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Die Zukunft, 4. Mai, Jahrg. XV, Bd. 59, Nr 31.

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(1)

x7. Jahrg. get-Umden«4.Mail907. WI.31.

Herausgehen

Maximilian Kardem

Jnhau:

Seite DurchdieBlume. VonZun- xeyts . ................155 Berliner Bekeqiviy VonsLethe-rvon Entwwa .....·......-159 Ein Gesprächüberschwind. VonFranz Hetvaeg ............161 wandern-m insMittel-lieu VonYenuo Yüttenauet ·...

....-...171

Im Ueberlingeeser. Vonthyecm von chokz ..... .......177 Belbstanketgkn. VonIsts-seZutun undFriedrich von dercseyen ....,185 DieGoldlsrisigi .............«...............187

Nachdruckverboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5Mart,die einzelne Nummer 50’Pf..

. Berlin.

Verlag der Zukunft.

Wilhelmstraße3a.

1907.

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Berlin, den 4.Mai 1907.

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Durchdie Blume.

EinBeitragzurGeschichtedesguten GeschmackesinBerlin.

«ünszehnJahresind vergangen,seit meinFreundLichtwarkseinePhilippika

«,-·gegendenschlechtenGeschmackderBlumenhändlerin Berlin ausgehen

(ließ.’·«)EswardieZeitderfürchterlichenTellerbouquets,dieeinerathe Kamelie,

«

umgebenvon ausgerupften weißenundblauenHyazinthen und Primeln,ent- hielten, inkonzentrischenRingen,wieman esmitharten Eiern)rothen Rüben, Sardellen undPfeffergurkenbeimArrangementdesHeringsalateszusehenge- wohntwar. Diese Bouquets, mitVermeidung jedesgrünen Blattes,abermit reichlicherVerwendungvon Draht hergestellt, umgabdie traditionelle Spitzen- papiermanchette,diesichseitdem aufdasverwandte GebietderTorten und Baumkuchen zurückgezogenhatunddeshalb nichtmehrindenBlumenläden, sondern in den Konditoreien angetroffenwird·

«

Jch weißnicht,ob die Teller- bouquets hierunddanochinentlegenenProvinzialstädtenzufinden sind;in Berlin wirdman ihnenschwerlichmehr begegnen.1890 wurden nachLicht- warkdieerstenwildenBlumen: Schneeglöckchen,Primeln, Anemonen,Vergiß- meinnicht, aufdemPotsdamerPlatz feilgebotenund von dadrangen sie lang- sam,abersicherindieBlumenläden,woman anfing,dieZugehörigkeitder grünen Blätterzu denBlumen, mit denensiegewachsenwaren, alseine in derNaturderPflanze begründeteThatsacheanzuerkennen.

AberjedeneuentdeckteWahrheit braucht ihreTZeit,bissieins Volkdringt, und sokonnteman nochlange nachherzurSommerszeit jene Sträußeeng aneinandergepreßterKornblumen aufdenStraßen sehen,dieerfolgreichmit

P) ,,MakartbouquetundBlumenstrauß-C1892.

13 l t-

(4)

DieZukunft- 156

demEffektblauer Wollenknäuelwetteiferten,biseseinemgeschmackvollew Blumenhändler—— feinenNamenhat Klio leidernichtderNachweltüberliefert einfiel,die blauenCyanenanlangenStielen, wiesieim Korngewachsenwaren, mitdemzarten Graugrün ihrer schmalenBlätterzu einemgraziösenStraußzu vereinen. Anfangs stauntendie Berliner über dieKühnheiteinesMannes,der die NaturzurLehrmeisterinderKunstdesBlumenbindens zumachen wagte;

aberschließlichfanden sich doch einzelne Gutgesinnte,dieeinsahen, daßderv NeuererRecht hatte;undsiekauftenseineWaare. »Ein großesMusterweckt Nacheiferung«:baldsahman überall in denSchaufensternder,,Fleuristen«

leicht gebundeneBlumensträußeohne DrahtundSpitzenpapiermanchette.Selbst dielangen ZweigedesHaselnußstrauchesmitihren grünenLämmerschwänzchen, dierosenfarbigeMandelblüthe,dieblaßgelbeForsythiakamenzuEhren; und- sogardiewegenihrer GeruchlosigkeitundangeblichenSteifheit verschrieenen Tulpenwurden salonfähigMan kaufte siein Bündeln undstellte sie lose inhohe Gläser,um sichanderSchönheit ihrer Farbenund derGrazie ihrer feingebogenenStengelzuerfreuen. Zur selbenZeitentdeckteman, daß man wieesinEnglandvon Alters herSitte gewesen—- Blumen auch- zumeigenen GebrauchoderzumTafelschmuckkaufenkönneundnichtnur, wiedieTellerbouquets,zuGeschenkenanGeburtstagenvonTanten oderzu- anderen Familienseften.

