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Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften. Jg. 23, No. 7

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Academic year: 2022

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Jahrgang X X III.

U nterrichtsblätter

1917. No. 7.

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

Organ des Vereins zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts.

Begründet unter Mitwirkung von

Bernhard S ch w a lb e

und

F ried rich P ietzk er,

von diesem geleitet bis 1909, zurzeit herausgogeben von

Professor

K arl Schwab,

Oberlehrer an der Klinger-Oberrealschule in Frankfurt am Main unter Mitwirkung von Dr.

A u g u st M aurer,

Direktor des Kgl. Realgymnasiums in Wiesbaden.

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W. 5 7.

Red akt ion: Alle fach w isseu sc h aftl. M itteilu n g en und S endungen w erden an P ro t. K. S c h w a b , F ra n k fu rt a. M., G im thers- h u rg a lle e 33 erbeten. M itteilungen u. Sendungen Uber Schul- u. u n tc rric h tsre fo rm wolle m an dagegen d ire k t an D ire k to r D r. A. M a u r e r , W iesbaden, K icd erb erg str. 1, rich ten . V e r e in : A nm eldungen und B e itra g sz a h lu n g e n f ü r den V erein (5 Mk. Ja h re s b e itra g ) sind an den S ch atzm eiste r, P rofessor P r e s l e r in H annover, K ö n ig sw o rth erstraß e 47, z u ric h te n .

V e r l a g : D er B e z u g s p r e i s fü r den J a h rg a n g von 8 N um m ern ist 4 Mk. p rän u m ., fü r einzelne N um m ern 80 P f. Die Vereina- m itg iie d er e rh a lte n die Z e its c h rift k o s te n lo s; frü h ere J a h r ­ gän g e sind d urch den V erlag bez. eine B u c h h a n d lu n g zu be­

ziehen.

A n z e i g e n kosten 25P f. fü rd ie 3 -g e sp . N o n p a r.-Z e ile ; bei A ufgabe h a lb e ro d . g a n z e r S eiten, sow ie bei W ied erh o lu n g en E rm äß ig u n g . — B eilagegebühren n ach U eb erein k u n ft.

N achdruck der ein zeln en A rtik el ist, w enn ü b erh au p t n ic h t besonders ausgenom m en, n u r m it g e n a u e r A n g ab e der Quelle und m it d er V erpflichtung der E in sen d u n g eines B elegexem plars an den V erlag g e sta tte t.

Inhalt; Das Studium der Mathematik an den deutschen Universitäten und dio Schulmathematik. Von A.

M a u r e r in Wiesbaden (S. 97). — Die Verschmelzung von Planimotrie und Stereometrie im geome­

trischen Anfangsunterricht und im Lehrgang der Mittelklassen. Von Oberlehrer Dr. S c h m i e d e b e r g in Bielefeld (S. 100). — Beleuchtung und Erwärmung der Erde durch die Sonne. Vo n Dr. J o h a n n e s P e t e r s e n in Hamburg (S. 104). — Eine Eigenschaft des vollständigen Vierecks. Von Jos. M o s e r in Breslau (S. 107). — Hypotenuseuquadrnt als Rechtecksumme. Von ,T. E. B ö t t c h e r in Leipzig (S. 108). — Geometrische Ermittelung von Grenzen für e. Von Carl Herbst, (Dipl.djjng., *a Bochum (S. 109). — Zur Herstellung von Parabeln. Von Carl H e rbst, Sipl.-vjng., in Bochum (S. 109). -— Otto Fischer. Nachruf von W i l h e l m L o r e y in Leipzig (.S. 110). — Zur Unterrichts- und Schul­

reform: [Einwirkung des Krieges auf die höheren Schulen. Von Dr. Carl M e y e r in Hamburg (S. 113).

— ■ Z u m Aufstieg der Begabten und Absturz der Unbegabten. Von (BtpUiJng. Carl W e i h e (S. 114)].

— Persönliche Nachrichten (S. 116). — Nachtrag zu den Veranstaltungen der Königlichen Haupt­

stelle für den naturwissenschaftlichen Unterricht Winter 1917/18 (S. 115). — Bücher-Besprechungen (S. 115). — Verzeichnis der hei dem Verlage zur Besprechung eingegangenen Bücher (S. 116). — Anzeigen.

Das S tu dium der M athem atik an den d eu tsch en U n iv e r sitä te n und d ie S ch u l­

m athem atik.

Anschließend an die a m Ende meines Auf­

satzes in Nr. 5/6 geäußerte Absicht, seien mir noch einige Ausführungen über die Beziehungen der Universitätsmathematik zur Schulmathematik gestattet.

Der tatsächliche Zustand bis etwa z u m Jahre 1890 war der einer vollständigen Kluft zwischen beiden, so daß weder eine Brücke von der Schule zur Universität beim Beginn des Studiums noch umgekehrt eine Brücke von der Universität zur Schule beim Beginn des Lehramts vorhanden war. P. K l e i n spricht das in der Einleitung zu seinen V o r l e s u n g e n ü b e r E l e m e n t a r ­ m a t h e m a t i k v o m h ö h e r e n S t a n d p u n k t a u s (Teubner 1911 und 1914) folgendermaßen aus: „Der junge Student sieht sich a m Beginn seines Studiums vor Probleme gestellt, die ihn in keinem Punkte mehr an die Dinge erinnern, mit denen er sich auf der Schule beschäftigt hat; natürlich vergißt er daher alle diese Sachen rasch und gründlich. Tritt er aber nach A b ­ solvierung des Studiums ins Lehramt über, so

soll er nun plötzlich eben diese herkömmliche Elementarmathematik schulmäßig unterrichten;

da er aber diese Aufgabe k a u m selbständig mit seiner Hochschulmathematik in Zusammenhang bringen kann, so wird er in den meisten Fällen recht bald die herkömmliche Unterrichtstradition aufnehmen, und das Hochschulstudium bleibt ihm nur eine mehr oder minder angenehme Er­

innerung, die jedoch auf seinen Unterricht keinen Einfluß hat.“

Diese „doppelte Diskontinuität“ mußte so­

wohl von oben wie von unten überwunden werden, und daraus ergaben sich die Bestrebungen der Universitäten neue, für die Schule verwert­

bare Gegenstände, insbesondere auch die Elemen­

tarmathematik selbst in den Bereich ihres Unter­

richts zu ziehen, und andrerseits die Bestrebungen der höheren Schulen, ihren mathematischen Unter­

richt nach Inhalt und Methode umzugestalten.

In dieser Umgestaltung stehen wir noch mitten darin. Natürlich kann sie nicht nach den B e ­ dürfnissen der späteren Studenten der Mathematik zugeschnitten sein; aber es ergab sich, daß die Modernisierung der Schulmathematik zugleich in erheblichem M a ß e den Bedürfnissen der fort­

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S. 98. U NTKRR1CH TS BLA TTE R. Jah rg . X X III. No. 7.

schreitenden Kultur entsprach. D iese E n tw ick ­ lung is t noch n ich t abgeschlossen, und darauf beruhen augenblicklich die S ch w ierigk eiten und N ö te des Schulunterrichts.

E s war doch vorher eine handfeste Sache, A rith m etik und A lgebra, Planim etrie, S tereo­

m etrie und T rigonom etrie, analytische G eom etrie und algebraische A nalysis. D as stand alles auf soliden F üß en , und auch der bescheidene Lehrer k onnte sich in diesem K reise m it S icherheit b e­

w egen in „herköm m licher U nterrichtstradition.“

D er bessere w ird es aber nicht versäum t haben, überall die Zusam m enhänge und A bh ängigkeiten aufzuw eisen und die Schüler an die P forten der höheren M athem atik zu führen, w enn er auch die Sprache derselben verm ied. Ich kann daher auch n ich t m it L o r e y , dessen schönes W erk über das Studium der M athem atik an den deut­

schen U niversitäten 1 ich b ereits in der vorigen Num m er angeführt habe, übereinstim m en, wenn er S. 2 7 2 von S c h e l l b a c h m ein t, es sei bei ihm nur schu lpolitisch e Rücksichtnahm e auf das alt­

p h ilologisch e m athem atikfeindliche Schulregim ent gew esen , das ihn verhindert habe, sich auch der Sprache der H ochschulm athem atik zu bedienen.

