n a n ztra n sfo rm a toren zu b e n u tzen ; diese fü h rten m it einem W ir
k u n g sg ra d e v o n ru n d 50 % die au fgenom m ene W ech se lstro m le istu n g dem P rim ä rk reisk o n d e n sa to r als L a d e le is tu n g zu, u n d d as b e d eu te te fü r die S ch w in g u n gserreg u n g einen erh eb lich en F o rts c h ritt.
D ie tech n isch e D u rc h b ild u n g d er R e so n a n z
tra n sfo rm a to re n g e la n g fü r K o n d en sato re n bis z u 0,01 M ik ro fa rad h e ra b . F ü r k lein ere P rim ä r
k r e is k a p a z itä te n sa n k d er e rreich b are W ir k u n g s g rad d er T ra n sfo rm a to re n b e tr ä c h tlic h h era b . M it K o n d en sato re n vo n d er G rö ß e 0,01 p F lassen sich die k lein sten W e llen ab er n ic h t m ehr h e rs te lle n ; la b o ra to riu m sm ä ß ig g e lin g t es n ic h t m ehr, m it so g ro ß en K o n d en sa to re n S ch w in g u n g sk reise fü r i o 7 H e rtz (30 m W ellen län ge) zu b a u en ; tech n isch w u rd e au s d iesem G ru n d e d er W e llen b ereich u n ter 300 m au sgesch ied en .
Im Jah re 1906 b e gan n d ie E in fü h ru n g d er F lam m en b o gen sch w in g u n gen n a ch dem S y ste m v o n Po u l s e n. E s e m p fa h l sich d u rch den sin u s
fö rm igen C h a r a k te r d er erzeu g ten S ch w in g u n g en u n d die d a d u rch erreich b a re A b stim m sch ärfe.
D en k u rzen W e llen w a r dieses S y s te m n och w en iger g ü n stig als d ie F u n k e n m e th o d en ; w o h l g e s ta tte te es, im L a b o ra to riu m n och W ellen u n ter 100 m zu erzeu g en ; allein d ie W irk u n g sg ra d e w aren d an n seh r k lein . P ra k tisc h sind die P o u lsen sch w in gu n g en n u r im W e llen b ereich ü b er 1000 m b e n u tz t w ord en.
In jen er Z e it en tsta n d d er W ellen m esser vo n
Ha h n e m a n n, d er in seiner ersten A u sfü h ru n g in fü n f S tu fe n den W ellen b ereich v o n 75 — 2500 m u m fa ß te .
M it dem A u fk o m m e n d er eisen arm ierten H o c h freq u en zm asch in en v e rsch o b sich — w ied er au s G rü n d en d er w irtsc h a ftlic h e n S ch w in gu n g se rzeu g u n g — d er B e re ic h d er b e n u tzten W ellen ab erm als n ach d er S eite d er lan g en W ellen , u n d m an fü h rte a u f G ro ß sta tio n en W ellen bis zu 25 k m L ä n g e ein . D a m it w a r die G ren ze d er h ö rb aren W e ch se lströ m e erreich t, die m an n ich t ü b ersch reiten d arf, ohne den F ern sp re ch b e trie b zu stören .
A u s diesen G rü n d en h a b en d ie a lte n M eth o d en der S ch w in g u n gse rreg u n g d as G e b ie t d er la n g en W ellen b e v o rz u g t. M it d em A u fk o m m e n d er E lek tro n e n rö h ren t r a t in d ieser H in s ic h t ein U m sc h w u n g e in ; d enn die E lek tro n e n rö h ren g e s ta tte n es, a u ch k u rze W e llen m it gu te m W ir k u n g s g rad zu erzeu gen , b is h e ra b zu ein igen M etern W e llen län g e .
Z u gu n ste n d er la n g en W e llen h a t m an n a c h d rü ck lich die E rfa h ru n g s ta ts a c h e ge lten d g em a ch t, d a ß die Intensitätsunterschiede, d ie m an a u f der E m p fa n g sseite b e o b a c h te t, u m so geringer werden, je lä n g er d ie b e n u tz te W e lle is t; die A u ssic h t, m it ein em S en d er eine gro ß e E n tfe rn u n g b ei T a g und N a c h t, im S o m m er u n d W in ter, m it gleich er Z u v e rlä s s ig k e it zu ü b erb rü ck en , is t also n u r im G e b ie t la n g er W e llen vo rh a n d en . D em gegen ü b er tre te n die lu fte le k trisc h e n S tö ru n g en im B e re ic h d er lan g en W ellen besonders s ta r k h ervo r, w äh ren d sie sich b e i W e llen län g e n v o n w en igen M etern k a u m b e m e rk b a r m ach en.
Nw. 1929 15
2 0 6 Ki e b i t z: K u rze und lange W ellen der drahtlosen Telegraphie. f Die N atur
wissenschaften E in w e ite re r b e trieb lich er V o rte il d er k u rzen
W e llen b e ste h t in d er M ö g lich k eit, zah lreich e S en d er ein zu setzen , oh n e d a ß S tö ru n g en e in tre ten . F ü r d ie E in sa tz d ic h te d er S en d er is t d ie M o d u la tio n d er W e llen m a ß ge b en d . E in e u n m o d u lierte W e lle b e h ä lt ih re A m p litu d e u n v e rä n d e rt b e i;
sie k a n n d aru m , w en n sie n u r gen ü gen d lan g e u n te rh a lte n w ird , d u rch R e so n a n z d ä m p fu n g slo ser K re is e v o n je d e r än d ern W e lle ge tre n n t w erd en , w en n n u r ein a n g e b b a re r F re q u e n zu n te rsch ied b e ste h t, d er b e lie b ig k le in sein k a n n . W en n a b er T e le g ra p h ie r Zeichen o d er S p rach e od er M u sik ü b e rtra g e n w erd en sollen , so w ird die A m p litu d e im R h y th m u s d ieser Z eich en m o d u lie rt. D ie fein ste M o d u la tio n e rfo rd e rt d ie M u sik und die B ild te le g ra p h ie ; h ie r m ü ssen n och A m p litu d en än d e ru n g e n w ied erg eg eb en w erd en , die sich in 0,0001 sek a b sp ielen , u n d in diesem B e re ic h is t d a ru m die F re q u e n z d er m o d u lierten S c h w in g u n g u n b e stim m t.
P r a k tis c h b e d e u te t das, d a ß die F re q u e n z vo n zw ei S en d ern ein en d u rch die M o d u la tio n b e stim m te n A b s ta n d h a b en m u ß , w en n d ie M ö g lich k eit b esteh en soll, sie a u f d er E m p fa n g sse ite g e tre n n t w ah rzu n e h m e n . D ie S en d er stra h len also ein W e lle n s p e k tru m aus, od er ein F re q u e n zb a n d . P r a k tis c h b e tr ä g t seine B r e ite b ei T e le g ra p h ie r
sen d ern 50 H e rtz (S ch w in gu n gen in d er Seku n d e), b e i R u n d fu n k se n d e rn 10000 H e rtz .
D ie B r e ite dieses S p ek tru m s w ir k t sich im G e b ie t la n g e r W e llen u n g ü n stig e r au s als b ei k u rzen W e llen . Z . B . u m fa ß t die O k ta v e d er W e llen län gen v o n 6 — 3 k m d ie F re q u e n zen v o n 50000 b is 100000 H z .; in d iesem B e re ic h kön nen n u r 5 F r e q u e n zb ä n d e r u n te r g e b ra c h t w erd en , w en n jed es
10000 H z b re it sein d a rf. D a g e g e n u m fa ß t die O k ta v e d er W e llen län g e n v o n 60 — 30 m die F r e q u en zen v o n 5 — 10 M illion en H e rtz ; u n d im B e re ic h d ieser O k ta v e k ö n n en 500 F re q u e n z b ä n d e r d er gleich en B re ite V e rw e n d u n g fin d en . D a s b e d eu te t, d a ß im B e re ic h d er k u rzen W e llen ru n d io o m a l so v ie le Sen d er strö ru n g sfrei n eb en e in a n d er a rb eiten kön nen , als im B e re ic h d er lan g en W e llen .
