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Die Zukunft, 1. Februar, Jahrg. XVI, Bd. 62, Nr 18.

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HmIII-H geknic,m I,Februar1908. Ic— ts-

Herausgehen

Maximilian Harmen.

Inhalt:

«

Seite

per Rembrandtdeullckxr. VonCornetiui Ourkiit ...........139.

Porto san Gut-Am VonHatt Indien« . ...... ... . 149

Psychologifche Denk-illa VonZank Zuw- .... ... ......155

persiebente Ring. VonJtledcichguudetfiuqec .. ...·.. .164

Umring Vor-Fritz Deraerundxqukaxtöscet ....·..» . 167

Benubecallamum VonYaucsseisengkün ............. .171

Its-raturgeschkchte. Voncuqeugatsstpmlde .. . .. ....174

BauernkaugxsvoaJason .. .. ..... -

Nachdruck verboten.

V Erscheint jeden Sonnabend.

PreisHieraus-Jenas5 Mark, die einzelne Nummer 50Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa·

1908.

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L

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Berlin, den 1.Jebruar 1908.

IXJ Mc f

Der Rembrandtdeutsche.

einFreund Peter Jessen schriebmireinesTages (eswar wohlim

, Jahre1885oder1886), demnächstwerdemicheinArchäologebesuchen, Dr.Julius Langbehn,dermitmireinige ihn beschäftigendeliterarischeDinge besprechenwolle. Jch solle michvonMancherlei,wasAnderevonLangbehn abstoße,nichtirrmachen lassen: ichwerdebaldsinden, daßereinPracht- kerlsei.Einige Zeit darauftratin meineJunggesellenwohnungeinschlanker, hochgewachsener,blonderMann ein,dessen Haltunginmirplötzlichdie Er- innerunganFriedrich Hebbelweckte:seiesderholsteinischeDialekt, seiesder Blick im blauen Auge, seiesdasbreiteGlanzlicht aufderStirn. Mirsiel ein, wie meine Brüder undichin derJägerzeilein WienhintereinemMann herliefen,der, mit demvorgebeugtenKopf leise nickend,seines Wegeszog,kei- nenMenschensah,um keinenMenschen sichkümmerte.Wirgingen behutsam hinter ihm her:derVater hatteuns verboten,denOnkelHebbelzustören.

»Er dichtet!«raunten«wir einander zu. Plötzlichaberlieferschneller,wandte sichin eineSeitenstraßeundschriebEtwas inseinTaschenbuchNunwar unserAugenblickgekommen. ,,G’n Morgen,OnkelHebbel!«Unddann sah

eruns miteinemso sonderbarenBlickan: aufmerksamund verwirrt zugleich.

Ererkannteuns nichtgleich.Abererkaufteuns wohl fürein paarKreuzer gerösteteKastanienund entließuns damithochbeglückt:»GrüßtdenVater und meinenPathen,denkleinenFritz!«

Undso,miteinemhalb unsicheren,halb prüfendenBlick, sah michDr»

Langbehnan,alsich ihnineinemvielleichtetwas zugeschäftlichklingenden Tonfragte,womit ich ihmdienenkönne. Jch suchte raschüber dieKlippe hinwegzusegeln,diesich hierinunserer Verkehrsbahn zeigte,eingedenkJessens Mahnung.Denn ich sah ja, daßessich hierumeinenMann handelte,dem

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140 DieZukunft.

dasLebennichtleichtgemachtworden war. PrächtigeZähne, schöneHände, unverkennbar sorgfältigeKörperpflegeohnediegeringstenjenerkleinenMätzchen, durchdiederMensch sichzuverschönerndenkt: keinhochgedrehterSchnurr- bartundkeineLocken. AberdieAermel des schwarzen Rockes,denmein Gast trug,waren bestoßen,vielfachgestickt;man sahderganzenHaltungan, daß hiervor mirein(wiesoll ichs deutsch nennen?)Gentleman saß,demes nicht gut geht-

Wir fingenzusprechenan. »Icharbeitean einemBuch«,-sagteer mir, »zU dem ich nochvieleStudien zumachenhabe. Jchglaube, siein Dresden bequemer durchführenzu könnenalsin Berlin. DieBibliotheken sindhier leichterzugänglichundweniger überfüllt. Jchlebesehr einsam.