In seinen „Mathematischen Lehrstunden“ , b e­

arbeitet von B o d e und F i s c h e r (Berlin 1 8 6 0 , G. R eim er), sagen die H erausgeber im V orw ort ausdrücklich, daß sie es vorziehen, das (zur A uf­

findung der Maxima und Minima) b enutzte Rechnungsverfahren nicht erst vorzutragen, sondern es aus den A ufgaben sich en tw ick eln zu lassen.

D as charakterisiert das induktive Lehrverfahren S e h e U b a c h s . Und ein solches w ird es ver­

m eiden m üssen, vo rzeitig W o rte an die S telle von Begriffen zu setzen. „Denn eben w o B e­

griffe fehlen, da ste llt ein W o rt zur rechten Z eit sich e in .“ S c h e l l b a c h se lb st unterschied scharf zw ischen niederer und höherer M athe­

m a tik 2, und w enn er hinzufügt, die letztere sei von L e i b n i z und N e w t o n erfunden, so b e­

zieh t er offenbar die D ifferentialrechnung in die höhere M athem atik, die er der H ochschule zu­

w eist. A ber w enn an zahlreichen A ufgaben das Rechnungsverfahren zur Auffindung der Maxima und Minima gefunden und angew andt worden ist, dann g e lin g t es leich t, dem Schüler die Idee der D ifferentialrechnung zu erw ecken und ihn sozusagen zum Erfinder derselben zu machen.

A ehnlich kann man b ei den R eihen verfahren, w ie auch von F r e i s e in der Besprechung auf dem O sterferienkursus in G öttingen 1912 (Z eit­

schrift für m ath. u. naturw. U nterr. 4 3 , S. 363) angegeb en w orden ist..3 A ehnliche Gedanken habe ich selb st noch im V orw ort einer A uf­

1 Abhandlung H L 9. der I M U K (Teubner).

2 Die Zukunft der Mathematik au unseren G y m ­ nasien. Berlin 1887, G. Reimer. S. 21.

3 Siehe auch dessen Progr. der Oberrealschule Göttingeil, Ostern 1913.

gabensam m lung über Maxima und Minima (Springer 1897) ausgedrückt.

D as Bedürfnis, eine B rücke zu schlagen von der Sehulm athem atik zur H ochschulm athem atik, w urde g e w iß schon lange lebh aft empfunden, aber es m ußte doch B edenken erw ecken, dies einfach durch Einführung der Differentialrechnung in die Schule zu bew irk en , w e il voraus zu sehen w ar, daß da leich t eine schem atische Behand­

lung ohne tiefer e B egründung eintreten w ürde, zumal das Bedürfnis für d ie Stren ge dieser W issen sch aft erst in neuerer Z eit schärfer hervor­

getreten ist. Da k onnte die Einführung der D ifferentialrechnung für die Schüler verwirrend w irken, nicht, durch die S ch w ere des G egen­

standes, sondern durch d ie O berflächlichkeit der Behandlung. A lles, w as er an m athem atischer Stren ge seith er g eü b t hatte, konnte da nur zu leich t ins W anken kommen, zum al, w enn nicht von lan ger Hand schon in den m ittleren Klassen der F un ktion sb egriff v ie lse itig und klar heraus­

gearb eitet w ar. Ich habe erlebt, daß in der Oberprima einer Studienanstalt noch in der zw eiten H älfte des W in tersem esters, also kurz vor der R eifeprüfung, die Differentialrechnung ohne alle V orbereitung angefangen w urde; m it w elchem E rfolg lä ß t sich denken. Solchen und ähnlichen Erfahrungen gegenü b er hat das V er­

fahren der elem entaren M ethoden bei der B e­

handlung der Maxima und Minima, der R eihen u. a. den großen V orzug, daß der Schüler durch g esch ick te Führung sehr w ohl an die P forte der H ochschulm athem atik geführt w erden kann, ohne daß durch einen flüchtigen B lick in die neue W e lt das tiefere Interesse dafür gesch äd igt w ird.

D ie E n tw ick lu n g ist aber freilich inzw ischen so. w e it fortgeschritten, daß die Einführung der Infinitesim alrechnung in die höheren Schulen in D eutschland als entschieden g elte n kann, so sehr auch noch die M einungen über A rt und U m fang der B ehandlung g e te ilt sein m ögen. 1 Nun aber kom m t alles auf die Behandlung an. D aß hier nicht der strenge rein arithm etische Standpunkt P r i n g s h e i m s , sondern eine reiche Benutzung der A nschauung, w ie sie K l e i n vertritt, sta tt­

haben m uß, lie g t auf der Hand. D er U nterricht kann nur propädeutischen Charakter haben, und gerade darin liegt, die m ethodische S ch w ierig­

k eit. D enn das b ed eu tet k ein esw egs, daß er ungründlich sein darf, w ie denn eine g esch ick te und dabei solid e propädeutische Behandlung viel

4 Vergl. den angeführten Bericht des Göttingor Ferienkursus Ostern 1912. Zeitsehr. für math. u. natur- wissensch. Unterr. 43, S. 357, ferner R i e t z m a n n , die Einführung der Elemente der Differential- und Integralrechnung in die höheren Schulen, ebenda 45, S. 145 und dessen Bericht über den Pariser Kongreß der IMUK in Berichte u. Mitteilungen, veranlaßt durch die internationale mathematische Unterrichtskommission X, S. 83.

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schw erer is t als eine streng system atisch e. G e­

rade jen e bedarf des feinsinnigen und zugleich durchgebildeten Lehrers. A us Lehrbüchern kann eine solche B ehandlung n ich t ohne w eiteres en t­

nomm en w erden, am w en igsten aus Schulbüchern, d ie doch in erster L inie für den Schüler g e ­ schrieben sein sollen. U eberhaupt feh lt auch im Schulbuch geg en w ä rtig der feste H alt w ie in früheren Unterrichtsperioden. Zwar ist die Lehr- biicherproduktion ungeheuer, aber w er je tz t nach einem neuen Lehrbuch sucht, w eiß w ie groß die N o t ist, das für die Schüler g ee ig n ete zu finden.

D ie D in g e drängen dahin, dem W irrsal der Lehr­

freih eit auf den höheren Schulen durch ausführ­

liche am tliche Lehrpläne ein Ende zu machen oder gar dahin, die allzu groß e M an n igfaltigk eit der Lehrbücher durch ein von einer V erein igu ng tü chtiger D id aktiker h erausgegebenes am tliches U nterrichtsm ittel zu b eseitigen . D i e M a t h e ­ m a t i k d e r P r i m a , d i e f r ü h e r e i n e n A b - s c h l u ß b e d e u t e t e , i s t j e t z t e'i n A n ­ f a n g g e w o r d e n und hat dadurch einen so schw ankenden Inhalt angenom m en. D as sind Sch w ierigk eiten , die in der U eb ergan gszeit liegen und die erst allm ählich b e se itig t w erden können, d ie aber auch die unausgesetzte M itarbeit der H ochschul- und vor allem der G ym nasiallehrer verlangen, w enn sch ließ lich ein ersprießlicher, dem gesam ten B ild u n gszw eck dienlicher U n ter­

richtsgang entstehen soll. L o r e v g e h t S. 273f f . auf die entstandenen S ch w ierigk eiten , so w e it sie die D ifferential- und Integralrechnung betreffen, näher ein, und w ir em pfehlen seine B em erkungen w ie überhaupt den § 3, Kap. VI, allen F ach ge­

nossen zur D urchsicht, da w ir der M einung sind, daß nur durch a llseitig e e r n s te , unausgesetzte A rb eit die Einführung der D ifferential- und In te­

gralrechnung den höheren Schulen zum Segen gereichen kann. E s g ib t ja außerdem noch ein anderes G ebiet, dessen u n ten ich tlich e Behand­

lu n g noch sehr der D isk ussion u nterliegt, das G eb iet der synthetischen G eom etrie, w orauf in- deß h ier n ich t w eiter eingegangen wei'den soll.

