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Die Zukunft, 24. März, Jahrg. XIV, Bd. 54, Nr 25.

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xllc Jahrg. Yerliiyden24.März1906. Alt-.25.

Herausgeber-

-O- O O O YO- .

Maxtmtlmn Henden.

JnhaIt:

» Seite

HerzogGeorg ............·................433

Väter undYoslzne.VonHart zeheffker .....·...........441

DerTentralverband Deutscher Industriellen Von»Hast Ieutscy ......450

Prinxelsm Maximum VonFreud cLeopold ...............454

Bieigendrer Rauch. Vonziefan Zweig .................455

Belblkanzeigem VonRoekker-Yrucc,.yuijbaum, Himmelsauen-, Zepter-, Heime-rann 456 Bankbilanxem VonoTod«-u........;..............459

politische Plgchvlogie. VonGherard G ocdsecll..............462

Rokixburlx.. .............. .·..

Uachdruck verboten.

V Erscheint jedenSonnabend.

Preisbietteljährlich5 Mark,dieeinzelne Nummer 50Pf.

Ber lin.

Verlag der Zukunft.

Friedrichstraße10.

1906.

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Minore-schellte bei Indern-cl- s. III-.

Berti-« ouitzow-stk. sei-Es.(Te1. n, 1144).

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Berlin, den 24. März1906.

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IX- Mc

Herzog Georg.

eorgderZweite,HerzogvonSachsen-Meiningen,wirdamzweitenApril-

(, tagachtzigJahrealtund kann imSeptemberdasJubilåumvierzig- jährigerRegirungfeiern. SeinVater,HerzogBernhard,der inderZeitdes RheinbundesundmittelstaatlichenPreußenhasseserwachsenwar,hattesich- eiferndfürdesAugustenburgersRechtaufSchleswig-Holsteineingesetztund im Streit um dieMachtüberDeutschlandfür OesterreichPartei ergriffen.

SeinGewissenwehrtesichgegendieBundesreform; und alspreußischeTruppen Kamburg und,amneunzehnten September1866,Meiningen besetzthatten, zogerderUnterwerfungdenVerzichtaufdie Kronevor. Georg fandviel Ar- beit.ErmußtemitPreußenFriedenschließen,derVerwaltung einfachereund inodernereFormen schaffen,durchein neuesSteuersystemunddurchdieKon- oertirungderStaatsschulddieFinanzenbessern,dasVerhältnißzuSchule undKircheordnen.ErhatteinBonnstudirt,bei denpreußischenGardeküras- sierengedient,alsVierundzwanzigjåhrigersichderTochterdesPrinzenAlbrecht

vonPreußenvermählt:so wardsihmdennnichtallzu schwer,sichindieneue Zeitzuschicken,dievon dendeutschenFürstenharteOpser heischte.Geräusch- lossorgteerfür seinLand.Still,ohnedieBlickeaufsichzulenken,folgteer späterauchdem nationalen Gebot,das gegenFrankreichzu denWaffen rief.

Gabsichnicht füreinengroßenStrategenoderhellfichtigenTaktiker,lungerte nicht,wiemancherfürstlicheMüßiggängerundParadesoldat,als einlästiger TafelgesellinHauptquartiereuherum, sondernbliebbeiseinenZweiunddrei- ßigernundtheiltemitihnentapferdieMühendesMarschesund dieGefahr derSchlacht.Alsihm,nachfünfjährigerEhe,dieersteFraugestorbenwar, hatteereinePrinzessinzuHohenlohe-Langenburggeheirathet;1873, »ein

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434 DieZukunft.

