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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 9, H. 6

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TECHNIK UND

WIRTSCHAFT

MONATSCHRIFT DE) VEREINE! DEUTSCHER INGENIEURE • •REDAKTEUR D *M EYER

9. JAHRG.____________ JUNI 1916 6. HEFT

DIE AUSLÄNDER AN DEUTSCHEN HOCHSCHULEN UND DIE DEUTSCHEN SCHULEN IM AUSLAND.

Von Dr. KARL GOLDSCHMIDT, E ssen .

Im Som m ersem ester 1914 w ar die Zahl d e r Ausländer an den deutschen Hochschulen auf 7255 gestie gen! Auf den Universitäten waren 7,75 vH Ausländer, g e g e n 8,2 im S om m ersem ester 1913; auf den technischen Hochschulen 20,47 g e g e n 18,44.

Daß dera rtige Verhältnisse die beteiligten Kreise seit Jahren aufs leb­

hafteste beschäftigten und in Versam mlu ngen, Parlam ent und Presse ein­

gehend behandelt und mit Sorge verfo lg t wurden, ist erklärlich.

Aber nicht nur die Zahl, v o r allem auch die H erkunft und die Eig en­

schaften der Ausländer erweckten die g rö ß t e n Bedenken. Die meisten kamen aus Europas Osten, aus Rußland, vielfach mit einer man gel nden V orbildung und aus Kreisen, aus denen sie Lebensauffassungen mitbrachten, die von den Idealen unserer deutschen Stu dentenschaft wesentlich abwichen. Bei der Mehrzahl dieser Ausländer fehlte überhaupt der Wunsch, in den Auffassungen und den U m gangsform en ihrer deutschen Kommilitonen sich zurechtzufinden!

Zudem verteilten sich die A usländer nicht etw a gleichmäßig auf die v e r­

schiedenen Hochschulen, sonder n drängten an einigen wenigen sich in dichten Massen zusammen.

So began nen allmählich die U nterrichtsverw altungen der beteiligten d e u t­

schen Bundesstaaten ziemlich überei nstimm en d M aßnahm en zu treffen, die von den Ausländern den Nachweis einer V orbildung verlangten, die der unserer Studenten entsprach; die ihre Zulass ung ferner abh än g ig machten von der Verfü gbark eit d e r Plätze, wobei den Inländern ein V orz ug eingeräutn t werden sollte, und endlich w urden für die einzelnen ausländischen S taats­

angehörigen Höch stzahlen festg esetzt; in P reu ß en zunächst n u r für die Uni­

versitäten, da auf den technischen Hochschulen von einem Platzmangel nicht die Rede sein konnte.

Die W irkung dieser teilweise erst kurz v o r Ausbruch des Krieges g e ­ troffenen M aßnahm en sollte jedenfalls abg e w a rte t w erden , b e v o r man neue einführte. Auch w ar man in den verschiedenen beteiligten Kreisen sich über

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die Folgen d e r g ro ß e n Zahl Ausländer an unseren deuts chen Hochschulen ke ines wegs einig.

Vielfach w urde darauf hingewiesen, daß die zahlreichen Ausländer, in ihr H eim atla nd zurückgekehrt, ebenso viel w erbende Freu n d e und verständnis­

volle Ü berm ittle r deu tschen W esen s w ü rd e n und D eutschland in g a n z beson­

derem M aß e ein solches H e e r von Freunden im Auslande geb rau ch e. Ferner seien die vielen auf deutschen technischen H ochschule n herangebildeten Ingen ieu re Käufer g e r a d e d e r deuts chen Maschinen, die sie w ä h re n d ihres Studiums kennen g elern t hä tten, und die Ä rzte K äu fer d e u ts c h e r chirurgischer Instrum ente und Medikam ente.

D er Verlauf des Krieges hat freilich zunächst gezeigt, daß v o n den vielen Freunden, die wir, g em es sen an d e r Zahl d e r auf D eutschlands Hochschulen herangebildeten Akademiker, in Rußland, Japan , Serbien, Rumänien usw.

hätten haben sollen, nicht viel zu sehen g e w e s e n ist! A ber w ir dürfen ander­

seits auch hier nicht allzu schnell vera llg em ein ern , ln den feindlichen Län­

dern können unsere Freunde v o r allem öffentlich, so lange der Krieg währt, kaum h e r v o r t r e t e n ; in den n eutr ale n Län dern haben wir zweifellos gerade an denjenigen, die auf unseren deuts chen H ochschule n s tu d iert haben, die besten Freunde. W e n n sie mit ihren Sym pathie n nicht durchdrin gen oder w enig v o n ihnen in d e r Öffentlichkeit verlautet, so liegt das nicht an ihnen, s ondern an den allgemeinen politischen V erhältnissen und d e r Beherrschung fast d e r gesam ten A uslandspre sse durch unsere G egner.

A ugenfälliger als diese g rö ß te n te ils w irkungslo sen Vorteile sind aber jedenfalls die Nachteile!

Im besonderen em pfand die deuts che S tu d en ten sch aft lästig die dichten M assen ihnen g a n z w ese n sfr e m d e r Ausländer in den L abora torien, den Zeichen- und Krankensälen und bei d en mit V o rfü h ru n g e n v e rknüpften Vorlesungen, in denen sie sich stets auf die besten Plätze d rä n g te n . Es w u rd e verschiedent­

lich hingew iesen auf die bedauerliche T atsache, daß eine D urchsetzung un­

s er er Stu dentenschaft mit 25 bis ü b e r 50 vH ausländische r Studenten , wie einzelne Hoc hsc hule n dies aufwiesen, die g e g e n se itig e E rzie h u n g nicht nur se h r ers ch were, sondern auch in die ser S tö r u n g en h e rv o rrief.

S chw erer ab e r w ie gt die Tatsa che, daß g e ra d e die an den Universitäten N atu rw is senschaft tr eib enden und die an den technischen H ochschulen stu­

d ierenden Ausländer bei uns Fo rs ch u n g sm eth o d en , A rb eitsw eisen, Maschinen und A ppara te kennen lernen, mit denen sie ihre heimatliche Technik för­

d e rn können. V or Ausbruch des Krieges hat man diese N achteile rein von d e r wirtschaftlichen Seite betr a c h te t und geglaubt, sie m it den oben ge­

schilderten Vorteilen ausgleichen zu können. D er Krieg ze ig t uns aber, daß die in dieser Zeit für die weiteste n Kreise so ü b e rz e u g e n d in die Erscheinung g e tr e te n e Ü berlegenheit un se r e r T echnik eine viel u m f assen d er e Be­

d eutu ng hat, und zw ar v o r allem in d e r H e rste llu n g von Kriegsmate rial aller A rt in b e ste r Beschaffenheit und je der Menge, sodann auch in d e r Selb­

stän dig keit unse res Wirtsch aftsleben s, w odurch die w irtschaftliche Erdros­

selung un se res V ate rlandes durc h un se r e G e g n e r nach E ngla nds Absichten vereitelt w o rd en ist, endlich in der A bhängig keit des g e s a m te n A uslan des von vielen Z w eigen d e r deu tschen Industrie, w o d u rc h die Schla gkraft unserer G e g n e r stark v erm in dert, die unsere noch be so n d e r s e rh ö h t wird. Es sind

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A USLÄN DER AN D E U T S C H E N H O C H S C H U L E N 247 dies ge ra d e diejenigen Industrien, die auf einer w eitgehenden A nw endung der Wissenschaft in d e r Technik be ru hen, v o r allem die chemische Industrie, die optische Industrie, die Elektrotechnik und die Maschinen-Industrie.

Es kann kein Zweifel d a r ü b e r bestehen, daß nach dem Kriege wir Deutsche bestreb t sein müssen, diese Ü berlegenheit uns zu erhalten, un d das kann nur g eschehen auf dem bis her eingeschlagenen W ege, nämlich d er ausgiebigsten F ö rd e r u n g der wissenschaftlichen F orschung auf n a tu r ­ wissenschaftlichem G ebie t u nd d e r en gsten Fühlu ng dieser mit d e r In du­

strie. Anderseits wird das g esam te Ausland, vor allem a b er das zurzeit feindliche, aufs äußers te b e stre b t sein, seine Abhängig keit von der deutschen In d u ­ strie möglichst auf allen Gebiete n zu beseitigen und ins G egenteil zu verkehren!

