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Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 14. Jg. 1926, 5. Februar, Heft 6.

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NATURWISSENSCHAFTEN^

f kS^tsei

V C l i t a r

HERAUSGEGEBEN VON

A R N O L D B E R L I N E R

U N T E R B E S O N D E R E R M IT W IR K U N G VON HANS SPEMANN IN F R E IB U R G I. B R .

ORGAN DER GESELLSCHAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE

U N D

ORGAN D ER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

HEFT 6 (SEITE 89-108) 5. F E B R U A R 1926 VIERZEHNTER JAHRGANG

I N H Zar Morphologie und Stammesgeschichte des

Affenschädels. Von Ad o l f Na e f, Zürich. (Mit 13 Figuren) ... . 89 Über die Regelung des Auftriebes von Luftschiffen.

Von Ku r t Pe t e r s und Pe t e r Sc h l u m b o h m, B e r l i n ... 97

Be s p r e c h u n g e n :

Lu c a n u s, Fr i e d r i c h v o n, Das Leben der Vögel.

Von Hermann Schalow f, B e r l i n ...102 Ro m e i s, B., Taschenbuch der mikroskopischen

Technik. Von Karl Bölar, Berlin-Dahlem . 103

U N D V O R L Ä U F I G E M I T T E I L U N G E N : zur Theorie der Zweistoffkataly- A L T :

Zu s c h r i f t e n

Bemerkung

satoren. Von H. Ca s s e l, Berlin . . . 103 Erregung von Resonanz in Neon durch Linien

aus dem sichtbaren Neon-Spektrum. Von W. d e Gr o o t, E in d h o v e n ... 104 Ge s e l l s c h a f t f ü r Er d k u n d e z u Be r l i n: Ge­

denkfeier für Georg Schweinfurth und für Alfred Merz. Neue Forschungen über das homerische Griechenland und die Irrfahrt des Odysseus.

Natur der P o la rw elt... 104 As t r o n o m i s c h e Mi t t e i l u n g e n: Dunkle kos­

mische Nebelwolken. 107

*

Qi

Abb. 316. S c h i m p a n s e » u n d M e n s c h e n s c h ä d e l

Frei schwebend aufgestellt. An Stelle des Narkenbandes ein Zug mit Gewidit, welches den Schädel gerade trägt. Der hinter dem Unterstützungspunkt befindliche Sdiädelteil schraffiert <nach dem Modell von Th. Jvlollison, anthrop. Sammlung, Heidelberg).

Aus: A n a t o m i e d e s M e n s c h e n

Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte

Erster Band: B e w e g u n g s a p p a r a t

Von

H e r m a n n B r a u s

o. ö. Professor an der Universität Direktor der Anatomie Heidelberg

844 Seiten mit 400 zum großen Teil farbigen Abbildungen 1921. Gebunden 16 R.M.

Zweiter Band: Eingew eide Einschließlich periphere Leitungsbahnen I. Teil). 704 Seiten mit 3 2 9 zum großen Teil farbigen Abbildungen 1924. Gebunden 18 R.M.

V E R L A G V O N J U l T uI T pI I N G ^ E R I N B E R L I N W 9

Der Postvertrieb der „Naturwissenschaften“ erfolgt von Leipzig aus t I / f j -h

(2)

II D I E N A T U R W I S S E N S C H A F T E N . 1926. Heft 6. 5. F e b r u a r 19 2 6 .

DIE NATURWISSENSCHAFTEN

erscheinen in wöchentlichen Heften und können im In- und Auslande durch jede Sortimentsbuchhandlung, jede Postanstalt oder den Unterzeichneten Verlag be­

zogen werden. Preis vierteljährlich für das In- und Ausland 7.50 Reichsmark. Hierzu tritt bei direkter Zustellung durch den Verlag das Porto bzw. beim Bezüge durch die Post die postalische Bestellgebühr.

Einzelheft 0.75 Reichsmark zuzüglich Porto.

Manuskripte, Bücher usw. an

Die Naturwissenschaften, Berlin W 9, Linkstr. 23/24, erbeten.

Preis der Inland-Anzeigen: x/i Seite I5° Reichsmark;

Millimeter-Zeile 0.35 Reichsmark. Zahlbar zum amt- lichenBerlinerDollarkurs amTage des Zahlungseingangs.

Für Vorzugsseiten besondere Vereinbarung. — Bei Wiederholungen Nachlaß.

Auslands-Anzeigenpreise werden auf direkte Anfrage mitgeteflt.

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V e r l a g v o n J u l i u s S p r i n g e r i n B e r l i n W 9

Zeitschrift

für Morphologie und Ökologie der Tiere

Redigiert von

P. Büchner und P. Schulze

G re ifsw ald R o sto ck

Abteilung A der Zeitschrift für wissenschaftliche Biologie

A u s d em I n h a l t d e s l e t z t e n H e f t e s : Heft 2 des 5. Bandes (abgeschlossen am 11. Januar 1926)

W eg en er, M ax, Die Nackengabel von Zerynthia (Thais) Polyxena Schiff und die Phylogenese des Osmateriums. Eine anatomische Studie zur Urform der Lepidopterenlarve. Mit 35 Textabbildungen.

Groenewegen, J. A. W. jr., Über den Bau und die Entwicklung der Bruttaschen von Sphaerium rivicola Lm. Mit 33 Textabbildungen.

Ludw ig, Wilhelm, Untersuchungen über den Copulationsapparat der Baumwanzen. Mit 45 Abbildungen und Tafel I und II.

Preis 28 R.M.

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN

V ie rze h n te r J a h rg a n g 5. F e b r u a r 1926 H e ft 6

Zur Morphologie und Stammesgeschichte des Affenschädels.

V o n A d o l f N a e f , Z ü rich . Seit D a r w i n s L eh re ih ren leu ch ten d en F u n k e n

in die Trü be n atu rfrem d er L e b e n sb e tra c h tu n g w arf, ist die ,,A ffen a b sta m m u n g des M e n s c h e n “ zum Stichw ort o b erfläch lich er M ein u n gsversch ied en ­ heiten geworden. In der w issen sch aftlich en W e lt h a t es zw ar n ich t die R o lle gespielt, w elch e d ie­

jenigen ihm zuschreiben, deren V o rstellu n g en vo n organischer F o rm e n m a n n ig fa ltig k e it aus dem B il­

derbuch der K in d h e it oder einer g eleg en tlich b e ­ such ten Sch aubu de stam m en . Ja, m an kan n sogar einige Ü b errasch u n g n ic h t verb erg en , a n ­ gesich ts der T a ts a c h e , d a ß es n och h eu te schw er ist, d as v o n der F o rsch u n g zu sam m en getragen e M a teria l zu r D isk u ssio n dieser F ra g e einigerm aßen v o lls tä n d ig h erb eizu treib en , d a es in geordn etem Z u sta n d nirgends verein ig t ist. (A n läß lich neuer F u n d e und ih rer th eoretisch en B e u rte ilu n g d u rch m ehr oder m in d er B erufene, is t es m ir gerad ezu a u fg efa llen , w ie w en ig die m aßgeben den T atsa ch e n selb st F a c h le u te n b ekan n t sind.)

