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Aerztliche Sachverständigen-Zeitung, 8. Jg. 15. Mai 1902, No 10.

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(1)

Die „ A e rz tlic h e S ach v e rstttn d lg c n .Z e itu n g u e rs c h e in t monat* A J ^ A lle M a nu sk rip te, M itth eilu n g en u n d red a k tio n e lle n A n fragen lie h zw eim al. D u rch je d e s d e u tsch e P o stam t w ird d ieselb e i B y v — ^ I b e lie b e m an zu se n d en an Dr. F. L e p p m a n n ) B e rlin NW .,

zum P re ise von Mk. 5.— v ie rte ljä h rlic h (M. 4.94 f ü r die Sach . I I I 1 ^ ■ I W ik in g e r-U fe r No. 1. K o rre k tu re n , R ezen sio n s-E x em p lare,

v e rstä n d ig e n .Z e itu n g , 6 P f. f ü r B estellg eld ) fre i ine H au s I [ j | | ^ | | ^ J S o n d e rab d rü c k e an die V erlag sb u ch h and lu n g , In se ra te und

g e lie fe rt. (P o s t-Z e itu n g s-P re isliste No. 34). B eilagen a n die A nnon cen -K x p ed itio n von ltu d o lf Moese.

Sachverständigen-Zeitung

Organ für die gesammte Sachyerständigentliätigkeit des praktisclien Arztes sowie für praktische Hygiene und Unfall-Heilkunde.

R e d a k tio n :

Dr. L. Becker Dr. Braehmer Dr. Florschütz Dr. Fürbringer Dr. Haug Dr. Kionka Dr. Kirchner Dr. A. Leppmann

G eh .M ed .-R ath G e h .S a n .-R a th G otha. G eh .M ed .-R a th u .P r o f. P ro fesso r P ro fesso r G eh. Ob.-Med.-R. u. P rof. M ed.-R ath.

B e rlin . B e rlin . B e rlin . M ünchen. J e n a . B erlin . B e rlin .

Dr. von Liszt Dr. Loebker Dr. Ostertag Dr. Puppe Radtke Dr. Roth Dr. Silex Dr. Stolper Dr. Windscheid

G e h .J u st.-R a th u . Prof. P ro fesso r P r o fe sso r P riv.-D oz. u. G erich tsa rzt K a iserl. R e g .-R a th R e g .-u .G e h .M e d .-R a th P rofessor B re s la u . Pro fesso r

B e rlin . B ochum . B e rlin . B e rlin . B e rlin . P o tsd am . B e rlin . L eip zig . Dr. F. Leppmann - Berlin.

V e r a n t w o r t l i c h e r R e d a k t e u r .

V e r l a g v o n R i c h a r d S c h o e tz , B e r li n , NW ., L u i s e n s t r a s s e No. 36.

VIII. Jahrgang 1902.

Jfä 10

. Ausgegeben am 15. Mai.

In h a lt:

Originalien: F l o r s c h ü t z , Statistik. S. 193.

R o s e n b la th , Neurasthenie hervorgerufen durch Einathmung von Xylol-Dämpfen. S. 197.

L i t t e r s k i , Ein in der Geschichte kaum dagewesener Fall von Strychnin-Vergiftung und Tod, nämlich eines katholischen Geist­

lichen am Altäre. S. 200.

Hey m a n n , Die Anmeldepflicht der praktischen Aerzte. S. 203.

Referate: Sam m elbericht. R o th , Gewerbohygienische Rundschau. S. 205.

C hirurgie. M ohr, Isolirter Fascienriss des äusseren schrägen Bauch­

muskels. S. 207.

de Q u e r v a in , Ueber subkutane interperitonealeNierenverletzung.

S. 207.

R o b in so n , Zerreissung der Harnröhre mit Bruch des Beckens und Beschädigung der Saferainerven. S. 208.

Neurologie und Psychiatrie. N is s l, Hysterische Symptome bei einfachen Seelenstörungen. S. 208.

Hygiene. S c h ü m a n n , Die Verunreinigung der öffentlichen Gewässer zu Berlin. S. 208.

Gerichtliche Entscheidungen: Aus dem R e ic h s - V e r s ic h e r u n g s a m t:

Zeitdauer zur vollständigen Gewöhnung an den Verlust eines Fingergliedes. S. 209.

Bücherbesprechungen: G ö tz e und S c h in d le r , Taschen-Kalender zum Gebrauche bei Handhabung der Arbeiterversicherungsgesetze. — Zur Besprechung eingegangen. S. 210.

Tagesgeschichte: Geisteskrankheit und Laienurtheil. — Der Gesetz­

entwurf über die Gebühren der Medizinalbeamten. — 74. Ver­

sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad. — Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder.

S. 210.

Statistik.

V o n

Dr. Florschütz-Gotha.

N o n so lu m n u m era n d a e, sed e tia m p erp en d en d a e su n t o bservationes.

M orgagn i.

Die Statistik erfreu t sich in der m edizinischen W issenschaft nicht des u nbestrittenen Ansehens, das ihr gleich jed em an deren Hiltszweig der m edizinischen F orschung ohne E inschränkung zusteht. J a es finden sich U rtheile in der L iteratur, die, wie z. B.: m it der Statistik lässt sich Alles bew eisen — Statistics can be m ade to prove anything — la Statistique se rend, comme une fille publique, au prem ier venu — ihr nicht nur den w issenschaftlichen C harakter bestreiten, sondern sie auch zur feilen D irne erniedrigen, die für Je d e n und Alles zu haben ist. Und doch, so vernichtend diese U rtheile sind, am W enigsten überraschen sie den Statistiker vom F ach e selbst. Muss er doch tagtäglich m it ansehen, wie „S tatistik“ allerw ärts „ge­

m a ch t“ wird, aber er verw ahrt die Statistik dagegen, dass ihr in die Schuhe geschoben wird, w as lediglich denen zur Last fällt, die sich ihrer, ohne auch nur ihre elem en tarsten Begriffe zu kennen, bedienen, um m it ih rer Hilfe sogenannte W ah r­

heiten abzuleiten, die sie bei der U nw issenschaftlichkeit der angew andten M ethode niem als sein können und sich deshalb oft genug in das gerade G egentheil v erkehren lassen. Es w ürde um den Ruf der Statistik w ahrlich gut bestellt sein, w enn diese „S tatistiker“ aus der G eschichte der Statistik nur das

Beispiel kännten und beherzigten, das ihnen der französische S tatistiker und Mediziner B o u i l l a u d gegeben hat, der bei einer Arbeit ruhig die F eder m it den W orten niederlegte: ,,Je ne possede pas pour mon compte tous les elem ents n ecessaircs“

— und diese nothw endigen U nterlagen, wie W enige von denen, die S tatistiken je aufstellten, haben sie besessen, wie W enige haben sich überhaupt darum geküm m ert und küm m ern sich noch heute darum.

