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Die Zukunft, 23. August, Jahrg. XXI, Bd. 84, Nr 47.

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Inhalt

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DibpniatkouIVWRichardHucdschiuer .".......-......257

Senklmenkm Vontadon .............. ....... 267

DeutscheKowuiqcpocikmp ........"...............271

Nachdrnck verboten-

Erscheint jedenSonnabend- Preis vierteljährllchsä Mark, dieeinzeer Nummer 50Pf.

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Berti-.

Verlag der Zukunft

WishelmstraßeZa.

1913.

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Potsdamekstr. 134 a.

Hamburg

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von Tresekow Königl.Icklminalkommissak s.D.

Zuverlässliste vertrat-liebe Ermitteluagea and seohachtaagea jede- Akt.

TclJAmtLützow,No.6051.

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Zwei der vornehmsten llotels det- Neu-eit.

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Berlin, den 23. August 1913.

Morgenröthe.

.enktimLandderaltenEuropaKeiner nochderheute unermeß-

". lichen, dochgewißungeheurenWirkungvor, die daszwischen

demOktober 1912unddemAugust 1913, zwischen Kirkkilisseund BukareftGeschehene ausdieMacht,denSchiffsraumgehalt, die KuppelwölbungderMorgenlandskircheübenmuß?JstRampolla felbst,nach siebenLebensjahrzehnten, zu müdegeworden,um den Blick desHirnesindieFernezuschicken,dienacheiner Lebens- woche schondemam Römerdogmahängendenhöllischnah schei- nenkönnte?WennderWahn,ihn(deraufseinemSchreibtischWils helmsBild vorsichhat)alsDeutschenseind ächtenundmitdem Veto (vonbestreitbarerRechtskraft) treffenzumüssen,ihn nicht von derNachfolgeLeosausgeschlossen hätte: dieser Papstwäre insolchemJahr nicht,wiederzehnte Pius, auch innerlich passiv geblieben. Derhätte erkannt, daßderKampfum Südosteuropa Roms Grundmauer bedrohe.Nun fehlt ihmdasGeschäft,fehlt -erdemGeschäft;blinzeltnicht mehr nach derTiara undkümmert sich wohlkaum nochum Aussaat, dieernichtkeimen sähe.Von denKatholikentageninMetzundLinzist nichtzu erwarten,.daß siedieGrößedesVorganges begreifen;siehaben sichmit Bei-;

wußtseinin—MittelstandspolitikjedenSinnes eingeschränktund leistenimEngen Löbliches.DerErdtheil, aus demzweiJahr- tausendelangGaias Schicksal wuchs;wird von kleinen Leuten regirt,inderen Kreis derklare,derBermögensgrenzebewußte

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240 DieZukunft-

WilleEdwards Grey fasteinesTitanen scheint.UnddasimEr- rechnenderMachtmöglichkeitunübertroffene GeniederAngel- sachsenversagt jenseitsvon dentellurischenFragen. Mancher Vrite hat,nieaberdasBritenimperium erfaßt,waseinJslam ist; nienur denSinn diesesAraberwortes,das völligeErgebung in,Hingebungan einen ebendadurchzurSeelenheimath, zum Vaterland und Gehäus des Aationalempfindens werdenden Glauben be deutet.EinJslamist,wieder demKhalifen unterthane, überweiteGrdräume versplitterteHordenstaatMohammeds,auch dasChristenthumdesMorgenlandes Das hatEnglandnie ge- wittert. Daherdiefalsche Behandlung derTürken,derAussen undGriechen. Metaphysik istdemBritenschwarm füreinen small talkbrauchbarundwillkommen;trätesiemitihrer Schwesterleibs hastigvorihn,erwürdesichausderberLebenslustflinkderPhysik zuwenden.DeshalbistjetztdieLosung:Nichts anfangen nochmit- machen,wasunsereindischenMohammedaner ärgernoder gar rebelliren könnte;undandasZieldesZustandes hinstreben,der dieBereitung jedesTurbans aus englischem Stoffsichert.Der Jslam,desKhalifatesunddesökumenischenChristenthumes,hat inderCitykeinenKurs DieaberliefertEuropendieStimmung.

