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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 25, H. 6

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Technik und Wirtschaft

H e ra u s g e b e r: Dr.-Ing. O tto B re d t und Dr. G e o rg F re ita g / VDI-V erlag GmbH, B e rlin N W 7 25. J a h rg a n g

I Autarkie?

Von Dr.-Ing. O TTO BREDT, Berlin

Die Frage „Autarkie oder Freihandel“ ist längst aus dem Bereiche weltanschaulicher Gegensätze in das Feld praktischer Daseinskäm pfe getreten. Das ist verständlich. Denn etwa 20 bis 25% der deut­

schen W irtsch a ft sind nach Umsatzwert, K apital und A rbeit unm ittelbar vom W eltm ärkte abhängig.

Eine jede E rschütterung der Auslandsbeziehungen bedeutet somit eine mehr oder weniger weitgreifende Umwälzung der inneren Verhältnisse und gefährdet infolgedessen auch die au f eine bestimmte E rzeu­

gung und einen bestimmten Verbrauch eingestellte heimische W irtschaft immer wieder in ihren Grund­

lagen. Eine internationale Verständigung im Sinne eines freien Handelsverkehrs erscheint daher zu ­ nächst als naheliegendes und erstrebenswertes Ziel.

Ihm gegenüber steht die E rfahrung der letzten Jahrzehnte, die es immer mehr als absurd erschei­

nen läßt, a u f die Neuordnung der W elt zu ivarten, um der N ot des Einzelnen und der Gesamtheit steuern zu können. Denn bis dahin ist das Dasein des Einzelnen verkommen und das Schicksal der Gesamtheit vernichtet. I n der Bewegung zur A u ta r­

kie, die vorerst ja nur eine R ichtung und nicht etwa schon ein Ziel darstellt, liegen daher starke, aus der N ot der Z eit heraus geborene K r ä fte gebunden.

K rä fte, die — mögen sie nun ideellen oder mate­

riellen Ursprunges sein — ihre Lebensberechtigung allein schon aus den Fehlern und Irrwegen der Ver­

gangenheit und dem W illen zur Selbstbesinnung und Selbstbehauptung erweisen. K rä fte, mit denen in jedem Falle fü r die Z u k u n ft praktisch zu rech­

nen ist, weil sie die natürliche und darum gesunde A bkehr von allen den Einseitigkeiten und Übertrei­

bungen der vergangenen W irtschaftsepoche beglei­

ten. K rä fte , die aber im Sinne einer Entw icklung und E rhaltung lebensfähiger Formen und Wege des W irtschaftens g efaßt werden müssen, um aus dem W illen zur Selbstbesinnung und Selbstbehauptung nicht den Irrsinn der Selbstverstümmelung und Selbstzerstörung werden zu lassen. Inwiew eit dies gelingt, wird die Z u k u n ft der deutschen W irtschaft und des deutschen Volkes entscheidend beeinflussen.

Jedes industrielle Unternehmen aber wird durch den Ausgang dieses K räftespieles in der nächsten Z eit vor schwerwiegende Entscheidungen und M aß­

nahmen gestellt. Es soll daher versucht werden, aus der inneren Gesetzmäßigkeit der bisherigen w irtschaftlichen E ntw icklung heraus eine Beurtei­

lungsgrundlage für die kommenden Ereignisse und die daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen zu finden.

1. Die Überspitzung des Freihandels

Zwei Bewegungen sind es, welche die wirtschaftliche E n t­

wicklung der letzten Jahrzehnte bestimmen:

a) die immer weiter getriebene Mobilisierung und Kom ­ merzialisierung aller W erte1),

b) die immer weiter gesteigerte Vorwegnahme der erst in der Z ukunft zu verwirklichenden K apitalbildung2).

D i e e r s t e B e w e g u n g fü h rt dazu, nicht nur dem Erzeugnis selbst im nationalen und internationalen G üter­

austausch den C harakter der W are3) zu geben, sondern

auch die ändern H au p tfak to ren der W irtschaft, Arbeit, K ap ital und Geld, mehr und mehr zu kommerzialisieren.

Selbständige M ärkte (A rbeitsm arkt, K apitalm arkt, Geld­

m arkt) entstehen, gewinnen Eigenleben und verlieren da­

mit nur g ar zu häufig den inneren Sinnzusammenhang im Umlauf der W erte, der letzten Endes ja stets an Giiter- erzeugung, Güterverteilung und Güterverbrauch der W irt­

schaft gebunden ist. Eine wechselseitige Verflechtung, ja Verfilzung der W elt beginnt, die den Grundgedanken des E rdhandels, die H andlungsfreiheit des wirtschaftenden Individuums, in das Gegenteil umkehrt, da sie immer mehr die Daseinsmöglichkeiten des Einzelnen von dem F u n k ­ tionieren des Ganzen abhängig macht und der W elt sta tt der F reiheit des Handelns die K etten des Zw anglaufes bringt.

D i e z w e i t e B e w e g u n g entsteht mit der In d u stria­

lisierung der W irtschaft. Program m äßig erzeugte W are wird zum V erkauf gestellt, die Realisierung von der Zu­

kunft erw artet. A nstatt der N achfrage des M arktes wird das Angebot des Betriebes mehr und mehr zum entschei­

denden F ak to r des Absatzes und Bestimmen des Preises.

Die dam it verbundene Intensivierung der Produktion führt zur gesteigerten Investierung in Produktionsm itteln, die — als kapitalwirtsehaftliches Vermögen geführt — im Grunde genommen nichts anderes bedeutet als aktivierter Aufwand, der in der Z ukunft einmal aus dem W irt­

schaftsertrage nach und nach abgedeckt werden muß. Der daraus sich mehr und mehr ergebende Zwang, den not­

wendigen Absatz auch fü r die Z ukunft zu sichern, führt nicht n u r zur immer weiter getriebenen K onzentrierung der Betriebe und Intensivierung des M arktes, sondern auch zu einer immer 'weiter gesteigerten Ausweitung des Verbrauches. V erm ag dann die K a u fk ra ft der Massen den gesteigerten Konsum nicht mehr zu bewältigen, wird der Konsum „finanziert“ , was namentlich in Amerika, aber auch bei uns in Deutschland n u r zu oft die zukünf- I igen Möglichkeiten von M arkt und Betrieb zugunsten der jeweiligen Gegenwart ganz erheblich belastet. Denn Kon- sumfinanzierung, ganz gleich in welcher Form sie nun auf- tritt, bedeutet nicht nur vorweggenommene K auf- und K onsum kraft und dam it vorweggenommene Arbeits- und Erwerbsmöglichkeit, sondern gleichzeitig auch au f dem Wege des Kundenkredites vorweggenommene Bildung zu­

künftigen E rsatzkapitals. Ersetzt doch im U m lauf der W erte sich das einmal aufgewandte K ap ital nicht etwa schon im form alen Lieferungsvollzug, sondern erst wenn der W irtsehaftsertrag durch die Zahlung „verwirklicht“

worden ist. W ird nun dieser ganze Intensivierungspro­

zeß nicht aus dem Eigenkapitale der Unternehmen be-

1) „ F ü r u n d W id er die R a tio n a lis ie r u n g “ , ein B e itr a g zur I I . I n te r ­ n a tio n a len D isk u ssio n sk o n fe re n z des In te r n a tio n a len R a tio n a lis ie ­ r u n g sin stitu ts in G enf 1 9 3 1 , B a n d 4, S eite D / 2 7 .

2) „ I n d iv id u e lle W ir tsc h a ftsfü h r u n g (K o n ze n tr a tio n oder K o o p era ­ t io n ? ) “ , B a n d 3 der S ch rifte n reih e der GfürO , V erla g fü r O rg a n i­

s a tio n ssc h riften G m bH, B er lin 1 9 3 1 .

3) E s ist zu b each ten , daß ein jed es E rz eu g n is (G u t) e r st d a n n den C harakter der „ W a re“ erhält, w en n es „ g eh a n d e lt“ w ird .

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stritten , sondern m ehr und mehr der kurz- oder lang­

fristige K re d it zu r F inanzierung verwendet, so ist eine verstärkte V orbelastung zukünftiger K apitalbildung die notwendige Folge, da jed er in A nspruch genommene K re ­ dit von dem betreffenden U nternehm en nicht n u r verzinst, sondern auch getilgt w erden m uß. T reten dann irgend­

wie in der stets n u r aus der w irtschaftlichen B etätigung selber heraus zu bewerkstelligenden K apitalersatz- oder K apitalneubildung eines Unternehm ens oder g a r der ge­

sam ten Branche und W irtsch a ft Störungen auf, sei es in M arkt und B etrieb oder infolge einer überm äßigen Be­

lastung durch S ta a t und Gesellschaft (F iskal- und So­

ziallasten), so sind schwerwiegende Rückschläge und Z u­

sam menbrüche nicht zu vermeiden. Die W iedergesundung der W irtsch a ft ist dann aber um so stä rk e r erschwert, als nicht n u r die vergangene W irtschaftsentw icklung die M öglichkeiten zukünftiger W ertbildung belastet, sondern auch der W iederaufbau infolge der m it N otwendigkeit ein­

tretenden K apitalverluste n u r von einer sta rk verengten, dam it aber um so bedeutsam eren K apitalgrundlage aus er­

folgen kann.

