XXV.Jahrg. Bekan,den s.Februar1917. Fr.18.
Jahrgang 25
DIE Zukunka
Herausgehen
Maximilian Kardew
Inhalte
Staatsamt-edit ...........
Uachdruck verboten.
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Erscheint jedenSonnabend.
Preisvierteljährllchs Mark. die einzelne Nummer50 R.
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Berlin Verlag der Zukunft
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Berlin, den Z.Februar 1917.
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Tragikomoedie.
1785.
m letzten Novemberhestsprach ichvonderHerkunftunddein
. ;Wandel derVürgettragoedieundwies aufdieSteckbkiese, diederjungeSchiller,ArztundDichter,AnklägerundNichter, denBöewichtendesaus derBühne noch heute wirksamstenBür- gerlichen Trauerspieles nachschickte.AmfünfzehntenApril 17821 umtofte derJubelderMannheimer denSchöpfervon »Katze-le undLIebe«.ZwölfTagedanachwirdinParis dieKomoedie,3-i.
gatog Hochzeitoder dertolleTag«zumerstenMal aufgesühttz höttdiefeine,vonstetemGenußkitzelmüdeGesellschafteinen Var- tbier. Abenteurer, Kampfhahn, Kammerdiener gegen denAdel, dessen einzige Anstrengung war, daßersichgebären ließ,toben, dieVeatntenschaftundEensurhöhnen,dasJammerschicksaldes armen, techtlosenBürgersbeschluchzen.Deut-schlanderfährtnach sein paar Monaten vielleicht, daßdrübenwiederein lustigesStück gespieltworden sei.DessenVerfasser, Herrn PierreAugustinCa- ron,dusich,nacheinemschwerauffindbatenLandgut·seinerFt-au, Cakon deBeaumarchais nennt,hatDeutschlandsteichsterDichter schka zehn JahrezuvormitkeckemGriff aufdieBretter gestellt.
»DieMämoires vonBeaumatchais sreutenmich,wecktenroman- tichJugendkraftinmir, sein Charakterundseine Thatenamalis gamitt nsichmitCharakteren undThatenin mir:undsoward encin .Claoigo«.Das istGlück;dennich habe Freudedavon ge-
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habt und,was mehr ist, ich forderedaskritische Messer auf,die blosübersetztenStellen adzutrennen, ohnedas Ganzezuzer- fleifchen, ohne tötlicheWunden (nichtzusagen:derHistorie, son- dern)derStruktur,derLebensorganisation desStückeszuver-
sezeniAberwas red’ ichüber meineKinder? Wenn sie leben, werden sie sortkrabbelnunter diesemweiten Himmel.«DieseSätze- schrieb GoetheanJacobizundwar stolzdarauf, daßerdasganze-- GesprächElavigos mitBeaumarchais ,Wort vor Wort,mit- GinschlußderAnweisungen fürdas Spiel Clavigos«,dem vier- tenMemoire desFranzosenentnommen habe. Dem haterein- Halbjahr hundert lang wohlwollende Aufmerksamkeit bewahrt.
Veaurnarchais, sagternoch1829,»war ein tollerChrist.Prozesse
waren sein Element,worin ihmerst eigentlich wohlwurde. Aus--
einem seiner Prozesse habenwirnochReden,die zu dem Merk- würdigsten,Tal entreichstenundPerwegenften dieserArtgehör-em- Eben diesenberühmten ProzeßverlorVeaumarchais. Als erdie TreppedesGerichts hofeshinabging, begegneteihmderKanzler- derhinaufwollte.Veaumatchaio sollte ihmausweichen,weigerte sichundbestanddarauf,daß JederzurHälftePlatzmache.Der in- seinerWürde beleidigteKanzlerbefahldenLeutenseines Gefol-
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ges, Beaumarchais ausdie Seite zuschieben,was auchgeschah;
woraufdannVeaumarchais sofortwieder in denGerichtssaalzu- rückgingundgegen denKanzlereinen Prozeßanhängigmachte, denergewann. Erhatteeinegroße advokatorische Gewandtheit und kam in eineLiteratur,dieseit LudwigdemPierzehnten her- anwuchsund zuletztinvolleerüthestand.Poltaire hetzteGeister wieDiderot. D’Alembert,Beaumarctais undAndere herauf:denn- um nebenihmnur Etwas zusein, mußteman vielsein;undda- galtkeinFeiern.«(Seltsam: dieErinnerung an Beaumarchais
«wiederhoit,nachsechsundfüangJahremwörtlicheinenSatzClass vigos.)DerGreis siehtdenPariser richtiger,alsihnderJüng- ling fah; nichtinsoreinem Heldenglanz.Von demKomoediens schreider scheinternicht sovielwievon dem Advokaten gehalten- zuhaben; sonst hätteer,der gern Fcemdartiges aufdieBühne brachte,demErzschelm FigarowohldieGnadenpforte geöffnet.
