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Die Zukunft, 15. März, Jahrg. XXI, Bd. 82, Nr 24.

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(1)

xxt. Jahrg. sank-,sdku15.Uäkz19·13.» sk.24.

Herausgehen

Maximilian Hardew

1813".... .·............. .....-...·.341

Mehl-nett verbot-ne Osf ErscheintjedenSonnabend.

Preis hierieliährllchIII-sehsie einzelneNummer Pf.

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Berliw .

Verlag derZukunft- WäscimstraßsZa..·

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Berlin W.9. kotsåamekstr. 134 a.

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Rackiosclässsin bei Lief-Eric- sclessose, Sieht etc. siehe

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Berlin, den 15.März 1913.

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1813.

F hne Widerhallaus demHerzenderNation istder»Natio-

« nalsesttag«vorübergetost.Der Berpslichteteodervoneiner vorsorglichenBehörde Ersuchte hat seineFahnegehißt. Dochin Preußens Hauptstadtblieben neunsehntel aller-Häuserschmuck- los.Auchdas HerzdieserHauptstadt,desAdlerlandes garhatte denAlltagsschlag undvergebens lauschteinderMenge,imBer- kehrsgekkibbelderFremdling nacheinemWort aus ernsthastsro- hem Gedächtniß Lindenputz, Kinderspalier, Parade,Böllerge- dröhn, Pompartikel, welkeKanzelrhetorikund diestrammeGe- berdeinbrünstigerFrommheit:Alles bis zurBereklungabgenützt.

DerPreuße,derimmer desZweckes, großenundkleinen,bewußt bleibt, hatkeinenBlutstropfen zuderLebensart, dieVolkssesten denrechtenWirbelgiebtzerkönntedenNorwegern nichtdesBer- fassungtages lenzlicheHeiterkeit,denParisern nichtdenstolzen SchwungderBastillesturmseier nachmachenundmußdieRausch- stimmung sich durch Reizmittel schaffen,diedemHirndieHemms ungausschalten. Was in einemBierteljahrhundert stetenFest- lärmes,stetswiederbefohlenerStuckbegeisterungaussolcherGe- müthsartentstehen mußte,warvorauszusehen. Heuteist jedervom Vedürsniß persönlicherundnationaler SelbstachtungGestählte glücklich,wennerdasVildseinesLebenskreisesohneVänderund Wimpelerblickt;grautjedemvordem Gedanken anneue Feierei.

DerGroßeKönig,der in denPuppentand unsererTagejust so

Zl

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3ll2 »DieZukunft-

paßtwieHagenvon Tronjeins Neue Palais, derGroßeKaiser, dessen schönsteGroßheitwar,daßernichtgroßscheinen,dieMale derMenschenschwachheitnichtaus seinemtreuen Altmannsant- litzwegschminkenwollte,derKriegvon 1870und derVolksaufs standvon1813,Hochzeitjubel oder-Leichenklage:das Schema ist immer das selbe.Stunden langgesperrte Straßen,Prunkfah1t undAufmarschzeinCeremoniale, an dessenAusarbeitung besser zunützendeZeitvergeudetward; lauter Gottesdienst,aus dem die Kunde schwirrt, daßallesVollbrachteund Erlittene vondemHöch- stenHerrngewolltunddemAlles-höchstemdessen Hausund Volk beschiedenworden sei;undRügeredem die,miteinemnieund nirgendwo aufdemweitenRund derErdeerschauten Mangelan Schüchternheit,UnberufenedergeduldigenLandsmannschaft ins Ohr zetern;Grundton: Jhrdaunten,JhrwimmelndenMillionen, seid durchausnicht,wieEure Väter waren, wieauch Jhr sein müßtet,und dürfet nicht wähnen,des Landes Kraftund des ReichesHerrlichkeit seiEurerLeistungzudanken.Danach heißts dann pünktlich:Eine erhebendeFeier; das ganze Volk dicht um dasHerrscherhaus geschaart. Unser öffentlichesLebenerstickt inUnwahrhaftigkeitzJubel undJammer klingt zuschrillund jeder Gestusdünkt denkühlenBetrachterfüreineFilmwirkungberech- net.JnderEntwerthungalleraufdenMeinungmarkt geschleppten Empfindensausdriicke habenwirs herrlichweitgebracht.Dies- malwars schlimmeralsje zuvor.Nicht einWort,das zuzünden vermochte.«Nichteinmal derVersuch,aufdasGefühlderNation zuwirkenundvomAbglanz derFlamme,die vor hundertJahren ins Vaterland schlug,dasAugederVolkheit leuchtenzulassen.