T ele g rap h ie rsen d e r b e n u tzen F re q u e n zb ä n d e r, d ie n u r 50 H z b re it sind, u n d kö n n en d a ru m e n tsp rec h en d d ic h te r e in g e se tz t w erd en .
A u ß e r den gen an n ten V o rte ile n b e ste h t a b er n och ein w esen tlich er G ru n d fü r die Ü b e rle g e n h eit d er k u rz e n W e llen in den S tra h lu n g sv o rg ä n g e n selb st. M an e rö rte rt sie n a ch d em V o rg a n g v o n
Di e c k m a n n in b eson d ers a n sch a u lich er W eise, in d em m an sich d er B e g riffe S tra h lu n g sd ic h te (S) u n d E m p fa n g s flä c h e (F ) b ed ien t. D ie S tra h lu n g s
d ich te k e n n zeich n e t die L e is tu n g des S en d ers;
sie st h t den P o y n tin g sc h e n E n erg iestro m dar, d er im A b sta n d v o n 1 k m d u rch einen zu r A u s b re itu n g s ric h tu n g sen k rech te n Q u e rsc h n itt vo n 1 q m flie ß t, w en n in ein er S e n d ea n ten n e v o n der w irk sa m en H ö h e hx (in M etern) ein e ffe k tiv e r S tro m d er S tä rk e J (in A m p er) b ei d er W e llen län g e 2- (in M etern) flie ß t; zu r zah le n m äß ig en B e re c h
n u n g d ieser S tra h lu n g sd ic h te d ie n t die F o rm e l:
(ht \2 W a t t
S - 0 ,0 0 0 3 7 7 • (T • J ) — . (I) D e r E m p fä n g e r w ird d u rch d ie E m p fa n g sflä c h e g e k e n n zeich n e t; sie s te llt d en jen ig en F lä c h e n te il d er ein fallen d en W e lle n fro n t d ar, a u s dem ein e E m p fa n g sa n te n n e vo n der w irk sa m en H ö h e h2 (in M etern) u n d dem D ä m p fu n g sw id e rsta n d R (Ohm ) a lle E n erg ie au fn eh m en w ü rd e, w en n d ie E n e rg iee n tzieh u n g v o lls tä n d ig w ä re; in W ir k lic h k e it n im m t sie in n e rh a lb des Q u ersch n itts m it d er E n tfe rn u n g v o m E m p fä n g e r ab . Z u r B e re ch n u n g d er so d efin ierten E m p fa n g sflä c h e d ie n t die F o r m e l:
h2
F = 377 * R qm (2)
D ie L e istu n g , die v o m S en d er a u f den E m p fä n g e r ü b e rtra g e n w ird , w en n d er A b sta n d r k m b e tr ä g t, h a t d an n in fo lge d er k u g elfö rm ig en W e llen a u sb rei
tu n g den W e r t:
N = S - F rz Q.3 7 7
R
h i • h'2
r • l • <7 W a t t. (3 ) D iese F o rm e ln ge lten fü r den F a ll, d a ß d ie A n te n n en k reise in d er F o rm ein er V ie rte lw e lle sch w in gen . S ie sind fern er a u f den F a ll b e sch rä n k t, d a ß d ie W e lle n a u sb re itu n g v e rlu stlo s e rfo lg t;
d as le tz te re t r if f t n ie z u ; sondern es w ird n u r ein m eh r o d er w en ig er gro ß er B r u c h te il d er L e is tu n g (3) em p fa n g en .
D ie B e tr a c h tu n g d er o b igen F o rm e ln lä ß t e r
kenn en, d a ß u n te r g leich en U m stä n d en d er E m p fä n g e r u m so s tä rk e r e rre g t w ird , je kle in e r das Q u a d ra t d er b e n u tz te n W e llen län g e ist. E s fr a g t sich indessen, o b m an dieselb en W ellen län g en , d ieselb en S tro m s tä rk e n u n d denselben D ä m p fu n g s w id ersta n d m it denselben A n ten n en h ö h en h e r
steilen k a n n . O hn e w eiteres ü b ersieh t m an, d a ß m an z. B . 100 m h oh e A n te n n en , w ie sie fü r la n g e W e llen b e n u tz t w erd en , b e i W e llen län g e n u n te r 400 m n ic h t m eh r in d er F o rm ein er V ie rte lw e lle erregen k a n n ; a b er a u c h A n te n n en stro m und D ä m p fu n g sw id e rsta n d sind b ei g leich er A n te n n e n h öh e v o n d er W e llen län g e a b h än g ig .
M an ü b ersieh t diese Z u sam m en h än ge am b esten , w en n m an den S tra h lu n g sw id e rsta n d R s eines A n te n n en k reise s ins A u g e f a ß t; er is t als d e r
jen ig e W id e rsta n d d e fin iert, d er — im S tro m b a u ch , also in d er E rd le itu n g e in g e sch a ltet — d ieselb e D ä m p fu n g d er A n te n n en sch w in g u n g v e ru rsa ch e n w ü rd e, w elch e die in d er W e lle n a u sstra h lu n g b esteh en d e E n e rg ie a b w a n d e ru n g ta ts ä c h lic h h e r
v o r ru ft. D ieser S tra h lu n g sw id ersta n d w ird n a ch der fo lgen d en F o rm e l b e rec h n et:
' h \2
R s = 1 579 • ( y l O h m . (4 ) E r b e tr ä g t also b eisp ielsw eise 1 5 ,7 9 0 h m , w en n eine 1 m h ohe A n te n n e m it 10 m lan g en W ellen
Heft 13. ] 29. 3. 1929J
b e trieb en w ird , od er eine 10 m h oh e A n te n n e m it 100 m W ellen län ge, od er eine 100 m hohe A n ten n e m it 1000 m la n g er W e lle. W en n m an indessen eine 10 m h oh e A n te n n e m it 1000 m W ellen län ge b e tre ib t od er ein e 100 m h oh e A n ten n e m it 10 km lan g en W e llen , so s in k t er a u f 0 ,1579 O hm .
F ü r den A n te n n en stro m J und den D ä m p fu n g s
w id ersta n d R in den ob igen F o rm eln , is t ab er n ich t d er S tra h lu n g sw id erstan d R s allein b e stim m end, sondern n eben ih m n och d er V e rlu stw id e r
stan d , d er u n ve rm e id lich is t u n d d u rch den L e itu n g w id ersta n d d er b e n u tz te n Spulen, den Ü b e rg a n g s
w id ersta n d d er E rd le itu n g und v ie le and ere U r sachen h e rv o rg e ru fe n w ird . M an m u ß im G eb ie t vo n k ilo m e te rla n g en W ellen b eim B a u eines A n te n n en k reise s W id e rstä n d e in K a u f nehm en, die selten kle in e r sind a ls 2 O h m ; und a u ch bei ku rzen W ellen b e tra g en sie ein ige Z e h n te l O hm .
W e n n w ir d aru m im G eb ie t la n g er W ellen tr o tz 100 m h o h er A n te n n en n u r e tw a 0,2 O hm S tra h lu n g sw id ersta n d erreich en kön nen , u n d w en igsten s 2 O hm V e rlu stw id e rsta n d in K a u f nehm en m üssen, so b e d e u te t das, d a ß zu r E rz e u g u n g eines b e stim m ten A n te n n en stro m es d as E lffa c h e d erjen igen M a sch in en leistu n g a u fg e b ra c h t w erd en m u ß , die zu r S tra h lu n g allein erfo rd erlich w äre.