(Jndemich Diesesniederschreibe, fälltmirein, daßderTag naht,
andemvorhundertJahren GoethevonderLeitungdes weimarer Hoftheaterszurücktrat.GroßherzogKarlAugustschriebihm:.Seht
Tragikomoedie. 1 15 werther HerrGeheimerathundStaatsminister,dieMirzugekom-
menen Aeußerungenhaben Michüberzeugt,daßderHerrGe-
heimerathundStaatsminister vondenenGeschäftender Hofthe- atersantendanzdispensirtzu werden wünscht,zugleichaberseine Einwirkungdurch RathundThatderfortdauerndenhoftheater- Jutendanz,inHinsichtdesartistischenFachesdesTheaterwesens, nichtversagen wird,wenn er,wieDieseshäufgderFallsein könnte,darum begrüßtwerdenwird. DerHerr Geheimerathund Staatsminister empfängt hierbeimeinen tiefgefühltenDankfür dievergangenen ausgezeichneten Dienste,die ErbeiKreirung, ErhaltungundDirigirungderTheatergeschäfte,undzwarin allen dahin einschlagendenFächern,geleistet hat,undhoffe, daßEr die bei dieserVeränderungihm zuwachsende Muße aufdiesehrwichti- genGeschäftederAnstalten fürWissenschaftundKunstmitdem selben Eiferverwenden werde,wieErzeithersich bemüht hat, dieseAufträgemitbesondererAuszeichnungzubesorgen.Uebri- gens benachrichtige ichden HerrnGeheimerath und Staats- minister, daßichperRescriptumdieHostheater-Jutendanzvon Seinem Austritt aus selbiger benachrichtigthabe.«Neben dem ofsizielienSchreiben lagimUmschlag dieserPrivatbriefx »Lieber Freund,verschiedeneAeußerungen Deinerseits,welchemirzu AugenundOhrengekommensind, haben michunterrichtet, daß Du esgern sehen würdest,von denen Verdrießlichkeitender Theater-Jntendanz entbunden zuwerden, daßDu aberselbiger gern mitRathundThatan dieHand gehen würdest, wenn,wie DieseswohloftderFall sein wird,DuvonderJntendanz darum ersucht würdest. JchkommegernhierinDeinen Wünschenent- gegen, dankendfürdasviele Gute,was Dubeidiesensehrver- worrenen undermüdendenGeschästengeleistet hast,bittend,Jnter- esseanderKunstseitezubehalten,und hoffend, daßder vermin- derteVerdrußDeine GesundheitundLebensjahrevermehrensolle.