Aberichhabe dochdasBedürfniß, manchmal mitJemandem mich auszusprechen, mitihmzustreiten,wenn Sieesliebersonennen wollen.Jessen sagte mir, daßSievielleicht.. .

»Ja...VorAllem,’tieberDoktor: worüber wollen Sieschreiben?«

»Ich mußSie gleichmitBitten belästigen.Nennen Siemich Lang- behn,nichtDoktor. Jch habeeinengrundsätzlichenAbscheugegendasTitel- wesenund bedaure lebhaft,vor Jahrenmeinen Doktorgemachtzuhaben.

Unddann(nehmenSie mirs nicht übel):wenn Siemirgestattenwollen, öfterSiezubesuchen, sobitteich Sie,eineBedingung anzunehmen, nämlich die,michniedanachzufragenund niedanachzuforschen,worüberich schreibenwill.«

Ersah michwiedermitdenscheu tiefenblauenHebbelaugenan.

Jchversprach, michbravzuhalten, nach seinen Wünschen.Die Be- kanntschaftfingan,vielversprechendzu werden-

DasGesprächging alsolos. MirkamseinBischenvor, alssei ich zu einerDisputationim Stil dessechzehntenJahrhunderts herausgefordert worden. Ein Donnerwetter gegenMommsenzogauf; nichtgegenden Mann, sonderngegenseineWissenschaft Sichtlichwar mir dabei die RolledesVer- theidigers Mommsens zugedacht.Gabichzu,dannverdoppelte sichdieHestigs keit desAngriffesbis zu einemPunkt,andemichnicht mehrmitkonnte. Jm KampfderMeinungen sagtman ja stetseinWort zuviel. Nach zehnMi- nutenhattenwireinander so kräftigeGrobheitenandenKopf geworfen,daß es nöthigwurde,sich zwischendurcheinmal wiederdieHandzureichen.Eine schlanke,weicheunddochsehnige Hand lagin der meinen. EineHandsxdie Vertrauen erweckt.

Nun abergingswiederlos. Jchwar damals nochganzimFahr- wasserder liberalen Weltanschauungundhatte michum derenFeinde herz- lichwenig gekümmert.WasichnichtanArbeitkraftmeinemAmt alsAssistent

amKunstgewerbemuseum,meinenBemühungenfürdassächsischeKunstgewerbe

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DerRembrandtdeutsche. 141

in Vereinen undin derKunstgewerbehallezuwenden mußte,Dasgaltmeinem- BuchüberdieGeschichtedesBarockstilsund demAllgemeinenDeutschen Schulverein, dessenLandesverband Sachsen ich gegründetundzumstärkstenin Deutschland gemacht hatte. Daswaren Dinge,dieLangbehn ziemlichwerth- les fand. ErsagtemirsauchmiteinerRuhe, daß ich sehrbaldihmgegen- über die Rolle vertauscht sah:ichhatte michalsGönnerausspielenwollen und wurde derBegönnerte.

Das Gesprächdauerte zweiStunden. Längstwar dieMittagszeitver-

pußt,zuderichbei meinen Elterneintreffen sollte.Esmußteein Endege- machtwerden.

,,Dars ichwiederkommen?«fragte Langbehn.

Nunwar es anmir,Bedingungenzustellen. »Sie habenmirnicht versagt, mich nach Jhren äußerenLebensverhältnissenzufragen. Ihnen gehts schlecht.Kann ichihnen helfen?«

Ersah mich langean. ,,WomitwollenSiemirhelfen?«

JchdachteanHebbelunddaran,daßmein Vater mitihm lange Zeit auseinerKasse gelebt hatte, ohnedarübersichRechenschaftzugeben,wie viel Derundwie vielJener hineinthue. Daß Geldsragen spätereineVerstimmung zwischen HebbelundmeinemVater herbeiführten,hat Diesernieerzählt,nie angedeutet. Jch habeeserstaus Hebbels Tagebuch erfahren.

