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Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 15. Jg. 1927, 22. Juli, Heft 29.

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A ö .'lfrtffiT ll l A U j , J / A fn m jqjb Jk V \j ' Ui 1t ’.. / \, P o s tv e rla g so r t

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< NATURWISSENSCHAFTEN

H ER AUSG EG EBEN VON

A R N O L D B E R L I N E R

U N T E R B E S O N D E R E R M IT W IR K U N G VON HANS SPEMANN IN F R E IB U R G I. BR.

ORGAN D ER GESELLSCHAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE

U N D

ORGAN DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

HEFT 29 (S E IT E 585— 608) 22. JU LI 1927 FÜNFZEHNTER JAHRGANG I N H A L T :

■Probleme und Methoden der Enzymforschung. Von

Ri c h a r d Wi l l s t ä t t e r, M ü n ch en ... 585 H a u p tv e rsa m m lu n g des V erein s d eu tscher Inge- _ nieure 1927. (Mit 3 F igu re n )... 596

Be s p r e c h u n g e n:

Mi c h e l, He r m a n n, Die künstlichen Edelsteine, eine zusammenfassende Darstellung ihrer Er­

zeugung, ihrer Unterscheidung von den natür­

lichen Steinen und ihrer Stellung im Handel.

(Ref.: A. Johnsen, B e r l i n ) ... 599

Ro s e n b u s c h, H., Mikroskopische Physiographie der petrographisch wichtigen Mineralien.

(Ref.: W. Eitel, Berlin-D ahlem )... 6oo

Bu b n o f f, S. von, Deutschlands Steinkohlen­

felder. (Ref.: R. Michael, B e r lin ) ... 601

We i g e l t, Jo h a n n e s, Angewandte Geologie und Paläontologie derFlachseegesteine und dasErz- lager von Salzgitter. (Ref.: H. Becker, Leipzig) 602

A u s :

Hochspannungstechnik

Von

Dr.-Ing* Arnold Roth

Technischer Direktor der Ateliers de Constructions Electriques de Dalle in Villeurbanne (Rhone), früher Leiter der Apparaten- und Transformatoren-

Versuchsabteilung von Brown, Boveri & Cie. in Baden

Mit 437 Abbildungen im T e x t und auf 3 Tafeln sowie 75 Tabellen. V III, 534 Seiten. 1927

Gebunden RM 31.50

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

No w a c k, Er n s t, Der nordalbanische Erzbezirk.

(Ref.: J. L. Wilser, Freiburg i. Br.) . . . . 603

Fr e y b e r g, B . v., Die tertiären Landoberflächen in Thüringen. (Ref.: Hans Becker, Leipzig) 603

Wu r m, Ad o l f, Geologie von Bayern. Nord­

bayern, Fichtelgebirge und Frankenwald.

Erster Teil. (Ref.: Hans Becker, Leipzig) 604

Ge s e l l s c h a f t f ü r Er d k u n d e z u Be r l i n. Reise durch Sahara und Sudan zum Roten Meere 604

Bo t a n i s c h e Mi t t e i l u n g e n. Rotfärbung grüner Blätter. Das Verhalten der Pflanzenzelle gegen Salze. Ammoniak, Nitrate und Nitrite als Stick­

stoffquellen für höhere Pflanzen. Über einige hochgelegene Moore Vorarlbergs und ihre Stel­

lung in der regionalen Waldgeschichte Mittel­

europas. Die Chemotaxis von Polytoma uvella.

Artkreuzungen von Brandpilzen ... 605

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II D I E N A T U R W I S S E N S C H A F T E N . 1927. Heft 29. 2 2. Juli 1927.

DIE NATURWISSENSCHAFTEN

erscheinen wöchentlich und können im In- und Auslande durch jede Sortimentsbuchhandlung, jede Postanstalt oder den Unterzeichneten Verlag be­

zogen werden. Preis vierteljährlich für das In- und Ausland RM 9.— . Hierzu tritt bei direkter Zustellung durch den Verlag das Porto bzw. beim Bezüge durch die Post die postalische Bestellgebühr. Einzelheft RM 1.— zuzüglich Porto.

Manuskripte, Bücher usw. an

Die Naturwissenschaften, Berlin W9, Linkstr. 23/24, erbeten.

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V e rlag sb u ch h a n d lu n g Ju liu s S pringer, B erlin W 9 , L in k str. 23/24 Fernsprecher: A m t Kurfürst 6050— 53. Telegrammadr.: Springerbuch.

V e r l a g v o n J u l i u s S p r i n g e r i n B e r l i n W 9

U ntersuchungen

über die Assimilation der Kohlensäure

S i e b e n A b h a n d l u n g e n

aus dem Chemischen Laboratorium der Akademie der Wissenschaften in M ünchen von Richard Willstätter und Arthur Stoll

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Von Professor D r. Hans von Euler in Stockholm 1. t e i l: Allgem eine Chemie der E n zy m e

D r i t t e , nach schwedischen Vorlesungen vollständig um gearbeitete Auflage

XII, 422 Seiten. M it 50 Textabbildungen u n d einer Tafel. 1925. RM 25.50; gebunden RM 28.50 1 1. t e i l : Spezielle Chem ie der E n z y m e

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Z w e i t e u n d d r i t t e , nach schwedischen Vorlesungen vollständig um gearbeitete Auflage XII, 310 Seiten. Mit 47 Textabbildungen. 1927. RM 24.—

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II: (1908-1919) IX, 534 Seiten. 1922. RM 19.— ; gebunden RM 22 — Praktikum der physiologischen Chemie

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN

Fünfzehnter Jahrgang 22. Juli 1927 Heft 29

Probleme und Methoden der Enzymforschung.

Fa r a d a Y -V orlesung,

gehalten vor der Chemical Society in London im Hörsaal der Royal Institution am 18. Mai 1927.

Von Ri c h a r d Wi l l s t ä t t e r, München.