N un besitzen aber beide Bewegungen, wie die Entw ick­

lung der letzten J a h re m it voller D eutlichkeit zeigt, die f ü r sie gerade in den Ü berspitzungsepochen besonders charakteristische Eigentüm lichkeit, daß sie die F ehler der bereits vollzogenen E inseitigkeit und Ü bertreibung zu­

nächst stets durch eine noch weitere S teigerung derselben wettzumachen versuchen. U rsprünglich im D ienste der E rschließung der W elt und des w irtschaftlichen F o rt­

schritts entwickelt, w erden sie so immer w eiter a u f die Spitze getrieben, um schließlich dem Einzelnen wie der Gesamtheit zum V erhängnis zu werden, weil mangelnde E insicht un d m angelnde E n tsc h lu ß k raft nicht rechtzeitig oder ausreichend genug die U m kehr zu den inneren Ge­

bundenheiten jeden W irtschaftens finden.

2. Die Gefährdung der Währung

F rü h e r schuf, wie auch heute noch z. T. a u f dem Lande und in wenig erschlossenen Überseegebieten, zumeist be­

reits der einzelne H än d ler im Rahmen des eigenen H a n ­ delsgeschäfts durch den wechselseitigen H in- und H erk au f von W aren zwischen S tad t und Land, A grar- und In d u ­ striew irtschaft den natürlichen Ausgleich im In- und Aus­

landverkehr. Die im Zuge der eingangs erw ähnten Bewe­

gungen, insbesondere durch In dustrievertrieb und B ank­

finanzierung, mehr und mehr geförderte V erdrängung und Spezialisierung des H andels fü h rte n demgegenüber zu der unbedingten A bhängigkeit eines jeden Geschäfts von Geld und K redit. Bestimmt, ursprünglich im wesentlichen nur dem einzelnen H andelsgeschäft zur Zahlungsverm ittlung und Z ahlungserleichterung sowie dam it als Bindeglied im G ütertausche zu dienen, w urden beide nunm ehr zum no t­

wendigen Gegenwert, ja zur notw endigen Voraussetzung einer jeden geschäftlichen H andlung und darüber hinaus zum W ertm aßstabe, ja W ertausm aß der W irtschaft. Jede einseitige oder übersteigerte H and lu n g im nationalen und internationalen A ufbau und A ustausch der W irtsch a ft ist daher geeignet, die gesunde Entw icklung und den h a r­

monischen Ausgleich der D inge zu stören, wie sie sieh letzten Endes stets in der Geltung der jeweils herrschen­

den W äh ru n g äußert. W ährend aber im nationalen Z ah­

lungsverkehr sich eine derartige Ü berspitzung zumeist n u r in K apitalverlusten und darüber hinaus im S chrum pfungs­

prozeß der heimischen W irtsch a ftsfa k to ren ausdrückt, g re ift im internationalen Zahlungsverkehr eine jede der­

artig e H andlung an die F undam ente der W ährung, die ja

den Spitzenausgleich in Gold oder K red it, d. h. also in je tz t oder zukünftig zahlbarem Golde abdecken m uß, so­

fern nicht der zukünftige W arenaustausch eine andere A rt der A bgeltung ermöglicht.

A n sich w ird im rein heimischen Zahlungsverkehr zwar das Gold in keiner W eise benötigt, da j a das Geld als Ge­

genw ert im W arengeschäft und als W ertm aß der W irt­

schaft unm ittelbar oder m ittelbar n u r als Zahlungsanw ei­

sung a u f neue E inkäufe dient und daher lediglich durch das V ertrauen der K ä u fe r bedingt wird. N u r dann, wenn das heimische Geld aus irgendwelchen G ründen und zu irgendwelchen Zwecken in das A usland ü b erfü h rt und dort gegen A uslandsw erte v erk au ft w ird, spielt sein

„G oldkem “ im heimischen Z ahlungsverkehr eine Rolle.

U nd zw ar doppelt dann, wenn es rückfließend nicht zur A usfuhr von W are ins Ausland, sondern zum A nkauf ausländischer Zahlungsm ittel im Inlande und dam it zur V erengung des heimischen Einfuhrverm ögens führt. Das gilt, ganz gleich ob es sich nu n um den G üter- und Geld-, den K ap ital- oder A rbeitsaustauseh einer V olkswirtschaft handelt. E s ist und bleibt somit f ü r die a u f den Schutz und die Pflege der eigenen W ährung bedachte heimische W irtschaftspolitik stets von entscheidender Bedeutung, f ü r den Ausgleich der nationalen Zahlungsbilanz geeig­

nete neue W ege und Form en zu finden, ohne dadurch die Gesundung und F ö rd eru n g der eigenen W irtsch a ft als Ganzes zu hemmen.

Um so bedeutsam er aber w ird ein solcher harmonisch ge­

fü h rte r und gesund entwickelter Ausgleich der nationalen Zahlungsbilanz, wenn es wie in der deutschen W irtsch a ft d a ra u f ankommt, trotz der K apitalverluste im In n e rn und tro tz der K apitalverschuldung nach außen aberm als au f dem W ege einer vernünftigen K reditverteilung und be­

grenzten K reditausw eitung neue M ittel zu schaffen, um gegebenenfalls dam it die festgefahrene W irtsch a ft zu liquidieren und durch Intensivierung des Umschlags wie­

der das f ü r die Erw erbsbelebung und Arbeitsbeschaffung unbedingt notwendige K apitalvolum en zu sichern4). Denn ström t das so zur W iederingangsetzung der W irtschaft gleichsam als Wechsel au f die Z u k u n ft geschaffene Geld nach dem Auslande ab, ohne einen produktiven Gegen­

w ert durch zusätzliche A usfuhr zu schaffen, so bricht mit der W ährung auch der E rfo lg dieser „geldschöpfenden“

N otm aßnahm e zusammen. U nd zw ar auch dann, wenn G eldschöpfung und K reditausw eitung an sich, w orauf noch sp äter zurückzukommen sein wird, in w irtschaftlich gesunder W eise erfolgt ist. A uch von diesem Standpunkt aus gehört also der harm onische Ausgleich in der natio­

nalen Zahlungsbilanz zu den w ichtigsten A ufgaben einer jeden W irtschaftspolitik.

3 . Aufstieg zur nationalen W irtschaftskultur Aus den vorstehenden A usführungen geht nun aber fol­

gendes m it voller K larh e it hervor: D i e F r a g e

„ A u t a r k i e o d e r F r e i h a n d e l “ k a n n n i e ­ m a l s , w i e d i e s i n d e n m e i s t e n A u s ­ e i n a n d e r s e t z u n g e n b i s h e r g e s c h i e h t , a l l e i n i m B l i c k f e l d d e s r e i n e n G ü t e r v e r ­ k e h r s e i n e s V o l k e s , s o n d e r n s t e t s n u r i m R a h m e n d e s g e s a m t e n W i r t s c h a f t s p r o - b l e m e s e r ö r t e r t w e r d e n , zu dem gerade heute neben dem A ustausch der G üter auch der H andel mit K ap ital, Geld und A rbeit notw endigerw eise gehört.

Die ganze bisherige E ntw icklung und ihre imm er deut­

licher w erdenden Folgeerscheinungen a u f die Daseins-

i ) „ A r b e it“ , T e c h n . u . W ir tsc h ., H e f t 5 (M a i) 1 9 3 2 .

