Icle Jahrg. skrlhgdenö.Februar1916sp Ir.1"8.
Herausgehen
Maximilian Kardm
Inhalt:
Seite iVachkgelevorRecht ......"................. 39 Vollmvydnächke. VonMarie von Buner ............. 54 Sellillauxeigrm VonEmmaBölmter,Gottjchalt,Ehrenstein ... 60 Plänen-. VonUäthevrodnitk ......-............. 62
Nachdruck verboten.
Erscheint jedensonnabend Preisvierteljäljrlich5Mark,dieeinzelne Nummer 50Pf.
Berlin.
Verlag der Z Ukunft.
WirhermstraßeJas.
1916.
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Berlin, den 5.Februar 1916.
Macht gehtvor Recht.
iegehören,höchsterEhrunghöchstwürdigerHerrLlodeeorge, zudenNeidenswerthen, dienieAnderes sehen,alswas ihr hirnwunschzuschauenstrebt;immer nur eineSeite,die inden Willenskram oderdasAbsatzkrämchenpassende, desDinges,das siegerade beschäftigt. Wacht hinter solchemAugeeinblanker, spitzerBerstand,dann fehlt nichtviel zu einem gutenParteirechtss anwalt; sehntDersichausdenGerichtsschrankeninsWeite und lernt dieZwillingskunstderVeredsamkeitundMassenumschmeis -chelung:demDemagogenhängtkeinKranzzuhoch.Sie können mehr.Arbeiten (wasinJhrerHeimath, ehewirsieweckten,selbst aufderZinnenichtJeder konnte);inFrostundWind unwirscher Bolkslaune ausharren (alsGegnerdesBurenkriegeswaren Sie sinmancherBersammlungvonheulenderWuth umfuchtelt);Noih- wendiges,dasJhrenLandsleuten ungenießbarscheint, so emsig sdurchknetenundbehutsamzuckern,daßesAllenwiePlumpudding -schmeckt.Als SohneinesVolksschullehrerskennenSie, trotzder Geburt inManchester-,derErziehunginWales,gewißEiniges VonShakespeare. AuchJohn Cade,denTuchmacherundMassen- xheiland?»Ich gelobe,allenMißbrauch abzuschasfen.Sieben Sechserbrote solleninEnglandfüreinenGroschenzukaufen sein.
KeinLord,keinEdelmann sollübrigbleiben. Schontnur,die in gelapptenSchuhengehnzwackersind sie,unsgutgesinnteLeute.«
Denen würden Sienicht,wieJohn Lügenmaul, vorschwindeln,
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einMortimerhabe SieimSchoßeinerPlantagenet gezeugtDass zögejetzt auchnicht mehr.Ob einTröpflein fremdenBlutes ins IhrenAdern ist?conventional cant hatsienichtverkalkt.8ch sehe- Sie nichtindenlondoner Abendgesellschaften,wo»Alle Larven tragen,sagen,was sie nicht glauben, essen,wasihnenschadet, undaufdemHeimwegUebles von einander reden«. (Gordon beseufztesundwilllieberalsDerwischbeimMahdiimSudan hockenalsjedenAbendinLondondemGötzenGeselligkeitfronen.)- JhreStärke ist, daßSie, wie, nach Mirabeaus Urtheil, Nobes-.
pierre,Alles glauben,was Sie aussprechen. FastAlles;min- destensin derMinute, woes vonJhrerLippeströmt.Wenn Sie ein neues Patentgesetz machen,dieWirrnißdesThemsehafensin Ordnung bringen,denArbeitern höheren LohnundAltersrente- schasfen,dasVodenmonopolund dieSchnapsbrennerbekämpfen,.
fühlenSiesichalsdenEklöserdesJnselreiches,haltenJeden,der widerspricht,füreinenSchurkenundsindüberzeugt,daßnie einem- Genius Gedanken wuchsenwieJhrem. »3wischenschwelgendem NeichthumunderniedernderNoth istdie Kluft so breitgewordem daßderGesellschaftzustandvon heutenichtdauernkann.Wo viele Seelen verderben müssen,damiteine kleineMenschenschaarüppig- gedeihe, istdas Jdeal gerechterGütenicht verwirklicht, alsodie Weltordnung gestört.«SolcheGedanken,meinenSie,drangen aus keinemKopf je nochansLicht.Uns,nachStein undBismarck,Marxs undLassalle,dünkt der Ausdruck smalltalkzsogar nachCarlyle,den Webbs und anderen FabiermSie denkeninAnwaltss chriftsätzen;
wersichdavon nichtstimmenläßt,weidebeimRindvieh Kriegs- zeit istJhreigentliches Element;inderblühenMenschen Jhres Wesens auf.Denen istpolitischeErdgeschichteeingrellesMelo-.
