10. X 1926 D IE
NATURWISSENSCHAFTE
HERAUSGEGEBEN VON
A R N O L D B E R L I N E R
U N TER BESONDERER MITWIRKUNG VON HANS SPEMANN IN FREIBURG I. BR.
ORGAN DER GESELLSCHAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE
U N D
ORGAN DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W
9HEFT 11 (SE IT E 2 0 1-2 2 4 ) 12. M ÄR Z 1926 VIERZEHNTER JAHRGANG
EMIL WARBURG
ZUR FEIER
SEINES ACHTZIGSTEN GEBURTSTAGES
Der Postvertrieb der „ Naturwissenschaften“ erfolgt von Leipzig aus t
DIB NATURWISSENSCHAFTEN
Vierzehnter Jahrgang 12. März 1926 Heft 11
EMIL WARBURG
ZUR FEIER
SEINES A C H T Z I G S T E N G E B U R T S T A G E S
Inhalt:
Seite
Em il W arburg zum achtzigsten Geburtstage. Von E.
Grü n eisen,Berlin-Charlottenburg 203
Em il W arburg und die Technik. Von
H. Schering,Berlin ...
208Der W irkungsquerschnitt bei atomaren Stoßprozessen. Von J.
Fr a n c k,Göttingen , . 211
Zur quantenhaften Lichtabsorption in festen Körpern. Von
Robert Pohl,Göttingen 214
Beitrag zur Erklärung der „Subelektronen“ . Von
Erich Rege n e r,S tu ttgart . . . . 219
Die Ursache der Mäanderbildung der Flußläufe und des sogenannten
BAERSchenGesetzes 222
Emil W arburg
zum achtzigsten Geburtstage.
V on E . Gr ü n e i s e n,
A m 9. März vo llen d et
Em il Wa r b u r gdas a c h te Jahrzehnt eines ebenso an M ühe u n d A rb e it w ie an Erfolgen reichen L ebens, ein E reign is, das n ic h t allein von dem großen K reise derer, die ih m p ersön lich näher stehen, d a n k b a r und festlich b e g a n g en werden w ird , sondern au ch der G esa m th eit d e r P h ysik er im In - u n d A u sla n d ein A n la ß sein m a g , der w issen sch aftlich en F o rts c h ritte zu ge
d enken, die sich an den N a m en unseres Ju b ilars k n ü p fen . V o r w en igen J ah ren bereits, als
Wa r b u r gsein A m t als P rä sid e n t d er P h y sik alisch - T ech n isch en R e ich sa n sta lt n ied erlegte, is t seiner B e d e u tu n g als F o rsch er und L eh rer g e d a c h t w o r
d e n 1). W enn w ir h ier etw as vo llstän d ig er a u f
Wa r- b u r g sL e b e n s g a rg u n d W irken eingehen, so hoffen w ir d a m it einen B e itr a g auch für die E n tw ic k lu n g s g e sch ich te u n serer W issen sch aft zu liefern, die u m so ve rstä n d lic h e r w ird, je tiefer m an in die E n tw ic k lu n g d er Persönlichkeiten ein zu d rin gen v e rm a g , die den A nstoß zu großen F o rtsc h ritte n g a b e n .
Wa r b u r g
stam m t aus A lto n a a. E . O b w o h l a ls K in d von zarter G esu n d h eit — w as n iem and glau ben w ürde, der dem A c h tz ig jä h r ig e n b a r
h ä u p tig bei W in d und W e tte r b e g eg n e t — leg te e r die Schuljahre rasch zu rü ck . Z u erst in k a u f
m än n isch er Schule, dann d u rch P riv a ts tu n d e n au f d as G ym nasiu m v o rb ereite t, t r a t er sogleich in d ie T e rtia des C h ristian eu m s in A lto n a ein, w o e r das G lü ck hatte, angen eh m e V erh ä ltn isse v o r z u find en . Besonders in teressierte ih n der griech ische U n terrich t. V iel b e d eu tu n g sv o ller ab er fü r seine w eitere E n tw icklu n g w u rd e n die S tu n d en bei sein em M ath em atikleh rer
Lü b s e n,vo n dem er o ft m it Verehrung sp rich t u n d a u s dessen B ü ch ern e r sich noch je tz t R a t h o lt.
Sch on m it 17 Jahren, 1863, b e zo g
Wa r b u r gd ie U n iv ersitä t H eidelberg, u m Chem ie zu s tu d ieren. M an könnte ihn d aru m beneiden , w en n m an sich klar m acht, daß er d o rt
Bu n s e n, He l m h o l t zu n d
Kirch h offhören k o n n te, u n d n ic h t n u r k o n n te , sondern auch w irk lich h ö rte, w ie z.
B.ein v o n ihm ausgearbeitetes K o lle g h e ft vo n
Bu n s e n sV o rle s u n g beweist. D a
Wa r b u r gin die B u rsch e n s c h a ft A lem ann ia eingetreten w ar, so w ird es
1) A . Ei n s t e i n,
Naturwissenschaften 10, 823. 1922;
E . Ge h r c k e,
Zeitschr. f. techn. Ph ysik 3, 186. 1922;
G . Ge h l h o f f,
Zeitschr. f. techn. Physik 3, 193. 1922.
A n den beiden erstgenannten Stellen finden sich auch Verzeichnisse der Veröffentlichungen
Wa r b u r g sbis zum Jahre 1921.
B e rlin -C h a rlo tten b u rg .
ih m n ich t im m er leic h t gew esen sein, d ie V e r
p flich tu n g en gegen P rofessoren u n d B u rs c h e n s c h a ft m itein an d er zu verein en . W ie dem a u c h sei, er gew ann, w o h l u n ter dem groß en E in d ru c k v o n
Kir c h h o ffs„ v o lle n d e t sch ö n er" V o rle su n g ü b er E x p e rim e n ta lp h y s ik u n d w eil es seiner m a th e m atisch en B e g a b u n g m eh r en tsp rach , die Ü b e r
zeugun g, zum P h y siker geboren zu sein. U n d so gin g er 1865 n ach B e rlin u n d t r a t in das L a b o ra to riu m v o n
Ma g n u sein, eins der w en igen, die es d am als in D eu tsch la n d g a b 1).
Wa r b u r g s
E in fü h ru n g in die E x p e rim e n tie r
k u n st la g in gu ten H änd en . D en n n eben
Ma g n u sw irk te als A ssisten t des L a b o ra to riu m s
Ku n d t,d er d am als gerade seine b erü h m te S ta u b fig u re n m eth od e gefunden h a tte . M it ih m v e rb a n d
Wa r b u r gb ald eine F re u n d sch a ft, die vo n g ro ß er
B e d e u tu n g w erd en sollte. W e n n
Wa r b u r gselb st er
z ä h lt 2), dam als h a b e im
MAGNUSSchenL a b o ra to riu m die M einu n g b estan d en , d a ß a lle großen E n td ec k u n g en vo n
Fa r a d a yvo rw eg g en o m m en seien und d a ß es sich fü r die E p igo n en n u r u m den w eiteren A u sb a u h an d eln könne, u n d w en n er wreiter b e rich te t, d a ß
ihnendie P o isso N sch e T h e o rie der E la s tiz itä t als ab sch recken d es B e isp iel fü r das dam als d isk red itierte A rb e ite n m it der a to m istisch en H y p o th ese vo rg e h a lte n w ord en sei, so h a t m an fa s t den E in d ru c k , als sei d er E in flu ß v o n
Ma g n u sa u f seine S ch ü ler e tw as en tm u tigen d gewesen. D ie A b sic h t w a r ab er jed e n fa lls nur, in den
angehendenF o rsch ern die Ü b e rze u g u n g zu erw ecken, „ d a ß das G eb äu d e der W issen sch a ft led iglich a u f dem B o d en b e o b a c h te te r T a tsa ch e n u n ab h än g ig vo n allen m e ta p h y sisc h en S ä tze n zu errich ten sei“ u n d d aß n u r au s B e o b a ch tu n g en sich die B e g re iflic h k e it d er N atu rersch ein u n g en ergeben könne. D ie E m p feh lu n g dieser G ru n d sä tze h a t denn au ch
Wa r b u r gnie geh in d ert, die jew eils m odernen T h eorien a u fs a u fm erk sam ste zu v e r folgen, sie k ritisch er P rü fu n g zu u n terzieh en und d u rch entsch eiden de E x p e rim e n te zu fö rd ern oder zu w iderlegen.