Einer derersten Blumenhändler,bei denengeschmackvolleSträußein Berlin zuhabenwaren, hießMansoundhatteeinenwinzigenLadeninder Leipzigerstraße,späterin derFriedrichftraße.SeineSpezialitätwaren russische Veilchen. Jchglaube,ergab schonin denachtziger Jahrendenvergeblichen KampfgegendenortsüblichenGeschmackund sein Geschäftauf. Vielleichtv

waren auchandere Gründedafürbestimmend; ich habeesleiderversäumt,

michrechtzeitigdanachzuerkundigen,undbinaufdietrügerischeQuelleder persönlichenErinnerungangewiesen. Jedenfallswar er,wieeinDezennium.

späterGiebeinderPotsdamerstraße,einVorläuferdesguten Geschmacksin Berlinund sein Gedächtnißsoll ob.ernochunterden Lebendenweiltoder

nicht inEhrenbleiben. «

Dann vergingenvieleJahre. Mein Lebensweg entführte michdem- WeichbildBerlins·;undinDresdenlernteich einenhochentwickeltenBlumen- kultus kennen,deraufoffenemMarkt von denzahlreichen Engländerinnen undAmerikanerinnen genährtundgefördertwurde,denenBlumenzum Lebens- bedürfnißgehörten. Jede Marktsrau verkauftediezartenKinderFlorasin Bündeln mitunverkürztenStielen undBlättern, wiesievon denFremden verlangtundgutbezahltwurden.FürdenverwöhnterenGeschmacksorgteEmma Hölznerin derSeestraße,deren RosenundNelken anSchönheitunter den zahlreichenBlumenläden von Elb-Florenz unerreicht dastandenunddie auch-

«

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DurchdieBlume. 157

imArrangement loscrBlumen mitlangenStielen einenungewöhnlichenGe- schmackbekundete-

Alsich nacheinemVierteljahrhundertin dieVaterstadt zurückkehrte, fandichVielesanders, alsichesverlassen. AuchderGeschmackanBlumen hatte sich verändert;aberzumGuten,was man von anderen Dingen nicht soohnealleEinschränkungbehauptenkonnte. DerBlumenhandel hatte ,,kunst·

gewerbliche«WegeeingeschlagenundesgabLäden,wie,zumBeispiel,den von OttoMöhrkein derSchillstraße,derbezeichnenderWeisedieAufschrist:

»FrischeBlumen, Kunsthandlung«trug. JnderThatwar hierder»Kunst im LebenderBlume« einbesonderes Recht eingeräumt.Jn schwerenThon- gefäßen,glasirtenundunglasirten,prangten SträußevonungewöhnlichenDimen- sionen.Man erkannte schnelldenGeschmackeineswirklichenKünstlers,der nur mitunter demGefäßeinenzustarkenAccentgegenüberdemJnhaltge- liehen hatte. Jndenbronzirten Wurstkränzen(manverzeihemirdieseetwasge- wagte,aber dieEigenart charakterisirendeBezeichnung),denlang herabhängenden vergoldetenBändern, in denorangegelb,mennigroth,blau oder violettgefärbten Jmmortellenbäumchenmachten sich deutlich münchenerEinflüssegeltend,An- klängeanFestdekorationen,wiesie LenbachundStuckimgroßenPrunksaal desKünstlerhausesausgebildethatten.

Der,,Stil Möhrke«machteSchuleund man trafalsbald in anderen Blumenläden desWestens Nacheiserer,dieesihremVorbild gleichthunwollten, ohneesjedochanders alsinAeußerlichkeitenzuerreichen.Sowar esja auch—- mutatis mutandis - inderArchitekturAlfred Messelergangen, alserimWertheim-PalastNormen geschaffen,diebestimmend fürungezählte Waarenhäuserin ganzDeutschlandwurden.