Im B e re ic h d er R u n d fu n k w elle n ergeben schon 50 m h oh e A n te n n en S tra h lu n g sw id erstän d e vo n 10 — 40 O hm , so d a ß die V e rlu stw id e rstä n d e kein e große R o lle sp ielen ; und bei W ellen zw isch en 100 und 10 m L ä n g e b e stim m t selb st b e i A n te n n en v o n w enigen M etern H ö h e d er S tra h lu n g sw id ersta n d allein die D ä m p fu n g sve rh ä ltn isse.
Z u sam m en fassen d k a n n m an also sagen : Im B ereich la n g er W ellen n ä h e rt sich d er S tra h lu n g s
w irk u n g sg ra d d er A n te n n en k reise dem W e r t N u ll, w äh ren d er sich im G e b ie t k u rzer W ellen n ic h t m erklich vo n 1 u n tersc h eid e t. D en selb en G ed a n ken k a n n m an a u ch so a u sd rü ck e n : Je lä n g er die b e n u tzten W ellen sind, u m so m eh r n ä h e rt sich der C h a ra k te r d er A n te n n en k reise den geschlossenen S ch w in gu n gsk reisen , w äh ren d im G e b ie t d er ku rzen W ellen jed e r S ch w in gu n gsk reis als offen er K re is a u fzu fa ssen ist.
In d er h eu tigen H o ch freq u e n ztec h n ik sp ie lt die a u f den E m p fä n g e r ü b ertra gen e L e is tu n g ab er n ich t m eh r eine so w ic h tig e R o lle w ie frü h er, w eil uns die E lek tro n e n rö h ren in die L a g e versetzen , au ch seh r k lein e E m p fan gsleistu n g e n b is zu r H ö rb a rk e it zu ve rstä rk e n , und m an v e rz ic h te t aus d iesem G ru n d e so gar in v ie len F ä lle n d ara u f, den A n te n n en k reis a b zu stim m e n . Jed och ersch w ert die A n w en d u n g v ie le r V e rs tä rk e rm itte l d ie la u t ge tre u e W ie d erg a b e v o n S p rach e und M usik. D ies ist zu m T e il in den U n v o llk o m m en h e ite n d er V e r stärk erein ric h tu n g en b eg rü n d et, die eine V e r zerru n g des S tro m v e rla u fs veru rsa ch en , zum T eil k o m m t a b er a u ch ein p h y sik a lisc h e r G ru n d in B e tr a c h t, d er a u f d er F e in s tru k tu r des elek trisch en Stro m s b e ru h t, und d er im G e b ie t der kü rzesten W ellen beson d ers lä stig w ird .
W ir stellen uns den e lek trisch en S tro m als eine
2 0 7 B e w e g u n g e le k trisc h e r L a d u n g e n v o r ; u n d d ie L a d u n g en stellen k e in K o n tin u u m d ar, sondern sie b e sitzen eine k ö rn ig e S tr u k tu r in sofern , als sie a u s E le m e n ta rte ile n b esteh en , d eren G rö ß e 1,6 • i o ~ 19 C o u lo m b b e tr ä g t. In fo lg ed essen b e
s itz t a u ch d er e le k trisch e S tro m ein e k ö rn ige S tru k tu r . E in S tro m v o n 1 A m p b e fö rd e rt die L a d u n g v o n 1 C ou lom b in ein er S ek u n d e, also 6 , 3 ’ i o - 18 E le k tro n e n ; b ei ein em S tro m v o n i o ~ 18 A m p flie ß t d ie L a d u n g ein es E le k tro n s in 0 ,16 s e k d u rc h je d e n Q u e rsc h n itt.
D iese k lein en S trö m e sind, stre n g gen om m en , k ein e k o n tin u ie rlich en V o rg ä n g e ; so n d ern sie w eisen D is k o n tin u itä te n a u f, w ie sie a u ch d er V o r ste llu n g v o m S c h ro te ffe k t zu gru n d e liegen . E s is t sch w er, a n zu g eb en , w elch e B e tr ä g e d iese D is k o n tin u itä te n za h le n m ä ß ig ann eh m en d ü rfen , ehe sie b ei den h oh en V e rs tä rk u n g s z iffe rn d er m od ern en E m p fa n g s a n la g e n N e b en g e rä u sch e v e ra n lassen . J ed en fa lls m ü ssen W e ch se lströ m e u m so sch w erer v o n d er u n g e o rd n ete n E le k tro n e n b e w e g u n g zu u n tersc h eid e n sein, je g rö ß er ih re F re q u e n z is t;
d. h ., je ra sc h e r ein W e ch se lstro m o scilliert, bei d em n u r w en ige E le k tro n e n im S p iele sind , u m so w en ig e r w ird er sich ü b e r die U n ru h e d er u n geo rd n eten E le k tro n e n b e w e g u n g erh eb en .
U m ein e S c h ä tz u n g d u rch fü h re n zu können, w o llen w ir an n eh m en , d a ß w en ig sten s ein E le k tro n fü r je d e P e rio d e e rfo rd e rlich ist, d a m it ein S tro m a u s g e p rä g t ist, d er a u ch n ach d er V e r s tä r k u n g u m ein ige Z e h n erp o ten zen n och sin u sfö rm igen C h a r a k te r a u fw e ist. B e i d er F re q u e n z 630000 H e r tz — W e llen lä n g e 475 m — w ü rd e ein S tro m u n te r diesen U m stä n d en die S tä rk e i o ~ 13 A m p h ab en .
S o ll n u n ein S tro m m o d u la tio n sfä h ig sein, so m u ß er versch ied en e S tä rk e n ann eh m en kön nen . B e im T ele g ra p h ie re n is t n u r n ötig , d a ß ein n a c h w eisb arer S tro m vo rh a n d e n is t od er n ic h t; es gen ü gen also b eim E m p fa n g d ie S tro m s tä rk e n o und 1 0 - 13 A m p . B e i T ele p h o n ie m üssen w ir a b er A m p litu d en ä n d e ru n g e n zu m A u s d ru c k b rin gen , die m in d esten s im V e rh ä ltn is 100 : 1 erfo lg en ; d er m o d u lierte S tro m m u ß d a ru m i o - 11 A m p s ta r k sein, w en n tr o tz sein er a to m istisch e n S tru k tu r bei der F re q u e n z i o 6 H e rtz d ie S p ra ch e e rk e n n b a r sein soll. F ü r io m a l k ü rz e re W e llen , also ru n d b ei 50 m W e llen lä n g e , is t die G re n ze b e i io m a l so g ro ß en S tro m s tä rk e n zu su ch en , fü r die W e lle n lä n g e 5 k m b e i io m a l k lein eren S trö m en .
D a s G e b ie t d ieser k lein en S trö m e berü h ren w ir a b er in den E m p fa n g se in ric h tu n g en d er F u n kerei. B e tr a c h te n w ir z. B . den F a ll, d a ß ein S en d er 1 k W S tra h lu n g s le is tu n g a b g ib t; d ies ge
sch ieh t, w en n e tw a ein e 50 m h ohe A n te n n e bei 300 m W e llen lä n g e m it 5,4 A m p , ein e A n te n n e vo n 60 m w irk sa m e r H ö h e b ei 600 m W ellen län ge m it 8 A m p o d er ein e eben so h oh e A n te n n e b ei 1800 m W e llen län g e m it 24 A m p b e trieb e n w ird . Z u m E m p fa n g m öge ein e 10 m h oh e A n te n n e b e n u tz t w erd en , u n d w ir w ollen den d u rch a u s m öglich en F a ll ann eh m en , d a ß d er D ä m p fu n g sw id e rstan d
1 5 * Ki e b i t z: K urze und lange W ellen der drahtlosen Telegraphie.