Wa r b u r g s
erste A b h a n d lu n g en , d a ru n ter au ch die latein isch geschriebene D issertatio n , a u f G ru n d deren er am 30. M ärz 1867 zu m D o k to r p ro m o vie rt w urde, b etrafen aku stisch e P ro b lem e. D e r e xp eri
m entelle K u n s tg riff, d u rch den es ih m gelan g, in x) Siehe
F . Ko h l r a u s c h,V orw ort zur 11. A ufl. sei
nes Lehrbuches der praktischen Phys. 1910.
2) E.
Wa r b u r g, He l m h o l t zals Physiker. K a rls
ruhe 1921.
204 G r ü n e i s e n : E m i l W a r b u r g
zum achtzigsten Geburtstage.
r Die Naturwissenschaften
w eich en S to ffe n S ch allsch w in g u n gen zu erzeugen, um ihre F o rtp fla n zu n g sg esch w in d ig k e it zu m essen, n äm lich die K o p p e lu n g des s ta r k ged äm p ften m it einem sch w ach ged ä m p ften O szillato r, is t das m ech a
n isch e A n a lo g o n zu der sp ä ter so w ic h tig gew o rd e
nen M eth ode, ele k tro m ag n e tisch e S ch w in gu n gen in einer s ta r k g ed ä m p ften A n te n n e zu erzeugen.
Wa r b u r g
fin d et, d a ß to n v erän d ern d e und d ä m p fen d e W irk u n g im F a lle der R eson a n z d u rch ein M axim u m gehen. W e iterh in in teressieren ihn die R e ib u n g sk rä fte im festen K ö rp er, w elch e die D ä m p fu n g der S ch w in gu n gen h ervo rru fen . E s g e lin g t ihm , zu zeigen, d a ß b ei gleicher W ellen län ge lan g sam ere S ch w in gu n gen stärk er g e d ä m p ft w er
den als rasch ere, w as m an au ch w egen des V o r handenseins der elastisch en N a ch w irk u n g erw arten könne.
E in d am als seh r üb errasch en d es E rg eb n is b ra ch te n
Wa r b u r g sV ersu ch e ü b er den A u sflu ß des Q u ecksilb ers aus gläsernen C ap illaren . Sie zeigten, d aß selb st b ei feh len d er B e n e tz u n g die der G lasw an d b e n a ch b a rte F lü ssig k e itssch ich t n ich t g leitet, sondern gegen ü b er der W a n d ru h t. D ie vo m 5. A p r il 1870, n ach
Ma g n u sT od e, d a tie rte A rb e it d ien te w o h l zu r H a b ilita tio n , die am 20.M ärz 1870 in B erlin s ta ttfa n d . Sie z e ig t b ereits ebenso w ie ih re V o rg än g erin n en das fü r
Wa r b u r gc h a ra k teristisch geb lieb ene B estreb en , die vo n ihm a u f
gegriffen en P ro b lem e e xp erim en tell u n d th e o re tisch v o lls tä n d ig d u rch zu a rb eiten und in allen E in ze lh eite n k la rzu stellen . G ela n g dieses n ich t, so b lieb die A u fg a b e fü r sp äter V orbehalten.
N a ch einer u n freiw illigen P a u se — W a r b u r g n ah m a m d eu tsch -fran zö sisch en K rie g e als E in - jä h rig -F reiw illig e r beim 2. G ard ereg im en t z. F . teil u n d k e h rte m it dem E isern en K re u z d e k o rie rt als O ffizier z u rü c k — find en w ir den ju n g e n P r iv a t d o zen ten w ied er in B e rlin b ei einer U n tersu ch u n g ü b er d ie Z erstreu u n g der E le k tr iz itä t in G asen, d em V o rlä u fe r zah lreich er sp äterer A rb e ite n ü b er E n tla d u n g sersch ein u n g en in G asen. Jed o ch schon am 13. S ep tem b er 1872 w ird d er 2 6 jäh rige m it dem E x tra o r d in a r ia t fü r P h y s ik in S tra ß b u rg b e tra u t.
D a s W e rtv o lls te an d er B e ru fu n g w a r v ie lleich t die W ie d erve re in ig u n g m it K u n d t . D en n sie regte beid e F reu n d e zu ihren gem einsam en b e rü h m ten U n tersu ch u n g en ü b er die kin etisch e T h eorie der G ase an. E s g e lin g t ihnen m ittels der K uN D Tschen M eth od e d er S ch allg e sch w in d ig k e its
m essu ng der N ach w eis (1875), d a ß b ei w irk lich ein ato m ig en G asen, w ie Q u ecksilb erd am p f, die A to m w ä rm e den vo n der k in etisch en T h eorie g e fo rd e rten W e rt 3/2 R b e sitz t (R = K o n sta n te der G asgleich u n g ). D es w eiteren dehnen sie (1875) ihre U n tersu ch u n g en aus a u f die R e ib u n g und W ä rm e le itu n g v o n G asen bis zu solchen V erd ü n n u n gen , w o die m ittlere W eglä n g e der M oleküle n ic h t m ehr gegen die A b m essu n gen der G asräum e zu v e rn a c h lässigen ist. In diesem F a lle m ü ß te, w ie
Ku n d tu n d W a r b u r g au s der k in etisch en T h eorie folgern, ein ström end es G as an der W a n d eine m eß b are G le itu n g zeigen , u n d ferner m ü ß te ein T e m p e ra tu r
sp ru n g zw isch en W a n d u n d G as m e rk b a r w erden, w en n sen k rech t zu r W a n d eine W ä rm eströ m u n g e rfo lgt. D e r erste E ffe k t w u rd e v o n
Ku n d tu nd
Wa r b u r ge xp erim en tell nach gew iesen , der T e m p e ra tu rsp ru n g v o rlä u fig n u r in sofern , als g ezeig t w u rd e, d a ß b ei sehr kleinen D ru ck en die W ä rm e le itu n g des G ases n ic h t m eh r u n a b h ä n g ig v o m D r u c k ist, sondern a b n im m t, w as aber, w ie ric h tig e rk a n n t w ird , keinesw egs n u r a u f den T e m p e ra tu r
sp ru n g zu rü ck zu fü h ren ist. ,,E s w a r das erste M a l“ , s a g t
Ei n s t e i n1)ü b er diese A rb e ite n , ,,d a ß a u f G ru n d d er m o lek u laren T h eorie der W ä rm e ein neues P h än o m en vo ra u sg e sa g t w ord en w ar, u n d z w a r ein Ph än om en , dessen D a rste llu n g a u f G ru n d der k o n tin u ierlich en A u ffa ssu n g der M aterie so g u t w ie au sgeschlossen w a r .“ D ie M essu ng des T e m p e ra tu r
sprun ges W a n d — G as ließ
Wa r b u r g1898— 1900 in seinem L a b o ra to riu m d u rch v .
Sm o l u c h o w s k iu nd
Ge h r c k enach h olen .
N u r k u rz w a r die S tra ß b u rg e r Z eit, die übrigens d u rch die F re u n d sc h a ft m it dem d a m alig en A ss i
sten ten
Rö n t g e neine w eitere B e re ic h eru n g fü r
Wa r b u r gb ra ch te . S ch on im J a n u a r 1876 w u rd e er o rd en tlich er P ro fesso r der P h y s ik in F r e ib u r g i.B ., u n d d a m it t r a t zu n ä ch st die L e h r tä tig k e it in den V o rd e rg ru n d .
Wa r b u r g sV o rle su n g ü b er E x p e r i
m e n ta lp h y sik is t w e it ü b er den K reis sein er e ig en t
lich en H ö rer h in au s b e k a n n t gew o rd en ; denn ih r w esen tlich er In h a lt is t in dem 1893 erschienenen L eh rb u ch der E x p e rim e n ta lp h y s ik fü r Stu d ierend e, dessen 15 ./16. A u fla g e 19 19 h erau sk am , n ied er
geleg t. D a s B u c h ist ein M u ster k n a p p er u n d doch k la re r A u sd ru ck sw eise. Jed er S a tz is t b is au fs le tz te W o r t d u rch d a ch t. D a d u rch is t freilich fü r den A n fä n g e r d ie L e k tü r e n ic h t im m er leich t, um so m eh r a b er w erd en sich ih m die S ä tze ein prägen, w en n er d a rü b e r n a ch g e d a ch t h a t. Ä h n lic h w ie d as B u c h w a r
Wa r b u r g sd u rch tre fflich e E x p e r i
m en te ge w ü rzte V o rlesu n g.