KöstlichesMaterial anfrischenBlumen fand ichin denvexschiedensten Geschäften:OrchideeninreicherAuswahlbeiJ.C.SchmidtUnterden Lin- den,RosenbeiAdolf Koschel,NelkenvonungewöhnlicherGrößeundSchön- heitbeiPaulHanuschky,Potsdamerstraße,undbeiH· ReicheamKurfürsten- damm. DiefarbenprächtigstenAnemonenhatteLouisMeinel in derJoachims- thalerstraßeausgestellt.Aberesfehlte fastüberallandemsicherenBlick und derordnenden Hand,die dasbunteVielerleidesMaterials zurkünstlerischen Einheitgebunden hätte. Jn manchen Schaufenstern begegneteman sogar hor- riblenScheußlichkeiten.DieSpitzenpapiermanchettewar zwarverschwunden,aber anihrerStelle machte sicheineVorliebefür gekrepptes,farbiges Papier breit, daszuerst schüchterndiefeine OckerfarbederthönernenBlumentöpfeverdeckte, späterinabenteuetlichen SpiralendieeingepflanztenRosenundAzaleenum- wucherteund denGipfelderGeschmacklosigkeitinjenen hohen, getriebenen Fliederbüschenerreichte,bei denendiezarten, blassen BlüthendoldenimGe- wirrgleichfarbigenPapiersundbreiter,ptotzigerAtlasschleifen"erstickten.Selt-

138

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If158 DieZukunft.

«samerWeise suchteman dieFarbederUmhüllungmeist jenerderBlumen an-

zupassen,statt sie durcheineabweichendeFarbeinihrer Wirkungzuheben.

«Solche,,Arrangements«konnteman natürlichnichtzueigenerFreude kaufen, sondernnur zuGeschenken,diemöglichstkostbar aussehen sollten. Selbstden inzwischenmodern gewordenen Tulpen thatman Gewalt an, indemman LihreBlüthenblätternachaußen bogund sie so,biszurUnkenntlichkeitent- stellt,alsfalscheKamelien inKränzenverwendete. Hierher gehörten auch ZdunkelrotheRosenmitsinnigenAuffchrifteninweißerFarbe: »IchliebeDich!«

Zoder so ähnlich,die in einemSchaufensterderFriedrichstraßeprangten. Aber zgenugvon diesen Absurditäten!

EinesTages führte michderWegdurch dieLützowstraßezundichblieb erstauntvor einemkleinenBlumenladen, zwischendemElisabethkrankenhaus ZundBlumeshof, stehen,derdieAufschrift: »FranziskaBruck, FrischeBlumen«

trug. WasindenzweinichtebengroßenSchaufenstern ausgestelltwar-,er-

TregtezuerstmeineBewunderungunddannmeineNeugier. Jn schönerHar- moniestandendajapanischeKörbe, BronzeschalenundkrakelirteFayencegefäße, gefülltmitdenköstlichstenBlumenundBlüthenzweigen.sJneinemflachen KorbwuchsenausdunkelgrünemMooseblauoiolette Jrismitgelben Kelchen nebenzierlichenSchilfkolben,aus einergehenkeltenBronzevasehoben sichriesige JZweigemitApfelblüthen,graziöseDrchideen überfluthetenmitdemzartenGelb

undBraun ihrerhundertBlüthen einauf hohemStänder emporragendes 'Bambusgefäß.Und alldieselnospende, grünendeundblühendeMärchenpracht

«

war miteinemtreffsicherenGefühl fürdiefarbigeGesammtwirkung,mit einem RespektvordernatürlichenEigenart jeder Pflanze zusammengestellt,daßman denEindruckhatte,im Boudoir einermitfeltenemGeschmackbegabtenWelt- damezusein,derenHände feinsinnigzureigenen FreudeeinParadiesim Kleinen geschaffenhätten. AufdieJdee, daß hieran einerverkehrsreichen lStraßeBlumen zumVerkaufausgestelltseien,kamman garnicht. Jchwider- TftandnichtderVersuchung, einzutreten,um dieSchöpferindieses Zauber-

gärtleinskennenzulernen, undbefand michalsbald einerDame gegenüber,

«diesich sofortalswarme Freundinaller Blumen,alsgewiegteKennerinihrer Namen und Artenentpuppte.SiehatteLichtwarkgelesenund mitNutzen gelesen, wassie fürihre Zweckebrauchenkonnte. DiejapanischenKörbe,Vasenund Bronzeschalenhatte sie sichandererstenQuellefür solcheDinge,inderKunst-

»-l)andlungvon Wagner8z Co.,verschafft.Diestrengen RegelndesBlumen-

«arrangementsderJapaner,diefür dieseBlüthenur diese Schale, für jenen iZweignur jene Vaseerlauben,schien sie sichzueigen gemachtzuhaben.Mit der Bescheidenheit,dieeineSchwesterderSachkenntnißift, sprach sieüber WegeundZieledesguten Gefchmackesin derKunstdesBlumenkultus;und

«ichverließihren»LadenmitdembefriedigendenBewußtsein,daßman ein Ge-

(7)

Berliner Sezession. 159

schäftpraktischundkaufmännischführenundsich dochdabeieinWenig Jdea-·.», lismus bewahrenkönne.