W as nun die D isk on tin u ität angeht, die in der um gekehrten R ich tun g von der H ochschulm athe­

m atik zur Schulm athem atik b esteh t, so k lagt schon S c h e l l b a c h in seiner schon angeführten tem pera­

m entvollen k leinen Schrift S. 2 9 , daß von den m athe­

m atischen V orlesungen der U n iversität fast keine ein zige für Gym nasiallehrer verw endbar sei. Und er verlan gt V orlesungen, w elc h e ihren d id ak ti­

schen G esichtskreis zu erw eitern und ihrer T ä tig ­ k eit einen höheren Schw ung zu verleihen ver­

m öchten. D ie U niversitätslehrer sollten nicht b loß Spezialstüdien treiben, sondern dem B ild u n gs­

strom des scheidenden Jahrhunderts eine ze it­

gem äß e R ich tun g zu geben suchen. D er hohe w issen sch aftlich e W ert ihrer V orlesungen könne nur g este ig e r t w erden, w enn die D ozenten sich bem ühten, die Lücke zw ischen Gymnasium und

1917. No. 7. d a s St u d iu m d e r Ma t h e m a t i k aN DEN DEUTSCHEN UNIVERSITÄTEN. S. 9 9 .

U niversität mehr und mehr zu schließen. „W enn d iese K o n t i n u i t ä t e in tritt“, so fährt er fort,

„dann erst kann sich die M athem atik zu einem m ächtigen B ild u n gsm ittel für d ie W e lt erw eitern .“

D iese W o rte ergänzen d ie D arstellung, w elche Lorey S. 2 0 9 ff. von Schellbachs Anschauungen gib t.

W ir w issen, w as seitdem zur H erstellung einer besseren K ontinuität geschehen ist. Zuerst, w as das W iedererw ach en des In teresses für die A n w e n d u n g e n angeht. U nd hier ist in erster L in ie d ie bessernde H and an der A usbildung der Lehrer anzulegen. N ich t b loß derjenige, der sich die Lehrbefähigung für angew andte Mathematik erwerben w ill, sondern jed er M athem atiker so llte in darstellender G eom etrie unterrichten können und in den Grundlagen der G eodäsie und A stronom ie au sgeb ild et sein. „Auch dürfte kein M athem atiker die U niversität verlassen, ohne den R echenschieber und eine Rechenm aschine kennen gelern t zu haben, w ie es leider h eute vielfach noch der Fall is t .“ (Lorey S. 2 5 4 ). B ei den Verhandlungen über d ie neue preußische P rü ­ fungsordnung hat denn auch der deutsche Ausschuß für m athem atischen und naturw issenschaftlichen U nterricht in einer dem Unterrichtsm inisterium eingereich ten D en kschrift dahingehende V or­

schläge gem acht, die B erü ck sichtigu ng gefunden haben. D ie eben h erausgegebene Prüfungsord­

nung verlan gt für den M athem atiker im H aupt­

fach u. a. U ebung im m athem atischen Zeichnen und im num erischen R echnen so w ie auf B e o b ­ achtung gegrün d ete K enntnis der Grundlehren der A stronom ie.

Ein zw eites, w as zur Verbindung der U niver­

sitä t m it der Schule geschehen ist, is t die B e ­ lebung des In teresses an der E lem entarm athe­

m atik. D ie vortrefflichen W erk e von H e i s w aren noch unm ittelbar für den Gebrauch an höheren Schulen bestim m t, w enn sie auch schon beträchtlich Uber das dort in der R egel G elehrte hinausgingen, B a l t z e r s „Elem ente .der M athe­

m atik “ w ar w o h l das ein zige ältere W erk , das für S tudierende geschrieben war. Seitdem sind die bekannten W erke von W e b e r - W e l l s t e i n , v o n K i l l i n g und H o v e s t a d t , die „Grund­

lehren der M athem atik“ von F ä r b e r , N e t t o , T h i e m e , F r . M e y e r , das obengenannte W erk von F . K l e i n und zahlreiche E in zelw erk e er­

schienen, die es jed em Lehrer erm öglichen, einen

„höheren Stan dp un kt“ für seinen U nterricht zu gew in n en . A ber dazu geh ört freilich Z e it und M uße, und die lä ß t sich schlechterdings nicht gew in n en , w enn ihm d ie V orbereitung auf drei und mehr Fächer zugem u tet w ir d ; ein e g ew isse Spezialisierung, w ie sie in früheren Z eiten üblich w ar, ste llt sich b ei dem Lehrer der M athem atik, der P h ysik , der C hemie und der B io lo g ie bei der lebhaften E n tw ick lu n g all d ieser W issen ­ schaften als n otw en d ig heraus.

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S. 100. Un t e r r i c h t siil ä t t e r. Jah rg . X X n i. No. 7.

N im m t man noch hinzu, w as in neuerer Z eit durch Studienpläne für die Studierenden, durch Verabredung der D ozenten für eine geordnete V erbindung und F o lg e der V orlesungen, durch die reiche Literatur, durch die vortrefflichen U niversitätseinrichtungen für den m athem atischen U n ter rich t, imd w eiterhin durch Ferienkurse für d ie A usbildung der M athem atiklehrer g e ­ schehen ist, w orüber Lorey in anregender W eise u n terrich tet, so muß man anerkennen, daß die A usbildung der Lehrer g e w a ltig e F ort­

schritte gem acht hat. A ber das Prinzip der Lehr- und Lernfreiheit, das in der p hilosoph i­

schen F aku ltät in v ie l größerem M aße herrscht als in den anderen F akultäten, se tz t b ei all den vortrefflichen U nterrichtsm itteln auch ein groß es Maß von R eife und w issenschaftlichem Sinn der Studierenden voraus, und die F rage drängt sich auf, ob all diese V erbesserungen des S tu­

diums auch zu einer größeren T ü ch tigk eit der Lehrer und zu einem besseren E r fo lg des Schul­

unterrichts geführt haben. Man darf hier aus den Erfahrungen des Schullebens unbedingt b e­

jahen, daß die M athem atik sich g eg e n frühere Z eiten auf den Gym nasien eine w eitau s ange­

sehenere S tellu n g errungen hat, und daß das In teresse der Schüler für d ieses Fach ein viel lebhafteres gew ord en ist, so daß die M athem atik m it den früher fast allein herrschenden Frem d­

sprachen in einen erfolgreichen, ja manchmal siegreichen W ettb ew erb getreten ist. A ber dieser E rfolg lie g t m ehr in der B r eite als in der T iefe der L eistungen. E s lä ß t sich andererseits n ich t leugnen, daß heute, insbesondere auch durch A u sgestaltu n g des realistischen Schul­

w esens, m anche das Studium der M athem atik er­

greifen , die eine besondere A nlage dafür nicht m itbringen. Dann erschw ert aber auch die starke Frequenz der Studierenden eine persönliche B e ­ ziehung der D ozenten zu ihren Hörern. Um so m ehr sind festere Bahnen für das Studium , w elch e die R ich tun g auf das praktische Z iel n ich t außer A ch t lassen, erforderlich, erforderlich is t auch d ie n ö tig e S tren ge der Prüfungen und die rück­

sich tslose A usscheidung all derer, die den A n ­ forderungen offenbar n ich t entsprechen. So drängt, w ie ich glaube, die ganze B reite, die unser Schulw esen in der N eu zeit eingenom m en hat, zugleich auf eine w eitere V erbesserung der Studieneinrichtungen in der p hilosophischen F a ­ k ultät in der R ich tu n g' auf eine system atische, die S tu dienzeit ausnutzende, gründliche, W issen ­ schaft und Praxis verbindende A usb ild u ng der L ehrer für die höheren Schulen.

Maurer.

D ie V ersch m elz u n g v o n P la n im etrie und S tereo m etrie im g eo m etrisch en A n fa n g s­

u n terrich t und im L eh rg an g der M ittelk lassen .

Von Obeilehrer Dr. S c h m i e d e b e r g (Bielefeld).