Statt von hundertSchaugerüsten herab hunderttausendPulse mitdemGewitterpathos Heinrichsvon Kleist, dem,wie Keinem je,einGottgab,zu sagen,wasPreußenlittundzu wollen wagte, ausderTrägheitzuflügeln,gabman ein»theätrepate«(auchdieser läppischeNamelebtnoch);stattderHermannsschlachtdas Kinder- spieleines Dilettanten. EinTag ohneinnere Weihe. Ohnedie Ehrfurcht,dieGoethesHeidenseele gepredigthat.Ohne würdige WägungderdämonischenGewalt, diedamals einesMenschen Kleid trugund wider deren Wüthen,weil esdieGrenzeder Menschenmachtzu verrückendrohte,die Völkeraufstanden. Er- kiinstelterFeierton unddieGrimassederErgrisfenheit.Und doch

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1813. 3213

warhierGrund zufreudig stolzerNückschauundzumFestgewand einesVolkes derinWind undUnwetter nichtverblichene Stoff.

Nur durfte solchemGedenkfest nicht,inderfrühstenDämmerung schon,einfalschesMotto gesetzt,dastiefsteSymbolonwachen Menschenglaubensnichtineinlullende Ammenmär verschwäch- lichtwerdenzWeil diePreußen (dieunter demunfrommenFritz sooftgesiegt hatten) nicht mehrrechtgläubigwaren,gabGott den Franzosen (die ihn abgesetztunddieWelt,nachHegelsWitz,auf dieVernunft, alsoaufdenKopf, gestellt hatten)1806 übersieden Sieg,undweilsie nachsiebenJahrenausFritzens Flüchenwider diepretraillein dieKirche zurückfanden, schluger mitihrem SchwertedenBösenFeind?Wersglaubt,magseligwerden. Sich aber hüten,denBlick insBuchderGeschichtezutauchen. Sonst lodert ausunreinen Schlünden ihmandere Wahrheitins Hirn.

Gene sis.

»JneinersegenvollenEpochebesteigenSiedenThron. Von TagzuTaghelltdas Jahrhundert sichauf;eshat schon fürSie gearbeitetundarbeitet weiterfür Sie,häuftJhnengesundeJdeen undwirktaufJhrVolk,das sichinFolgeso vielerUmständever- spätet hat. GroßeMittel sindzuJhrer Verfügung.Sie sindin Europa dereinzige Souverain,der nichtnurkeineSchulden,fon- dern sogar Schätze hat. Jhre Truppen sindausgezeichnet.Jhr Volkistgelehrig,treuundhat mehrSinn fürdasGemeinwesen, alsman nachdemZustandederHörigkeit,indem eslebt,erwarten sollte.Die Natur fordertArbeitvom Menschen;siegabihmdie werthvolleMöglichkeitdesArbeitwechsels,derihmdieMüdig- keit nimmt undzurQuellereinenVergnügenswird.Wer vermag leichter nachdieserNaturregel zu lebenalseinKönig?Ethi- losoph hatgesagt,Niemand langweile sichsowieeinKönig; wie einsaulenzenderKönig,mußteersagen.Wie könnte dem Sou- verain,derzuseinem Geschäftwilligist,Langeweile jenahen?

SeinGeistundsogar sein Körperkannnurgedeihen,wenn erdurch Arbeitsichvordem Ekelschützt,denjeder vernünftigeMens chunter SchwätzernundSchmeichlern empfinden muß,diedenFürsten

nur studiren,um ihnzuverderben,einzufchläfern,zubetrügen, dieihnschwachund apathischoderungeduldig, schroffundfaul machenwollen. Da esJhnenziemt,immer gutzuregiren,verlangt

Bl«

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344 DieZukunft-

Jhre Würde, daßSienichtzu vielregiren. Warum inderBer- waltungdieMachtdesKönigszeigen,da dieGeschäftedochohne ihn gehen können?DerFürst,derernstlich prüfen wird,ob esnicht besser wäre,diemeisten menschlichen Dinge ihrenGanggehen zulassen, istuns noch nichterschienen;undgeradeerwird,wie