K e in Z w eifel, d a ß im m er w ieder die b erü h m ten ,,m issin g lin k s “ in den Z eitu n g sb erich ten a u f­

ta u c h e n w erden . D a i°t es denn v ie lle ic h t n ich t oh n e N u tzen , wenn w ir versu ch en , einem größeren K reise anschaulich zu m achen, w a s d a ü b e rh a u p t v e rm iß t w ird. E s is t n äm lich v ie l m ehr und au ch w ieder vie l w eniger, als m an ch e glau b en , die es besser w issen m ü ß ten . N a tü rlic h is t im le tz te n Sinne jed es L eb en d ige ein G lied im großen Z u ­ sam m enhang des W erd en s; die F ra ge, die hier sp e­

ziell au f den L ip p en lieg t, is t die, ob zw isch en den M enschen und den ihm h e u te am n äch sten steh en d en T ieren W esen b e k a n n t gew orden sind, w elch e d ie b esteh en d e (vom S ta n d p u n k t des M enschen g e ­ sehen) ungeheure D ista n z ü b erb rü cken . Z eu gen w erd en gesu ch t, w elch e einen Ü b e rg an g d u rch w irk lich e U m b ild u n g im L a u fe b e stim m te r Z e it­

räum e d en k b ar erscheinen lassen und v o rs te llb a r m achen. (Von der F ra g e n ach den U rsach en w ollen w ir hier v ö llig s c h w e ig e n !)

D a ist nun k la r: A lle s W issen sw erte w erd en w ir niem als erfah ren; ein gesch rieb en er B e r ic h t kan n n ich t erw arte t w erden . E s h a n d e lt sich also darum , eine solche E in sic h t in die O rd n u n g der N a tu r zu gew innen, d a ß die fra g m e n ta risch e n Funde, die glü cklich e Z u fä lle uns noch besch eren m ögen, m it ü b erzeu gend er S ich erh eit g e d e u te t w erden können, w obei dann der b e trä c h tlic h e S p iel­

rau m des N ichtw issens und freiw illigen G lau b en s sich vo n selber abgren zt.

Z u n äch st is t hier a u fzu räu m en m it einem störenden U nsinn, vo n dem n och w en iger der a b ­ seits stehende L aie als der forsch end e Z oologe lan g e Z eit hindurch besessen w ar, n äm lich m it d em seltsam en Streben, die heutig e T ierw e lt, m it

dem M enschen an der S p itze, in m a n n ig fa ch er O rd n u n g a u fzu reih en und d ie gew äh lten V e r ­ kn ü p fu n gen ohne alle lo gisch e B e re ch tig u n g fü r A h n en fo lg en und S ta m m b ä u m e zu h a lten . D a m it gin g sp äterh in die N e ig u n g der P a lä o n to lo g en p arallel, es m it den ve rste in e rten R e s te n ebenso zu m achen, ob w oh l diese eb en so w en ig A u sw e ise ih rer H e rk u n ft m itfü h ren . Im m erh in h a t te d iese D iszip lin den V o rte il, d as re la tiv e A lte r ih rer m ehr oder w en iger p ro b lem atisch en S ta m m v ä te r zu kennen und also die F o lg e der S tu fe n w en igsten s n ich t gan z au f den K o p f zu stellen . G ele g e n tlich w a r auch das gefundene M a teria l so v o llstä n d ig , d a ß es sich sozusagen selb st zu n a tü rlich e n R eih en ordnete. B e i P rim a te n is t d a v o n kein e R ed e.

W irk lich e K e n n tn is des W erdens k a n n sich ab er aus den D in gen selber und aus den realen B ezieh u n gen zw ischen denselben erst gew innen lassen, w enn sie uns zu n ä ch st G esetzm ä ß ig k eiten v e rra te n haben , w elch e den Z u sa m m en h an g v e r ­ sch ied en er L eb en sfo rm en u n terein an d er b eh err­

schen. Solch e b esteh en n ach a lte r E rfa h ru n g zw ischen d irek t und n ach w eislich b lu tsv e rw a n d te n W esen und w erd en u n ter den B e g riff der V e r­

erbung ge faß t. W a s und w ie ab er ü b er J a h rm il­

lionen h in w eg v e re rb t w ird , das zu erkennen, ist eine h ö ch st besondere und sch w ierige F ra g e, vo n d er w ir sp äter n och im allgem einen h an d eln w ollen.

S olche V ererb u n g ä u ß e rt sich jed e n fa lls im n a tü r­

lich e n System . In n erh alb d esselben b ild e t der M ensch vo n h eu te eine einzige A rt, w eil alle seine V a rietä ten oder R assen u n terein an d er u n b eg ren zt fru ch tb ar sind. Sie e rw eitert sich zu r G a ttu n g durch E in b ezieh u n g des v ie l s tä rk e r ab geson d erten , ausgestorbenen N ean d ertalm en sch en und zu r F a ­ m ilie d u rch A n sch lu ß v o n P ro ta n th ro p u s H e id e l- bergensis und P ith e c a n th r o p u s erectus aus einer früheren E iszeitp erio d e. D a s sind die h eu te sicher bekan n ten H o m in id a e . W en n w ir sie m it den G attu n gen G o rilla , S ch im pan se und O ra n g -U ta n v e r­

gleichen, w elch e n eb st au sgestorb en en V e tte rn u n ter sich die F am ilie der P o n g id a e b ild en , sow ie m it A u str a lo p ith e cu s (vgl. N a tu r w. 33, 705 — 707. 1925), ergib t sich eine ty p isch e Ü b erein stim m u n g w eiteren G rades, der w ir durch B ild u n g des um fassenden K reises der A n th ro p o m o rp h a e A u sd ru c k verleih en . Lassen w ir aus der D efin itio n desselben w ieder einige B estim m u n g en w eg, so kön nen w ir zu den V origen au ch die H y lo ba tid a e (L an garm affen ) h in zu ­ nehm en und b ekom m en so die G ru p p e der A n th r o - p o id ea ü b erh au p t. Ih nen stehen w eiter alle A l t ­ w eltaffen nahe, n äm lich die zah lreich en F a m ilie n der (m eerkatzenartigen ) C erco p ith ecid a e (H u n d s­

a ffen ); d u rch deren A u fn a h m e ru n d e t sich d er K reis der C a ta rh in a (Schm alnasen), w elch er, m it

Nw. 1926. 7

(4)

9 0 Na e f:. Zu r M orphologie und S tam m esg escliich te des A ffenschädels. f Die Natur­

wissenschaften den N e u w e lta ffen o d er P la ty r h in a verein ig t, sch lie ß ­

lich die U n tero rd n u n g d er S im ia e oder A ffe n erg ib t. Sie b ild et w ied er m it den P r o s im ia e oder H a lb affen zu sam m en die O rd n u n g der H erren tiere oder P r im a te s.