DamirmeinepersönlicheLebensführungnur eine Artvonplatonischer Liebefür schöneBlumen geftattete, beschränkteichdenGenußanFranziska Brucks»gesammeltenWerken«auseinenhäufigenBesuch ihrer Schaufenfter;, aber ich empfahl siealsweißenRaben (wenn dieser Vergleichbeieiner Dame erlaubtist)meinenBlumen kaufendenVettern undFreundenundhatte-«

dieGenugthuung, sie hinund wiederauchvon einerneuen Seite,nämlich alsMeisterinimArrangementdesTafelschmuckes,kennenzulernenundzu bewundern.AufderBindekunft-Ausstellung,diefreilichviel OedesundAb- geschmacktesbot, erhielt siedennauchdiewohlverdienteMedaille. Ein Kon-.

kurrent,mitdemichdarüber inderAusftellungsprach,lobteetwaslauwarm ihren guten Geschmack.,,Aber«,setzteergönnerhafthinzu, »ein Geschäftist damitnichtzumachen." Nein: mit bloßemGeschmackundJdealismus frei- lich nicht.Darin hattederMann vollkommen Recht.—- AberwirJdealiften lassenuns nun einmaldasHoffenundHarren nichtverbieten.

«

ProfessorDr.Max Lehrs.

Berliner Sezefsi0n.

EinBrief an MaxLiebermann.

MerehrterHerrProfessor, ich habedieAusstellungder BerlinerSezesfion undJhre großePortraitgruppederhamburger Professoren gesehen.Man wird. vieleEpigrammedaran heften; empfangenSiefreundlichdasmeine.

AusdiesemBild sprichtEiner, dem die Geduldgerissenist.Baldwurde geflüftert,man müsseso,bald,manmüsseandersmalen.Hier rufteineStimme:

»Ich male,wieichskann.«AusdemBilde sprichtlutherifche(darf ichs sa- genZ)Grobheit: »Ihr Hunde,miristderTag gekommen,deutlichzu werden!«.

HierhateinSchmieddenAmbos in die Erdegetrieben;miteinerinsechzig Jahren gesammeltenKraft,dieihn stärkermachtalsalleanderen. Jch fühle dasGenie,denrechtenAugenblickfür solcheKraftleiftunggefundenzuhaben.Jchs bewunderenichtnur denSchlagunddieUngeduld·(fiehätteJeden umgebracht, derdenKünstlerbeifeinerArbeitgestörthätte): ichbewundere auchdieGeduld, dieFähigkeit,Jahrzehnte lang sichzurückzuhaltenundfichzusteigern,abzuwar-

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160 DieZukunft.

ten, bis derTagzurhöchstenKraftenfaltung gekommenist.Wie vieleJungewer- denbeginnen,wie Sieenden,undihr Leben,miterschöpfterKraft,alsMinia- turmaler beschließen,wie viele dieUngeduld, nichtdieGeduld nachahmen!

Sie,verehrter Herr, haben instinktivdenTageinesSiegesderBerliner Sezessiongewählt;einesSieges,derdurch JhrWerknun entscheidendwird.

Höchste,mitunterfast gefährlicheAnspannungallerKräftemachtdieseAus- stellung so ungewöhnlich.SieistanstarkenPersönlichkeitensoreichwieselteneine deutscheAusstellungvon sobegrenzterBilderzahl.Siegiebt Probenallerheute möglichenMalarten; jedeArtdesSchauens,desAusdrückens, derPinselsprache ist hiervertreten. SiegewährtderJugendund demKenner einenvom schmalen PinselstrichdesVanGoghbis zumbreitestenFleck,vonzartesterGlätte bis zu robustesterWucht reichendenUeberblick. Mansieht sehr helleundsehr dunkle, durchleuchtendeunddeckendeFarben. Von allen Seiten birschendieseKünstler sichandieWirklichkeit heran;mitdenverschiedenartigstenMitteln gehen sie ansWerk. Hier isteineneue SchulederMalerei, sind sichtbareKeime,die deutlich zeigen,wiedieKunstdesMalens künftigfürneu entstehendeZwecke verwendet werdenwird. Studien,SkizzenundausgesührteBilder, gelungene AnläufeundMeisterleistungen, jugendlichsteundreifste Arbeit, freieundnach AuftragschaffendeKunst:AllesistinbewundernswertherKnappheit vorgeführt.