drama,worin engelhaftvollkommene Güte undReinheitwider abgefeimtehöllentückekämpft.AllePeersvonEngland als Aus- beuter und Gauner zuächten,war immerhin nochschwierig.Alle—
Deutschen Barbaren, Rechtsbrecher, Menschenfresser:nichtdie Kindernur hörenes gern.Sie, Right Honourable,waren drum auch- derMann, dasSchlagwortzufinden,das allenKöpfendie Son- derheit dieses Krieges einhämmert (wieJhrAuge, zwischenScheu- klappen,sie sehenmuß).»Mazzinischrieb einst,derKrieg,dernicht- zurVertheidigungeiner großenWahrheitoder zurEntlarvunæ einer großen Lüge geführt werde, seidas schrecklichstealler Ver-«
Macht gehtvor Recht. 41
brechen.WirVerbündetenwetdenin unseremKraftauswandnicht ermatten,bisdieLüge,Gewalt sei Recht, so tiefindas Erdreich verscharrtist,daßsieniemals auferstehenkann.«Da hasiDu,Michel, DeinFett(anderes darsnichtdurch denKanal).Weshalb besehden DichdreiKaiser,vierKönigeundeineRepublik? WeilDein schnö- der Sinn gesitteterMenschheit zubtüllt:Macht gehtvorRecht.
Bismarck hatsgesagt?Niemals. Jm Redestreit gegen die AdressedesAbgeordnetenhauses,die demMinisterpräsidenten Versassungbruch vorwarf,hater(amsiebenundzwanzigstenJanuar 1863)gesagt: »DasVerfassungleben besteht,nachdemUrtheil eines ersahrenen Staatsmannes, auseinerReihevon Kompros missen.Wird derKompromißdadurchvereitelt,daßeinederbe- theiligtenGewalten ihre eigeneAnsichtmit doktrinärem Absolu- tismus durchführenwill, sowirddieReiheunterbrochenundan dieStelle derKompromissetreten Konflikte,die dann zuMacht- sragenwerdenzwerdieMachtinHänden hat, gehtinseinemSinn vor,weildasStaatsleben auch nichteinenAugenblickstillstehen kann.« Der Abgeordnete GrafvonSchwerin antwortete:»Die Rede desHerrnMinisterpräsidentengipfelteindemSatz:,Macht gehtvorRecht;sprecht,wathr wollt,wirhabendieMacht, also werden wirunsere Theorie durchführen-«DiesenSatz halte ich nicht für einen,der dieDynastieinPreußen ausdieDauer stützen kann. DieGröße unseres Landes und dieVerehrung,die das preußischeRegentenhaus genießt, ruht vielmehr ausdemSatz- Rechtgeht vorMacht. Justitjakundamentum regnorum:Das istder WahlspruchderpreußischenKönige;undsolles bleiben.« Vis- marck (der währendderRede SchwerinsnichtimSaal war):
»Wiemirgesagtwird, hatderHerrRedner verstanden,ich habe geäußert: Machtgehtvor Recht.Jcherinnere micheinersolchen Aeußerung nicht.(Lebhasier Widerspruch) Trotzderungläubi- genAeußerung,mit derSiemeine Berichtigungaufnehmen,ap- pellire ichanJhrGedächtnißzwenn essosicheristwie meins,wird esJhnen sagen, daß ichzu einemKompromißrieth,weilsonstKon- slikte entstehen,die zuMachisragenwerden,undderBesitzerder Macht,da dasStaatsleben nicht stillstehen kann, genöthigt ist,sie- zubrauchen.(GroßeUnruhe.)Jch habeDas nichtalseinenVor- theilbezeichnet;ich mache aus unparteiischeBeurtheilung von JhrerSeite keinenAnspruchzichwillnur zuProtokol berichtigen,