122

(3)

Grundlagen eines jeden Volkes machen die Rückkehr zur schrankenlosen F reiheit des H andelns, und zw ar des H a n ­ delns in allen zur „W are“ gewordenen W irtschaftsfakto­

ren f ü r die Z ukunft schon aus Gründen der Selbsterhal­

tung zu einem D ing der Unmöglichkeit. Einen derartigen Freihandelsgedanken auch n u r im geringsten zu p ro p a ­ gieren, heißt sich der klaren, notwendigerweise aus der ganzen gegenwärtigen Lage zu ziehenden Schlußfolgerung verschließen und dam it den W eg zum W iederaufstieg von sich aus verbauen. K eine au f die Sicherung von Dasein und Lebensgeltung eines Volkes bedachte Regierung, keine die G esundung und den W iederaufbau erstrebende W irt­

schaftsführung w ird sich also in der Z ukunft freiwillig a u f die D auer dem Treiben einer schrankenlosen H an ­ delsfreiheit zu verschreiben vermögen. U nd zwar g ilt das, ganz gleich ob nun der E xpansionsdrang der W irtschaft selber zu den eingangs geschilderten Einseitigkeiten und Übersteigerungen, oder ob die S taatspolitik durch ein­

seitige und übersteigerte Schranken, Eingriffe und Lasten von sich aus zu einer A bdrängung des H andels im Sinne einer immer w eiter gesteigerten Loslösung vom eigent­

lichen G üterprozeß, d. h. also zu einem n u r einseitigen

„F reihandel“ , z. B. au f den K apital- oder Geldmärkten fü h rt. Denn au f das eine kann nicht o ft genug hingewie­

sen w erden: die fiskalisch überspitzte und kapitalfeind­

liche P olitik der letzten Jahrzehnte h at die eingangs er­

wähnte, schon in sich übersteigerte Entw icklung der W irtsch aft noch in ganz besonders ungesunde Bahnen ge­

lenkt.

Aber es hieße nun von einem E xtrem in das andere fallen, wollte man sta tt der schrankenlosen F reiheit des H a n ­ dels und der dam it verbundenen A ufblähung und Zer­

setzung aller W erte nun die A u t a r k i e zum Ziele er­

heben, so sehr die Richtung der Z ukunft aus den eingangs geschilderten Gründen zunächst dorthin zeigt. Denn in keinem Lande der W elt lä ß t sich praktisch au f die Dauer heute der völlige Abschluß vollziehen; ganz abgesehen da­

von, daß er im Sinne der Selbsterhaltung und Selbstent­

wicklung des gesamten Volkes, das ja auch seinerseits unm ittelbar oder m ittelbar vom W eltm ärkte lebt, auch gar nicht notwendig ist.

Es verbleibt somit als K ernpunkt eines jeden zukünftigen W irtschaftsprogram m es, zwischen den Extrem en von F re i­

handel und A utarkie die doppelte Aufgabe zu lösen:

a) im internationalen Liefer- und Zahlungsverkehr s ä m t l i c h e r W irtschaftsfaktoren den harmonisch ge­

führten Ausgleich der nationalen Liefer- und Zahlungs­

bilanz zu suchen,

b) die Gesundung und E rstarkung des heimischen W irt- sehaftsvermögens durch die Schaffung und Sicherung neuer, m it dem eigentlichen G üterprozeß (Erzeugung —- V erteilung —- V erbrauch) wieder mehr unm ittelbar und harmonisch verbundener Erwerbs- und Existenzmöglich­

keiten breitester K reise zu betreiben4).

Beide Aufgaben aber sind n u r dann zu erfüllen, wenn es gelingt, den Ausgleich der nationalen W irtschaftsbilanz5) gegenüber dem Ausland und die Entw icklung des heimi-

5) E s w ird v ie lfa ch u n te r dem E in d ru ck d er E x p o rtü b e rsch ü sse der letzten J a h re ü b erseh en , d aß u n ser e H a n d elsb ila n z im rein en W a re n ­ ver k eh r von 1 9 2 4 bis 1 9 3 2 ein e n E in fu h r ü b e rsc h u ß von m ehr als 5 M rd. R M a u sw eist. D ie Z a h lu n g sb ila n z w ird d em g eg en ü b er sta rk von den R en a ra tio n en u n d d er zu n eh m en den A u sla n d sv e rsch u ld u n g beeinfluß t. E s is t also erfo rd erlich , au ch d ie n a tio n a le L ie fer- u nd Z a h lu n g sb ila n z im S in n e ein er n a tio n a len V erm ö g en s- u n d E r fo lg s­

re c h n u n g d er d v n a m isc h en W ir tsc h a ftsb ila n z (w ie in der einzeln en B e tr ie b s w ir tsc h a ft) zu v erv o llstä n d ig en (v g l. „ N eu e A u fg a b en fü r T echn ik u n d W ir tsc h a ft“ , T echn . u. W irtsch . H e ft 1, J a n u a r 1 9 3 2 ) .

sehen W irtschaftsverm ögens im Inlan d wechselseitig in E inklang zu bringen, d. h. also den A ufstieg zur natio­

nalen W irtschaftskultur im Sinne einer w ahren W irt­

schaft des Volkes zu finden.

а) D er A usgleich der nationalen W irtschaftsbilanz Zunächst wird es hier d ara u f ankommen, m it dem durch den G o l d s t a n d a r d bedingten internationalen W e rt­

maßstab der eigenen W ährung die heimische W irtschaft in möglichst optim aler Weise au f Im p o rt und E x p o rt ein­

zuschalten. H ierbei muß dam it gerechnet werden, daß wir in der Z ukunft au f dem W ege einer Devalvation der Reichsmark au f 80 Goldpfennige die F ehler einer S tabili­

sierung au f (weltw irtschaftlich gesehen) zu hohem W e rt­

stand wieder gut zu machen haben. Trotz unserer Aus­

landverschuldung und gerade wegen der Notwendigkeiten zur Arbeitsbeschaffung und K apitalneubildung über E x ­ p ort und Im port. Auch au f eine elastischere H an d ­ habung der W ährung muß sich die W irtsch a ft einstellen, die z. B. vielleicht dadurch erzielt werden wird, daß durch irgendwelche zusätzliche Lasten oder Zölle die Goldpunkte der W ährung au f einen größeren Spielraum des M ark­

kurses abgestellt werden. W ie wichtig eine derartige elastische H andhabung der W ertbildung gegebenenfalls f ü r die heimische W ährung und darüber hinaus f ü r die heimische W irtschaft zu sein vermag, zeigt m it voller Deutlichkeit das britische Experim ent, das die W ährung vom M aßstab zum M ittel der W irtschaft zu entwickeln bestrebt ist und nicht untersehätzt werden sollte.

Sodann wird der K a m p f u m d i e W e g e u n d F o r ­ m e n beginnen, mittels derer die harmonische Abstimmung der nationalen Liefer- und Zahlungsbilanz zu erfolgen vermag. Zwei S tandpunkte stehen sich hierbei schroff gegenüber:

«■) der Eingriff des Staates in den eigentlichen W irt­

schaftsprozeß, m ag er sich nun im Devisenclearing oder bis hinein in die planw irtschaftliehe D urchdringung und Leitung des Außenhandels von Staatswegen (A ußen­

handelsmonopol) äußern,

ß) die zielbewußte Einstellung des privaten Handels au f die Notwendigkeiten der heimischen W irtschaft, ganz gleich ob im Güter- und Geld-, oder im K ap ital- und Arbeitsverkehr, u n te r bew ußter H ilfe, wenn auch passiver F ü h ru n g des Staates.

D er erste W eg fü h rt mit Notwendigkeit zur B ürokrati­

sierung und Erschwerung der W irtschaft. W ill man dies nicht, so verbleibt — und das kann nicht deutlich genug einem jeden Unternehm er vor Augen g eführt werden — die Aufgabe, aus der W irtschaft selber heraus neue Wege und Form en im Sinne der Beachtung der oben erwähnten E rfordernisse der heimischen W irtschaftsbilanz zu finden.

Durch ein im A uslandverkehr zielbewußt zu entwickelndes

„ W a r e n c l e a r i n g “ oder ähnliche Form en ist, soweit wie irgend möglich, bereits bei dem einzelnen H andels­

geschäft die Inanspruchnahm e der eigenen W ährung in diesem oder jenem Sinne auszuschalten, oder wenigstens auszugleichen. Versuche hierzu sind bereits in mehreren Fällen von den verschiedensten Seiten aus unternom men6).

F ü r einen neuzeitig und wendig eingestellten Groß- und Überseehandel aber erwachsen hier ganz neue Aufgaben

б) A ls B e isp ie le sin d zu er w ä h n en : d ie ..In te r n a tio n a le W aren- fllea rin g -G .m .b .H .“ in B rem en (ä h n lich e G esellsch aften sin d au ch in Ham burg: u n d L ü b eck in s L eben g e r u fe n ) : das W a ren a u sta n sch - abkom m en zw isch en d er F ried r. K r u p p A .G .. E sse n u n d den d ä n i­

sch en V ieh ex p o rtv er b ä n d en : d ie Gründung: ein e s ..d eu tsc h -g riech isch e n A u sg le ic h sa m tes“ zur D u r c h fü h r u n g d es u n m ittelb a re n W a r e n a u s ­

ta u sc h e s ; u. a. m.