Nirgendswiederholt der EinedenAnderen. Ueberallhatein reiner,ernster, unerbittlich wählenderundausscheidenderGeist gewaltet,derlange Urtheils- übung vor-aussetztEingemeinsamesWollen istzuspürenunddochistkeine Individualität augetastet. Welche greifbarenUnterschiedezwischenTrübner, Co- rinth,Slevogt,Leistikow,KlingenWeiß,VanGogh,Oberländer,Strathmann (man müßteJeden nennen)! Wiestark mußtederorganisirende Geist sein, der das Alles zugemeinsamerWirkung sozusammeln vermochte,daßein Bild dasanderenicht herabdrückt,sondern hebtundergänzt!Fehlen auf diesemBild Menschen: aufjenem habt Jhr sie. SuchtdasAuge hierBlumen: dortsind siezufinden.DieAnordnungist genial aufdenablesendenBlickberechnet.

Daß solcheWirkung erreicht ist, machtmirdiese AusstellungzumEreigniß.

DieserBrief isteinAusbruch.DerscheintmiramPlatz. Freilichhabe ich mich durch solcheAusbrüche schon rechtunbeliebt gemacht;derAusbruchder Freudeanguter Kunstgilt ja nichtals Kritik,sondernalsSchwärmerei.Was aberlesenwirheuteüberKunstundKünstlerderVergangenheit? Gelungene EpigrammederZeitgenossen.Froh,einenwerthvollenAugenblickderKunstmit- zuerleben,undin demGefühl,daßerso,wieerist, nicht leichtwiederkehrt,grüßt SieinHochachtungundErgebenheit

V

Lothar von Kunowski.

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EinGesprächüberSchwind. 161

Ein Gesprächüber Schwind.

FriedrichNein, nein, mein Lieber,ichwill DirDeinenSchwind gewiß

· nichtrauben. Dusollst ihnliebenwiejezuvor. Aberzugeben mußt Dumir, daßernichtderHeros ist,alsdenman ihnimmerausruft,und nicht selteneinziemlichmittelmäßigerZeichnerundMaler.

Leopold:GebeichDirgarnichtzu,durchausnicht!Dasist jadie reineSophisterei,was Dudasagst.Liebensoll ich ihn dürfenunddochein- räumen,daßernichts taugt!Geh,frozzleDu einenAnderen; ichsitz’Dirnichtauf!

Friedrich: Sollwohl heißen,daß ichDichzumBesten halte? Nein, meinJunge, ichmeineesverteufelt ernst.Undwenn Dugestattest,wollen wirdieSacheeinBischen näher untersuchen.

Leopold: WennJhrnur »untersuchen«könnt! Aber insolchemFall hilftkeineUntersuchungDamußman einsicheres Gefühlundein natür- lichesOrganhaben. Undman mußdenWienerimSchwind verstehen:Das istes.Wernichtmitseinem Herzen hierinunserer Donaustadt daheim ist, ja,wernichtvonKindaufdieweichenLinienunserer Bergeunddiewohlige Lust unsererGärtenundAuengeliebt hat,wer nichtwienerFrauen,wiener Musik,wienerstilleGäßchenunddenliebenaltenwiener,,Steffel«insHerz geschlossenhat,Der... s

Friedrich: Jch weiß schon:Deristundbleibtin Euren Augenso- zusagennur ein halberMensch.AberweißtDuauch,wasDudamiteigent- lich sagst,meinLieber? UndganzspeziellimFall Schwindss DaßderMann sozusagennur eineLokalgrößegewesen sei. Also verzeih, Poldl: aberjetzt bistDues, derdenSchwindunterschätzt,undnicht ich. JnmeinenAugen gehörtSchwinddemganzendeutschenVolkanund soll ihm,mit Dem,was gutanihm ist,auch weiterhin verbleiben.