E in e lan ge R e ih e vo n A b h a n d lu n g en au s den F re ib u rg er Jah ren z e ig t uns
Wa r b u r ga u f den versch ied en sten G eb ieten der P h y s ik als P fa d find er. A u sg eh en d v o n P rob lem en , die fü r die A to m is tik des festen Z u sta n d es A u fk lä ru n g v e r sp rach en — gleiten d e R e ib u n g fester K ö rp er, elastisch e N a c h w irk u n g u. a. — s tö ß t er a u f die F ra g e n ach der z yk lisc h en M agn etisieru n g ferro m a g n etisch er S to ffe. E r e n td e c k t (1880) die sp äter (von
Ew in g)sog. H y steresissch leife u n d b ew eist, d a ß ih r F lä c h e n in h a lt eine A rb e it d a rstellt, w elch e b ei d er zyk lisc h en M agn etisieru n g a u fg e w a n d t w ird u n d als H y steresisw ä rm e im F erro m a g n etik u m ersch ein t. D iese E n td e c k u n g g eh ö rt zu den b e d eu ten d sten L eistu n g en
Wa r b u r g s,is t d o ch die B e rü c k s ic h tig u n g u n d m ö glich ste B e se itig u n g der H y ste re sisv e rlu ste eins d er w ich tig sten P ro b lem e d er E le k tro te c h n ik gew orden. W ie
Wa r b u r ge in m a l erzäh lte, is t ih m der entsch eid en d e G ed an ke fü r seine E n td e c k u n g a u f der H o ch zeitsreise g e kom m en.
A u s der F re ib u rg er Z e it erw ähnen w ir n och die
■*) a . a . O .
H eft i i . 1
12. 3- 1926 J G r ü n e i s e n : E m i l W a r b u r g
zum achtzigsten Geburtstage.
2 0 5U n tersu ch u n g en ü b er die V isc o sitä t d er G ase und F lü ssig k e iten u n ter hohen D ru ck en , ü b er die E le k tro ly se des Glases (W anderung v o n N a - oder a u c h L i-Io n en durch die M asse des G lases), ih re tech n isch e V erw ertu n g zur E in fü h ru n g rein en N a triu m s in evakuierte R öh ren , w o d u rch zu m e rsten M ale die U ntersuchu ng seh r rein er G ase e rm ö g lich t w urde; ferner über die E le k tro ly s e des Q u arzes parallel zur A chse, sein hohes Iso la tio n s
ve rm ö g en senkrecht dazu .
U m die gleiche Z eit (1887) erschien
Wa r b u r g se rste große A rb eit über elektrisch e E n tla d u n g e n in G asen, ein Them a, zu dem er im m er w ied er z u rü c k g e k e h rt ist oder seine Sch ü ler an g ereg t h a t. D a m als gehörte das n och gan z u n ve rstä n d lich e G eb ie t d e r G lim m entladu ng zu den e xp erim en tell am schw ersten zugänglichen, w ie ein B lic k in die O ri
gin alab h an d lu n gen jen er Z e it b e w e ist. D a n k seiner M ethode der R e in ig u n g v o n G asen (E n tfern u n g der W a sserh au t des G lases u n d E in fü h ru n g vo n reinem N a triu m ), ge lan g es
Wa r b u r g,das „n o rm ale K a th o d e n g e fä lle “ in A b h ä n g ig k e it v o m K a th o d en - m a te ria l u n d v o m G as zu v e rlä ssig zu m essen und in sb eso n d ere festzu stellen , daß es v o m D r u c k des G ases u n ab h än gig ist. H ierm it h a t
Wa r b u r g,w ie
Ge h r c k e1)sag t, „ein q u a n tita tiv e s G esetz au fgefu n d en , d as sich dem vo rh er schon vo n
Hi t t o r fgefu n d en en G esetze der U n a b h ä n g ig k e it v o n d er S tro m s tä rk e an die Seite stellte und lan g e Z e it zu den gan z w enigen sicheren, w en n au ch u n ve rsta n d e n e n G esetzm äßigkeiten d er G lim m e n tla d u n g geh ö rte.“
A u ch in das dam als stürm isch sich en tw ic k eln d e G eb iet der ph ysikalisch en C h em ie g riff
Wa r b u r gexperim en tell und th eoretisch ein m it seinen U n te r
suchungen über die g a lva n isch e P o la risa tio n , die ih n sp äter noch öfter b e sc h ä ftig t h a t, u n d ü b er die T h e o rie des C ap illarelek trom eters, fü r w elch es er eine andere, auf der A u ssch eid u n g d er Ion en im ele k trisch neutralen Z u sta n d b eru h en d e, E rk lä r u n g g a b als
He l m h o l t z,so w ie ü b er den e lek trisch en W id ersta n d äußerst sc h w a c h leiten d er F lü s s ig keiten , die erst n ach ,,e le k trisch er R e in ig u n g “ d em OHMschen G esetz fo lgen .
W enn nach
Ku n d t sT o d e
W a r b u r gim Jah re 1895 an die U n iversitä t B e rlin b e ru fe n w u rd e, so lie g t hierin der sicherste B e w e is fü r d as h ohe A n sehen, dessen er sich b ei seinen F a c h genossen zu erfreuen h atte. D er W e ch se l au s d er schönen FreiD urger E x isten z n ach dem in m itte n d er G ro ß s ta d t liegenden Berliner In s titu t w u rd e ih m u n d sein er F am ilie n ich t leich t. V o r allem a b er s tellte d ie d am als noch u n geteilte B e rlin e r P ro fessu r fü r E x p e rim e n ta lp h y sik durch V e rw a ltu n g sg e sc h ä fte , P rü fu n g e n usw . vie l höhere A n fo rd eru n g en an seine A rb e its k r a ft. W as ihn fü r alle u n erq u ick lich en V erh ä ltn isse etw as en tsch äd igte — a u c h d ie B e zieh u n g en zur R egierun g ko n n ten besser sein — d as w a r neben dem w issen sch aftlich en u n d fre u n d sc h a ftlic h e n A u stau sch m it b ed eu ten d en F a c h gen ossen die F reude an der m it zäh er E n erg ie w eiter
x) a. a. O.
b etrieb en en eigenen w issen sch aftlich en F o rsch u n g und an d em Z u sam m enw irken m it den zah lreich en aus dem- In - u n d A u slan d seinem In s titu t z u s trö m enden ju n g e n P h y sik ern . D ie m eisten u n te r ihnen erh ielten v o n
W a r b u r gselb st ein T h e m a zu r B e arb eitu n g , u n d so k o n n te er eine M enge vo n F ragen , die ih m am H e rzen lagen, der L ö su n g n äh er brin gen lassen 1). D a b e i w a r es sein P rin zip , die D o k to ra n d e n m ö g lic h st selb stä n d ig arb eiten und d u rch alle S ch w ie rig k eite n sich zu n ä ch st allein h in d u rch fin d en zu lassen. E s sin d h ier w o h l einige W o rte d a rü b er am P la tz e , w ie
Wa r b u r ga u f seine S ch ü ler ein w irk te. S e lb stv e r stä n d lic h d u rch m a n chen g u ten R a t, u m den m an ih n je d e rz e it a n g eh en d u rfte, h a u p tsä ch lich a b er d u rch sein B e is p ie l:
stren g ste P flic h te rfü llu n g , u n erm ü d lich er F le iß , so rg fältiges und k ritisch es E x p e rim e n tie re n , B e h errsch u n g der th e o retisch e n G ru n d lagen , K e n n t
nis der L ite ra tu r, g u ter V o rtr a g , k la re S ch reib w eise w urden au ch v o n den D o k to ra n d e n e rw a rte t.
G elegenh eit, solche E ig e n sch a ften zu bew eisen, b o ten die täg lich en B e su ch e
W a r b u r g sm it der o ft p ein lich en ein leiten d en F ra g e : „ W ie s te h t’s, h ab en Sie w as N e u es? “ od er d as p h ysik a lisch e K o llo q u iu m , das
Wa r b u r g,dem V o rb ild e seines L eh rers
Ma g n u sfo lgen d , w ö c h en tlich selb st a b h ie lt und d u rch seine erstau n lich e L ite r a tu r kenn tn is, die sich ja in a ll’ seinen A rb e ite n zu e r
kennen g ib t, v ie ls e itig u n d anregen d zu g e stalten w u ß te. D e r K r e is der T eiln eh m er w a r d am als v ie l gerin ger als je tz t, so d a ß au ch die A n fä n g e r zu R e fera ten h eran gezo gen w u rd en . E in m a l im Som m er ü b e rrasch te
Wa r b u r gd ie B e su ch e r des K o llo q u iu m s d u rch die A u ffo rd eru n g , s t a t t im W irtsh a u s die N a c h s itzu n g zu h a lten , den A b en d b e i ih m und seiner lieb en sw ü rd igen F ra u im „ G a r te n “ des In s titu ts bei L a m p io n sb e leu c h tu n g zu verb rin g en . D iesem R u fe fo lg ten die K o ry p h ä e n der B erlin er P h y s ik —
Ko h l r a u s c h, v a n t’ Ho f f, Pl a n c k, Ru b e n s, Lu m m e r u s w.— ebenso gern, w ie die ju n gen S tu d e n te n , die sto lz d a ra u f w aren, m it jen en zu sam m en gelad en zu sein.
