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Die Zukunft, 30. Dezember, Jahrg. XX, Bd. 77, Nr 13.

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xx. Sah-z such-,m so.gez-sum-mi. «---,sk.13..

Herausgeber-:

Maximilian Hart-m

Inhalt:

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««Ulkimv.........·...« ......·..........407

DieViktoqu-vvnsGolman VonEmil cadwig ·............418

von EwigirNiederkunft VonAuguste Hauschncr ..........424

Ufekienoperatimu Voncadqn ......................431

HchwarxeTrupp-n ... ................ .. ..434

Uachdrnck verboten.

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Epscheintjeden Sonnabend

seen vierte-jähemsmec- yieein-cui- Nmum 50ps.

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Berlin.

verlasdek· Zukunft.

WillhelmstxaßeZa- 1911.

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Irr-edition

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DasvorliegendeBuclt führtähnlieh nnsermBismareksAllmm desKladderadatsch—

ein stüek deutscher Kulturgeschichte dem Leser und Beschauer vorAugen in

einer Darstellung-, wie-sieeigenartiger7 aniiisanter. fesselnden all-eraneli ernster undoindringliclier nicht gedacht werden kann.

Alles-.was indemlangen Zeil«

raum von vierzig Jahren Heit-(ler Begründung der Zentrumspiirteil der

Kluclderadatscli inseinem Kampfgegen diesePartei. ihre Politik und ihreZiele.

gegen Ultrnmnntnnismus und engherzige lVeltnnsclmuung geleistet hat.wird

indiesem All-um ingeeigneter Auswahl zusammenfassencl jnWort undBildzur

Darstellung gel)rael1t. ---l·Iinkurzer verbindender Text,derdiehistorisrhen Vor- gängechronologiseli da1-stcsljt,«x:ilitdemLeser Aufklärung iiher dieBedeutung der einzelne-n Gedi(-lite,Texte undBilder-,sodnssdir-S Verständnis filrdieDarbietungeo

desAlljurns keine-m verloren geht. Durch alle Buchhandlunixen zubeziehen.

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leoholfrei

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Berlin, den 30. Dezember 1911.

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Ultimo.

Stille Nacht.

-tilleNacht!HeiligeNacht!«DurchdenFensterspalt, der die

» mild feuchteAbendlufteinlassen soll, schwingtesüber die füanege derDammstraßeundhalltvonderMauer wieder, die, zwischendenrostbraunen Stäben ihresEisengerüstes,inAngst- träumen zuschwitzenscheint.HinterdenScheibensiehtderWan- dererschondieelektrischbeleuchtetenTannen. »Allesschläft. »Noch aberschießenautomobile DroschkenundGes chäftswagenvorüber ; dieHuppe heult aufundder Motor knattert hastig.Nun wirder

abgestelltund dieFracht gelöscht.Speisen undSpielzeug,Fa- sanenundPoularden,TrüffelgebirgeundinGletschergebettete Caviarhaufen, PuppenundDynamomaschinen; Stoffeundfer- tigeKleider ;Porzellan,Bilder undBüstemHausgeräthundJu- welierwaare. Blumen aus jederJahreszeit, jederZone:ganze Fliederhecken,Alpenveilchen,langstieligeRosen,Palmenkätzchen, Maiglocken,Chrysanthemen.Aus demSchacht trägtsderFahr- stuhlschnellbis in dieoberstenHausbezirke. HöchsteZeit,daßdie Festarchekam. Vor und indenLäden wirds mählichdunkel.

NeheundKarpfen,TraubenundAnanas, Geflügel, Alles,was morgen unansehnlichsein könnte,wirdindenKeller gebracht.

Rechtsundlinkswinken,nur halb nochbelichtet,"dieStapelwun- derdemAugezMöbel,Teppiche,Tischdecken(,,nach Zeichnungen ersterKünstler«),Weiberhüteinallen FarbenundFormen,ein Kürschnereden,wozwischen ZobelundVlaufuchs Hermelinjacken leuchten, Spitzen, Perlen, Türkise,Diamanten. Wer kaufts?