Jahr nachdemTodedieserFeodora,wurdedievierunddreißigjährigeSchau- spielerinHeleneFranz seineFrau. NichtHerzogin;nur FreisrauvonHeld- burg. DochimbiblischenSinn seinetreueGehilsin.Weilereineihrangethane Kränkungnichtvergessenkann,warderseit Jahren nicht mehramberliner Hofgesehen.DerKaiser hattesichihmeinstzumBesuchangesagt.JnMei- ningenwar,mitbeträchtlichenKosten,AlleszumEmpsangbereitet. Dakam, imletztenAugenblick,dieBotschaft,SeineMajestätwünsche,derFreisrau nichtzubegegnen;einunauffälligerVorwand,derdieGemahlindesHerzogs vordemBesuchstagzurAbreisezwinge,werdesichjaleichtfinden.Erfand sich nicht; sollte sichnicht finden.Georgließsagen,werseineFrau nichtsehen wolle,könneinMeiningennichtGastsein.DerKaiserkamnicht;und derHerzog, dessenältesterSohnderSchwagerWilhelmsdesZweiten ist, hatdenKaiserhof seitdemgemieden.OhneGroll.Der alteHerr,dermitseinemweißenBartnoch rüstigeinherschreitet,hatteimmerzuvielTakt,warstetsein zugutdeutscher Fürst,umseinenUnmuthjesichtbaroderhörbarwerden zulassen.Er bliebfern, ersannderPolitikdesReichesunddesReichspräsentantenaber nieauchnur diegeringsteSchwierigkeit.FürAlles,wasDeutschlandsWohlfahrtfördern konnte,war erzuhaben; undseinpolitischerEhrgeiz beschränktesichausden Wunsch,seinLandmindestens so gut regirt zusehenwieirgendeinen anderen Bundesstaat.Dashater,fürdasAugedesnichtanderWerraHeimischen,in stetigerArbeiterreicht.DasHerzogthum,derSitzalterHausindustrie,istim Reichstag durcheinenFreisinnigenundeinenSozialdemokratenvertreten.

Nie aber kamvondortbesonderslauteKlage,niederWiderhalleines Kon- fliktesoderhäßlichenSkandalsDerHerzogwird wie einVatergeliebtundseine Fraunichtgeringergeachtetalseine unterpurpurnem BetthimmelGezeugte.

TrotzdermorganatischenEhedesHerzogsundseines zweitenSohnes(mit derTochterWilhelmsJensen)blieb derFamilienfriedeungetrübtunddie SchwesterdesDeutschenKaisers hat ost bewiesen,daß sie sichin derNäheder FreifrauvonHeldburgbehaglichfühlt.Einstiller, vornehmer Hof ohneneu- deutschePrunksassade. EinFürst,der mitseinenThüringemlebt wie einver-

ständigerGutsherrmitseinenBauern, ihnen,woersvermag,dasLebencr- träglichzumachensuchtund keinenMenschen,auchdieeigenenKindernicht, inseinesWesensbesondereArtzwingenwill. Ein bisinsGreisenalterarbeit- samerundfürfeineKultuIsreudenempfänglicherFürst,derniediePflithdes Amtesvergaß,niesichhöherdijnkelteals derärmsteseinerMitbiirgerundnie derVersuchungerlag,imVordergrundederBühneumBeifallzuringen.

SolcheAuffassungfürstlichenBerufesverdient,schonweilsie seltenge- wordenist,dankbareAnerkennungUnsereFiirsten,schriebFreytagschon1870