Kann Vyzanz(alsderInbegriffdergriechisch-orthodoxen Kirche)morgen so mächtigwerden,wie Rom gesternwar? Der Patriarchat dieGroßmachtballen,diederHanddesPapstesent- tropft?UmUrsprungundArt desHeiligenGeistes,desinder Dreieinheitdunkelsten Wesenstheiles,flackerteeinstder Streitauf.

Nur vonGottselbst,dem ewig thronenden Vater-, strömterindie Welt,riefendieGriechen.AuchderSohn zeugt ihn, erwiderten dieLateiner;undfügtendem inAikaea beschlossenen Glaubens- bekenntnisz,indenSatz,der kündet,daßderHeiligeGeistvomVater ausgehe,dieWorte »undvon dessen Sohn«ein.Seitdem lautet derSatz:»Et credo inspiritumsanctum, dominumetvivikicantem, quiexpatre filioque procedit, quicum patreetfilio simuladoratur et congiorikjcatur, quiloeuius estperprophetas.«DerdrittePapstLeo willsichindenZusatz(»filioque«)nichtbequemenundstelltvor den SchreindesHeiligenPetrus zweischwereSilberschilde,inderen jedeneins der beiden Glaubensbekenntnisse eingegrabenwird.

DochKarlder Großeerzwingt,mitder durch-dieWiederherstellung desabendländischenKaiserthumesgemehrtenSchwertgewalt,dasz

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Morgenröthe 2211 indervatikanis chenLiturgiederLateinertextgesungenwird-Neuer- Streit: über dieEhegemeinschastder Diakonen undPopen,das WesendesAbendmahles, denGenuß gesäuertenVrotesUnder-

würgterThiere,über diePflicht.inderFastenzeitMilchundKäse zumeiden,überdasRechtderVischöse,mitFingerringenundande- remSchmuckzuPrunken;übersolchemähnlichenKleinkramUmdie Mittedesneunten Jahrhunderts wirdPhotius, OssizierundGe- heimsekretär,Patriarch vonKonstantinopel;drängtden alternden JgnatiusvomöstlichenHirtensitzzerklärtdenPapst, dessenSchieds- richterspruchdemJgnatius günstigist,despetrischenThronesver- lustigund dieLateinerkirchederGlaubensspaltung undKetzerei schuldig;wirdzweimalabgesetzt, läßtscheidendaberdietieseKlust zwischendenKirchendesAbends undMorgenlandes Amsech- zehntenJulitag desJahres1054legen-RomsLegatenaufden Al- tarderHeiligen SophienkirchedieHandschriftderVullenieder,die sieben ErzketzereienderGriechen auszähltunddieSünder inden Machthereichdes Satans verflucht;schüttelndannden Staub von ihren SchuhenundverlassenKonstantins entweihteStadt.Wenns nichtanders gingoder derVortheildringlich dazurieth,wurdeder Verkehrwieder ausgenommen.Aber dieVannbulleistnichtwiders rufen nochjevondenGriechenReue bekanntworden.DasSchisma,.

dasdrohte, seit Konstantin ausderFortführungdeshöchstenPrie- stertitels bestand,warEreigniß. DerHaß wühltundschwältdurch dieJahrhunderte. AlswährenddesKreuzzugesLudwigsdesSies benten einfranzösischerPriesterinderSophienkirchedieMesseges- lesen hat, schaartderGriechenklerus sichzufeierlicherNeinigungs derAltäre. FriedrichNothbart fühlt sichmitseinerMannschastvon derWuth griechischerVischöfeundMönche umzüngelt.Das Jahr- 1183bringteinwüstes GemetzellateinischerMenschen.Siewer- den, Jtalerund Franken,geschlachtet,verbrannt,zuTausenden denTürken inSklaverei verkauft;und alsdas abgeschlagene HaupteinesrömischenKardinals, der alsLegatdesPapstes nach.