D ies fix ie r t rein begriffslog isch die S tellu n g des M enschen zu den „ A f f e n “ im n atü rlich en S y s te m : H o m o sa p ie n s is t eine A r t der G a ttu n g H om o, diese gehört zu den H o m in id a e , A n th ro p o - m orphae, A n th ro p o id e a C a ta rh in a , S im ia e in s ch rittw eise erw eiterten K reisen , bzw . u n ter stu fen ­ w eiser V errin geru n g der D e fin itio n um b estim m te M erkm ale. N ic h t ,,M ensch und A ffe “ steh en sich d a gegenüber, sondern H o m o sa p ie n s und H . N e - a n d erta len sis, H o m o und P ith e c a n th r o p u s, H o m in i­

dae u n d P o n g id a e , A n th ro p o m o rp h a e u n d H y lo b a ti- dae, A n th ro p o id e a und C ercop ith ecid a e. N a ch der allgem ein en A b sta m m u n gsleh re entsprech en diesen G eg en ü b erstellu n gen eb en soviele S p altu n g en des A rten stam m b a u m es. V o n der H e rk u n ft der H o m i- r id a e ka n n also n u r im Sinne der T re n n u n g vo n d en P o n g id a e und A u s tr a lo p ith e c id a e die R ed e sein, d. h. einer S o n d eru n g aus dem ä lteren und w eiteren K reise d er A n th ro p o m o rp h a e. W e iter rü c k w ä rts h ab en w ir keinen G run d, vo n besonderen A h n en des M enschen zu sprechen.

E in e andere F ra g e is t die, ob w ir zu b estim m ten V o rstellu n g en gelan gen können v o n den U rfo rm en der A n th ro p o id e a, C a tarh in a, Sim iae usw ., die zu g leich solche der M enschen sein m üssen. U n ter dem G e sic h tsp u n k t dieser F ra g e w ollen w ir z u ­ n ä c h st eine A n z a h l h ö ch st in teressa n ter A ffe n - schädel b e trach ten , die uns sch ließ lich eine V o r­

stellu n g v e rm itte ln sollen, d u rch w elch e S tu fen h in d u rch der des M enschen sich e n tw ic k e lt h ab en m uß u n d w elch es die b ed eu tsam sten L ü ck e n sind, die unsere K e n n tn is d a v o n zu r Z e it noch h a t.

O b w o h l w ir d a b ei ein M a teria l vorlegen können, d as au ch dem Z oologen und A n th ro p o lo gen n ic h t a llzu v e rtr a u t und d ah er sich er w illk o m m en ist, w ollen w ir uns d och im In teresse der V e rs tä n d ­ lic h k e it a u f d as b ild h a ft F a ß lich ste, n äm lich die S e ite n an sic h t des Sch äd els besch ränken , v o n allen erm ü d en d en Z ah len und W in k e ln absehen und d a m it a u ch dem L aie n einen d irekten E in b lic k ge sta tten .

S y stem a tisch v e rw a n d te T iere, g en au er: deren selb stän d ig sich e n tw ic k eln d e T eile, sind einander um so ähn lich er, je jü n g e r die verg lich en en E x e m ­ p lare sind . D ies is t ein allgem ein es Gesetz, das sich au s den B ed in g u n gen stam m esgesch ich tlich er A b ä n d eru n g e rg ib t und dessen k o rre k te em pirisch e F a ssu n g fo lgen d erm aß en la u te t: S o w eit1) d ie G e­

sta ltu n g sv erh ä ltn isse e in e s ontogenetischen S ta d iu m s d ie des n ach folg en den k ö rp erlich h erv orbrin g en2) (und also bestim m en), besitzen sie, sy stem a tisch be­

trachtet, e in e n größeren A llg em ein h eitsg ra d a ls diese.

S ta m m esg esch ich tlich g e d e u te t sind die v o ra u s­

x) D. h. in denjenigen T eilen und E ig en sch aften , in denen . . .

2) D . h. in sie ,,ü bergeh en ” .

gehenden S ta d ie n im G efü g e der ty p isch e n E n t ­ w ick lu n g also ko n serva tiv er und heute d em nach ursprü n glich er (altertü m lich er) als die vo n ihnen h ervo rgeb rach ten B ild u n g e n . W ir können ohne w eitere E in sch rä n k u n g v o n ein em G esetz der k on ser­

va tiven V o rsta d ien sprechen, a u f d as sich w eiterh in die P rin zip ien verg leich en d er F o rm w issen sch aft zu b egrü nd en haben.

E s g ib t frü h este S tad ien d er m ensch lich en K eim esgesch ich te, die allen änd ern W irb e ltie re m ­ b ryo n en , v o n der H aifisch stu fe a u fw ä rts, in g e ra d e ­ zu v erb lü ffen d er W eise gleichen. In v ie l sp eziellerer W eise g ilt dies im B ereich der S ch äd e lb ild u n g : Z w isch en allen S äu getiersch äd eln , um so m ehr zw isch en denen a ller S im iae b esteh en au f ä lteren em b ryo n alen Z u stä n d en Ü b erein stim m u n g en , die sp ä ter verloren geh en, in dem M aß e n äm lich , als die ein zeln en F orm en ihren besonderen Z ielen z u ­ steuern . A b er n och au f sehr sp äten E n tw ic k lu n g s ­ stad ien is t d ie Ä h n lic h k e it a u ß ero rd en tlich v o ll­

s tä n d ig zw isch en allen V e rtre te rn des als A n th ro p o ­ m orphae zu sam m en gefa ß ten K reises, w ie z. T . die w eitere D a rste llu n g lehren w ird .