Die Statistik zählt nicht zu den exakten W issenschaften;

sie kann sich m it dem E xperim ent selbst niem als m essen.

Die Sicherheit, mit der wir bei ihm den gleichen V orbedingungen genau dieselben R esultate und m it unerlässlicher Nothwendig- keit stets folgen sehen, geht ihr ab. Ihre V orbedingungen, die G rundursachen, mit denen sie zu rechnen hat, sind nie­

m als g leich ; sie sind eine Zusam m enfassung der verschiedensten F aktoren, von denen je d e r einzelne w ieder in seiner Stärke unendlich variirt. Nach dem U eberwiegen des einen oder des anderen F aktors m uss sich aber auch die Folgew irkung ändern.

Und doch kom m en ihre endlichen R esultate denen des E xperi­

m ents w ieder so nahe, dass sie diesen fast gleichgesetzt w erden können, w enn nur eine genügend grosse Anzahl von F ällen zusam m engefasst und der Beobachtung unterw orfen werden-, denn dann tritt eine Kom pensation u n ter den einzelnen F aktoren d erart ein, dass alle die m öglichen V eränderungen in enge Grenzen eingeschlossen w erden, die sie nicht über­

schreiten. Der aber in diesen G renzen festgelegte W erth

(2)

n äh ert sich dem w irklichen W erth der beobachteten E rscheinung so, dass er diesem gleich e rach tet und in Rechnung gesetzt w erden kann.

Den besten Beweis für die Sicherheit der statistischen Be­

rechnung giebt das Blühen der L ebensversicherung; sie ist lediglich eine Tochter der Statistik, sie ist ab er auch die P flanzstätte gew orden, in der die Statistik eine Pflege und einen Ausbau gefunden hat, wie sonst nirgends. Ein kurzes Eingehen auf die Art und W eise, wie sie statistisch arbeitet, leh rt auch am Besten, woran die m eisten u n serer m edizini­

schen S tatistiken kranken.

Das erste und absolut nothw endigste E rforderniss der L ebensversicherung ist eine zuverlässige Sterblichkeitstafel;

denn nur, w enn sie vorher auf das G enaueste von der S terb­

lichkeitsgefahr u n terric h tet ist, w elche ihr in jed em L ebens­

alte r ih rer V ersicherten droht, kann sie das m it der V er­

sicherung eines A ntragsstellers übernom m ene Risiko durch ein G eldäquivalent, die berechnete Präm ie, decken. Eine solche Sterblichkeitstafel herzustellen, ist theoretisch ein höchst ein­

faches D ing; m an h a t nur zu beobachten, wie viele in jedem L ebensalter von einer gew issen, m öglichst grossen Anzahl Lebender, w elche in dieses A lter ein treten , im Laufe desselben sterben. Ist dies geschehen und dam it für jed es Alter der Sterblichkeitsquotient bestim m t, so ergiebt sich daraus von selbst die Sterblichkeitstafel — sie giebt an, wie viele von ein er gew issen Anzahl G leichaltriger in jedem folgenden L ebensjahr m it dem Tode abgehen, bis Alle gestorben sind, und aus ihr lässt sich dann für jed es beliebige A lter die fernere erw artungsm ässige, durchschnittliche L ebensdauer ab­

leiten und überhaupt je d e F rag e beantw orten, w elche sich au f die L ebenserw artung bezieht.

Aber das R echenexem pel ist nur scheinbar ein einfaches, denn wo findet sich eine grosse Bevölkerung in einem solchen B eharrungszustande, dass m an diese Beobachtungen ungestört anstellen, wo der Beobachter, der durch die vielen Ja h re hindurch die L ebensschicksale von so vielen T ausenden genau beobachten und verfolgen könnte. Die Todten freilich sind im m er leicht zu zählen, aber die Zahl der Lebenden genau festzustellen, u n ter w elchen die in diesem Lebensabschnitt vorgekom m enen Todesfälle ein g etreten sind, ist geradezu unm öglich. W ie viele M enschen im Ablauf eines Ja h re s sterben und wie alt je d e r G estorbene am Tage seines Todes w ar, das stellt heutigen Tags je d es Standesam t fest und haben von A lters her die K irchenbücher festgestellt, aber nicht die F orderung des an d e ren Theils der Rechnung, n äm ­ lich die Zahl derjenigen, w elche im betreffenden A ltersjahr in dein K reise der Beobachtung lebten, sowie die Zahl derjenigen, w elche w ährend dieses Jah re s aus dem K reise der Beob­

achtungen au straten und von aussen in diesen ein g etreten sind. Und hier kann auch eine Volkszählung nichts nützen.

D enn diese bestim m t nur für e i n e n T ag die Zahl der lebenden P erso n en jed es Alters, nicht die Zahl aller der in das be­

treffende A ltersjahr w ährend des B eobachtungsjahres eintreten- den Lebenden, w ährend die Sterbefälle, die in R echnung g e­

stellt w erden sollen, sich über das ganze J a h r erstrecken.

Sollen daher solche Beobachtungen angestellt w erden, so m üssen sie, w enn sie brauchbar sein und zu einer zuverlässigen Sterblichkeitstafel führen sollen, an einem M aterial angestellt w erden, das in seiner Z usam m ensetzung nach Lebenden und Todten für jedes L eb en salter durchaus bekannt ist. U eber ein solches M aterial verfügen ab er im W esentlichen nur die L ebensversicherungsanstalten in ihrem V ersicherungsbestande und dieses ist es denn auch, w elches heute allein die Sterblich­

keitstafeln liefert, m it denen die einzelnen A nstalten arbeiten und zu so hoher Blüthe gekom m en sind.