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HcrzogGeorg· 435

»·sind»inderLage,gleichSchauspielern auf der Bühne zwischenBlumen- sträußenundlautcmBeifallsklatschenbegeisterterZuschauerdahinzuwandeln WennsieschonalsKinder merken, daß jedesWort,allesThuneinGegen- standdesInteresses fürdieversammeltenZuschauerist,werdensie frühver- anlaßt,sichwirksamdarzustellenundihreRolle zuspielen.Denndie äußere ErscheinungdesFürsten,Uniform, Miene, Geberde,dasgesprocheneWort sollen wirken.VielleichtistdiehöchstederTugenden,dieaneinemVollendeten Fürstenlebenzurühmensind, daßderHerrbisandasEndeseinerTage sich dierichtigeSelbsterkenntniß,denmaßvollenSinnund diebereitwilligeAner- -kennnngfremden Werthes bewahrt habe.«Und denRuhm solcherTugend hatHerzogGeorgerworben,trotzdemerdieHauptarbeitseinerMannesjahre derSchaubühnegewidmethat,dieso leichtzu eitlerApplaussuchtlockt. Den heute fernvomThüringerwaldLebendenisternichtderHerzogvonSachsen- MeiningenundHildburghausen,zuJülich,Kleve undBerg,auchEngern undWestfalen,dersouveraineFürstzuSaalfeld,LandgrafinThüringen, MarkgrafzuMeißen,Grafo Henneberg,Kamburg,zu der MarkundRa- svensberg,HerrzuKranichfeldundRabenstein.Das Allesbesaß,seitderdritte SohnErnstsdesFrommendurchdenRezeßvom neunten Februar1681 hennebergischeundthüringischeAemter mitvollemHoheitrechterhielt,vor ihm schonmancher Andere,wirdnachihm mancherAndere nochbesitzen.Uns isterderTheaterherzog,dernicht,wie derTheatergrafHahn-Neuhaus,als einwirrer,vomCoulissendunstumnebelterSchwärmerüberdasSchaugerüst toste, sondern,alseinernsterOrganisatorundvorsichtigerReformator,dem deutschenBühnenwesenseinesWirkensSpur tiefeingedrückthat. Ihn, nicht denim Kleinentüchtigen,ingroßerPrüfungunbewährtenRegenten,grüßt unsere EhrfurchtjetztanderSchwelledes neunten Lebensjahrzehntes

OberdenGrafenKarlFriedrichvonHahn,derumdie Mitte der drei- ßigerJahreauchinMeiningen seineGlanzkünstezeigte,gesehenundkennen gelernt hat? Dieser närrischeEnthusiast,dessenremplinerLiebhaberbühne einst weithin berühmt gewesenwar,bemühtesichauf seineWeiseum eine

·

straffzusammengehalteneDramendarstellung,hieltnamentlichaberaufsze- UifchenPomp- Jn seinemTheatersolltendieFürstenfürstlichwohnen,die Edlen wieechteBarone, GräfinnenundRittersräuleingekleidetsein,sollteauf demTischeinesKirchenfürstensGeräthstehen,dassichinjeder bischöflicheu Pfalz sehenlassenkönnte.Diese Prunksucht hatdengutmüthigenTheater- narrenruinirt;wasalsPas sionbegonnenhatte,endeteauch,in anderemSinn, -·alsPassion.VonMecklenburgzog KarlFriedrich,derseinLebenlangDilet- tant blieb,mit demThespiskarrenbis insThüringerland,ergötztedannin

Zis-

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436 DieZukunft-

SanktPauli Matrosen, EwerführerundHafenproletariatundwarschließlich nochfroh,alserinSommerhudeeinenZugkostümirterLümmel drillen und schminken,mitKolophoniumund Donnerblechwirthschaftenoder gar in den Soufsleurkastenkriechenkonnte.Neben allerNarrheitwar inihm vielleichtein- dunklesGefühlfürdasvomZeitbedürsnißErsehnte;nurkamerzufrühundlern-.

tenierechnen.Dem BlickdesErbprinzenund desHerzogsGeorgwaren bessere Mustererreichbar. ImNovember1831 beschrittRobertderTeuselinParisdie Bretter; schufdieFirmaMeyerbeereEScribedasSchemaderGroßenOper.Die Julirevolution hatteausgetobt,imSalon siegtenAry Scheffer,Vernet,De- lacroix, aufderSprechbühneVictorHugomitsublimerundgroteskerUn- geheuerlichkeit;dieGroßeOperüberschrieAlles,rütteltemit demRiesenappa- ratihresOrchesters,ihrer BalletkunstundAusstattungprachtanallen Sinnen.