(4)

und Möglichkeiten. Bietet sich ihm doch hier vielleicht die letzte große Chance, wieder die alte Geltung im H a n ­ delsverkehr der W elt zu erringen.

b) Die G esundung des heim ischen W irtsch afts­

verm ögens

Es ist im Rahm en dieser Z eitschrift schon wiederholt d a r­

a u f hingewiesen worden, daß die G esundung des heimi­

schen W irtschaftsverm ögens sowohl von der S anierung der erk ran k ten U nternehm en als auch von der Schaffung neuer, sich w ieder m ehr unm ittelbar in E rzeugung und V erbrauch ausgleichender E rw erb stätten abhängt. Beide M aßnahm en aber sind in allererster Linie Problem e der K ap ital- und G eldw irtschaft.

Zwei W ege kommen f ü r die Lösung der kap ital- und geld- wirtsehaftlic-hen A ufgabe in F ra g e :

<*) die A ufnahm e neuer Auslandskredite,

ß) die interne G eldschöpfung durch bew ußte K re d ita u s­

w eitung im Rahm en der heimischen W ährung.

H ierbei sei nochmals ausdrücklich d a ra u f hingewiesen, daß K redit in jedem F alle vorweggenommene K apitalbildung bedeutet, weil er letzten Endes stets nicht n u r verzinst, sondern auch getilgt w erden . m uß. Jede K reditbean- spruehung und insbesondere jede K reditausw eitung m uß daher u n ter allen U m ständen von der M öglichkeit einer ausreichenden K ap italersatz- und K apitalneubildung, und zwar einer N e u b i l d u n g v o n E i g e n k a p i t a l be­

gleitet sein. Geschieht dies nicht, so ist bereits m it der K reditaufnahm e der Keim zur Selbstverzehrung und S elbstzerstörung gelegt.

D er A u s l a n d k r e d i t beansprucht in diesem Zusam ­ m enhang doppelt die heimische Zahlungsbilanz und dam it auch potenziert die heimische W ährung (Goldbasis und Zahlungsm ittelum lauf) einm al bei der A ufnahm e (stei­

g ern d ), das andere Mal bei der T ilgung und V erzinsung (schm älernd). E r sollte daher, wenn irgend möglich, n u r f ü r die D u rc hführung von A uslandsgeschäften im Ex- und Im p o rt (als Rem bours- und A kzeptkredit u n te r rück­

sichtsloser A usm erzung jedes Finanzwechsels) und nicht, wie in der V ergangenheit f ü r den A ufbau und Austausch der heimischen W irtsc h a ft in A nspruch genommen w er­

den. W ird das letztere aus irgendwelchen Gründen, sei es zur V erlängerung bereits aufgenom m ener Investitions­

kredite, sei es zur W iederingangsetzung der heimischen W irtsch a ft, erforderlich, so sollte in jedem F alle der K re ­ dit in G o l d oder, wie von Geheimrat S chm itz bereits 1929 in ähnlichem Sinne vorgesc-hlagen, in Goldanweisun­

gen der B IZ in Basel b e i d e r R e i c h s b a n k (ohne den Umweg über den M arkt) zu deponieren sein und von dieser a n den deutschen K reditnehm er in der heimischen W ährung, also in Reichsm ark, weitergegeben werden. A u f diese W eise w äre nicht n u r ohne wesentliche B ean­

spruchung der heimischen W ä h ru n g die A ufnahm e und T ilgung bzw. V erzinsung der Investitionskredite gesichert, sondern zugleich die M öglichkeit gegeben, den so p riv at- w irtschaftlich aufgenommenen A uslandskredit im Sinne einer gegebenenfalls v erstärkten Gewährung von Reichs­

m arkkrediten (infolge der n u r teilweisen N otendeckung in Gold usw.) u n te r B ürgschaft und A ufsicht der Reichs­

bank zu verw erten. Da alle derartigen Investitionskredite, ganz gleich welcher A rt, vom w irtschaftlichen S tandpunkt aus stets la n g fristig sein sollten, wenngleich sie es heute bekanntlich n u r zu häufig nicht sind, w ürde es dadurch

der Reichsbank ermöglicht, gerade die G ebahrung dieser so wichtigen K re d ita rt im Sinne einer G esundung und E r ­ starkung der heimischen W irtsc h a ft zu beeinflussen. H ie r­

bei sollten ganz besonders f ü r die A ufnahm e von Aus­

landkrediten infolge ih rer gleichzeitigen A usw irkung au f die heimische W ährung und den heimischen Zahlungsver­

kehr die R ichtlinien und Gesichtspunkte B eachtung finden, welche im N achfolgenden f ü r die Inanspruchnahm e von Inlandkrediten, ganz gleich welcher A rt, aufgefiihrt werden.

E in jed er I n 1 a n d k r e d i t , soweit er nicht n u r eine P rivatw irtschaft liehe K ap italv erlag eru n g und damit ein Problem volksw irtschaftlicher K apitalv erteilu n g bedeutet, lä u ft letzten Endes a u f „ G e l d s c h ö p f u n g “ durch M obilisierung von irgendwelchen R echtstiteln (Diskontie­

rung von Wechseln, Lom bardierung von W ertpapieren) hinaus. An sich ist hierbei, vom reinen Inlandstandpunkt betrachtet, eine jede G eldschöpfung (s. o.) dann w irt­

schaftlich berechtigt, wenn sie unm ittelbar (Diskontie­

rung von W arenwechseln) oder m ittelb ar (Lombardie­

rung von H ypothekaranleihen oder dergl.) der Erhaltung und Entw icklung eines gesunden und in Erzeugung, Ver­

teilung und V erbrauch harm onisch abgestim m ten Güter­

verkehres dient. D aß dies heute in nicht unerheblichem Ausm aß nicht m ehr der F all ist, m uß zw ar als Folge der K rise, aber auch als A usdruck der K risenbekäm pfung ge­

w ertet werden. An sich w ürde somit einer V erm ehrung der um laufenden Zahlungsm ittel a u f dem Wege der K re- ditausw eituug und Geldschöpfung dann nichts im W ege stehen, w enn es einerseits gelänge, den Ausgleich der nationalen Zahlungsbilanz gegenüber dem A usland zu sichern, anderseits aber gerade diese gesunde und harm o­

nische Abstim m ung zwischen E rzeugung, V erteilung und V erbrauch im heimischen G üterprozeß zu erzielen.

Bindet m an nun den heimischen Zahlungsm ittelum lauf und dam it den zu vergebenden Inlan d k red it in irgendeiner W eise an das jeweils der Reichsbank zur V erfügung stehende Gold, so nimm t mit N otw endigkeit ein jeder zur A ufreehterhaltung überspitzter, oder g a r ungesunder Ver­

hältnisse verw andte K re d it der führenden B ank die Mög­

lichkeit, a u f der ändern Seite gesunde U nternehm en neu mit K redit zu versorgen. E in D urchhalten d era rt er­

k ran k te r U nternehm en von der Geld- und K reditseite her ist also au f die D auer nicht zu vertreten.

Bindet m an aber die Geld- und K re d itp o litik nicht an das Gold — und ein Ausweichen in dieser R ichtung ist in den Reichsbankausweisen des letzten Ja h re s j a zweifels­

ohne bereits bis zu einem gewissen G rad zu erkennen — so w ird es zu r V oraussetzung einer jeden gesunden Geld- und K reditpolitik, ob und inwieweit es gelingt, f ü r die zweckmäßige und rationelle V ergebung des W irtschafts­

kredits eine einw andfreie B eurteilungsgrundlage im Sinne eines gesunden A ufbaues und eines harm onisch ab­

gestim m ten Ausgleichs in E rzeugung, V erteilung und Ver­

brauch zu finden. U nd zw ar f ü r die B eurteilung eines jeden einzelnen F alls im Rahm en des Gesamtzusammen­

hanges des Ganzen. H ie r aber b ietet die A nalyse der in dieser Z eitschrift schon m ehrfach erw ähnten A n s p a n ­ n u n g s z i f f e r ein wichtiges H ilfsm ittel, um den E in­

zelfall im Gesamtzusam menhange zu w erten.

G erade aber das Bild, wie sich heute diese A nspannungs­

ziffer im Q uerschnitt der deutschen W irtsc h a ft d arste llt7),

7) „ W ir tsc h a fts k u ltu r od er R a u b b a u ? “ T e c h n . u . W ir tsc h . H e f t 4 ( A p r il) 1 9 3 2 .