. Gott,mitHilfederVernunft regiren, sichdasJnteressejedesEin- zelnen dienstbar machenundsichdamitbegnügen,AllendieFrucht ihrerIntelligenzundihrerArbeit zusichern.,Laß michinFreiheit undFrieden«:mehr verlangtNiemand vomTrägerder Staats- gewalt.DieRegiementirsucht gehörtzumWesenkleiner,enger, lächerlichfurchtsamer Geister.JnJhren Staaten, Sire, sollman glücklichsein.Geben Sie Jedem,dernicht durchbesondereBer- pflichtungvom Gesetz zurückgehaltenwird,dasRecht,das Vater- land zuverlassen.Bon Jhnen hängtesab, Jhren Unterthanen einso glücklichesLebenzubereiten, daß siekeineLust spürenwer- den, draußeneinbessereszusuchen;und wenn sie glauben, sich anderswo wohler fühlenzukönnen,werden JhreAuswanderung- verbote sie nichtzurückhalten.Besonders dringlich isteinGesetz, das denBürger berechtigt,Tldelsgütermitallendaran haftenden Privilegien zu erwerben. Wer mitoffenem Auge gereist ist,weiß, daß Händler,die genug erworben haben,gern imAckerbau Er- holung suchen.Unter ihren HändenwirddasdürrsteLandfrucht- bar;sie steckenGeldhineinundbringenden Sinn für Ordnung, vorsichtigeAbwägungund Kleinarbeit mit,dersiealsHändlerzu WohlstandkommenließWoderHandelgeehrtwird,wodieBont- geoisieBesitzerwerben kann,blühtdasLand,bietetes denAnblick behäbigerJülle.Beseitigen Sie,Sire,die unsinnigePrärogative, dieaufdiehöchstenPlätzedieMittelmäßigkeitoderSchlimmeres setztunddenmeisten Unterthanen dasInteressean einemLande nimmt,indemsie nurUngemachund Erniedrigungfinden. Miß- trauen Sie derüber die Erde verstreuten Aristokratie,die eine GeißelderMonarchen(mehrnochals derRepubliken) istund die,von einem bis zum anderen Ende desGlobus,dieMensch- heitbedrückt.NichtdieKönigewerden gefürchtetundgehaßt,son- dernihre Minister, ihreHöflinge,ihrAdel,mit einemWort: ihre Aristokratie. ,WennderKönigwüßte«,sagtdasBolk. Bezahlen Sie auchJhreBeamten besser; vergessenSienicht, daßes eine falscheSparsamkeit ist,dieMenschen schlechtzubezahlen.Die

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1813. 343 Beamten müssenunterJhrem Szepterhöhergeachtetwerden,als siesunter JhremVorgängerwaren. FriedrichhattedieManie;

dieUniformniemals abzulegen;als ob ernurder Königder Sol- datenwäretDieseLegionärtrachthatnichtwenigdazu beigetragen, dasAnsehenderEivilbeamten zuverringern. SeienSieauchder.

ersteFürst,indessenStaat jederArbeitwilligeArbeit findenkann.

Alles,was athmet, muß,wenn es arbeiten will, ernährtwerden.

BeiIhnen giebteszu viele Arme;namentlichinBerlin. Mit tiefer Trauer mußman aussprechen, daß jeder zehnte Bewohner Jhrer Hauptstadtvon öffentlichenAlmosenlebt;unddiese Zahl wächstnochvonJahrzuJahr.Eine verständigeErziehungmuß Jhre Unterthanen zur Arbeit tauglich machen.Eswerde Licht!