Einen offiziellen Brief, dieseVeränderung betreffend, lege ich bei undwünsche,wohlzu leben.KarlAugust, GroßherzogzuSach- sen.«Zwei Tagedanachantwortet ausJenaderGeheimerath undStaatsminister aufbeideBriefe: »Eure KöniglicheHoheit kommen,wieschon so oftgnädigstgeschehen,meinenWünschenent- gegen,sja, zuvor.Jch glaubte, sienunmehr hegenzudürfen,da, nach jenemvonHöchstdenenselbenmitBeifall aufgenommenenEnt-
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wurf,dieJnstrukiionenandieUntergeordneten abgegangen,und was daran zumodifizirensein möchte,durchErfahrungnachund nach fich ergebenwird.NehmenSie dahermeinen verpflichteien DankfüralleGnade undNachsicht,dieichimLaufedesGeschäftes genossenzundauchin derFolgeauf denjenigen TheileinigenEin- flußzuhaben,von welchem ichmirKenntnißundUebungzu- trauen darf,seimir gnädigvergönnt.Zugleicherlauben Höchst- diefelbendieuntecthänigsteBitte,meinen Sohn ebenfalls von diesem Geschäftzuentbinden,daeigentlich seineWirsamkeitda- bei nurinsofetn bedeutsam sein konnte,alsersdietäglichja,stünd- lichzudringendenEinzelheitenaufnehmenundvermittelnkonntez meingegenwärtigesVerhältnis sichabernur aufsolcheFällebe- ziehen kann,inwelchen Reifeund ruhige Verathung gefordert wird. Von hiesigenOberanfichtangelegenheiten, weiche Eure Königliche Hoheitmirzur erneuten angenehmenPflicht machen, kann ichnur das Erfreulichstemelden. Nirgends finde ichStock- ungoderHindernißzwas denWinter über geruht, setzt fichim Frühjahr-vonselbstinBewegungAusführlichetVerichtundEtat- vorschlägefindinArbeit. Mitwiederholten vielfältigen Danlsag- ungen EurerKönigiichenHoheit unterthänigsterJ.W.v.Goethe.«
AndenSouverain, der denDichter auchinBrieer duzt.) Nur dieFreude»das alte, fromminGeistiges ver-senkte Deutschlandsprechenzuhören,kannvon so langerEinschaltung entschuldigen.Labetuns bald, Germantsten,durcheineernsthaft zärtticheDarstellungdesVerhältnisses,indas Goethe 1791,in Mozarts Todesjahy zu demTheatertrat unddas er1817sacht löste.Zurück,raschnun, zu denSteckbriefen. Jm»Barbiervon Seoilla«,der imFebruar1775aufden Brettern de1 comödie Fran—
eajsegestolpert,üsberNachtoon demflinkenVerfassergekürzt,um- gemodeltund durch hundertSprühfeuerzumSiegegeführtwor- den war, hattederSohndesvon »CalvinsKetzerei«indenNö- merglaubenheimgekehrtenUhrmachersund bourgeoisdeParis nur das Kleid seiner Spielpuppen selbstbeschrieben.Vor das zweiteFigarostück,dasinhöheren Rang undintiefereWirkung langt, ftellter, wieSchiller,eineListederWesensmerkmale. Al- maviva (nichtirgendeinLandjunkerundGraf, sondernGroß- korregidor, oberster Gerichtsherr, Etwas wieeinVicekönigin Andalufien)foll sehr vornehm, doch,ohne Steifheit,mitzwang-
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loserGrazie dargestelltwerden. ,SeinHerzist verderbt,aberseine Haltungdurchausedel.Große Herren nahmendamals jedeWei- bergeschtchteals Spaß.WeilderGrafimmer ins Unrechtgesetzt wird, istdieRolle schwerzuspielen; kann aber,wenn einso starker Spieler wieHerrMolä sichihrer annimmt,denErfolgdes Stückessichern.« Susanne: »Diekluge, gewandte, lustige,ganz brerHerrin ergebeneKammerjungferzihreFröhlichkeitdarf nicht denfrechen TonderlüsternenSoubrette haben.DemDarsteller desFigarokannnicht ernstlichgenug empfohlen werden,inden GeistderRolle einzudringen;siehter darinAnderes alsvonHeiter- teitgewürzte,stets zu keckemAussallbereiteVernunft,übertreibter gardasSpielinVerzerrung,dannerniedert ereineRolle,deren Darstellung einen von ihrem Geist erfülltenMann ehrenmuß.