B ei der groß en Selbstprüfung, die g eg e n ­ w ärtig w ie die anderen U nterrichtsfächer auch der m athem atische U nterricht vornehm en muß, um zu forschen, w as er etw a unserer Jugend noch schu ldig geb lieben ist, tritt unter anderem w ied er die U eberzeugu ng hervor, daß für die E n tw ick lu n g des räumlichen Anschauungsver­

m ögens bisher zu w en ig geschehen ist. B esonders auffallend is t dabei der M ißstand, daß d ie Schüler der M ittelklassen viel zu spät zum Anschauen der Raum formen gefü hrt w erden. So hebt die

„Grundsätzliche A eußerung des deutschen A us­

schusses für den m athem atischen und natur­

w issenschaftlichen U nterrich t“ , w elch e in H e ft 8 dieser Z eitsch rift veröffen tlich t ist, hervor, daß die V olk ssch üler in der Körperlehre w eite r g e ­ fördert sind als die Gym nasiasten, w elch e m it dem E injährigen-Zeugnis oder der Pi-imareife abgehen. A ber auch d ie Schüler der R eal­

anstalten haben vor dem einführenden stereo­

m etrischen Lehrgang in der U ntersekunda kaum G elegenh eit, V erständnis für räum liche G ebilde zu gew in n en . D ie bedenklichen F o lg e n dieses späten B egin ns der Stereom etrie lieg en einmal in dem M angel an Verständnis für d ie im Leben auftretenden Raum formen, der allen Schülern anhaften m uß, die ohne ab geschlossen e Schul­

bildung die höheren Schulen v er la sse n 1, und andererseits in der ein seitigen V erbildung des geom etrisch en Sinns, w elch e durch d ie allzu­

lange durchgeführte B eschränkung auf ebene A bstraktionen hervorgerufen w ird.

Es sind ja in den letzten Jahrzehnten ein­

zeln e V ersuche und V orschläge gem acht w orden, um diesem U ebelstand zu b egegn en . Ein solcher Versuch is t es, w enn d ie preußischen Lehrpläne von 1901 für den propädeutischen L ehrgang der G eom etrie in der Quinta b ezw . Quarta das A us­

gehen von einfachen körperlichen G ebilden aus­

drücklich vorschreiben. Ein solcher V orschlag is t der von T r e u t l e i n 2 ent n uckelte L ehrgang, w elch er d ie anschauliche Behandlung der G eom etrie in einem ersten Kursus viel w eite r ausdehnt und dam it auch der B erü ck sichtigu ng der Körper

1 Nach „Deutsches Philologenblatt“ 1917, Heft 21, Seito 367, gingen von preußischen Gymnasien im Zeitraum 1897/1907 ab aus OII 9,6°/0, aus UII mit Einjährigen-Zeugnis 14,8°/0, aus UII ohne Einjährigen- Zeugnis 2,4°/0, aus OIII 1,0%, aus U H I 5,0 % aller die Gymnasien verlassenden Schüler, also ein sehr beträchtlicher Bruchteil, der nach den jetzigen Lehr­

plänen ohne die geringste Pflege der Raumanschauung ins Leben tritt.

2 Treutlein: Der geometrische AnschauungS' unterricht. Teubner 1911.

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1917. No. 7. Di e Ve r s c h m e l z u n g v o n Pl a n i m e t r i e u n d St e r e o m e t r i e. S. 101.

b is in die M ittelklassen hinein einen breiteren Raum verschafft. W ährend aber auch hier nur für den (allerdings sehr erw eiterten) V orbereitungs­

unterricht d ie g le ic h z e itig e B erü ck sichtigu ng von P lan im etrie und Stereom etrie gefordert wird, spricht S c h i m m a c k 3 den W unsch aus, daß überdies für den eigen tlich en Lehrgang V ersuche m it einer Verschm elzung des planim etrischen und stereom etrischen U nterrichts gem acht w e r d e n ; doch h eb t er hervor, daß sich in Deutschland bisher noch kaum B estrebungen in dieser R ich­

tun g g e z e ig t haben.

Trotz des propädeutischen Kurses und trotz der genannten V orschläge b esteh t der U ebelstand an den höheren Schulen in vollem U m fang w eiter. Nachdem am A nfang des vorbereitenden Lehrgangs in der Quinta oder Quarta der W ürfel und ein ige andere K örperm odelle v o rgezeigt, mehr oder w en iger eindringlich zur Anschauung gebracht und zur A b leitu n g planim etrischer elem entarer B egriffe b enutzt w orden sind, p flegen sie aus dem U nterricht ganz w ied er zu ver­

schw inden und erst nach Jahren in der S tereo­

m etrie von neuem zu erscheinen. D a erhebt sich die F rage, w elch es d ie tieferen Ursachen dieses V erhaltens sind und w ie ihnen abgeholfen werden kann.

D a s e n t s c h e i d e n d e H i n d e r n i s für eine erfolgreiche Verschm elzung von Stereom etrie und Plan im etrie m acht sich schon im A nfang des propädeutischen L ehrgangs bem erkbar und l i e g t i n d e r S c h w i e r i g k e i t , b e s t i m m t f o r m u ­ l i e r t e A r b e i t s f o r d e r u n g e n s t e r e o m e ­ t r i s c h e n I n h a l t s a n d i e S c h ü l e r d e r U n t e r - u n d M i t t e l k l a s s e n z u s t e l l e n . E s is t ein so w esen tlich es Merkmal des m athe­

m atischen Schulunterrichts, von früh an bestim m te, genau um rissene A rb eitsleistun gen vom Schüler zu verlangen, daß ein M angel an M öglichkeiten in dieser R ich tun g ein S to ffg e b iet in der T at m inder unbrauchbar macht. D er b este W e g zur Förderung der V erschm elzungsbestrebungen b e­

steh t also in Bem ühungen, für die K lassenstufe g ee ig n ete A rbeitsaufgaben stereom etrischen In ­ halts zu beschaffen. Dadurch w ird einm al eine nachhaltigere B erü ck sichtigu ng der körperlichen G ebilde im V orb ereitu n gsu n tem ch t en n öglich t und g le ic h z e itig der B oden für die w eitergeh en d e Forderung geschaffen, w elc h e auch für den eigen t­

lichen geom etrischen L ehrgang der M ittelklassen die V erschm elzung wünscht.

Betrachten w ir daher zunächst die A ufgaben, w elch e für den A nfangsunterricht zur V erfügung stehen. Ich unterscheide zw ei Gruppen.

3 S c h i m m a c k : Ueber die Verschmelzung ver­

schiedener Zweige des mathematischen Unterrichts.

Habilitationsvortrag. (Berichte und Mitteilungen ver­

anlaßt durch die Internationale Mathematische Unter- richtskommission VII. Teubner 1912).

1. D ie erste Gruppe, die z. B. i n T r e u t l e i n s Lehrgang sehr zur G eltung kom m t, zieh t die handelnde M itw irkung des Schülers bei der V er­

anschaulichung der Körperformen heran. In lebend igen Einzeldarstellungen schildert T r e u t ­ l e i n a. a. 0 . , w ie der Schüler von der Anschauung des v o rg ezeig ten K örperm odells zur inneren A n­

schauung des „L uftkörpers“ unter v oller A us­

nutzung der L agebeziehungen „vorn“ „hinten“

„ob en “ „unten“ „ lin k s“ „rech ts“ geführt w ird.

Seine Fragen lauten z. B . : „L ege Du die eine Hand auf die lin k e, die andere Hand auf die rechte F läch e des W ü rfels und lasse die H ände in d ieser H altu ng; ich ziehe nun den W ürfel w eg . W ie stehen die H än d e?“ od er: „L ege ein Lineal m it der K ante zuerst auf eine Grund­

fläche des Zylinders in verschiedenen R ichtungen, dann ebenso auf die M antelfläche. W elch er U nterschied z e ig t s ic h ? “ D as Gem einsam e aller A ufgaben dieser A rt is t also, daß eine H and­

lu ng verlan gt w ird , ein Z eigen, A nlegen, A b ­ zählen usw . Dadurch sind sie sehr g eeig n et, den U nterricht in der K lasse zu fördern. W e il die an den Schüler gestellten Forderungen aber durch w en ig e H an dbew egungen oder W o rte b e ­ fried igt werden können, b ie te t sich in solchem Zusam menhang k eine G elegenh eit, g eeig n ete U ebungsaufgaben zur kurzen schriftlichen B e ­ handlung in der Klasse oder für häusliche B e ­ schäftigun g anzuschließen. D a der U nterricht aber im In teresse der A rbeitserziehung bald zu S toffen übergehen muß, die Arbeitsforderungen ergeben, w ird diese A rt der U nterrichtsbehandlung m eist schneller hinter anderem zurücktreten, als es für die Stärkung des Anschauungsverm ögens dienlich ist.