124

(5)

sollte der R e i c h s b a n k zu einer R ichtschnur fü r ihre K reditvergebung, der R e i c h s r e g i e r u n g aber zu einem klar umrissenen Ziel f ü r ihre W irtschaftspolitik zu werden vermögen. H ierbei werden beide bestrebt sein müssen, ziel- und verantw ortungsbew ußt vor allen Dingen von dem E rtra g e der A rbeit und dem E rfo lg des E rw er­

bes aus die Neubildung von selbständigem Eigenkapital au f breitester Grundlage und in weitesten K reisen des ge­

samten Volkes zu ermöglichen, dabei gleichzeitig aber, ebenso ziel- und verantw ortungsbew ußt, nach und nach

sowie individuell angepaßt den zunächst zweifelsohne noch übersteigerten K reditanspruch zu beseitigen. N ur so w ird es möglich sein, aus der K risenverstrickung von heute zu einem krisenfesteren A ufbau der W irtschaft zu kommen, sowie im Rahmen einer gesunden K reditbegren­

zung fü r den Einzelnen wie fü r die Gesamtheit die, wenn auch beschränkte F reiheit des H andelns zu wahren, ohne durch Ü berspitzung des Freihandelsgedankens m it der W ährung auch die Grundlagen der gesamten W irtschaft

zu gefährden. [1397]

Die Abhängigkeit Deutsch­

lands vom Weltmarkt

Von Dr. F. HAERECKE, Berlin

M it der Verschärfung der W eltw irtschaftskrise, der Zunahme der Arbeitslosigkeit, der Schrum pfung des A ußenhandels und der E rstarrung der Handels­

beziehungen der Länder untereinander mehren sich a u f der einen Seite die Stim m en fü r den Übergang zur A utarkie, anderseits aber auch die Z w eifel, ob dieser W eg der Einkapselung und Zurückziehung au f die Binnenwirtschaft richtig ist. Die folgenden A usführungen sind vornehmlich von der Tendenz getragen, einmal rein zahlenmäßig die wichtigsten Bindungen zusammenzustellen, die zwischen Deutsch­

land und den wichtigsten am internationalen Güter­

austausch beteiligten Ländern bestehen.

Die Zeit vor dem W eltkriege w ar die Zeit der Blüte des kapitalistischen W irtschaftsystem s. Sie w ar gekennzeich­

net durch einen in wenigen Jah ren erfolgten Aufschwung von Handel und Industrie, insbesondere des Außenhandels, ln allen Ländern w ar eine A ufw ärtsentw icklung zu ver­

zeichnen. Die Handelsbeziehungen der Völker unterein­

ander verdichteten sich, und es ging ein befruchtender K apitalaustausch vor sich. Unbehindert w ar auch die Freizügigkeit der Menschen. Die Produktion stieg überall gewaltig an. In Deutschland z. B. stieg die Steinkohlen­

erzeugung von 109,3 Mill. t im Ja h re 1900 au f 190,1 Mill. t im Jah re 1913. Die B raunkohlenproduktion wurde im gleichen Zeitabschnitt mehr als verdoppelt (40,5 Mill. t und 87,2 Mill. t). Die E in fu h r hob sich von 5760 Mill. M im Ja h re 1900 au f 10 770 Mill. M im Ja h re 1913 und die A usfuhr von 4611 Mill. M au f 10 097 Mill. M. Der Außenhandelsumsatz stieg von 184,4 M /K o p f au f 310,4 M von 1900 bis 1913. Die Bevölkerung nahm zu, z. B. in Deutschland von 56,4 Mill. im Jah re 1900 auf 64.9 Mill. im Jah re 1910. Der Raumgehalt der deutschen Handelsflotte wuchs von 2,9 Mill. BRT im Ja h re 1901 auf 4.9 Mill. BRT im Jah re 1913. Die Zahlen lassen sich be­

liebig vermehren, auch f ü r andere Länder.

Dieser Zustand wurde durch den K rieg unterbrochen.

Nach seiner Beendigung waren die Fäden vielfach zer­

rissen. Die Eigenversorgung hatte in den vordem noch nicht industrialisierten L ändern große F ortschritte ge­

macht. Allmählich entwickelte sich wieder ein intensiverer, wenn auch zum Teil anders gearteter W arenaustausch als in der Zeit vor dem Kriege. Nach vorübergehendem A uf­

schwung im Ja h re 1929 erfolgte eine neue und verhältnis­

m äßig schnelle W iederabwärtsbewegung, jene W eltw irt­

schaftskrise, die gegenwärtig zu einer Entwicklung geführt hat, die mit grö ß ter Sorge betrachtet werden muß, deren A usgang und W irkungen aber noch nicht abzusehen sind.

Die verschiedenen bekannten H ilfsm ittel, die zu ihrer Be-

hebung empfohlen worden sind, sind praktisch noch nicht zur D urchführung gelangt. M an hat sich über ihre A n­

wendung international noch nicht einmal recht geeinigt.

Indessen schreitet die Auflösung der W eltw irtschaft, die Entflechtung der w irtschaftlichen und finanziellen Bezie­

hungen der Länder untereinander fort. Am meisten und unm ittelbar davon betroffen wird die Ein- und A usfuhr.

Mit den verschiedensten M itteln wird versucht, den A ußen­

handel aufrecht zu erhalten, von den A ußenständen zu retten, was zu retten ist, und die eingefrorenen Forderungen in irgend einer Weise verfügbar zu machen. M an hat in einigen Ländern D e v i s e n c l e a r i n g s t e l l e n einge­

richtet (Frankreich, Ungarn, Schweiz, Österreich, Deutsch­

land), um die gegenseitige Abrechnung aus dem früheren oder aus einem neueren W arenverkehr zu ermöglichen.

Man hat auch vereinzelt K o m p e n s a t i o n s g e ­ s c h ä f t e (z. B. brasilianischen Kaffee gegen deutsche Kohle; ferner der neue Bremer Plan) gemacht. Neuer- dings w ird dieses S y s t e m d e s r e i n e n W a r e n ­ a u s t a u s c h s (W arenclearing, troc, harter) auch von England propagiert, wo sich die Gesamtvereinigung der britischen Handelskammern damit befaßt, und w ofür sieh insbesondere die Handelskam m er M anchester ausge­

sprochen hat. England will au f diese Weise die großen P fundbeträge, die englischen Exporteuren geschuldet wer­

den, durch entsprechende Verrechnung au f E infuhren sichern.

Ob es sich hier um vereinzelte Notauswege oder um Über­

gangsmaßnahmen handelt, die von selbst wieder fortfallen, wenn eine allgemeine Belebung des internationalen W aren­

verkehrs eintritt, und ob diese bald erfolgen wird, oder ob es sich vielmehr um eine weitere mehr zwangläufige Entwicklung handelt, die noch zu immer prim itiveren Form en und zu w eiterer Einengung, ja zu völligen M ora­

torien führt, zu denen einzelne Länder bereits gegriffen haben, läßt sich heute noch nicht absehen. A uf alle Fälle w ird man aber wünschen müssen, daß die Entwicklung in dieser Richtung nicht weitergeht, denn sie fü h rt zu einer Verarm ung der W elt ohnegleichen und zu einer E rschütte­

rung des privatkapitalistischen W irtschaftssystem s über­

haupt. Welches die verschiedenen U r s a c h e n dieser ver­

hängnisvollen Entwicklung sind, ist häufig genug u nter­

sucht worden, so daß an dieser Stelle hierauf nicht näher eingegangen zu werden braucht. Das Ziel, das nach all­

gemeiner Übereinstimmung wieder erreicht werden .muß, ist ein l i b e r a l e r W a r e n v e r k e h r , wie er in der Zeit vor dem K riege die Länder der W elt zur Blüte ge­

bracht hat.

Gegenüber der verhängnisvollen Entwicklung in den letzten Ja h re n ist es angezeigt, festzustellen, ob und wie weit Deutschland vom W eltm arkt abhängig ist, da vielfach seine Lösung vom W eltm arkt als weitgehend möglich oder

125

(6)

c-rwünseht bezeichnet und demgemäß nahezu A u t a r k i e oder doch eine autarkieähnliche H andhabung seiner W irt­

schafts- und A ußenhandelspolitik gefordert wird. Die A bhängigkeit Deutschlands vom W eltm arkt braucht nicht erst bewiesen zu werden. Sie ist bekannt und zwangläufig;

dies g ilt sowohl f ü r die E in fu h r als auch fü r die A usfuhr, aber auch in m ancher ändern Beziehung.