F ast sechzig Jahre sind seit Fa r a d a y s Tod ve r­

flossen. D aß ich heute vor der Chem ical Society zum Gedächtnis Fa r a d a y s an dieser geweihten S tä tte seines eigenen W irkens sprechen darf, ist für mich eine große Auszeichnung. A uch empfinde ich es dankbar als eine besondere Ehre, m ich der R eih e von Gelehrten aus den verschiedenen L än ­ dern zuzugesellen, die — es sind bisher zwölf Male — zur Erinnerung an Fa r a d a y gesprochen haben.

In diesen Gedächtnis-Vorlesungen spiegelt sich die Geschichte der W issenschaft, die nach einem W orte von Go e t h e einer großen Fuge gleicht, worin die Stim m en der V ölker nach und nach zum Vorschein kommen. M it der E h rfurch t vor dem Genius, dem wir heute huldigen, vereinigt sich meine bewun­

dernde Erinnerung an so viele große N aturforscher Ihres Landes. D ie Anwesenheit hochgeschätzter K ollegen in diesem Saale m acht mir die Stunde feierlich. A ber über die lebendige Gegenw art hinaus dringen meine G edanken verehrend' zu Ihren U n­

sterblichen.

Meine V orgänger haben zum eist aus dem Lebens­

werk Fa r a d a y s einzelne K ap ite l ausgewählt, um daran anknüpfend eigene experim entelle B eiträge oder theoretische E ntw icklungen auf p h ysik ali­

schen oder chem ischen Gebieten vorzutragen.

Das W erk Fa r a d a y s ist unerschöpft und es scheint auf lange Zeit hinaus unerschöpflich an tiefen Anregungen zu sein. D a keiner meiner Vorgänger angeknüpft h at an die Versuche von Fa r a d a y, ,,L b e r das Verm ögen der M etalle und anderer starren Körper, Gase m iteinander zu verbinden“ , so möchte ich diese grundlegende U ntersuchung aus der Früh zeit der K a ta ly se zum A usgang nehmen, um über organische K atalysatoren zu sprechen. Jene U ntersuchung ist im Jahre 1833 ausgeführt, also zu derselben Zeit, in der auch x ‘ Iiis c h erlich s A rb eit über die B ildun g von

~ er aus Alkohol durch Berührung m it Schwefel- , ^ sta nd. Fa r a d a y und Mit sc h e r lic h

Mt n 611 16 H äu figkeit solcher R eaktionen.

M it s c h e r lic h nannte sie R eaktionen durch K o n ­ ta k t und verglich m it der Ä therbildung den Zer­

fall von H y d ro p ero x y d , die geistige G ärung der Zuckerarten, die E ssigbildung aus W eingeist, die Zersetzung des H arnstoffes. „ F ü r sich erleiden diese Substanzen keine Veränderung, aber durch den Zusatz einer sehr geringen Menge Ferm ent, welches dabei die K on taktsu bstan z ist, und bei einer be­

stim m ten Tem peratur, findet diese sogleich s ta tt.“

Diese A rbeiten besprach B e r z e l i u s in seinem

Nw. 1927

15. Jahresbericht über die Fortschritte der physi­

schen W issenschaften. Indem er eine Anzahl schon bekannter Fälle von anorganischen und organischen K ontaktw irkungen zusammenstellte, ordnete er sie zum ersten Male unter den Begriff der „ K a t a ­ lyse“ . W enn er in der katalytischen K raft „eine ebensowohl der anorganischen als der organischen N atur angehörige neue K ra ft zur Hervorrufung chemischer T ä tig k eit“ erblickte, so war es keines­

wegs seine Meinung, „sie für ein von den elektro­

chemischen Beziehungen der M aterie unabhängiges Vermögen zu erklären“ .

Schon gelegentlich der frühesten Beobachtungen über K atalyse wurden den anorganischen K o n ta k t­

stoffen die natürlichen Ferm ente an die Seite gestellt. Und als W . Os t w a l d um die W ende des Jahrhunderts durch seine D efinition der K atalyse die Forschung neu belebte, da wurde durch seine A nregung zu kinetischen Messungen die E n zym ­ forschung m it den Methoden der physikalischen Chemie befruchtet. Die Parallele zwischen den Enzym en und künstlichen anorganischen K a ta ly sa ­ toren h at besonders G. Br e d i g durch seine Modell­

versuche m it anorganischen Ferm enten gefördert, die vielfache und weitgehende Übereinstim m ung ergaben. U m gekehrt versprechen uns B eobach­

tungen über das V erhalten und das W esen der Enzym e auch neue Erkenntnisse in der allgemeinen Lehre von der K atalyse. Meine eigenen E xp eri­

mente und die meiner Schüler, von denen ich heute sprechen darf, sind Beobachtungen über das A dsorptionsverhalten und einige andere Eigen­

schaften der Enzym e, besonders ihre Spezifität.

M it dem großen Vorbild Fa r a d a y s vor meinen Augen wage ich es, so bescheidene B eiträge an­

zuführen, erm utigt durch das tiefe Interesse, das

Fa r a d a y in der angeführten A bhandlung' für die A rt und W eise der Beziehungen zwischen K a ta ­ lysator und Substrat bekundete. D ie E rw artung erscheint nicht ungerechtfertigt, daß einige neue Erfahrungen an Enzym en, die auf nahe Beziehun­

gen zwischen den Erscheinungen der affinitäts­

bedingten Adsorption und der katalytischen W ir­

kung hindeuten, allgemeiner zur Kenntnis der selektiv wirkenden chemischen Adsorption und der K atalysatorspezifität beitragen werden. Die E nzym e sind in ihrer strengen Spezifität, zugleich auch in ihrem großen Leistungsverm ögen bei engem Reaktionsbereich, den altbekannten anorganischen K ontaktstoffen überlegen. D ie moderne E n t­

w icklung der K atalyse in der chemischen Industrie hat die A ufgabe in den Vordergrund gestellt, die

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5 8 6 W i l l s t ä t t e r : P r o b l e m e u n d Methoden der Enzymforschung.

anorganischen K atalysatoren nach dem Vorbild der E nzym e zu verbessern, selektiver und zugleich wirksam er zu machen. A u ch die A k tivieru n g der E n zym e w ird m it großem Erfolge nachgeahm t.