EinefurchtbargefährlicheKonkurrenzfürdasDrama,indem,wie imJu- denglaubenderkörperloseLogos,nochdasunbekleideteWort herrschte.JmJahr 1849saßArseneHonssayemit der-Rachelin der Comeclie- Franc-use zu- derenDirektorihn,gegendäiWillenderwiderspenstigenSozietäre,Louis Napoleonernannt hatte. AufdemZettel stand:Der Barbier vonSevillaund AugiersAbenteurerin Kassenrapport:HundertdreiundsechzigFrancs. Die Rachelwar empört.Voyezcomme cesgens—lä1jouentbien!Gewiß,sagte Houssaye;maisvoyez comme tout estgeretfrojdaulour cl’eux;il laut plusdecouleur dans la miseenscene. Dafürsorgteernun. Putztedie BühnemitGobelins,Stickereien,theurenMöbelnundwarsalle unwürdi- genRequisitenin dieRumpelkammer.DasgefielderBourgeoisie,dieschon aufdenbestenPlätzensaß,und dieEinnahmenstiegenrasch.Emile Perrin ging ausHoussayesWegeinStiickweiter. Sein Strebenwar,jedemDramaein Gewandzugeben,andemdergelehrtesteArchaeologeundHistorikernichtszu tadelnfände.ErwarinLondongewesenundhattedie Wunder geschaut,die CharlesKeanaufdie Bretter brachte.Da saßHeinrichderAchteinseiner KönigsprachtbeimMahl, marschirtenimKrönungng Hundertefestlichge- schmückterMenschenindieKirche,wurdeinechtenRüstungenmitechtenWafsen beiAzincourtgekämpst,lebte AntoniosLagunenstadtimMärchenreizwie- derauf.SosollteesauchinParisnun sein;und wurdeso,trotzdemSarcey jedenMontagiiber dieAusstattungwuthschalt-J11DeutschlandwarDingel- stedtvorangegangen Weil dieThatsachevergessenist,sogarvonTheaterge- schichtschreibernnichterwähntwird,willicheinpaarSätzeanführen,die be- weisen,wie er,,,mitseinemangeborenenHangzuMassenentwickelnngenund Massenwirkungen«,schon1854derBraut vonMessinaausderFülle kost- barenStoffesdasFeierkleidanmaß.»Ichbane mir dieprangende Halleim

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Herzog Georg· 437 erstenAkt,imzweitendieGartenterrassedesKlosterssorgsamundmitselbsts vergnügtemRaffinement aufundstellevorAllem denLokaltonsest:einnor-

annischerPalastinMessina,eineSchluchtimWaldgebirgdesAetna.Jn die Hllesteigtman herunter, aufeinerimposantenRiesentreppe,die indoppel- terWindung,mit einembreitenAbsatzin derMitte, aufdieVorderbühne -führt.Von dortherabpolternzuerst,vonentgegengesetztenSeitenauftretend,

aufdemAbsatzzusammenstoßend,drohendeBlicke undGeberden wechselnd, unterkriegerischerMusikvondraußen,die denvomDichtervorgeschriebenen Einzugsmarschfortsetzt,diebeidenChöre.Jchlassesiewederuniformirtnoch imGänsemarschaustreten, sonderninzweiwilden,wirrenHausen,mitStaub bedeckt,zumKampfgeriistet,dieSchwerterzumTheilgezückt,dieSchildege- hoben, jeeinzerfetztesFähnleinüberjeder Schaar flatternd. Währenddes ganzenerstenAuszugeshalte ichsieinäußerlicherBewegung; siegehenab sund zu,sondernsichineinzelneGruppen,tretendannwieder infesteMassen zusammen,lagernsich,SchildundSchwertabwerfend, aufdenStufender Treppe,werden vonSklaven mitSpeiseundTrankgelabt.«DassahendieMün- cheneramelftenJuli1854.ZwanzigJahredanach,amerstenMai1874,erfocht GeorgvonSachsenmitseinerTruppeanderSpreedenentscheidendenSieg.