194 No. 1 0.

Doch sind diese Sterblichkeitstafeln erst die E rru n g en ­ schaften der n eu eren Zeit, die L ebensversicherung aber be­

steh t seit m eh r denn 100 Jah ren . Sie h at sich viele Ja h re hindurch u n te r allen m öglichen K autelen m it jninderw erthigen Tafeln behelfen m üssen, deren b ek an n teste die von H a l l e y gew esen ist und so konstruirt w ar, dass H a l l e y zunächst die innerhalb 4 Ja h re in einer S tadt (Breslau) vorgekom m enen Sterbefälle zählte, ohne nach den einzelnen L ebensaltern die Zahl der L ebenden zu kennen, u n te r denen diese Sterbefälle vorge­

kom m en w aren. E r nahm dann einfach an, dass die Be­

setzung der einzelnen A ltersklassen m it Lebenden eine der Zeit nach unveränderliche sei, und dass m an daher die Zahl d er Lebenden, w elche die einzelnen L ebensjahre in dem fra g ­ lichen Beobachtungsbereiche passirten, der Summe aus den Sterbefällen für alle folgenden A ltersstufen gleichsetzen könne.

Natürlich existirt eine solche K onstanz in der A ltersbesetzung niem als; schon die einfache Thatsache, dass die G eburten die Sterbefälle stets übertreffen und so ein rasches W achsen der Bevölkerungsziffer sta tt hat, lehrt, dass die Zahl D erjenigen, w elche innerhalb eines K alenderjahres irgend ein bestim m tes L ebensalter erreichen, grösser sein m uss, als die Gesam m t- sum m e der Sterbefälle desselben K alenderjahres aus allen höheren A ltersstufen. Die Zahl der Lebenden, die H a l l e y supponirte, m usste daher stets eiue viel zu niedrige, die von ihm gefundenen Sterblichkeitsprozente in Folge dessen zu hohe sein, seine Sterblichkeitstafel endlich ein viel zu rasches Ab­

sterben anzeigen. Und das w aren denn auch die E r­

fahrungen , die die L ebensversicherungs - G esellschaften in den früheren Jah rzeh n ten m achten und sie nötliigten, sobald als irgend möglich m it dem H a l l e y ’schen System zu brechen und au f eigene F üsse zu kommen.

Nicht so die m edizinische Statistik; sie h a t trotz der offen­

sichtlichen M ängel sich bis heute noch nicht von der H a l l e y ’ schen Methode loszureissen gew usst und so operirt sie so gut wie im m er auch heute noch nur m it Sterbefällen, kümme r t sich ab er noch w eniger, als H a l l e y , um die Zu­

sam m ensetzung der Lebenden, au f die sich die Sterbefälle b e­

ziehen. D er von der L ebensversicherung im m er und im m er w ieder gepredigte S a t z , dass Sterblichkeitserfahrungen nur dann einen W erth haben, w enn für je d e s einzelne L ebensalter der Personen, au f die sie bezogen w erden sollen, das Sterbe- v erhältniss festgesetzt wird, ist fast ganz spurlos an ihr v o r­

übergegangen und daher denn auch die schiefen S tatistiken und U rth e ile , die unsere L iteratur im m er w ieder von Neuem zeitigt.

W ie falsch solche Statistiken in ihren R esultaten aber ohne W eiteres sein m üssen, m ag ein grobes, aber alltäglich zu beobachtendes Beispiel zeigen.

Die L eb ensversichernngs-G esellschaften Gotha, Victoria und S tu ttg art kom m en sich hinsichtlich der Personenzahl ihres V ersicherungsbestandes sehr nahe. Gotha h a tte im G eschäftsjahr 1900: 94 363, Victoria 8 8 663, S tu ttg art 82 022 V ersicherte.

Wie der G eschäftsbericht für 1900 w eiter angiebt, verlor d a­

von durch Tod: Gotha 1848, S tu ttg art 1150, Victoria 632 P e r ­ sonen. W ürden nun diese Sterblichkeitszahlen — und bei den gen an n ten Statistiken geschieht das im m er — m it den nackten Zahlen des V ersicherungsbestandes in V ergleich gesetzt und die so gefundenen Sterblichkeitsprozente als M assstab für den m ehr oder w eniger günstigen V erlauf der Sterblichkeit bei diesen A nstalten genom m en, so w ürde das auf die ärztliche Auslese u n te r den V ersicherten von Gotha ein sehr schlechtes L icht w erfen. Aber nichts w äre v erk eh rter als das. Es hiesse das nichts Anderes, als bei diesem R echenexem pel das erste und grundlegende N aturgesetz der Sterblichkeit elim iniren, näm lich das Gesetz, dass die W iederstandskraft des m ensch­

A e r z t l i c h e S a c h v e r s t ä n d i g e n - Z e i t u n g .

(3)

15. Mai 1902. A e r z t l i c h e S a c h v e r s t ä n d i g e n - Z e i t u n g . liehen Lebens gegen die dasselbe zerstörenden Einflüsse nicht

in allen Stadien seiner D auer dieselbe ist, sondern in Ab­

hängigkeit von dem Alter desselben steht, oder m it anderen W orten, dass die G efahr zu sterben — abgesehen von den ersten 10— 14 Ja h re n — m it dem fortschreitenden A lter zu- nimmt, zunächst langsam , aber von etw a dem 55. Lebensjahre an in rascher Progression bis zu der äussersten L ebensgrenze steigt. D araus ergiebt sich aber, dass, w enn die Sterblichkeit nach deii verschiedenen L ebensaltern verschieden ist, die Zu­

sam m enfassung der Todesfälle aus allen A ltersklassen in direkter A bhängigkeit stehen m uss von dem num erischen Ver- hältniss, in w elchem die verschiedenen A ltersstufen mit P e r­

sonen besetzt sind. Das Sterblichkeitsverhältniss wird um so höher ausfallen, je stärk er die B esetzung der A ltersklassen mit höherer Sterblichkeit ist, es wird um so niedriger sein, je stärk er die A ltersklassen von g erin g erer Sterblichkeit besetzt sind, und wie die drei A nstalten der A ltersbesetzung nach 1900 sich verhielten, zeigen diese K urven:

Gotha.

Victoria.

Stuttgart.