E ben diese Erscheinungen der A k tivieru n g wie auch der V ergiftung, die für q u an titative Messun­

gen geeignet sind, haben in letzter Zeit z. B. in den Arbeiten von C. N. Hi n s h e l w o o d, W . G. Pa l m e r,

F . H. Co n s t a b l e, H. S. Ta y l o r bem erkenswerte Aufschlüsse über das W esen der K atalysatoren geliefert.

Fa r a d a y untersuchte das Beispiel der W irkung von P latin auf W asserstoff-Sauerstoffgem ische.

E r lehnte den Gedanken ab, daß der K o n ta k t­

körper eine chemische Verbindung eingehe. Es dürfte aber n icht m it R ech t geschehen, daß seine E rkläru n g des Vorganges o ft als eine rein ph ysika­

lische zitiert wird. Fa r a d a y sprach von einer,

„m anchen K örpern in hohem Grade eigenen, und wahrscheinlich ihnen allen angehörigen A n ­ ziehungskraft, durch welche sie zu einer mehr oder weniger innigen Annäherung (association) gebracht werden, ohne zugleich eine chemische Verbindung einzugehen . . und welche, wenn ihr gleichzeitig mehrere K örper unterworfen werden, unter günsti­

gen U m ständen . . . die Verbindung dieser K örper herbeiführen kann. Ich selbst bin bereit . . . so­

wohl in bezug auf die Aggregationsanziehung als auf die chem ische V erw an d tsch aft anzunehmen, daß die W irkungssphäre der Teilchen sich über die m it ihnen in unm ittelbarer und augenscheinlicher Berührung stehenden hinaus erstrecke und in manchen Fällen E ffek te bewirke, die sich zu be­

deutender W ich tigk eit erheben können“ . D ie A u f­

fassung von Fa r a d a y setzt die K a ta ly se in B e ­ ziehung zur Adsorption. Zahlreiche Adsorptions­

erscheinungen beruhen, wie sich heute an ein­

deutigen Beispielen zeigen läß t, auf chemischer A ffin itä t und zw ar auf R esid u alaffinität der M ole­

küle. D ie E rklärung der Adsorption auf Grund von C ap illarität versag t an den Erscheinungen selek­

tiv er Adsorption, wie die Beobachtungen über das auswählende Verhalten der Adsorbentien gegen E nzym e erweisen.

D as Verhalten von W asserstoff und Sauer­

stoff gegen P la tin ist seit jener grundlegenden U ntersuchung von Fa r a d a y im m er ein bedeuten­

des Problem geblieben. P latin ist, wie ich vor einigen Jahren gem einsam m it E . Wa l d s c h m i d t- Ee i t z feststellte, nur während ständiger Gegen­

w art von Sauerstoff im stande, W asserstoff k ata ­ lytisch zu übertragen. Ü ber diese R olle des Sauer­

stoffes bei der H ydrierun gskatalyse bestehen ve r­

schiedene Ansichten. W ährend nach M. Bo d e n­ s t e i n der Sauerstoff lediglich für die Reinigung, also .EWgiftung der Platinoberfläche von B e ­ deutung sein soll, entw ickelte R . Ku h n die A u f­

fassung, der Sauerstoff vergifte gewisserm aßen das P latin , an dessen Oberfläche ohne seine M itw irkung nur rekom binierte W asserstoffm oleküle dem Sub­

strat begegnen würden. N ach dieser Auffassung

r Die N atu r- [wissenschaften

wäre der Sauerstoffgehalt für die Verschiedenheit der R ekom binationsstadien des W asserstoffes an der Platinoberfläche verantw ortlich. Es ist aber wohl zu berücksichtigen, daß sogar die R eaktions­

wege der H ydrierung z. B. von N aphthalin (nach R. Wi l l s t ä t t e r und F. Se i t z) je nach dem Grade der Sauerstoffbeladung des Platins verschieden sind. Ich halte es danach für wahrscheinlicher, daß die A ffinitätsfelder des Platins durch die A u f­

nahm e von Sauerstoff so abgeändert werden, daß dadurch ein neuer K o n taktsto ff von spezifischer A rt für die H ydrierung entsteht. Und zw ar werden bei geringerer oder größerer Beladung m it Sauer­

stoff besondere Affinitätseigentüm lichkeiten aus­

gebildet. D as sauerstoffbeladene P latin ist zu den M ischkatalysatoren zu zählen und ist m it den E n zym -A k tivato r kom plexen zu vergleichen. Die Beobachtungen scheinen mir dafür zu sprechen, daß je nach der N atur der K on taktsubstan z das N aphthalin bei dieser H ydrierung auf verschieden­

artige W eise ak tiv iert und zur R eaktion gebracht wird. D aß überhaupt eine Beziehung zwischen dem K on taktkö rp er und dem N aphthalin existiert, dürfte aus dem A uftreten von nur cis-Dekahydro- naphthalin bei der H ydrierung m it Platin, dagegen von hauptsächlich trans-Verbindung beider H yd rie­

rung m it N ickel hervorgehen.

Be r z e l i u sverzichtete darauf, die Vorgänge der K a ta lyse zu erklären und er betonte in seinen A u s­

einandersetzungen m it Li e b i g, wie gefährlich es wäre, unvollständig verstandene Erscheinungen durch hypothetische Annahm en zu erklären. Noch heute wird diese Zurückhaltung oft gerühmt. Aber die U nterdrückung der E rklärung h at auch das Interesse für die Erscheinungen eingeschränkt.

E s gibt nicht eine einzige Methode der Natur- forschung, die als die richtige zu bezeichnen wäre, die etw a Be r z e l i u s eigen gewesen wäre und Li e b i g

gefehlt hätte. Je nach der geistigen A rt und dem Tem peram ent des Forschers, je nach der Zw eck­

dienlichkeit für die Anregung und Ordnung neuer Beobachtungen schw ankt der W ert der Hypothese.