Wie sehr g e ra d e in E ngla nd e rkannt w orden ist, w ora uf seine plötzlich so beschämend in die E rs cheinung getr e te n e Rückständigkeit auf gew issen in­

dustriellen G eb iete n beru ht, zeigen die Ä u ß e ru n g e n fü h ren d er englischer C h e ­ miker gelegentlich der B estrebungen zur G r ü n d u n g einer englischen F arb e n ­ industrie, die alle, so w eit sie sachlich bleiben, und das ist die Mehrzahl, betonen, England m üsse gleich Deutschland die naturwissenschaftliche F o r­

schung verbreiten und das Zusam m enw irk en von chemischer Fors chung und chemischer Industrie herstellen! D a Eng land eigene Fors chungs- und Lehr- institute entsprechender Art in g e n ü g e n d e r Zahl auch nicht annähern d besitzt, wird es zunächst bestreb t sein, en tw ed er eigene Staatsangehörig e zum Studium d e r Naturw issenschaften nach Deutschland zu schicken, oder ju nge Leute mit deutscher ak ad em isch er Bildung anzuw erben. D aß deutsche Chemiker, in g rö ß erer Zahl wenigstens, bald nach England gehen sollten, ist unwahrscheinlich angesichts der Behandlung, die unsere Landsleute, selbst die naturalisierten, seit Ausbruch des Krieges drüben erfahre n haben und angesichts der T a t ­ sache, daß voraussichtlich nach dem Kriege eine besondere N achfrage nach Akademikern in d e r deutschen Indus trie v o rh a n d e n sein wird, schon w egen der gro ß e n Verluste auf den Schlachtfeldern. England wird sich also an die zahlreichen andere n Ausländer halten, die deutsche H ochschulbildung b e ­ sitzen. Und was für England hier g e sa g t ist, gilt in entsprechendem Maße für das ganze üb rige feindliche und neutrale Ausland. W ie sehr auch die Vereinigten Sta aten v on Amerika ihre A bhängig keit im besonderen von der deutschen chemischen Industrie für künftige Zeiten beseitigen wollen, ist durch zahlreiche Veröffentlichungen bekannt gew orden. Hier liegt also eine g roße G efah r v o r für die dauern de Aufrech terhaltung d e r Überlegenhei t deutscher Technik!

Die einfachste und gründlichste Bekämpfung dies er G efahr erscheint nun, den Ausländern üb erh au p t den Besuch der deutschen technischen H o c h ­ schulen und der Univ ersitäten, sow eit das Studium der N atu rw issenschaften in Frage kommt, zu sp erre n! Eine d erartige M aßregel w ürd e jedoch nicht nur tief in die Geld verh ältn isse u nserer technischen Hochschulen eingreifen,, angesichts d e r g ro ß e n Zahl vo n Ausländern, die sie bis zum Ausbruch des Krieges b eherbergten und deren Studiengelder, wenn auch nicht ausreichend für die Bestreitung aller auf den Kopf des einzelnen Studenten durchschnittlich entfallenden Ausgaben, nur ungern plötzlich entbehrt w erd en w ürden, sie w iderspräche auch vollkommen d e r bisher wen n auch oftmals zu weit g e tr ie ­ benen Gastfreundschaft, die von den weitesten Kreisen unseres Volkes als

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A B H A N D L U N G E N

eine natürliche Folge deuts cher G eistesbildung und ihrer w ün sch en sw erten A usbreitu ng a n e rk a n n t wird. V erg e ltu n g sm a ß re g e ln vom Auslan d brauchten w ir freilich a u f die sem G e b ie te nicht zu befürch ten, da angesichts d e r Ü berlegenheit unse res H ochschulw esens ein Bedürfnis, ausländische U niversi­

t ä t e n zu besuchen, für uns kaum vorliegt.

Ein d erar tig es V e rb o t w ü rd e a b e r auch k einesw egs d e r Rolle e n t­

sprechen, die un ser V ate rland bis her in d e r W e lt ein g en o m m en hat und aller Vora ussicht nach künftighin noch m e h r wird ein nehm en müssen. Es ist kein Zufall, so ndern zunächst eine Folge u nserer g e o g ra p h isc h e n Lage, daß g e r a d e aus dem O sten E uro pas die Völk er un se r e r h ö h e re n K ultur zustreben und ihre bildungsfähigste Ju g e n d uns zum H ochschuls tu diu m senden. D aß die skandinavischen Reiche, Holland und endlich die Schweiz tr o tz vorzüglichen eig en en Schulwesens, d a u e rn d mit ansehnlichen Zahlen auf u n seren H och­

schulen v e r t r e t e n sind, b e ru h t auf d e r T atsache, d aß das G eistesleben dieser kleineren Staaten sich unwillkürlich anle hnt an das des g r ö ß e r e n germanischen S ta m m es! D erartige Beziehungen soll der Krieg nicht zerreißen, so n d e r enger k nüpfe n! Schließlich w erd en w ir a b e r auch mit den übrigen neu tralen und z. Zt. feindlichen S ta aten w ie der in V e rk e h r tr ete n und diesen V e rk e h r den v e r­

änderten Bedürfnissen anpassen müssen. D aß dabei ein Besuch ausländischer S tudenten auf unseren Hoc hsc hule n w ü n sc h e n sw e rt ers cheinen kann, beson­

ders schon im Hinblick auf ein bess eres V erständnis unseres deutschen G eistesleb ens ju id u n s e r e r B e s tr e b u n g e n in politischer Hinsicht, erscheint nicht zweifelhaft.

W e n n nun a b e r auf d e r einen Seite die Z u lass u n g der Ausländer Bedenken für die Sicher heit und die wirtschaftliche Stärke unseres V ater­

landes err egt, auf d e r anderen Seite a b e r diese Z ulass ung w ie d e r w ünschens­

w ert im In teresse der H e b u n g unseres (Einflusses ist, so bleibt n u r übrig, fü r jeden frem den Staat g e s o n d e r t die Erlaubnis zu erteilen, u n te r welchen Bedingungen seine A ngehörig en zum Studium an d euts chen H ochschulen — w ir dürfen wohl hier ab e r auch gleich einflechten, ü b e rh a u p t zum Besuch von de utschen Schulen, ins besondere von Fachschulen — zuzulassen sind.

Es herrscht wohl Einigkeit d arüber, daß die A uslä nder ein höheres In teresse dara n haben, zu unseren Hochsc hule n zu gelassen zu w erden als wir, sie bei uns zu sehen! Eine unm ittelb are G eg en seitig k eit findet nicht statt, wir senden keine jungen Leute auf ausländische Hochsc hule n, höchstens g e ­ legentlich, um Sprachstudien zu treiben, nach G renoble , nach Lausanne oder Genf.

W ir erspare n also den A usländer n nicht n u r die Kosten d e r Anlegung o d e r V e r g r ö ß e r u n g eigener H ochschulen, s o n d e r n wir erteilen ihnen auch einen U nterr icht, den im b esonderen unsere östlichen N ach b arn in ähnlicher Vollk om menheit ihren Studenten g a r nicht erteilen können, nicht n u r weil ihnen das Geld für die Errichtu ng der A nstalte n fehlt, so n d ern v o r allem, weil sie nicht L ehre r und Forscher haben, die an die u n seren auch n u r einiger­

m aß en heran reichen, weil ihnen ferner das H e e r d e r feingebildeten Assi­

stente n und d e r Stu dentenschaft fehlt. W ir bringen ihnen nicht n u r w ertvolle Kenntnisse bei, sondern führen sie ein in ihnen so n s t g a n z v erschlo ssene Fors chungsm ethoden. Und was erhal ten w ir ? A b g e se h e n von den m a n n i g ­ fachen G efah ren und Nachteilen, von denen berei ts g e sprochen ist, ausschließ-

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A USLÄN DER AN D E U T S C H E N H O C H S C H U L E N 249 lieh die Aussicht auf Ausb re itu ng deutschen Einflusses durch V erbre itu ng der G edanken und Auffassungen, die das deutsche Geistesleben mit sich bringt.

Nun steh en wir ab e r der betr übenden T atsac he gegenüber, daß gera de diejenigen Völker, bezw. ihre Regie rungen und Verw altu ngen, die uns am zahlreichsten ihre Söhne zusenden, deutsche Bildung und deutsche Sprache am energischsten bekämpfen, soweit ihre Macht reicht, daß sie also ihrerseits alles tun, um/ den G e g e n w e rt, den w ir vo n unserer kostspieligen G a s t ­ freundschaft erw arten, zu vernichten. Diese Völker und ihre Regierungen sind da ra uf bedacht, durch ihre Studenten möglichst viele Kenntnisse und Erfahrungen bei uns zu sammeln, um mit deren Hilfe sich v on uns unabhängig zu machen, ja mit diesen bei uns geholten Kenntnissen uns zu bekämpfen.

Zum Beweise dieser B ehauptu ng bedarf es nur des Hinweises auf die J a ­ paner! D er Dank der Russen für die Ausbildung von vielen tausenden ihrer akademischen B ürger zeigt sich in der Gehässigkeit, mit d e r seit Jahrzehnten in immer steigendem M aße alles was deutsch ist, nicht nur die Erzeugnisse unseres Gewerbfleißes, sondern unsere Sprache, unsere Bildung, unsere Presse, ja unsere Volksgenossen, gleichgültig ob naturalisiert o d er nicht, verfolg t wurden. W äh ren d unsere deutschen Pro fessoren sich bem ühten, russische Studenten in deutscher Wissenschaft auszubilden, w urd e die alte e h r w ü r ­ dige deutsche U n iv ersität D orpat russifiziert, die deu tschen Pro fesso ren w u r ­ den v erjag t und damit gleichzeitig die Hochschule auf eine wissenschaftlich ganz niedrige Stufe hera bgedrückt.

Ein Erlaß des Kurators des Rigaischen Lehrbezirks vom 27. A ugust 1913 (die baltischen P ro vinzen umfassend) schr änkte den U nterricht in den M u tte r­

sprachen (deutsch, lettisch) erheblich ein. Ähnlich sahen die Deutschen an der W olg a ihre deutschen Schulen vernichtet, indem eine V er fügung des Schulinspektors die Aufnahme der deutschen Sprache in den Stundenplan un te r­

sagte.