Gotha m usste nothw endiger W eise eine andere und höhere Sterblichkeit haben als Stuttgart, und diese wieder eine andere und höhere, als Victoria, weil eben die Sterblichkeitsziffer sich änd ern muss, w enn die Frequenz der A ltersklassen sich ändert; sie m uss steigen, w enn die A ltersklassen mit höherer Sterblichkeit stärk er besetzt sind, sie m uss m it schw ächerer Besetzung dieser K lassen fallen.

Natürlich lässt sich diese Abhängigkeit der Sterblichkeit von den einzelnen L ebensaltern und ih rer B esetzung auch durch die Todesursachen ohne W eiteres erw eisen, denn, w enn es sich so verhält, so m uss Gotha nothgedrungen auch die

m eisten Todesfälle an den K rankheiten haben, die vorw iegend den höheren Altern eigen sind, z. B. an den K rankheiten der Zirkulationsorgane (Arteriosklerose) und Krebs. Und hier die Zahlen der Todesfälle, die an diesen K rankheiten für das Ja h r 1900 die drei G esellschaften aufw eisen:

K rankheiten der Zirkulationsorgane: Victoria 74, S tu tt­

gart 208, Gotha 510 Todesfälle.

Krebs: Victoria 80, S tu ttg art 120, Gotha 228 Todesfälle.

Im Sinne der Carcinom zählung für das deutsche Reich freilich w ären die letzteren Zahlen so zu interpretiren, dass der V ersicherungsbestand von Gotha ganz m it Krebs durch­

seucht sei, w ährend unter den V ersicherten der Victoria sich eine auffallende Im m unität geltend mache.

Aber deshalb ist es im m er falsch, w enn die Todesfälle einer L ebensversicherung, eines Landes, in direkten Vergleich zu der nackten Zahl der V ersicherten, der Einwohnerzahl, ge­

setzt w erden.

Und das ist nur e i n Beispiel; es Hessen sich noch andere geben, denn die Sterblichkeit richtet sich nicht nu r allein nach dem Alter, sie richtet sich auch nach den w ir ts c h a f t­

lichen K reisen der Bevölkerung, den Berufen, dem Geschlecht u. a. und auch daraufhin m uss der V ersicherungsbestand noch untersucht w erden, bevor ein abschliessendes U rtheil möglich wird, ob die eine A nstalt eine höhere Sterblichkeit h at als die andere, ob die Sterblichkeitsziffer einer Stadt, eines Landes, t a t ­ sächlich eine abnorm hohe ist oder nicht. Es erübrigt des Nä­

heren, hier noch d arau f einzugehen. Zw eckm ässiger erscheint es mir, eine nach den B e r u f e n durchgearbeitete Statistik mitzu- theilen, die neben ihrer Methode das In teressan te bietet, dass sie unseren eigenen B eruf zu dem der L ehrer und der Geistlichen in P arallele stellt. Sie ist allerdings nicht neu, sondern ledig­

lich ein Auszug aus den g rösseren M onographieen, die P ro ­ fessor Dr. K a r u p und Dr. Go l i m e r (Gotha) über diese Be­

rufe nach den E rfahrungen der G othaer Bank in den Co n - r a d ’schen Jahrbüchern veröffentlicht haben. Doch sind diese m ustergiltigen Arbeiten w eiteren K reisen nicht so bekannt gew orden, als sie unbedingt verdienen.

T a b e l l e I.

Sterblichkeit ohne Unterscheidung der Versicherungsjahre nach den Grundbeobachtungen.

XtrrbliolikeilKprozi'iitsiitzfc für 1 Jahr Zugehörige Sterbefälle

A lte r

Allge­

m eine Bank­

e rfah ­ rung, Männer

Aerzte E van­

ge­

lische Geist­

liche Ele- men- tar- lehrer

Gym­

nasial­

lehrer Allge­

meine Bank­

erfah ­ rung, Männer

Aerzte E van­

ge­

lische G eist­

liche Eie­

rn en- ta r- leh rer

Gym­

nasial­

le h re r

1829 bis 1878

1829 bis 1885

1829 bis 1886

1829 bis 1890

1829 bis 1890

1829 bis 1878

1R29 bis 1885

1829 bis 1886

1829 bis 1890

1829 bis 189H

26— 3 0

7"

! 0 ,5 8 0 ,8 6 0 ,3 4 0 ,4 4 0 ,5 6 237 23 9 50 25

3 1 -3 5 0 ,6 6 1 0 ,7 5 0 ,5 0 0 ,5 6 0 ,3 6 647 39 32 108 29 3 6 -4 0 0,82 ! 1,10 0 ,5 6 0,61 0 ,5 7 1153 74 57 144 56 4 1 -4 5 1,01 1,21 0,72 0 ,8 7 0 ,7 7 1582 87 88 2 1 0 75 4 6 -5 0 1 ,3 6 ! 1,29 0 ,8 5 1,15 1,17 2008 86 104 249 1 0 0

5 1 -5 5 1 ,8 9 2,39 1.42 1,51 1 ,4 6 2417 138 165 277 99 5 6 -6 0 2 76! 3,oi 2,25 2,34 2,24 2761 136 239 346 1 2 0

61—65 4,11 4 ,3 7 3 ,3 9 3 ,7 6 3,48 2843 146 300 402 139 6 6 -7 0 6 ,3 5 6,99 5,99 5 ,7 0 5,83 2672! 144 376 383 155 71—75 9,19 9,75 8,73 8,82 8,52 1953 1 0 1 323 310 127 7 6 -8 0 1 3 ,3 2 13,49 1 3 ,7 9 1 3 ,7 4 11,64 1104 57 225 2 0 1 78 81—85 1 9 ,6 0 13,39 21,46 1 9 ,2 7 2 0 ,3 1 459 15 97 85 36 86—90 29,13 38,71 30,61 25,74 2 8 ,5 7 104 6 15 13 6

Summe 19940 1052 j 2030 I 2778 1015

Zu belle I

den einzelnen Tabellen ist zu bem erken, dass in Ta- zunächst die Prozentsätze nach den Grundb’eobachtuu-

(4)

196 A e r z t l i c h e S a c h v e r s t ä n d i g e n - Z e i t u n g . No. 10.

gen, also ohne jede Ausgleichung und ohne Rücksicht darauf, ob die V ersicherten die A lter nach kürzerer oder län g erer V ersicherungsdauer zurückgelegt h aben, für jed en der vier Berufe angegeben w erden; zur V ergleichung wird der Prozent­

satz für die Sterblichkeit der in den Ja h re n 1829— 1878 bei der G othaer Bank v ersich ert gew esenen M änner m itgetheilt.