208 St ö c k e r: Ungarische Steppenproblem e.
des E m p fan g sa n te n n en k reises b ei allen diesen W e llen län g e n 3 ,7 7 0 h m b e tra g e n m ö ge; dieser D ä m p fu n g sw id e rsta n d w ird d u rch S tra h lu n g , V e r lu ste u n d D e te k to re rre g u n g v e ru rs a c h t.
S o fern die E m p fa n g sa n te n n e a u f d ie S e n d e r
w elle a b g e stim m t w ird , n im m t sie d an n in d e r
selben E n tfe rn u n g fü r jed e W e llen län g e d ieselbe E m p fa n g sle istu n g a u f. B e re c h n e t m an sie n ach d en oben m itg e te ilte n F o rm eln , so e rg ib t sich in 100 k m A b sta n d 25 • i o -8 W a tt, also eine L e istu n g , d ie m an m it T h e rm o e le m e n te n m essen k a n n ; fü r 1000 km E n tfe rn u n g b e rec h n et m an 25 • 10 ~10 W a t t . D e m e n ts p ric h t eine S tro m stä rk e in d er E m p fa n g sa n te n n e, d ie in 100 k m A b sta n d u n g e fä h r 2,6 • i o -4 A m p b e trä g t, in 500 k m A b sta n d 5, 2* i o “ 5 A m p u n d in 1000 k m A b sta n d 2,6 « i o -5 A m p .
In d er W ir k lic h k e it w erd en diese W e rte n ic h t e rre ic h t; sond ern die W ellen erfah ren b e i ih rer A u s b re itu n g V e rlu s te , die v e rm u tlic h zu m T e il d u rch d as u n vo llk o m m en e L e itv e rm ö g e n des E r d reich s u n d d u rch seine U n eb en h eiten v e ru rs a c h t w erd en , zu m T e il d u rch T rü b u n g en , w elch e d ie A tm o s p h ä re u n te r d er E in w ir k u n g d er S o n n en stra h len e rfä h rt. D ie G rö ß e dieser A b so rp tio n en is t ein ig e rm aß e n b e k a n n t, a llerd in g s is t es n ic h t m ö g lich , gen au e zah le n m äß ig e A n g a b e n zu m ach en, w eil sie e rfah ru n g sg em ä ß in k u rzen Z e iträ u m en s ta r k s c h w a n k t; n eh m en w ir den b eso n d ers g ü n stig en F a ll an, d a ß b eim F o rtsc h re ite n ü b er 100 k m d as w irk lic h e F e ld n u r u m eine Z eh n erp o ten z g e g e n ü b e r d em b e rec h n eten g e sc h w ä c h t ersch e in t, so w ü rd e in u n serem B e isp ie l in 500 k m E n t fe rn u n g d er E m p fa n g s s tro m a u f ru n d 5 • 1 0 - 10 A m p g e su n k en sein. D ie se r W e r t is t als ein M itte l g ü n stig e r E m p fa n g s w e r te a u fz u fa s s e n ; in W ir k lic h k e it sind v e re in z e lt E m p fa n g s s tä r k e n b e o b a c h te t w ord en , die d en oh n e A b so rp tio n b e rec h n eten n ah e k o m m e n ; im a llg em ein en sind sie w esen tlic h k le in e r
[ Die Natur
wissenschaften und n eh m en alle W e rte an bis h e ra b zu G rö ß en , die n ic h t m eh r n a ch w e isb a r sind , also p ra k tis c h b is N u ll.
D ie o b ige B e re c h n u n g b e zie h t sich a u f eine 10 m h oh e a b g e stim m te A n te n n e a u f d er E m p fa n g s s e ite ; in den v ie lfa c h b e n u tz te n , n ic h t a b g e stim m te n A n te n n en , k o m m en a b er n u r S trö m e zu sta n d e, d ie u m m eh rere Z eh n erp o ten zen k le in e r sind , also in d er G eg en d u n te r i o - 1 1 A m p zu su ch en sind . D a m it is t die o b en g e s c h ä tzte G re n ze fü r die m ö glich e W ie d e rg a b e v o n T elep h o n ie- strö m e n e rre ic h t; sie b e zie h t sich a u f R u n d fu n k e m p fa n g b e i 1 k w S e n d e rle istu n g , a u f A u s b re i
tu n g sb ed in g u n g en , w ie m an sie im M itte l ann eh m en d a rf, u n d a u f ein e n ic h t a b g e stim m te E m p fa n g s a n te n n e in 500 k m E n tfe rn u n g . E rfa h r u n g s g em ä ß is t es u n te r diesen U m stä n d e n in d er T a t sch w ierig , a u ch m it gro ß em A u fw a n d an V e r s tä r k e r m itte ln ein en g u te n E m p fa n g zu erzielen , so d a ß m an an n eh m en k a n n , d a ß die V o ra u s s e tz u n gen fü r die o ben d u rc h g e fü h rte S c h ä tz u n g sich n ic h t a llz u w e it v o n d er W ir k lic h k e it en tfern e n w erd en .
B ish e r is t m eines W issen s die d u rch die E le k tro n e n s tr u k tu r d es S tro m e s b e d in g te G re n ze fü r d ie G rö ß e d er m o d u lie rte n E m p fa n g sströ m e w e n ig e rö rte rt w o rd e n ; sie w ird a b er d u rch d ie en d lich e G rö ß e d er L a d u n g des E le k tro n s g e fo rd e rt. D iese G rö ß e b e d in g t, d a ß b e lie b ig k lein e e le k trisch e S trö m e n ic h t m eh r m o d u la tio n sfä h ig sind, in d em d a n n die E le k tro n e n zu gro b sind, u m die M o d u la tio n d er S p ra ch e u n d d er M u sik w ied erg eb en zu kön nen . D ie G ren ze, b ei d er diese E rsch ein u n gen e in tre ten m üssen, is t in den o b igen A u sfü h ru n g en g e s c h ä tz t w o rd e n ; sie lie g t fü r k u rze W e llen h ö h er als fü r lan g e. Im G e b ie t d er R u n d fu n k e m p fa n g s te c h n ik m üssen w ir m it ih r rech n en. D ie V erzerru n g e n , die beim U n tersch reiten d ieser G ren ze e in treten , kön nen d u rch k ein e n o c h so g u ten V e r s tä r k e r w ied er g u t g e m a c h t w erden .
Ungarische Steppenprobleme.
V o n Ot t o St ö c k e r, B rem e rh a v e n . (Schluß.)
I I I . Salzseen u n d S ü m p fe (N eu sied ler See u n d H a n sd g).
D ie g ro ß e R o lle, die Salzseen u n d R o h rsü m p fe im B ild e d er u n ga risch en T iefe b en e spielen, v e r anlassen uns, a u f sie n och e in m a l zu rü ck zu k o m m e n . A ls Z iel u n serer E x k u r s io n w äh len w ir dieses M al einen P u n k t d er „ k le in e n “ u n ga risch en T iefeb en e, den N eu sied ler See u n d d as sich sü d ö stlich a n sch ließ en d e S u m p fg e b ie t des „ H a n s ä g “ .