Nach einigem HinundHer,beidemichwiedermehrderBittende als derGebende schien,war auchdieFrage geregelt. Jch hattemireinpaar HundertMark durchliterarischeArbeiten erspartundhatte siebei einem Ban- kierliegen.Eswurdeausgemacht, daßLangbehn sichdortallmonatlicheinen bestimmtenBetraggegenSchuldschein abhole.Aber wieviel?Langbehnsagte, erhabeeinen Freund,derRedakteur einerTageszeitungin(wenn ichnicht --irre)Dortmund sei.Dernehme ihmvonZeitzuZeiteinen Artikel ab. Aber sicher seidasEinkommen nicht.Meist kehredasManuskriptalsungeeignet zurück.Alsohabeereigentlichgar keineEinnahme.Vermögennatürlichauch nicht·Dawar guter Rath theuer.,,Also:wie vielbrauchenSieim Monats«

fragte ich nicht ohne einige Sorge.

,,FünszigMark.«

»Wozu?WaswollenSiemitfünfzigMark monatlich machen?«

»Ichlebeganzgutvon fünfzigMarkmonatlich. JnDresdenhabe ich mich schon eingerichtet!«

Wirwurden einig. Für Geldsachen habe ich stetseinschlechtesGe- dächtnißgehabt.Wennich mich recht erinnere, betrug LangbehnsSchuldan

mich endlich vierhundertsünfzigMark. Also dürften unsereBeziehungenneun Monate gedauert haben.VondemAugenblickan,in demwirhandelseinig gewordenwaren, hatnieEinervon unsteiden wieder einWortüberdie

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142 DieZukunft.

Geldfrage gesprochen.Und wirsahenunsdoch oft.WöchentlichkamLang- behnetwazweimalzumir, Disputationzuhaltenüber denInhalt seinesge-- heimnißvollenBuches·

·

Zu spätkamich,sehrzumAergermeiner Mutter, andenelterlichens Tisch;aberichkam ingehobensterStimmung.Mirwar, alshabeicheinen- Schaß gehoben.EineFrische gingvon meinemneuen Freundaus,diemich in dertiefstenTiefezugleicherschütterteund erwärmte. Endlicheinganzer- Mensch,einMensch,derlebte,wieesihmbehagte,einwirklich glücklicher Mensch,keinAsket, sondernEiner,derinsich so reichwar, daßerausAlles, was vonaußenkam, verzichtenkonnte,ohnezuverarmen. JchwardemMann herzlichdankbar, daßermichin dieLagegebrachthatte,anmireingutesWerk zuthun.Dennichwar als derBeschenktefortgegangen.Dasempfand ichleb- haftundDassagtemirLangbehn auchganzruhig: »Siewerdennocheinmal stolz sein auf unsere heutige Besprechung!«

Erhat Recht behalten! Jchbinstolz darauf,denMann aufdenersten- Blick erkanntundmich seinenEigenarten unterworfenzuhaben-

Jch erzähltemeinemVater undmeinerMutter davon. Jch habemeinen-s Hebbelgesunden, rief ich ihnen jubelndzu. Und esdauerte natürlich nicht lange,bisichihninsElternhaus mitbrachte.Dortbemächtigtesich seinerzu- nächstmeineMutter. Siehattebaldherausbekommen,waseramLiebsten esse:

Milchreis.Sogabsdenn,soofterkam,Milchreis. Frauen habeneineFreude daran, wenns demGastschmeckt,wenn erreichlichzulangtAber meineMutter konnte mitlachendemStaunen lernen,welcheMengen MilchreiseinMensch essenkönne.Langbehnwar dorteinharmloser Plaudererundbei Allenbe-—

liebt. NurAlles,waswieDienstarbeit aussah, durfteman nichtvonihm for- dern. Darum war ermitAbsichtnicht ,,galant«.MeinerSchwesterzuhelfen,

wenn siedenMantel überhing:dazu wäreernichtzubewegengewesen.Erwar gelegentlichfür einige Tage GastmeinerEltern in demschlichtenJägerhaus zuNaundorfimErzgebirge.Erkamsichtlichgern undsaßmancheStunde mit«

meinemVaterzusammenimGesprächüber-KunstundWelt. DiesGespräch dürfte freilicheinziemlicheinseitigerMonolog Langbehns gewesen sein.Denn meines Vaters Artstand nichts ferneralsdas Theoretisiren.Erhatteals- Künstlergenugunter derAesthetikzuleidengehabt,dienicht verstand,was erwollte,undvon derernicht verstand,was siewollte. Unddakames dennbaldzuKlagenmeines Vaters: ,,Langbehnkannnichtsehen.Erwill.