Dam it Je d e r in der L age ist, zu beurtheilen, ob die Höhe des Prozentsatzes w egen schw acher B esetzung der Altersklasse au f Zufälligkeit beruhen k an n (wie z. B. d er Prozentsatz 13,39 für die Aerzte von 81— 85 Jahren), wird in Tabelle I auch die Zahl der Sterbefälle, aus denen der Prozentsatz b erechnet ist, angeführt. W egen dürftiger Besetzung einzelner L ebens­

ja h re der V ersicherten desselben Berufes sind die V ersicherten in Gruppen von je 5 Ja h re n eingetheilt; die erste Gruppe um fasst die V ersicherten, die zu Anfang des Ja h re s im Alter von 26—30 (genauer 2572—30l/2) Ja h re n standen, die zweite die V ersicherten im L ebensalter von 31— 35 Ja h re n u. s. w.

Der bei der einzelnen Gruppe angegebene Sterblichkeits-Pro­

zentsatz kann m it genügender A nnäherung auf das in der Mitte liegende L ebensjahr bezogen w erden, der Satz für 2 6 —30 also au f das 28. L ebensjahr, der für 31 — 35 au f das 33. Lebensjahr.

Da säm m tliche V ersicherte bei ihrer Aufnahme von einem Arzt untersucht und gesund befunden sein m üssen, ist ihre Sterblichkeit in den ersten V ersicherungsjahren geringer als die allgem eine Sterblichkeit der gleichen B erufsklasse. Nach der E rfahrung der G othaer Bank wird sie im V erhältniss zur D urchschnittssterblichkeit säm m tlicher V ersicherungsjahre im 1. V ersicherungsjahr um etw a 32 Prozent, im 2. und 3. um etw a 10 Prozent, im 4. und 5. um ein G eringes herabgedrückt.

Vom 6. V ersicherungsjahr ab m acht sich ein Einfluss der ärzt­

lichen Auswahl fast nicht m ehr bem erkbar und so dürfen wir die Sterblichkeits-Prozentsätze, w elche a u f Grund der E rfah ­ rungen nur des 6. und der späteren V ersicherungsjahre be­

rechnet sind, als ungefähre S terblichkeitsw ahrscheinlichkeiten für die nicht versicherten A ngehörigen eines Berufs betrachten.

In Tabelle II sind die nach Ausscheidung der ersten 5 V ersicherungsjahre und m it Hilfe einer A usgleichung e r­

langten Sterblichkeits P rozentsätze für je ein J a h r angegeben.

Dort findet sich auch die m ittlere L ebenserw artung für die B erufsgenossen des gleichen Alters, d. h. die Zahl von Jah ren , w elche sie im D urchschnitt noch zu durchleben haben.

In Tabelle III sind die Sterblichkeitsverhältnisse nach T odesursachen zusam m engestellt. Als rechnungsm ässige Zahl der Sterbefälle ist dort diejenige angegeben, w elche nach der allgem einen B ankerfahrung aus den Jah ren 1829 1878 für M änner bei einer G ruppirung des gesam m ten M aterials (der allgem einen B ankerfahrung und der für die einzelnen Berufe gefundenen Ergebnisse) nach fünfjährigen A ltersklassen zu erw arten w ar. In der Tabelle erscheinen jedoch nur die Ge- sam m tzahlen, die sich bei einer Zusam m enfassung der auf diese W eise festgestellten rechnungsm ässigen und w irklichen Sterbefalle in zwei H auptgruppen, vom 26. bis zum 60. und vom 61. bis zum 90. L ebensjahr, ergeben.

T a b e l l e II.

Sterblichkeit unter Ausschluss der ersten 5 Versicherungsjahre nach den ausgeglichenen Listen.

Slcrblichkcitsprozeiitsätzc fiir Jalir Durchschnittliche lernen' Ij'benxdauer

A l t e r Evange­ Elemen­ Gym­ Evange­ Elem en­ Gym­

Aerzte lische Geist­

liche ta r­

le h re r nasial­

le h re r

Aerzte lische Geist­

liche ta r ­ lehrer

n asial­

lehrer

2 6 0,70 0,49 0,51 0,71 35,62 40,17 39,26 39,52

30 0,76 0,51 0,55 0,64 32,60 36,94 36,05 36,56

35 1,06 0,55 0,63 0,58 28,90 32,85 32,03 32,61

4 0 1 1,27 0,63 0,74 0,64 25,50 28,74 28,03 28,50

4 5 | 1,38 0,77 0,95 0,96 22,07 24,65 24,09 24,51

5 0 1 1,68 1,06 1,31 1,31 18,55 20,62 20,29 20,75

5 5 2,62 1,71 1,87 1,75 15,27 16,83 16,69 17,15

6 0 ! 3,73 2,71 2,83 2,62 12,39 13,41 13,35 13,73

6 5 5,4» 4,30 4,41 4,15 9,85 10,35 10,38 10,67

7 0 7,79 7,02 7,08 6,72 7,70 7,80 7,85 8,07

7 5 1 10,62 10,66 10,96 10,66 5,82 5,66 5,87 6,05

8 0 . 16,14 16,99 16,17 14,86 4,04 3,90 4,33 4,45

85 26,42 27,64 23,07 23,25 2,66 2,56 3,15 3 ,

| 41,50 43,17 32,62 34,79 1,70 1,65 2,21 2,07

T a b e l l e III.

Rechnungsmässige und wirkliche Sterblichkeit nach Todesursachen.

B e r u f

A l t e r

I! 8

(M 61—90 S ä m m tlic h e A lte r 26—90

R ech - n u n g s- m ä ssig e

W ir k lic h e

P r o z e n t

R e ch -

n u n g s- | W ir k lic h e

m a ssig e | P ro zen t

R e c h - |

n u n g s- | W ir k lic h e

m ä ssig e P r o z e n t

Z a h l der S te r b e fä lle Z a h l der S te r b e fä lle Z ahl der S ter b e fä lle

Universitätslehrer (ohne Dozenten der Medizin

I. S terb lich k eit im A llgem einen.

a) in Städten . . . b) auf dem Lande . Evangelische Geistliche.