Marcellne isteinegescheite,vonNatur ein«-ZischenhitzigeFrau, derenWesendurchFehltrlttssolgen undLebenserfahrung geläu- tertwurde; dieSpielerin wird demWerkdienen,wenn sienach derSzene,indersie(denvon ihrbräutlichumworbenen)Figaro
alsihren Sohn erkennt,inden desVorgangeswürdigensittlichen Stolz hineinwächst.Cherubinist nicht mehrKind, noch nichtMann, dochvom ersten heftigenHerzschlagder Mannbarkeit erregtzstets unruhvoll, stets aber aucheinSchelmzvonallenFrauen verzärtelt undfüralleWeibheit erglühend.WeilunsererVühne Jünglinge fehlen,diefür so feineAufgaben tauglichwären, mußdie Rolle von einem jungen, sehrhübschenMädchengespielt werden.Ohne PlanundLebenskenntnisz.imWirbel jedes Ereignisse-Zkeuchtdas Kerlchen ausderSchwelle zurMannheit. JmHerzensgrund wünscht vielleicht jede Mutter, daß ihrJunge sosei,obwohljede weiß, daß solcher Bengel ihr manche Sorge machenwürde.Bri- d’oison(Gimpel ),derStellvertreter desOberrichters,hatdie harm- losgutmüthigeSicherheit entschüchterterThiere.SeinStottern darfkaumhörbarseinunddieLiebenswürdigkeitderGestalt nicht mindern; wer darin Komikerwirkungsucht, vergreift sichvöllig.
DieKomikergiebt sichaus demGegensatzdeswürdigenAmtes zu demputzigen WesendesInhabers. EinbegabterSpielerwird die Rolle behutsam anfassenundUebertreibungmeiden.«Klingts nicht, fast Alles,furchtbarfeierlich? Jstdennochnur Getändel und tönt in einLiederspiel aus, dessenletzte,von demstottern- denRichterGlmpel gesungene Strophe sagt: »Wir glauben, daß
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unsere KomoediedasLebendesgutenVolkes malt,dasihrlauscht«
Gutists;schreit, fluchtundfuchtelt zwar, wenn esgedrücktund mißhandeltwird, läßtalles LeidaberinLiedchenaufslatterm«
Toutfinit par des chansons. KeinunseligesPaar verröcheltimGift- krampf.KeinFerdinand reichtdemVater,alserflehtes Pfand derVergebung,diesterbende Hand. Kein Schurkeund Volk- schinder wird,vonundsammtseinemschmutzigstenWerkzeug,ver- nichtet nocheinem lüderlichschweigendenLandesherrndieschöne Buhleentrissen. Auch auf dieses Spielaberwürde dervonun- gestümemKnabenfinninSturm undDrangerbrütete Titel»Ka- baleundLiebe« passen.FigarowillSusanne heirathenundder Gras,demder Barbier in Sevilla einstRofincheninsEhebettge- flunkerthat,demHerrenrechtaufdieVrautnachtderihmun- terthanen Mägdlein zwar entsagen, dieses wonnige Recht aber einmalnoch,justanSusannens bräunlichstrafferBrust,ausschlürs fen. Ersuchtundfindetimmer neuen Grund zumAufschubder Hochzeit(seinNichtergewissenbefiehlt jadiegründlichstePrüfung derFrage,ob Marcelines RechtaufFigaronicht älter,drumge- wichtigerseialsSusannens);wird, oberimZimmerseiner Grä- finNosinedemSchloßpagenundOffizier Cherubin nachstöbery imGerichtssaal FintenerlistetundsichinAnwaltskniffe herab- läßt oder,endlich,unter nächtigduftenden Kastanienbäumendas weicheFellderbrünstigenKammerkatzezu krauen wähnt,überall von ehrerbietigDienernden gefoppt; mußvon derFrau,die es hinter denOehrchenhat,Verzeihungerbitten undschleunig, ohne sich aufderersehnten Weide geletztzuhaben, Figaros Eheglück segnen.GetändelundNeckspiel.Aufdemaber stand dieGeschiechts- ehrezweierFrauen,derGräfinundderJungfer; undderHörer trägt,wenn das Spiel aufdenrechtenTongestimmtwar, die Ahnung heim,daßseinGelächtereineinAnmuth verweilte,zu FortzeugungnichtmehrrüstigeWeltbestatten half,die zum Ster- benbereitwar undTodesvorstellungals Wollust empfand.