N eben der eigen tlich en B e ru fs tä tig k e it h a tte
Wa r b u r gn och and ere m it Z e it- u n d K r a ft a u f
w an d verb u n d en e E h re n p flic h te n zu erfüllen , vo n denen w ir n u r die M itg lie d sc h a ft in der A k a d em ie der W issen sch a ften zu B e rlin und den V o rs itz in der P h y sik a lisch e n G ese llsc h a ft erw äh n en w ollen, den
Wa r b u r g 8Jah re h in d u rch u n u n ter
broch en in n e h a tte . W ä h ren d dieser Z e it (1899) erfo lg te die U m w a n d lu n g d er B e rlin er in eine D eu tsch e P h y sik a lis c h e G esellsch aft, deren rasches A u fb lü h e n am d e u tlich sten die R ic h tig k e it jen er M aßn ah m e b e w e ist. Ih re r D a n k b a rk e it g a b die G esellsch aft d a d u rch A u sd ru c k , d a ß sie
Wa r b u r ggeleg en tlich seines sieb zig sten G eb u rtsta g e s zu ihrem E h ren m itg lie d e w äh lte.
T ro tz d er s ta rk en B e la s tu n g m it A m tsg e s c h ä f
ten aller A r t zw a n g sich
Wa r b u r gdie Z e it zu v ie l
*) Wie
Ge h l h o f f a . a .O.
b e r i c h t e t , s i n d w ä h r e n d d e r 1 0 j ä h r i g e nA m tszeit
Wa r b u r g s 2 2 5 A b h a n d l u n g e n a u s d e mBerliner In stitu t
v e r ö f f e n t l i c h t w o r d e n .2 0 6 G r ü n e i s e n : E m i l W a r b u r g
zum achtzigsten Geburtstage.
Die Natur- Lwissenschaftenseitiger eigen er F o rsch u n g ab. D ie g a lva n isch en
P o larisatio n sersch ein u n gen w u rd en im A n sch lu ß an seine frü h eren A rb e ite n v o n ih m u n d seinen S ch ü lern w eiter u n tersu ch t. M it den A rb e ite n ü b er d en D u rc h g a n g d er K a th o d e n stra h le n d u rch M eta lle und den d a b ei a u ftrete n d e n G esch w in d ig k e itsv e rlu st (1902) sow ie ü b er ihre R e fle x io n an dünnen M e ta llb lä ttch e n tru g
Wa r b u r gm it einigen S ch ü lern zu r L ö su n g der F ra g e b ei, w elch er A r t die W e ch se lw irk u n g b e w e g te r E lek tro n e n m it den a u f sie w irken d en T eilch en im festen K ö rp e r sei.
D ie m eiste Z e it a b er v e rw a n d te
Wa r b u r gau f die D u rch fo rsc h u n g eines neuen G ebietes, in dem er v o n einem P ro b lem fo lg e ric h tig zum anderen ge
fü h rt, sch ließ lich w ied er eine seiner b ed eu ten d sten L eistu n g en , die F e stste llu n g des E n erg ieu m satzes b e i p h o toch em isch en V o rg än gen in G asen, v o ll
b ra ch te . E s ist in teressan t, die E n tw ic k lu n g dieser A rb e ite n vo n einem sch ein b a r ab gelegen en P u n k te au s zu verfo lgen . Im Jah re 1896 b e sc h ä ftig t sich
Wa r b u r gm it der W irk u n g des L ic h te s a u f die Funkenentladung. D ieser g e h t ein sch w ach er S tro m ü b erg a n g vo rau s, u n d die W irk u n g des L ic h te s b e ste h t in der A b k ü r z u n g dieser V o rp erio d e oder V erzö g eru n g . D iese fe h lt b ei d er Spitzenentladung gegen eine P la tte , die
Wa r b u r gau ch d esh alb n äh erer U n tersu ch u n g fü r w e rt h ä lt, w eil die L eu ch tersch ein u n g b eim statio n ä re n S tro m und w ah rsch ein lich au ch die Io n en b ild u n g n u r an der S p itze a u ftr itt, a u ß e rh a lb des L eu ch tb ere ich e s also w ah rsch ein lich n u r die eine Io n en a rt im G ase sich b e w e g t, w elch e d as V o rzeich en d er S p itze n la d u n g b e sitzt, ein fü r die A u fk lä ru n g des V o rg an g es sich er
lich g ü n stig e r U m sta n d . A lle s w ird m essend v e r fo lg t, q u a n tita tiv e G esetze des S trom es zw isch en S p itze u n d P la tte w erd en a u fg e ste llt. Im Jah re 1900 v e rö ffe n tlic h t
Wa r b u r gseine erste A b h a n d lu n g ü b er d ie B ild u n g des Ozons b ei d er S p itze n en tlad u n g , u n d seitd em k o n ze n trie rt sich sein In teresse ga n z allg em ein a u f ch em ische R e ak tio n en , w elch e in gasförm igen K ö rp e rn d u rch die ,,stille E ntlad ung“ h e rb e ig e fü h rt w erden , d. i. n ach
Wa r b u r geine E n tla d u n g , w elch er ein L e itw e rt klein erer G rö ß en o rd n u n g zu k o m m t als der G lim m od er g a r B o g e n e n tla d u n g. D ie h ier a u ftrete n d e n F ra g e n n ach der E n ts te h u n g des O zons, n ach dem G leich g ew ich t zw isch en O zo n isieru n g u n d D e s ozon isieru ng, n ach der A u sb e u te b ei versch ied en en F o rm e n der E n tla d u n g usw . q u a n tita tiv zu b e a n tw o rten und die d azu n ötig en neuen M eß m eth o den zu sch affen , w ob ei
Wa r b u r gv ie lfa c h vo n
Le it h ä u s e ru n te r stü tz t w u rd e, erfo rd erte ein b ed eu ten d es exp erim en telles G esch ick. W ir m üssen uns v e rsa g e n a u f E in ze lh eite n ein zu geh en und verw eisen a u f
Wa r b u r g seigenen B e r ic h t1).
D e r B e fu n d , d a ß der H e rd der O zo n b ild u n g im leu ch ten d en T e il d er E n tla d u n g sstre c k e lieg t, im V erein m it d er T a ts a c h e , d a ß n ach
Le n a r dO zon au ch d u rch ä u ß e rst ku rzw ellig es u ltr a v io le tte s L ic h t g e b ild e t w ird , s tellte
Wa r b u r gx) E.
Wa r b u r g, J a h r b u c hd. Rad.
u .Elektr. 6,
1 8 1 . 19 0 9 .v o r die F ra g e , ob die O zo n b ild u n g b ei der stillen E n tla d u n g a u f u ltra v io le tte r S tra h lu n g b eru h en kön ne. M anch es sp rach d agegen, z. B . is t die A u s b eu te b ei stille r E n tla d u n g v ie l größer, als sie b is
her b ei an d erer L ic h tq u e lle zu erzielen w ar. G leich w o h l w a n d te sich
Wa r b u r gnun (1907) den chem i
schen W irkungen des L ichtes zu, die v o r denen der stillen E n tla d u n g den groß en V o rte il b oten , d a ß das w irk sa m e A gen s u n v e rä n d ert b leib t, w en n m an das b e ein flu ß te G as u n ter andere B ed in g u n gen b rin gt.
W ä h ren d b ei älteren p h o toch em isch en A rb e ite n m it den ch em isch en B estim m u n g en h öch sten s re la tiv e S trah lu n gsm essu n g en ve rb u n d e n w aren, kam es
Wa r b u r gd a ra u f an, den p h o toch em isch en E n erg ieu m satz q u a n tita tiv a u fzu k lä ren . H a tte d o ch
Ein s t e inv o r ku rzem in E rw e ite ru n g der
PLANCKschenQ u an ten th eo rie ein G esetz a u f
g e stellt, w on a ch erstens S tra h lu n g v o n d er F r e q u en z v stets q u an ten w eise, n äm lich im B e tra g e hv (h = PLANCKsche K o n sta n te ), vo n der a b so rb ieren den M olekel au fgenom m en w erd en u n d zw eiten s jed e in dieser W eise p h o to ch em isch b ean sp ru ch te M olekel S p a ltu n g od er U m la g e ru n g erfah ren sollte. D ie P rü fu n g dieses G esetzes e rfo rd erte die M essu ng der ab so rb ierten S trah lu n gsen erg ie und d er A n z a h l M ole, w elch e bei d ieser A b so rp tio n n ach A b la u f der prim ären u n d sek u n d ären ch em i
schen P rozesse z e rse tzt od er u m g ew an d e lt sind.