AufdenRuf Jhrer Stimme dringtdasLicht durchdieSonne;

undseinegöttlicheGlorie wirdJhrHaupt schönerschmückenals allerLorber,denderEroberer heimbringt.EinLand kannnur

glücklichsein,wennseineMenschengeachtetwerden,dietyrannische HerrschaftdesEinen überdenAnderen verhindert wird,dieGe- rechtigkeitunddasEigenthuminhohemAnsehen steht.Was hat dergroßeMann, derJhr Vorgängerwar, mit allseinenAnstrens gungen erreicht? HaterJhneneinreiches, mächtiges, glückliches Land hinterlassen? NehmenSieihmdenmilitärischenNuhmund dieleicht versickerndenQuellen des Staatsschatzes: was dann bleibt, ist schwach. BefreienSie das Gewerbe,dieKünste,das Handwerk, denHandel,ihn, der nurim SchattenderFreiheitleben kannundzufriedenist,wenn derKönig ihm nichtszuLeidethut.«

(Fragmentaus demBrief, den,am TagderThronbesteigung, Mirabeau an denKönigFriedrich WilhelmdenZweitenvon Preußen sandte.Derselbe Mann, der in dieGeheimgeschichte desberliner Hofes schrieb:»DreiViertel allerBerliner mühen sichjetzt,zuerweisen, daßFriedrichderZweiteeingewöhnlicher Mensch,kaumvon Durchschnittswuchs,war. Wenn sein großes Auge, das, jenachdemWillenseinerHeldenseele, bezaubernoder entsetzenkonnte,nur füreinesBlickesDauer sichwiederaufthäte:

hätten diesealbernen Schmeichler auchnur denMuth, inScham zuersticken?«DerfrühsteWarner kam ausFranzenland.)

DieSchamprobewardden Strebern erspart. Dochvonallen Hoffnungwünschennichteiner erfüllt.Unddemzweitenfolgteder dritte FriedrichWilhean derGenußsuchtängstlicheSchwäche.

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3216 TDieZukunft-s

»Niemandübersah noch vollständig,wieschwerdie Armee durchdentiefenSchlummerdesletztenJahrzehntesgelitten hatte.

DergemeineSoldatthatmechanischseineSchuldigkeit.DieMassen desVolkes blieben kalt undgleichgiltig;nur dieAlten,die den großenKönig nochgekannt,vertrauten fest aufdieFängedesPreu- szischenAdlersundsprachen prahlendvondemZugenach Paris.

Sobeganndereinzige gänzlichverloreneFeldzug derglückhaften preußischenKriegsgeschichte.Beispiellos,wie dasAufsteigendie- sesStaates gewesen, sollte auch seine Niederlage werden,allen kommenden GeschlechternunvergeßlichwieselbsterlebtesLeid, allen eineMahnung zurWachsamkeit,zurDemuthund zurTreue.

FurchtbarrächtesichnunderselbstgefälligeHochmuthderbe- quemen Friedenszeiten. Keiner derfestenPlätzewar gerüstet;

denn Niemand hattedas Pordringen desFeindes bisindas HerzderMonarchiefürdenkbargehaltenzderschwerfälligeStaatss haushalt, dernachderWeiseeinesgutenHausvaters die Aus- gaben nachdenEinnahmenbemaß,gebot auchgarnichtüber die Mittel für außerordentlicheFälle. Mancherderabgelebtenalten Jestungskommandanten war injungen JahreneinwackererOffi- ziergewesen;dochihr Pflichtgefühl entsprangnichtderVaterland- liebe, sonderndemStandesstolz.Das Heerwar ihnenAlles;er- froreninsteifem Dünkel,erwarteten siegelassendenunfehlbaren Siegderfriderizianischen Negimenter. Alsnun diesinnverwirs rende Kunde von derNiederlagedurchdasLand flog,alsdie Trümmer diesesunüberwindlichenHeeresinMagdeburg an- langten,die ganze StadtmitSchreckenund Verwirrung erfüllend, daward den alten HerrenzuMuth,als gingedieWelt unter.

Jeder Widerstand schien ihnen nutzlos;was ihremLeben Halt gab,wargebrochen.NachdemFallvonErfurt,das sogleichnach derSchlachtschimpflichkapitulirte, öffnetenbaldauchdieHaupt- festungendesaltenStaates, Magdeburg, Küstrin, Stettin, und mehrerekleinePlätzeihreThore.Ueberall zeigtedieHaltungder Be·satzungen,daßsieeinesbesseren Loses würdigwaren. Junge OffizierezerbracheninwilderVerzweiflungihreDegen,gemeine Soldaten setzteneinander dieMuskete ausdieBrustundfeuerten ab,um nur denSchimpfderKapitulationnichtzuerleben; in Küstrinmeuterten mehrereBataillone gegen denehrlosenKom- mandanten. Aber so machtloswar nochdasöffentlicheUrtheil:

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keinerdieserPflichtvergessenenAltenhatnachher,alsdieschimpf- liche Strafe ihn ereilte,einbeschmutztesLebendurch freiwilligen Todgesühnt.Die Armee warvernichtet.DurchdenFallvonStettin undKüstrinwardauchdieOderlinie unhaltbar und völlig aus- geschlossenschienderGedanke,mitdenostpreußischenRegimentern jenseitsderWeichsel nocheinen letztenWiderstandzuversuchen.