Die Einfuhr

U ntersucht m an zunächst die E i n f u h r , so zeigt sich folgende statistische Entw icklung:

1926 ... 10 002 Mill. RM 1927 ... 14 228 „ 1928 ... 14 051 „ 1929 ... 13 446 „ 1930 ... 10 393 „ 1931 ... 6727 „ „ W ie sich hieraus ergibt, ist die E in fu h r, besonders im letzten Ja h r, ganz erheblich abgesunken, und zwar erk lä rt sieh die V erm inderung aus dem allgemeinen Rückgang der W eltm arktpreise, mehr aber noch aus Gründen einer forcierten und notwendigen A ktivierung der H andelsbilanz;

nicht daß D eutschland ausländische Erzeugnisse nicht ein­

führen w i l l , sondern weil es sie nicht m ehr in früherem A usm aß einführen k a n n . Die V erringerung der E in ­ fu h r erfolgt zwangläufig u n ter dem D ruck der Zahlungs­

verpflichtungen, die Deutschland n u r im W ege des A usfuhrüberschusses erfüllen kann, und u nter dem selbst­

verständlichen Gesichtspunkt des Schutzes der W ährung.

Im V o rd e rg ru n d : R ohstoffe

I n der deutschen E in fu h r stehen an erster Stelle Roh­

stoffe und H albw aren, an zweiter Stelle Lebensmittel und Getränke. Die E in fu h r betrug f ü r Rohstoffe und H a lb ­ fertigw aren

1928 7244 Mill. RM

1929 7205 „ „

1930 ... 5508 „

1931 3478 „ „

F ü r Lebensm ittel und G etränke belief sie sich in den gleichen Ja h re n au f

1928 ... 4203 Mill. RM 1929 ... 3817 „ „ 1930 ... 2969 „ 1931 ... 1970 „

Die E in fu h r an industriellen F ertigw aren ist demgegen­

über wesentlich geringer.

Die H au p tein fu h rp o sten bei Rohstoffen und H albw aren entfallen a u f Textilrohstoffe, Ö lfrüchte und Ölsaaten, un­

edle Metalle, Erze, H arze, K autschuk, pflanzliche Öle und F ette, Gerste, Mais, Kleie, H a fe r u. ä. Die E in fu h r von Rohstoffen, H albw aren, Lebensm itteln und G etränken ist allmählich, aber immer stärker, abgesunken, weil einerseits die E igenversorgung bei gewissen Erzeugnissen zugenom­

men h at (künstlicher Stickstoff, Aluminium, K unstseide, Benzin, W eizen), und anderseits weil der V erbrauch zu­

rückgegangen ist, hauptsächlich infolge Schrum pfung der K a u fk ra ft.

D er B e d arf der Eisen- und M etallhütten konnte vor dem K riege weitgehend aus der eigenen deutschen E rzeugung gedeckt werden. Durch G ebietsabtretungen ist dies anders geworden. G egenwärtig beträgt der A nteil der ausländi­

schen E rze über die H ä lfte bis nahezu 3/ i des deutschen Eisenerzverbrauchs. Die H au p tliefere r sind Schweden, Spanien, F rankreich, A lgerien und N eufundland. Auch

Zinn, K u p fe r und Blei müssen in großem U m fange aus dem A usland eingeführt werden.

Die Textilindustrie verwendet nahezu ausschließlich aus­

ländische Rohstoffe. Ohne Wolle und Baumwolle, die aus­

schließlich aus dem Ausland eingeführt w erden müssen, ist die deutsche T extilindustrie nicht denkbar. Auch G am m uß in erheblichen M engen zwecks W eiterverarbeitung ein­

gefü h rt werden. Diese A bhängigkeit der deutschen Textil- und B ekleidungsindustrie von der E in fu h r frem der Roh­

stoffe w ird allerdings durch die bedeutende W iederausfuhr von fertigen Geweben, K leidung und sonstigen Textilwaren gem ildert. Ähnlich liegen die V erhältnisse bei K autschuk, Tabak, Metallen, chemischen Rohstoffen, Ö lfrüchten und Ölsaaten, H äuten, Fellen, Erzen, da deren E in fu h r in be­

deutendem LTmfange eben dadurch bedingt ist, daß Deutsch­

land ein Veredlungs- und A usfuhrland ist, das die einge­

fü h rte n Rohstoffe und H alb fa b rik a te nach Bearbeitung w ieder ausführt.

Nach einer Berechnung des In stitu ts f ü r K o n ju n k tu rfo r­

schung w ird der R ohertrag der landw irtschaftlichen P ro­

duktion Deutschlands in den letzten Ja h re n a u f etwa 12 bis 13 Mrd. RM geschätzt. Dennoch reichen diese gewal­

tigen E rträ g e nicht aus, um den B ed arf an landw irtschaft­

lichen Erzeugnissen in Deutschland zu decken. Bedeutende Mengen müssen noch zusätzlich aus dem Ausland ein- g efü h rt werden, vor allem W aren, die in Deutschland üb erhaupt nicht erzeugt werden, wie Kolonialwaren (Kaffee, Tee, K akao, Reis, Gewürze) und S üdfrüchte;

aber auch M ilchprodukte (B utter, K äse) und Fleisch müssen in erheblichem U m fange aus dem Auslande be­

zogen werden, fern er Schmalz, Öle, Eier, Fische u. a.

Die Ausfuhr

In der A u s f u h r spielen die H au p tro lle die industriellen F ertigw aren. Sie stellen den w eitaus größten Teil der G esam tausfuhr dar. Diese betrug

1926 10 414 Mill. RM

1927 ... 10 801 „ 1928 ... 12 029 „ 1929 ... 13 483 ,, 1930 ... 12 036 „ 1931 ... 9 599 „

Die deutsche A u sfu h r w eist eine außerordentliche Streuung a u f und ist nicht etwa n u r a u f eine geringe Anzahl von E m pfangsländern beschränkt. R und 25 A bsatzländer nehmen jährlich je fü r über 100 Mill. RM deutscher Aus­

fu h rg ü te r auf. Von der deutschen A u sfu h r gehen etwa 75 % nach europäischen L ändern und 15 % nach Amerika.

U nter den A bsatzländern D eutschlands stehen G roß­

britannien und H olland an erster Stelle. E in nicht uner­

heblicher Teil der nach diesen L ändern ausgeführten W aren w ird nach überseeischen L ändern w eiterversandt. Diese L änder sind aber gleichzeitig auch in starkem M aße unsere Lieferer. W eitaus an der S pitze stehen die V ereinigten S taaten, die wie G roßbritannien und die N iederlande unsere grö ß ten K unden und unsere g rö ß ten V ersorger sind.

Im V o rd e rg ru n d : F e rtig w a re n

D er weitaus grö ß te Teil der A u sfu h r en tfä llt a u f F e rtig ­ w aren. Sie betrug

1928 8702 Mill. RM

1929 ... 9833 „ 1930 ... 9038 „ 1931 ... 7380

12 6

(7)

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An erster Stelle stehen hier die Erzeugnisse der Eisen erzeugenden und Eisen verarbeitenden Industrie. Die deutsche Eisenindustrie, die, wie frü h e r angegeben, zwar ihre Rohstoffe zu einem erheblichen Teil aus dem Ausland beziehen muß, findet Absatz fü r ihre P roduktion in hohem Maße au f ausländischen M ärkten. H auptabnehm er sind die Niederlande, England, A rgentinien und Britisch-Indien.

Vor dem K riege gingen mehr als 25 % der P roduktion an Halbzeug, Röhren, Stabzeug und Blechen ins Ausland.

Nach dem K riege hat sich dieses V erhältnis verschlechtert.

Die A usfuhr an W aren aus Eisen insgesamt (Röhren, Stab- und Formeisen, Blech und D raht, W erkzeuge, son­

stige Eisen waren) betrug

1928 1630 Mill. RM

1929 ... 1946 „ 1930 ... 1735 „ „ 193 1 ... 1419 „ „ Der nächstwichtige Posten entfällt au f Textilwaren. H ier betrug die A usfuhr im Jah re

1928 ...' . . . 1609 Mill. RM 1929 ... 1699 „ 1930 ... 1476 „ „ 193 1 ... 1219 „

Andere wichtige A usfuhrposten sind schwefelsaures Kali, Chlorkalium und sonstige chemische und pharmazeutische Erzeugnisse mit

1928 ... 561 Mill. RM 1929 ... 619 „ „ 1930 ... 554 „ 1931 ... 479 „ „ ferner elektrotechnische Erzeugnisse. H ier betrug der W ert in den Jah ren 1928/31: 398, 482, 466 und 400 Mill. RM. Bei P a p ie r und P apierw aren betrug die A usfuhr 366, 418, 370 und 325 Mill. RM. Farben, Firnisse und Lacke wurden ausgeführt fü r 347, 338, 313 und 276 Mill. RM. W eiterhin sind erwähnenswert Pelze und Pelzwaren, ein typisches Veredlungsprodukt, mit 305, 299, 233 und 174 Mill. RM. Genannt sei auch die A usfuhr von Kinderspielzeug m it 123, 121, 106 und 82 Mill. RM. Von großer Bedeutung ist auch die A usfuhr von W aren aus K upfer, Maschinen, M usikinstrumenten, Erzeugnissen der Feinmechanik u. ä.