Konstantinopelgekommenist,alsHängselam Schwanzeines Hun- desdurchdenStraßenkoth geschleiftundvom rohsten Hohndes:

johlendenHausens gepeitscht und bespien wird, schicktdieKlerisei DankgebeteinsHimmelszelt.DreiJahre danach,unter derHerr- schastdesträgen Prassers JsaakAngelos, dernur anFeste, Jagd, Bauten,Gaukelwerk denkt,zwanzigtausendEunuchenundHans--

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.2’I»2 DieZukunft.

diencr hältundalljährlichachtzigMillionen Mark vergeudenste- hendieVulgaren,weilJsaakihnendieHeerdewihreneinzigenBe- sitzundLebensunterhalt,wegtreiben ließ,widerdenBasileus auf;

verkünden,daßderallmächtigeDemetrios sichvonderSacheder Griechengeschiedenhabe; tragendieBrandfackelbisandieFels- wändeThrakiensundMakedoniens, bisaufdiePässedesHaes mus;erpressendemSchwächling inVyzanz ihreUnabhängigkeit undkrönenihreHäuptlinge PeterundAseninTirnowo zuZaren.

Deren jüngstemBruder undErben,einemJohannes, kommtder (sastkoburgischverschmitzte) Einfall, sich,um gegenByzanzeinen Wall zuhaben,fÜrRomstreusten Sohn auszugeben.Erstamme, läßter durchBoten dem drittenPapstJnnozenz melden,ausedlem Alt ömergeschlecht,dasmitTrajans Kolonistenandie Donau ge- gangen, vomWirbelderVölkerwanderung andieWolgageschleu- dertundnun wiederin dieGegenddes Dakerlandes zurückgespült worden sei: underlangt, daßderPapst ihnalsSprossenausaltem Römeradel anerkennt,dieAehnlichkeitbulgarischerundrömischer Sprachehervorhebt,ihm dasKönigsrecht,eigeneMünzezuprägen, ,3uspricht,einegeweihte Fahne spendetundeinenPatriarchen ge- sellt.JubeldurchbraustdenVatikanDie GerichtsbarkeitüberVul- garien,dieseitdemZwistderPatriarchenPhotius undJgnatius streitig gewesenwar unddenersten Anstoßzuoffenem Schisma gegebenhatte,scheintderRömerkirche (diebulgarischeTreueund Berläßlichkeitnoch nichtkennt) fortan gewiß.NachderWende des zwölftenJahrhunderts erobern die Lateiner Konstantinopelund zahlendenGriechenmitZinsundZinseszins heim,was ihnen an QualundSchandeangethanward. Sie schälendemPatriar- chendieKleider vomLeib undlassen ihnimHemdaufeinemEsel durchdieStraßenreiten.Aus denHeiligenKelchenklaubtihr gie- rigerFingerdieEdelsteine;dann füllt ihrWinksiemitWein, leert ihrMund siein einemZechgelage,das zwischenAltargeräthher- umschmatzt,herumrülpstunddieHeiligenbilderals Spielkarten benutzt. Maulthiere undPferdewerden indieSophienkirchege- trieben,alleskostbareSchnitzwerkausGoldundSilber,dieSplit- tcrdes zerstücktenAltar-s,dieGoldfransendesAllerheiligsten- schleiers ihnenaufgepacktund mitdemBlutderzusammenbrechen- den,vonTreiberungeduldniedergestochenenThierewirddieWeih- stattbesudelt.Eine öffentlichbekannte Dirne muß,beinahenackt,

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Piorgenröthe. 243

denThron desPatriarchen erklettern,ihm nachäffenundimKir- chenschiff,alsTochterBelials, singend undtanzenddenGriechen- ritus demHohngebrülltrunkener GafferalsSinnenweide hin- werfen.FranzosenundVenezianertheilen dasAeichKonstantins Balduin vonFlandern, derNuferzumBiertenKreuzzug,wird Kaiser.Wird vondenVulgaren desJohannes aber,der ihmzu- vor,versteht sich,alsgetreuerNachbar, durcheineGesandtschaft denZutrauen weckendenWillkomtnensgrußkredenzt hat,undvon dessenskythischerGenossenhordeinderdemUeberfall,nach langer Wohlwollensheuchelei, günstigstenStunde angegriffenundim April1205gefangen.DerVulgare,derauszieht, Adrianopel zu entsetzen, lacht jedes christlichenKriegsbrauches, haust hunnisch inThrakienundlügt, nachdem sein BefehldenKaiser zuerstder Arme undBeine,dann desKopfesberaubt hat,demPapst,der ihn beschwört,dielateinischen Glaubensbrüder zuschonen,vor, Balduin seiimGefängnißeines natürlichenTodes gestorben.