Napoleonschriebdem Sultan befriedigt:,Preußen ist verschwun- den«;undselbst Gentzmeinte: ,Eswäremehrals lächerlich,an dieWiederauferstehung Preußens auchnur zu denkenll Schon ofthattedieHauptstadtdenLandesfeindinihrenMauerngesehen;

doch jetztzumerstenMal inPreußens glorreicher Geschichtege- selltesichdemUnglückdieSchande.SchamundReue brannten verzehrend inAllerHerzenzunddierohe SchadenfreudedesEr- oberers unterließnichts,wassolcheEmpfindungenstärkenkonnte.

Geslissentlich trugerdieVerachtunggegen Alles,waspreußisch hieß,zurSchau;imKönigsschloßderHohenzollernschrieberun- fläthige SchmähungengegendieKöniginLuise.Rock undDegen FriedrichsdesGroßen schenkteerdenJnvalideninParis,unt-:r Hohnreden gegen diesenHof,derdasGrab seinesgrößtenMannes soschmuckloslasse;denObelisken aufdemroßbacherSchlachtfeld zertrümmertedieKaiserliche GardezdieBictoria vom Branden- burger Thorwurde herabgerissen,um an derSeine ineinem Schuppenzuverschwinden. Welch einAnblick,als dasglänzende NegimentderGendarmes, entwaffnet,abgerissenundhalbver- hungert,injammervollemZustand,wie eineViehheerde,dieLinden hinabgetriebenwurde! Unter Trommelwirbel undTrompeten- geschmetter,infeierlichem Aufzug, trugman die altenFahnenmit demsonnenwärtsfliegenden Adler,ganze Körbevollsilberner Pauken undTrompeten durchdieStadt, beredte Zeugenalten Ruhmes, neuer Schande.Bald wurde verboten,daß irgendeine PreußischeUniformsichinBerlin blickenlasse.

» Esfehlte nichtanZügen ehrloserUnterwürfigkeit.Mancher schlechteGesellbot demEroberer kriechendseineDienstean. Der Haßdes Volkes gegen denUebermuth derOffizierebekundetesich ineinigenempörendenAuftrittenroherSpötterei.Auchdieschwer- fälligePedanterei und diegedankenlosePünktlichkeitdes Be- amtenthumes lähmtendemStaate dieWiderstandskraft.—Unter denFällen offenbaren Verrathes erschienkeinerso schmählichwie

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derAbfall Johannes Müllers. DenpathetischenLobredner alt- deutscherund schweizerischer Freiheit rissendieTriumphedes Jmperators zuknechtischerBewunderunghin.Minder unwürdig, dochebensokrankhaftwar diewissenschaftlicheGelassenheit,wo- mitHegelsichdenUntergang seinesVaterlandes zurechtlegte.

Dermeinte,dieWeltfeelezusehen,alsNapoleon über dasFeld

von Jenasprengte,undzog ausdemFalldesaltenPreußendie kluge Lehre, daßderGeistimmer übergeistlosen Verstandund KlügeleidenSiig davo.itrage.Beim Einzug Napolcons war dieHaltungdergroßen Mehrheit des berliner Volkes würdig.