2. E ine zw e ite Gruppe von Forderungen verlan gt vom Schüler d ie H erstellun g von K örper­

m odellen. Z w eifellos lasser sich aus dieser Gruppe brauchbare A ufgaben gew in n en , d ie der A rbeitserziehung dienstbar gem acht werden können. Aus mehrfachen Gründen kom m t diese M öglich keit aber n ich t voll zur G eltung. Zu­

nächst wird d ie A nfertigun g solcher M odelle oft zu früh gefordert., näm lich gleich am A nfang des vorbereitenden L eh rg a n g s4, ohne daß sich später ähnliche A ufgaben w iederholen. So b leib t die A nfertigun g ein iger w en iger M odelle eine einm alige A rb eit, die keinen dauernden G ewinn brin gt. Sodann w ird die A ufgabe m eist in so allgem einer Form g este llt, daß ihr erzieherischer W ert gerin ger b leib t als der W er t planim etrischer,

4 Es kann hier daran erinnert werden, daß gerade die Herstellung der Flächenmodelle, die durch Zu- sammenfalten aus der Netzzeichnung entstehen, erst dann den rechten Nutzen bringt, wenn schon einiges Verständnis der ebenen Figuren vorhanden ist. G e ­ eigneter für den ersten Anfang sind Kantenmodelle, wie sie L i e t z m a n n (Geometr. Aufgabensammlung S. 11, Aufg. 54) aus Streichhölzern und aufgeweichten Erbsen herstellen läßt.

(6)

S. 102. UXTERB.lCHTSIiLÄTTEK. Ja h rg . X X III. No. 7.

bestim m t um rissener A ufgaben. Endlich w ird es o ft versäumt, an dem h ergestellten Körper neue E rkenntnisse ab zu leiten, durch w elch e die einzelne A rb eit zu dem übrigen Lehrgang in B ezieh un g tritt. D ie F o lg e davon ist, daß auch d iese A ufgaben bisher k ein e g le ich w er tig e S tellu ng neben der planim etrischen A ufgabe im U nter­

richt erobert haben.

E s w i r d f ü r d i e Z u k u n f t d e r V e r ­ s c h m e l z u n g s b e s t r e b u n g e n a l l e s d a v o n a b h ä n g e n , d e r s t e r e o m e t r i s c h e n A u f ­ g a b e e i n e p ä d a g o g i s c h e F o r m z u g e b e n , w e l c h e s i e d e r p l a n i m e t r i s c h e n A u f ­ g a b e g l e i c h w e r t i g z u r S e i t e s t e l l t . D rei V orschläge m öch te ich machen, um die vorher gek ennzeichneten Aufgabengruppen der gew ü nschten Form näher zu bringen. Ich em pfehle nämlich,

1. von vornherein m it der B etrachtung der Körperform en M essungen zu verbinden und die M essungsergebnisse in L isten eintragen zu lassen,

2. für d ie H erstellu n g der K örperm odelle b estim m te M aße vorzuschreiben und am v o ll­

endeten K örper M essungen anzuschließen, 3. in beiden Fällen aus den M essungsergeb­

nissen allgem ein e E rkenntnisse zu gew innen suchen. —

Durch den ersten V orschlag sollen die U nter­

w eisun gen in der B etrachtung von Körperform en der A rbeitserzieh un g zu gän glich gem acht w erden.

Ein B e isp iel aus dem A nfang des V orbereitungs­

kurses diene zur E rläuterung:

In der K lasse w ird ein Kasten (z. B . eine Z igarrenkiste) zur B etrachtung g este llt. D ie einzelnen S eiten b retter w erden m it B la u stift n u m m eriert; darauf schreiben die Schüler in ihren H eften , der Lehrer an der W andtafel den U m riß der folgen den L iste auf.

Liste 1 : Die Bretter eines Kastens.

Brett 1 2 a 4 5

Länge .... m m m m .... m m .m m .m m Breite .m m .... m m m m .m m .m m

D ann w erden L änge und B reite der S eiten ­ bretter gem essen und die E rgeb nisse in der L iste eingetragen . Es is t leich t, entsprechende H ausaufgaben anzuschließen. So w ird zur fo lg en ­ den Stunde die A ufgabe g este llt, L än ge und B reite der S eiten w änd e a) eines Z iegelstein s, b) einer Streichholzschachtel, c) eines S eiten ­ brettchens der Z igarrenkiste zu m essen und in L isten zusam m enzustellen.

In der nächsten Stunde w ird die U nter­

suchung der Kanten des K astens b ehandelt und dazu d ie folgen d e (verkürzt w ied ergegeb en e) L iste entw orfen. (Siehe nebenstehende Tabelle.)

A ls häusliche A rb eit wird zur folgenden Stunde eine entsprechende L iste etw a für den Z iegelstein entw orfen.

Liste 2 : Die Kanten eines Kastens.

Nr.

Die Kai von

ite läuft nach

Länge Die Kante ist dieselbe

wie 1 vorn oben links vorn oben rechts m m Nr. 4

2 do. vorn unten links m m

a do. hinten oben links m m

4 vorn oben rechts vorn oben links m m Nr. 1 5 do. vorn unten rechts m m

6 do. hint. oben rechts m m

Zunächst is t klar, daß die A ufstellun g solcher L isten den Schüler zu aufmerksamer B etrachtung der L agebeziehungen zw in gt. D er w esen tlich ste V orteil dieser Behandlungsart lie g t aber darin, daß der Schüler g e n ö tig t w ird, diese L a g e­

beziehungen se lb sttä tig zu H au se an einem Körper, den er in der Hand hält, zu w iederholen und sich m it T astsinn und A u g e zu eigen zu machen.

W ährend es im A nfang son st sch w ierig ist, ausreichende häusliche B esch äftigu n g zu geben, is t es in dieser W eise m öglich, für jed e g e ­ w ün sch te Arbeitsdauer passende A ufgaben zu stellen . M einem dritten V orschlag entsprechend w ird natürlich jed e fe r tig e L iste eingehend auf ihre Z ahlenw erte hin untersucht und nach auf­

fallenden W erten durchforscht. So w ird der Schüler aus L iste 1 das E rgebnis auffinden, daß die gegenü b erliegend en S eiten w änd e g le ich e L än ge und B reite haben, und aus L iste 2 die G leichh eit der Kanten in L änge, B reite und H öhe erkennen.

D aß b ei den M essungsergebnissen einiger Schüler klein e A bw eichungen Vorkommen w erden, läß t sich unterrichtlich und erzieherisch g u t verw erten.

Auch neue B egriffe w erden dabei handgreiflich gew on nen. W ährend z. B . b eim M essen der Seiten w änd e einer Z igarrenkiste (L iste 1) S eiten ­ b rett und W andfläche b egrifflich noch n ich t von ­ einander getren nt sind, erfolgt diese Trennung, w enn die S eiten w änd e des einzelnen W an db rettes gem essen w erden. So w ird der B eg riff der Grenzfläche eines K örpers erhalten, natürlich ohne eine scharfe B egriffsbestim m u ng zu versuchen.

Einen ersten U eb ergan g in die E b en e kann man zw eck m äß ig erreichen, wenn man die A uf­

gab e stellt, einen K asten m it buntem P apier zu bekleben, also zu dem Z w eck die Grenzflächen des K astens auf dem P apier abzuzeichnen und auszuschneiden. E s en tsteh t die Forderung, V ierecke zu zeichnen, w elc h e sich m it den K asten­

flächen zur D eck u n g bringen lassen. Darauf sch ließ en sich planim etrische A ufgaben in ähn­

licher m essender und zeichnerischer Behandlung an. Darauf w erden andere Körper, z. B . Zylinder, in entsprechender W e ise verarbeitet. Man w ird sich le ich t einen G ang zu rech tlegen können, bei dem in stetem W ech sel körperlicher und ebener M essungsaufgaben die G rundbegriffe der G eo­

m etrie und ein ig e einleiten de K enntnisse an­

schaulich gew on n en w erden. —

(7)

1917. No. Di e Ve r s c h m e l z u n g v o n Pl a n i m e t r i e u n d St e r e o m e t r i e. S. iOB.

Mein zw eiter V orschlag bezieh t sich auf die M odellherstellung, und zw ar denke ich vor allem an Flächenm odelle. Ich schlage aber vor, erst dam it zu beginnen, w enn ausreichende U ebung im Zeichnen ebener Figuren vorhanden ist. Für das folgen d e B eisp iel setze ich voraus, daß die Grundkonstruktionen des D reiecks aus einfachen Stücken vorausgegangen sind und daß die Schüler gew öh n t w orden sind, die D reieck e aus Stücken m it angegebener G röße zu zeichnen und die n ich t gegebenen Stü ck e in der fertigen Figur zu m essen.