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2108 « DieZukunft.

Spielzeug,zudessen BereitungdieTechnikallegestern gefundenen Möglichkeitenvereint hat.Wagen, Herde,Krippen, Puppen- zimmer, Kasernen,Luxusdampfer, Zechen,die,mitdemelektro- technischenZubehör,für Museen geschaffenseinkönnten. Wie siehtsindemKinderkopf aus, den, seiterdenkenlernte,solcher Aufwand ergötzthat?Biel Waare muß, »inallen Preislagen«, sichtbar sein: sonstschweiftderBlickohneRast drüberhin.Jeder Auslageraum gleichteinemSaal; nebendem Gewimmel derHa- sen,Gänse,Puten,.Hühner,FischeschieneeinJordaens dürftig.Die Bilder desGeprängeswerden bedeckt;dennvonSechsan,ward verkündet, istWeihnacht. »UndMaria gebareinen Knaben und wickelteihnin Windeln undlegte ihnineineKrippe;dennsiehatten sonstkeinenRaum inderHerberge«Darüber hatinderKirche so- ebenderPastorgesprochen.AuchüberPaulimakedonischenMahn- briefanTitum. »AllenMenschenistnun dieheilsameGnadeGottes erschienenund züchtigetuns, daßwirsollenverleugnendas un- göttlicheWesenund dieweltlichenLüsteundgerecht, gottseligund inSchlichtheit auf seinerErdeleben.«Flinknun nachHaus«Der Jda ist zuzutrauen, daß sie denMohn vergessen hat. »Wennman bedenkt,wievielGeld seitdemJuli,wegen derpolitischenUn- ruhe,verloren worden ist,mußman mitdemWeihnachtgeschäft noch leidlichzufriedensein.«Jn denletztenOrgelton gelltdie WarnerklingeldesStraßenbahnführersErstdieBescherung (der Kinderwegen); danndasEssen.EinSegen, daßheutekeinAbend- blattkommt.NewYorkwar übrigenswiederfest. Na,also: Stim- mung, Leute! HatBorchardtgeschickt?GottseiDank! Marnier statt echter Chartreusewäre diehalbeSeligkeit.Stimmung!Nicht soschläfrig,Donnerwetter!Wosinddenndieneuen Schallplatten?

MußdochAlles dasein. NichtsAbgeleiertes! Laßtliebereinen dergregorianischenGesängesteigen.»Laudamus te.«Aus allen Stockwerken singts· Hier schlagen nochChristenherzen.

Werweiß?Zwei Tagevor derWeihnacht standimHam- burgischen Korrespondenten einBekenntnißdesBankdirektors Max Schinckel,der demAufsichtrathderHamburg-Amerika-Li- nie unddemRennverein dergrößtenHansastadtvorsitzt·Diesem Mann, dessenJnitialendemKaiserzuScherzvergleichenvonS.

M. undM. S.allerleiGelegenheit botenunddenMancher von derSorgeum GeldstandundArbitrage,DampferpoolundKon- sortialgeschäft ausgefüllt wähnte, liegt nichts so nahamHerzen

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Ultimo. z109

wiedasBängnißgefühl, »derunantastbareVekenntnißstandder EvangelischsLutherischen Landeskirche«könnedurchdieZuwahl liberaler Pfarrer gefährdetwerden. DieWahleinessolchenJrrs lehrers hat sichihm»zu einer Glaubensfrage ernstesterArtund damit vielleichtzueinerLebensfragefür unsere Landeskirchein ihremjetzigenVestand zugespitzt.«Drum heischterdasWort und ruft seinenMitbürgernzu:»Dem VorwurfdesPharisäerthumes willichvonvorn hereindurchdieErklärungbegegnen, daßNie- mandmehr,alsich selbstes bin,vonmeinerUnwürdigkeitüberzeugt sein kann;abergerade wersich seiner Schuldund Sündebewußtist, wirdsich innerhalbderKirche,dererangehört,von Niemandem denSünder-Heilandrauben oderauchnur verkleinern lassen.«