SohattenochNiemand zu demImperator geredetwiederehr- würdige Prediger Erman,derbeiderVegrüßungam Thorrund heraus sagte,einDiener desEvangeliumsdürfe nichtdieLüge aussp: echen, daßersichüberdenEinzugdesFeindesfreue. Und inmitten derSorgenundMüheneines hartenRückzuges stiegen inScharnhorstsfreierSeeleschondieerstenGedanken derHeeres-·

reform auf:mitüberzeurenderKlarheiterörterteerinGadebusch, in einem GesprächmitMüffling,wiedieTheilnahmlosigkeitdes gemeinenSoldaten unter denniederschlagenden Erfahrungen derletztenWochen dochdieschwerste,derletzteGrund allesUn- glücks seiundwie esjetztgelte, dieArmeealsoumzugestalten,daß siesicheins wissemitdem Vaterland. (AllgemeineWehrpflicht-) Preußen behieltvonden 5700Geviertmeilen, die derStaat, Hannover ungerechnet, vor demKrieg besaß,nur etwa 2800,Von seinendreiundzwanzigKriegs-undDomänenkammern nur die acht größten,von93X4nur 41X2Millionen Einwohner. Das Werk Friedrichs desGroßen schien vernichtet.Der Staat schiennurnoch wenig umfangreicher alsimJahr1740undweitungünstigerge- stellt;zurückgedrängtausdas rechte Elbufer,allerseiner Außens postenimWesten beraubt, stander unter derSpitzedesfranzösi- schenSchwertes. Seine gerettetenProvinzen,Schlesien, dasver- kleinerte Altpreußen, die nochübrigenStückevonBrandenburg undPommern, lagenwie die dreiVlätter einesKleeblattes,durch schmale Streifen verbunden ;jedenAugenblick konnten, aufeinen Wink desJmperators, diePolen von Osten,dieSachsenvon Süden her,dieWestfalenausMagdeburg, dieFranzosenaus MecklenbnrgundHamburg gleichzeitiggegenBerlin vorbrechen unddasNetzüberdemHauptederHohenzollernzusammenziehen.

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1813. 3219 AndenHöfendesRheinbundes herrschtelauter Jubel,da der einzige deutsche Staat, der eineGeschichte,eineigenesLebenbe- saß,alsowieder indas allgemeinedeutscheElend hinabgestoßen wurde.DieMittelstaatenstandenamZielihrerWünsche:siehatten keinedeutsche Machtmehr zufürchtenundzu beneiden. JhreOffis ziere prahltengern, wie wackersieselberbeiderDemüthigungdes .

norddeutschenUebermuthesmitgeholfen hätten, wußtennichtges nugzuerzählenvon denWundern derpreußischenDummheit- Sogingdas altePreußenunter demFrohlockenderdeutschen Kieinstaatereizu Grunde. Entwaffnet,geknebelt,verstümmelt,lag diepreußischeMonarchie zuRapoleonsFüßenzmitvollendeter SchlauheithatteerAlles vorbereitet,umsiezurgelegenenStunde zuvernichten.(Fragmente ausTreitschkesDeutscher Geschichte.)

Quantaemoliserat, germanam condere gentem!Schon scheinen alleLeuchtfeuererloschen. Schon stöhntaus derBrustdesFrei- herrnvom Stein-der Zornüber diewirrsälige Schwachheitder berliner Hospolitik:»Preußenwirdunbedauert undohne Nach- ruhm untergehenundman wirdesfüreinGlückhalten, daßeine Macht,diedurch ihrenEhrgeizanfangs Europa erschüttert,nach- her durch ihrTripotiren beunruhigt,diekeinePflicht,wedergegen sich nochgegen deneuropäischenStaatenbund, erfüllt hat,zusein aufhöre.«EinAnderer,dernichtsoweitsieht, doch für Preußens Volksthum, demerverwurzelt ist, noch heißerfühlt,siedetüber derFlammedesjungenBlutes andere Wünscheans Schicksal.

Frage: DuliebstDeinVaterland, nichtwahr,meinSohn?

Antwort: Ja,meinVater,Das thu’ ich.

Frage: Warum liebstDues?

Antwort: Weiles meinVaterland ist.

Frage: Dumeinst,weilGottes gesegnethatmitvielenFrüchs ten,weilvieleschöneWerkederKunstesschmücken,weilHeldem Staatsmänner undWeise,derenNamen anzuführenkein Ende ist,esverherrlicht haben?

Antwort: Nein,meinVater;Duverführstmich.

Frage: Jch verführteDich?