D ie Schüler der K lasse w erden in acht Gruppen g e te ilt, w elch e die A ufgabe erhalten, zu Hause quadratische Pyram iden zu kleben. D ie erste Gruppe soll als Seitenflächen g leich sch en k lige D reieck e m it der Grundseite 10 cm und dem S chenkel 10 cm w ählen, die zw e ite Gruppe D reiecke m it derselben Grundseite und dem Schenkel 15 cm, die d ritte Gruppe m it dem Schenkel 20 cm usw . m it den Schenkeln 25, 3 0, 3 5 , 4 0 , 45 cm. Es wird also eine einfache K onstruktionsaufgabe m it der K örperherstellung in V erbindung gebracht. In der folgen den Stunde w erden die Pyram iden in g u t geratenen Mustern von der stum pfen bis zur ganz sp itzen in einer R eih e au fgestellt, ein A nb lick, der sich den Kindern lebhaft einprägt. Darauf w ird zur m essenden V erarbeitung geschritten.

Liste 3: Pyramiden.

II 1 2 1 3 4

Grundseite... 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm Schenkel... 10 cm 15 cm 20 cm 25 cm Winkel an der Spitze

der Mantelfläche . . . 0 0 0 0 Winkel zwischen gegen­

überliegenden Kanten a 0

...

0 0 Höhe der Pyramide . . .... cm .cm .... cm .cm

5 6 7 8

Grundseite... 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm Schenkel... 30 cm 35 cm 40 cm 45 cm Winkel au der Spitze

der Mantelfläche . . . .0 0 0 0 Winkel zwischen gegen­

überliegenden Kanten

...

0 0

...

0 0 Höhe der Pyramide . . .cm .cm .cm .... cm D ie W in k el in der dritten R eih e der L iste w erden d irekt gem essen. Um die W in k el der vierten R eih e zu finden, w ird die entsprechende Sch nitt­

figur, näm lich das g leich sch en k lige D reieck aus zw ei gegenü b erliegend en Seiten kan ten und der D iagon ale der Grundfläche, dessen S eiten direkt gem essen w erden können, g ezeich n et und der W in k el gem essen. In dem selben D reieck w ird auch die H öhe gefä llt und gem essen. Jeder Schüler führt die M essung und H ilfszeichnung (letztere als U ebungsaufgabe im Sinne des preußischen E xtem poraleerlasses) nach seinem K örperm odell aus. D ie E rgeb nisse w erden gem ein ­ sam besprochen und in die L isten eingetragen.

So dient die A ufgabe g le ic h z e itig der Erziehung zur A rb eit nach gem einsam em A rbeitsplan, also zur A rbeitsgem einschaft. W ährend der Behand­

lung der A ufgabe w erden die B egriffe über die Lagebeziehungen an der Pyram ide, Grundfläche, Seitenfläche, Spitze, H öhe usw. gew on nen. Das E rgeb nis w ird etw a in den Satz zu sam m en gefaß t:

Je größ er die S eitenkanten der Pyram ide sind, desto kleiner sind die W in k el an der S p itze und desto größ er is t die H öhe. Von je tz t an werden die Schüler pyram idenförm ige K irchtürm e und dergl. m it v iel größerem V erständnis für ihre Körperform anschen als zuvor.

W enn in dieser W eise aus der H erstellung von K örperm odellen stereom etrische A ufgaben m it vorgeschriebenen Maßen und anschließenden M essungen am K örper und an Schnittfiguren g e ­ m acht w erden, sind die A ufgaben nicht an den Anfangskursus gebunden, sondern können auch den w eiteren geom etrisch en Lehrgang durchsetzen, in ­ dem sie überall geeign eten S toff für w irkliche Arbeitsanforderungen liefern. So kann man stets an die ebenen K onstruktionen M odellaufgaben an­

schließen. Ich deute nur ein paar B eisp iele an. So lassen sich in der U n tertertia die Parallelogram m ­ konstruktionen zu Prism enm odellen benutzen, w o ­ b ei man auch sch iefe Prism en m it te ilw e ise schief­

w in k ligen Seitenparallelogram m en n ich t vergessen w ird . Im Zusammenhang der K reislehre kann man zylindrische und k egelförm ige Körper her- stellen lassen.

Zum V erständnis des W in k els zw isch en zw ei Ebenen führt die folgen d e H erstellu n g: D ie parallele Grund- und D eck fläch e eines Körpers sollen K reissektoren m it dem Radius 5 cm und dem M ittelpu nk tsw ink el a sein, (a w ird gruppen­

w eis verschieden angegeben). D ie H öhe des Körpers sei 10 cm. Dann w erden am fertigen Körper Sehnitti'iguren parallel zur Grundfläche k o n stru ie rt; die Radien der S chnittsektoren und die B o g en w erden gem essen , letztere durch A n­

legen eines B in d fa d en s; dann w ird der S ch n itt­

sek tor als H ilfsfigur konstruiert, indem zuerst ein K reis m it dem gem essenen Radius auf Pappe gezeich n et und ausgeschnitten w ird, auf dessen U m fang durch A nlegen des Bindfadens m it der rich tigen B og en lä n g e die E ndpunkte der S ek tor­

radien bestim m t w erden. D ie M ittelpunkts­

w in k el w erden gem essen . D ie E rgebnisse der M essungen in den verschiedenen Gruppen werden zum anschaulichen Erfassen des F lächenw in kels verw ertet.

N och ein B eisp iel führe ich an, dem leich tere K egelaufgaben vorangehen müssen. E s soll ein K egel m it dem Grundkreisradius 5 cm und der H öhe 10, 15, 20 cm usw . g ek le b t w erden. D er Schüler hat zuerst ein rech tw in k liges D reieck aus dem Grundkreisradius und der H öhe als H ilfsfigur zu konstruieren, um d ie L änge der S eiten lin ie zu finden. Darauf muß er den K reis­

(8)

S. 104. Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. Ja h rg . X X III. No.

7

.

sek tor zeichnen und aussehneiden, der zum K e g el­

m antel zusam m engerollt w erden s o l l ; dabei werden die Endpunkte der Sektorradien durch A nlegen von B indfäden in ähnlicher W e ise w ie im vorigen B eisp iel gefunden. Am fertigen K egel lassen sich M essungen über den O effnungswinkel nn der S pitze anstellen, w ob ei w ied er die S ch n itt­

figur besonders konstruiert wird. D iese Her- stellüngsaufgaben über Z ylinder und K egel sind besonders g ee ig n et, die planim etrischen Begriffe der K reislehre (K reissektor, M ittelpunktsw inkel, K reisbogen usw .) zu anschaulicher K larheit zu bringen und verm itteln außerdem körperliche Anschauung.

B ei der Flächenberechm m g schließ en sich w eitere g ee ig n ete A ufgaben an, die darauf aus- gehen, Oberflächen von Körpern zu berechnen.

So kann man zur B erechnung der Dachfläche eines H auses (der P reis eines Z iegeldaches wird nach qm Dachfläche berechnet) das M odell eines einfachen D aches, etw a aus zw ei gleich schenk ­ ligen Trapezen und zw e i gleich sch en k ligen D re i­

ecken h ersteilen lassen. D aß der F lächenb e­

rechnung passend die V olum enberechnung einiger Körper fo lg t, ist von L i e t z m a n n " in seiner M ethodik hervorgehoben w orden. —

An einzelnen B eisp ielen habe ich g e z e ig t, w ie sich nach den voran gestellten drei V or­

schlägen die stereom etrische A u fgab e im V or­

bereitungskursus und im geom etrisch en Lehrgang der M ittelklassen so ausgestalten läß t, daß sie w irk liche A rb eitsgelegen h eiten für häuslichen F le iß g ib t. A ls ein e w ich tig e F o lg e sehe ich es an, daß dann die B etrachtung der Raum formen im m er w iederkehren kann und nicht während vieler Jahre aus dem U nterricht verbannt b leibt.