Katholische Geistliche . A erzte...

Dozenten der Medizin .

1 84,73 48 56,7 131,50 106 80,6 216,23 154 71,2

651,2» 501 77,4 600,09 541 90,2 1251,34 1045 83,5

! 1672,25 1379 82,5 1484,56 1394 93,9 3156,81 2773 87,8

! 399,58 302 75,8 343,46 323 94,0 743,04 626 84,3

1272,67 1076 84,5 1141,10 1071 93,9 2413,77 2147 88,9

942,81 694 73,6 1421,76 1336 94,0 2364,57 2030 85,9

192,09 199 103,6 154,14 191 123,9 346,23 390 112,i,

501,70 583 116,2 446,07 469 105,1 947,77 1052 111,0

31,65 29 91,6 27,24 38 139,5 58,89 67 113,8

II. S terb lich k eit im Besonderen.

A. Infektionskrankheiten.

Gymnasiallehrer . . . Elementarlehrer . . . a) in Städten . . . b) auf dem Lande . Evangelische Geistliche.

Katholische Geistliche . A erzte...

101,08 66 65,3 28,92 16 55,3 130,oo 82 63,i

250,35 205 80,3 73,10 52 71,1 328,45 257 78,2

62,58 38 60,7 1G,«0 14 84,3 79,18 52 65,7

192,77 167 80,6 56,50 38 67,3 249,27 205 82,2

133,57 117 87,6 67,47 72 106,7 201,04 189 94,o

28,47 26 91,3 7,92 9 113,6 36,39 35 96,2

7 5 ,4 3 119 157,8 22,25 24 107,9 97,68 143 146,4

(5)

15. Mai 1902. A e r z t i i c h e S a c h v e r s t ä n d i g e n - Z e i t u n g . 197 T a b e l l e III. (Schluss.)

B e r u f

Gymnasiallehrer . . Elementarlehrer . . a) in Städten . . b) auf dem Lande Evangelischo Geistliche Katholische Geistliche A orzte...

Gymnasiallehrer . . Elementarlehrer . . a) in Städten . . b) auf dom Lande Evangel sehe Geistliche Katholischo Geistliche A erzte...

Gymnasiallehrer . . . Elementarlehrcr . . . a) in Städten . . b) auf dem Lando . Evangelische Geistliche Katholische Geistliche . A erzte...

Gymnasiallehrer . . . Elementarlehrer . . . a) in Städten . . b) auf dem Lande . Evangelische Geistliche A erzte...

Gymnasiallehrer . . Elementarlehrer . . .

a) in Städten . , b) auf dem Lande . Evangelische Geistliche A erzte... ....

Gymnasiallehrer . . Elementarlehrer . . ,

a) in Städten b) auf dem Lande Evangelische Geistliche A crzto...

Gymnasiallehrer . . Elementarlehrer . . .

a) in Städten b) auf dem Lande Evangelische Geistliche A erzte...

‘2 6 -6 0 Itech -

n u n g s- m ä ssig e

W ir k lic h e

Z a h l der Sterb e fälle

P r o z e n t

A l t e r

6 1 -9 0

R e ch - I |

n u n g s- ; W irk lich e

m a ssig e I P ro zen t

Z ahl der S ter b e fä lle

S ä m m tlic h e A lter 26—90 B ec h -

n u n g s- W irk lich e m a ssig e

Z ahl dor S ter b e fä lle

P r o z e n t

B. Bösartige Neubildungen.

38,oo 44 115,8 41,57 39 93,8 79,57 83 104,3

99,40 115 115,7 104,70 112 107,o 204,10 227 111,2

23,04 30 130,2 23,75 33 139,0 46,79 63 134,6

76,36 85 111,3 80,95 79 97,6 157,31 164 104,3

60,71 41 67,5 97,27 91 93,6 157,98 132 83,6

? 9 ? ? 9 23,26 32 137,6

30,38 31 102,o 31,68 48 150,7 62,24 79 126.9

C. Krankheiten des Zentralnervensystems ohne Gehirnschlag.

45,86 52 113,4 36,62 48 131,1 82,48 100 121,2

117,60 69 58,7 91,56 78 85,2 209,16 147 70,3

28,06 21 74,8 20,87 25 119,8 48,93 46 94,0

89,64 48 53,6 70,69 53 75,0 160,23 101 63,u

66,67 36 54,0 85,97 77 89.6 152,64 113 74,0

13,56 7 51,6 10,65 12 112,7 24,21 19 78,5

35,41 36 101,7 27.81 24 86,3 63,22 60 94,9

D. Krankheiten der Athmungsorgane.

220,29 144 65,4 182,41 133 72,9 402,70 277 68,8

560,65 551 98,:t 449,93 457 101,6 1010,58 1008 99,7

135,84 115 84,7 103,89 91 87,6 239,73 206 85,9

424,81 436 102,« 346,oi 366 105,8 770,85 802 104,o

303,46 186 61,3 432,39 321 74,2 735,84 507 68,9

63,35 57 90,0 47,io 42 89,2 110,45 99 89,6

1(56,78 172 103.1 135,25 92 68,0 302,03 264 87,4

E. Alters schwäche. Gehirnschlag, Herzkrankheiten N ierenentzündung.

120,78 1 1 2 92,7 194.36 211 108,6 315,14 323 120,5

316,58 213 67,3 478,01 451 94,3 794,54 664 83,6

73,40 44 59,9 111,65 102 91,4 185,05 146 78,9

243,13 169 69,5 366,36 349 95,3 609,49 518 85,0

193,56 177 91,4 463,82 597 128,7 657,38 774 117,7

96,55 153 158,5 142.13 229 161,1 238,68 382 160,1

F. Krankheiten der Ernährungsorgane.

60,87 42 69,o 61,44 42 68,3 122,31 84 68,7"

157,62 123 78,0 151,62 132 87,1 309,24 255 82,5

37,16 34 91,5 34,96 28 80,1 72,12 62 86,0

120,46 89 73,9 116,66 104 89,1 237,12 193 81,4

92,16 61 66,2 145,72 87 59,7 237,88 148 62,2

47,73 33 69.1 45,61 12 26,3 93,3 t 45 48,2

G. Verunglückung.

16,88 7 41,5 6,67 6 90,o 23,55 13 55,2

42,67 23 53,9 16,92 21 124,0 59,59 44 73,8

10,41 3 28,8 3,83 5 130,6 14,24 8 56,2

32,26 20 62,o 13,09 16 122,2 45,35 36 79,4

22,56 6 26,6 15,50 6 38,7 38,06 12 31,6

12,67 10 78,9 5,17 6 116,2 17,84 16 89,7

H Selbstmord.