Wollte Veaumarchais aus Polterabendslust dieGästevor diese Gruftführen?Mirabeau,dener, im Streit über denAktien- kursderWasserwerke,indieReihederBaissiersundFixerge- wiesen hatte, warf ihm vor, daßeralleGesetzeundEinrichtungen, alleKlassenundSitten, denStaat unddenAnstandmitGeifer beträuft,mitschnödemHohnauswursbesudelt habe. Weder das
Trugikomoedie. lIS' zierlichhüpfende Stück, dessen verschmitzter Heldnur einmal, im Dunkel,aufbrüllt,nochdie eitelstolzirendeoder kokettzwinkernde Vorrede bekennt solche Absicht. l,Ans«tandundSittiamkeit: mit diesen SchlagwörterntönntetJhr,Pedantem auf unserenBühnen sallesKräftige umbringenzRacines Piaideurs,denTurcaret des LeSageund,mindestens, denhalbenMoiiere. Wenn nichtrasch einMuthiger alldiesen Wortstaub wegfegt.wirdunser Theater sounerträglich langweilig,daß ihmdasVolkentläuft,zuerstin sdieOperette,dann bis indiedreckigen Gaukierbuden, wo, uns zuSchmach,sittlicherFreimuthinzuchtioseFrechheitentartet und sdie mitalberner Zote gepäppelteTugenddenGeschmackanFrank- reichs Meisterwerken verliert. DasAmtdieses Muthigenhabeich
»aufmichzunehmenversucht:undallmeineWerkc,indieichnicht mehrTglent,alsichhabe,zuschöpfenvermochte,zeugenvongutem Wollen. Wieder Tragikerdiegräßlichstean brechenentschleierru dieBlutschande desOedipus und derPhaedra, Macbeths Kö- nigsmord,oenVatermord inVoltaires Mohammed, hüllenlos vor denBlickstellendarf, so muß auchdem Komiker erlaubt sein, dieGebrechen seinerZeit,dieLaster seiner Gesellschaft nackt,un- verniedlicht zuzeigen.Den Geizkannnur einschädigerGeizhals, Heucheleinureinelender Heuchler,LüdtiansthunnureinDirnen- hengstdemAuge vertörpern. Sind dieseLeuteTugendmusterk Nein. Giebt derDichter siedafüraus? Nein.Erschützt,begönnettz svertheidigtkeinen derKerle, sondernmalt das besondere Laster jedesEinzelnen.Und weilder Löwewild,derWolfgefräßig,hek Fuchslistig ist, solldieFabel,dievonihnenerzählt;unmoralisch sein?Den mitLastern Veladenen wolltJhrdasBühnenthorsper- sten? Was bleibtaufdemSchaugetüstdannzugeißeln?Lächerliche Verdrehtheit2 Lohnt nicht.DesDramatikers würdigsteAufgabe ist,demLasterdietausend wechselndenLarven,demMißbrauchdie ckünstlichgebauschten Prunkkleiderabzureißen.WehDem,der die- serPfiichtfehlti DerMensch istnurdadurchzubessern,daßmanihn sichseibst sehen erkennenlehrt. DieKomoedie,dienichtnurergötzerh sondern durchWahrhaftigkeitnützen will, darf nichtleeremAka- .demikergerede,nicht verlogener Lobhudelei ähneln.Unanständig wird einStück nicht durchdieungeschminkteDarstellungdes Lasters;wird es nur,wenn derVerfasser zuschwachoderzufeigisi, OienothwendigeMorallehre daraus zuziehen.Meinen,Tolle-r
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Tag«mußteich,trotzdemerdemedlen, kühnenHeldengeistdes gro- ßenFürstenContigefallen hatte, fünfJahrelangimSchubtasterr lassen.Alsihn, endlich,dieSchauspielermirentwunden undauf dieBühne gebracht hatten,gabseingelles Geschrei.Meine mächti- genFeindeerfülltendenHofmitder Kunde,dasStück,einGewebe ausallerlei Thorengarn,schmäheReligionundRegirung,kränke alleStände,zerre die GebotederSittlichkeitin denKothund zeige, wieEtwas,dasvon Rechtes wegen sein müsse,desLastersTri- umphunddieNiederlage der-Tugend.Mein ersterFigarohatte dasStaatsgebäudeerschüttert;meinzweiter bedrohtees mitZer- trümmerung.Wenn diesesStück erlaubt wurde,warnichts mehr heilig.DieBehördewurde durch lügnerischeBerichtegetäuscht, einHeerängstlicherDamen mobil gemacht, aufBetschemelmir Feindschaft gesät:undmeine unersch öpsticheGeduld,meinestets belehrbare Ehrfurcht,meinVerstand (wennman ihn hörenwollte) mußtengegen das erbärmliche GezetteldenKampfwagen. Bier Jahrehatergedauert.4—I—5= 9.Was konntevondenAnspiel-- ungen, dieman indemWerk witterte, übrigbleiben? Alsichs- schrieb,keimtenoch nicht,was heuteinBlüthe ist;war eineganz.