D e r 36 k m lan g e u n d 7 — 15 k m b re ite N e u sied ler See b ie te t, v o n ein em d er w ald ig en A lp e n v o r- b erg e b ei Ö d en b u rg a u s b e tr a c h te t, k einesw egs d a s B ild d er gro ß en W a sserflä ch e , d as m an vo n ein em See so lch er G rö ß e e rw a rte t. M an sieh t v ie l
m eh r d as B la u des W a ssersp ieg els e in g e b e tte t in ein em g e w a ltig e n grü n en S en k u n g sg elän d e, das a u s d er F ern e w ie eine gro ß e W ie sen flä ch e a u ssieh t,
d as in W ir k lic h k e it a b e r a u s „ R o h r w ä ld e r n “ b e s teh t, die w e ite T e ile des Sees ein n eh m en .
A u c h au s n ä ch ste r N äh e, w en n m an n ach heißem M arsch v o n Ö d en b u rg h e r ü b er eine m it fa r b e n fro h em S tep p en w a ld b e k le id e te H ü g e lk e tte h in w e g seine U fe r e rre ic h t h a t, sieh t d ieser See so g a r n ic h t n ach „ S e e “ a u s: G rü n e W ie sen gehen in grü n en S ch ilfw a ld ü b er. V o r ein er F is c h e rh ü tte sind g ro ß e D iem en tro c k en es S c h ilfro h r a u fg e sta p e lt, ein w ic h tig e r H a n d e ls a rtik e l d er G egen d . E r s t w en n m an v o n d er F is c h e rh ü tte ein p a a r S c h ritte an den R a n d des R ö h ric h ts h in ab s teig t, sieh t m an
„ W a s s e r “ in engen , d u rch den R o h rw a ld g e sc h la gen en K a n ä le n , d u n k le s m o rastiges W a sser, a u f d em d a u ern d in ra sch e r F o lg e g ro ß e B la se n vo n H 2S z erp la tze n u n d die L u ft ve rp e ste n . A u f flach en B o o ten , m it S ta n g en g e s ta k t, b e g in n t d an n die F a h r t
Heft 13. 1 29. 3. 1929J
St ö c k e r: Ungarische Steppenproblem e. 209
d u rch die sch m alen gew u nd en en K a n ä le , in denen das S c h ilf (P h ra g m ite s com m u nis Irin .) 3 m hoch b o llw e rk t u n d jed e n A u s b lic k u n m ö glich m a c h t;
als seltsam gelbe K e rz e n tau ch e n aus dem sch w arzen W asser d ie B lü te n s tä n d e einer U tr ic u la ria au f.
„ I c h ken n e k ein e P fla n zen fo rm a tio n in un serer Z o n e“ , sc h reib t A . K e r n e r1 , „w e lc h e sich in so u n g e trü b te r A b g e sch lo sse n h eit u n d U rw ü c h sig k e it e rh a lten h a t u n d v ie lle ic h t eben d a ru m einen so tiefen E in d ru c k a u f den M enschen a u sü b t, als der R o h rw a ld m it sein er U m g e b u n g .“ Ü b e r eine S tu n d e la n g sc h ie b t sich u n ser K a h n d u rch den R o h rw a ld , b is w ir freiere W a sserflä ch en erreichen.
R u h ig lie g t d er A b e n d ü ber dem stille n W asser, in d as in w u ch tig e n B u c h te n die h ohen S ch ilfw ellen ein sp rin gen (P h ra g m ite s com m u nis), in sch arfem F a rb en w ech se l a ls grü n e M au er m it g elb em S o ck e l ü b er d em sch w arze n W a sser sich au fre ck e n d , h ier u n d d a g e g lie d ert d u rch vo rg e la g e rte , gan z d u n k e l od er ga n z h ellgrü n e B in se n b estä n d e (Scir- pus la c u stris L . u n d m a ritim u s L .). N u r d as G e rä u sch z a h lreich streich en d er, sch w im m en d er u n d ta u ch e n d e r V ö g e l u n d ih re S tim m e n u n terb re ch e n die tiefe S tille, w ied e r u n d w ied er ü b e rtö n t vo n dem rin d e ra rtig e n G eb rü ll d er b a lzen d en R o h r
dom m el.
D e r N eu sied ler See is t ein au sgesp roch en er S a lz see. S ieb en 1903 a u sg e fü h rte A n a ly se n v o n v e r sch ied en en S telle n ergab en , b ezo gen a u f 1000 g W a s s e r2 :
N a2S04 0,7 9- 7 .9 9 g N aH CO s 1,3 4- 3,4! g M gS04 o,43 g M gCl2 0,8 - 2 ,3 3 g k2s o4 0,03 — 1,28 g NaCl 0 ,1 1 - 0 ,5 5 g CaS04 0,03 — 0,33 g
SiO a 0,01— 0,06 g
Gesam tsalze 3,72 — 13,57 g
E s h a n d e lt sich also u m einen S u lfa t- und S o d a see. E n tla n g d er B ru c h lin ie des S eeb ecken s sind ü b era ll G a se x h a la tio n e n b e m erk b a r, die d as G e stein, k ry s ta llin e S ch iefer, v o lls tä n d ig z e rse tzt h ab en . N eb en rein en G asq u ellen fin d en sich au ch zah lreich e a lk alisch e S äu erlin g e m it v ie l freier K o h len sä u re. D iese am R a n d u n d a u f dem G ru n d des Sees en tsp rin gen d en G as- u n d S a u erq u ellen sind d ie U rsach e d e r V e rs a lz u n g ; so e rk lä rt sich sow ohl d er vo n S telle zu S telle versch ied en e S a lz g e h a lt des W assers w ie a u ch seine E rh a ltu n g , tro tzd e m d er See vo n zw ei g rö ß eren B ä c h e n d u rc h flossen u n d a u sg e sü ß t w ird .
T r o tz des S a lzg e h a lte s sind die V e g e ta tio n s b ed in gu n gen glä n zen d . A b g e se h e n v o n d er u n geh eu ren E n tw ic k lu n g d er S ch ilfb e stä n d e, is t au ch das freie W a sser — seine g rö ß te T iefe w ird m it 4 m an g eg eb en , b le ib t a b e r m eist fla c h er als i m ! — e rfü llt m it U n m assen u n te rg e ta u c h te r u n d sch w im m ender W a ssergew ä ch se, A rte n v o n M y rio p h y llu m , P o ta m o g e to n u n d a n d e re r G a ttu n g e n . M an fin d e t
1 A . K e r n e r , 1. c., S. 25.
2 P. T r e i t z , 1. c.
die u n te rg e ta u c h te n P fla n z e n m it einem feinen w eiß en S ch leim ü b erzo gen , w o h l C a C O s, d as d u rch den A ssim ilia tio n sg a sw e ch sel au s dem reich lich vo rh a n d e n en B ic a rb o n a t ab gesch ied en w ird . D a d as W a sser s ta r k a lk a lisc h re a g iert, b leib en die aus d er Z e rse tzu n g der g ro ß en P fla n zen m a sse n e n t
steh en d en H u m u ssto ffe in fein er V e rte ilu n g und geb en dem W a sser seine d u n k le F a rb e . D e r in gro ß en M engen en tsteh en d e H 2S soll d u rch O x y d a tio n M itu rsa ch e des h ohen S u lfa tg e h a lte s sein.
D ie P fla n z e n w e lt des N eu sied ler Sees k a n n n ic h t als au sgesp roch en „ h a lo p h y tis c h “ b e ze ich n et w erd en , a b er sie zeigt, en tsp rech en d dem ziem lich h o h en S a lz g e h a lt des W assers, d e u tlich e A n k lä n g e d a zu , n a m e n tlich an den U fern , w o sich die S a lz k o n ze n tra tio n in T ro ck en p erio d en d u rch V e r d u n stu n g s teig e rt. A u f den fau len d en S ch ilfh au fe n m ach en sich d o rt A tr ip le x h a s ta tu m L . u n d R u m e x m a ritim u s L . b re it, u n d w o in som m erlich en T ro c k e n ze ite n S a lzw asse rla ch en ein d am p fen , d a e n tw ic k e lt sich eine e x k lu s iv e H a lo p h y te n v e g e ta - tio n m it S a lic o rn ia usw .