Mit tiefem Schmerz hab en wir sehen müssen, daß in der uns so eng verbundenen Donau-Monarchie die deutsche Sprache ausschließlich unte r dem Gesichtspunkt der innerpolitischen Nationalitätenkämpfe beurteilt und daher vielfach bekäm pft wurde, w ährend ihr W e r t für die Bildung und das F o r t­

kommen des Einzelnen wie für den Zusam m enhalt der Donau länder unbeachtet blieb. W ir dürf en wohili hoffen, d aß zu d en Erkenntnissen, die dieser Krieg offen bart hat, auch der des W e rte s u nserer deutschen Sprache g e h ö rt und daß eine ausgebreitete re Kenntnis derselben in den D onauländern eines der Bindemittel für die durch die blutige W aff engem einsc haft geeinten Reiche werden wird.

Sollen wir also künftighin A usländer zu unseren Schulen zulassen, so sollte zunächst unsere Reg ie ru ng prüfen, ob dadurc h nicht eine G efäh rd u n g der Überlegenheit u n ser er Waffenherstellung zu befürchten ist o d er eine Schwächung u nserer industriellen Vorherrschaft. Demnach w äre g e g e b e n e n ­ falls die Zulassung auf bestimmte Fächer, bezw. auf bestim mte F akul­

täten zu beschr änken, o d e r gewisse V orlesungen und Laboratorien a u s­

zuschließen (auch die Fachschulen bedürfen hierbei b esonderer Berücksichtigung, einschließlich unserer Militär- und Marineschulen). A bgesehen hier von w äre a b er die Zulass ung durch S ta atsverträ ge zu regeln, durch die wir Deutsche

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uns diejenigen Vorteile zu sichern suchen, die wir d u rc h die H e ra n b il d u n g aus­

ländischer Akademik er zu erzielen hoffen, nämlich die V e rb re itu n g deutscher Auffassungen und A nschauungen. Diese ist ab e r zunächst a b h ä n g ig von der Kenntnis d e r deu tschen Sprache. D er u n e rh ö r te Zustand, daß in den Ländern, die uns die meisten S tu denten zusenden, die deuts che Sprach e am geflissentlichsten unte rdrü ckt, deutsche Schulen o d e r d e r U nterricht in d e r deuts chen Sprache v e rb o t e n od e r doch aufs ä u ß ers te ers ch w ert wird, muß u n b e d in g t aufhören.

Die Lände;, die uns ihre S ö h n e zur weite ren Ausbildung zusende., wollen, m üs sen vertra glic h sich binden, auch unseren W ü n sc h e n w egen Erhaltung o d e r V erbreitung u n s e r e r S pra che entg e g e n z u k o m m e n .

W orin diese W ü n sch e be stehen, wird v o n d e m betr effenden Lande und seinen Verhältnissen abhängen. In ers te r Linie k o m m t in Frage, daß wir fü r die Kinder u n s e r e r eigen en R eichsange hörigen sow ie fü r alle, deren M u tte rs p ra c h e deu tsch ist, im Ausland u n b e sc h r ä n k t deuts che Schulen er­

richten, sow eit dafür Bedürfnisse vorliegen. D a r ü b e r hin aus a b e r müssen wir verlangen, daß d e r Benutzung solcher Schulen durc h a ndere Ausländer o d e r durch Inländer keine Schw ierigkeiten g e m a c h t w erd en, daß ferner auch die G rü n d u n g und U n te rh a ltu n g von Schulen mit deuts cher Unterr ichts­

sprache in allen o d er einigen F ächern für die Inländer u nbeschränkt o d e r in bestim m tem U m fa nge zugestanden un d diese Schulen in das Schulsystem des Landes e ingeordnet w erden . Angesichts d e r Kosten, die die betreffenden L änder durch den H ochschulu nterricht ih r e r A n g eh ö rig en bei uns ersparen, und des Nutzens, den diese Schulen dem Lande b ringen, sollte möglichst auch eine Zuschußpflicht des betreffen d en S taates b ed u n g e n werden.

W a s die Kenntnis u nd V e rb re itu n g d e r Sprache in politischer und wirt­

schaftlicher Hinsicht bedeute t, das ist in ausg ezeichnete r W eis e herv o rg eh o b en worden, als es sich v o r einigen J a h r e n d aru m h andelte, Geldmittel zu sam meln für die E rrichtu ng d eu ts ch er te chnischer Sch ulen in China. Wir hatten bereits E rfahrungen mit einer deuts chen Medizinschule in Schanghai.

In dem Referat des H e rrn Legationsra tes G r u n e n w a ld h e iß t es w örtlich: „Die in deutscher Sprache und d eu ts ch er H eilkunde ausgebild eten chinesi­

schen Ä rzte w erden unm itt elb ar und m ittelb ar un se r e wirtschaftlichen In­

te ressen zu fördern g e n e ig t und g e e ig n e t s e i n “ . Gleiches e r w a r t e t man v o n den in deutscher Sprache und deuts cher Technik ausgebild eten Ingenieuren.

„ D a s wesentliche M o m en t ist“ , fü hrt H e r r G ru n e n w a l d in dem selben Referat aus, „d a ß die chinesische R egierung diese H ochschule als staatliche An­

stalt anerkannt hat, w o durch den d o r t ausgebild eten Schülern d e r Eintritt in den chinesischen S ta atsdienst u nd dam it ihr W e ite rk o m m e n gewährlei stet

■wird. V oraussetzung für eine gedeihliche E ntw ic klung d e r Hochsc hule in g r ö ß e r e m Stile und auf b reiterer Basis ist a b e r die Schaffung von deutschen Mittelschulen an den wichtigsten Plätzen C h in a s “ .

D ie E nts en d u n g eines mit den .chinesischen V erhältnissen erfah ren en Schul­

m an n es als stä n d ig e r Beirat bei der Kaiserlichen G esa n d ts c h a ft in Peking bew eist wieder, wie g r o ß e n W e r t m a n dem deuts chen S chulu nterricht in China beilegt.

U n d w as für China gilt, gilt natürlich un te r ents p re c h e n d e r N utzan w en d u n g auch v o n andere n Verhältnissen, für die Länder an d e r D onau, den Balkan, die T ürkei und andere mehr.

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A U SLÄ N D ER AN D E U T S C H E N H O C H S C H U L E N 251 V erbreitung d e r Sprache und politischer und wirtschaftlicher Einfluß e r ­ gänzen und fö rdern sich gegenseitig. N o ch niemals waren die Verhältnisse für uns so g ü n stig wie ge ra d e jetzt, ganz beso nders für den näheren und w eiteren O rient, wo durch unsere politischen Bündnisse und durch unsere siegreichen W affen die H errschaft d e r französischen, italienischen und en g ­ lischen Sprache durc h die deutsche v e r d r ä n g t w erd en kann. A ber auch Rußland wird tr o tz aller Gehässigkeit, mit d e r es z. Zt. die deutsche Sprache verfolgt, und trotz des W unsches weitester Kreise in Deutschland, den in Rußland verfolg te n A ngehörig en des deutschen Volkes auf deutschem Neuland im O ste n eine neue und sichere H eim stä tte für ihr Volkstum zu bereiten, nicht umhin kö nnen , d e r deutschen Sprache in H andel und Verkehr, in W isse nsc haft und Technik einen weiten Spielraum einzuräumen, den ständig zu erw eitern und zu vertie fen wir mit allen Mitteln streben müssen.

Eines d e r h e rv o r ra g e n d s t e n wird im mer die Anziehungskraft der deutschen Hochschulen sein, die für die V erbre itu ng unserer Sprache und damit unseres politischen und wirtschaftlichen Einflusses wir kräf tig ausnützen sollten.

D a für die Schulangelegenheiten die Bundesstaaten zuständig sind, sie also selbstän dig d a rü b e r zu bestim men haben, wen sie an ihre Hochschulen zulassen wollen, die au sw ärtig en A ngelegenheiten aber das Reich regelt, so ergeben sich v erw altungste chnisch gewisse Schwierigkeiten. Die Fra ge der ausländischen Studenten ist a b er schon v o r diesem Kriege in ziemlich einheitlicher W eise vo n den einzelnen Bundesstaaten g eregelt worden. N ach­

dem nun infolge dieses Krieges die W ichtigkeit dieser F rag e sich erh ö h t hat und neue Gesic htsp unkte zur Beurteilung hinzu getre ten sind, dürfte es a u s­

fü hrbar erscheinen, daß die Bundesstaaten zu ein er gem einsam en Verstän­

digung auf diesem G ebie t und zu einer Z usam m enarbeit mit dem Reiche sich zusammenfinden, um durch dieses gem einsam e V orgehen Vorteile für unser deutsches Volk, für unser Ansehen und unseren Einfluß zu erlangen.

Die Erfolge eines Ausbaues der deutschen Schulen im Auslande können g a r nicht hoch g e n u g eingeschätzt werden. W as der Schulunterricht für den Einzelnen wie für ein ganzes Volk bedeutet, haben w ir in Deutschland längst erkannt.