Alles imEinzelnen ergründen.Ersieht nichtdasGanze, sondernnur Einzel- heiten.Jchhabe ihn neulichim Streit einenTrichinenbeschauergenanntund glaube, daß ihnDasgeärgerthat,wieman sich meist übereinWort nur dann ärgert;wenn eszutreffend ist!«Abersolche Zwischenfällestörtendie Freundschaftnicht aufdie Dauer. Langbehn verkehrte nochgernundoftbei-

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DerRembrandtdeutfche. 14 73

meinen Eltern,alswiruns nicht mehr sahen.SeinHauptwunschwar,daß skein Andererzugeladenwerde.KamzufälligeinGast, so gingerstillundun- auffälligseiner Wege.

Unsere Disputationendauerten fort.Wasbrachte LangbehnAllesvor:

PolitikundKulturfragen,WissenschaftundDichtung, Glaubensfragenund RassenfragenUeberallwar ermiranWissenüberlegen,überallwar ervoll - von mirneuen Anschauungen; ichwar schließlichnichtvielmehralsdas .Karnickel,andemerdenVersuchmachte,wieseine AnsichtenaufAnderewirkten, wiesich dieseAnderen ihrer HautgegensolcheAnsichtenzuwehren suchten.

JchbinnieeinguterDialektiker gewesen(amWenigstenimGespräch); hier, einerhaarscharfen,kaltenunddochvon feuriger Hand geschwungenenKlinge gegenüber,war ich meist machtlos. Doch unterlag ich nichtimmer. Dannwar dasEnde desGespräches,daß Langbehnmirsagte, ichwürde anders denken, wenn ichdieletzteTendenz seines Bucheskennte.

Jch fragte ,,auftraggemäß«,wieesimDienststil heißt, Langbehnnie nachdieser Tendenz.Aberich fragte mich selbstum so lebhaftenWelches Themakann dassein,in demalldie vielenFragen behandeltwurden, die wirschon durchgesprochenhatten? JsteinBuchmöglich,dasalldiese Dinge sinsich faßt? Oft gehörtediegrößteSelbstüberwindungdazu,demFreunde nicht zuzurufen: WozudieGeheimthuerei? HerausmitDeinem Flederwisch!

DieFrage nachdenSorgenderZukunft standmiroffen.Konnteman

-Langbehns Verhältnissenicht verbessern?Erselbst klagtenie. Abereiner derDiener desKunstgewerbemuseums,denicheinmalmit ein paarBüchernzu ihm geschickthatte,erzähltemirvonihm. Jhnzubesuchen,hatteermir verboten.

Langbehn wohnteinNeugruna,demdamals nochganzländlichenVor- ort vonDresden. DerDiener berichtete,erhabemitzweioderdreiHand- werksgesellenzusammeneinZimmer. Diese seien seineintimenFreunde.Er erzähltemirost, daßermiteinfachenLeutenlieberverkehrealsmitGelehrten.

JederandereStand bieteihm mehralsdieser.DortfindeerVerstand, hier nur Wissen.Mit seinen Zimmergenossenhatte Langbehn sich so eingerichtet, daßermorgenszuerst aufstand, ihnendieStiefel wichste,die Kleiderreinigte, Kassee kochte. Dafürrücktensievor demFortgehendie Betten zusammenund denSchreibtischansFenster.UnddannstörteNiemand denArbeitenden,bis indenWerkstättenFeierabend gewordenwar.

Konnte man nichteinAmtfür Langbehn finden?Ersagtemiroft,

erkönnesehr gut rechnenundwäregernbereit, diese Kunstzuverwerthen.