DasSystemwaralsonichtneu. GrafHahnhatteesin dunklemDrange geahnt,KeaninLondon, HaussayeundPerrininParisdamitleereKassen gefüllt,Dingelstedtes von MünchennachWeimar undWiengebracht.Weil sie sichdagegengesträubthatten,war inDiisseldormemermann,inLeipzig undWienLaubegescheitert.DenndieZeitwollte denWandeldesBühnen- wesens.ModernenSinn dünkte derMenschnicht mehrdieKrone derSchöpf- ung, dasfreie,selbstherrlicheEbenbildGottes;undwenn ervonseinemMi- lieu,vondemgoethischen,,Mittel«,inseinemWollen undHandeln abhän- gigwar,mußtendiesedeterminirenden MächteauchaufderBühnesichtbar werden. WirdWallenstein nichterstimdeutlichenBilde seinerZeit, seines Erlebens verständlich?»SeinLagernur erkläretseinVerbrechen.«Und die- sesLagerdarf nichtallzuweitvonderVorstellungbleiben,die dervonBil- derbiichernundbilligenKostümwerkenBelehrte insTheater mitbringt.Rei- seninfremdeLänderwaren einstdasPrivilegderReichstenJetzt reist Jeder, war Jeder inParisundRom,LondonundVenedig;undwernichtdortwar, kenntLandschaftundTracht,PalästeundDome vonWochenillustrationenund Ansichtkartenher. SelbstaufderhöchstenGaleriewissenheutzutagedie Leute ungefähr,wieesamHosderJungfräulichenKöniginzuging,imDogensitzDo- riasaussah;wissen,daßeinmitKrüppelkiesernumsäumterTümpelnichtdem -Mittelmeer gleicht.SchulkinderwareninderTellskapelleundsindenttäuscht,

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438 DieZukunft.

wenndasRiitliandersist,alsfiesvomvierwaldstätterDampferaussahen.Da- zu kam diePrunksuchtderBourgeoisie,dieendlichnun auchinDeutschlandzur Herrschaftgelangtwar undsichfürMeyerbeer,D’Eunery,Verne,fürPiloty undMakart, fürPittipaläfteundRenaifsancegeräthbegeisterte.DieBequem- lichkeiteinerTechnik,diekaumnocheinenWunschunerfülltließ (schonKean hattemit Wandeldekorationen gearbeitetundüberWagnersFestspielbühne strömtegarnun derRhein).UnddieNothwendigkeit,sichgegen denAnsturm derGroßenOper, derOperette,derFeen-undWeltreisemärchenund des»Ge- sammtkunstwerkes«zuwehren.Prophet, Afrikanerin,Sardanapal, Orpheus, Phileas Fogg,RienziundLogewaren gefährlicheKonkurrenten DieZeit war reif;undHerzogGeorgwurdederExponent ihresLangens.

. Er erkanntefrüh (oderlerntevonEduardDevrient), daßdieOperdas- UnglückdesdeutschenSchauspieles geworden,imTheaterkleiner und mitt- lererStädte nurfüreine derbeidenBühnenkunstgattungen,diebescheidenere,.

Raum undPflegemöglichkeitist. EntließschnellalsodieSängerschaarund wagte sichandieschwereAufgabe,eingutesdeutschesSchauspielzuschaffen.Die- Bilanz seinesWirkensist seitdreiLustrenabgeschlossenundoftgenugseitdem geprüftworden.Erhat,wievonHahnbisaufPossartundBarnay mancher Regievirtuose,durchUebertreibunggesündigt,fürdenRahmen, besondersnach demerstenRundreiseerfolg,eifrigeralsfürdasBild gesorgtundvergessen,daß imernstenDramaallesnichtunbedingtNothwendigenichtetwanurüberslüssig,.