19,94 12 60,2 4,24 1 23,6 24,18 13 53,8

50,68 26 51,3 10,75 2 18,6 61,43 28 45,6

12,28 7 57,0 2,43 1 41,2 14,71 8 54,4

38,40 19 49,5 8,32 1 12,0 46,72 20 42,8

27,30 12 44,0 9,85 2 20,3 37,15 14 37,7

1 15,12 11 72,8 3,28 3 91,5 18,40 14 76,1

Auf die einzelnen Resultate und ihre versicherungstechnische Verwerthung komme ich bei einer späteren Gelegenheit zurück.

Neurasthenie hervorgerufen durch Einathmung von j

Xylol-Dämpfen. ;

Gutachten erstattet dem Königlichen Landgericht in C.

v o n

Dr. Rosenblath,

D irek tor dos L a n d k ra n k e n h a u se s zu Gassei.

Der Aufforderung des K öniglichen Landgerichts, mich I gutachtlich über die F rage zu äussern, ob der Arbeiter G. in Folge seiner B e te ilig u n g an einer gesundheitsschädlichen , F abrikationsm ethode in der F abrik von X. erkrankt und in der Folge gänzlich erw erbsunfähig geworden ist, komme ich in Folgendem nach.

Mein G utachten gründet sich auf die Beobachtungen, die ich an G. m achen konnte w ährend seines A ufenthalts im hiesigen K rankenhause, au f eine zweim alige U ntersuchung, zu der G. auf m eine Aufforderung sich stellte und auf die Infor­

m ationen, die ich aus dem Z eugenverhör und den V erhand­

lungen des Gerichts entnehm en konnte.

D arnach g estaltet sich die Vorgeschichte folgenderm assen.

D er je tz t 35 jährige G. will aus gesunder Fam ilie stam m en, der V ater starb an Schlaganfall m it 63 Jah ren , die M utter im W ochenbett, 10 G eschw ister leben und sind gesund. G.

m achte m it 8 Ja h ren eine Rippenfellentzündung durch, w ar aber später völlig gesund. In der Schulzeit bot seine E nt­

w icklung nichts Auffallendes. Später w urde er Metzger -und

(6)

198 A e r z t l i c h e S a c h v e r s t ä n d i g e n - Z e i t u n g . No. 10.

w ar als solcher in einem grösseren G eschäft einer G rossstadt längere Zeit thätig. Auch in dieser Zeit hat er sich voll­

kom m en gesund gefühlt und nie Abneigung gegen seine Be­

schäftigung gefühlt, obwohl er in diesem Geschäft M anches v errich ten musste, w as auch einen gesunden M enschen ge- m üthlich alteriren kann, z. B. das F ü h ren grösser unruhiger Thiere. Nach 12 jä h rig e r T hätigkeit gab er dieses G eschäft auf, nicht, weil er sich dem selben nicht m ehr gew achsen g e­

fühlt hätte, sondern weil er heirathen w ollte und v erh eirath ete G esellen als M etzger nur schw er A rbeit finden. Er tra t dann in die Fabrik von H. und im Som m er 1890 in die von X. ein.

Hier w urde er zunächst m it Arbeiten au f dem Lager, m it M ontirungen und der Bedienung der elektrischen B eleuchtungs­

m aschine beschäftigt und fühlte sich dabei gesund.

Von 1896 an arbeitete er in dem Im prägnirraum der Fabrik. In diesem w urde dam als eine neue Methode zur Gum m irung von Geweben ausprobirt, L etztere w urden m it Gummi getränkt, das in Xylol m it Zusatz von Eukalyptusöl gelöst w ar und dann über eine heisse P latte geführt, sodass das L ösungsm ittel verflüchtigt und somit das Gummi in dem Gewebe zurückgehalten wurde. Der Raum , in dem diese Arbeit verrichtet wurde, w ar geräum ig (13 m al 5 M eter bei einer Höhe von 4 Metern), er h atte in der W and einige V enti­

lationskanäle und im U ebrigen geschah die L ufterneuerung durch Oeffnen der F en ster, eventuell der Thiire. D er Tisch, über den das zu gum m irende Gewebe geführt wurde, w ar 5 M eter lang und 0,70 M eter breit, seine P latte w urde auf einer T em peratur von 7 0 0 C. gehalten. In diesem Raume w urde nicht andauernd, sondern m it U nterbrechungen g e a r­

beitet, hier und da einige Stunden, hier und da einen T ag lang.

Die W irkung, w elche G. von dem A ufenthalt und der Arbeit in dem selben verspürte, w ar die .folgende. Zunächst hatte er ein angenehm es Gefühl, das aber bald vorüberging und dem Gefühl von E ingeschlafensein der H ände und F üsse wich. E r fing an zu zittern, der Athem w urde ihm beklemmt, Angstgefühl tra t auf und der G ang w urde unsicher wie der eines T runkenen. M ehrfach hatte G. diese Arbeit schon v er­

lassen m üssen, um sich w ieder zu erholen. E r sträubte sich auch gegen die T hätigkeit im Im prägnirraum und nahm sie nur im m er w ieder auf, um der E ntlassung, die ihm im Falle der W eigerung drohte, zu entgehen. Einm al, im März 1897, überkam en ihn bei der Im prägnirarbeit w ieder die geschilderten Symptome. Besonders e rin n ert er sich, Angst und U ebelkeit em pfunden zu haben. Er rief aus: „Meine H erren, je tz t ist es a u s“ und lief hinaus. D raussen sah er Alles wie durch einen Schleier, er w usste nicht recht, w as er tliat und rief, wie ihm andere A rbeiter später erzählten, aus: „Leute, ich m uss ste rb e n “. E r w urde zum Sitzen gebracht und erholte sich nach etw a zwei Stunden so weit, dass er zu der Arbeit zurückkehren und dieselbe bis zum Abend verrichten konnte.