andereWelt. JndemStück ist nichts Fürchterliches ;nur dassim- pelste Schäkergesträhn.EinspanischerEdelmann möchteeinMäd- chen verführen,das,imBund mitHerrinund Bräutigam,den Plan des durch Rang, Reichthum,FreigiebigkeitfastAllmäch- tigenvereitelt: Das ist Alles-Seht EuchdasStückan: Jhrwer- detnichtsAnderes drinfinden.Unter einemgerechtenKönigund- vernünftigen Ministern beleidigtderSchriftsteller, der widerty- rannischen Druckdas Wort führt,keinenMenschen. Während derRegirung guter Fürstenkannman ungefährdetdieGeschichte derschlechtenschreiben. Je weiser, je heller erleuchtetdieRegi- rung, destofreierdieRede; woJederimLande derPflichtge- nügt, brauchtKeiner dunkleAndeutung zuscheuen.Dabeigedeiht unsere Literatur, die uns draußen Ruhm beschertundin einen aufandere Leistung nichtzustützendenBorrang gehoben hat.
Wir sindnochheute nicht tapfererals derFeind,der uns schlug;
haben sanftere, doch nichtbessereSitten. Auf unserer Literatur, dievon allen Bölkern geliebtund mitRechtdrum vonunserer Regirung geschirmt wird, ruhtdieWeltherrschaftderfranzösi- schenSprache.Warum alsozerfleischtman mich?WeilichFigaro
ngikonwedie. 12i·
dieHöflingehöhnenließ.(Kainzens schlimmeUebersetzung,die, leider,imDeutschenTheater benutzt wird, machtausdem com-ti- san einen Dtplomaten,ausSpott Unsinn.)Erbehauptet,sürs Höflingsgeschäftgeborenzusein,undantwortet ausSusannens Frage,ob esnichtschwer sei:,Nehmen, errasfen,weiterbetteln:
inden dreiWorten istdasganzeGeschäftsgeheimniß.«Vergesset nicht, daßderzurHofgesellschaftGehörige,daßauchderHofmann nichtdasHöflingsgewerbezu treiben braucht.Derhöslingdrückt jedehand,scheint stets unterwürftg, spinntüberallseineFädchen an,macht sichnirgends Feinde,stößtaber denbestenFreund,wenn erihmdenPfad ausden Gipfelsperrt,vonhintenindenAbgrund, lobt,wenns Nutzenverheißt,lächelnd,was ihtnmißfällt,tadelt, wasihmimInnersten behagt,und siehtinersprießlicherBuhl- schastseinerFrauoder Geliebten nur, wasihm paßt.SchonLa- Fontainehat gesagt,der echteHosmann nehmeallesErlangbarr.