Wen n es uns nun gelingt, im Auslande zahlreiche deutsche Schulen zu errichten, so w erden wir zunächst viele Kinder deuts cher Eltern, die in Erm angelu ng solcher Schulen frem dem Volkstum verfallen würden, ihrem Volke erhalten. W e rd e n diese Schulen mit deutscher Unterrichtssprache ab er eingereiht in das Schulsystem ihres Landes, und erhal ten sie die ihrem Schul- program m entsprech en den Berechtigungen für w eiteren Schulbesuch bezw.

für die S ta atsprüfungen und Staatsämter, so ist es wohl keine Frage, daß auch zahlreiche Landeskinder, beso nders aus denjenigen Familien, die ihren Söhnen eine möglichst hohe Bildung ange deihen lassen wollen, diesen Schulen Zuströmen werden. Es sollte dieses Schulsystem so ausgebaut werden, daß auf die etw a unseren Volksschulen entsprech en den Klassen noch einige folgen, deren A bsolv ierung den Deutschen die Berechtigung zum Ein- jährigen-Dienst verleiht. Wollen die Schüler, gleichgültig ob Deutsche oder Ausländer, dann noch die Berechtigung zum Besuch einer deutschen Hochschule erw erb en, so müssen sie die drei o beren Klassen einer deutschen höhere n Schule erledigen. Solche Klassen w erden im Auslande freilich n u r an einigen Stellen zu errichten sein. Soweit diese nicht genügen, sollte auch Aus­

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A B H A N D L U N G E N

ländern G elegenheit g e g e b e n w erden , in D eutschland selbst den Schul-Unter- richt, den sie in ih rer H e im a t b e g o n n e n haben, fortzusetzen . Die deutsche Schule im Verein mit den Familien, in denen diese Schüle r unte rzubringen wären, w ü rd e nun auf diese jungen Leute in g anz h e r v o r r a g e n d e r Weise wirken kö nnen . W e n n diese auf die deuts che H ochschule ziehen, d e r deut­

schen Sprach e vollständig mächtig, v e rtra u t mit der A n schauungsw elt unserer akadem ischen Jugend, v o n d e r Schule h e r mit m anche m deuts chen Jüngling befreundet, so w e rd e n sie sich nicht zu lä stigen F re m d k ö rp e rn auf unseren Hoc hsc hule n zusam menballen und zu ihren deuts chen Kommilitonen nicht in einen stö re n d e n G e g e n s a tz geraten , vielm ehr sich leicht mit ihnen vermischen, g e rn g e s e h e n e G äste sein, neue F reundschafte n schließen und an die Zeit, die sie auf den deuts chen Schulen verbracht haben, stets d an k b a r als eine Glanzzeit ihres Lebens g edenken. Die so gesc haffenen V e rbindungen per­

sönlicher N a tu r und die geis tigen Beziehungen w erd en bestehen bleiben u nd ihre W ir k u n g üben, auch w enn die ju n g en Leute in ihre H e im a t zurück­

kehren.

Mit dem R üstzeu g grü n d lic h e r d eu ts ch er Bildung w erd en viele von ihnen schnell in b ed eu te n d e Stellungen ko mm en, beim A usbau ihres Landes durch ihre freundschaftlichen Beziehungen zu D eutschland stets bere it sein, deutsche Hilfsmittel m aterieller und geis tiger A rt zu Hilfe zu n ehm en und ih r e m N achw uchs auch die Seg n u n g en d e u ts c h e r Bildung zuteil werden zu lassen.

W ir d so die Kenntnis d eu ts ch er S pra che und d e u ts c h e r Auffass ung ver­

breitet, so wird nicht nur der A bsatz u n s e r e r W a re n in das betreffende Aus­

land erleichtert, so ndern das A nsehen des deuts chen N am en s so gesteigert, daß ein V erle um dungsfe ldzug ergebnislos verlaufen muß, wie unsere G e g ­ ner v o r diesem Kriege und w ä hrend dess elb en ihn mit recht g r o ß e m Erfolge uns g e g e n ü b e r u n ter n o m m en hab en. So w ird die deu ts ch e Schule im Aus­

land nicht n u r zum G rundpfeile r un ser wirtschaftlichen, so ndern auch unserer politischen Stärke.

W ie g ro ß a b er für uns das Feld g a n z be so n d e r s am Balkan ist, das zeigt die starke Entw ic klung d e r letzten Zeit, die in den nächsten J ah r zeh n ten noch g anz gew altig ansteig en wird, sobald einmal dauernde V erhältnisse durch un se r e siegreichen W affen d o r t geschaffe n sein werden.

N och m ehr aber gilt das f ü r den nahen O rient, d e r in frü h eren G eschic hts­

perioden blü hende Reiche g eseh en h a t und von Völkern b e w o h n t ist, die i)n Kunst und W is senschaft u nvergänglic he W e r t e geschaf fen haben. Ich b rau ch e nur an die arabischen P rachtbauten, persischen D ichter und an unser arabisches Z ahle nsyste m zu erinnern. W i r d ürfen es als eine unse rer s chönste n und lohnendsten Aufgaben ansehen, durch V erm ittlung unserer deutschen Bildung diesen Völkern zu einem neuen A ufstieg behilflich zu sein.

Und w as für Balkan und O rien t gilt, kann auch auf viele andere Länder a n g e w a n d t w erd en !

G elingt es uns so, den S tr om ausländische r Stu denten, der bis h er regel­

los ü b e r unsere Hoc hsc hule n sich ergoß, berei ts an d e r Quelle zu fassen und ihn durch geregelte Kanäle zu leiten, so w e rd e n w ir dam it unendlichen S egen stiften für diese ausländischen Studen ten, für ihr H eim atlan d und fü r u n s e r deutsch es Volk!

Essen, O k to b e r 1915.

(9)

IN D U S T R I E L L E IN T ER E SSEN D EU T S C H L A N D S IN FRA N K REIC H 253

DIE INDUSTRIELLEN INTERESSEN DEUTSCHLANDS IN FRANKREICH VOR AUSBRUCH DES KRIEGES.

Von Dr. M. UNGEHEUER.

(F ortsetzung von S. 233).

F r a n k r e i c h a l s A b s a t z g e b i e t d e u t s c h e r E r z e u g n i s s e . Es liegt nicht in meiner Absicht, in diesem Abschnitt auf alle die E r ­ zeugnisse einzugehen, die die Handelssta tistik als deutsche Einfuhrwaren nach Frankreich aufzählt, es k om m t mir vielmehr darauf an, einige Beispiele herauszugreifen und an der H an d dieser die sy stematische O r g a ­ nisation des deu tschen Außenhandels in Frankreich zu kennzeichnen und anderseits die W id erstä n d e zu besprechen, die das Vordringen des deutschen W arenabsatzes in Frankreich besonders v on seiten d e r E rzeuger gefunden hat.

Es ist bereits eingangs auf die gew altige Entwicklung der deutschen In­

dustrie im allgemeinen und auf die N otw endig keit eines um fangre ichen deutschen Ausfuhrhandels hingewiesen w ord en. Dieser A ußenhandel muß unte r großen Schwierigkeiten geschaffen und mit Zähigkeit festgehalten werden, und das gelingt nur durch Reklame und eine straffe Organ isation, in d e r bekanntlich der Deutsche Meister ist. Öffnen wir bloß eine französische Fachzeitschrift, so finden wir darin vornehmlich Anzeigen deutscher Häuser, neben denen die paar Anzeigen fr anzösischer Firmen fast vers chwinden. Ich greife n u r ein beliebiges H eft des offiziellen Bulletins der gew erkschaftlichen Vereinigung der Buchdrucker he ra u s ; dort finden sich massenhaft Anzeigen deutscher Fabriken, wie der Schnellpressenfabrik Koenig & Bauer G. m. b. H., W ü rzb u rg der Maschinenfabrik Jo hannisberg G. m. b. H., Geisenheim a. R., der Maschinenfabrik A u g sb u rg -N ü rn b erg A.-G., J. G. Scheiter & Gieseke, Leip­

zig, Preuße & Cie. G. m. b. H., Leipzig usw. Alle diese Firmen haben in Frankreich w ohlorganisierte V ertretungen und Verkaufsabteilungen, die alle im Buchdruckereibetrieb notw endig en und nützlichen Maschinen und Stoffe liefern.

Ein an dere s Beispiel, das ich unte r hunderten h e rv o r h e b e n kann, bietet die keramische und Bautenindustrie. In dem offiziellen O rg an der Kera­

miker und Baumaterialienhändler, der „Revue des m atériaux de construction et de travaux publics“ , finden sich durchw eg in jeder N u m m e r die folgenden Firmen, die sämtlich V ertr etu ngen oder V erkaufsabteilungen in Frankreich haben: Amme, Giesecke und Konegen A.-G., Bra unsc hw eig ; Dr. G aspary & Co., M arkranstädt; C. Lucke, Eilenburg ; Dr. Bernhardi Sohn G. E. D raenert, n® Eilenburg ; Alpine Maschinenfabrik-Gesellschaft, A u g s b u rg ; Fellner & Ziegler, fl® Frankfurt a. M.; Friedr. Krupp A.-G. G ru sonw erk , M agdeburg-B uckau; Menck &

H ambro ck G. m. b. H., A lto n a-H am b u rg ; Mas chinenfabrik und M ühl en- infc bauanstalt G. Luth er A.-G., Braunschw eig; Th. Gro ke, M e r s e b u rg ; A. K uh­

nert & C o . , M eißen; T rierer Eisengießerei und Maschinenfabrik A.-G., T rie r ; regt' Orenstein fr Koppel-Arthur Koppel A.-G., Berlin; Ed. Laeis fr Cie. G . m . b . H . , assä Trier usw.