Nach diesem Vorfall w urde ihm w ieder seine alte Be­

schäftigung im L agerraum etc. zugew iesen. Aber nun m achte sich eine E rfahrung in v erstärk tem Masse geltend, die er schon vorher h atte m achen m üssen.

W ährend näm lich die an deren Symptome, die der A ufent­

halt im Im prägnirraum hervorbrachte, m it dem V erlassen des­

selben verschw anden, so stellte sich das ängstliche Gefühl welches ihn dort oft befallen hatte, allm ählich auch bei anderen A rbeiten ein. Es kam bald bei je d e r an deren Arbeit, die m it U nruhe oder einer gew issen V erantw ortlichkeit verbunden w aren. Die Angst kam, w enn er von verschiedenen W aaren beschäftigt w ar oder in der Nähe einer geräuschvoll gehenden M aschine, m anchm al schon beim Zucken des elektrischen Lichtes. S päter gesellte sich dazu auch Schwindel und Herz­

klopfen und das Gefühl von Hitze im Kopf. Er w urde m atter,

das T reppensteigen fiel ihm schwer, er w urde vergesslich bei der Arbeit und schlief schlecht. D ieser Zustand zwang ihn im Sommer 1897, sich krank zu m elden. Er liess sich von dem K assenarzt und einem ändern Arzt behandeln, denen er besonders sein H erzklopfen und die Schlaflosigkeit klagte.

Nach sieben W ochen versuchte er es w ieder m it der Arbeit, aber es ging schlecht. Eines Morgens, im August 1897, be­

kam er bei der Arbeit einen heftigen Anfall. E r hatte zu­

nächst das Gefühl von E ingeschlafenheit der Füsse, dann als ob er in einem Kübel m it kaltem W asser stände, das W asser langsam stiege und dam it das Gefühl der K älte sich von unten nach oben ausbreitete. Zugleich hatte er Hitzegefühl im Rum pf und Kopf, heftiges H erzklopfen und Angst. E r ging nach Hause, wo sich der Anfall noch zweimal w iederholt haben soll. D ann blieb eine grosse M attigkeit zurück, sodass er 4 W ochen zu B ett liegen m usste. Laute G eräusche kann er nicht vertragen, er verm eidet deshalb Strassen m it lebhaftem Verkehr. Beim E rheben seines Invalidengeldes auf der Post genirt ihn der Zudrang d er M enschen, so dass er oft W e g g e h e n m usste und seine F rau schicken. W enn er im Dunkeln geht, so h at er das Gefühl, als ob Jem an d hinter ihm ginge und das erw eckt ihm F u rch t; m anchm al kom m t dies Gefühl auch am hellen Tage. W enn Jem an d rasch auf ihn zukommt, ohne ihn anzu­

reden, so erschrickt er. Enge Gassen kann er nicht m ehr passiren, ohne Beklem m ungsgefühl zu bekommen. Das be­

m erkte er zuerst, als er einmal zum Polizeibüreau ging, um Etw as beglaubigen zu lassen. Er k ann keine Zeitung lesen, ohne Beklem m ungsgefühl zu bekommen. Bei je d e r A nstrengung fängt e r an zu zittern. E r hat versucht, um seine Muskeln zu stärken, schw erere G egenstände län g er zu tragen, aber das Z ittern w urde dann zu stark.

Alle diese geschilderten Em pfindungen und Störungen be­

stehen bis auf den heutigen Tag. G. hält sich in Folge dessen für erw erbsunfähig und b etrach tet das Leiden als Folge seiner T hätigkeit im Im prägnirraum .

D er Im prägnirraum ist schon als ein grosses Zimmer e r­

w ähnt worden, in dem über eine 5 m lange und 0,7 m breite, au f 70 0 C. geheizte P latte der in die Gum m ilösung getauchte Stoff geführt w urde, um die L ösungsm ittel, hauptsächlich Xylol, zu verflüchtigen. Eine leistungsfähige V entilations­

einrichtung fehlte. Man m usste sich auf das Oeffnen von T hüre und F en ster verlassen. Dass u n ter solchen U m ständen die Luft reichlich die Dämpfe der flüchtigen Stoffe enthalten m usste, ist selbstverständlich und w ird durch das Zeugen­

verhör bestätigt. Der als Zeuge vernom m ene A rbeiter R. hat nur einige Stunden in dem Im prägnirraum zweim al gearbeitet.

Das e rste Mal w ar er, als er hinauskam , „total betrunken“, er bekam Erbrechen und konnte nicht m ehr w eiter arbeiten.

Das zw eite Mal m erkte er, dass es ebenso w ieder kommen w ürde und verliess d ah er die Arbeit. D er Zeuge B. sagte aus:

Wir litten Alle unter den Dämpfen. Die A rbeiter m ussten hier und da auf den Hof gehen, um frische Luft zu schöpfen. Er selbst bekam B eklem m ungsgefühl und B rustschm erzen und hat sich deshalb einm al nasse U m schläge auf die B rust gelegt.

Auch der V orarbeiter giebt zu, dass die Däm pfe lästig w aren.

Deu ausserhalb des Im prägnirraum es beschäftigten A rbeitern scheint es allgem ein aufgefallen zu sein, dass Leute, die in jenem R aum e arbeiteten, krank und besonders geistig alterirt wurden. Sie nannten diesen Raum die „ V errücktenbude“ .

Die körperliche U ntersuchung des G. ergab keine w eitern w esentlichen G esichtspunkte. G. ist ein kleiner Mann von 147 cm L änge und von 97 Pfd. Gewicht. A bgesehen von dieser geringen K örpergrösse trä g t er keine D egenerations­

zeichen an sich. D er Schädel, das Gesicht, der Gaum en etc.

ist w ohlgebildet und sym m etrisch. Die beiden seitlichen untern

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Der Faustschluss ist an der rechten Hand sehr unvollkommen. Auch der Zeigefinger bleibt aktiv eine Spur zurück. Der Daumen kann gut, aber ohne grosse Kraft

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