D iese beid en sch w ierigen M essu ngen zu m ersten M ale m itein a n d er d u rch g efü h rt zu h aben , is t
Wa r b u r g sg roßes V erd ie n st. E r k o m m t zu dem E rg eb n is, d aß z w a r die q u an ten w eise A b so rp tio n der S tra h lu n g als „p h o to ch e m isch e s G ru n d g e se tz "
a n zu erken n en ist, der zw e ite T e il des
Ei n s t e i n-schen G esetzes jed o ch h öch sten s in ein zeln en ein fach en F ä lle n (H J, H B r), a b er kein esw egs a ll
gem ein gilt. U n d z w a r w erd en n a ch
Wa r b u r gdie b ean sp ru ch ten M olekeln oder ein T e il d er
selben d esh alb n ic h t gesp a lten oder u m g ela ge rt, w eil en tw ed er h v k lein er is t als die h ierzu erfo rd er
lich e A rb e it, oder E n erg ie w äh ren d des A b so r p tio n sa k tes a b geg eb en w ird 1).
Ü b e r die B ezieh u n g en zw isch en den ch em isch en W irk u n ge n der stillen E n tla d u n g , die
Wa r b u r gn eu erd in gs w ied er aufgen o m m en h a t, u n d denen d er S tra h lu n g k o m m t er zu dem E rg eb n is, d aß b eid e z w a r n ah e v e rw a n d t sind, d a ß a b er im ersten F a lle die W ir k u n g grö ß ten teils a u f E lek tro n e n - und Io n en sto ß b e ru h t. D ie M olzah l, w elch e beim D u rc h g a n g d er E lek triz itä tsm e n g e 1 C ou lom b d u rch ein G as z e rse tzt w ird , e rg ib t sich fü r v e r schiedene G ase vo n gleich er G rö ß en o rd n u n g.
D ie p h o toch em isch en U n tersu ch u n g en h a t
Wa r b u r gschon n ic h t m eh r im B e rlin er P h y s i
kalisch en In s titu t, sondern in der P h y sik a lis c h - T ech n isch en R e ic h s a n s ta lt a u sgefü h rt, deren L e i
tu n g er i. J. 1905 als N a ch fo lge r
Fr ie d r ic h Ko h l-x) Man vergleiche außer den Originalabhandlungen den zusammenfassenden B ericht
Wa r b u r g sauf der 88. Naturforschertagung zu Innsbruck, diese Zeitschr.
12, 1058. 1924.
G r ü n e i s e n : E m i l W a r b u r g
zum achtzigsten Geburtstage.
2 0 7 Heft 11. 112. 3. 1926 J
Rau sch s
übern ah m . N ach der s ta rk en Ü b e r
anstrengu n g im B erliner A m t e m p fa n d
Wa r b u r gd ie B eru fu n g n ach C h arlotten b u rg als E rlö su n g . A u f der anderen Seite ist es ih m zu erst n ic h t le ic h t gew orden, sich in die A rb eitsw eise der R e ic h s a n s ta lt hin ein zufinden. E r liebt im G ru n d e die freie F o r sch u ng, unbeküm m ert darum , o b sie s p ä te r te c h n ische B edeu tu ng gewinnen w ird . E r lie b t es, der W issen sch aft neue P fad e zu ersch ließen , w ob ei zu n ä ch st orientierende M essungen zu gen ügen pflegen. Zu den A u fg a b en der R e ic h s a n s ta lt ab er gehören neben der freien p h y sik a lisch en F o rsch u n g , d ie er selbstverstän dlich m it beson derem In teresse verfolgte und durch G ed a n ken a u stau sch b e fru c h tete, auch solche A rb eiten , w elch e die T e c h n ik u n m ittelb ar zu fördern oder b e k a n n te P fa d e a u s
zubauen b estim m t sind. Solch e A rb e ite n — w ir brauchen nur an die F e stle g u n g der p h ysikalisch en M aßeinheiten zu erin nern — kön nen ein hohes M aß v o n E n ts a g u n g erfordern , w ie jed er w eiß, der sich b e m ü h t h a t, eine p h y sik a lisch e K o n sta n te w esen tlich gen au er festzu stellen als seine V o r gän ger. In d em
Wa r b u r gm it der ih m eigenen G ew isse n h aftig k eit sich auch in diese speziellen R e ich sa n sta ltsa u fg a b e n vertiefte, s tieg sein I n t e r esse fü r sie, u n d er kam zu vollem V erstän d n is u n d h oh er A n e rk en n u n g für ihre so rg fä ltige D u rc h fü h ru n g . D a ß er sich auch selbst n ic h t sch eu te, so lch e A u fg a b e n zu übernehmen, b ew eist u. a. die m ü h sam e, m ehrere Jahre bean spruchen de N e u b e stim m u n g der K on stan te c des
Wi e n-Pl a n c k-sch en Strahlungsgesetzes gem einsam m it
Le i t h ä u s e r, Hu p k aund
Mü l l e r.E s w ü rd e zu w eit führen, hier a u f alle A n reg u n gen ein zu geh en, die
Wa r b u r gin ähnlich er R ic h tu n g d er R e ic h s a n s ta lt gegeben h at. E rw ä h n t seien n u r die V o rsch lä g e z u r Schaffung einer ra tio n ellen L ic h tein h e it, zu r A u fn ah m e der R ön tgen d o sism essu n gen u n d zu r N eubestim m ung der a b so lu te n W id e rsta n d s
einheit. Ü ber die A rt, w ie er seine U n terge b en en w issenschaftlich zu b eein flu ssen su ch te, h a t er sich selbst gelegentlich g e ä u ß e rt. E r h ie lt es ein er
seits „n ich t für zw e ck m ä ß ig , die A u fg a b e n der A n s ta lt scharf zu fo rm u lieren u n d d a d u rch v ie l
leich t die B eh an d lu n g a k tu e lle r u n d u n vo rh e r
gesehener Problem e, fü r w elch e sie v e rm ö g e ih rer a p p arativen A u ssta ttu n g u n d ih rer personellen K r ä fte geeignet scheint, a u szu sch eid en “ , a n d erer
seits gab er die allgem eine R ic h tu n g an u n d v e r suchte, „d ie K räfte n ich t in der B e h a n d lu n g k lein er A u fgab en zu zersplittern, sondern zu r E rreich u n g größerer Ziele zu sam m en zu fassen .“ W e n n m an die steigende w issensch aftlich e P ro d u k tio n d er R eich sa n stalt während der ach tze h n jäh rige n P r ä s i
d e n tsch a ft
Warburgsb e tra c h te t, so d a rf m an w oh l sagen, daß ihm der E rfo lg re c h t gegeb en h a t.
E in e der w ichtigsten M aßn ah m en
Wa r b u r g szu r H e b u n g der P r o d u k tiv itä t d er R e ic h sa n sta lt w ar ihre N eu o rgan isatio n . W ä h ren d sie frü h e r eine w issen sch aftlich e und eine tech n isch e A b te ilu n g h a tte , die v ie lfa c h ohne rech te F ü h lu n g an ä h n lichen A u fg a b e n a rb eiteten , h ob
Wa r b u r gdiese T ren n u n g a u f u n d sch u f je eine A b te ilu n g fü r O p tik, E le k tr iz itä t u n d M agnetism us, W ä rm e und D ru ck , deren jed e n u n u n te r ein h eitlich er L e itu n g D o p p ela rb e it verm ied . F e rn e r gelan g es ihm , der R e ich sa n sta lt eine g a n ze R e ih e w e rtv o llste r E r w eiteru n gen zu v e rsch a ffen , w o b e i ih m die gu ten B ezieh u n gen zu m v o rg e se tzte n M in iste riu m w ie auch zu m aß geb en d en P e rsö n lich k e iten d er In d u strie , die zum T e il seine S ch ü ler w aren , z u s ta tte n ka m en . W ir nennen den N e u b au des S ta rk stro m g e b ä u d e s und des störu n gsfreien Z w eig la b o ra to riu m s in P o tsd a m , die N e u grü n d u n g des w ärm etech n isch en und K ä lte -L a b o ra to riu m s sow ie d er L a b o ra to rie n fü r R a d io a k tiv itä t u n d R ö n tg en tec h n ik .