¡ches Beim Öffnen der in Nancy erscheinenden Berg- und Fiüttenzeitschrift aii „Revue industrielle de l’E s t “ fallen sofort die folgenden, regelm äßig w ieder­

kehrenden Anzeigen au f: Marteau perfora te ur Flo ttm ann; H. F lo ttm ann & Cie., 2

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254

Ateliers de construction et b u re a u x à Paris, succursales à N ancy, Douai, M ar seille; D ingler’sche Maschinenfabrik A.-G., D eux-Ponts , Boulevard Victor H u g o , Lille (N o rd ); C o m p ag n ie générale d ’électricité de Creil (Siemens- Schuckert), Siège social à P a ri s ; Usines à Creil (O is e); Eta blissements Lanz, P a ri s ; W a lth e r & Cie., Ateliers de construction de chau diè res, Paris;

Appareils C ro y e u rs de tous g enres , Fried. Krupp A.-G. G ru s o n w e rk , M agde­

burg -Buckau à N a n c y ; Société fr ançaise d ’électricité A. E . G . , N a n c y ; A. Borsig, Tegel, Locomotives, Agence P a r i s ; Société française des appareils Koer- ting, P a r i s ; Société a nonym e des usines électriques Berg m ann, P a ris; agence de l’Est à N a n c y ; Méguin & Cie., Paris usw.

Ebenso h a t Deutschland mit seiner Schre ibmasc hin enin dustrie im letzten Ja h r z e h n t den Schre ibmasc hin enfirm en in Frankreich g r o ß e n W e tt b e w e rb be­

reitet. Bis dahin h atten die V erein igte n S ta aten gleichsam das M onopol des Vertriebes von Schreibmaschinen in Frankreich. W ä h r e n d Fra nkreic h und England n u r je zwei bis drei v ers chiedene T y p e n herstellten, kam Deutsch­

land plötzlich mit ein er g r o ß e n Anzahl v o n vers chie denen M arken und Systemen und noch dazu b ed eu te n d billigeren Pre ise n auf den Markt.

Im Ja h r e 1901 brachten die A dle rw erke vo rm . H einrich Kleyer A.-G., Frankfurt a. M., die „ A d le r “ -M aschine auf den M arkt, die in Frankreich durch die Société des Eta blissem ents Adler vertrie ben wird. Die Aktien­

gesellschaft vorm. Seidel & N aum ann, D resden, die einen W e ltru f in der Herstellung von Fahrrädern, N ähm aschinen und Schreibmaschinen hat, besitzt Z w eignie derla ssungen und V erkaufstellen in Paris, Lyon, Marseille, Algier, Oran, C o n stan tin e und T unis für ihre M arken „ G lo r i a “ und „ Id e a l“ . Die N ähm aschinen- und Fahrräderfabrik Bernh. S to e w e r A.-G., Stettin, hat für d en V erk auf ihrer M arke „ S t o e w e r “ Verkaufstellen in Paris, Angoulême, Avignon, Bordeaux, Lille, Limoges, Nîm es, Saint-E tien ne, T oulo use, Algier, Tunis und Saigon eingerichtet. Die W a n d e re r -W e rk e A.-G., Schönau bei Chem­

nitz, vertreiben in Frankreich die Marke „ C o n ti n e n ta l“ ; die M ercedes G. m. b. H..

Berlin, die Marke „ M e r c e d e s “ . D eutsches Fabrikat ist ebenfalls die Marke

„ M o n d ia l“ , für die Verkaufstellen in Paris, Amiens, B ord eaux, Brest, Calais H a v r e , Lille, Lyon, Marseille, Nancy, Saint-E tienne u nd Tou lo u se bestehen.

A ußerdem wird in Frankreich die M arke „ T o r p e d o “ d e r F ra n k f u rte r Weil- w erk e G. m. b. H., die Marke „ M i g n o n “ d e r A. E. G. und die M arke „Kanzler“

vertrieben, die alle V e rtr e tu n g e n und V erkaufgeschäfte in den bedeutendsten Städten Frankreichs haben. D urc h diese V erk aufs tellen m achen die Werke eine g ro ß e Reklame, g e w ä h re n gew isse Z ahlu ngserle ichte rungen, und, was ihren H au p terfo lg ausmacht, die deu tschen M arken w erd en zu billigeren Preisen als die französischen o d e r am erikanischen verk auft.

M an könnte so die einzelnen Industrien durchgehen, bei je d e r finden wir eine straffe O rganis ation vo n V e rtr e tu n g e n , V erkaufstellen u. dergl. ü b e r ganz Frankreich ausg ebreitet. Beso nders g u t organisiert un d in Frankreic h v e r­

breitet ist die deutsche Mas chinenindus trie, die f ü r g r o ß e B eträge jährlich an Frankreich absetzt. Am g r ö ß t e n ist der Absatz an W erk zeu g m asch in en , aber auch der deutsche A bsatz von Dam pfm asc hinen, Lokom obilen, lan dw irtsch aft­

lichen Maschinen, Textilmaschinen, N ähm aschinen usw. ist g a n z gewaltig.

Alle die deutschen Zw eignie derla ssungen und Verkaufstellen haben sich g ew iss er­

m a ß e n das H eim atrech t in Frankreich e r w o r b e n ; nie m and r e g t sich sonderlich

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d arü ber auf, sondern jederm ann kauft die deutschen Erzeugnisse, weil sie neben gu te r Beschaffenheit bei schneller Bedienung erhebliche Vorteile im Preise bieten. S ogar die französischen Verw altu ngen, wie die E isenbahnge­

sellschaften, verschmähen es nicht, einen Teil ihres Bedarfs bei den deutschen Verkaufstellen zu decken. Das hat allerdings die französischen Fabrikanten in Harnisch gebracht, die von Zeit zu Zeit einen gro ß e n Lärm schlugen, in den dann die chauvinistischen T ag e sb lä tte r einstimmten. Besonders pochte man darauf, daß die deutsche Industrie nicht nur den inneren Markt Frankreichs mit ihren Erzeugnissen überschw em m e und hier den französischen Industriellen einen hartnäckigen W e tt b e w e r b mache, so ndern daß sie darü b e r hinaus mit den Lieferungen an die französischen V erw altu ngen eine fr uchtbare Reklame schlagen und die französische Industrie dadurc h auch auf dem W eltm ark t schwer schädigen werde. Niclause, der Prä sid ent des Syndicat des Mécaniciens, Chaudronniers et F ondeurs de France, sag te am 19. Ja n u a r 1912 in einer Rede, bei der auch d e r französische Handelsm in iste r zugeg en w ar:

. . . . ,,Je dois souligner une crise inquiétan te qui a fait naître une émotion dont le retentissem en t est considérable. Je veux parler de l’envahissement du marché français. Cette in vas ion semble .avoir pénétré particulièrement quelques unes de nos g ran d es administrations qui sont plutôt qualifiés pour nous p ro tég er contré la production étra ngère . Elles ne peuvent su pposer qu’il suffit pour couvrir leur responsabilité, que leur origine se cache sous la présentation de sociétés à forme française, alors que trop so u v e n t les intérêts principaux sont étrangers , c’est four nir ainsi à nos concurrents, pour nous com battr e sur les marchés extérieurs, les meilleures arm es que sont leurs références françaises. Ce n ’est donc pas seulement pour no tre industrie nationale une perte de clientèle à l’intérieur, c’est l’impossible conquête et mêm e l’impossible maintien sur les marchés extérieurs que nous avions souvent conquis par nos seuls m o y e n s : l’excellence de notre construction.“

Auch der Senator Hurn bert veröffentlichte im „ J o u r n a l“ verschiedene Zuschriften, in denen er die Heere s- und M arin ev erw altu n g heftig anklagt, daß sie sich zu,e in em gro ß e n Teile bei deutschen Firmen vers org e. Eine ähnliche Zuschrift bringt die ,,Vie M aritim e“ in ihrer N u m m e r vom 25. Ja n u a r 1913, in der der frühere Pariser A bgeordnete Charles Bos der Marin ev erw altung nachrechnet, in welchen Fabrikaten und bei welchen Firmen sie in Deutschland Bestellungen gem acht habe. Alle diese Veröffentlichungen schießen g e w ö h n ­ lich weit übers Ziel hinaus und beweisen in gewissem Sinne nur die Schwäche der eigenen Industrie, dje es nicht einmal fertiggebracht hat, trotz des all­

gemein hohen Schutzzolles auf Fertigfabrikate dem deutschen W ettb e w e rb w ir­

kungsvoll standzuhalten. H ie r kann man eine se h r unangenehm e Seite der Wirkungen einer dau ern den Schutzzollpolitik kennen le rnen: Frankreich glaubte stets, durch möglichst hohe Zölle seine Industrie schützen zu müssen, und hat damit nur erreicht, daß diese Industrie einges chläfert ist und um einige J a h r ­ zehnte nachgehurnpelt kommt. Der starke deutsche W e tt b e w e rb hat sie allerdings wieder aufgerüttelt, aber es wird doch noch eine geraum e Frist vers treichen müssen, bis sie auf d e r H ö h e ist.