O ft ist die hypothetische E rklärung unvollständig erkannter Erscheinungen ein notwendiges M ittel für den F ortschritt in der N aturforschung.

E in unvollkom m ener Erklärungsversuch von

Li e b i g dürfte sich in der H ypothese von C. Nä g e l i

(1879) fortentw ickelt haben, der die Ferm ent­

reaktionen auf die „Ü bertragu n g von Bew egungs­

zuständen", näm lich von „Schw ingungen der Atom e und nam entlich der Atom gruppen" auf die Substrate erklärt. Seine A nschauung scheint mir von J. Bö e s e k e n verbessert und in der modernen Anschauungsform w eiterentw ickelt zu werden, die sta tt von Schwingungen der Atom e von Elektronen­

bahnen spricht.

W . Os t w a l d s D efinition (18 9 4 ), welche die stagnierende Forschung auf weckte, lau tet: „ K a t a ­ lyse ist die Beschleunigung eines langsam verlaufen­

den chemischen Vorganges durch die Gegenw art eines fremden Stoffes." Os t w a l d hält den Satz, daß der K ata lysa to r nur die R eaktionsgeschw indig-

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Wi l l s t ä t t e r: Probleme und Methoden der Enzymforschung. 5^7

Heft 29. 1 22. 7. 1927J

k eit verändere, für den Schlüssel zur wissenschaft­

lichen B ew ältigung des Gebietes der K atalytisch en Erscheinungen. Und nach seinen eigenen W orten soll von den neuen G esichtspunkten für die U nter­

suchung der K a ta ly se der fundam entalste sein, daß ein K ata lysa to r oder ein E nzym keine R e­

aktion bewirken könne, die nicht schon ohne seine M itw irkung ebenfalls stattfinde. Dieser Gesichts­

punkt ist, obwohl manche Forscher (J. J. Th o m s o n,

H. E. Ar m s t r o n g) ihm nicht beipflichten, be­

herrschend geblieben. A ber der Satz, der einmal aus therm odynam ischen E rw ägungen abgeleitet war, sollte nicht wie ein D ogm a festgehalten werden. E r scheint mir heute bedeutungslos und hemmend, ja unrichtig zu sein. W ie ein D ogm a hindert er uns, für die Erscheinungen der K a ta ­ lyse ohne Zwischenverbindungen, für die Reak- tkm snuslösim g ohne Energiezufuhr neue V orstellun­

gen zu entwickeln.

D er K ata ly sa to r kann entweder durch A n ­ lagerung oder durch A nnäherung an das Substrat wirken. E r kann, natürlich ohne Energiezufuhr, eine Konstitutionsänderung des Substratm oleküls bewirken, durch die dessen Reagieren erst herbei­

geführt wird. D abei braucht nicht einzutreten und wird im allgemeinen nicht eintreten eine U m lage­

rung des Moleküls in eine existenzfähige neue V er­

bindung, ein Isomeres, derart wie man es heute bei der W irkung des Insulins von F. G. Ba n t i n g und C. H. Be s t auf Glucose annim mt, näm lich Ü ber­

gang der gewöhnlichen Glucose in die sog. y-Glucose m it geänderter O xydbrücke. Im allgemeinen braucht der K ata ly sa to r nur eine Form änderung des Moleküls zu bewirken, wie sie, der exakten Interpretation vorauseilend, zuerst F . Ra s c h i g

(1906) intuitiv angenommen hat. F. Ha b e r (1922) nennt die heterogene K a ta lyse der Gasreaktionen einen Vorgang, „dessen erste Phase anscheinend eine elektrodynam ische Verzerrung der Moleküle durch die A tom felder an der Grenze der festen K ontaktsubstanz gegen den Gasraum . . . dar­

stellt“ . A uch M. Bo d e n s t e i n legt Deform ation der M oleküle der E rklärung für die W asserstoff­

aktivierung des Platins zugrunde.

Die neuen Anschauungen über den Bau der Atom e und Moleküle erlauben die Annahm e der Deform ation der Moleküle etw as näher zu kenn­

zeichnen als Deform ation ihrer Elektronenbahnen.

Freier von der hypothetischen Form ulierung der diskreten Energieniveaus läß t sich die W irkung des K atalysators auf ein Substrat bei der Anlagerung oder Annäherung im Sinne von E . Sc h r ö d i n g e r s

W ellenm echanik so auffassen, daß die kontinuier­

lichen Verteilungen der elektrischen Ladungen des K atalysators und des Substrates sich gegenseitig be­

einflussen. Indem die Ladungsfelder sich überlagern, ergibt sich dieselbe W irkung, wie wenn weitere Verdichtungsstellen der Ladung vorhanden wären.

Dem unermeßlichen Tatsachen gebiet der K a ta ­ lyse gehören Fälle von so verschiedener A rt an, daß es ein unfruchtbares Bem ühen ist, m it einer einzigen Erklärungsweise alle Erscheinungen zu

erfassen. D ie O s T W A L D S c h e Schule hat für die Zw ischenreaktionskatalyse in wichtigen B ei­

spielen Beweise erbracht. Diese Erklärung knüpft an A . d e l a Ri v e s Annahm e (1846) einer P latin ­ sauerstoffverbindung an und an die viel weiter zurückliegende Untersuchung von N. Cl e m e n t

und Ch. B. De s o r m e s über die W irkung der S tick­

stoffoxyde auf die schweflige Säure. Sie ist für homogene System e so fruchtbar geworden, daß E . Ab e l aussprach: ,,nicht Stoffe, nur Reaktionen katalysieren' ‘ . Es ist eine Schwäche der Auffassung von J. Bö e s e k e n, wenn diese A rt der katalytischen W irkung in Abrede gestellt wird. W enn viele katalytisch e Erscheinungen ohne stöchiometrisch gebildete Zwischenprodukte zu erklären sind und wenn dafür eine Theorie der Affinitätsbeeinflussung ohne intermediäre beständige Verbindungen Nutzen bietet, so darf doch eine solche Theorie nicht all­

gemeine G eltung beanspruchen. In der E n zym ­ chemie gib t es keine Theorie, die so fruchtbar und befriedigend wäre wie die Annahm e von Zwischen­

verbindungen aus K a talysato r und Substrat, also die spezifisch chemische Auffassung des Prim är­

vorganges der E nzym reaktion im Gegensatz zur physikalischen, näm lich zur Annahm e eines kolloid­

chemischen Adsorptionsvorganges im Sinne von W . M. Ba y l i s s, G. S. He d i n, J. M. Ne l s o n.