NochhoffendieGriechen, dieser Johannes fechte für ihre Sache;

noch,alserThessalonike(Saloniki) belagert.Dasieaber sehen, daßbülgarosskythischeBarbarenwildheit Thrakien entvblkert, Städte zerstört,DörferinAsche legtund wie ausRiesenkeltern Menschenblut fließenläßt, empörtsich(wiewirs imLenzundim Sommer diesesJahres 1913erlebten) ihrerSeele Eingeweide widerdie,,BestienmitMenschenantlitz«zundda derZarvorThes- salonikeinseinemZeltbetterstochenward,jauchzensie undpochen Weiber undKinder aus demSchlafzumDankgebetandenPa- tronDemetrios, dessenLanze sievon demWütherich befreit habe.

Balduins milder Bruder Heinrich trachtetals Kaiser,die Griechenden Lateinern zuversöhnen.Kann abernicht hindern, daßRoms LegatPelagius denUnterworfenen diefinstereStirn zeigt;denGriechendieZehntpflichtund blinde Fügunginden Willen desPapstes aufzwingt,die alteFormihresGottesdienstes unddieKündungdesGlaubens verbietet,nur vomVater komme desHeiligen Geistes Lebenskraft. DerKaiser ist starkgenug, trotz Jnnozenzens strengem Tadelim Hausderheiligen Sophiaseinen Thron rechtsvondemdesPatriarchen zuwahrenzistzuschwach,

um demflehendeannsch derGriechen,diemitFugdaraufpochen, daß ihrLeib zwar demKaiser,ihreSeele aberdemHimmelsherrn angehöre, die Erfüllungzusichern.Unter demzweitenBalduin

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verliertdie OströmerhauptstadtihrenheiligstenSchatz:dieDornen- krone,diedem zurKreuzigungverurtheiltenNazarener ausgestülpt worden war. Sieist denBaronen vonRomania verpfändet,witd von demreichenVenezianerQuerini ausgelöstundindieDogen- stadtamLido gebracht,ausBalduins Befehl aber,da erselbstdas Lösegeld nicht erschwingen kann,demAllerchristlichstenKönig,dem

vonFrankreich, angeboten. Derschickt(LudwigderNeunte,der seinerMenschheitderHeiligeheißt)zweiDominikanermitdernöthi- genGoldsumme nachVenedig.DerHolzschreinwirdgeöffnet,vom Silberschrein,denerbirgt,dasSiegeldesDogen,dasbeglaubis gendederromanischenVarone gelöstundvon Priesterhand aus einem güldenen Gefäßdie Dornenkrone ansLicht gehoben. Jn Troyes empfängtLudwigsieausderObhut seinerBotenzbringtsie inprunkoollemZugdesganzenHofstaates nach Paris; entkleidet sichvordemThorbisaussHemdundträgtso,aufnacktenFüßen,die Reliquieandächtig durchdieStraßenseinerHauptstadtValduin wirdmitvierhunderttausend Mark (unsererWährung)vondem Verlust entschädigt;und dadurchgespornt, auchandere Schätze seinerHofkapelleauszubietemdenStabdesMoses, Knochenvom SchädeldesTäufers Johannes, dieWindeln ausderKrippevon Vethlehem,dieLanze,denSchwamm,dieKetteundeingroßes StückdesKreuzesvonGolgatha. Ludwigs Heiligenwahnerwirbt Alles (Voileau hatim»Lutrin «

diese Sammlung fröhlichverspot- tet); undnoch1656wird,vorPascalsAuge,durchdieBestreichung miteinem DornderChristuskroneeinlangwierigesGeschwürent- eitertund geschlossen(und,seltsam genug,durch dieses nachCharcot nicht mehr unerklärlicheWunder Port Royal desChamps, die KlosterschulederJansenisten,vor demAnsturmderJesuitenge- schirmt,denen solcherHeilungMöglichkeitzuspät eingeleuchtet hatte). DieGriechenaber sindum ihre so langevon frommer Ehrfurchtbewachten Heiligthümer.Dawendet sich,um die Mitte des dreizehntenJahrhundertDihrSchicksal.VatazesvonRikaea jagtdieBulgaren aus ThrakienundMakedonien,vferchtdas wildeVolkwieder ins Gelände dessüdlichenDonauufers, legt diegepanzerteFaustaufThessalonikeundherrschtvomAigaier- meer bisandieAdria. Undunter demJuniusmond desJahres 1261erobert derFeldherrAlexios Strategopulos Konstantinopel wieder denGriechenundseinem weisen Michael,demerstenPas