Besonders böses Blut hat bei den französischen Industriellen der Bezug von deutschen Lokomotiven und deutschem Eisenbahnm aterial durch die fr an­

IN D U S T R IEL L E IN T ER E S S EN D E U T S C H L A N D S IN F RA N K REIC H 235

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zösischen Eisen bah ngesellschaften gemacht. Eigentlich zu Unre cht, denn D eutsch­

land hat einen gu ten Teil dieser Fabrikate n u r geliefert, weil die französischen W e r k e nicht im sta n d e w aren, den plötzlich auftauchenden Bedarf zu decken. Die E isenbahnge sellschaften w aren von jeher die besten Kunden d e r fr an zö ­ sischen Eisenhütte nindustrie und eine ganze Reihe von Masch in enfa brik en und Fabriken zur H erstellung von rollendem Material sind unm itt elb ar von ihnen abhängig . Die Lieferungen von Lokomotiven stellten sich 1908 auf 38 Mill. Fr, 1909 auf 59 MlilL Fr, 1910 auf 6S Miill. F r und erreichten 1911 74 Mill. Fr.

Die Liefe ru ngen von rollendem Material stiegen von 66 Mill. Fr im J a h r e 1908 auf 76 Mill. Fr im Ja h r e 1910 und 179 Mill. F r im Jah re 1911. D e r G esa m tw e r t der Lieferungen erreichte in dem Z eitrau m vom 1. J a n u a r 1906 bis 30. Juni 1913 die H ö h e von 1 544 220 680 Fr. Bis zum Ja h r e 1898 w a re n die französischen H ü tte n w e rk e sozusagen die ausschließlichen Lieferer für die Eisen bahngesell­

schaften. A ber in den Ja h r e n 1898 bis 1900 tr a t sow ohl im Hinblick auf die P ariser W eltausstellung als auf den Bau von neuen Bahnen (M étro­

politain) und Brü ck en sowie auf die Anlage von doppelten Gleisen bei m e h r e re n schon b estehenden Bahnen eine d e r a r ti g e A u ftr a g ste ig e ru n g ein, d aß die französische Eisen- und Sta hlin dustrie tr o tz A nsp an n u n g aller ihrer Kräfte den Bedarf in d e r g e fo r d e rte n Frist nicht zu decken im stande war.

Man m ußte also auf das Ausland zurückgr eifen. Die g e sa m te n fran­

zösischen K onstruktionsw erkstä tte n erzeugten in die ser Zeit ungefähr 350 Lokomotiven jährlich. Nun bestellte im Ja h r e 1899 die Westbahn allein 105 Lokomotiven und 1500 W a g e n , die Paris-Lyon-M éditerran ée- Bahn verlangte in einigen M onaten 240 Lokomotiv en usw. Deutsche, österreichische, belgische und amer ikanische Firmen w u rd en h e ran g ezo g en , um diese A ufträge zu erledigen. Die G eister, die Frankreich rief, die wurde es nim m er los, 'aber nur deshalb, weil die fr anzösische Indus trie noch im m er nicht die nötige Lehre aus den E rgebnissen von 1893 bis 1900 g e z o g e n und sich entspre chend v e rg r ö ß e rt und leistungsfähiger g estaltet hatte. „Alle unsere Lok omotiv en sind d euts ch", ja m m erte in seiner N u m m e r vom 10. Juni 1912 d e r „E x cels io r“ . Er berief sich dabei auf eine Statistik, die d e r G eneral­

anzeiger d e r deu tschen Fabrikante n veröffentlichte, w onach D eutschl and im Jahre 1911 1512 Lokomotiven a u sg e f ü h rt habe, davon ein Viertel, also g e g e n 400, nach Frankreich.

D er „ M a t in " veröffentlichte in seiner N u m m e r vom 24. D e z e m b e r 1911 eine Aufstellung ü b e r die Zahl d e r A usla ndbeste llungen von Lokomotiven du rch die französischen Bahnge se llsc hafte n: „Im Ja h r e 1906 w u rd e n 90 Loko­

motiven im Ausland be stellt; 1907 225, 1903 75, 1909 126 und 1910 125; in einem Zeitraum von 5 Jahren also 641. V om 11. J a n u a r 1910 bis zum 14. Juni 1911 haben die deutschen K on stru k teu re Bestellungen auf Lieferung von 254 Lokomotiven von allen französischen Bahngesellschaften, mit Aus­

n ah m e des „ E t a t “ , erhalten. Jed e Bestellung w ird in d e r Pres se a n g e k ü n ­ d ig t., Sie wird den T ele g r a p h e n b u re a u s mitgeteilt, die die Nachricht in die g anze W elt hin ausposa unen. Es ist eine Sieges nachricht, eine neue E r o b e r u n g

d e r G erm ania . . . I

Die französischen Industriellen b egannen, d e r R egierung d e ra r t heftige V ors tellungen ü b e r das V o rg eh en d e r Eisen bah ngesellschaften , ihre Bestel­

lungen im Ausland und vornehmlich in D eutschl and zu machen, daß das

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IN D U S T R I E L L E IN T E R E S S E N D E U T S C H L A N D S IN F RA N K REIC H 257 Ministerium d e r öffentlichen Arbeiten sich veranlaßt sah, zweimal eine U m ­ frage vorzunehm en, das eine Mal kurz nach der Ausstellung von 1900 und das zweite Mal am 18. O k to b er 1909. Das Ergebnis dieser U mfragen w ar je des­

mal die Feststellung, 1) daß die Klagen der französischen Industriellen stark Übertrieben w aren , 2) d a ß die französischen W erk e nicht in der Lage waren, dem Bedarf rechtzeitig zu ge n ügen, und 3) daß die Preise Deutschlands bedeutend billiger w are n als die französischen. D aß die Klagen d e r französischen Indu- dustriellen, die mei sten Bestellungen gingen nach Deutschland, weit ü b e r­

trieben sind, be w eist die folgende Aufstellung:

J a h r

B e s t e l l u n g v o n L o k o m o t i v e n B e s t e l l u n g v o n E i s e n b a h n w a g e n

z u s a m m e n i n

F r a n k r e i c h i m

A u s l a n d z u s a m m e n i n

F r a n k r e i c h

i m A u s l a n d

1907 419 194 225 11 921 9 786 2135

1908 350 275 75 5 940 5 940

1909 482 356 126 11 269 10 669 600

1910 574 449 125 12 275 11 745 530

1911 877 717 160 2 594 2 092 502

1912 241 221 20 11 685 11 220 465

2943 2212 731 55 684 51 452 4232

Hie ra us ist klar ersichtlich, daß die französische Presse und die französischen Industriellen stark übertrie ben hab en , w enn sie über ungebührliche Bevor­

zugung d e r deutschen Fabrikate durc h die französischen Eisen bah ngesell­

schaften schelten; es g e h t vielmehr aus den Zahlen hervor , daß die ausländische Industrie n u r zur Aushülfe herangezogen w orden ist. Daß dabei die billigeren Preise Deutschlands den Eisenbahngesellschaften einen Anreiz gaben, sich mit V orliebe an Deutschland zu wenden, oder auch ihre Bestel­

lungen bei d e r deutschen Industrie etw as au sg e d e h n te r zu gestalten, als es unbedingt n otw endig g ew esen wäre, kann w ed er den Eisenbahngesellschaften noch Deutschland verübelt w erden. Für Deutschland ist es lediglich ein Beweis, d aß seine Industrie leistungsfähiger ist als die französische, weil sie bei gleicher Beschaffenheit bedeute nd billiger liefern kann, und die fr a n ­ zösischen Eisenbahngesellschaften, die als Privatgesellschaften private Interessen zu verwalten haben, können bei allem Patrio tism us doch nicht ihre ganze Handlungsfreiheit .aufgeben, bloß um die nationale Industrie zu schützen.

Dies tun sie übrigens in weiteste m Maße, wie die obige Aufstellung beweist.

Bei G elegenheit d e r letzten U m frage haben die Eisenbahngesellschaften ihre Meinung üb rigens offen niedergelegt. Sie erklärten: „L es métallurgistes français sup p o rten t aisém ent la comparaison avec leurs concurr ents étrangers, en ce qui concerne la qualité des prod uits et le „fini“ du travail et leur éloge à cet ég a rd n ’est plus à faire. Mais ils sont loin de pro duire aussi bon marché que leurs rivaux. Malgré l’élévation des droits de douane qui, en ég ard au prix du marché intérieur, constituent une protection d e 15 ° / 0, malgré les frais d e tran sp o rt parfois considérables qui g rèvent les o b ­ jets importés, il arrive fréquemm ent, que l’é tr a n g e r consente des rabais tels qu ’il nous serait imposible de donner la pré fére nce aux constru cte urs français sans sacrifier les intérêt s que nous avons mission de s a u v e g a r d e r“ .