EinVankdirektor. »UndJesusgingindenTemPelund trieballe VerkäuferundKäuferherausundstießumdieTischederWechsler unddieStühlederTaubenkrämer. WehEuchReichenl Jhrhabt Euren Trostdahin. Weh Euch,dieJhr vollseid!Denn Euch wirdhungern. Weh Euch,dieJhrhier lachet!Denn Jhrwerdet weinen und heulen.Weh,wenn Euch Jedermann wohlredet!

Desgleichenthaten ihreVäter denfalschen Propheten auch.Lie- bet EureFeinde. ThutDenen Gutes,dieEuchhassen. WerDich schlägtaufeinen Backen,Dem bietedem anderen auchdar;und werDir denMantel nimmt,Dem wehre nichtauchden Rock. Wer Dich bittet,Dem gieb;undwenn DirEiner dasDeine nimmt,so fordereesnichtzurück. Leihet, ohne dafür Entgeltzuhoffen: so werdet JhrKinder desAllerhöchsten sein. JhrkönntnichtGott sammtdem Mammon dienen.« Das stehtinderHeiligen Schrift, diederLutherischenKirche denBekenntnißstand weist; neben här- terer Rüge gieriger Erwerbssucht. Undhier isteinBankdirektor, deraufdemMarkt seine Unwürdigkeit bekennt,imBörsensaal sichandasKreuzdesSünder-Heilandsklammert. Noch immer, Jhr sehts,werden Wunder. JndenPrunkhäusern,aus denen Ehoräleund frommerHirtenLiederschallen, wohnen,imErsten Stock,die Direktoren der tausendAktiengesellschaften,diegestern, vorgesterninDeutschland entstanden. »Einsam wachtnur das traute,hochheiligePaar-«Lächlenicht,Wanderer! Werweiß?Jn ehrlicherInbrunstschlagen auch hier vielleicht Ehristenherzen.

JneinerSeitenstraße steht,vordemschondunklen,abernoch nichtgeschlossenen Laden,eingroßes schwarzes Schaukelpferdund einPuppentheater mitDrahtfiguren imGewand von Prinzen,

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410 - DieZukunft.

Rittern undEdelfrauen.Spielzeug fürHinterhäuser.Auf so har- temPolsterwürde dem kleinenHerbertvonKommerzienrathsnicht wohl.Derweiß,wiesichs aufeinem Pferdchen,einem Neitesel, einem Kamel sogar sitzt,undfände diesen RappenmitdenGlotz- augen undderBesenmähnezu dumm.Der telephonirtundphoto- graphirt,plappertmitdem Chauffeursachverständigüber Gummi- verbrauchundBenzinprcis, war imEngadin, amLidound(im Familienauto, verstehtsich)inderCampagna,weiß,inwelchem LuxuszugdiebestenBetten sind,undknipstimHalbschlaf,wenn