A lle A ffe n h ab en d ic h t v o r d er G eb u rt e tw a den Z u sta n d d er F ig . i (M itte) erreich t, a u f der sie dem M enschen b e reits d u rch eine sehr d eu tlich gew ö lb te S tirn , eine ü b e rh a u p t h öch st geräu m ig e S ch äd e lk a p se l und s ta r k v e rk ü rzte S ch n a u zen ­ p artie gleich en. Ih re A u gen h ö h le is t durch V e r­

b in d u n g v o n Joch bein (J u ) und Stirn bein (Fr) v o n der S ch läfen gru b e g e tre n n t und die gan ze A n ­ ord n u n g der S ch äd elteile z e ig t den au ch beim M enschen b e fo lg te n „ P la n “ . Im V e rla u f der sp äteren E n tw ic k lu n g w ird diese Ü b erein stim m u n g in versch ied enem G rad e abgesch w äch t, am frü h esten und grü n d lich sten bei den H u nd saffen. A m m en ­ sch enäh n lich sten b leiben u n ter diesen, so w e it ich b eob ach ten kon nte, einige M a c a c u s -a rtig e Form en (Fig. 2), die also dem A u sg a n g sp u n k t z u le tz t n och am n äch sten steh en . B e i a lte n ab er v e rlä n g e rt sich sekun där die Sch n au ze, H a n d in H a n d m it d er E n t ­ w ick lu n g eines m ehr oder m in d er m ä ch tige n G e­

bisses, d as v ie lfa c h ra u b tie ra rtig e M ä ch tig k eit e r - . re ic h t (F ig. 4). D a b ei v e rfla c h t sich der S ch äd el;

die klein e S tirn g e h t z. T . gan z verloren. D er große K e ilb ein flü g el (A l, F ig . 1) kan n S c h ritt h a lten oder frü h in der E n tw ic k lu n g Z u r ü c k b l e i b e n , w ob ei dann die S ch eitel- und S tirn b e in e b re it d arü b er zu sam m en stoßen.

B e i den u rsp rü n g lich sten A n th ro p o id en , den L a n g a rm a ffe n o d er G ib b o n s is t der U n tersch ied v o m u rty p is c h e n A ffen sch äd el anfangs n ic h t groß.

Im m erh in is t die H irn k ap sel noch etw a s stä rk e r g e w ö lb t und sin k t auch sp äter n ic h t au f d as N iv e a u der m eisten H u n d saffen heru nter. In d er speziellen A u sb ild u n g des G ebisses is t d ie M ensch en äh n lich ­ k e it d eu tlich verm eh rt, w o b e i es sich m ehr um d as B e ib eh a lten u ralter Z u stä n d e als um besondere E rw erb u n gen h a n d e lt; versch ied en e h u n d säffisch e S p ezialisieru n gen b leib e n fa s t oder gan z aus. D ie S ch läfen gegen d z e ig t dasselbe S ch w a n k en des b a ld m ä c h tig e n tw ic k elte n (Fig. 2), b a ld früh

(5)

N a e f : Zu r M orphologie und S tam m esgesch ich te des A ffensch äd els. 91 Heft 6. 1

5. 2. 1926 J

zu rü ckb leib en d en K e ilb ein flü g els (Fig. 5, oben u n d un ten !).

B e k a n n tlic h bed eu tet d ie G esa m tersch ein u n g d ieser W esen eine h ö ch st b em erk en sw erte V e r ­ stä rk u n g d er m enschlichen Z ü ge. D e r au frech te

Menschenembryo.

F ig. 1. 3 Schädel reifer Em bryonen zur E rläu teru n g d er V orstufen des M enschen. Oben: U rtyp isch e r Z u ­ stan d bei P lacen taltieren (R au btier), w ie w ir ihn k u rz vor der G eb urt bei K a tz e oder H u nd find en (V2 n attirl.

G röße). M an kann die einzelnen K n och en le ich t n ach dem m ittleren B ild bestim m en, b ei dem a llerd in gs einige n ich t m ehr so ursprüngliche V erh ältn isse zeigen.

(Et Siebbein), (an E c k fo rtsa tz des U n terkiefers), (T y P auken bein , das T rom m elfell einrahm end, h in ter dem der H am m erstiel sich tb a r w ird). (M a W arzen bein , in der entsprechenden F o n ta n elle liegend ), (coG elen k ­ höcker des H in terh au p ts), (Eo, So, J p die 3 T eile des H interhauptbeins). M itte: E n tsp rech en d er Z u stan d des Schädels bei A ffen m it A u sn ah m e der A n th ro - pom orphen (x/2 n atiirl. G röße). (1 — 4 die F o n ta n ellen , d. h. die unverknöcherten Stellen der S ch äd elk a p se l;

sie heißen K eilbein -, W arzen bein -, Stirn - und H in te r ­ hauptsfontanelle), (P a Sch eitelb ein , F r S tirn b ein , P f Postfron tale, L a T rän en bein , N a N asen bein , P m Zwischenkiefer, M x O berkiefer, I u Jochbein, A lgroßer K eilbeinflügel, SqS chläfenbein, P eFelsenbein, D e Z a h n ­ bein oder U nterkiefer der S äu getiere, li L ig a m e n t zum Zungenbein. Unten: E n tsp rech en d er Z u stan d des M enschenschädels (x/2 n atü rl. G röße). In fa st g leich er W eise w ohl bei allen A n tlirop om orp h en v erw irk lich t, die bis zur G eb urt äußerst menschlich g ebild ete S ch äd el zeigen müssen, m it m äch tig g ew eiteter H irn k ap sel und d a m it im G egensatz stehen zu H unds- und L a n g a rm ­

affen.

G an g (auf d en F ü ß e n allein, ohne B e n u tz u n g der H änd e), is t eine ihrer n orm alen B ew eg u n gsa rten gew orden. D e r S ch w an z v e rk ü m m e rt, ebenso w ie b ei den eig en tlich en A n th ro p o m o rp h en , schon b eim ju n gen E m b r y o ; B a ck e n ta sc h en feh len, die

M acacusschädel und Pithecanthroj.us-Calotte.

F ig. 2. Schädcl eines Macacus-artigen H undsaffen a u f der E n tw ick lu n g sstu fe eines e tw a 8jähr. M enschen­

kin des (1/3 n atürl. G röße). Ü b er dem S ch eitel v e r lä u ft die P ro filk u rve des Pithecanthropusschädels, au f 1/6 n atürl. G röße red u ziert: M an b each te die a u ß e r­

ordentliche Ü berein stim m u ng! D er kleine Schädel lie g t in der Sam m lung des m orphologisch-biologischen In stitu tes der U n ive rsitä t Z agreb und ist ohne A p p a ra t, aber sonst m it m öglichster G en au igk eit gezeichnet.

E rg ä n z t habe ich die oberen M ilch-Schneidezähne, die (das T ier w a r im Z ahn w ech sel begriffen) bereits au s­

gefallen sind. D ie E rsch ein u n g des Sch äd els im ganzen und den m eisten E in zelh eiten ist fü r die Catarrhina u rty p iscli und bei den V o rfah ren des M enschen in fa st

u n verän d erter F orm vorauszu setzen .