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Morgenröthe. 2115 laeologen. Verbannte,sprichtDerzu deneinberufenenVischöfen undEdlen,armsäligeFlüchtlingewaren wirundsuchtennur mit derlSeelenochdas Römerreich,das sichvonder Adria einstbis anAethiopiens Wand dehnte;nachendlos scheinenderEbbehebt sichuns nun wiederdieFluth: und wenn wirtapferer Kraftge- schmeidigeWeisheit paaren, steigtuns überKonstantinsHeiliger Stadt eineneue Sonne auf.DieLateiner werdenwieSpreu weg- geweht,das goldene Thor öffnet sichund hinterdem Bilde der HeiligenJungfrauschreitetderVasileusinSophiens Kathedrale.

NacheinemStreitmit,nachtiefsterDemüthigungvordemfrommen Vatriarchen Arsenios besinntersichaufseineVerheißunggeschmei- digerWeisheitund schleichtsich,trotzlautemWiderspruchder Grie- chenpriester,denendieLateiner verächtlicheKetzersind,indieGunst GregorsdesZehnten.Durch VestechungundDrohung gewinnter fünfunddreißig geistlicheStimmen, läßt ihre TrägereineUrkunde, diedemVapst Gehorsamzuschwört,unterzeichnen,dieNamensliste durchLugerweitern undvorderSelladesHeiligenVaters nieder- legen.JnLyon,woereinerVersammlungvonfünfhundertBischös fenvorsitzt,empfänthregordieBotenMichaelsz unddasie,im Namen desKaisersundseines jungen SohnesundMitregenten Andronikos,das Schisma abschwören,rinnenThränenüber die Wangen desPapstesThränen derFreude darob,daszverlorene Söhne reuig derRömerkirchezurückkehrenundseinem Oberhirten- stabdas Glückbeschieden ist,zwischenMorgen-—-undAbendland dieKluftzuschließen.Er umarmt dieGesandten, schmücktdas HauptderVrälatenvonByzanzmitdenJnfuln,ihrenFinger mit demVischofsringundlöstdesHerzens entzückteSpannung in denGesangdesnikaeischenGlaubensbekenntnisses.3weimalsingt ers,inderSpracheder Römer zuerst,dann derGriechen,und hebtdas »fjlioque«,denZusatzdesFrankenkaisers,durchdieTon-«

schwingunginAllerOhr.AlsohabendieGriechen dochReue be- kanntunddamit dasSchismageendet?Nein. Michaels Werk war Trug,sollte Trug sein;und obwohlerdas Heuchler-mühen

von unbarmherziger Grausamkeitbedienen und die demPapst Widerstrebenden martern und meucheln läßt,wird erbaldent- larvt und, sieben Jahre nachderMummenschanzvon Lyon,vom Bannstrahldes vierten VapstesMartinus getroffen.Als er,der an demGräuel derSizilianischen Vesper mitschuldig ward,den·

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216 DieZukunft.

letztenAthem verhaucht hat,wird dieerkünstelte Kircheneinheit gesprengt,jederAltar vondemUnrat römischerMessen gereinigt, demPapstdieGehorsamspflichtaufgcsagtundKaiser Androni-- kosgenöthigt,Jrrthum undSündeseinerJugend mitsalzigen Zährenwegzuwaschenund demunbußfertig gestorbenenPater die «

Ehren christlichenundimperatorischenBegräbnisseszuweigern.