Leopold:Spreiz’ Dich nicht! DaßderSchwind mehrwar alsein fescher Fiaker,derbeimHeurigen sein Gstanzl singt, weiß ich schon.Natür- slich:derMann,derinMünchen, Karlsruhe, FrankfurtundaufderWart- burg gemalt hat, isteinVollblutdeutscherundgehörtAllen.Trotzdembleibt nochein ganzpersönlicherallerseinsterDuft;unddenspürt nicht-Jeder: ich sbleibe dabei, im Grunde nur dergeborene Oesterreicher.

Friedrich: Damit würdestDu abereinen berlinerHerrn weidlich kränken,dersich erst kürzlichfür Schwind gehöriginsZeug gelegt hat.Er hatsogareinemhierin WienlebendenKollegen (der freilich so wenigwie icheingebotenerWienerist) ingrimmigdenText-gelesen.Der Wienerhatte gewagt,anSchwindzuzweifeln.DakamihmderBerliner übersKamisol, als hätteerdenliebenHerrgott geläftertUndwar förmlichvollgetrunken Qon Liebe zuSchwind—--

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162- DieZukunft.

Leopold: WieeinWieneresnieseinwird! DahastDuden Unter- schiedschon.DerWiener istinseinerLiebe nie rabbiat (Das sindnur theo-- retischeFanatiker), sondern herzlichund innig.Erbraucht sich seineLiebe nicht erstzubeweisen,darum kannersiemitGelassenheit aussprechen. Hast:

DudenArtikelda? DieSache beginnt, michzuinteressiren.

Friedrich; Jch sucheebendanach.Undhier habe ich ihnauchschont AlsohierhastDueineProbe,wiederBerliner sichausdrückt: »Werden Blick auchnurflüchtigüber dielange ReihederköstlichenSchöpfungenSchwinds gleiten läßtundhat nocheineSpur ursprünglichenreinenGefühlsim Leibe, mußsogleicheininstinktioesMißtrauen empfindengegenJemanden,derhier-

von Desillusionsprechenkann. EinemsolchenReichthumvon spielenderPhan- tasie,von Jnnigkeitund Gemüthstiefe,von Anmuthund Gestaltungskraft gegenüberstehenundsich ernüchtertfühlten: woraufdeutetDas hinalsauf eigene Ohnmacht, auf MangelanEmpfindung fürdasWeseneinergottbe- gnadeten KünstlerseeleundechterdeutscherArt?« Dusiehst,derBerlinerführt- einefchneidigeKlinge!

Leopold: VorAllemnimmt erdasMaul rechtvoll.Jch stimmeihm ja sachlichzu,aberdieTonart gefälltmirnicht. DerMann geberdet sich beinahewieein kleinerPapst,derseine Bannstrahlen schleudert.Damitmacht

ermich eigentlichstutzig; jetztbinich dafür, daßwir dieSache ,,untersuchen«.

Friedrich: JchbinmitVergnügendabei. Undum unsererUnter- suchung gewissermaßeneinedokumentarischeGrundlagezugeben, lege ich«hier- mitden dickenBand aufdenTisch,in demkürzlichdieDeutscheVerlagsanstalt inStuttgartSchwindsWerkeinnicht wenigerals1265Abbildungen her- ausgegeben hat. JchwillDiraufrichtig gestehen, daß dieserBand eigentlich dieSchuld trägt,wenn ich nahezueinAbtrünnigervon Schwind geworden bin. Undwarum? Erist sounkritischundindiskret. Ergiebt gleichAlles, wasdaist.UndDasverträgtderguteSchwindnun einmalnicht.Esist ebendocheingewaltigerUnterschiedzwischenihmund Leutenwie Rembrandt«"

oderDürer,von Michelangelogarnichtzu reden· Ja,von diesen Kunst- schöpfernmußman jedes Blättchenaufhebenunddarf auch jedes publiziren:

siewerdenimmer größer,immer gewaltiger, je nähermanihnen kommt· Bei Schwind istsanders. Solangeichnur wenigvonihmkannte und nicht mehrvonihm besaßalsdiesevierköstlicheMappen,indenen der»Kunst- wart«eineweise AuswahlausseinenWerken getroffen hatunddieichzur«

Kontrole auchherlege, so langewarichglücklichundwar Schwinds aufrichtiger FreundundVerehrer.Aber nun,woich beinahezehnmal sovielaufgeladen bekam und Allessah,was derMann außerdemnoch gemachthat,wurde ichs-«- plötzlichkritischundingewissemSinn ernüchtert.

»

Leopold:Dazuwarst Dubereitseinigermaßenprädestinirt.Erinnerei

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