erdieUhraufdemNachttischsehenwill. Mit denGenossendes PrivatschulzirkelsbalgtersichinhitzigemStreitüber dieLastschiff- systemeundAeroplane.Werihmwas überJapanerzählen will, magsichhüten:alleHauptstädte hatderkleineMann imPost- kartenalbum. Was soll ihmeinSchaukelpferd2 Gar einThe- ater ohne Drehbühne,FortunysHorizont, großesund kleines Himmelslicht? Das taugteanno 1755 sürdasSöhncheneines srankfurterKaiserlichenRathes AufdensechsjährigenWolfgang Goethe »machtees einensehr starkenEindruck,der in einegroße, langdauerndeWirkungnachklang«.HerbertchenistKulturmensch Hat zweiWeihnachtmärchenaufderBühne gesehenundseitdem genug vonderSorte. (,,DieAusstattungwar nicht übel,aberder Prinzzudick und alles Andere zweiteGarnitur.«)Durchden Holztrichter seinesGrammophons haterCarus o,Tamagno,Bonci, Vattistini,vonLilliLehmannbisaus dieDestinn allePrimadonnen Europasgehörtundweiß,welche Platte vonKubelik,,tadellos«, welchevonPaderewski »nichtzumAnhören«ist.DieSoldaten,mit denenerspielte,waren massiv, aufzuziehen,beweglichundhatten einen Küchenwagen,ausdem eineschmackhafteVivouacmahlzeit hergestelltwerdenkonnte. MitDrahtpüppchenSneewittchenoder Aschenbrödel aufführen?DerTextvorleserwürdesichvor dem Fräulein(aus BeveyoderBirmingham) schämen.DerPortier hat ,jaKinder. Denen wirds,wieberliner Pfefferkuchen,ungefülltes Marzipan undGänsekleinim Dezember, vielleicht munden; wenn sie nichtetwain denFilmweltendesKinematographenverwöhnt wordensind.Herbertchenwillmindestens haben,was Klein-Wolf- gangim Knabenmärchenvomneuen Paris erträumte: Vogelhäu- ser,Muschelnischen,MarmorbeckenmitTritonenmäulernund Ko- rallenriffen,KristallschalenmitsüßemTrank und»3uckerwerkim Ueberfluß«. Mindestens. EineVescherung,dienur Kleinkram

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Usltimo. 411 brächte,würde ihnarg enttäuschenzsein Auge hat schon taxiren gelernt. JmNu hatersweg;während hinter derNiesentanne die OpernchorplatteeineWeihnachtstimmungbesorgt.»HolderKna- be imlockigenHaar...« WoistdiedeutscheZeit,daPatriziersöhne jauchztcn,wenn sieausderBudenstadtfarbige,mitgoldenenThie-

ren bedruckteBogenheimtrugen,undderfreigiebigeEifereines reichen Kausherrn gepriesen wurde,derseinemLiebchen,einer schönenSchauspielerin,einStückMusselin zumNachtkleid geschickt hatte?Skunks undSeidensammet,Perlenboutons undStraußen- federntrügen ihm heute nicht solcheLoblieder ein.

Diejetztbescheren,sind, lange nachdemKrieg noch,inan- derer Luft erwachsen. AchtTagevorderWeihnachtkletterte die Hausmutter, hinter ihrdieKöchinmitdemgrößtenMarktkorb,in einen ObstkelleramSpreerand. EinTheilderAepfelundNüsse wurde, inGoldschaumhüllen,an denBaum gehängt(zwischen blankeSterne undbilligesSchmuckzeug,dasseit manchem Jahr diente),dieHaupternte indieTeller vertheilt.JedesHausmäd- chenbekamseineSchüssel:inder Mitte dieChriststollc, ringsum AepselundNüsse,oben eingroßer Pfefferkuchen undzwei,drei Backetemit kleinen;dazu Leibwäscheodereinen Kleiderstoff, TaschentücherodereineWaschbluse,Schürzen,eineBroche,ein Portemonnaie mitderSilberspende desHausherrn. DerTochter ward eineneue Puppe beschert,eine alteneu eingekleidet; Hand- spiegel,Kammkasten,eingroßerBall imNetz,ein dünnvergol- detes Armbändchen, Abziehbilder,das Töchteralbum,ein paar Schleifchen:Das wars ungefähr.BeidenJungen gings ohne Zinnsoldaten, FußvolkundReiter,natürlich nicht;Schlittschuhe, einReisespiehTuschbogenmitFarben undPinsel,einKinder- globus,dasbunteste Märchenbuch:konnteeinKnabenherzmehr begehren?EineHarmonikaoder Husarentaschewurde zumEr- eigniß.Wochen lang hatteAlles sichaus denBierkarpfen gefreut; wie vonOsternan ausdieDroschke,diean schönenFeiertagen dieFamilieindenThiergartentragen sollte. DiesesReich ist versunken.Nacheiner WeihnachtimStil der achtziger Jahre würde esaus derGesindestube Kündigungenhageln. Manche Pförtnersrange,diealleStraßenbahnliniendesWestens am Schnürchen hatund am TextderMittagszeitung buchstabiren lernte,denChristfestkram,derunsereKindheit beglückenkonnte, mitgerümpsterNase beschnuppern. JmRückblickauf seineJu-