A udi an Rohstoffen und halbfertigen W aren ist die deut­

sche A usfuhr bedeutend und au f den W eltm arkt ange­

wiesen. Sie betrug insgesamt

1928 2704 Mill. RM

1929 2926 „

1930 2450 „

193 1 ... 1813 „

Die wichtigsten Posten entfallen hier au f Kohle und Koks, Kalisalze und schwefelsaures Ammoniak, aber auch Roh­

eisen, Halbzeug, chemische Rohstoffe, Holzschliff und Zell­

stoff spielen eine wichtige Rolle.

Die Steinkohlenausfuhr betrug

1928 ... 472 Mill. RM 1929 ... 531 „ 1930 ... 504 „ 193 1 ...410

Die K oksausfuhr bezifferte sich in den gleichen Jahren au f 224, 270, 201 und 142 Mill. RM. Bei schwefelsaurem Ammoniak lauten die Ziffern 162, 134, 87 und 74 Mill. RM.

Bei Holzschliff und Zellstoff betragen sie 65, 73, 76 und 60 Mill. RM.

Zusammenfassung

Diese kurze Übersicht, die keineswegs Anspruch au f Voll­

ständigkeit erheben kann, zeigt die überaus enge V er­

flechtung Deutschlands mit den übrigen Ländern in Ein- und A usfuhr. Im Durchschnitt und im „N orm al“ ja h r wird etwa 20 % der deutschen Gesamtproduktion nach dem Auslande a ü sg efiih rt1).

Eine starke deutsche A usfuhr ist fü r Deutschland eine Lebensnotwendigkeit, nicht nur um die E infuhren zu be­

zahlen, die unumgänglich sind, sondern auch, wie weiter oben dargelegt, um im W ege einer möglichst aktiven Handelsbilanz die Zahlungsverbindlichkeiten erfüllen zu können, die Deutschland gegenüber dem A uslande — auch ohne Reparationsleistungen — hat. D er Ausweitung dieser A usfuhr stehen aber Hindernisse entgegen, denn in allen S taaten wird in zunehmendem Maße A usfuhrförde­

rung getrieben und die E infuhr, besonders in letzter Zeit, beschränkt. Dies ist bekanntlich nicht n u r dadurch ge­

schehen, daß vertragsm äßige oder selbst autonome K on­

tingente festgesetzt werden, sondern daß einige Länder selbst dazu gegriffen haben, bestehende H andelsverträge zu kündigen. Der adm inistrative Protektionism us, in seinen verschiedenen Erscheinungsformen, ist durch einen starken, reinen und verschärften Protektionism us ersetzt worden.

Es soll hier an dieser Stelle nicht untersucht werden, ob und wie weit deutsche E infuhren ersp art werden können, oder welehe Maßnahmen zum Zweck der S tärkung der heimischen Gütererzeugung und damit zum E rsatz gewisser E infuhren zweckmäßig oder erforderlich s in d 2). Die Darlegungen sollen sich vielmehr au f die Feststellung be­

schränken, daß Deutschland in weitem Ausmaß mit dem W eltm arkt verflochten und damit von ihm abhängig ist.

Diese Abhängigkeit besteht und kann nur in gewissen Grenzen und unter ganz bestimmten Voraussetzungen au f dem einen oder ändern Gebiet gem indert werden. Diese Abhängigkeit ist nicht etwas schlechthin Nachteiliges, denn sie beruht au f einer Verflechtung der Interessen. Der Lieferer, aus dessen Land Deutschland W aren bezieht, hat ein Interesse an einem kaufkräftigen Deutschland, au f das er als einen zuverlässigen und großen Kunden dauernd rechnen kann. Die Größe der E infuhr wird allerdings nach der Entwicklung der letzten Zeit davon abhängen, ob und in welchem M aße Deutschland seine A usfuhr au f­

recht erhalten k an n ; denn sie allein schafft die Möglich­

keiten zur Bezahlung der E in fu h r und zur E rfü llu n g der sonstigen Zahlungsverbindlichkeiten. Normale V erhält­

nisse, die den Außenhandelsinteressen aller beteiligten Völker Rechnung tragen, werden sich allerdings erst dann wieder einstellen, wenn die außerw irtschaftlichen Störungs­

ursachen beseitigt werden. H ierüber scheint die E rkennt­

nis allmählich re if geworden zu sein. [1386]

1) F ü r 1 9 2 5 w ird sie fü r d ie in d u strielle R ein p ro d u k tio n a u f 25 %, fü r die la n d w irtsch a ftlic h e R ein p ro d u k tio n a u f 4 % b eziffert: K a r l L a n g e, A g ra rw irtsch a ft, I n d u strie w ir tsc h a ft, W a ren m ä rk te. W eltw irt­

sch a ftlich es A rch iv H e ft 1, 1 9 2 9 .

2) Y g l. h ierzu S ch riften des D eu tsc h e n In d u strie- u n d H a n d elsta g s:

„Z ur F r a g e der E in fu h r e r s p a r n is “ von D r . E r n s t H ic k m a n n , m it einem G eleitw ort von R eic h sm in ister a. D . D r. H a m m . C arl H e y m a n n s V erla g , B e r lin 1 9 3 2 .

(8)

Britische Schutzzoll- und Industriepolitik

Eine Betrachtung

zur letzten britischen Industriemesse Von Dipl.-Ing. Dr. ALO IS ROBERT BÖHM, Dessau

„W as nützte es, daß es alle Fabrikate, die der Mensch brauchen kann, billiger als alle Länder her- steilen k o n n te f Sie lagen da unverkäuflichj der Friede hatte den großen A u fträ g e n während der K riegszeit ein E nde gemacht. Trotz aller Verbesse­

rungen des Binnenverkehrs und der Seeschiffahrt konnte das A usland Englands billige Fabrikate nicht kaufen. Es war in den zwanzig vorausgegan­

genen K riegsjahren verarm t, hatte nichts, was es als Gegenwert geben konnte, als Getreide, und die­

sem waren infolge der K orngesetze von 1815 die britischen H ä fen verschlossen; im Inland aber war die Masse fü r die P rodukte, die sie selbst her­

gestellt hatte, nicht zahlungsfähig, da trotz deren B illigkeit ihre Löhne nicht dazu ausreichten, und hunderttausende Arbeitslose überhaupt keine Löhne erhielten und von entwürdigendster A rm enunter­

stützung lebten. Die britischen Firm en brachen zu H underten zusam men, und die Zahl der A rbeits­

losen, welche die A uflö su n g der A rm ee m it sich gebracht hatte, wurde dadurch noch verm ehrt.“

(A u s L. B ren ta n o : E in e Geschichte d er W irtschaftsentm icklung E n g la n d s.)

W ürde m an in diesen Sätzen, die dem letzten großen W erke B r e n t a n o s entnommen sind, die Jahreszahl und das W ort „K ornzölle“ weglassen, so hätte diese, fü r die Zeit vor hundert Ja h re n geltende Schilderung, im großen und ganzen auch f ü r die Gegenwart Geltung. Noch sind keine hundert Ja h re verflossen, seit E ngland durch radikale A bkehr von sehutzzöllnerisehen M aßnahm en den W eg zu w irtschaftlicher G esundung und zu ungeahntem A ufstieg des britischen M utterlandes gefunden hat, und schon sind alle Lehren aus dieser Zeit wieder vergessen, und das kleine H äufchen überzeugter F reihändler muß sich mit einem Veto begnügen, über das zur Tagesordnung übergegangen wird, wenn es sich darum handelt, die b riti­

schen Zollm auern höher zu türmen.

A b b . 1. B eisp iel de r e n g lis ch e n In d u s trie ­ w e rb u n g :

V o r d e r s e ite e ines d e u t­

sch en P ro s p e k tb la tte s d e r S ta d t B olton

Die Arbeit, deren sie bedür­

fen, können wir ausführen

D ie K u n s t v o n G e n e r a t i o n e n i s t i n u n s e r e n F i n g e r n

v o n d e r G e b u r t .