D och w erden m eine Ausführungen v ielleich t den Eindruck erw ecken, daß der beschriebene W e g nur für den gangbar ist, der d ie M athem atik durch Jahre hindurch em pirisch behandelt und alle E rgeb nisse durch Zeichnung und M essung erzielen w ill.

D iese B efürchtung trifft; aber n ich t ganz zu.

Zeichnung und M essung sind im planim etrischen U nterricht für b estim m te U n terrich tszw eck e w ün schensw ert, während für andere die deduktive B ehandlungsw eise angebracht ist. D ie in die M ittelklassen passenden stereom etrischen A uf­

gaben fügen sich aber fast alle den U nterrichts­

zw eck en erster A rt ein, so daß hier M essung und Z eichnung besonders stark h ervortritt. D iese A uffassung m öchte ich noch kurz begründen.

D er U nterrich tszw eck des propädeutischen L ehrgangs b esteh t so ü berw iegend in der Ver­

m ittlu n g von A nschauung, daß hier M essung und Zeichnung der d ed uktiven B ehan dlim gsw eise un­

b ed in g t vorangehen m uß, also auch b ei den ent- 5 L i e t z m a n n : Methodik des mathematischen Unterrichts. Quelle & Meyer 1916, S. 178.

sprechenden stereom etrischen A ufgaben. In der P lan im etrie wird man aber schon im zw eiten Halbjahr der Quarta zeigen, daß man aus M es­

sungen durch unerlaubte Verallgem einerungen auch falsche S chlüsse ziehen kann, und so all­

m ählich zum gedanklichen B e w eise n hinführen, das in der Tertia als n o tw en d ig e B ed in gu n g für die A ufstellun g eines neuen Lehrsatzes behandelt w ird. A ber auch dann b leib t Zeichnen und M essen für b estim m te U nterrich tszw eck e unent­

behrlich. S te ts w ird es am P latze sein, w enn neue geom etrisch e B egriffe veranschaulicht werden sollen, zu w eilen w ird es sich aber auch w ünschens­

w ert erw eisen, w enn neue Lehrsätze zuerst auf Grund von M essungen als Verm utungen ausge­

sprochen w erden sollen , b evor sie durch den deduktiven B e w eis zu allgem einer G ü ltigk eit er­

hoben w erden. D a es sich bei der Erziehung- zur Raumanscliauung auch in den T ertien in hohem Maße um die G ew innung anschaulicher B egriffe handelt, gehören die behandelten stereo- m etrischen A ufgaben in das G ebiet, auf w elchem Z eichnen und M essen, hier auch A usschneiden und F alten unentbehrlich sind. D ie Erfahrung lehrt aber, daß bei einem Schüler, der die m athe­

m atischen B egriffe in v oller A nschau lichk eit b e­

sitzt, verhältnism äßig le ich t V erständnis für die ded uk tive Behandlung erzielt w erden kann; so w erden sich dem vorigen Rahm en ohne Blühe auch einzelne deduktive stereom etrische B e w e ise einfügen lassen. Blan w ird etw a durch K ongruenz b ew eisen lassen, daß die V erbindungslinie der Spitze eines K reisk egels m it dem M ittelpunkt' des Grundkreises auf jedem Durchm esser senk ­ recht steht.

W ü nschensw ert w äre es, w en n auch A nhänger anderer m ethodischer Anschauungen Versuche m it einer B erü ck sichtigu ng stereom etrischer B e ­ trachtungen in den M ittelklassen machen würden, dam it d ie Frage der V erschm elzung in Fluß kom m t und w ir dem Z iele zustreben, dem ein­

gan gs b ek lagten U eb elstan d en tgegenzutreten.

A uf den R ealanstalten w ird d ie erforderliche Z e it stets zur V erfügung sein, zumal durch solche U ebungen der stereom etrische L ehrgang in der U ntersekunda bedeutend en tlastet w ird . A u f den Gym nasien allerdings, w o die M athem atik in den T ertien auf drei W ochenstunden beschränkt ist, w ird es kaum m öglich sein, den U nterricht durch eingefloch tenestereom etrische A ufgaben lebend iger zu gestalten . Auch dies Z iel ist am Gymnasium zur A u ssich tslo sig k eit verurteilt, w enn dort nicht in den T ertien der vierstün d ige U nterricht her­

g e s te llt wird.

Beleuchtung- und Erwärmung der Erde durch die Sonne.

Von Dx-. J o h a n n e s P e t e r s c n (Hamburg).

Die Beziehungen der Sonne zur Erde bilden nicht nur für die mathematische Geographie die wichtigsten

(9)

1917. No. 7. Be l e u c h t u n g u n d Er w ä r m u n g d e r Er d e d u r c h d i e So n n e. S. 105.

Kapitel, auch in der physischen Geographie ist kaum ein Vorgang zu nennen, der nicht auf die Sonne als letzte Ursache zurückführt. Beim Kreislauf des Wassers, bei den Winden, wie überhaupt hei allen Witterungserscheinungen, bei Meeresströmungen u. s. f., überall erkennen wir die Sonne als treibende Kraft.

Dennoch ist man von einer genauen Kenntnis der Ge­

setze der Sonnenstrahlung noch weit entfernt.

Es mögen hier einige Betrachtungen über die Grundtatsachen der Sonnenstrahlung, die mir für die Behandlung in der mathematischen Geographie in der Oberstufe beachtenswert erscheinen, Platz finden.

I. Beleuchtung.

J a h r e ss u m m e der T a g e s 1 ii n ge n.

Als wichtigste Tatsache ist zunächst anzusprechen, daß die jährliche Gesamtdauer der Sonnenbeleuchtung für alle Punkte der Erdoberfläche die gleiche, nämlich ein halbes Jahr, ist, daß also — nur nach Dauer und nicht nach Intensität gerechnet — Orte der polaren Zone im Verlaufe eines Jahres genau so lange be­

leuchtet werden als etwa Orte unter dem Aequator oder in unseren Breiten. Der Unterschied in der geo­

graphischen Breite tritt erst in der zeitlichen Vertei­

lung der Beleuchtung hervor. Während der Nordpol sein ihm zustehendes halbes Jahr Licht ohne Unter­

brechung, im Ganzen erhält, bekommen äquatoriale Orte täglich genau ihre 12 Stunden Licht zugemessen, Orte mittlerer Breiten dagegen verschieden große Mengen.

Fig. 1. Stellung der Erde a m 21. XII.

Eig. 1 veranschaulicht in ganz elementarer Weise die verschiedenen Tageslängen au zwei u m ein halbes Jahr auseinanderliegenden Tagen. Die ausgezogenen Toilo des Aequators, der Wende- und Polarkreise stellen die Projektion des halben Tagbogens der Sonne, die punktierten diejenige des halben Nachtbogens dar.

Uebor 66l/2° Breite gibt es auf der Sommerhälfte der Erdkugel keinen Nachtbogen, auf der Winterhälfte keinen Tagbogen für die Sonne mehr; am Aequator ist stets Tag- und Nachtgleiche. Nach Verlauf eines halben Jahres sind die Nachtbögcn an die Stelle der Tagbögen getreten. Die Tageslängen je zweier um

l / 2 Jahr auseinanderliegender Tage betragen also zu­

sammen 24 Stunden. In der Jahrcssummo betragen die Tageslängen demnach überall '/2 Jahr.

Dasselbe Resultat ist aus den Sätzen der sphäri­

schen Trigonometrie herzuleiten. Es gilt für die halben Tagbögcn (¿) die Formel: cos t — — tgip-tgd. Für einen i/ 2 Jahr späteren Tag kann allgemein — unge­

rechnet ganz geringer Ungenauigkeit — an Stelle von d

dessen negativer Wert (— ö) gesetzt werden.

• cos Q = — tg cp • tg ö

cos l., = — tg cp • tg (— <5)

cos (i, -f- t2) —1 (nach dem Addi­

tionstheorem für cos.)

t[ -}- I., = 180° = 12 Stunden.

Für die S u m m e der ganzen Taghögen zweier solcher Tage hrgibt sieh somit 24 Stunden und für die jährliche Gesamtsumme aller Tagoslängon ein halbes Jahr.