Was Michaeldemzehnten Gregor abzulisten versuchthat, will der viertePalaeologe, Johannes, aus ernsterer Absichtvom sechsten PapstJnnozenzerlangen. DerTürkensultanbedrängt, Matthias Kantakuzenos, der gefährlichsteNebenbuhler ums Thronrecht, bedrohtihn vonAdrianopel herund dieMutter,die Savoyerin Anna, räth,vom Statthalter PetriHilfezuerstehen Wenn Jnnozenz fünfzehn Galeeren, tausend Schützenundfünf- hundert-Reiter schickt,wirdJohannes im ganzen Glaubensbezirk seinLehnsmann. Der Vertragwirdvon Jnnozenz nicht ausge- führtundmuß Geheimnißbleiben. NichtdesPapstes,sondern desSultans,Amuraths,Pasall wirdJohannes,derAdrianopel und Romanien schonverloren hat. Nocheinmal aberstrafstersich indenEntschluß auf,das HeilauscRom zuholen.Dahin istaus AvignonderHeiligeStuhl nun zurückgekehrtDaknietvorUrban demFünftenderPalaeologe, der des Oströmerreichcs Krone trägt. Daßnur demPapstdieSchliisselgewaltanvertraut sei, daß auchvomGottessohn,nichtvom Vater allein,desHeiligenGei- stes WesenindieWeltströme,bekeunt seine Lippe.Dann darf erinderPeterskirche, vordenKardinälen,dieFüße,dieHände, denMund des Papstes küssen; darfmit seinenFingernden ZaumdesMaulthieres umklammern,dasdenStellvertreterdes Christusträgt. AufderRückreifewird derlüderlicheBasileus inVenedigvon Wucherern,derenAnspruchernichtbefriedigen kann,inSchuldhaftgeliefert;undmuszlange harren,bisihnsein"

zweiterSohnaus derSchmachbefreit.Auch dieserManuel ist als Kaiserins Abendland,andieHöfeKarls desSechsten von

FrankreichundHeinrichsdesPicrten von Englandgegangen;

istvom römischenPapstaber(denermied,um nichtderPartei- nahmeindemStreitAvignon widestRom verdächtigzuwerden) alshalsstarriger KetzerundBilderdienstweigererverrufenwor- den.AlsderMongoleTimur dieTürkcngeschwächthat, schwindet inKonstantinopeldieSucht,dieLateiner zuversöhnen.Wächst

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Morgenröthe. 217 aber schnellwiedermitdemDrang.Por seinem SohnJohannes und seinemKämmerer Phranzes hatManuel das Geheimniß diesesStimmungwechfelsentschleiert.Wenn Dich,meinSohn,.

spracher,»dieOsmanen je ängsten,so schrecke ihr Augemitdem Luftbildlatino-griechischer Kirchengemeinschaft;dennder Türke- fürchtetdieKriegskraftderAbendlandsvölker,dieunsneueGlau- benseinheitleichtverbünden könnte.Unterhandle dann stetsmit- Rom, schlageeinKonzilvor,laß Botschaft hinundher laufen;

doch hüte Dichvorjedem SchrittindenBezirkernsthafterEnt- scheidung,die,weilderLateiner stolzundderGrieche schroff ist, zunnwiderruflicher Scheidung werden,dieKluft vertiefen, die- Türken entschüchternund unser ReichinLebensgefahrzerren wüßte«Denungehorsamen SohnhatderLockruf Roms, dessen- Macht durchdas fünfzigjährige SchismadesWestenserschüt- tertwar, baldübersMeer geschmeichelt. Auf achtvom Papst EugeniusgeschicktenGaleeren schifftersichmitdenHäupternder Griechenktrche,derStaats- und Hofbehördenein;wird, nach- einer siebenundsiebenzig Tage durchdauerndenFahrt (vomGol- denen HornindieAdriabucht!), von demDogenunddem Se- nat derRepublik VenedigwieeinTriumphatormit einemGe- schwader funkelnderGaleeren und Gondeln eingeholtundunter - Glockengeläut,festlicherMusikundJubelrufenderum die Adler Roms undden LöwendesHeiligenMarkus geschaartenMenge durchdenHauptkanalunddas Gebälk der Nialtobrücke geleitet.