D e r N eu sied ler See ge h ö rt zu einem S e en typ , d er a u c h in d er „ g r o ß e n “ u n garisch en T iefeb en e ü b e ra ll in den S tep p en v o rk o m m t, u n d den der M a g y a r seh r k en n zeich n en d als ,,schwarze S een “ b e ze ich n et. D ie K o n ze n tra tio n u n d die Z u sam m en se tz u n g des S alzw assers is t in den ein zeln en Seen w ech seln d , ein so h o h er S u lfa tg e h a lt w ie beim N eu sied ler See is t n ic h t h ä u fig . E s w ird an g en o m m en, d a ß d er S a lzg e h a lt teilw eise a u ch d u rch W in d v e rw e h u n g d er S tep p en salze zu sta n d e ko m m t.
G an z ohne S ch ilfsa u m und W a sse rv e g e ta tio n sind d ie ,,w eißen S een “ , eb en falls A lk a lisa lzse en u n d e b en fa lls ü b e ra ll in den P u szten v e rb re ite t.
D u rc h w elch e B e d in g u n g en d er a u ffa llen d e U n te r
sch ied e n tsteh t, is t n och n ic h t u n tersu ch t.
In teressa n te K u ltiv ie ru n g s a rb e ite n sind in dem gro ß en S u m p fg e b iet des H a n sä g a u sg e fü h rt w ord en , das sich sü d ö stlich v o m N eu sied ler See a u sd eh n t un d d as frü h er h a u p tsä c h lic h m it R o h rsu m p f b esta n d en w ar. H ie r h a t d er F ü r s t E s t e r h a z y
v o r ein igen J ah rzeh n ten den W a sse rsta n d d u rch ein g ro ß z ü g ig an g ele gtes S y s te m v o n K a n ä le n und S ch leu sen g e sen k t u n d re g u lie rb a r g e m a ch t u n d d a m it den R a u m fü r E rle n w ä ld e r v o n 3000 h a F lä c h e gesch a ffen . A ls m ich m ein F re u n d H . Va l-
l i n am 3. A u g u s t 1927 in diese e ig en a rtigen W ä ld e r fü h rte, denen er ein m eh rm o n a tig es S tu d iu m ge
w id m et h a tte , e rh ie lt ic h n ic h t n u r v o n d er fa b e l
h a fte n Ü p p ig k e it d er V e g e ta tio n ein ein d ru ck s
vo lle s B ild , sondern a u c h v o n den k lim a tisc h en U rsach en derselb en . D en n die feu ch te H itze, b ei d er w ir lo sm arsch ierten — u m 9 U h r 2 9 0 b ei e tw a 90 % re la tiv e r F e u c h tig k e it! — , m u ß te au f d ie P fla n z e n ä u ß e rs t g ü n stig w irk e n . A u f uns selb st w a r die W ir k u n g allerd in g s eine andere, zu m al d a w ir b a ld m it u n gew o h n ten S ch w ie rig k eite n des D u rch k o m m en s zu k ä m p fen h a tte n . Z w a r w aren die S ü m p fe u n d gro ß en W asseran sam m lu n gen , die im F rü h ja h r u n d F rü h so m m er v ie le T eile fa s t u n p assierb ar m ach en, je t z t w eitgeh en d a u s g e tro c k
2 1 0 St ö c k e r: Ungarische Steppenproblem e. [ D ie N atur
wissenschaften n et, a b er d a fü r b ild e te die U n te r V e g e t a t io n ein o ft
k a u m d u rch d rin g b ares D ic k ic h t a u s b is 2 1/2 m h o h en (!), v o n B ro m b ee rra n k e n versch lu n gen en B ren n esseln , u n d d a rü b e r h in gen v o n den E rle n g ro ß e G irla n d e n v o n H o p fen h era b . In den m e ist tro c k en en S ü m p fen re ich te d as S ch ilfro h r (P h ra g m ite s com m u nis) 4 m h och , u n d w o d er W a ld e tw a s lic h te r w ar, d a m a c h ten 2 — 3 m h oh e R u d b e c k ie n d ie B ren n e sse ld ick ich te n och u n d u rch d rin g lich er. D iese a u s N o rd a m e rik a ein gew an d erte, n u n a b er in riesigen B e stä n d e n v o lls tä n d ig v e r w ild e rte P fla n z e b rin g t m it ih ren großen , leu ch ten d g elb en S tra h le n b lü te n ü b e r rö tlic h d u n k elg rü n em L a u b ein en ga n z n eu en Z u g in das so n st e in tö n ig g rü n e L a n d s c h a fts b ild .
W a h rsc h ein lic h sin d a u ch die E rle n w ä ld e r n ic h t d as e n d g ü ltig e K le id des H an sä g . U n te r dem Z w a n g g ro ß en H o lzm an g e ls b e ste h t d er W u n sch , a n S telle d er E rle n bessere H o lz a rte n a n zu b a u en . S o llte d as gesch eh en , d an n m ü ß te a llerd in g s v o rh e r m it ein em an d eren h errlich en N a tu rd e n k m a l a u fg e rä u m t w erd en : fa s t ein h a lb es T au se n d H ir sch e b e v ö lk e rn h e u te den H a n sä g u n d sind d o rt in so g ro ß e r Z a h l m öglich , w eil sie d en E rle n n ic h t sch a d en ; a b e r u m an d eren W a ld h o ch zu b rin g en , m ü ß te n sie zu m grö ß ten T e il b e se itig t w erd en . I V . A u s der Sandsteppe zwischen T h e iß u n d D onau .
D e r Ü b e rg a n g v o n den fein d ispersen , sch w eren T o n - u n d L eh m b ö d e n zu den g rö b er dispersen, leic h ten S a n d b ö d en b e w ir k t a u ch im S te p p en g e b iet d es u n g a risch en T ie fla n d e s w eitg eh en d e U n te r sch ied e in d er V e g e ta tio n . W er, vo n den A lk a li
step p e n d er H o r to b ä g y ko m m en d , in d as zw eite gro ß e P u s zte n g e b ie t d er gro ß en T iefe b en e, die P u s z ta B u g a c z , zw isch en T h e iß u n d D o n au , e in d rin g t, d em d r ä n g t sich so gleich d er g ro ß e U n te r sch ied im L a n d s c h a fts b ild e a u f : d o rt, ü b er d er u n en d lich en R a sen flä ch e , ü b e ra ll fre ier H o rizo n t, a n d em sich h ö ch sten s ein p a a r ein sam e B a u m g ru p p en ab h eb en , h ier a u c h w eite R a sen ste p p e n , a b e r d o ch im m er w ied e r g e g lie d ert u n d u n te r
b ro ch en d u rch W ä ld e r u n d W ä ld ch e n .