A ls
Wa r b u r gim Jah re 1922 sein A m t als P rä sid en t der R e ic h sa n sta lt n ied erlegte, w a r es so u m fan g reich gew orden, d a ß au ch h ier w ied er sein N ach fo lger eine besondere H ilfs k r a ft ford erte, ein B ew eis fü r die erstau n lich e L eistu n g sfä h ig k e it, die sich unser J u b ila r bis in sein hohes A lte r b e
w a h rt h a t. D a s A m t g a b er au f, a b er n ic h t die A rb e it. W enn n ic h t k ö rp erlich e B esch w erd en , an denen d ie le tzten Jah re leid er reich w aren , es ih m un m öglich m ach en, a rb e ite t er in seinem R eich sa n sta ltsla b o ra to riu m o d er d ah eim an seinem S ch reib tisch . D a ß er sich w ied er den chem ischen W irk u n g e n d er stillen E n tla d u n g zu g e w a n d t h at, w u rd e b ereits erw äh n t. D ie F rü c h te seiner A rb e it h a t er m eh rfa ch in a u sgezeich n eten V o rträ g e n a u f den großen H e rb stta g u n g en d er d eu tsch en P h y sik e r m itg e te ilt. V ie le eigene E rg eb n isse h a t er au ch in dem kleinen B u c h „ Ü b e r W ä rm e le itu n g u n d andere ausgleichen de V o rg ä n g e “ (B erlin 1924) n ied erg elegt.
So s te h t
Em il Wa r b u r gn och m itte n im w issen s ch a ftlich en L eb e n als der M ann, „ d e r d u rch die Z u ve rlässig k eit u n d V ie ls e itig k e it sein er w issen sch aftlich en L eistu n g en , d u rch die U n b e ste c h lic h k e it seines U rteils, d u rch sein stetes In teresse fü r neue T a tsa c h e n u n d n eu e Id een sich a u ß e r dem D a n k e und der A n e rk en n u n g v o r a llem au ch das V ertra u e n der d eu tsch en P h y s ik e r in seltenem M aße erw orben h a t, u n d gerad e d erjen igen u n ter ihnen, die an gesich ts der v ie len überrasch en d en N euerun gen, w elch e die F o rsc h u n g g e g e n w ä rtig b rin gt, um die S ich erh eit u n d S te tig k e it des F o r t sch rittes d er W issen sch a ft e tw a s b e so rg t sin d .“
D iese W o rte au s d er U r k u n d e 1), d u rch die ih m die E h ren m itg lie d sc h a ft d er D e u tsch e n P h y sik a lisc h e n G ese llsch aft v o r zehn J ah ren b e s tä tig t w urde, gelten w ie d am als so h eu te.
J) Verhandl. d. dtsch. phys. Ges. 18, 236. 1916.
2 08 Sc h e r i n g: Em i l Wa r b u r g u n d d i e T e c h n i k . T Die Natur - [wissenschaften
Emil W arburg und die Technik.
V o n H .
Sc h e r i n g,B e rlin . W ie
Wa r b u r g,d er M ann d er reinen W isse n
sch a ft, ü b er die B ezieh u n gen zw isch en W issen sch a ft u n d T e c h n ik d ach te, h a t er in ein er R ed e geleg en tlich d er E rö ffn u n g des an der P h y sik a lisch -T e ch n isch e n R e ic h s a n s ta lt n eu erb a u ten S ta rk stro m la b o ra to - riu m s am 8. M ärz 1 9 1 4 1) zu m A u s d ru c k g e b ra c h t:
„ I n ih ren u reig en sten Z ielen fö rd ern sich W issen sch a ft u n d T e c h n ik gegen seitig , in d em die n eu en W e ge v o n d er W issen sch a ft tra c ie r t u n d a lsd a n n v o n der T e c h n ik zu b reiten u n d bequ em en S tra ß e n u m g esch affen w erden , a u f w elch en die W issen sch a ft b ish er u n b ek an n tes T e rra in leich ter e rre ic h t“ .
In p h y sik a lisch es N eu lan d is t
W a r b u r gin den v ersch ied en sten R ic h tu n g e n ein ged ru n g en , in R ic h tu n g e n , die jew eils im V o rd erg rü n d e des allg em ein en p h y sik a lisch en In teresses la g en ; eine R e ih e d ieser P fa d e h a t dann die T e c h n ik — o ft erst n ach lan g en Jah ren — m it N u tz e n fü r ih ren A u sb a u ve rw e n d e t. V o n w e ittra g e n d ste r B e d e u tu n g in d ieser H in sic h t is t die E n td e c k u n g d er m a g n e ti
sch en H y steresis, die
W a r b u r g i8 8o2)in F re ib u rg m a ch te, u n d die einer d er G ru n d p feiler der E le k tr o te c h n ik gew ord en ist. W ie sch a rf
W a r b u r gd as P ro b lem fa ß te u n d w ie k la r er d as W esen tlich e e rk a n n te, m ögen zw ei S ä tze au s dem E in g a n g der fu n d am en ta len A rb e it in den A n n ale n 1881 zeig e n :
„ M a n h ab e einem E ise n d ra h t d u rch eine lo n g itu d in al-m a gn etisieren d e K r a f t K x ein ge
w isses m agn etisch es M o m en t m 0 e r t e ilt ; lä ß t m an nun a u f den D r a h t m a gn etisieren d e K r ä fte w irk en , die v o n o bis K x s te tig w ach sen u n d dann v o n K x b is o w ied er s te tig abneh m en, so fin d e t m an fü r d ieselbe m a gn etisieren d e K r a f t das m a g n etisch e M om en t größer, w e n n i? im A b n eh m en , als w en n es im W a ch se n b eg riffen is t “ . N a c h einer B e m erk u n g , d a ß diese T a ts a c h e in d er L ite ra tu r n ic h t e rw ä h n t sei, a b e rd e n m it m a g n etisch en U n te r
su ch u n g en B e sc h ä ftig te n w o h l n ic h t u n b e k a n n t sein könne, jed o ch in ih rer B e d e u tu n g n ic h t e rfa ß t sein, fä h rt er fo rt: „ D ie B e d e u tu n g der T a ts a c h e , vo n w elch er die R e d e ist, e rh e llt sogleich fo lg en d er S a tz : W ä h ren d die K r a f t K vo n o bis K x w ä c h s t u n d vo n K x bis o w ied er ab n im m t, ist a n d em D ra h te eine A rb e it g e leistet, w elch e in a b so lu te m M aß d u rch die an d er K u r v e C (T afel I, F ig . 5) um sch lossenen F ig u r d a rg e ste llt w ir d .“
1) Über den Entwicklungsgang der Starkstrom technik und über deren Beziehungen zur Phys.-techn.
Reichsanstalt. Internat. Monatsschr. f. W iss., K unst u.
Technik 8, 922. 1914.
2) Magnetische Untersuchungen, über einige W ir
kungen der K oerzitivkraft. Freiburger Ber. 8, 1 — 30.
1880. Ann. d. Phys. u. Chem.» neue Folge 13, 141 — 164.
1881. Ferner:
Wa r b u r gund
Ho n i g,Über die Wärme, welche durch periodisch wechselnde magnetisierende K räfte im Eisen erzeugt wird, Ann. d. Phys. u. Chem., neue Folge 20, 814 — 835. 1883. Über die magnetische Hysteresis, Elektrotechn. Zeitschr. 10, 193. 1898.
1870 u n tersu ch te
Wa r b u r gden A u s flu ß des Q u ecksilb ers aus glä sern e n C apillarrÖ h ren 1) und s tellte fest, d a ß d as Q u e c k
silber, o b w o h l es d ie G la s w an d n ic h t b e n e tz t, d o c h n ic h t an d er G la sw a n d jg le i- te t, d ie A d so rp tio n v e rh in d e rt ein vö llig es A b lö se n der F lü s s ig k e itss c h ic h t v o n der W a n d . In der T e c h n ik der S ch m ieru n g vo n M asch in en - la g ern h a tte m an g e fü h ls
m ä ß ig die U n tersch ie d e der
S c h m ie rfä h ig k e it v e rsch ie- _ ___________
d en er Ö le d u rch v e rsch ie- K f i K dene H a ftfä h ig k e it an d en Hysteresischleife. Aus M e ta llteilen zu erklä ren Ann. d. Phys. u. Chem.
v e rsu ch t, der
Wa r b u r g-i88r, Tafel I, Fig.
5 .sehe V ersu c h b ew ies die
U n h a ltb a r k e it d ieser V o rstellu n g .