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wasmißverstandenwordenist.«Roch einmal,fünf8ahre danach, thaters ; alsTwesteneinenSatzseinerRede mißdteutethatte.»Ich möchtenicht,daßdurchdieGeburthiifedesHerrn Vorredners ausmeinem Wort einfliegendes gemachtwerde,wieauseinem, dasichauchniemals gesprochenhabe, daßMachtvorRecht gehe.«l Geschriebenhatseinviel ältererBoch"e:Luther; alserdenkleinen Propheten Habakuk übersetzte.Richtsosinngetren,scheint mir,wie derKatholikAllioli. »Warum,Herr,lässestDumichMissethat undMühsalsehen,RaubundUngerechtigkeitvor meinemAugeJ Man hält Gericht,aber derWidersacher hatdieOberhand.«
(Luther:»Es gehet Gewalt überRecht.«)»SchauetaufdieVöl- kerund staunetzdenninEuren Tagen geschiehteinWerk,das Niemand glaubet,wenn mans erzählt.Dennsiehe:icherweckedie Chaldäer,eingrausamesundschnelles Volk,dasüberdiebreite Erdezieht,in5üttenzuwohnen,dienichtseinsind.Schreckenund Gräuelwirkt es.SchnelleralsPardelsindseineRosse,flinkerals WölfedesAbends;seineReiter fliegenwieAdler,dieaufFraß stürzen.Auf Raub gehtesaus, rafft,wieSand,Gefangenezu- sammen,triumphirtüberKönigehin, spottetderFürstenundlacht jeglicherFestungxesschütteteinenWall aufunderobertsie.Dann aberändertsichseinSinn ; es wirdübermüthig undfällt.Warum, Herr,blicktestDu auf dieUebelthäterundschwiegest,daderGott- losedenGerechterenverschlang?«VondenChaldäernwar was zuholen.Nur nichtderBeweis,denJhr Schriftsatz verschweigt.
Jch selbst, ist oft gedruckt worden, habeden(längst,freilich, nichtmehrnothwendigen)Beweis geliefert, daßDeutschlands LosungderSatz sei:Macht gehtvorRecht·»WerimRecht ist?
FragetdieBuche,wer ihrdasRechtgab,denWipfelhöherzu recken,alsPinien undTannen,Birken undPalmen vermochten.
HeischetsievoreinTribunal,dem dieKrüppelkieferPräsidirt.Aus derKrone rauschts:,Meine Kraft ist meinRecht.«Ueber dasmit einem VolkegeboreneRecht,zuleben,zugedeihen,himmelanzu wachsen,giebtskeinenRichter.Jeder wärebefangen. Jeden müß- tenwirablehnen.«Hundertmal sind diese Sätze (vom achtenAugust l914),nachdemderUebersetzersiegefärbt,aufseineArtzugerichtet hatte,ins Schaufensterfeindlichen Anstandes gelegtworden; ohneihreGefährten,diedenSinn ergänzen,durchleuchtenkDUUtMs
»Vefangensind wir,Alle,dienichtinder dünnenGletscherluft desweisenGreisesGoethe horsten,imUrtheilüberdasunsschäds
DNachtgehtvor Rechts 43
licheHandelnfremderRationen. Getäuscht,überlistet,verrathen haben sieunsJWir wollens nicht glauben.Garnichterst,saums selig,prüfen,ob derBeweisstarkoderschwach,felsfestoderbröcke- ligist. AufsKindernachttöpfendieGeschäftsführer,diesichbe- tölpeln ließen; dienicht wüßten,daßder alteUrstandewiger Natur wiederkehrt, wennAres sichinGoldschientundseinerBrut,dem Graus und demSchrecken, befiehlt,vordenKriegswagen die Rossezuschirren.SpitzfindigeRechtserörterunggebiertnichtden Geist,den Germania heutewieder von ihrenKindern verlangt.
Wer imRecht ist?Wer dieMacht hat:darum nur gehts noch.
Siegen müssenwir. NichtvorRoben undVrillen beweisen,daß wirehrlicheLeutevon friedlicherGemüthsfarbe sind.Woliegt dieWelt,derjemalserweislich würde, Vriten, Slawen,Fran- zosen, Jtaler,Wallonen seienschäbigeWichte, treuloseLügner?