U n te r den u rw ü ch sig en S tep p en w a ld u n g e n sin d a m ken n zeich n en d sten d ie P a p p e lw ä ld e r, die u n s b e i K ir ä ly h a lo m , w e stlic h v o n S zeg ed (F ig. 1), b eson d ers sch ön en tg e g e n treten . W ir sind d o rt in ein er d er h eiß e ste n u n d tro c k e n ste n G egen d en U n g a rn s; d ie d re iß ig jä h rig e n E x tre m e d er T e m p e r a tu r sind + 4 2 0 u n d — 2 9 0 (!), d ie jäh rlich e n N ie d ersc h lag sm en g e n sc h w a n k te n zw isch en 391 u n d 835 m m . A ls w ir a m 22. J u li gegen M itta g a u f d ie S a n d ste p p e h in au sfu h ren , w a r f d er a u s
g e tro c k n e te S a n d die S o n n en stra h len u n b a rm h e rzig zu rü c k , u n d P fe rd u n d W a g e n w aren in w eiß lich e W o lk e n fein sten S ta u b e s g eh ü llt. T ro tz H itz e u n d T ro c k e n h e it ü b e rra sch te uns die S a n d step p e m it ein er n o ch b e trä c h tlic h e n Z a h l vo n A r te n u n d b o t ein v ie l a b w ech slu n gsreich eres B ild als die A lk a lis te p p e . U m n u r ein p a a r A rte n zu n ennen, n o tie rte ich d o rt: d ie G rä ser F e s tu c a v a g in a ta W . K . u n d K o e le ria grac ilis P ers., die
W e id e S a lix rep en s L ., d ie N elk en g e w ä ch se Silene O tite s L . u n d A lsin e g lo m e ra ta M . B ., d as H a h n en fu ß g e w ä c h s D e lp h in iu m co n so lid a L ., die K r e u z b lü tle r S y re n ia a n g u stifo lia R e lib ., E ry sim u m can escen s R o th , u n d A ly s s u m to rtu o su m W . K ., d ie W o lfs m ilc h a rt E u p h o rb ia G era rd ia n a J acq ., d ie C istacee H e lia n th em u m F u m a n a M iller, den L ip p e n b lü tle r T h y m u s co llin u s M . B ., d ie B o ra - g in acee A lk a n n a tin c to r ia T sc h . u n d en d lich z a h l
reich e K o m p o site n , d a ru n te r A rte m is ia ca m p estris L ., C e n ta u re a T a u sc h e ri K e rn ., C rep is rh o ea d ifo lia M . B ., C h o n d rilla ju n c e a L ., T ra g o p o g o n flo cco su s W . K . A lle diese P fla n z e n sind a u ß e ro rd e n tlic h k le in b lä ttr ig ; als ein zige g r o ß b lä ttrig e A r t fiel nur E ry n g iu m ca m p estre L . a u f m it starre n , d o rn ig g e w e llten B la ttflä c h e n . M an p fle g t die K le in - b lä ttr ig k e it d er S tep p en p fla n ze n m e ist als M itte l z u r V e rk le in e ru n g d er tra n sp irieren d en O b erflä ch e zu erk lä ren . E in e e in fach e geo m etrisch e Ü b e rle g u n g z e ig t ab er, d a ß eine k lein e O b erflä ch e v ie l le ic h te r d u rch w en ige große, als d u rch v ie le k lein e B lä tte r e rre ic h t w erd en k a n n ; denn b ei d er A u fs p a ltu n g in k lein e B lä tte r tre te n die R a n d flä c h e n h in zu . A u c h d ie E rh itz u n g s g e fa h r b ei s ta r k e r S o n n en s tra h lu n g b ra u c h t b ei g ro ß en B lä tte r n n ic h t g rö ß er zu sein, d a sich diese d u rch V e r tik a l- o d er g a r K o m p a ß ste llu n g sch ü tzen kön nen . K le in b lä ttr ig - k e it a ls p h y sio g n o m isch er G ru n d z u g d er V e g e ta tio n is t im ü b rigen k ein esw egs a u f die S tep p en und W ü ste n b e sch rä n k t, sondern t r it t a u c h im h u m id en K lim a au f, z. B . in den n örd lich en H eid e- u n d F elsa sso ziatio n en .
G em ein sam is t a llen diesen F o rm a tio n e n die O ffe n h eit geg en ü b er sta rk e n L u ftb e w e g u n g e n 1.
D em gem äß ist nach m einer M ein u n g in erster L in ie der W in d als bedingter F a k to r der K le in - blättrigkeit anzusehen. T a ts ä c h lic h e rg ib t sich aus d en U n tersu ch u n g en Be r n b e c k s ein e seh r sta rk e u n d ra sch tö d lic h w erd en d e W in d w irk u n g , sob ald d ie B lä tt e r d u rch die L u ftb e w e g u n g d efo rm iert w erd en . E in e n tsch eid en d er E in flu ß des W in d e s a u f d ie L e b e n sm ö g lic h k e it d er B ä u m e , v o r allem a u f die A u s b ild u n g d er B a u m g ren zen , w ird h eu te a llg em e in an g en o m m en , a b er die W ir k u n g des W in d e s a u f die B o d e n v e g e ta tio n is t b ish e r zu w en ig b e a c h te t w ord en . V o n d er T a ts a c h e aus, d a ß die D e fo rm ie rb a rk e it d er H a u p ta n g r iffs p u n k t fü r eine d as L eb e n des B la tt e s gefäh rd en d e W in d w irk u n g ist, ersch e in t d er Ü b e rg a n g d er V e g e ta tio n zu k lein en , le ic h t g en ü gen d v e rs te ifb a re n B lä tte r n eb en so v e rs tä n d lic h w ie die T a ts a c h e , d a ß gera d e E ry n g iu m m it seinen seh r d ick en u n d s ta rk en B lä tte r n k ein e R e d u k tio n d er B la ttg r ö ß e v o rzu n e h m en b ra u c h t. A u c h an d ie e ig en a rtig e B e w e g u n g s w eise d er P a p p e lb lä tte r , die eine E in ste llu n g des B la tt e s in d ie jew e ilig e W in d ric h tu n g e rla u b t, k a n n in diesem Z u sa m m en h an g e rin n ert w erd en .
1 V gl. darüber O. St ö c k e r, ökologisch-pflanzen
geographische Untersuchungen an Heide-, Moor- und Salzpflanzen. Naturwiss. 12, 84 (1924) und O. St ö c k e r, Der W asserhaushalt ägyptischer W üsten- und Salz
pflanzen, Jena 1928 (Botanische Abhandlungen H. 13).
St ö c k e r: Ungarische Steppenproblem e.
A u f v ie len S tre ck e n der S a n d step p e d om inieren G rä ser. V o n den b erü h m ten S tip arase n u n d den G o ld b a rtflu re n (A n d rop ogon g ry llu s L .) w a r b ei d e r v o rg e rü c k te n J ah reszeit freilich n ic h t m eh r v ie l zu sehen, a b er ein eig en a rtiges B ild gab en au f S a n d flä ch e n w eite, m it sch w eren Ä h re n im W in d e w ogen d e F eld e r v o n C a lam og ro stis epigeios R o th . B e m erk e n sw ert is t d er M an g el an S u ccu len ten . N u r S a lso la S o d a L . fan d sich an ein em W eg ran d , m it la n g er P fa h lw u rz e l tie f in den S a n d h in a b stoß en d , in sta rk em G eg en satz zu d er fla c h b e w u rzelte n S a lso la K a li un serer san d igen M eeres
k ü sten . R e ic h tu m an S u c cu len ten u n d arid es K lim a fa lle n eben n u r in gew issen G eg en d en z u sam m en ; a u ch in d er n o rd a frik a n isch en W ü ste feh len su ccu len te F o rm en fa s t v o llstä n d ig .