A b h ä n g i g k e i t der Tagcsliingc v o m B e o b ­ a c h t u n g s o r t u n d v o n der Jahreszeit,

Die einzelnen Tageslängen sind nun nach Jahres­

zeit und Beolmchtungsort verschieden, sic sind aus der oben benutzten Formel cos ¿ = — tg cp ■ tg d zu be­

rechnen. Eine kurze Diskussion der Formel zeigt die Gesetzmäßigkeit der Abhängigkeit. Bei gleichen Vor­

zeichen von cp und <5 wächst der Tagbogen mit der geographischen Breite und mit der Sonnendeklination und zwar mit der Tangensfunktion beider Größen.

Das ist besonders für. 7?, dessen Werte zwischen 0° und 90° variieren, wichtig, denn danach muß die Tages­

dauer in höheren Breiten sehr schnell zunchmen. Die durch das Wachsen von ö bedingte Zunahme geht gleichmäßiger vor sich, da <5 hei 2 ä l/ 2 ° seinen Maxi­

malwert erreicht. Bei entgegengesetzten Vorzeichen .von cpund ö (auf der Nord-Halbkugel im Winter) nimmt die. Tagesdauer ab mit wachsender Breite und Deklination. Die Grenzfällc {cp = 0 und <5 = 0) ergeben beide cos< — 0, also ¿ = 6*, für die ganze Tagcsliingc 1 2A, d. h. 1) cp = 0 am Aequator ist die Tagesdauer

stets 1 2*, also stets sind Tag und Nacht gleich lang.

2) <5 = 0 am 21. III. und

am 23. IX. beträgt die Tägesdauer für jeden Punkt der Erde 12 *. Der größte Wert für ¿(< = 180 °) wird, erreicht für — tg cp

tg <5 = — 1 d. i. für 7> = 90° — <5. Die Tages­

dauer von 24* wird also erreicht, wenn die geo­

graphische Breite des Be­

obachtungsortes und die Sonnendeklination sich zu 90° ergänzen :

für (5= 0° in = 900 für <5= 10° in <p = 80«

für ö = 2 3 '/2uinip= 66i/20. In niederen Breiten als GGl/ 2° nicht mehr.

Ein gutes übersichtliches Bild dieser Verhältnisse vermittelt die graphische Darstellung. Die Beziehung cos t — — tg cp • tg 3 gibt t als Funktion von 2 Vari­

ahelen, sie m u ß also durch eine Fläche dargestellt werden. Wir tragen in einem rechtwinkligen räum­

lichen Koordinatensystem auf der ersten Achse die geographische Breite, auf der zweiten die Sonnen­

deklination ab und benutzen die dritte Dimension zur Eintragung der Tagbögen. Die Gesamtheit aller durch die Koordinaten {cp. <5, ¿) bestimmten Punkte stellt die gewünschte Fläche dar, die dann in der Art der geo­

graphischen Höhenschiehtkarto auf die Ebene proji­

ziert wird. Unter der Bezeichnung „Isoplethendia- gramm“ hat diese Darstellungsweise besonders in der Meteorologie Verbreitung gefunden.

Sehr deutlich treten auf diesem Diagramm die geriuge Schwankung der Tagesdauer in niederen Breiten

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S. 106. Un t e r r i c h t s b l ä t t b r. Jah rg . X X H I. No. 7.

sowie die große Veränderlichkeit in höheren Breiten hervor.

Unberücksichtigt blieben bei diesen Betrachtungen:

der Sonnendurchmesser, die Horizontalrefraktion und die Dämmerung, die sämtlich die Tageslänge ver­

größern. Die Wirkung der beiden letzten Faktoren nimmt mit wachsender Breite zu.

It. Pot + iö

rtiohatr i i ;i£ ? s

i i i i i.

' s-ö

Fig. 2. Diagramm der Tageslängen.

II. Erwärmung.

Für die Erwärmung der Erdoberfläche kommt hier nur die durch direkte Sonnenbestrahlung zugeführte W ä r m e in Frage, denn die durch die innere Erd­

wärme zugeführte Menge wird höchstens auf 0,1 °/0 ge­

schätzt. Ebenso erreicht die von anderen Gestirnen als reflektiertes Sonnenlicht zu uns gelangende W ä r m e nur einen ganz geringen, hier nicht in Rechnung zu ziehenden Betrag. Des weiteren können wir unbe­

rücksichtigt lassen, daß die Sonne nicht im Mittel­

punkt der Erdbahn steht, denn im Perihel wird nur

!/15 mehr W ä r m e zugeführt als im Aphel. Die täg­

liche Wärmezufuhr ist dann nur noch abhängig von der Sonnenhöhe, von der Tagosdauer und von der A b ­ sorption in der die Erde umgebenden Lufthülle. Be­

trachten wir zunächst die an der oberen Grenze der Atmosphäre zugoführtc Wärmemenge, ohne die A b ­ sorption in der Luft zu berücksichtigen.

Es sei W die AVärmemengc, die bei stets senk­

rechtem Strahleneinfall im Verlaufe eines ganzen Tages der Flächeneinheit durch Sonnenstrahlung zugeführt würde. Bei schrägem Strahleneinfall ändert sich diese Menge — wie bekannt — mit dem cos. des Einfall­

winkels (o), d. h. mit dem Sinus der Sonnenhöhe (h).

Im Zcitteilchen dt beträgt dann die zugefuhrte Strahlen­

menge (die):

, ... dt . dl

du- = (f cos « ■ ■ = 11 sin h • ——

2 .7 2,-i

dt und die Tagosdauer von 24" sollen durch die zu­

gehörigen Bögen des Stundenkreises ausgedrückt werden. Nach den Sätzen der sphärischen Trigono­

metrie ist nun :

sin h = sin d • sin q -f- cos <1 • cos <p • cos t

und demnach

di r — W (sin <5 • sin tp -j- cos 4 • cos q ■ cos /).

Die Sonnendeklination (ö) ist für einen Tag als konstant anzusehen. Für einen Punkt der Erde ist also die nur von t abhängig. Die insgesamt zugeführte

Strahlenmenge (w) von Sonnenaufgang bis Sonnen­

untergang ergibt sich als S u m m e der die, d. i. das Integral:

'o /• W

■ir = / -— (sin d • sin <p -(- cos (5 • cos q> ■ cos t) dt

kJ * X

wobei t0 den halben Tagbogen der Sonne bedeutet, der aus der oben diskutierten Formel cos t0 =

— tg y • tg <5 zu errechnen ist. Das Integral ergibt als Lösung:

w — — (sin <5. sin W <p ■ t04- cos 5 • cos q> sin t0).

Zur rechnerischen Auswertung dieser Lösung be­

nötigen wir JF, d. i. die bei stets senkrechtem Strahlen­

einfall pro qcm in 24" zugestrahlte Wärmemenge. Für 1 Minute wird diese Menge heute auf 2,1 (kleine) K a ­ lorien geschätzt (Sonnenkonstante, deren von L a n g l ey 1884 bestimmter Wert von 3 Kal. ist seit 1908 durch den wahrscheinlicheren Wert von 2,1 Kal. ersetzt). W ist demnach gleich 2,1 24 • 60 Kal. = 3024 Kal. Wir er­

halten durch Rechnung folgende Worte:

I. d = 0, a m 21. III. und 23. IX.

y QQ 23V2Q 66V g° 90°

io 965 Kal. 880 Kal. 385 Kal. 0

Fig. 3. Wärmemengen pro qcm in 24h.

Das Ueberraschendste dieser Zahlen ist die Tat­

sache, daß am 2 1. Juni der Nordpol (wie am 21. De­

zember der Südpol) stärkere Bestrahlung empfängt als irgend ein anderer Punkt der Erde (38°/0 mehr als der Aequator). Aus weiteren Berechnungen1 ergibt sich, daß dieses Uebergewieht jo 28 Tage vor und nach der Sonnenwende vorhält, daß also der Nordpol vom 25. Mai bis 19. Juli (Südpol vom 25. November bis 17. Januar) der stärkstbestrahlte Punkt der Erde ist.

Daß in hohen Breiten die geringere Sonnenhöhe im Sommer durcli die längere Tagesdauer mehr als ausgeglichen wird, ist schon vor mehr als 100 Jahren

1 C. W i e n e r , in der Zeitschrift d. Oesterreich. Ges. fiir Meteorologie 1879, S. 113.

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