N ach J. Bö e s e k e n soll ein K ata lysa to r eine sehr rasch verlaufende Veränderung („D islocation“ ) der spezifischen Bindungen bewirken, die er a k ti­

viert. Ohne daß er eine wirkliche V erbindung ein­

geht, überträgt danach der K a ta ly sa to r durch

„tem poräre, sehr wenig beständige Addition an die spezifischen Bindungen der M oleküle“ („A ction orientatrice“ ) die Eigentüm lichkeiten seines „o ffe ­ nen System s“ durch Induktion auf das geschlossene System des Substrates („A ction dislocante“ ). Zur E rklärung wird die Vorstellung herangezogen, daß der K a talysato r die Elektronenbahnen des Substrates verändere. Im Sinne der Anschauung von N. Bo h r würde diese Deform ation einer E le k ­ tronenbahn nur unter der W irkung einer K raft eintreten, also eine Änderung der Energie des Elektrons bedingen. D ie Annahm e der energeti­

schen Änderung ließe sich wohl im F alle der Ü ber­

lagerung zweier kontinuierlicher Ladungsfelder verm eiden. D abei würde keine Änderung der Energieniveaus, der Ladungsverteilungen erfolgen.

Eine der allgem einsten Fragen auf dem G e­

biete der K atalyse betrifft die chemische N atur der K atalysatoren. E s ist noch zu wenig beachtet worden, aber die schon erw ähnte Beobachtung über die P latin katalyse der H ydrierung konnte darauf aufm erksam machen, daß die Kenntnis der chemischen Zusam m ensetzung auch einfacher an­

organischer K atalysatoren noch sehr unvoll­

kommen ist. E s gibt unspezifische katalytische W irkungen wie bei den H ydrolysen, die durch Säuren und A lkalien katalysiert werden. D ie ver­

schiedenen Proteine und die Zwischenprodukte ihres Abbaues, ferner die hochm olekularen und

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5 88 Wi l l s t ä t t e r: Probleme und Methoden der Enzymforschung. r D ie N atu r­

wissenschaften

die nur aus wenigen Monosemolekülen zusammen­

gesetzten K ohlenhydrate, die F ette und andere E ster lassen sich unter der katalytischen W irkung des W asserstoffions hydrolysieren. Die W irkung dieses K atalysato rs ist nicht spezifisch. Der B edarf an auswählenden und stärker wirksam en anorganischen K atalysatoren h at nam entlich in den A rbeiten von A . Mi t t a s c h und seinem L ab o ­ ratorium in der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik in den letzten 17 Jahren zu den praktisch höchst w ichtigen und in theoretischer Beziehung beach­

tenswerten Erfolgen der Reaktionslenkung durch M ischkatalysatoren geführt.

E s ist ein grundlegendes Ergebnis von A . Mi t­ t a s c h, daß „d as Eisen durch zahlreiche B ei­

m ischungen m etallischer oder oxydischer A rt in seiner katalytischen W irkung in bezug auf Stärke und D au erh aftigkeit verbessert w irt“ . Bei der katalytischen O xydation des Am m oniaks liefert nach A . Mi t t a s c h E isenoxyd m it Zusatz von W ism utoxyd ebenso gute R esultate wie ein guter P latin ko ntakt. E in anderes Beispiel von vielen:

reines Z in ko xyd w irk t auf ein reines K ohlenoxyd- W asserstof fgem isch unter D ruck in der R ichtung der M ethanolbildung. W ird eine kleine Menge Eisen zugefügt, so w ird die R eaktion in die R ich ­ tu n g der Kohlenw asserstoffbildung abgelenkt.

In den A rbeiten von A . B . La m b, W . C. Br a y und J. C. W . Fr a z e r haben sich für die O xydation von K oh lenoxyd m it L u ft bei gewöhnlicher Tem pe­

ratur bestim m te Gemische von Schw erm etall­

oxyden z. B . von Mangan, K upfer, K o b a lt und Silber (Hopcalit) bewährt. F ü r diese Misch­

katalysatoren gib t es ausgezeichnete Parallelen bei den E nzym en. Tryp sin und Trypsin-K inase, ähnlich Papain und Papain-Cyanw asserstoff sind K atalysatoren nicht nur von verschiedenem Leistungsverm ögen, sondern von verschiedener Spezifität.

E s genügt nicht anzunehmen, daß durch die Beim ischungen zu den einfachen K atalysatoren allein die H äu figkeit der aus den G ittern heraus­

tretenden, k atalytisch wirksam en A tom e verm ehrt werde. Dies ist der E ffe k t wohl nur eines kleinen Teiles von Zusatzstoffen, der Trägersubstanzen.