A u s d er A rb e it v o n K
u n d tu n d W
a r b u r g:
„ Ü b e r d ie R e ib u n g und W ä rm e le itu n g v e rd ü n n te r G a se “ is t d er zw eite T e il ü b er die W ä rm e le itu n g 2) fü r die T e c h n ik in m ehrerer H in sic h t fru ch tb rin g e n d gew esen. D ie F o rd e ru n g d er T h e o rie v o n M
a x
w e l l- B
o l z m a n n, d a ß die W ä rm e le itfä h ig k e it v o n G asen in einem gew issen D ru c k b e re ic h v o m D r u c k u n a b h ä n g ig sei, w u rd e an L u ft, K o h le n sä u re u n d W a ssersto ff b ei n ied rigen D ru c k e n b is zu ein igen M illim etern Q u ecksilb er, also u n te r A u s s c h a ltu n g d er K o n v e k tio n b e s tä tig t u n d der S tö ru n g se in flu ß d er K o n v e k tio n b e i A tm o sp h ä re n d ru ck , in dessen U m g eb u n g S
t e f a ng e a rb e ite t h a tte , a u f gezeigt.
F ü r h ohe V e rd ü n n u n g (V akua) w u rd e d ie T h eo rie d er W ä rm e le itu n g e n tw ic k elt, d er T e m p e ra tu r
sp ru n g an d er W a n d w u rd e e n td e c k t u n d die A b n a h m e d er W ä rm eleitu n g m it d em D r u c k a b g e leite t. D ie b ü n d ig e e xp erim en telle N a c h p rü fu n g d er T h eorie sch eiterte an der U n m ö g lich k e it, m it den d am alig en E in ric h tu n g e n h o h e V a k u a zu erzielen, d och w u rd e die sta rk e A b n a h m e d er W ä r m eleitu n g m it ab n eh m en d em D r u c k n ach gew iesen . D ie m it d er Z e it w ied er zu n eh m en d e W ä rm e le itu n g w u rd e a u f den W a sserd am p f zu rü ck g e fü h rt, w elch er v o n den G lasw än d en v e rd a m p ft, der stören d e E in flu ß w u rd e d u rch E rh itz e n der A p p a ra tte ile a u f 2000 z w a r ve rm in d e rt, a b er n ic h t v o ll
k o m m en b e se itig t. D ie lu ftleeren G lü h lam p en und die em pfin d lich en T h erm o elem en te im V a k u u m zu r M essu ng kle in e r e lek trisch er S trö m e fu ß en a u f dieser A rb e it. D en jen ig en , d er m it V a k u u m p u m p en a rb e ite t, d ü rfte es interessieren, d a ß die b e k a n n te G lasfed er, ein im Z ic k z a c k gebogenes G lasroh r, zu r H e rstellu n g b ew eglich er V a k u u m v e rb in d u n ge n ohne G u m m isch la u ch in dieser
*) Pogg. Ann. 140, 367 —
3 7 9- 1870.
2) Ann. d. Phys. u. Chem. 156, 177 — 211.
1875-
S c h e r i n g : ' E m i l W a r b u r g
und die Technik. 209
A rb e it angegeben w urde. In ein er sp äteren U n te r
su ch u ng: „ Ü b e r das G ew icht u n d d ie U rsach e der W a sserh au t b ei Glas und and eren K ö rp e rn “ 1) w ies dann
Wa r b u r ggem einsam m it seinem S ch ü ler
Ihm orin ach, daß durch das A lk a li des G lases ein e perm anente W asserhau t geb u n d en ist, die im V a k u u m n icht verschw indet, w äh ren d die M etalle u n d alkalifreies Glas keine p erm an en te W a sserh a u t b ild en . H iervon h at die V a k u u m rö h ren tec h n ik N u tz e n gezogen.
B ei der U ntersuchung vo n elek trisch en G lim m entladungen in verd ü n n ten G a s e n 2) en td e ck te
Wa rb u r gdas w ich tige G esetz, d aß der S p an n u n g s
a b fa ll zwischen K a th o d e und n e g a tiv e m G lim m lich t vom D ru ck des G ases u n ab h än g ig ist, solange die K ath od e n ich t gan z m it G lim m lich t ü berzogen ist; für diesen S p an n u n g sab fa ll p rä g te er den N am en „ K a th o d e n g e fä lle “ . D iese und andere E rgebnisse seiner U n tersu ch u n g en an G lim m entlad ungen b ild en die G ru n d lagen fü r die te c h nische A u s n u tz u n g des G lim m lich tes in den
Mo o r e-u n d G lim m lam pen, den G lim m gleich ric h tern u n d B litzsch u tzg lim m rö h ren fü r T e le p h onan lag en .
In m ehreren A rb e ite n u n tersu ch te
Wa r b u r gdie elektrisch e P o larisatio n und liefe rte B e iträ g e zu r E rk lä r u n g dieser Erscheinung, die in der T e c h n ik bei P rim ä r- u n d Sekundärelem enten, e le k tr o ly tisc h e n P ro zessen und den E le k tro ly t- E le k tr iz itä ts zäh lern eine R o lle spielt. 1896 en td e ck te er die B eein flu ssu n g der V erzögerung d er F u n k e n e n t
la d u n g durch u ltravio lettes L ic h t 3). D iese d u rch d ie Ionen theorie sp äter erk lä rte V e rzö g eru n g findet neuerdings in der H o ch sp a n n u n gstech n ik B each tu n g bei der E rk lä ru n g d er W ir k u n g der elektrischen W an derw ellen u n d d er M essu ng ih rer Spannung. In einer g ro ß en Z a h l fo rtlau fe n d er V eröffentlich ungen b eh an d elte er die O zo n b ild u n g b ei elektrischen E n tla d u n ge n u n ter b eson d erer B erü ck sich tigu n g des SiEMENSSchen O zo n a p p a rates. Gem einsam m it
He u s eu n tersu ch te er die elastische N ach w irku n g u n d elastisch e H y ste re - sis4) und gab eine K o n str u k tio n v o n A neroid en m it sehr geringer N a c h w irk u n g an.
1917 entw ickelte
Wa r b u r gd en P la n 5), eine v o n M aterialeigenschaften u n a b h ä n g ig e ra tio n elle L ich tein h eit zu gewinnen, sie so llte d a rg e ste llt w erden durch die L ic h tstä rk e der Ö ffn u n g (von gegebener Größe) eines H o h lrau m strah lers bei einer bestim m ten T em p eratu r, deren W e rt d u rch In ten sitätsvergleich e m it der lich te le k trisch en K aliu m zelle bei dieser und zw ei w eiteren T e m p eratu ren aus der
WiENschenF o rm e l a b g e le ite t w ird . D ie K on stante des
WiEN-PLANCKschen1) Ann. d. Phys. u. Chem. 27, 481 — 507. 1886.
2) Wied. Ann. 31, 545 — 549. 1887; W ied. Ann. 40, 1 — 18. 1890.
3) Wied. Ann. 59, 1 — 16. 1896:62,385 — 395. 1897;
Verhandl. d. dtsch. phys. Ges. 17, 92. 1898.
4) Verhandl. d. dtsch. phys. Ges. 17, 206 — 213. 1915.
Zeitschr. f. Instrumentenkunde 39, 41 — 54. 1919.
5) Verhandl. d. dtsch. phys. Ges. 19, 3 — 10. 1917.
Heft 11. I 12. 3. 1926
J
S tra h lu n g sg ese tzes1) h a tte er z u v o r gem einsam m it
Mü l l e rneu b estim m t.
E in T ech n ik er, der das G esa m tg eb ie t d er T e c h n ik so übersäh e, w ie
Wa r b u r gdas G e s a m tg eb ie t der P h y s ik b e h errsch t, w ürde zw eifellos bei g e nauer D u rc h sic h t des u m fangreich en S ch affen s
Wa r b u r g sn och m eh reres aufzeigen können, au f das die T e c h n ik a u fg e b a u t h a t. A b er au ch die u n vo llstän d ig e A u s w a h l b e le u c h te t die B e d eu tu n g der w issen sch aftlich en F o rsc h u n g sa rb eit
Wa r b u r g sfü r die T e c h n ik zu r G en ü ge.
Seine o b je k tiv e u n d k ritisc h e D e n k w e ise w u ß te
Wa r b u r gau ch seinen S ch ü lern e in z u p fla n ze n ; w ie g eeig n et diese S ch u lu n g fü r d ie A u fg a b e n der T e c h n ik w ar, erh e llt au s d er T a ts a c h e , d a ß eine R eih e seiner S ch ü ler sich d er T e c h n ik zu g e w a n d t h ab en u n d w ir u n ter diesen re c h t b e k a n n te N am en finden.