3

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Um nur ein kurzes Beispiel des Preisunte rschie des zwischen den d e u t­

schen und den französischen Lieferungen zu geben, sei erw äh n t, daß die d e u t­

schen Fabriken im Jahre 1908 in Fra nkreic h Lokomotiven zu 1,35 F r / k g einschließlich Zoll und T r a n s p o r t lieferten, w ährend die französischen W e r k e beispielsweise 1,70 F r / k g forderten. W en n dar aufhin die fran­

zösischen Industriellen behaupte n, die deutsche Industrie arb eite für Frankreich mit K am pfpreisen ge g e n die französische Industrie und sei zu diesem Zweck von d e r deu tschen /Regierung unterstü tzt, so ist das eine B ehauptung, die nicht verdient, ernst g e n o m m e n zu werden.

D er Minister d e r öffentlichen A rbeiten erklärte d a h e r auch als Schluß­

folgeru ng der v o ra u f g e g a n g e n e n U m frag e am 22. Juli 1913 vor dem Senat, daß d e r Zoll, den die ausländische n W e rk e zu t r a g e n hätten, zum Schutz der französischen W erk e gen ü g e, daß man a b er nicht auf Bestellungen im Aus­

land verzichten könne, weil so nst die französischen Industriellen ein Monopol h ätten und sich leicht auf M onopolpreis e einigen könnte n. H ie r bilde das Ausland mit seinen W e tt b e w e r b p r e i s e n einen w irksam en Ausgleich.

Diese A usführungen bele uchten den schw eren W id ersta n d , den die deutsche Indus trie bisher bei ihrem E ro b e ru n g s z u g in Fra nkreic h gefu n d en hat. Die Erfolge, die sie d o rt erru n g en hat, v erd an k t sie vor allem, ich möchte sagen allein, ihrer systematischen O rganis ation, die ebenfalls ein deutsches E rz eug­

nis ist, das die M i tb e w e rb e r so leicht nicht nachm achen können . D e u t s c h e U n t e r n e h m u n g e n i n F r a n k r e i c h .

D urch die straff e O rganis ation des de utschen A u ßenhandels in Frank­

reich und durch die systemat isch e V erteilu ng von A g en tu ren ü b e r das ganze Land w u rd e es der deutschen Indus trie ermöglicht, sich ein klares Bild sowohl ü b er die Leistungsfähigkeit d e r französischen Industrie als auch üb e r die A ufn ahm efähig keit des inneren M arkte s Frankreich s zu machen. Die deutschen H andlu ngsreisenden in Frankreich sind die Pioniere ge w e se n , die d e r deut­

schen Industrie d en W e g anzeigten, den sie zu ge h e n hatte. Sie kamen in g anz Frankreich herum und bote n jhre E rzeugnisse mit d e r b e kannte n d eu t­

schen Zäh ig keit und A usdauer an. Sie g e w ö h n te n allmählich das fran­

zösische Publikum an die deutsche W a r e und erleic hterte n ihm den Ver­

such durch die vorteilhaften Preise, zu denen sie verk au ften. So b ü rg erten sich manche deutsche Erzeugnisse in Frankreich ein ; d e r H a ndlungsreisende kannte die A bsatzverhältnisse und kannte den M a r k t; sobald es sich lohnte^

g rü n d e te das M u tte ru n te rn e h m e n eine T ochtergesellschaft in Frankreich. Hier­

bei mochten verschiedene B e w e g g r ü n d e geltend g e w e s e n sein. W a r näm­

lich du rch die V ora rb eite n der H an d lu n g sr e ise n d e n ein E rzeugnis in Frank­

reich ein geführt und sein Absatz in hinre ic henden M engen gesich ert, so w ar fü r das deutsche U n tern eh m en n u r zu e rw ä g e n , ob es wirtschaftlich und politisch klug sei, ein Z w eiggeschäft in Frankreich zu g r ü n d e n ; d enn einer­

seits w urd en dad urch die hohen Zoll- und T ra n s p o r tk o s t e n g e sp a r t, u nd an d er­

seits h atte das U n ertn eh m en einen nationalen Anstrich, w as für den Absatz seiner Erzeugnisse wichtig war. In folg ed essen finden wir denn auch in Frankreich eine Reihe deutscher U n te rn e h m u n g e n , die teils den N a m e n ihrer Mutterges ellschaft, teils einen französischen Gesellsc haftsn am en trag en .

So grü n d eten , wie w ir bere its im vorigen Abschnitt e rw ä h n t haben, die A dlerw erke vorm. Heinrich Kleyer A.-G., F rankfurt a. M., in Frankreic h

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IN D U S T R IE L L E IN T ER E SSEN D E U T S C H L A N D S IN FRA N K REIC H 259 die Société des établissements Adler für den Verkau f ih rer Schreibmaschinen;

die Deutschen W affen - und Munitionsfabriken, Berlin, die Com pagnie a n o ­ nyme française po u r la fabrication des r o u l e m e n t s , à billes D. W . F.; die A.-G. Eisen- und Stahlwerke vorm. G e o r g Fischer, die Société française des aciéries ci-devant G eo rg es Fischer; die M a n nes m annröhrenw erke A.-G., Düssel­

dorf, das C om ptoir métallurgique et industriel; die Maschinenfabrik und Mühlen­

bauanstalt G. Luth er A.-G., Braunschweig, die Société an onym e les ateliers réunis, die überdies noch eine Intere ssengem einschaft mit d e r französischen!

Firma Piquet & Cie. aus Lyon einging; die A.-G. Karl Lindström, Berlin, die Com pagnie française des disques et machines O déon et d ’instruments de musique, die Siemens-Schuckertwerke G. m. b. H., Berlin, die Compagnie générale d ’electricité de Creil.

Es ist nicht unsere Absicht, alle deutschen Gesellschaften heraussuchen o d er erw äh nen zu wollen, die u n te r französischer Firmenbezeichnung w irt­

schaften und deren G r ü n d u n g und Bildung nach französischem Gesellschaftsrecht zustande gekom m en ist. W ir wollen bloß einige charakteristische Bei­

spiele herausgreifen. Eines> ¡der bekannte ste n ist die Firma Gebr. K ör­

ting A.-G., Körtingsd orf bei Han nover. Das H auptw erk d e r Gesellschaft, die im Jahre 1903 g e g r ü n d e t wurde, liegt in Körtingsd orf bei H an n o v er und umfaßt die Fabrikation von Str ahlappar aten, G asm otore n, K raftgasapparaten, Automobilmotoren, Pum pen- und W ass erw erken, W a ss e rt ersorgungs-, Saug­

siel- und E ntw ässerungsanla gen, Heiz appara ten sowie Heizungs-, Lüftungs- und Trockenanlagen. D ort befindet sich auch die Z entra lv erw altung d e r in- und ausländischen U nte rnehm ungen. Die inländischen U n ternehm ungen b e ­ stehen in Z w eignie derla ssungen und V ertretungen in fast allen bedeute ndere n Städten, w ährend die ausländischen Niederlassungen sieben in Aktien­

gesellschaften ausländischen Rechtes um gew andelte Geschäfte sind mit Niederlassungen in Wien, Budapest, London, Barcelona, Sestri P o ­ nente, Mailand, G enua, Rom, Florenz, St. Petersb u rg , Riga, M os­

kau, Bukarest, W ars ch au , Brüssel -und Paris. Mit Hülfe dieser Niederlassungen wird ein au sgedehntes Installations- und M ontagegeschäft in fast allen Teilen E uro pas betrieben. Frankreich g e h ö r t mit zu den ersten Eroberungen dieser Firma. Schon im Jahre 18S7 wird sie in einem Buche von Lucien Nicot: „ L ’Allemagne à Paris“ erw ähnt. Damals hatte sie in Paris eine Verkaufstelle für den Betrieb ihrer H eizap parate geg rü n d et. Sie eröffnete in den Folgejahren noch neue Niederlassungen in Lyon, Nancy, St. Etienne, Nizza, und im Jah re 1903 g rü n d e te sie die Société française d ’exploitation des appareils Koerting mit einem Aktienkapital von 500 000 Fr. Das Aktien­

kapital der N iederlassung, die sich bald zur bed eute ndste n Tochtergesellschaft der deutschen Firma entwickelte, w urd e bald auf eine Million Fr erhöht.

Ein weiteres Beispiel bietet uns die .Maschinenfabrik A u g sburg-N ürnberg A.-G., die bereits seit längerer Zeit-eine Z w eignie derla ssung in Paris hatte. Als vor einigen Jahren der In haber einer Maschinenfabrik für das D ruckereigewerbe, Alauzet in M ontrouge, starb, bot die Maschinenfabrik A u g sb u rg -N ü rn b e r g A.-G.

den Erben den Ankauf des U nte rn ehm ens an. Es kam ein Vergleich zustande, und im Ja h r e 1912 w u rd e d e r V ertrag unterzeichnet, w onach das U nternehm en an die g e n a n n te Mas chinenfabrik für 75 CQ|0 Fr überging. Diese grü n d ete nun eine Aktiengesellschaft, die Société des établissements Alauzet. die im vor-

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w ieg en d en Besitz d e r deuts chen M aschinenfabrik ist und un te r ih r e r Leitung steht.