nein: demengbegrenztenLebendesGedichtesschädlichist.DieSammlerfreude

amechtenKostiim,Geräth,Bibelot,derpenchantvers l’accessoire verlei- teteihn manchmal,ausderBühneeinRaritätenkabinet zumachen, ließihn auchübersehen,daßSchillersholdseligkeuscheMarianichtdiehistorischeSchot- tenkönigin,Kleistskranker,verträumterStrahlnichtein derbstolzirenderRitter ausderHeldenchronikist.UnddaerleichtdiepassendenDekorationen,Pomp- kleider,MöbeljedererdenklichenForm,schweraberTragoeden, zarteSchwär- merinnenundgewaltigschreitendeHeroinenfand,mußteer,umansZielseines Wunscheszukommen,mitleidlos denMimen entthronen,dengesternnoch souverainenHerrnzumgefügigenDienererniedern.Nur derRegisseursollte herrschen;unddieserRegisseurdurfteund konntenachdemSzepter greifen:

dennerwarnichtnurRegent,sondernimKleinstaatseinesWollenseinTheater- genie. Nichtvor derHoheitnur und demBrotherrn:auchvordemSachver- ständnißbeugtensichdieSpieler.Unermüdlichwar er; undwoderKünstlek- instinktversagte,halfeinsichererbonsens unddie«Erfahrungeinesfürst- lichenLebens.Wieman einenCaesarundLeontes,einenHohenzollernund eine Tudorzubehandelnhat, wußteer,hattevieleAttinghausenundPicen-

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HerngGeorg. 439

lominiin derNähegesehen;und duldetekeinenVerstoßgegenhösischeSitte.

EinemMortimer,dermitDonnergepolterundgereckterPrankeaufMariaund Elisabeth lossuhr,rieferzu:»Dasgehtnicht.KöniginnensindkeineKöchin- nen!« EinerBerthavonBruneck,die mit derReitschleppeheftigdieBretter fegte,immerwiederdaseine,einBischensächsischausgesprocheneWort:»Mü- de !«Dassollteheißen:Siesind,Fräulein,müdevonderJagdundhabendes- halbnichtherumzulausen,sondernsichaufdemRasensitzzuruhen.Sogings

von frühbisspät.Vor undnachderProbeaberwar ausdemSchloßPrivat- unterricht. Jedergehorchtegern, weilJederfühlte,daßervorwärtskam und daß EiferundRügenur derSache galt.UnddergekrönteRegisseur,dernie verschmähte,sichumdasKleinste,einenChoristenbartodereinKinderkostüm, zukümmern,warkeinunerträglichstrengerHerr.Niehätteer,wicamSchiller- platzimJahr1905geschehen,einenSpielervonheuteausmorgenauslang- jährigemDienstgejagt,weil der Mann dasVerbrechenbegangenhatte,als Geßler »in SammetschuhenzuPferdzusitzen«.Privilegiengabesfreilich Ilkchtzder BrutusvongesternmußtemorgenimChorgenuesischerBürgermit- heulen,dasheilbronnerKäthchensichunterden Dienerinnendes Fräuleinsvon Belmont tummeln. Nurdadurchwurde dieJndividualisirung,dasglaubhafte Leben derMassen möglich.Aufder Bühne diesesHerzogsgingessehrdemokra- tischzu.Das Volk,die Menge,derHaufewarimmer dieHauptperson.Denktan dieLeichenrededesMarcus Antonius,denEinbruchderPappenheimer,das SchlachtgewühlbeiFehrbellinundOrleans,andieSturmszenenderHer- mannsschlachtundderRäuber.Fastimmergabes zu viel buntesDetail,wurde derEilmarschderHandlungverzögert,umdemZuschauereinenniedlichenFund, einDrillmeisterstück,einEckchenausverschollenerHistoriezuzeigen.Kin- derkrankheiteneinesneuen Stils,dernoch,staunend, fichselbstbewundert.Wer aberkann denRacheschreirömischerBürgergegen dieEhrenwerthen,dasirre JauchzenundtrunkeneLallen dermitdemvomGalgenbesreitenRollerrecta insBöhmerdickichtheimkehrendenRäuberjevergessen?Aufkeinerdeutschen Bühnewar Aehnlichesvorhergehörtworden; aufdergrößtensogarwareine MassenszeneleidigerNothbehels,eineSchlachteinlächerlichesSpektakel.Der meiningerRegisseursuchteostdenblendenden Effektund fandseltendentief- stenTon einesGedichtes. Für Jntimität,fürdenReiz leisevon Menschzu MenschschwingenderStimmungfehlteihmdasOhrund diesachtgestaltende Hand.DieArchitekturunddieatmosphärischenNothwendigkeiteneines Dra- masaber erkannteerbeinahestetsundthat fürsie,wasermitseinenMitteln irgendvermochtexGabden Räubern endlichdasKleid derSchillerzeitwieder.