Richt Deutschlands Recht: Deutschlands Machtist jetztzuek- weisen.Wir müssen siegen. Sonst stirbtmitderMacht auchdas Recht. Wäre das Gewimmel derFeinde stärker,dann schlüge inseinerKraftderPuls desRechteszurVorreckungüberdie deutsche Menschheit.«Rur hämischerWillekannden Sinn ver- dunkeln: Sieg, nichtEntschuldigungversuch, verheißtunsHeil;
DeutschlandsKrast durfteweiter reichendesHerrschaftrechtfor- dern;würdesieüberwältigt,dannhülfedemReich keineVerufung aufgutes Rechtund frommenWandel.Durfte Politikin derersten WocheeinesKriegesgegendreiRiesenanderssprechen? Verbot Gewissen nicht,denInbegriffsolcherRede indenPrahlschwatz umzufälschen,dasRechtanderer Erdbewohner sei deutscherBak- bareinur einSchemen,dessen HohlheitderLange Maxund die DickeBerthain trautem Verein baldenthülsenwerden?
Gewissen(soantwortetJhrLächeln)verbietetgarnichts.Daß wirdiesesOrganonimGemüth haben,bilden wir uns nur ein:
sprichtJeremiasVentham. RachVain sollsimInneren dem Menschennachschaffen,was ihmdraußen Regirungheißt. Und Butler meint,Gewissenwürde dieWeltbeherrschen,wennseinem Recht Machtzuwüchse.DasindwiederdiezweiWörter,mit de- nen SieFangballspielenmöchten; undvomHimmelderBegriffe leuchtetinsHaupt einesBischofsdieErkenntniß,daß machtloses Recht nichtvielwerthist.Macht ohneRecht?JhremRabel wird es entbunden. Daß sieesformtundprägt,rasch inUmlauf bringt undihmAnerkennung erzwingt:könnenErwachsenedarüberstrei-
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ten?Jchverzichte aufdenbilligen Spaß,weitschweifigzuergrün- den,welches sittlichgeläuterte,vonallerMachtschlacke gereinigte RechtJhremVolkdieHerrschaftüberJrland, Indien,Egypten, denSudan,dieAfrikanderbezirke,Kanada,Australien,Gibral- tarundmanchesAndere gab.Machtschuf sie;so langenur, wie MachtJhrenReichswlmpel bläht,giltJhrHerrenrecht;undMo- ralbegnügt sich,indieSiedlungen zugucken,um denMensch- heitwerthdesdortvomEroberer Geleistetenzuermessen. »Wenn derMensch überlegt,was erthun,was nicht thunsolle, sover- birgt sich dahinterdieErwägung,was ihm nützen,was schaden werde. Das alsnützlichVegehrtenennt er gut,das alsschädlich Gefürchtetebös. Pflicht:dieNothwendigkeit,zuhandelnoder vonHandlungabzustehen,dami·terseinGlück vollende odermin- destens nicht kleinere.Ehrfurcht:die Vorstellung,daßeinMensch zwarmächtiggenug sei,uns Gutes undBöseszuthun,uns das Böseaberersparenwerde. Wohlthätigkeit:dieFreudeandem Bewußtsein,nichtnur dieeigenenWünscheerfüllen, sondern auchAnderen zur Erfüllung helfenzukönnen. Gottnennen wirgütig,weilwirseineGüteempfindenodersie erlangenwollen.