D ie Zweistoff- und M ehrstoffkatalysatoren sind vielm ehr durch so deutliche spezifische W irkungen, R eaktionslenkungen, ausgezeichnet, daß den G e­

mischen die Eigenschaften neuer Stoffe zugeschrie­

ben werden müssen. In der Chemie galt bisher all­

gemein, daß in den Verbindungen die chemischen Eigenschaften der K om ponenten aufgehen, daß sie in den Gemischen erhalten bleiben. Dieser S atz ist unzulänglich geworden, seitdem für die B eobachtung und Messung chemischer A ffin itäten feinere chemische M ittel, als früher bekannt waren, in den katalytischen R eaktionen verfügbar ge­

worden sind. D ie Erfahrungen am sauerstoff­

haltigen Platin, ferner an den aktivierten K a ta ­ lysatoren oder M ischkatalysatoren von A . M it-

t a s c h und anderen und an den aktivierten E n z y ­ men machen m ir den Satz überzeugend: Gemische

können die Natur neuer chemischer Verbindungen haben. D ie Verbindungsähnlichkeit von Gemischen ist so zu erklären, daß die elektrostatischen und elektrom agnetischen K raftfeld erd er einzelnen K o m ­ ponenten einer innigen M ischung sich gegenseitig beeinflussen können und müssen. D adurch entstehen neuartige A ffinitätsfelder. Dieselben B ilder wie für die W irkung des K atalysato rs auf sein Substrat, sei es von Deform ationen der Elektronenbahnen, sei es von Ü berlagerung der Ladungsfelder, mögen zur E rklärung herangezogen werden. So wird es verständlich, daß durch Vermischen von zwei, drei und zahlreicheren Kom ponenten homogenen Verbindungen vergleichbare individuelle K a ta ly s a ­ toren von enzym ähnlicher S pezifität und A k tiv itä t hervorgebracht werden, während die verh ältn is­

m äßig einfach beschaffenen A ffin itätsfelder der Elem entaratom e dafür nicht hinreichen. Die engsten Spezifitätsbereiche kommen zu und sind eigentüm lich den von den lebenden Zellen her­

vorgebrachten hochm olekularen organischen K a ta ­ lysatoren. Zwischen den anorganischen K a ta ly sa ­ toren und den hinsichtlich ihrer chemischen K on stitution noch rätselhaften E nzym en scheint eine tiefe K lu ft zu bestehen. In W irklichkeit ist sie bereits durch enzym artig wirkende genau defi­

nierte organische Verbindungen überbrückt.

Zu den organischen K atalysatoren ist das Chlorophyll zu rechnen. Ich habe es vermieden, es als ein E n zym zu bezeichnen, weil dam it nur ein Schlagw ort ohne N utzen ausgesprochen worden wäre. J etzt ist es aber nützlich geworden, Binde­

glieder zwischen chemisch genau definierten V er­

bindungen und den E nzym en zu kennen. Kolloides Chlorophyll addiert in dissoziierbarer W eise Kohlen säure. F ü r die Photosynthese habe ich gemeinsam m it A. St o l l die E rklärung gegeben, daß die absorbierte Strahlung eine m olekulare U m ­ lagerung der K ohlensäure bewirke. Eine isomere, peroxydische Form derselben zerfällt dann in Sauerstoff und hydratisierten Kohlenstoff.

A uch Oxyhäm oglobin h at E nzym natur. Vor kurzem habe ich gemeinsam m it A . Po l l in g e r

nachgewiesen, daß die O xyhäm oglobine der ve r­

schiedenen Tierarten vollkom m en wie Peroxydasen von ungleichem quan titativem Leistungsverm ögen wirken. U nter gleichen Bedingungen lieferte 1 mg O xyhäm oglobin aus Pferdeblut 0,152 mg, aus R inderblut 0,114 mg> aus Schw eineblut 0,093 m§

Purpurogallin bei der O xydation von Pyrogallol.

D ie Oxyhäm oglobine entsprechen freilich ziem lich geringwertigen peroxydatischen Enzym en, sie sind etw a 10 000 bis 30 ooom al schwächer als unsere besten Präparate von pflanzlicher Peroxydase.

Die A ktivitätsunterschiede der einzelnen Hämo- globine führen wir darauf zurück, daß dieselbe spezifisch wirkende Gruppe, die prosthetische, in ihrer W irkung durch die Assoziation m it den G lo­

binmolekülen beeinflußt wird, die bei den ve r­

schiedenen B lutarten in der K onstitution differie­

ren. D ie peroxydatische W irkung der m it den ver­

schiedenen Globinkom plexen verbundenen eisen-

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Wi l l s t ä t t e r: Probleme und Methoden der Enzymforschung. 5^9

Heft 29. 1

22. 7. 1927J

haltigen Farbstoffgruppe unterliegt daher A b ­ stufungen, indem das an die individuellen O xy- hämoglobine adsorbierte oder addierte Hydroper- oxyd in wechselndem Maße aktiviert wird. Es gibt also Unterschiede in der K onstitution des kolloiden Trägers der aktiven Gruppe, welche Unterschiede im R eaktionsverm ögen der wirksam en Gruppe zur Folge haben. Dies ist ein Beispiel dafür, daß die als A rtspezifität bezeichnete Differenzierung der E nzym e durch Unterschiede im kolloiden K o m ­ plex bedingt sein kann.

D ie A bhängigkeit der katalytischen W irksam ­ keit von der chemischen K on stitution haben vor kurzem im Münchener Laboratorium R . Ku h n

und L. Br a n n in q uan titativen Versuchen m it dem B lutfarbstoff weiter verfo lgt und zw ar an B ei­

spielen enzym ähnlicher K atalysato ren m it genau bekannten Unterschieden der chemischen K o n ­ stitution. W ird Häm oglobin zum Häm in abgebaut, so wird die Peroxydasew irkung geschwächt und in der neuen Form von organisch gebundenem Eisen tritt vorher fehlende beträchtliche K atalase­

wirkung auf. H äm in als K atalase verhält sich nach einer brieflichen M itteilung des Herrn R. Ku h n

unter den besten Bedingungen zum kolloiden Platin von G. Br e d i g wie 1 : 1,5, zu den m it Adsorptionsverfahren gereinigten besten P rä­

paraten von Leberkatalase nach S. He n n i c h s

wie 1 : 1000. B ei dem um zwei A tom e W asserstoff reicheren Mesohämin ist die p H-Abhängigkeit der peroxydatischen W irkung beträchtlich verschoben (optimal 6,5 anstatt 5) und die K atalasew irkung fehlt. Also die katalytisch e W irkung wechselt stark, ohne daß der Eisengehalt wechselt und ohne daß Unterschiede in der D ispersität dafür ve r­

antw ortlich gem acht werden können.

Differenzen der kolloiden Verteilung erlauben keine E rklärung für so auswählende und spezifische A ffinitäten wie es diejenigen der Enzym e sind.