Ordnete (vielleichtwarsseineseinsteMeisterleistung)dieWirrnißdesersten

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440 DieZukunft.

FieskoakteszuanschaulichsterKlarheit.NettetedieHirtinvonDomremyans denTatzenplumper Bärenweibchen.Ließ,alsErsterinDeutschland,Moliåre in demStil, TempoundszenischenKleidspielen,in demdiesegallischeTy- penenthüllerkunstaufModerne nochwirken kann. UndseinRom,seinGenua undFabelsizilien,dasLagerseinesFriedländersstrotztevonkräftigemLeben.

Müssenwirihmnichtdankbarsein?Erwollte,alsdieReichsgründung ihnzurResignationzwang,nichtwie derHerrvonYvetotleben, frühins Betttaumeln undlange schlafen;nichtzumducfainräant werden. Druin stellteersichin denDiensteinesKunstbetriebes.Lernteerstundlehrtedann fleißig;alsgelteesnährendemHandwerk. Wähntenie,alsvom Christen- gottGeweihter unumschränktimapollinischenErbreichschaltenzudürfen;

verließsichnieaufdieAllwissenheitseinesinnerenAuges.VorjederSchöpfe1-- kraftneigteer,dersichnur einenNachbildnerfühlte,willig dasHaupt.Jbsen undBjörnson fandenbeiihmdaserstewürdigeObdachimdeutschenLand und demlaunischenGenieHansensvonBülowgabseinEntschlußdieMög- lichkeitfreier Bethätigung·Erhatimmer, ohnederHerkunftnachzufragen, mit Leutenverkehrt,dieihmgesielen,vonkeinemGastjeKnechtsdemuthver- langtunddasGetnschellieberVetternzornlosbelächelt.SeinTheater(undspä- terseineHoskapelle)hatihmungemeineErfolgebeschert;underistbescheidrn geblieben;still,ernstundgewissenhaft,wieerimArbeitzimmer,imKabinetsrath undalsLagergenossederZweiunddreißigergewesenwar. Thiswas aman!

Nochisteraufrecht; und,mitachtzigJahren, wohl auch sichtbarenZeichens lebendigerDankbarkeit werth.DendeutschenSchauspielernwarerderbeste undgütigsteErzieher.Erhat sieanDisziplin gewöhnt,mitihnenwie mit Seinesgleichengearbeitet,sieimAuslandzum Siege geführtunddieGeltung ihresStandes erhöht.Hat,gegen denAndrangderGroßen Oper,gegen den OffenbachrauschunddieWagnergefahr,demdeutschenDrama hohenStils dasbedrohteBühnenlebenerhalten.DemTheaterherzogmußimDeutschen Reichein Denkmal gesetztwerden.Von denTheatermenschennatürlich;von