Mitleidigsind wir,weilwirdasUnglück derRächsten sehenund fürchten, auchuns könne es morgen packen;Unglück,das uns nichtverschuldetscheint,wecktbesonders starkesMitleid: istWeh nichtdieFolgevon Schuld,so sindjaauchwirUnschuldigenicht davor sicher.Wer giebt, hofft, daßdieGabeihm irgendwie zinsez GebenisteineHandlungfreienWillens undhat,alssolche,das Ziel,demHandelnden Vortheil einzutragen. Weil Friededen Meisten nützt,wirderstets, sammtAllem, wasihn erwirken oder erhaltenkönnte,gepriesen.DieMöglichkeit,ohneLebensgefähr- dungeineSchlacht,denKampfzweierHeere,zubetrachten,lockt dichte Menschenschaaren herbei; wären dieGeschlagenen ihre Freunde: das GefühldesGlückes,vonsolchemElend verschont zusein,überwögedasMitleid.Noch einmal:Was wirwünschen, heißtgut,wasuns schreckt,heißtböse.Gottes Nechtwird nirgends bestritten,woman ihnallmächtigglaubt.«DasAllrecht istalso Ergebniszder Allmacht...NurNietzsche(denSie aus derZei- tungkennen und,dentrutzigstenTadler jungenReichswesens, alsblind Alldeutschenins Gedächtniszbuchten)kanndiese Sätze geschrieben haben?Nein: ThomasHobbesschrieb sie; Jhrlieber Landsmann, der denMenschenverkehr wölfisch.dieSpur des
MachtgehtvorRecht-« 45 KriegesAller gegenAllenoch nichtvöllig getilgtfand undvor demJesuitenBusenbaum (abernachMacchiavelli) erkannte, daß zuerlaubtemeeck jedesMittel anwendbarsei.»Dennwasnützt einRecht,wenn die zudessenDurchsetzungnöthigenMittel per-
IsagtwerdeUJJeder hatdasRecht,sichselbstzuerhalten, also auch das, alledazu tauglichenMittel anzuwendenund-nichteinszu verschmähen,ohnedasdieSelbsterhaltung ungewißwäre.«8hre TugendhebedenSpaten, denLeviathanzuverscharren.
Doch sieschaufledieGruft nichtallzu schmal:sonstfehltfür später Erzeugtes imSandgewölbRaum. SechsSchollen aus jedenUtilitarier. EinErdkämmerchensogarfürdenreinlichen Baruch Spinoza. Nicht,weilihmVergnügenwar,Spinnen ge- geneinander inKampfzuscheuchenoderihnenlebendeFliegen insNetzzusetzen.Sondern,weilerzusagenwagte:»Jederhat genausovielRecht wieMachtzdieGrenzen derMachtsind auch diedesBechtes.«Wo,fragt ungeduldigder Mann aus Man- chester,bliebenbeimAufmarschdieDeutschen?Die,dearsir,reden
undersalsHobbes,Locke,Bentham,anders nochalsHume.»Ein eigenthümlicherFehlerderDeutschen ist, daßsie,was vorihren Füßenliegt,inden Wolken suchen. BeigewissenWorten, wie dasindRecht,Freiheit,dasGute,dasSein(diesernichtssagende Jnfinitiv derKopula)wirddemDeutschenganzschwindligzer
geräthalsbald in eineArtDelirium und fängtan,sichinhoch- trabenden Phrasen zuergehen,indem erdieweitesten, folglich hohlstenBegriffe künstlichaneinanderreiht, stattdie Bealität ins Augezufassen.DerBegriffdesRechtesisteinnegativer; derdes Unrechtes istderpositiveundistgleichbedeutendmitVerletzung imweitestenSinn. Einesolchekannnun entweder diePersonoder das Eigenthumoder dieEhre betreffen. Hiernach sinddanndie Menschenrechteleichtzubestimmen:Jederhatdas Recht, Alleszu thun, wodurcherKeinenverletzt.DerStaatistimWesentlicheneine bloße Schutzanstalt,gegenäußere AngriffedesGanzenoder in-
nere derEinzelnenunter einander. Hierausfolgt,daßdieRoth- wendigkeitdesStaates imletztenGrund aufder anerkannten Un- gerechtigkeitdes Menschengeschlechtesberuht.Wenn aufderWelt Gerechtigkeitherrschte,wäre eshinreichend, seinHausgebautzu Haben,undesbedürftekeinesanderen Schutzesalsdiesesoffen- baren Eigenthumsrechtes.WeilaberdasUnrecht herrscht,muß«
werdasHausgebauthat, auchim Standesein,es zuschützen.Sonst
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istsein Rechtde facto unvollkommen;derAngreifer hatnämlich- Faustrecht DieserRechtsbegriffistinderpolitischenWeltzwar inderTheorieabgeschafft,giltaberinderPraxisfortwährend.