B ringen sie ih re F abrik nach d em gesch äftigen B olton

D e m b e s t e n G e s c h ä f t s - C e n t r u m G r o s s B r i t a n n i e n s

p p p

Als vor acht Ja h re n au f der britischen Im perium sausstel­

lung in W embley die „N orth W estern F ree-T rade U nion“

in überzeugenden D arstellungen die allgemeinen w elt­

w irtschaftlichen V orteile eines Freihandelsystem s in unse­

re r durch die Entw icklung der V erkehrstechnik so klein gewordenen W elt hervorhob und an treffenden Beispielen d artu n konnte, welche belebenden Ausw irkungen der F re i­

handel a u f die britische W irtschaftsentw icklung hatte, da hätte kaum jem and glauben können, daß noch nicht drei Ja h re sp äter durch die E in fü h ru n g der Mac K enna-Zölle die britische W irtsch a ft mit der großen Tradition brechend, dem Geiste Cobdens und Robert Peels untreu werdend, den ersten großen S ch ritt zu einer Zollpolitik tu n würde, den man als die erste E ta p p e eines ausgespro­

chenen Schutzzoll-Systems bewerten m ußte. Bedeuteten diese Mac Kenna-ZöWe einen A nfang, der in gewissen K reisen den W unsch nach immer weiteren und höheren Zöllen n u r noch steigerte, so konnte in der gegenwärtigen Periode mit der F o rderung nach A utarkie der Ring ge­

schlossen und die Zollm auer vollendet werden, hinter der dann die G rundlagen fü r ein autarkes britisches Weltreich entstehen sollen.

Die britische Industriewerbung

Und so ist es auch ganz natürlich, daß sieh G roßbritan­

nien nicht n u r au f eine passive W irtschaftspolitik be­

schränkt, indem es neue Zölle einführt und alte erhöht, sondern zu sehr aktiven M aßnahm en übergeht, die in ihrer w eltw irtschaftlichen A usw irkung eines Tages vielleicht noch ernstere Folgen zeitigen werden als diese neuen Zoll­

gesetze. Mit der A bw ertung des P fundes begann es, und mit einer Industriew erbung, wie sie in der Geschichte des K apitalism us bisher noch nicht vorgekommen ist, wurde sie fortgesetzt. In den Tages- und Faehzeitungen Deutsch­

lands, Frankreichs, der Schweiz, Österreichs und der Tschechoslowakei boten englische Städte, Verkehrs- und H afengesellschaften Industriegelände und leerstehende F abriken an, und neben den steuerlichen V ergünstigungen, die neuen Industrien in Aussicht gestellt w urden, konnte in diesen Anzeigen a u f die niedrigen Kohlen-, Gas- und S trom preise hingewiesen werden, die durch die P fu n d e n t­

w ertung weit u nter das europäische D urchschnittsniveau gesenkt worden waren. D ank dieser W ährungsm aßnahm e hatten auch die englischen Löhne vorübergehend einen Stand, der an die niedrigsten kontinentalen Sätze heran­

reichte. W enn inzwischen durch die K urssteigerung jle s P fundes das V erhältnis dieser Gestehungskostenfaktoren zu denen der übrigen europäischen L änder f ü r diese auch wieder etwas günstiger geworden ist, so sind neben dem Zollschutz doch diese Elem ente ein sta rk e r Anreiz zur Übersiedlung oder zur N eugründung von In d u strien im britischen Zollbereich.

Im V orm onat konnte der P rä sid en t des britischen H an ­ delsamtes in E rw iderung a u f eine A nfrage erklären, daß in den letzten M onaten m ehr als vierzig ausländische In ­ dustriegründungen in G roßbritannien zu verzeichnen waren, die in der H auptsache hochwertige Textilien, W irk ­ waren, K leider, R adiogerät, Glas, elektrische K lein ap p a­

rate und T oiletteartikel erzeugen werden. Dieser Zu­

wachs an Industrieunternehm en ist in einer Zeit, in der die Ind u strien der ganzen W elt bei weitem nicht zur H älfte ih rer K a p a z itä t ausgenutzt sind, abnorm al und ungesund. E r ist lediglich a u f die intensive P ropaganda zurückzuführen, die besonders a u f der letzten britischen Industriem esse f ü r die Z uw anderung von In d u strien ge­

trieben wurde.

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(9)

H O W , W H E N A N D W H E R E T O M A K E M O N E Y ! ! !

H o w - By t he int el li gent use of L a b o u r . W h e n - N O W .

W h e r e - A t B I L S T O N w h e r e sui t abl e L a n d a n d L a b o u r a r e a v a i l a b l e .

18 1637. 2 0 . 1 & S 7 16. 1 3 7 3 . I B . 78<ff. 2 0 . 19//. 1 6 1<327. I B 1 ^ 5 .

(1) Y ears w hen Panics h a v e and will occur again. Their regular C ycles are 1 6, i8. and 20 years, and repeat 1 6, 1 8, and 2 0.

(2) Y ears of Good T im es, H igh Prices, and th e tim e to sell Stocks and V alues of all kinds. T heir C ycles are 8, 9, and 1 0 years and repeat 8, 9, and 1 0.

(3) Y ears of H ard T im es. Low Prices, and a good tim e to bu y H ouses and S tocks, G oods, e tc ., and to hold un til th e Boom reaches th e years of Good T im es, then unload. Their C ycles are 9, 7, and 1 1 years, and repeat 9, 7, and 1 1.

[_RjT39iZz] Thjs Chart is know n to h a v e been in e x iste n c e for six ty years, and probably d a te s further back th a n th a t.

A bb. 2. B eispiel d e r englisch en In d u s trie w e rb u n g :

In n enseite e ines e nglisch en P r o s p e k tb la tte s d e r S ta d t B ilston (D ars tellun g d e r K onjunkturph asen des le tzte n Jah rh und erts)

Besonders die Städte Bilston, Birmingham, Bolton, Bristol, Bromwieh, Oldham, Rotherham und W alsall hatten auf ihren W erbeständen au f der technischen Messe in Brom­

wich Castel alles M aterial zusammengetragen, das fü r die Beurteilung eines Industriegriindungsplnnes von Bedeu­

tung sein kann (Vergl. auch Abb. 1 und 2). Die hier ge­

zeigten und genannten D aten dürfen durchaus nicht als P'ropagandawerte beurteilt werden, die dann in W irklich­

keit viel höher liegen, denn sowohl Städte als auch Gas- und Strom liefergesellschaften wären gerne bereit gewesen, sofort an O rt und Stelle möglichst große V erträge zu den von ihnen genannten Sätzen abzuschließen. Es gestatten daher diese Angaben auch einen sehr interessanten E in­

blick in die englischen Gestehungskosten, und da sie im allgemeinen an den einzelnen Plätzen n u r unbedeutend voneinander abweichen, so seien nachstehend die Durch­

schnittswerte u nter fallweisem Hinweis au f besondere Differenzen gegeben. Mit Rücksicht darauf, daß die eng­

lische W ährung noch immer Schwankungen unterw orfen ist, erscheint es auch richtiger, diese Angaben in eng­

lischer W ährung zu machen.

Die G r u n d p r e i s e fü r geeignetes Fabrikgelände mit B ahn und Hafenanschlüssen schwanken je nach O rt und Lage zwischen 100 und 500 £ p e r acre.

An G r u n d s t e u e r n wird bei Fabrikgeländen nur 25% des Schätzungswertes fü r die Steuerbemessung her­

angezogen und von diesem B etrag im Durchschnitt 12/6 je P fu n d Bemessungsbasis erhoben.

S t r o m p r e i s e fü r K raftstrom bei regelm äßiger w erk­

täglicher Strom abnahme 1,2 bis 1,5 d/kW h mit einem M engenrabatt bis zu 35% bei einem Strom verbrauch von 500 000 Einheiten. Bei einem Strom verbrauch von über 750 000 Einheiten beträgt der Strom preis n u r mehr 0.66 d mit einer E rm äßigung bis zu 10% bei einem V er­

brauch von mehr als 15 Mill. Einheiten.

F ü r G a s sind die T arife nicht so einheitlich. Den billig­

sten G aspreis hat Rotherham, das fü r ungereinigtes Gas von 500 K c a l/f t3 7,5 d fü r 1000 f t 3 rechnet und fü r ge­

reinigtes Gas vom gleichen Heizwert 10 d. Die Gaspreise in ändern S tädten liegen im Durchschnitt um etwa 15%

höher.

F ü r D i e s e l ö l e zahlt m an im Durchschnitt bei Anliefe­

rung im Kesselwagen gegen 85 s h /t und b e i. B arrelliefe­

rung gegen 140 sh.

D er D urchschnittspreis fü r K o h l e liegt bei W aggon­

bezug bei 15 sh /t.

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