HöflingediesesaltenSchlages kenneich nicht;Unter dem dritten Henri, nochunter anderen Königen sollsdie Sorte gegebenha- ben. DerGeschichtschreiber mages wissen.JchsteheausdemGlau- ben,daßjedes Jahrhundert HeiligeundDreckseelen hat (dieim nächstenvielleichtheiliggesprochenwerden;underkennedenHaupt- schier meines Stückesdarin, daßesdasBild entschwundener Zeit,nichtderGesellschaftvon heute,giebtundSitten schildert, derenSpurman jetztvergebenssucht. SeineGesellschaftwar ge- sternundkannmorgen wiederkehrenzunsere ähnelt ihrinkeinem Zug.Wahrhaftig: nichtin demallerkleinsten. Männer,dieihre Frauen verkuppeln,lüderndeKavaliere,rasssüchtigeHöflinge, dummeoderparteiischeRichter,schimpfendeAdookaten,vonGunst gehobeneKnirpse:niehatmeinAuge soGarstigeserblickt.Und wenn Lämmchenseelen,weilsie sichnichtzurechtfinden,mituner- müdlicher WuthmeinStückzersetzen,thun siesausEhrfurchtvor ihren Ahnenundaus Empfindlichkeit für ihreEnkel.Nachdie- sem Bekenntniß,hosfe ich,läßtlmanmichnun inRuhe. Schluß.«
So(ungesähr)redetBeaumarchais. Sprichtkeingreifbares Wort gegen dieStaatsordnung, denKnechtsstanddesArmen, dieGerichtsherrlichkeitdes inParteivorurtheilBefangenen, nicht daswinzigste sogargegen dasVrautnachtrecht desGrundherrn.
Daswar bisandenAusgang desachtzehntenJahrhundertsin allenZonen Europens, vonSizilien bisinsHannoverland und
s122 DieZukunft-
-·lmhöherenNordem heimischundinmanchemGemeinwesenden BögtenundMeiern zuerkannt.IneinemzürcherNechtsbuchaus idemJahr1543stehtdieVorschrift: »Wer hierzuderheiligenEhe
«-iommt,Dersollden Meter unddessenFrauladen. DerMeter solldemBräutigameinen Topfleihen,worin erwohleinSchaf ssieden kann, soll aucheinFuder Holzund von einem Schwein das SchinkenviertelzurHochzeitbringen.Undgeht siezuEnde, so sollderBräutigamdieerste NachtdenMeter bei derBraut liegenlassenodersiemitfünf SchilllngenundvierPfennigenlö- sen-«DieMeierin wußte also,wieund woihrTrauiersich ergötze (,,gute alteZeit«).undwar amEnde nur brummig,weildasAb- standsgeld,derVettgroschen,J ungfernzins,Lakentl)aler,dasVogt-
"hemd,dieVusenrente nicht ihrer Wirthschaft zuflosz.(Jneinzelnen GegendenDeutschlands hattendi eVräutedemGrundherrn,damit
ervonseinemRechtabstehe,so vielButterund Käsezuliefern,,wie dick undschwer ihrHintertheilwar«;unter solchemBedingkäme selbstdieSchlankste jetzt nicht jüngferlichanihrenMann) Graf Almavtoa mimt edleSittlichkeit. ,DieAbstellung schmählichen Rechtes tilgtnur,was wirderEhrbarkeit schulden.EinSpanier kanntrachten,durchemsiges Werben Schönheitzuerobern;doch Vonihrdenersten,densüßestenGenußalsDienstpflichtzuhei- schen,magsicheinwandalischer Knechter,wirdniemals aber,wie zubekennbaremRecht,einkastilischerEdelmann sichentschließen.«
Nichtwiezu bekennbarem Recht;derGroßkorregidor hätschelt dieHoffnung,daß seinMannesreiz und seineVerführerkunst jeden Rechtsanspruch vollan ersetzenwerde,undschämtsichgar nicht,denHochzeitausschubalsKitzelwerkzeugzubrauchen.Da, endlich,Susanne vorihm knien,aus seinerHanddie mitweißen FedernundVändern geputzteBrauthaubeunddenHochzeitstrauß empfangendarf, jauchzen zweiDorsjungfern:l,Singet, Neuver- mählte,dieWohlthat,denNuhmdesHerrnGrafen,derdem Recht entsagthat,beiEuchzuschlafen,der, aquust verzichtend, sichhehr überwand, keusch,unberührt Euch giebtindesGatten Hand-«
Foppt ihnFigaro?Listigernochundlustiger Susanne.Diesteckt ihm,dersie,zugefälligemSchein,mit demWeihezeichenzüchti- ger Bräute schmückt,dasZettelchenzu, das ihn fürdenSpätabend unter dieKastanien ruft,inPrellerei undWeiberspott lockt. Das war einmal, spricht,unter frommem Auge,desSchöpfersMund;