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412 DieZukunft.

gendsprichtGoethövon,,jenem glücklichenundgemächlichenZu- stand,in welchem sichdieLänder währendeines langenFriedens befinden-«EineZeitderDürre, schlimmerHungersnothschieneer Jedem,derihn unsererUeppigkeitvergliche.Und demPreußen, dernachdernapoleonischenBrandschatzungund demBefreiungs- krieggroßgewordenwar,zeigte sichdieReichsstadt amMainnoch imletzten Lebensabschnitt desVundestages alseinemit Gold- geräthüberladene Schwelgerstätte.Deren Sitten darfFriedrich Wilhelms Gesandtersich nicht anpassen: füreinen vergoldeten Fächer,»dersehr rasselt«,und eineweicheWagendecke »mitDessin

von Tiger,KöpfemitGlasaugen drauf«, sind zwanzig, fürein Opalherzsogar hundert Thaleraufzubringen;dochBrillantohr- ringeaus einem Stück wären,alsWeihnachtgeschenkfür Frau Johanna, zutheuer. Vorfünfundfünfzig Jahren. Seitdem hat imdeutschenLebensich mehrgeändertals imlangen Lan des Säkulums, das begann,alsFritzinSachsen eingefallenwar und von Sachsenhausen herdieFranzosenvor diefrankfurterKon- sstablerwacherückten. Die selige, fröhliche,Gnaden bringende Weihnachtzeitist derAnlaßzu einerJndustriekonjunktur gewor- den. »Jneinem Zimmersahesaus-wie aufeinem Christmarkt;

abersokostbareundfeine SachenhatmanniemalsineinerWeih- nachtbudegesehen.Dawaren alle Arten von Puppen,Puppen- kleidern und Puppengeräthschaften, Küchen,Wohnstuben und Läden;undeinzelne SpielsacheninUnzahl.«Das Knäblein der Frau Rath träumtszund würde heutevon jedemanWaaren- hauswunder gewöhnten Bengelausgelacht. Laudamus te! Mit denHimmelnrühmenDichalleKurbeln. JmStall sahestDudas ersteLicht. JndieKrippederHausthierelegtediearme Mutter DichwimmerndesVündelchen.Davonzeugt noch heute dieSumpf- blüthederWeihnachtindustrie. »SchlafinhimmlischerRuh«

Was wirdausdieser gemästetenMenschheit,ausdieserüber- füttertenJugend?Kann ihr, dieAlles gesehenundgeschmeckt,be- .rochenundbetastet, allenHimmelsbotendasGefieder ausgerupft undalleErdreizedemSchleier entschälthat,diePhantasieje flügge werden? Jn ihrer Seele, diezwischendenkostbarstenLebens- tapeten erwuchs,jemalsder Entschlußzueigennutzloser Hin- gebunganeingroßes Schicksalreifen?WiewirdihrReichaus- sehen?Wie langedemSturm trotzen,zudemungeduldigerNeid sich rüstet?DurchwelcheZeitspanneNothoderPestilenz,Kriegs-

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«Usltimo. 413

peinoderandere Heimsuchungtragen?DerStärksteselbstvermag nicht,dieSchlachtenfortuna andenSchaft seinerFahnezu binden.