Jn Ferrara reitet er,unter einem vondenPrinzendesHauses- Este getragenenBaldachin,bisandieTreppedesPalastes, an dessen Saalthür ihnderPapsterwartet. Johannes derZweite braucht nichtzuknien,der Patriarch vonKonstantinopel nichtden FußdesBischofsvonRom zuküssen.WieimRang Gleicheum-

armen die beiden Priestereinander. UndinderSynode thront,.

imlangen Purpurkleid, über demScheiteldiemitleuchtendem Edelftein geschmückteTiara,derKaiserausMorgenland, neben seinemEpiskopat,fastebenfo hoch wie,aufderanderen Saalseite, derErbe desApostels Petrus. Mit dessenGefolgschaft istkein Kirchenstaatzumachen; fünfErzbischöfe,achtzehnBifchöfe,zehn Aebte: alles Andere ift ihm durchdenKirchenspalt entschlüpft.

Außer demBurgunderherzog ist nichteinFürstdesWestensau- wefendodervertreten. Undrasch sickertdie Kunde durch.das; irrt

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«2!18 DieZukunft.

GegenkonzilvonVaseldieWahleines neuen Papstes vorbereitet wird. Nachderersten Sitzung mußdieSynodeumMonde hin- -ausgeschobenunddemVasileuseinferrarisches Landklosterals Sommerquartier eingeräumtwerden« Dort haustermitseinen Günstlingen,LustgesellenundderLeibwache,die er, derChristen- kaiser,Janitscharen nennt; schlägt,aufderJagd, beimVecher,im Getändel mitMignons, denleidigenKirchenstreitebensoschnell indenWind wiedieNoth seiner karg-gehaltenen,oftdarbenden ILandsleutezundtaumelt erst auf,alsdieTruppedesHerzogsvon Mailand und,mit schlimmererDrohung, diePest,desSchwarzen Todes grausige Majestät,dieHeimath Ariostos umlauert.Jäher SchreckfegtdieHirne.AufSchmugglerpfadentrabtAlles leis und ssdochhastig, Papst, Kaiser, Patriarch, Bischöfe,Troß,inwirrem Knäuel reinerer Luftzu;vonFerrara ins lieblicheFlorenz.

Dastolzirt Eugenius, dem diewirkunglose Wahldesfünf- tenFelix,alsdesGegenpapstes,nur genützthat,instärkererRü- stung.ZweiPatriarchen, achtKardinäle,achtErzbischöfe,fast hun- dert VischöfeundAebte stützenseinWortzundstärkenihninalle

»Wegemitsopfiffigem Trost, daßernacheinerBerhandlungfrist, diefreilich so lange währtwie imSchoßdasReisenderWeibes- frucht,dieEinungderKirchenins Register seiner Großthaten schreiben darf. Um dieFrage,ob zumHeiligenAbendmahlun- igesäuertesBrot tauge,knistert jetztnur einWeilchen noch, sacht schon verglimmend,der Streit (denderLegatundKardinal Ju- lianCesarini,alsRoms Anwalt,wider dienichtminder scharf- sinnigenundtaktisch gewandten Vischöfe VessarionvonRikaea und Markus vonEphesus führt).Auchüber dasFegfeuer,dessen -WesenundLäuterwerk derGriecheanders alsderLateinerem-

pfindet,hüpftderHadermitFlackersprüngenhinweg,deren25allwie einKichernindieOhrmus chelklingt.EinFunkengestiebeaberum-

prasseltdiezweihauptfragesztder Papst auchderMorgenlans deskirchehöchsterGerichtsherrund wirktderHeiligeGeistauchaus demSohn,denerindenLeib derJungfraupflanzte, indieChristen- heitfort? Gluthflammen röthendenRauchdesTheologenzans kes;undwoSenghitze derWeisheitdenAthem hemmt, hilft listige Schweigsamkeitund,imRothfall, keckeLügnerkunstvorwärts.

Habenwir,fragen,unter züchtigemAugenauffchlag,dieGriechen, jedenngeleugnetzdaßdemVischofvonRomim Zugdersüanas