DieRaubthiere desmenschlichen Geschlechtessind dieerobern- denVölker,welchewir,vondenältestenZeitenbisaufdieneu- sten,überallaustretensehen,»mitwechselndemGlück,indem ihr jeweiligesGelingenund MißlingendurchwegdenStoffderWelt- gefchichteliefert;dahereben Boltaire Recht hat,zusagen,Raub-
-
seiallerKriege Zweck. Daß siesichderSacheschämen,geht dar- aus hervor,daß jedeRegirunglautbetheuert,nieanders alszur SelbstvertheidigungdieWaffenergreifenzu wollen. Statt aber dieSachemitöffentlichen,offiziellen Lügenzubeschönigen,die fast noch mehr alsjeneselbstempören,sollte sie sich,freiundfrech, aufdieLehredesMacchiavelliberufen,aus dersich entneh- men läßt, daß zwischenVölkern undinderPolitikderSatzgilt:
Was Du Dirnichtgethan sehen willst,Das thueAnderen.Willst Dunichtunterjocht werden, so unterjochedenNachbar,wenn- seine SchwächeDirdieGelegenheitbietet. Dieser macchiavebs lische Grundsatz ist fürdieRaublust immer nocheine vielan-
ständigere Hülleals derganz durchsichtige Lappenpalpabelster LügeninPräsidentenreden,garsolcher, welche aufdiebekannte GeschichtevondemKaninchen,welches denHundangegriffen ha- bensoll,hinauslaufen.Jm Grunde sieht jederStaat denanderen als eineRäuberhordean,die überihn hetfallen werde,sobald dieGelegenheitkommt.DasRechtansichselbstist machtlos;von Natur herrschtdieGewalt. DiesezumRechthinüberzuziehen,so daßdie Gewalt demRechtzurHerrschaft helfe:Dies istdasPro- blemderStaatskunst.« Also sprichtSchopenhauen Rachdem Philosophen derRechtslehrer: »Alles RechtinderWeltister- strittenworden undjedesRechtbehauptet sichnurdadurch,das Rechteines Volkes wiedas eines Einzelnen,daßdieerforder- liche KraftzuseinerBehauptungihmzu Gebotsteht.Das Recht istkeinlogischensonderneinKraftbegriff. Darum führtdie Ge- rechtigkeitnebenderWagschaleinder einenHand,mitderfiedas Recht abwägt,inderanderen das Schwert,mitdemsieesbe- hauptet.«(Jhering.) DergroßenLüge,dieEuerKriegtief be- graben will, sinddiezwellGerechtennichtmitschuldig.
Wiraber,Mann vorMann, anderLähmung edler Sittlichss keit?»DerKrieglöstdieBande allerMoralpflicht«:Butte.Schow
Machtgehtvor Recht- «.J- 47
unsereRüstungwar Friedensbruch2 »DerWaffenloseistein schlechterFriedenswächterzwahreStaatsweisheit räthauchdem friedlichGesinnten,gegenjähenAusbrucheinesin andere Wind-»
richtung strebendenWillens sichzuwaffnen«:Fox. Daßwirohne alltäglichesGeräuschdieWehrmittel häusten,war Verbrechen?-
»EinergroßartigenMaschine,die,plötzlich,nachlangemStill- stand,die Gewalt ihres Räderwerkes erweist, gleichtunserEng-- land; währendes zuruhen, ohne Willen zuThat schien,ballts es dieMacht, ohnedie eskünftigeGelegenheitnicht ausnützen könnte«:Canning. Der warnt auchvorSchonungundHalbheit inKriegsnoth;»dennwonurGewaltEntscheidung bringen kann,- istschwächlichesZaudernGrausamkeit.«Hatte Führungdes Krie- gesschändet?»Der GeistdesFriedens taugtnichtindenKrieg, der,alsdas äußersteGewaltmittel,nichtgemildertwerden darf;.
schläferigexFührung,die Blut und Geld vergeudet, nichtspart, wäreUnterhandlung oderUnterwerfung vorzuziehen«:Mac- aulay. Nur Vriten rief ich hieralsZeugen auf.Willeinderber Staatsgeschästsmann Jhres Schlages imErnst tadeln, daß wirmit jeder erlangbaren Waffe fochten? Fultons Unter- seebootwurde von Pitt,alseinderenglischen Seemacht höchst gefährlichesWerkzeug,nichtgefördert.Das derBrüder Coess fin,das neun Männern Raum undLuftgewährte,wurde 1811 erprobtund vonLazareCarnot empfohlen. Schnellundbillig, schriebder»OrganisatordesSieges«,·könneFrankreichsichUnters seefahrzeuge schaffen.Nochwurde nichts draus ;Niemand aber hat anAechtung diesesKampfmittels gedacht. Große,tragfähige Luftschisfewurden möglich,seitStarkstromausThonerdedas-
leichteAluminiuminunbegrenzten Mengenzuscheidengestattet-.