A b er n ich t n u r m itte lb a r w irk te
W a r b u r gfü r die T ech n ik . A ls er im Jah re 1905 v o n dem p h ysikalisch en L eh rstu h l an der U n iv e rs itä t B e rlin zum P räsid en ten d er P h ysik alisch -T ech n isch en R e ich sa n sta lt beru fen w ar, die n a ch den Id een vo n
H e lm h o ltzund
Siem ensder Z u sa m m en a rb eit zw isch en P h y s ik und T ech n ik d iente, su ch te
erdie V erb in d u n g m it den tech n isch -w issen sch a ft
lichen V erein en und V erb ä n d e n . E r w irk te im V o rstan d e des E lek tro tech n isch e n V erein s B e rlin und fü h rte 1907 und 1908 dessen V o rs itz. D en E rfo lg dieser T ä tig k e it b e leu ch ten am b esten die W o rte , m it denen im J ah re 1909 d er d am alig e V o rsitze n d e
W ilh e mv .
Siem ensin der V e rein s
versa m m lu n g den V o rsc h la g des V o rsta n d e s b e grü n d ete, die 1904 g e stifte te , alle 5 Jah re zur V erleih u n g kom m en de
SiEMENs-SxEPHAN-Gedenk-p la k e tte E .
W a r b u r g z uv e rle ih e n : (N ach einem H in w eis a u f die w issen sch aftlich en E rfo lg e
W a r b u r g sund sein W irk e n als P rä sid e n t der R eich san stalt) „ d ritte n s is t H e rr
W a r b u r gein ausgezeich n eter V o rsitze n d er unseres V erein s gewesen u n d Sie w issen, das eines sein er besonderen V erd ien ste d arin b e ste h t, d a ß er w esen tlich dazu b eig etragen h a t, O rd n u n g in un ser gan zes d e u t
sches elektrisch es V erb a n d s- u n d V erein sw esen zu bringen und w ir dü rfen das w oh l m it in erster L in ie seinem vo ru rteilslo sen vo n V erein sch a u v in is
m us gan z freiem B lic k zu sch reib en u n d seinem im m er in erster L in ie a u f das w esen tlich e g erich teten B lic k , so d a ß w ir nun g lü ck lich w ied er eine angeneh m e H arm on ie a u t diesem G eb iete erreich t haben, d a ß w ir zu ve rstä n d ig en V erh ä ltn issen gekom m en sind, die a u ch sich er d au ern d e zu sein versp rech en “ .
D em V erein D e u tsch e r In gen ieu re erfü llte er einen seit längerem geh eg ten W u n sch u n d stellte einen In gen ieu r zu r A u sfü h ru n g w ärm etech n isch er U n tersu ch u n g en an d er R e ic h s a n s ta lt ein ; er k n ü p fte au ch zu diesem V erein n äh ere B e zie h u n g e n an, seit 1913 sind zw ei M itglied er der A n s t a lt in den w issen sch aftlich en B e ir a t des V e re in s d e legiert.
J) Ann. d. Phys. 48, 410 — 432. 1915-
210
S c h e r i n g : E m i l W a r b u r gund die Technik.
T Die Naturwissenschaften
1912 rie f er die B e leu ch tu n g stech n isch e G esell
sc h a ft ins L eb en u n d w a r deren V o rsitze n d er bis 19 19 . D ie G esellsch aft eh rte ihn d u rch W a h l zum E h ren vo rsitzen d en , n och je t z t is t er rü h riges M itglied ein er K om m issio n . A u c h an der G rü n d u n g der D eu tsch en G ese llsch aft fü r T ech n isch e P h y s ik w ar
Wa r b u r gb e te ilig t und is t deren E h ren vo rsitzen d e r. E s is t b ew u n d ersw ert, w ie er neben seiner regen w issen sch aftlich en P ro d u k tio n , neben der großen B ü rd e, die die L e itu n g einer u m fan g reich en A n s ta lt m it sich b ra ch te, n eben den V erein ssitzu n gen u n d K o llo q u ien der reinen P h y sik tro tz seines h ohen A lte rs Z e it und K r a ft zum regen B esu ch d er S itzu n g en der tech nisch en V erein e a u fb ra ch te. D ieses n ich t gerin g anzu sch lagen d e O p fer b ra c h te er, um W issen sch a ft und T e c h n ik ein an d er n äh er zu bringen. W ie er b ei seiner E h ren p ro m o tio n d u rch die T ech n isch e H och sch u le C h a rlo tte n b u rg a n lä ß lich seines goldenen D o k to r
ju b ilä u m s 19 17 la u n ig b em erk te, w a r er der A n s ich t „ d a ß die In gen ieu re und P h y sik e r n och zu w en ig vo n ein and er w issen, w en igsten s erkläre ich m ir d a d u rch U rteile, die m an zu w eilen h ö rt.
So rü m p ft der P h y sik e r g eleg en tlich die N ase ü ber die S ich erh eitsk o effizien ten u n d die n ich t stren g e M eth od e des In gen ieu rs u n d der In gen ieu r s p o tte t zu w eilen ü b er die U n fru c h tb a rk e it der reinen W issen sch a ft“ . D ie T ech n ik , v e rtre te n d u rch .14 der n am h aftesten w issen sch aftlich te c h n ischen V erein e, s t a t t e t ih m a n lä ß lich dieses J u b iläu m s ih ren D a n k d u rch Ü b erreich u n g seiner B ü ste m it folgen d er W id m u n g a b : „ D e m u n erm ü d lich en und erfo lgreich en F ö rd erer w isse n sch aft
lich er F o rsch u n g a u f dem G eb iete der p.hysikali- sch en T ech n ik , der die w issensch af tlich en B ed ü rfn isse der T e c h n ik selb st erku n d en d u n d an d er G em ein sc h a ftsa rb e it tech n isch er V erb ä n d e regen A n te il n ehm en d zu m leb en d igen B in d eg lied zw isch en der W a h rh e it such en den W issen sch a ft u n d der N u tzen b rin gen d en T e c h n ik w u rd e “ . •
A ls P rä sid e n t der R e ic h sa n sta lt w id m ete
Wa r b u r gleb h a ftes u n d tä tig e s In teresse der D a rste llu n g und F e stle g u n g der em pirisch en G ru n d einheiten. A u f dem in te rn a tio n ale n E le k trik e r
ko n greß in C h icag o w aren 1893 drei em pirisch e elektrisch e G ru n d ein h eiten fe s tg e s e tz t w orden, das in tern . O hm d u rch den W id e rsta n d einer bestim m ten Q u ecksilb ersäu le, d as in tern . A m p . d u rch das S ilb e rv o lta m ete r u n d d as in tern . V o lt d u rch das C lark elem en t. D e u tsch la n d h a tte 1898 d u rch R eich sgesetz n u r d as in tern . O hm und A m p e re angenom m en, d a d as V o lt sich h ierau s n ach dem
OHMschenG esetz e r g a b ; die ü b erw ieg en d e M eh rzah l der anderen S ta a te n h a tte n ab er alle drei E in h e ite n in ihre L an d esg esetze üb ern om m en ; es stellte sich jed o c h heraus, d a ß die drei in C h icag o festg e setzte n E in h eite n das
OHMscheG esetz n ich t gen au e rfü llten , d er F eh ler w a r n ah ezu 1 p rom ille.
A u f d er 1905 vo n der R e ic h sa n sta lt n ach C h a r
lo tte n b u rg ein b eru fen en vo rb ereiten d en in te r
n atio n a len K o n fe re n z s e tz te es
Wa r b u r gdurch, d a ß au ch die anderen S ta a te n sich zu r F estleg u n g
vo n n u r zw e i e lek trisch en G ru n d ein h eiten b e reit er
k lä rte n , u n d zw a r — es g a b h ierb ei erh eblich e W id e rstä n d e zu üb erw in d en — d as in tern . O hm u n d A m p ere. A u f der in tern a tio n alen K o n feren z zu L o n d o n 1908 w u rd e diese F e stse tz u n g zum B e sc h lu ß erhoben. D a b e i stellte
Wa r b u r gdie F o rd eru n g , w elch e die K o n feren z au ch ann ah m , d a ß diese b eid en in tern . G ru n d ein h eiten n ich t v e rä n d e rt w erd en sollten, w en n sp ätere gen auere M essu ngen A b w e ich u n g e n gegen die a b so lu ten E in h eite n ergäb en , die T e c h n ik m üsse zu r R u h e kom m en . W ie w esen tlich diese w eitb lick e n d e F o rd e ru n g w ar, g e h t d ara u s h ervo r, d a ß 1914 die d eu tsch e u n d die englisch e R e ich sa n sta lt, n ach versch ied en en M eth od en m essend, ü b erein stim m end fan den, d a ß das in te rn a tio n ale O h m um 0,51 prom ille v o m ab so lu ten O hm a b w eich t.
B e i der L on d o n er , K o n feren z w u rd e das sog.
Ra y l e i g h