Dichtern,UnternehmernundSpielern,denensein nnermüdlichesInteresse denWegerleichterthat.Jn jedem deutschenSchauspielhausmüßteamzwei- tenAprilderGeburtstag desHerzogsGeorg vonSachsengefeiert,vonjedem derErtragderFestvorftellungeinemFonds überwiesenwerden,der dann schnellsogroßwäre, daßman einenKünstler,.nichteinenPuppenalleeliefe- ranten, fürdieschöneAufgabewerbenkönnte.Schnell;denndieDichterkönnten aufdenAbendgewinnverzichtenund das Auslandwürdemitsteuern.Die Mos- kauer,derenGastspiel seitdemersten ErscheinendermeiningerTruppedas größteEreignißunsererTheatergeschichteist, sagenJedem,dershörenwill, daßsiedie Elemente ihrerKunstinGeorgsThiiringerschuleerworbenhaben.

J

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VäterundSöhne. 441

Väter und Söhne.

Wohls-Demderin einerZeit lebt,wolebendigeUeberlieferungenden zum HandelnbereitenWillen aufnehmenund, infruchtbarenThaten,der Zukunft entgegenführenlWahrhaft freiwirdjede Kraftnur, wenn sie sichim richtigen AugenblickderLeitungeinerNothwendigkeit überläßt;undmächtig kannsienur werden,wenn weiserZwang sieandenrechtenPunkten beschränkt.

Alleinvermag derMensch nichts; erstdieHarmoniemitVielenmachtihn stark·DieMenschheit istgeworden,wassie ist,indem sichihreGliederzu- sammenfchlossen,indemJeder empfing,wieergab. DerEinzelnekannnie- mals die ganzeWahrheit erwerben;denndiese istunterAllevertheilt. Selbst dasGenie,indemsichdiegrößteSummevon erkennender Kraft individualisirt, isteinKindderGesammtheit:einProdukt.

WennderJüngling sich seines BerufeszurKunst bewußtwird,sieht

er sichenachVorbildern um. Und wenn derLaieseiner LustzumSchönen Nahrung sucht,wendet auchersichderKunstzu. Esist so natürlich, daß Beide-von ihrer Zeiterwarten,was ihnen noththut:derEinedieLehre,der AnderedieBestätigungUndwas sievon derKunstanGedankenhöherer Artempfangen, suchen sie ihrer Thätigkeitdann einzuordnenundesder All- gemeinheit inanderer Form zurückzugeben.DieMenschheitaber sieht sich stetsnach Individuenum, dieGeisteskeimeinihren zeugungfrohenMutter- schoßversenkenkönnten. Gedanken undGefühlemitdemBlute derWirk- lichkeiten heimlichzunährenund siedannalsThatenzugebären:Dasist so rechtdieLustderAllgemeinheit.UmsolchefruchtbarenWechselbeziehungen aberherzustellen, isteineumfassendeKulturkonvention Vorbedingung Eine geschlosseneKultur giebt ihren KunstzöglingenStoffe,denStofergeistigen Gehalt, diesemeineorganischeFormundsie giebt selbsteineTechnik. Wenn sichdasTalentdieserGaben, die keinemerheblichenZweifel mehr unterworfen sind, bemächtigthat, siehtessichfähig, sein Jnneresreinundvollständigaus- zusprechen.DemLaienaberklingendie Töneeinersolchen Kunstvertraut, weilsiekünden,was erinseinen bestenStunden ersehnt; ringsumsichsieht

ertausend BruderhändeunddieleisenStimmen seinesHerzenskönnen in einen Chor jubelnder,anbetender Gesänge aufgehen. «

DieMenscheneinerZeit habennieeigentlichwenigerReligionalsdie eineranderen. DerfanatischeAtheist unserer Tage hättewildimKorybanten- reigen mitgetanztoder dieeleusinischenMysterien gesucht;und dermoderne Zweiflerkanniminnersten Gefühl so inbrünstigsein,wieeseinChristdes Mittelalters war. Aber derLebende stehtmitseinerInbrunst einsamda, weil dasStichwortfürAllefehlt. Daserst entgöttertihmdenHimmel. Jn diesemSinn hat derHeutige auchebensovielKunsttriebwiederMenschder

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