EinGemisch diesesMetalles mitEisenoxydkanngebrocheneBahn- schienenraschwiederinEinheitschweißen.Daderexplodirenden Granatfüllmasseheiße,ErstickungwirkendeGaseentströmen,lag,.
wiederbonner Professor AnschützbeimAntritt des Rektorates sagte, »derGedanke nah,die Schleimhäutereizende,schwereGase, ohneExplosion,inmechanischerWeise,weithinauffeindlicheStell- ungen zuergießen,umdieKämpferdaraus zu vertreiben.«Explo- sivstosfe,glaubtetJhr, würden uns,wennausChilekeinSalpeter mehr käme,baldknappwerden. EitleHoffnung.AusStickstoffund WasserstoffwirdAmmoniak,aus Ammoniak undLuftwird Sal- petersäure. TrotzderMeersperre,diebewährteZusatzstoffenicht
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durchläßt,istunsderhärteste,zähsteSpezialstahlgesichert.Chemie fanddiedemSchlachtfeld angepaßteFarbedesdeutschen Krieger- kleideszdieLeuchtmassefürUhrziffernblätterzdas Metall fürdie Fäden derTaschenlampenz sie ersetztBenzinundKautfchukz här- tetflüssigeFette;liefertSera undDesinfizirmittel (nochistkeine derSeuchen, diedraußenwüthen,überunsereGrenzeneinge-
·drungen); züchtetaus Tausenden künstlichhergestellterKohlen- stoffverbindungenHeilkräfte. Warum,David ausManchester, EließEureEhemikerindustrie,die vorvierzigJahrenunüberwind- lichschien, sichvon unsererschlagen?Warum dienen ihrdanur sechswissenschaftlichdurchgebildeteMänner,wowirzweihundert- fünfzighaben? Warum sindEureUnterseeboote,Flugzeuge, Ge- -schütze,Sprengstofse,Zünder, Ferngläser,Platten, Filmsnicht besserals unsere? Früherwaret Ihr, vielfrüher,inmächtigem Reichsverbandundmußtetsoweit voraus sein,daßSiebenmeilen- stiefel Euchnichteinzuholenvermochten.Dann hättederErdball keineKlageüberdeutscheUnsittlichkeitgehört.UnsnachderKriegs- erklärungdenSalpeter aus derchilenischen Provinz Tarapaka abzuschneiden,war Euer heiliges Recht;da wirdieRettungaus derLuft griffen und,imneunzehntenKriegsmonat, auf jederFront so lange schießen,wiederStahlschlundderFeinde begehrt,vehmt uns derRuf: DieseHunnenmeinen,Gewalt schaffeRechti
Nichtnur inBritaniens Vannbereich.Wie wirdnach dem Krieg,wenn VürgergesittungderErde zurückgekehrtist,dasVer- hältnißdesverpreußtenDeutschen,desneuen, demTacitus selbst nochunbekannten Stammes derBoches,zudenVölkern,zuder ganzen Menschheit sein? Herr Bergerat, einstdermunter plan- dernde Ealiban des Figaro,stelltdieFrage;und antwortet:
»WennzwanzigJahrenachdemFriedensfchlußeinSohn dieser Deutschen uns,denEngländern, Jtalern, NussendieHandhin- streckte,müßteunsere Haltungihmsagen: WegiWeiche auf ewig von unsi Was Eure Väter thaten, ist unaustilgbar. Ozeane trennen Euchseitdemvonuns. Fast-einHalbjahrhundertlanghat sichderDeutschemitLeibundSeelederErfindungeinesdraußen ungeahntenKrieges gewidmet,der alleUebelvereintund keins dem Zufallüberläßt.Naub,Vrandstiftung, Schlächterei,Schändung:
ohne Scham hatersichzu allenVarbarenkünsten bekannt undist, mitBewußtseinundVorsatz,durchzwanzig Jahrtausende in die Kampf-mdesvoradamitischenMenschenaffen zurückgegangen.