E s schien noch vor wenigen Jahren zweifelhaft, ob den enzym atischen W irkungen nur eigentüm ­ liche Dispersitätsverhältnisse bekannter, beliebiger Stoffe zugrunde liegen oder bestim m te organische Verbindungen von unbekannter Konstitution.

Unsere Ansichten, über diese Grundfrage sind be­

sonders durch folgende drei Erfahrungen geklärt w orden:

1. In einigen Fällen w ar die E nzym w irkung auf G rund der chemischen A nalyse bekannten organi­

schen Stoffen oder Stofftypen zugeschrieben w or­

den. Allein es waren E nzym e in sehr unreinem Zustand, die für die A nalyse gedient hatten; es waren Präparate, die wenige Prozente oder nur Bruchteile eines Prozentes von E nzym en im heute erreichten Reinheitsgraden enthielten. N ach A . Fo-

d o r sollte die Saccharase der Hefe stofflich iden­

tisch sein m it einem K ohlehydrat, dem H efe­

gummi; aber das E nzym ist ohne Änderung seiner A k tiv itä t vom Hefegummi gänzlich befreit worden.

H äufiger und m it mehr Grund sind Beziehungen zwischen E nzym en und Eiweißkörpern angenom­

m en worden. E. Fi s c h e r hat zum Beispiel in

seiner F A R A D A Y - V o r l e s u n g aus den bisherigen Beobachtungen m it einem gewissen Grade von W ahrscheinlichkeit den Schluß gezogen, daß die Enzym e „au s den Proteinen entstehen und daß manche von ihnen proteinartigen Charakter be­

sitzen“ . E s ist aber in einer A nzahl verschieden­

artiger Beispiele gelungen, Enzym e so w eit zu reinigen, daß die Proteinreaktionen vollständig verschwinden (Lipase, Peroxydase, Saccharase).

2. Einfache anorganische Kolloide, deren Eigentüm lichkeiten man ebenfalls auf die D ispersi­

tä t zurückführen zu können glaubte, verdanken nach den letzten Untersuchungen von H. Kr a u t

und mir ihre spezifischen Eigenschaften der indivi­

duellen chemischen Stru ktu r ihrer Moleküle. Die Gele der Tonerde, des Eisenoxyds, der Zinnsäure u. a. bestehen nicht etw a aus den M etalloxyden m it wechselnden Mengen von adsorbiertem Wasser, sondern es gibt zahlreiche M etallhydroxyde m it Abstufungen im G ehalt von chemisch gebundenem Wasser.

3. A u f dem W ege von der lebenden Zelle bis zu den reineren Präparaten sind die E nzym e durch­

greifenden Änderungen ihrer D ispersität unter­

worfen worden, beim Ü bergang von der Zelle in Lösungen, Adsorbate und neue Lösungen; E n zym ­ gemische ließen sich in ihre Kom ponenten auf- lösen. D abei ist die enzym atische W irkung in manchen Beispielen annähernd q u an titativ er­

halten geblieben.

D ie Auffassung der E nzym e als eigentüm liche organische Verbindungen führt zu der Aufgabe, die E nzym e in reinem Zustand zu isolieren. Diese Aufgabe, die enzym atischen K onzentrationen zu steigern, ist so w eit gefördert worden, daß die B e ­ schreibung der E nzym e sich verbessern läßt. Es kann näm lich je tz t unterschieden werden zwischen Eigenschaften der E nzym e selbst und Einflüssen ihrer B egleitstoffe und zw ar teils solcher, die m it den E nzym en natürliche, physiologische K om plexe bilden, teils solcher, die sich bei der Isolierung aus den Zellen w illkürlich m it ihnen vergesellschaften.

F ür die Steigerung der enzym atischen Reinheits­

grade, die in den natürlichen Vorkom m en sehr gering sind, ist es ein unbedingtes Erfordernis, jeden Sch ritt der Isolierung und Reinigung so gut wie m öglich durch q u an titative Bestim m ung der Mengen und der K onzentrationen der E nzym e zu messen. D ie L iteratu r der einfachen anorganischen K ontaktsubstanzen scheint an ähnlichen E rfah ­ rungen noch arm zu sein. W enn z. B. ein M etall­

katalysator durch R eduktion seines O xyds ge­

wonnen wird, so pflegt man sich dam it zu be­

gnügen, einen unbekannten kleinen B ruchteil der Atom e des K rystallverbandes in den für die K a ta ly se brauchbaren Zustand überzuführen, näm ­ lich in den Zustand hoher Energie, geringster A b ­ sättigung durch die anderen Atom e des K rystall- gitters. D as Verhältnis zwischen den katalytisch aktiven Atom en und der Gesam tzahl der M etall­

atom e h at am Beispiel des E isenkatalysators

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590 Wi l l s t ä t t e r: Probleme und Methoden der Enzymforschung. [" Die Natur- [wissenschaften

J. A . Al m q u i s t im vorigen Jahre in Versuchen über V ergiftu n g durch Sauerstoff bestim m t. D ie D ar­

stellung eines anorganischen K atalysato rs soll anstreben, die L eistun g seiner Gewichtseinheit m öglichst zu steigern. D ie Isolierung eines E nzym s zielt darauf hin, die Masse vo n Substanz, die für eine gewisse L eistung unter bestim m ten Bedingun­

gen erforderlich ist, m öglichst zu vermindern.

D ie leicht veränderlichen und leicht löslichen E nzym e müssen ohne die H ilfe üblicher chemischer M ittel wie Ü berführung in Salze und andere D eri­

v a te von einem sehr großen V ielfachen von B egleit­

stoffen, m it denen sie zum Teil adsorptiv verk ettet sind, von Proteinen, K ohlehydraten, Salzen u. a.

getrennt werden. D ie allgemeine Methode, die in den U ntersuchungen der letzten Jahre entw ickelt wurde, ist die Anw endung vo n Vorgängen der A dsorption an sog. oberflächenaktive Stoffe wie Tonerde, K aolin, Bleiphosphat, Tristearin u. a.