Nur einewinzige Schaarists? Doch ihre Schallplattenmachen demHaufendieStimmung. Könige sindverloren,wenn sie nicht wagen dürfen,mit einem geschlagenen Heer heimzukehren.Völ- ker,wenn sieverlernt haben,inSchlichtheit fröhlichzusein-

Friede aufErden.

»Wieman auchüber dieEinzelheitendesVertrages, über dieHandlungen,dieihn vorbereitethaben, urtheilen möge:erist und bleibteinFriedenswerkvonuns chätzbaremWerth;dennerhat zweigroßeVölker, nachvierzigjährigerEntfremdung, versöhnt«

»DieEhicanen,mitdenenDeutschland unsseitsechs Jahren peinigt,haben Frankreichgezwungen, mitderMöglichkeiteines Kriegeszurechnen.Frankreichhatdabei seinkaltes Blut nicht verloren zeswillnichtDeutschlandsGehilfe,Deutschlands Vasall, DeutschlandsMagdsein Wennwirnachgäben,könnte dasdurch unsere Schwachheit ermuthigte Deutsche Reicheines Tagesdas reicheEisenbecken imBezirkvonBrieyvonunsfordern.Undda wirdoch nichtimmernachgebenkönnten,müßtenwir, trotzdemwir uns selbstentehrt hätten,denKrieggegen Deutschland führen.

EineUngeheuerlichkeit,dieohneBeispielinderGeschichte ist,wird uns zugemuthet;eineDemüthigung,wieFrankreichsieseitJahr- hunderten nichterlebte. WirdürfendemdeutschenErPressungver- suchum keinen Preis nachgeben.«(PaulLeroy-Beaulieu.)

,,Nußland,EnglandundFrankreichmüssensichzugemein- samemWiderstand gegendiedeutschenZettelungenvereinen:dann wärevon den in Berlin geplanten NaubzügenundErpressungen nichts mehrzufürchten.DeutschlandhättedieWahlzwischenKrieg undUnterwerfung.Daßes dieUnterwerfungwählen würde, ist nichteineMinute langzweifelhaft.Weil es dieenglischeJnters vention fürchtete,hates1905nichtlosgeschlagen,trotzdemNuß- land kampfunsähigund unser Heerdesorganisirtwar. Undnun solltees gegen dreiMächte,dieihrerganzenWehrkraftsichersind, zufechtenwagen2Wagtes aber,widerallesErwarten, denKrieg, so ist ihmdieNiederlage gewiß.Wie eineBefreiung würdesie begrüßt.ZumerstenMal seit vierzigJahrenkönnteEuropawie- deraufathmen.Die Siegerkönntensichüber eineAbrüstungver-

ständigen,siedemBesiegtenaufzwingenund denunerträglichen

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414 DieZukunft.

Druck«desbewaffneten Friedens abschütteln.Das Alles ist nicht etwaeinTraum. DasAlles ist ·in unsererWirklichkeitausführ- bar. Keine derdreiMächtekanngegen diesenPlan Haltbares einwenden ;eswar derPlanEduards desSiebenten, der,daer ihn entwarf,dieHöhendesRuhmes streifte. WelcherStaats- mann hat,inRußlandoderVritanien,denWillen, ihn wiederauf- zunehmenundauszuführen?«(Abgeordneter Jules Delafosse.)