F ig. 3. S k izze eines M acacus N em estrinus (Schw eins­

affen), n ach M a r s h a l l („D ie T iere der E r d e “ ) g ezeich ­ net, zur V e ran sch au lich u n g der B ezieh u n g zw ischen Schädel und F leischteilen des K o p fe s (vgl. au ch F ig. 11).

F ig . 4. Sch äd el eines erw achsenen M eerkatzen m ann es.

(Gercocebus lunulatusoder W eiß sch eitelm an gabe). N a c h einem S tü c k des anthropologisch en In stitu te s in Z ü rich . M an beach te die (sekundär) ü berm äch tig e E n tw ic k lu n g des spezialisierten G ebisses und das Z u rü ck b leib en des

H irnschädels (1/3 n atürl. G röße).

7 *

(6)

9 2 Na e f: Z u r M orphologie und S tam m esgesch ich te des A ffenschädels. r Die Natur­

wissenschaften

Siam ang, jung.

F ig . 5. Z u r Entw icklung des Hylobatidenschädels (1/3 n atürl. G röße). Oben: Junges K in d von Hylobates entelloides aus S um atra. N a ch einem E x e m p la r des Zool. M useum s in Z ü rich (andere A rten der gleichen G a ttu n g sind hö ch st ä h n lich )! D as M ilchgebiß ist voll-

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s tä n d ig !;---j . D ie ty p isch e Z usam m en setzun g des S chädels g le ich t dem m enschlichen K in d . D och ist derselbe schon v iel flach er als bei gleichalten A n thropo- m orphen, A ugen h öh le und A u g e größer, daher auch das Jochbein. D er K eilb ein flü g el ist sta rk zu rü ck ­ geblieben, im G egen satz zur folgenden G a ttu n g : M itte:

H albw ü ch sig er Siam an g (Symphalangus syndactylus).

D er S ch äd el is t re la tiv noch flach er gew orden, das G e­

b iß d u rch die ersten M ahlzähne (Mx) v ervo llstä n d ig t.

D ie 2. sind im E rschein en begriffen. V on den oberen M ilchzähn en sind die m ittleren bereits gew ech selt, die seitlich en treten eben zum V orsch ein (ich habe aber zur E rlä u te ru n g außer der sich tbaren S p itze auch die spätere F o rm (J2) der vorgew achsen en K ron e g ezeich ­ net!) M an b ea ch te das V o rd rän gen der S chnauze bei B ild u n g der neuen S ch neidezähn e! D ie B ezeichnungen beziehen sich au f die den F ach leu ten bekann ten M eß­

p u n k te. Unten: D er S ch äd el eines ausgew achsenen M annes derselben A rt. D ie g la tte A u ß en flä ch e ist durch K a n te n und W ü lste zum A n sa tz einer v erstä rk ten K iefer- und N ack en m u sk u latu r veru n staltet. D ie S ch nauze is t zur A ufn ah m e eines m ächtigen G ebisses v erlän gert, in dem die (rückw ärts scharfkantigen) E c k ­ zähn e v o r allem als W affe n dienen. D ie B ack en zäh n e nähern sich der m enschlichen Form , sind aber re la tiv b edeu tend stärker. M an b each te v o r allem auch die V ersch ieb u n g des G elen khöckers am H in terh au p t, der nun w e it hinten liegt, w ährend er beim K in d n ach M enschenart a u f der U n terseite der H irn kap sel la g und also v iel besser g eeign et w ar, dieselbe a u frech t

zu tragen.

G esäßsch w ielen sind klein. A u c h eine r e la tiv b e­

d euten de K ö rp e rg rö ß e (bis 1 m), sowie die E r ­ zeu gu n g versch ied en er L a u te m it H ilfe vo n L ip p en und Z u nge und die U n tersch e id u n g b estim m ter T o n in terv a lle näh ern sie d em M enschen. G e ­ sch w än zte A ffe n scheinen sie zu verab sch eu en .

B e rü h m t is t ihre A k ro b a te n k u n s t, d u rch d ie sie als die vollend eten K le tte re r des U rw a ld es er­

scheinen. Ich zitiere darü b er B k e h m ( 1 9 1 9 , B d . 4 , S. 6 16 ): „ M it un glau b lich er R a s c h h e it u n d S ich er­

h eit e rk le tte rt d er W au w au , la u t D u v a u c e l , einen B am b u sro h rsten gel, einen B a u m w ip fel o d er ein en Z w eig , sch w in g t sich a u f ih m einige M ale a u f und nieder oder hin und her und sch n ellt sich n u n , durch den zu rü ckp ra llen d en A s t u n terstü tzt, m it solcher L e ic h tig k e it ü ber Z w isch en räu m e vo n 12 — 13 m h in über, drei-, v ie rm a l n ach ein an d er, d a ß es aussieht, als flöge er w ie ein P fe il od er ein schief a b w ä rts stoß en der V o g el. E r sp rin g t oh n e N o t ü ber Z w isch enräum e, w as er d u rch k lein e U m w ege le ic h t verm eid en kön nte, än d ert im S p ru n g die R ic h tu n g und h ä n g t sich an den ersten b esten Z w eig, sc h a u k e lt und w ie g t sich an ihm , ersteig t ihn rasch, fed ert ihn a u f und n ied er und w irft sich w ied er hin au s in die L u ft, m it u n feh lb a rer Sich er-

Hylobates-Kind.

F ig. 5 a ze ig t das obere B ild der vorig en F ig u r sch w ächer v erk lein ert und daher deutlicher. 1/2 natürl.

G röße. E s veran sch a u lich t die typische G esam ter­

scheinung eines Affenkinderschädds, die bei A n throp o- m orphen dann (Fig. 6) in besonderer W eise m odifiziert ist, u n ter stark er A n n äh eru n g an m en schliche V e rh ä lt­

nisse, (Bei H u nd saffen finden w ir dagegen fa s t genau das vorliegen de B ild !) — M an b each te den z u rü ck ­ gebliebenen K eilbein flü gel (k), über dem S tirn - und S ch läfen b ein Zusam m enstößen. E s ist sehr bem erken s­

w ert, d aß die verw an d te G attu n g Sym phalangus(Fig. 5) das entgegengesetzte, über die m enschlichen Z u stän d e (H eft 33, S. 706) noch hinausgehende E x tr e m zeigt, in ­ dem K e il- und Sch läfen b ein b re it aufein an d er treffen ,

w ie es a u ch bei H und saffen v o rk o m m t.

h e it einem neuen Ziele z u stre b e n d ." D ies m a g zu gleich ein S tre iflic h t au f d as geistig e W esen dieses „ B in d e g lie d e s “ zw isch en niederen und M enschen affen w erfen. N ic h t als ob h ier ein A h n der letzteren u n v e rä n d ert v o r lä g e ; w oh l ab er sehen w ir die A u s g e sta ltu n g vo n M ö glich keiten , w elch e schon die w irk lich e Ü b erg an gsfo rm in sich getragen h aben m uß, n a tu r h a ft gesch ild ert.