D ie Adsorption w ird so auswählend gestaltet, daß die E nzym e nicht nur von beigem ischten Frem d­

stoffen weitgehend befreit werden, sondern daß m anche auch von den H ilfsstoffen, A ktivato ren, m it denen sie zu K om plexen vereinigt sind, ge­

trennt werden.

D ie Anw endung von Adsorptionsverfahren für die R einigung von E nzym en h a t eine w eit zurück­

reichende Geschichte. E s scheint aber wenig be­

kan n t gewesen zu sein und als unsicher oder un­

wahrscheinlich gegolten zu haben, daß die E nzym e aus den Adsorbaten wieder entbunden, eluiert werden können. D ie kleinen B eträge wirkender A ffin itä t, durch die die E nzym e in den Adsorbaten gebunden sind, lassen sich im allgem einen m it sehr gelinden chemischen M itteln aufheben, z. B . durch sehr verdünnte A lkalien oder Alkaliphosphate.

D abei wird allerdings öfters beobachtet, z. B. bei Lipase, daß die E lu tio n eines Enzym s, die sich bei den ersten Adsorptionsvorgängen sehr leicht und m it guter Ausbeute vollzieht, beim Fortschreiten der R einigung schwieriger w ird und geringere A us­

beuten liefert und daß schließlich die M ittel fehlen, um die A dsorbate noch zu zerlegen. B ei geringeren R einheitsgraden werden gewöhnlich von den Adsorbentien gewisse m it den E nzym en adsorptiv verankerte B egleitstoffe gebunden, welche ebenso w ie die Adsorption auch die E lution zu verm itteln im stande sind oder sogar allein ermöglichen (Koadsorbentien und K oeluentien).

D ie älteste A ngabe über Enzym adsorption, die mir bekannt wurde, ist die Isolierung des Pepsins nach A . Vo g e l jr. (München 1842). Pepsin wurde zusam m en m it Eiw eißstoffen durch B leiacetat gefällt und ging beim Um wandeln des N ieder­

schlags m it Schwefelwasserstoff wieder in Lösung.

Ferner zählt zu den ältesten derartigen Angaben die Untersuchung von E. Br ü c k e (1861), der Pepsin ,,mechanisch an kleine feste K örper“ w ie Calcium ­ phosphat, Schwefel oder Cholesterin zu binden und aus den Adsorbaten wieder frei zu legen verm ochte.

Schon damals, näm lich im darauffolgenden Jahre strebten in Kü h n e s Laboratorium A . Da n i l e w s k y

und J. Co h n h e i m an, E nzym e, näm lich die K om po­

nenten des pankreatischen Gemisches, durch Adsorptionsverfahren voneinander zu trennen.

E iner derartigen D ifferenzierung ist viel später S. G. He d i n begegnet, der an zwei in der Milz vorkom m enden Proteasen unterschiedliches V er­

halten bei der A dsorption durch Kieselgur be­

obach tet hat.

D ie fast in Vergessenheit geratene Adsorptions­

m ethode ist vor 20 Jahren durch eine U ntersuchung vo n L. Mi c h a e l i s und M . Eh r e n r e i c h wieder belebt worden. B ei Anw endung von solchen Adsorbentien, die unter allen Bedingungen ent­

schieden elektropositive oder elektronegative Ladung tragen, schien die entgegengesetzte en t­

weder basische oder saure N atu r der E nzym e für ihre Adsorption entscheidend zu sein. So glaubte man Saccharase als eine Säure, T rypsin als am pho­

ter zu erkennen. E s zeigt sich aber, daß diese Befunde n icht für die E nzym e selbst gelten, son­

dern für beliebige A ggregate m it Frem dstoffen, w ie sie sich gerade in den unreinen Lösungen finden.

Saccharase, die von elektronegativem K aolin nicht adsorbiert werden sollte, läß t sich durch K aolin leicht adsorbieren entweder nach wenigen Schritten der Reinigung oder auch unm ittelbar aus besser dargestellten A u tolysaten der Hefe. In vielen Fällen tr itt das w ahre A dsorptionsverhalten eines E nzym s erst im L aufe der Reinigung klar zutage.

Zum Beispiel läß t sich die pankreatische A m ylase in rohem Zustand durch Tonerde unter bestim m ten Bedingungen adsorbieren. A ber in dem Maße, als es gelingt, das E n zym m it H ilfe von Voradsorp- tionen (d. i. E ntfernung eines A nteils durch frak­

tionierte Adsorption) zu reinigen, ändert sich sein Verhalten, so daß es dann durch Tonerdegele von ausgezeichnetem Adsorptionsverm ögen unter keinen U m ständen mehr in wahrnehm barem M aße adsorbiert wird. D as A dsorptionsverhalten der E nzym e ist durch chemische Eigentüm lichkeiten bestim m t, die sich nicht vorhersehen lassen. W äh ­ rend sich die A m ylase der Adsorption entzieht, gibt es bei der Peroxydase den F all, daß ein E n zym zw ar nicht aus wässeriger Lösung aber aus alkohol­

haltiger adsorbiert werden kann. D ie A cid ität der Lösung pflegt auf die Adsorption E influß zu haben.

Papain wird aus saurer Lösung sehr schlecht, aus neutraler besser, aus schwach alkalischer noch besser adsorbiert und auch viel mehr aus alkohol­

haltiger Lösung; durch schwache Säure wird es eluiert. D ie Erfahrungen zeigen, daß diese A d ­ sorptionsvorgänge gar nicht bedingt sind durch die C ap illarität der Stoffe, deren Oberfläche stark entw ickelt ist. E s sind auch keineswegs so ein­

fache, grobe Unterschiede wie die sauere und basische N atur der E nzym e und der Adsorbentien für die Erscheinungen der A dsorption bestim m end.

Unter den verschiedenen A lum inium hydroxyden ist die M etaverbindung (A1 0 2H), die weder m it konzentrierter Salzsäure noch m it N atronlauge m erklich reagiert, durch die feinst auswählende Adsorptionsw irkung ausgezeichnet.

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