»Wir haben uns, nachvierzigJahren noch,derHaltunger- innert,die in derNationalversammlung, alsamerstenMärz1871 über dieFriedenspräliminarienabgestimmt wurde,dievom El- saßundausLothringenAbgeordneten demAuge zeigten. Jnder Stunde,dauns angesonnenward, wieder, ohne daßdiesmal eine Waffenentscheidungdas Opfer erzwang, derAbtretung französi- schenBodens anDeutschlandzuzustimmen,mitdiesemNeicheinen Vertragzuschließen,hat unser innerstes Wesen sichdagegen auf- gebäumt.Vorunseren Augen standdasBild desverstümmelten Lothringerlandeszund wir, seine Kinder,durftennicht vergessen, daßunsere Trauer heutenochunverjährt ist. Wenn ich,inmeinen alten Tagen,von irgendeiner Handlungmeines parlamentari- fchenLebenssagen kann, daß ichganzsicher sei,ihrer stetsmitge- rechtem Stolz gedenkenzudürfen, so istsderProtestgegen den frankosdeutschen Vertrag. DiesenEinspruchgebotdiefromme ErinnerunganVergangenes, das GefühlderGemeinschaftmit dendurchdieBrutalität einer Grenzbestimmungjetztvon uns getrennten Brüdern undderfeste Wille,Hoffnungenzuwahren, die imAblaufderJahrenichtwelkenkonnten. AusunserenNei- henmußteeinProtestkommen; eristgekommen:würdigundernst, wieesstolzenSeelen ziemt.«(Abgeordneter Maginot.)

,,WelchesGespinnstdieDiplomatenlügeauchumden,Streich vonAgadir«webenmöge:seineBrutalitätbleibtunshassenswerth.

SechsMonate langthatenwir,alssähenwirsienicht;indemAu- genblick,der uns zurUnterzeichnungdesVertragesrief, flammte unserGroll nocheinmal auf. Als dielothringischen Abgeord- netenimTonfeierlichstenErnstes erklärten,daßsiesichder Stimme enthielten,konnteihrLandsmann Lebrun,dendasAmt desKo- lonialministers zur Abstimmungnöthigte,kaum denThränen wehren.Was inseinerSeele vorging, empfanden,minderheftig, auchwir. Nichtum das Geschäft,daswirhinnahmen, handelte sichs. Frankreichsganze Vergangenheit recktesichvor uns auf

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Ultimo. 415

underfüllte«alleHerzenbis in dieTiefemitTrauer. Jnhellem- mendes SchweigenfieldieVerkündungdesPräsidenten,1nit393 gegen36Stimmen und141Enthaltungen habedie Kammer den Vertragangenommen. Jedererlebte indieserMinute einelaut- loseTragoedie. Nichts ist getilgt, nichts vergessen:Das istdes KammerspruchesSinn. Niemand wird ihn draußen mißdeuten.

WirunterzeichnendenKontraktzdieVerständigungwollen wir nicht.DerGeschäftsabschlusz,zu demwirbereitwaren, hat nicht dasAllergeringste mitFreundschaftgemein. DieZukunftzeigt uns dieselben SchreckenwiedieVergangenheit. Gewandelt hat sichnurFrankreichsHaltung:aufrecht istswiederundwartetohne Furcht,wie andenschönstenTagenseiner Geschichte; dennkein Vorwurfkannestreffen.« (Abgeordneter Edouard Julia.)

»IchhabedenMinisterpräsidentengefragt,warum der,Pan- ther«nachAgadirgegangensei,worübermaninParisundKissingen verhandeltund wann dieseBerhandlungenbegonnen,wannplötz- lichabgebrochenhabe, derenWiederaufnahme diedeutsche Geste erzwingenwollte.Jchhabe ihn gefragt, weshalbdasAbkommen von1909fallen gelassenwurde undwelchenWortlautder damals ausBerlin eingetroffeneBegleitbrief hatte,der,auchohne Schmä- lerung unseresLandbesitzes,unserem HandelninMarokko min- destensdieselbeFreiheit sichertewiederneue BertragHerr Cail- lauxhat sichbegnügt,zusagen,inKissingenseiennurWirthschaft- fragenerörtertworden.DieseAntwortmuszte noch mehr beunruhi- gen alsselbstdas Schweigen;dennfürdieLösungderWirthschaft- problemewar französischesLand als Preis ausgesetzt. Jnder Bitterniß unseresSchmerzeswarduns einstärkenderTrost:wir fühltendie ganzeKammervondenSchauerndesNationalgefühls durchweht.Wenn von derLippeeines Redners auchnur die lei- sesteAnspielung aufdieDrohung von gestern,von morgen kam, wennermiteinemWortannochnichtgerächteErinnerung,anüber- lebendeHoffnungmahnte,die unsAlle,ingemeinsamem Pflicht- dienstdesVaterlandes, vereint: jedesmalgingdurchdie(mitAus- nahmederSozialistengruppe)zurEinheitverschmolzenenParteien einVeben,eineBeifallsregungzund alsJauråsmitdreistemWort Frankreichtadeln, Deutschlandvonjeder Schuld entlastenzuwol- lenschien,wurde derWiderspruchsomächtig,daßderGedanke nicht zu vollem Ausdruckkam. Ichwillmich nichtinSelbsttäuschung verstricken. Allzugut weißich,wievielevon denheute Empörten