Sein Vorbild sei Hamann,der,,Magusaus Norden-A Der sei Packhofs- verwalter inKönigsberggewesen;einAmt,dasihmdieglücklichsteMuße gelassen habe,weilesebenan denVerstanddiegeringsten Anforderungen stellte. Daßin einemsächsischenPackhofein Dr.phil.mitderZusicherung

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-"144 DieZukunft.

angestelltwerde,man wolleundwerde ihmdieselbe Muße gewähren:Dass- -war nichtzuhoffen. VielleichtwarAehnlichesineiner Bankmöglich.Jch ging zuArnstädt,demDirektor derdamals aufblühendenDresdener Bank,und batdenstetszurHilfebereitenFreund,Etwas inderSachezuthun,näm- lichLangbehnetwadenVormittag rechnenzulassen,denNachmittagaberfrei zugeben.Aberersagte,essei unmöglich;auchhoffnunglos,andereBanken zu befragen.Keine werde jemals auf solcheBedingungen eingehen. Jch versuchtees dochundgabeineGesellschaft,und zwar, daesinmeiner Junggesellen- wohnung nicht möglichwar,im,,EnglischenGarten«. Jcherinnere mich noch deretwas verdutzten GesichtermeinerFreunde,alssiesich beisammen sahen:, einige Künstler,Schriftsteller, sonst meistBankiers, dazumeinVater und Langbehn.Mein VatermitdemAuftrag,zuhelfen, daß Langbehnandie Bankleute herankomme.

Eshalfabernicht!DerErste,derfortging,war meinschweigsamer Schützling. Später sagteermirsehr deutlich, daßersich nach ähnlichenGe- skllschaftennicht sehne.VondenBankiers nahm michabereinernachdem- anderen imVertrauen amKnopslochund fragtemich, jederinseiner Weise, warum ich sieeigentlich eingeladen habe. »Eswar ja sehr nett; aberwir erwarten vonunserer FreundschaftmitJhnenetwas Anderes alsSoupers!«—

Wenn ichihnendieSacheerklärte, dann riefen sie wohl: »Derblondejunge Manns Ja, icherinnere mich.VerzeihenSie: um Denhabe ich michleider garnicht gekümmertl«NurReinholdBecker,derKomponist, sagtemir:

»FeineNummer! FeineNummer! AbernichtbeiSouperszugenießen!«

Jch gingzu Karl Woermann,demDirektor derGemäldegalerie,und zu Woldemar vonSeidlitz,demDezernentenin derGeneraldirektion derMu- seen.Eswar keine Stelle offen. Jch besprachdieSachemitLangbehn. »Die Bilder abstaubenkannichso gutwieeinAnderer«,sagteer. »Ichwill gar nichtwissenschaftlicherBeamter fein;dasgelehrte Beschnüffelnder Bilder ist mirverhaßt-«

Wirerwogen, obman Langbehnanbieten könne,alsSammlungdiener angestelltzu werden. Erhatte nichts dagegen.DieDienstzeit ist kurz,man fordertekeinegelehrte Thätigkeitvon ihm.NurdasTragenderDienstklei- dungschlugerrundwegab. »FürallesUnisormirtebinichunmöglich!«

WirmußtendieSache fallen lassen

EinesTages brachtemirLangbehneinBild, sein Portrait,ganzeFi- gur,etwahalbe Lebensgröße:einewundervolleArbeitvon LeibL Jch habe-

von seinem Verhältnisszu Leiblnieetwas Näheres gehört. Auchüberseine Vergangenheitwahrteertiefstes Schweigen.Ersagtenur, daßLeiblihmdas- Bildgeschenkthabe. Jch gabmirMühe, fürdas BildeinenKäuserzu finden.

Aber alseinKommerzienrathsich gefunden hatteundeineSumme bot, die

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DerRembr«andtdeutsche. ««145

fürdasBild wohl gering, für Langbehns Verhältnisseaberrecht ansehnlich war, erklärteer,sichvon demBildenichttrennenzu können.Jch vergesseden Blicknicht,mitdemermichdabeiansah: ,,LeihstDumirauch freudigdie fünfzigMarks« SofragtederBlick mitstolzer Sorge. ,,OderbangstDu umDein Gele«

,,DemManne ist nichtzuhelfen!«lautetedasallgemeine Urtheil, so weit essichüberhauptum denSonderlingkümmerte· Jchabergabmeine Bemühungenauf,daich merkte, daß sie ihn argwöhnischmachten.Eswar nicht mehrdie Rededavon. DieDisputationenabergingenweiter.