N o ch v i e l enger sch lie ß t sich um die m en sch ­ liche N orm , der K reis der A n th ro p o m o rp h en . W enn w ir die S ch äd el N eugeborener ins A u g e fassen,

(7)

Heft 6. 1

5. 2. 1926 J Na e f: Zu r M orphologie u nd Stam m esgesch ich te des A ffenschädels. 93

is t die Ä h n lic h k e it eine gan z v e rb lü ffe n d e ; doch zeigen a u ch noch viel sp ätere S ta d ien d er E n t ­ w icklu n g überraschend m en sch en äh n lich e Z ü ge.

F ig . 6 z e ig t z. B . einen klein en O rang, b e i d em eben d ie ersten M ilchzähne d u rch g eb ro ch en sind. D ie V o rd eran sich t m ag fü r sich selb er sprech en . V o n d er S eite sehen w ir allerd in gs eine seltsam v o r ­ ragende Schnauze; sie is t u n ter steiler S tirn und geradeaus gerich teten A u g en h ö h len u m so a u f­

fallender. Das T ierm au l is t a b er in dieser F o rm bereits kein prim ärer Z u g m eh r und m ü ß te au f w enig jüngerem S ta d iu m so ziem lich die P ro p o r­

tionen der F ig. 1 (unten) zeigen . B e m erk e n sw ert

Älteres Orang-Kind.

F ig . 7. Orangschädel au f der Entiviclclungsstuje eines menschlichen K in d es von etwa6 Jahren, d. h. m it v o ll entw ickeltem M ilch gebiß. N a ch einem S tü c k des A nthropologischen In stitu te s in Z ü rich (1/3 n atürl.

Größe). D ie E in fü g u n g des K e ilb e in s gesch ah hier in der für Pongiden gew öhnlichen F orm , im G egen satz zu der vorigen F igu r. B eid e V a ria n ten können am gleichen Schädel (rechts-links) v ertre te n sein. D ie Schnauzenpartie h a t bereits w eitere, aber k einesw egs unm äßige F o rtsch ritte gem ach t, die H irn k a p se l ist

noch hö ch st geräum ig.

is t der nach dem M en sch en typ u s w oh l e n tw ic k elte K eilb ein flü gel (punktiert) in der S ch läfen gru b e, der bei M enschenaffen sonst, m it A u sn ah m e vo n A u str a lo p ith e c u s, nach A r t aller folgen den F ig u ren zurü ckgeblieben ist, beim O ra n g ab er n o ch im m er ein schw ankendes V erh a lten zeigt.

Im V erla u f der w eiteren E n tw ic k lu n g (F ig. 7) m a c h t die Sch nauze zu n ä ch st keine a u ffä llige n

w eiteren F o rtsc h ritte u n d d as fe rtig e M ilchgebiß' ze ig t kein e besonders m ä ch tig e E n tfa ltu n g . Z u r reinen E rn ä h ru n g is t eine solche o ffe n b a r n ic h t n ötig . G a n z anders ve rh alte n sich die sp äteren Ph asen .

D agegen sp rin g t schon hier ein Z u g ins A u g e , den alle A n th ro p o m o rp h en , m it A u sn ah m e jü n g ster Sä u glin gsstad ien erkenn en la ss e n : D e r zah n tr a ­ gende T e il des O b erkiefers is t eigen tü m lich nach;

u n ten gew ach sen, e tw a so, als ob er fü r längere W u rzeln P la tz sch a ffe n m ü ß te . D e r U n terk iefer is t entsprech en d au sgew ich en , w a s d u rch die A u sb ild u n g eines fa s t re c h tw in k lig a u fsteigen d en A stes, w elch er am S ch lä fen b ein e in g e len k t is t, geschehen ko n n te. D ieser A s t is t a u f frü h eren S t a ­ dien n ied rig und seh r sch räg g e s te llt, b ei allen A n ­ throp om orp h en sam t dem M enschen (Fig. 1) in

Fig. 8. S chäd el beim ausgewachsenen Orangmann (1/3 n atürl. G röße). D as V e rh ältn is zw ischen S ch n a u ze und H irnschädel h a t sich in ungeheuerlicher W eise verschoben. D as G ebiß ste llt eine M ühle und W a ffe von außerordentlich er S tärk e dar, und das G ew ich t des ganzen K ie fe ra p p a rates h a t ein besonderes T ra g ­ kissen (von den K eh lsäck en gebildet) n ö tig gem ach t.

D ie H irn kap sel is t dagegen v ö llig zu rü ck geb lieb en , obwohl ih r re la tiv er U m fan g du rch die K n och en w ü lste auf S ch eitel und H in te rh au p t noch zu g ü n stig d a r­

g e stellt w ird.

ganz äh n lich er W eise. D u rch diese E n tw ic k lu n g w ird o ffen b ar eine geräu m ige M undhöh le und ein Sp ielrau m fü r die Z u nge g esch affen ; w as fü r d as Z u stan d eko m m en einer L a u tsp ra ch e b ei den V o r­

fah ren des M enschen h ö ch st b ed eu tsa m sein m u ß te.

B e i den H y lo b a tid e n und C erco p ith ecid en (Fig. 2 und 5) is t eine solche D eh n u n g d er M u n d h öh le erst an ged eu tet.

F ig . 8 z e ig t uns einen au sgew ach senen O ra n g ­ m ann im gleichen M aß stab . (D as w eib lich e T ie r Orang-Kind.

F ig . 6. Schädel eines ganz jungen K in d es vom Orang-Utan (Pongo pygmaeue) (1/3 natürl. G röße). N a ch S e l e n k a 1899, S. 158. D ie H irnkapsel ist außerord entlich m en schlich; die Schnauzenpartie dagegen (auffallend früh) in der fü r O ran g typischen W eise vorgeschoben.

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94 Na e f: Z u r M orphologie und S tam m esgesch ich te des A ffensch äd els. r Die Natui- Lwissenschaften

■würde äh n lich e P ro p o rtio n en in w en iger e xtre m e r A u sb ild u n g zeigen u n d v o r allem der K n o c h e n ­ käm m e entbeh ren). Im G eg en satz zu ju gen d lich en S tad ien , die sich m eh r d u rch B e h en d ig k eit und In tellig en z au szeich n en , sch ein t der reifen d e O ra n g ein sehr w eh rh a fte s T ier zu w erden. Sein G eb iß e rla n g t ein e fa s t u n w ah rsch einlich e M ä c h tig k e it und b e d in g t eine k olossale V ergrö ß eru n g der K ie ­ fer, die dem S ch äd el als G anzes ein s ta r k v e rä n ­ d e rte s A u sseh en geben. W enn m an v o m O ran g n ic h ts a ls den fertig en S ch äd el ken n te, d ü rfte es e in igerm aß en schw er halten , skep tisch e L aie n vo n ih rer nah en V e rw a n d tsc h a ft m it diesem U n geh eu er zu ü berzeu gen. U n d der L a ie h a t ga n z re c h t:

d ie P o n gid en sind zw a r unsere n ä ch sten V e r ­ w a n d ten im T ierreich , ein Z w eig am gleichen A st.