D e r R e ic h tu m an A rte n a u f d er S a lzstep p e g egen ü b er d er A lk a lis te p p e m ag zu n ä c h st a u ffa llen . A b e r d er S an d b od en sp ie lt gegen ü b er dem T o n - und L eh m b o d e n im arid en K lim a eine an d ere R o lle als im h u m id en . H ie r k a n n sich b ei seh r reich lich en N ied ersch läg en die h öh ere W a s s e r k a p a z itä t d er sch w eren B ö d e n a u sw irk en u n d ih n en b e i T ro c k e n period en ein Ü b e rg e w ic h t gegen ü b er d en S a n d böden m it ih rem k lein eren W a s s e rv o rra t v e rs c h a f
fen. Im arid en K lim a a b er w ird die leich tere W a sserd u rc h lässig k eit d er S a n d b öd en e n ts c h e id e n d ; S an d b od en is t in v ie l h ö h erem M aß e im stan d e, d ie gerin gen R egen m en gen , b e v o r sie ve rd u n ste n , a u fzu sc h lu c k e n u n d in d ie T ie fe zu versen k en . T ro c k n e t d an n in T ro ck en p e rio d e n d ie o b erste S c h ic h t aus, so w ir k t sie als S c h u tzd e c k e ; au ch a u f den u n garisch en P u szte n k o n n te ich m ich d a v o n ü b erzeu gen , d a ß schon in 2 cm T ie fe ein o b erflä ch lic h g a n z a u sg e tro c k n e te r S a n d fe u c h t w a r 1. D a z u k o m m t d an n w eiter, d a ß d ie grö ß ere W a s s e rle itfä h ig k e it des S an d b od en s den P fla n z e n w u rzeln d ie W a sserau fn ah m e d u rch rasch en W a sser
n ach sch u b seh r e rleich tert, w äh ren d a u f ve rsa lzte n h och d isp ersen B ö d e n die V erh ä ltn isse in d ieser
H in sich t seh r u n g ü n stig lieg en 2.
N a c h den E rfa h ru n g e n in an d eren S tep p en und W ü ste n d a rf m an ann eh m en , d a ß die T ra n sp ira tio n d er u n garisch en S tep p en p fla n zen au ch an tro ck en en , heißen T a g e n b e d eu ten d is t3. M essu ngen d a rü b er liegen n ic h t vo r, ich k o n n te a b er m it d er In filtr a tio n sm eth o d e in d er S a n d p u sz ta g u te Ö ffn u n g s
w eiten d er B la tts p a lte n feststellen .
Ü b e ra ll sind in d ie S a n d step p en b ei K ir a ly - h alo m a u to ch th o n e W ä ld ch e n m ä ch tig e r P a p p e ln (P opu lu s n ig ra L . u n d a lb a L .) e in g estreu t. W ie m o n u m en tale B a u te n erh eb en sich diese W a ld s tü ck e ü b er d er flach en S an d step p e, d u rch die
Heft 13. ] 29- 3- 1929J
1 K e r n e r (1. c., S. 284) gibt für Sand aus 1 Schuh Tiefe im Juli bei einer Trockenperiode 4,06% W asser
gehalt an (bezogen auf Trockengewicht bei ioo°).
Durch die Pflanzen ausnutzbar, dürfte der 1 — 2%
übersteigende Teil des Wassergehaltes sein.
2 Vgl. O. S t ö c k e r , Der W asserhaushalt ägyptischer Wüsten- und Salzpflanzen, Jena 1928 (Botanische A b handlungen, H. 13).
3O. S t ö c k e r , 1. c.
lo ck er g e stellten B ä u m e an ih ren R ä n d ern reich g eg lied ert. H e llw e iß e S tä m m e u n d Ä s te leu c h ten aus dem sch w eren L a u b w e rk , d as in im m er
w äh ren d er B e w e g u n g d u n k e lgrü n und s ilb e r
g lä n zen d m it den S o n n en strah len sp ielt. G esp ielen des S tep p en w in d es sind w ie die B lä tt e r a u c h die zah lreich en Sam en, die sich m it ih ren W o llh a a ren w eith in verw eh en lassen, ü b era ll versu ch en d , ob sich n ic h t ein L eb en sra u m in d er S te p p e ge
w in n en lä ß t.
Ih ren g ew iß re c h t erh eb lich en W a sse rb e d a rf d eck en diese P a p p e lw ä ld e r au s dem G ru n d w asser, d as im F o rs tg a rte n vo n K ir ä ly h a lo m im W in te r 1 — 2 m tie f u n ter d er O b erflä ch e s te h t u n d a u ch im S o m m er n ic h t u n ter 2 — 3 m tie f sin k t. D iese gü n stigen G ru n d w asserv erh ältn isse erm öglich en es, im F o rs tg a rte n fa s t alle unsere B a u m a rte n in a u s
gezeich n eten E x e m p la re n zu k u ltiv ie re n . E in ze ln e A rte n stre ik en allerd in gs, w oh l h a u p tsä c h lic h d esh alb , w eil ih r W a ssersy stem n ic h t a u f eine so sta rk e W a sserd u rc h strö m u n g, w ie sie d as tro ck en e S o m m erk lim a b e d in g t, e in g e ste llt ist. E in e k lein e B u c h e z. B ., die d o rt als g ro ß e S eh en sw ü rd ig k eit g e ze ig t w ird , k a n n n u r im S ch a tte n an d erer B ä u m e ih r D a sein fristen , u n d die m eisten K o n i
feren , z. B . P ic e a excelsa, ged eih en d o rt w ie an an d eren S tellen des T iefla n d e s zu n ä ch st z w a r gu t, ve rd o rre n a b er u n w eig erlich im A lte r v o n e tw a 35 Jah ren .
A u c h diese E rfa h ru n g en zeigen w ieder, d aß , so b ald die W a sser V erh ältnisse des B o d en s g ü n stig sind , d as K lim a des u n garisch en T iefla n d e s n ich t a b so lu t b a u m fein d lich ist. In d er T a t h a b en seit J ah rzeh n ten die u n garisch en F o rstle u te gro ß e E rfo lg e im A u ffo rste n d er S a n d step p en e rzielt.
A m leich testen g e lin g t d as m it d er A k a z ie , die m an a u ch die „ P a lm e “ d er S a n d step p e ge n a n n t h a t, und die h e u te w ie ein u ra lte r F re u n d n o t
w en d ig zu jed em G e h ö ft geh ö rt. A u sg e d e h n te A k a zie n w ä ld e r (R o b in ia p s eu d a c a zia L .), o ft
„ v e r u n k r a u te t“ m it A ila n th u s, dessen W u rz e l
sch ö ß lin ge im m er w ied e r h o ch ko m m en , b ed eck en h e u te w eite F läch en , d ie n och v o r w en ig en J a h r
zeh n ten w ü ste S a n d fe ld er w aren . D ie R o b in ie is t als P io n ier d er S a n d a u ffo rs tu n g d u rc h die gro ß e A u sd eh n u n g ih res W u rz e lw e rk e s b e g ü n stig t, das eine T ie fe v o n ü b er 20 m u n d eine ra d ia le seit
lich e A u sd eh n u n g vo n d erselb en G rö ß e e rre ic h t1.
Sie is t a b er in sofern k ein id ealer W a ld b a u m , als sie m it ih rem ra sch en W a c h s tu m u n d n u r d reiß ig jä h rig e m U m trie b eine rasch e E rsc h ö p fu n g des B o d e n s b e fü rch te n lä ß t. D a h e r d as B e streb e n , n a ch M ö g lic h k e it a u f die R o b in ien a u ffo rstu n g bessere B a u m a rte n fo lg en zu lassen. D a b ei k o m m t die E ic h e in e rster L in ie in F ra ge .
G ro ß e p ra c h tv o lle E ich e n w ä ld er (Q uercu s pe- d u n c u la ta E h rh .) sind a u to c h th o n im u n garisch en T iefla n d e , v o r a lle m in ein em b reiten G ü rte l u m die e x tre m e n S tep p en g e b iete h eru m (F ig. 1).
S o fü h rten uns unsere u n garisch en F re u n d e ö stlic h v o n D e b recen d u rch a u sged eh n te a lte
1 W . G. Ro t m i s t r o f f, 1. c., S. 32.