Die deuts che Industrie hat in Frankreich so g a r Z w eig n ied erlass u n g en von Solchen,’ In dustriezw eigen g eg rü n d e t, die d o rt v erhältnism äßig s t ä rk e r ent­

wickelt sind als in Deu tschland selbst. Ich e rw ä h n e beispielsweise die Auto­

mobilindustrie. Im Ja h r e 1912 kam in Frankreich ein A uto m obil auf 440 Ein­

w ohner, w ä h r e n d ein solches in D eutschland auf 927 E in w o h n e r kam. D abei sind die französischen K raftw agen ausgezeichnet, sie bilden s o g a r d en H au p tau sf u h r­

g e g e n s t a n d Frankreichs. Ihr A u sfu h rw e rt belä uft sich auf rd. 130 Mill. M;

davon ge h e n nach G ro ß b ritan n ie n für etw a 50 Mill. M, nach Belgien für etwa 25 Mill. M und nach D eutschland se lbst für e t w a 8 Mill. M ; d e r Rest ver­

teilt sich auf eine g r o ß e Zahl von Ländern, d a r u n t e r viele überseeische. Diese g e w a ltig e A usfuhrziffer zeigt, wie w ertv oll die d u rc h den S p o rt in Frankreich h e rv o r g e ru fe n e Spezialisierung d e r französischen K raftw agenindustr ie ge w o r­

den ist. T ro tz d e m haben sich zwei d e r h e rv o r ra g e n d s t e n V e r tr e te r der deut­

schen K ra ftw agenindustr ie , die Daimler- M oto ren-G esellsc haft, Stu ttgart-Unter- türkheim, und die Firm a Benz & Cie. A.-G., M annheim , in Fra nkreic h nieder­

gela ssen und d o rt Aktiengesellschaften fü r den Bau un d Betrieb ih rer Motoren und W a g e n geg rü n d et.

Die fr anzösische Autom obilg es ellschaft Mer cedes, die die H erstellu n g und d e n Betrieb von M ercedes-A uto m obilen und D aim ler-M oto ren betreibt, wurde im Ja h r e 1905 m it einem A ktienkapita l von 5 Mill. F r g e g r ü n d e t . Die Daim ler-Moto ren -G es ellschaft ist mit 990 Aktien an dem U n te rn e h m e n be­

teiligt, und die M ercedes-Gesellschaft h a t 3710 Aktien übe rn o m m e n . Außer­

dem w u rd e das U n te rn e h m e n noch von deuts chen Banken unterstüzt, so von d e r D eutschen Bank, die 1970 Aktien gezeichnet hat, w ä h re n d die Württe m berg i- sche V ere in sbank in S tu t tg a r t 980 Aktien, d e r W in t e r Bankverein 1970 Aktien übern ahm . Ähnlich w u rd e die Société des auto m obiles Benz mit einem Aktienkapital von 500 000 Fr g e g rü n d e t . Die mei sten Aktien sind in H ä n d e n d e r Firm a Benz & Cie. A.-G. und einiger d e u ts c h e r Banken.

Ein s e h r in teressante s Beispiel endlich, das eine b e so n d e r e F o rm der deut­

schen B etä tig ung in Frankreich darstellt, und bei dem die Kraft d e r deutschen In­

dustrie b esonders in die E rscheinung tritt, bie tet die Firm a O re nstein &

K oppel-A rthur Koppel A.-G., Berlin, die 1911 auf 20 Ja h r e eine Interessen­

g em einschaft mit der Société des établissemen ts Decauville ein ging.

Die Firma Ore nstein & Koppel b e tr e ib t die F abrikation un d den A nkauf von Materialien, W e rk z e u g e n und M aschin en zum Bau u nd zur Aus­

r üstung von Eisen bah nen, ins besondere von Feld-, Industrie- un d Kleinbahnen, so­

wie zu Brücken- und W a s s e rb a u te n aller Art, die V e r ä u ß e r u n g und sonstige V erw e r tu n g , namentlich V e rm ie tu n g der zu diesen Z w ecken erforderlichen G eg en stän d e, die Ü b ern ah m e des Baues von Feld- u nd K le inbahnen sowie n orm alsp u rig er Anschlußgleise und, nach ih rer V e re in ig u n g m it d e r Firma A rth u r Koppel, auch von g ro ß e n E isenbahnbaute n. In den letzten Jahren h a t die G esellschaft auch Lokomotiven und G ü t e r w a g e n n o rm a le r Spur­

w e ite aus ih r e r neuen Loko motiv fabrik in D rew itz geliefert. Das Aktien­

kapital d e r Firma b e tr ä g t 36 Mill. M. A ußer ihren W e r k e n in D orstfeld, Span­

dau, Bochum und Drewitz hat sie Zweigstel len in Breslau, Köln, Danzig, D ort­

m und, H a m b u rg , K ön ig sb erg i. Pr., Leipzig, M a g d e b u r g , Mannheim , München

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IN D U S T R I E L L E IN T E R E S S E N D EU T S C H L A N D S IN FR A N K R E IC H 261 und S t r a ß b u r g ; ferner besitzt sie im Auslande neben zahlreichen Agen tu ren un te r ihrer Firma Niederlassungen in Ö sterre ic h-U ngarn in Wien, Prag, Lemberg, die 1908 in Gesellschaften mit beschränkte r Haftpflicht um gew andelt w u r ­ den, und in B u d a p e st; in Rußland besitzt sie als Aktiengesellschaft für Feld- und Sch malsp urb ahnen ,,P a r o w o s “ N iederlassu ngen in W ars ch au , St. P e te r s ­ burg, Kiew und M o s k au ; ferner g eh ö re n ihr ein getragene Z w eignie derla ssun­

gen in Brüssel, Bukarest, Kairo, Soera baya, London, Mexico, Johannesburg, Durban, Kalkutta, Alexandria, Mailand, Madrid usw. Dazu komm en noch die durch die Firma A rthur Koppel beigebrachte n A gentu re n und N iederlassun­

gen im In- und Auslande.

Die Société des établissem ents Decauville w urde kurz nach der Pariser Weltausstellung, auf der die Firma Decauville zu g ro ß en H off nungen b erech­

tigte, mit einem Aktienkapital von 20 Mill. Fr g e g rü n d e t und hatte, e ben­

so wie die fr ühere Firma O renstein & Koppel, den Bau von Feld-, Industrie- und Kleinbahnen zum Zweck. Sie fand bei den französischen Kapitalisten einen unerw artete n Anklang. A ber die Enttäuschung folgte bald. Die U msa tz­

ziffer sank bald von 10 Mlill. a u f 5 Mill. Fr und die Gewinnziffer auf 280 000 Fr herunter. Da diese Ergebnisse eine normale Verzinsung des Aktienkapitals nicht m ehr gew ährleistete n, schritt man zur Reorganisation der Gesellschaft, die nunm ehr ihr Betätigungsfeld auch auf den Automobil- und F ahrradbau ausdehnte. Die erste n Erg ebnisse w aren günstig, aber die allgemeine Krisis von 1907 bis 09 beeinflußte die Gesc häfte der Gesellschaft derart ungünstig, daß wiederum mit Hülfe einer französischen Fin anzgruppe eine Reorganisation vorgenom men w erd en mußte. In diese Zeit fallen auch die ersten Verh andlu ngen mit der Firma O re nstein & Koppel.

Diese w a r lange in Paris durch eine einfache A gentu r vertreten. Im März 1907 grü n d ete sie eine rechtlich selbständige französische Niederlassung unter der Firma: Société anonyme po u r la construction de matériel de che­

mins de fer (Anciens établissements A rth u r Koppel). Das Aktienkapital wurde auf 1 Million Fr festgesetzt. Die Berliner Firma erhielt 171 Aktien für ihre Einlage, von den übrigen 829 Aktien erw arb A rthur Koppel noch 762. Die neue Gesellschaft besaß noch ein W erk in Fives-Lille und N ieder­

lassungen in Paris, Lille, Bordeaux, Marseille und Toulouse.

Die Firma Decauville ihrerseits ließ nach ihrer zweiten Reorganis ation den Bau von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern w ieder fallen und beschränkte sich auf ihren ursprünglichen Zweck, den sie energisch förderte. Sie hatte zahlreiche Niederlassungen in Frankreich, so namentlich in Lille, Lyon, Bordeaux, T o u ­ louse, Nancy, Nantes, sowie Age ntu re n in fast sämtlichen Ländern Europas, in Asien und Amerika. Sie besaß außerdem drei G ruppen von H ü ttenw erken in Corbeil, in Petite Synthe bei Dünkirchen und in Val-Saint-Lambert (Belgien).

Es standen sich de mnach in Frankreich zwei Firmen gegenüber, eine in­

ländische und eine ausländische, die beide dieselben Zwecke verfolgten, beide sehr leistungsfähig waren, üb e r eine vorzügliche O rg anis ation ver füg­

ten und die beide sowohl in Frankreich wie im Auslan,de. im heftig sten W e tt b e ­ werb standen. Die Firma Orenstein & Koppel o d e r die Société anonyme pour la construction de matériel de chemins de fer, wie sie in Frankreich hieß, hatte eine kapitalkräftige Muttergesellschaft im Rücken, die ihr das Durchhalten g e g e n ü b e r der durch wiederholte Neuorg anisationen geschw ächten

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