A b e r diese Z w eige sind re ch t la n g : E in e seit J a h r­

m illionen dau ern d e selb stän d ig e E n tw ic k lu n g h a t n ich t n u r aus dem M enschen, sondern au ch aus dem O ra n g e tw as re c h t anderes gem ach t, als die gem ein ­ sam en V o rfa h re n e in st w aren ! S o v ie l m a g uns d ieser eine S ch äd el lehren, der übrigens kein

Schim pa nsen-K ind.

F ig . g. Schädel eines Schim pansenkindes (1/3 n atürl.

G röße). N a ch einem E x e m p la r des Zool. M useum s in Z ürich. U n terk iefer nur p u n k tiert anged eu tet, um die S ch äd elb asis frei zu lassen. D ie S ch n au zen en tw ick lu n g g le ich t tr o tz sta rk vorg ezo gen er Zähn e erst je t z t dem (viel jüngeren) O ran g der F ig . 6. D ie H irn k ap sel ist tr o tz der fliehend en S tirn und dem zu rü ckgeblieben en K e ilb e in flü g e l n ich t w en iger m enschlich als d ort.

Jochbogen , W an gen bein, A ugen h öh le, O hrgegend aber sind im äußersten G rad e den entsprechenden B ildu ngen unserer K in d e r ähnlich. M an vergleich e darü ber einen

sp äteren A u fsa tz !

E x tre m d a rs te llt: D ie p u n k tierte L in ie d e u tet die H öhe der K n o ch e n k ä m m e au f S ch eitel u n d H in te r­

h a u p t b ei ein em än d ern In d iv id u u m an. (Zürich, A nth ro po lo gisch es In stitu t.)

Ä h n lic h w ie der O ra n g der m a layisch en In seln v e rh ä lt sich sein afrikan isch er V e tte r, d er S ch im ­ p an se (P a n chim p a n se). F ig . 9 z e ig t ein ju n g e s K in d , einem m ensch lich en v o n i 1/2 Jah ren v e r ­ g le ic h b a r; eben brechen seine 2. B a ck e n zä h n e d u rch .

D ie h ohe M en sch en äh n lich k eit des G an zen m uß au ch d em un gew öh n ten A u ge a u ffallen . Sie ist aber in ein zeln en T eilen ü b errasch en d vollkom m en und m an b e g re ift, w en n der A n th ro p o lo ge im m er w ieder a u f den Sch im pan sen als n äch sten V e tte r v e r ­ fä llt. N äh er b lu ts v e rw a n d t is t er m it uns tro tzd em

n ich t als and ere Pon giden , n u r in m anchen Teilen w eniger, in and eren d a fü r m ehr, vo n der W urzel alle r A n th ro p o m o rp h en ab gew ich en . Schon auf diesem S ta d iu m zeig t er tro tzd e m au ch seine be­

sonderen N e ig u n g e n : S ein M au l is t in durchaus e ig e n tü m lic h e rw e is e (nicht e in fach n ach Affenart) zu r P in z e tte vorgezogen , w en ig er zu m Zerbeißen, als zum F assen vo n G eg en stän d en je d e r A r t ge­

eign et. D er Sch im pan se h a t dies w ie der Orang n ötig , w enn die H änd e b eim K le tte r n b esch äftigt sind. M an verg leich e den m ehr am B o d en lebenden ju n gen G o rilla (Fig. 12).

D ie sp ätere E n tw ic k lu n g lie fe rt a u ch hier ein sehr m ä ch tiges G eb iß und ein zu rü ckgebliebenes H irn. D o ch ist diese V erä n d e ru n g bei w eitem n ich t so e xtre m w ie b eim O rang. D ie K n o ch en ­ käm m e des Sch äd eld ach es b leib en aus, w eil die K a u m u sk eln n ich t ganz b is zu r S ch eitellin ie au f­

w ärts greifen, au ch n ich t beim M anne. Im m erhin is t der G eg en satz vo n K in d und V a te r groß genug,

Sch impansen-Weib.

F ig. 10. Schädel eines erwachsenen Schim pansenweibes

(Vs natürl. G röße). M an b each te auch, hier das sekun ­ däre Ü berw iegen d er K ie fe rp a rtie ü ber den zu rü ck ­ bleibenden H irn sch äd el, die m ä ch tig en tw ick elten J o ch ­ bögen und A u g en b rau en w ü lste, sow ie die K n o ch e n ­ erhebungen am H in te rh a u p t zum A n sa tz der N a ck en ­ m u sku latur, w elch e den v o rn überhängend en K o p f

im G leich g ew ich t halten m uß!

sogar der zw ischen K in d und M u tter! D ie beid en G esch le ch te r u n tersch eid en sich h ier allerd in gs v ie l w eniger, o b gleich au ch b e im Sch im pan sen m an n die K ro n e des E c k za h n es d o p p e lt so la n g w ird w ie die des folgenden B a c k e n z a h n e s u n d im S ch eitel­

kam m w en igsten s im h in teren T eil a n g ed eu tet w erden kan n.

D a s P ro filb ild dieses b e stb e k a n n ten A n th ro p o ­ m orphen g ib t F ig . 1 1 . Sie z e ig t das b ereits ziem ­ lich au sgew ach sen e T ier, dessen G esam tersch ein u n g a u ß ero rd en tlich v a r ia b e l ist. F ä rb u n g und B e ­ haaru n g, sow ie d ie B ild u n g des G esich tes nähern sich in v e rsch ied e n e m M aße dem G o rilla ; auch die m eist riesigen und ab steh en d en H enkelohren können a n lieg en d und vo n seh r m an ierlich er G röße sein (beim G o rilla sind sie stets klein).

A m sp ä teste n u n ter leben den P o n gid en setzt

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Na e f: Z u r M orphologie und S tam m esgesch ich te des A ffen sch äd els. 9 5 Heft 6. ]

5. 2. 1936 J

die ab steigen d e E n tw ick lu n g des S ch äd els beim G orilla ein, der überh au p t m anch es an M ensch en ­ ä h n lich k eit vo r den ändern vo ra u s h a t, w ie w ir schon früher feststellten (N atu rw .19 2 5 , S. 705). F ig . 12 z e ig t zw ar b ereits eine d eutlich vo rg esch o b en e S ch n a u zen ­ p artie. D och ist n ich t zu .verkennen, d a ß sie u n ter dem O berbau des K o p fe s n och v ie l h arm o n isch er e in gefü gt ist als b ei F ig . 9. D e r frei vo rragen d e N asenrücken w eist d a h er ü b er die n u r w en ig vorgezogenen Sch n eid ezäh n e h in w e g ; w ir h ab en

Schim pansen-J üngling.