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Alorgenröthe. 249

triarchender Bortritt gebühre?Da wirsniethaten, genügt,Um- fangundGrenzeseinerGerichtsbarkeitzubestimmen,injedem einzelnenFallderWortlaut deskanonischenGesetzes. (Drücke, Juliane, drumeinAugezu und traue unseremvon Orientalens klugheit gepolstertenPflichtgefühl.)Ueber demschwierigstenund wunderlichsten KapitelstehtdasnunsechshundertJahre alteSatz- theilchen »fj1ioque«.Jst dieUeberzeugung,daß auchdemGottes- sohnderHeilige Geist entströme,vomGesetz befohlenund ent- steht,wosie fehlt,inder Grundmauer rechtgläubigerSeelen eine Lücke?Unmöglich,sprechenBessarionundMarkus;inChalkedon hatdasKonzilvorfast tausendJahrenverboten, demSymbolon vonNikaea Neues einzufügenoderanzuflicken.Sothat es,er-

widernJuliansAssessoren; das»fi1ioque«warabernichtneu, war ebenkeinZusatz,sondernschon ZubehördesnikaeischenCredozund legendenGriechen,dieLateinischgarnichtodernurmühsamlesen können,einegefälschteHandschriftdesGlaubensbekenntnisses vor,indessen siebentemSatz nachden Worten »expatressdeut- lich »fi1i0que«steht. So,betheuern sie eifernd, istsimHeilands- jahr325beschlossenund gekündetworden. Währenddie Bor- hutderKleriseidenBau einer Avthbrückebesinnt,rüttelt Un- gedulddenPapstunddenKaiser.Eugeniusist,als desMein- eides undAemterschachers, derTyrannenwillkürundKetzerei schuldig Erkannter, inBaselmitSchimpfundSchandeabgesetzt worden: undbraucht, wennihn auchderLästerspruchsobefangener Richter nicht vernichtet, für sein Praestigium immerhineinen der weitanelt sichtbarenHirtenerfolgUnd wiesollteJohannessich ohneRoms Hilfeaus dertürkischenKneifzangelösen? Lahmtder VerstandderVerständigstenimStaub desGezänkesund derKu- rialakten,dann mußderZuckerderGunstunddiePeitscheder HerrschgewaltihmBeinemachenRaschdenPurpurfürVessarion, dem derberedteMund gestopftwerdenmuß,undfürJsidorus,den Primas vonRuszlandzalsKardinäle werden siedemBedürfnisz päpstlicherundkaiserlicher PolitikdenHörgangnichtsperren.Die Anderen? ArmeSchächer,die ihrepaar Goldgulden ausgegeben haben, meistin engerSchuldpflichtschlingehängenundvonderen dreiRöcken wenigstenseinerschonfadenscheinigist.Werschütztsie, wenn sie bockigbleiben, infremdemLand vorderLateinerwuth,die Enttäuschungrächenwill?Wer kauftsievomGläubigerlos,zahlt

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Selbst die in den Anekdoten immer wiederkehrende Zweidesutigkeit der delphisclxen Aussagen war mehr als ein Kniff· Denn niemals durfte sich Delphi mit einer Prognosc binden, niemals

Phosphoreszirende Farben, leuch- tende Wunder, das Auge der Ewigkeit, nicht das Auge der Gestalt (Aolde, Jawlensky, Marc). Jm Blick des Thieres, im Denken des Kindes, im Thun des

Daß aber in Hong- kong, Singapor und anderen Häer vsiele japanische Aerzte (und nicht nur unter Isapanern) praktiziren, davon wird den Lesern nichts gesagt- lIsapan macht

verehrlichen Vubliko vortäuschen. Die Roten der Vsundesbianken sollen Zu einem Drittel mit Gold, zu zweien durch Wechsel und ,,andere liquide Unterlagen« gedeckt sein. Dsas ist

Da Ludwig die junge Maria erblickte, that sein Herz gleich einen vergnüg- ten Sprung, denn sise war schlank und licht anzuschauen wie eine frühe Virke im Maienwind und so scheu,

Als Raiffeisen starb, waren 359 Genossenschaften mit 50 000 Mit- gliedern in seiner Organisation vereinigt; heute sind es 4400 Dar- lehnskafsenvereine und 900 andere

TINari lasse sich überhaupt nicht länger durch Schlagwörter wie ,,Weltfrsemdheit« und ,,Formaljuristik« blenden, die ein Körnchen Wahrheit in einem Meer von Uebertreibung ersäufen

Fechten müssen: an den lieblichen Knabenrumpf des Friedens dürfen wir uns nicht klammern; die Gegner, über deren wundeLeiber wir aufdie Höhekletterten, leben noch, sind