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416 DieZukunft.

an derSchwächungdesPatriotenglaubens undanderZersetzung derNationalkraft inmancherStunde mitschuldigwaren. Doch indiesemSommer hat sie,Jeden,der reineAthemdes Bolksems Ipfindensvgestreift. Vor derdrohenden Geberde des Feindes sahen siePlötzlicheinganzesVolkinZornerbeben: undderAn- blicksolchesErwachens hat ihnen heilsame Lehreins Herzge- furcht.EinNeues istunserem Lebenaufgetaucht:dieMöglich- keit eines nahen Krieges, dendieNation,in ruhiger Entschlossen- heit, auf sichnimmt. Das Land läßt sichvon dertragischenEr- scheinung nichtschrecken,fühltsichfurchtlosundwendetdas Auge nicht scheuvon derWirklichkeit.KeinePolitische Erwägung,kein Geschäftsinteresse,keineGesälligkeit noch Lockungirgendwelcher Artkanndiesem gewarnten, wachsamenLandfortan auchnur die schweigende ZustimmungzusreundlicherBerständigungmitdem Deutschen Reich entreißen.Das istdas erste Ergebnißdesfranko- deutschen Vertrages ;das einzige, dessenwirheute gewiß sind- Wenn dieGesandten Europas, dievon derDiplomatenloge in denSaal herabsahenund der Debatte lauschten,indenHerzen derVolksvertreter zulesen vermochten,kannihnendarüberkein Zweifel gebliebensein.«(AbgeordneterGrafAlbert deMun.)

»Jn FrankreichsSeele wirddieGegenrevolution. Derge- bildeten JugendistdieJakobinerrepublik,diesichalleinalsinters nationale Macht nicht durchsetzen kann,zumGräuel geworden.

DieseNepublikderSchwätzerundSchacherer hatweder diever- lorenen Provinzen zurückerobertnochdieHoffnungderAermsten gesättigt:erzwungene BasallenschastundAnarchieistdasErgeb- nisz ihres vierzigjährigenLebens. Schuldder Nation? Diehat sich, nicht ohneeitles Wohlgefallen,eineWeile fürunrettbar dä- cadente gehalten;füreingeradeinseinemVerfallungemeininters essantesVolk. Das ist vorbei, seit FrankreichsFliegetaufallen FeldernEuropensgesiegt haben. VomAeroPlan hatderGlaube anFrankreichsWiedergeburt sichindieSeelen gesenkt.,Wir habenvor allen Anderen Schnellfeuergeschützeund Gewehre kleinenKalibers gehabtund haben jetztdiebestenFlugmaschinen und dietapfersten Luftpiloten; geschickte,oft genialisch findige Technikerund einen Schwarm kühner, tollkühner Männer,die aneinen Wettflug ihrLebenwagen. Siehtsoein Volkaus,dem morgen dieSterbeglockeläutenwird ?«Was Sportwar,istzur nationalenSache gewordenNach jedem Flug deeråriot,Beau-

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