F ig . 11. Enuachsener, aber noch jugendlicher Schim panse.

N a ch einer Photographie von M o l l i s o n ; v g l. M a r t i n , L eh rb. d. Anthropol. S. 371 (etw a 1/4 n atürl. Größe).

D ie V erlängerung des K ie fe rs h a t hier n och n ich t ihr E x tre m erreicht, das O h r is t von n orm aler G röße.

Im ganzen h a t m an das ty p isch e B ild eines M enschen­

affen v o r sich, das eine n ach trä g lich e U m b ild u n g bereits stark vo m k in dlichm en sch lich en V o rzu stan d

entfernt h a t (man v g l. darü ber sp ätere B ild er!).

Junger Gorilla.

F ig. 12. Schädel eines ju n gen G orilla (Gorilla gorilla).

N ach S e l e n k a 1899, T a f. 8, F ig . 17 1 , u m gezeich n et (*/3 natürl. Größe). D ies ist, in der G esam terschein un g, der m enschenähnlichste T iersch äd el, dessen A b b ild u n g m ir aus der L ite ra tu r b e k a n n t gew orden ist. T r o tz ­ dem v errät schon das zu rü ck geblieb en e K e ilb e in (K ) eine von der unserigen lä n g st abgeson derte E n t w ic k ­ lungsreihe und d eu tet den (allerdings noch sehr w enig betonten) E ig en ch arakter der Pon gid en an. A u ch das G ebiß, aus den 20 M ilchzähn en bestehend, zeig t eine stärkere D ifferenzierun g d er Zähne, w ie sie für die Pongidenfam ilie ch a ra kteristisch ist. D er vord ere B acken zah n h a t die für Schim pansen und G orilla

spezifische Form (gegen O ran g und Mensch).

ein z w a r k räftig e s M aul, ab er n ic h t das G re if­

in stru m en t des Sch im pan sen oder O ra n g v o r uns.

D ie S ch äd e lk a p se l is t gegen ü b er ju n g e n S tad ien bereits r e la tiv verk lein ert, v o r allem a b er a b g e fla c h t und a u ffa llen d la n g ; das G an ze h a t d a b ei eine d u rch ­ aus u n ve rk en n b a re Ä h n lic h k e it m it den urm ensch- lichen V erh ä ltn issen der N ean d ertaler R a sse (Na- tu rw . 1925, S. 707). E in e e tw a a u ffa llen d e V ersch ie ­ d en h eit in d er S te llu n g der A u genh öh len e rk lä rt sich d ad u rch , d a ß d ie B rau en b ö g en h ier noch n ic h t stärk er a u sg eb ild et sind. A u c h der ju gen d lich e N ean d ertaler - M ensch z e ig t eine en tsprech en d e V ersch ied en h eit v o m a lte n (m an v g l. ein e sp ätere F ig u r, sow ie die A b h a n d lu n g v o n H . We i n e r t

über den S ch äd el v o n Le Mo u s t i e r, B e rlin , Sprin ger 1925).

T ro tzd em lie g t au ch hier n ic h t e tw a ein Z eu g n is besonderer V e rw a n d tsc h a ft vo r, e tw a a u f ein e spezielle G o rillaa b stam m u n g des M enschen d eu ­ ten d. E b en so w en ig g e s ta tte te n b e im O ra n g oder S ch im pansen oder b eim A u s tr a lo p ith e c u s d ie b e ­ sonderen Ü b erein stim m u n gen eine so v o reilig e E rk läru n g . E s feh lt ja au ch n ich t an Zügen, w elch e tro tz allem die frü h e A b so n d eru n g vo m M enschen­

stam m b e to n e n : D a s G eb iß z e ig t n ic h t n u r spezielle P on gid en m erkm ale, sondern au ch solche, d ie fü r die beid en a frik a n isch en G a ttu n g e n allein c h a ra k ­ teristisch sind, w äh ren d d er O ra n g im Sinne d es M enschen vo n ihnen a b w e ich t. D e r Joch bogen h a t b ereits eine K rü m m u n g , w ie sie n u r dem G o rilla zu k o m m t und eine au ch b eim U rm en sch en n ic h t b e o b a ch te te S tä rk e.

D er S ch äd el des ä lteren G o rilla m a c h t an sch ei­

nend genau die gleichen W a n d lu n g en d u rch , d ie w ir b eim O ra n g und S ch im pansen kenn en lern ten . D o ch sind gew isse B eso n d erh eiten n ic h t zu ü b e r­

sehen : So m ä ch tig au ch die K ie fe r w erd en (Fig. 13), so w ird doch die S ch n a u ze n ic h t in d er A r t d es Sch im pansen und O ran g u n ter dem oberen T e il des G esichtes vo rgezo g en . D e r N a se n rü ck en b le ib t in der S e ite n an sic h t stets w o h l sich tb a r, v ie lfach frei vo rra g e n d , w äh ren d ih n schon ju g e n d lich e O rangs und ä lte re S ch im pan sen v ö llig e in g e d rü ck t zeigen. D a b ei spielen a llerd in gs n ic h t selten V e r­

letzun gen m it: W ie v ie le H u n d sa ffen , so zeigen auch die m eisten M enschen affen , die ich u n te r­

suchen ko n n te, am S ch äd el S p u ren m iß g lü c k te r A ben teuer, die sie w o h l re ch t u n san ft aus lu ftig e r H öhe beförd erten .

D er S ch äd el des w eib lich en G o rilla e n tfe rn t sich so u n ter leben d en A n th ro p o m o rp h en a rch i­

tek to n isch am w en igsten vo n der ty p isch e n J u gen d ­ form , w en n au ch , der b ed eu ten d en G röße e n t­

sprechend, die K n o ch e n w ü lste am H in terh a u p t etw as stärk er w erd en als b eim S ch im p an sen . U m so a u ffa llen d er is t die sek u n d äre V erä n d eru n g des m änn lichen Sch äd els. Seine k a n tig en B r a u e n ­ w ü lste überw ölb en die d ad u rch sehr tieflieg en d en A u gen in u n h eim lich er W eise u n d die M itte l­

linie des S ch eitels k rö n t ein scharfer, hoh er H e lm - kam m , w elch er m it den ebenso e n tw ic k e lte n K n o ch en leisten des H in terk o p fe s zu r c h a ra k te -

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