Wieder einesTages brachtemirLangbehneinGeschenk.Das heißt:

erlegteeingroßesBlattPapier,von demich nicht wußte,was esbedeute, aufdenTischundließesbeimFortgehenliegen. Jetzt erst sah ichmirdas Blatt an. Eswar eineleicht gefärbteHandzeichnungvon Hans Thoma:oben einpaar inWolkenfliegendeEngel,unten eineWieseundinihr Schmetter- lingeundGrashupfer. Dazwischenvon Langbehn geschriebendieVerse:

Jm Grase.

Tausend lispelndeGeschwister Stehenum mich herundküssen Mirmitleisem HauchdieWangen, Flüstern liebliche Gedichte MirinHerzundAugundOhren.

Undichsende ihnenBlicke Undich sende ihnenWorte Undich sende auch Gefühle IhnennachinalleWeiten, JhnennachinalleNähe.

GrüßetmirdieWelt,dieschöne;

GrüßetmirdenhohenHimmel UnddieErdeander alle UnddieEngeldortimBinnen;

Grüßet Gott,denAllerhöchsten!

Langbehnkannte undschätzteThoma. Jch hatte diesenMalerkurzvor- herkennen gelernt,alsmeinBruder, derKunsthändlerFritzGurlitt in Berlin,eineThoma-Ausstellungveranstaltet hatte,einen derglänzendstenunter denvielenMißerfolgenseinesLebens. JchtratThomabeidieser Gelegen- heit persönlichnäher.Eshat ihn wohl gefreut,einerehrlichenBewunderung zubegegnen.Das gebildeteBerlin aberwar empörtüber dieZumuthung, solcheBilder sehenzumüssen.VierJahre später,1890,wurdederViel- gehöhnteaufdermünchenerKunstausstellung,,entdeckt«;imJahr daraufent- deckteihn auchThode, seitdem sein begeisterterJnterpret.

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146 DieZukunft.

JndenZimmernvonKunstkritikern hängenoft sehr guteBilder.Jch binaberstolz darauf, daßkeineinziges Kunstwerk währendkritischerThätig- keit in meinenBesitzkam.Nur dieses erhielt ichin einerZeit,in derichnur seltenundherzlichunbemerkteinpaarkritischeNotizen schrieb.Esistmirein theuresAndenken anzweidamals Einsame.Wieaberdie Beiden zusammen- gekommenfind,habe ichnieerfahren.

Jcherinneremichnur, daß Langbehnmireinmalerzählte,einAufsatz vonihm sei gedrucktworden;in derZeitungdesvon ihm früher erwähnten Freundes. Eristverarbeitet indemAbsatz,,Kunstgewerbe«imviertenTheil desBuches,,RembrandtalsErzieher«.Man lesedortnach·Damals erklärten meineKollegenamKunstgewerbemuseum,denenichdenAufsatzzulesengab, DasseiverrücktesZeug. Heuteverkünden dieFachzeitschristengenaudasSelbe alsjüngsteWeisheit. Heute ist Das,was damals als,,gesuchteParadoxe«

verhöhntwurde, eineAlltagslehre.WerKunstgewerbenoch so treibt,wiewir esdamals trieben, giltnun alsverrückt.

DasBeispiel istnicht übel.Gernließe ichdieWorte folgen,dieetwa 1886geschriebensein müssen.Seite183von»Wer istzurKunstpflegeberufen«

bisSeite 186,,WagnereinProgone«. Nochmals sei gesagt-:Das istim Jahre1885 oder1886 geschrieben,alsoinderZeitdervollsten Blüthedes Renaissaneestiles,inderringsum nochkeinLüftchendiegewaltige, nachder ,,BäterWerk«hinsluthendeStrömung durchkreuzte.Mit dem,,Durchschnitts- prosessor«,denLangbehnamAnfangderAusführungschildert,istmeindamaliger Vorgesetzter,derMuseumsdirektorProfessorKarlGrafs, gemeint,gegen denLang- behneinenebenso unberechtigtenwieheftigenWiderwillen hatte;der»Aus- nahmeprosessor«zusein, darf ich mich rühmen.Mirfehlte nach Langbehnder natürlicheSinn; dafür hatte ich BurschikositätundTrivialität.

Jch erzähleDas,um denTonunserer Disputationenklar zumachen.

Jch habeim Leben nie einkräftigesWortgescheut.Jchmeine,solchesWortwirke wieeinreinigendesGewitter. Jchmagnichterrathen sollen,waseinAnderer meint: ersollmirssagen. Jch sageesihm ja auch. Passenwirnichtzu- sammen, sowollenwiruns trennen. Vielleichtwarichin der,,Burschikosität«

desAusdruckesLangbehn ,,über«.AberwiederAussatz zeigt,genitteersich auch nicht,mirdenKopfmitDruckerschwärzezuwaschen.

Dasging so lange,wieesging.EinesTageswurde mirdieHeim- lichkeitLangbehnszu viel.Jch poltertemitmeineninnerstenGedanken heraus, alsermichwiedermit demHinweis ausdenletztenJnhalt seinesBucheswider- legenwollte. »Das Buch müßte ich erst sehen«,rief ich ihmzu. ,,Solches Buchgiebtesnichtundkannesnicht geben.Sie bilden sichnur ein,einBuch zuschreiben!«Undsoweiter.

Langbehn gabmirstilldieHandundging.Wirhattenuns schonoft

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DerRembrandldeutsche. 147

ernstlich gezanktunderwar immerwiedergekommen;erimmer zumir,daer mirjaverboten hatte,daß ichzuihmkomme.Nunkamernichtwieder.Es war dasletzteMal,daß ich ihn gesehenhabe.Erkam zu meinen Eltern,ver- miedaber,michdortzutreffen. Jch ließ ihn gewähren.MeinBankierschrieb mirnachdemnächstenErstendes Monats,daßdiesmal dieMonatsrate nicht abgehobenworden sei.

Undichwar wirklich zweifelnd geworden,obLangbehneinefestum- schlosseneArbeitvor sich habe,obesihm gelingenwerde oderzumTheil schon gelungensei,,-diehundertundtausend Gedanken,diewirdurchgesprochen hatten,zueinemGanzenzusammenzubringen;obernichtnur in derHofs- nung lebe, daß ihmDiesirgendwie gelingen werde;obernicht selbstansich diegrößte Enttäuschungerlebenmüsse.

Jahrevergingen. Jch hattemeineStellungamKunstgewerbemuseum aufgegeben,lebteinCharlottenburg, schriebKritikenfürdie»Gegenwart«und arbeitete anmeinenkunstwissenschastlichenBüchern.EinesTages,imJanuar 1890·,kameinFreundzumir,—«einer derwenigen,dieLangbehnkannten.

Wirsprachenüberihnundich machtemirvordemFreundediebitterstenVor- würfe, daßichdenWeltfremden verlassenhabe.Waswar ausihm geworden?

Arbeitete ernochandemPhantom,andemBuch,dasich doch gesehenhaben müßte,wenn eserschienenwäre? Warerzu Grunde gegangen?Sollte ich nachihm suchen?

Mein Freund verließmich.UmmichvoneinerunbehaglichenStimmung zuerholen,griff ich nacheinemBuch,das ichmirwenigeStunden vorher aus einemSchaufenster heraus gekaufthatte. Michlockte dersonderbareTitel:

.,,RembrandtalsErzieher.VoneinemDeutschen-«Alsich zwanzig Zeilen gelesen hatte, wußte ich,woran ichwar: Daists,dasBuch,dasichso lange -erwartete! MeinVertrauen war gerechtfertigt.MeinMißtrauenwar beschämt.

«Nun brachinderOeffentlichkeiteinSturm los. WeristderRem- brandtdeutsche?Soklangesvon allenSeiten. Auflage folgte auf Auflage.

WeristderMann, derso Unerhörteszusagen·wagt? EinigeganzKluge erkannten am Stil denVerfasser: PauldeLagarde ists,dergöttingerPro- fessor. Jch mußtezu meiner Schande gestehen, nochnie einWort vonLa- gardegelesenzuhaben.Wohlwar imMärz-1886 dieerste Gesammtaus- gabeseiner ,,Deutschen Schriften«erschienen,aberich hatte nichtsvon dieser Sammlungalter,seit1853 veröffentlicherZeitungaufsätzegehört.Andere,auch Nietzsche,wurden genannt;dannder dresdenerSammler undKunstfreundMartin Schubart.AberstetsfolgtevonderVerlagsbuchhandlungdieErklärung,daßder

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