Antwort: DennRom unddasegyptischeDeltasind,wieDu mich gelehrt hast, mithrüchtenundschönenWerkenderKunstund Allem,was großund herrlichseinmag, weitmehr gesegnetals Deutschland.Gleichwohl.wenn DeinesSohn-esSchicksalWollte,

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350 Die Zukunft.

daßerdarin lebensollte, sowürdeersichtraurig fühlenundes nimmermehrsoliebhabenwiejetzt Deutschland.

Frage: Warum also liebstDuDeutschland?

Antwort: Mein Vater, ich habeesDirschongesagt!

Frage: Duhättestes mirschon gesagt?

Antwort: Weiles meinVaterland ist.

Frage: Was hältstDu vonAapoleom demKorsemdembe- rühmtestenKaiserderFranzosen?

Antwort: Jchhalte ihn füreinen verabscheuungwürdigen Menschen, für denAnfangallesBösenund dasEndeallesGuten;

füreinenSünder,denanzuklagendieSprachederMenschen nicht hinreichtundangesichts dessendenEngeln einstamJüngstenTag der Odem vergehenwird.

Frage: SahstDuihn je?

Antwort: Niemals, meinVater.

Frage: Wie sollstDuihnDirvorstellen?

Antwort: Als einen derHölle entstiegenen Bcterm«5rder, derherumschleichtindemTemPelderNatur undanallenSäulen rüttelt, auf welchenergebautist.

Frage: Wann hastDuDies imStillenfürDich wiederholt?

Antwort: Gestern abend,alsichzu Bette ging,und heute

morgen, alsich ausstand. .

Frage: Undwann wirstDueswieder wiederholen?

Antwort: Heute abend,wennichzuBettegehe,und morgen früh,-wenn ich aufstehe.

Frage: Gleichwohl, sagtman, sollerviele Tugendenbe- sitzen.Das GeschäftderUnterjochungderErde sollermitList, Gewandtheitund-KühnheitvollziehenundbesondersandemTage derSchlachteingroßerFeldherr sein.

Anwo rt: Ja,meinVater, sosagtman.

Frage: Man sagtesnicht blos;eristes.

Antwort: Auch-gut; eristes.

Frage:- MeinstDunicht,daßerum dieserEigenschaften willen BewunderungundVerehrung verdiene?

Antwort: Duscherzest,meinVater.

Frage: Warum nicht?

Antwort: Daswäreebenso feig,als obichdieGeschick- lichkeit,dieeinemMenschenimRingen beiwohnt,indemAugen-

(13)

1813. 351

blick bewundern wollte,daermichindenKoth wirftund mein AntlitzmitFüßentritt.

Frage: WeralsounterdenDeutschenmagihnbewundern?

Antwort: Dierobusten Feldherren etwa unddieKenner derKunst.

Frage: Und auch Diese,wann mögen sieeserst thun?

Antwort: Wenn ervernichtet ist.

Frage: Sage mir,mein Sohn, wohin kommtDer, welcher liebt? JndenHimmeloderindirHölle?

Antw ort: JndenHimmel.

Frage: UndDer,welcherhaßt?

Antwort: JndieHölle.

Frage: AberDerjenige, welcherwederliebtnochhaßt:wo- hinkom»mtDer?

Antwort: Welcherweder liebtnoch haßt?

Frage: Ja! HastDudieschöneFabel vergessen?

Antwort: Nein,meinVater.

Frage: Nun? WohinkommtDer?

Antwort: Der kommtindiesiebente, tiefsteund unterste Hölle.(Heinrichvon Kleist: Katechismus derDeutschen.)

DerTonkann imwüstenLandnimmermehrnun verklingen.

WoDirGottes Sonne zuerst schien,woDirdie Sterne des Himmelszuerst leuchteten,woseineBlitzeDirzuerstseineAllmacht offenbartenund seine Sturmwinde Dir mitheiligenSchrecken durchdie Seele brauseten: daistDeineLiebe,daistDeinVaterland

»WodasersteMenschenaugesichliebend überDeineWiege neigte,woDeineMutterDich zuerstmitFreuden aufdemSchosze trugundDein VaterDirdieLehrenderWeisheitunddesChristens thumsinsHerzgrub:daistDeineLiebe,daistDeinVaterland.

UndseieneskahleFelsenundödeJnselnundwohneAr- muthundMühe dortmitDir:Du mußtdasLandewigliebhaben;

dennDu bist einMensch undsollst nicht vergessen,sondernbehal- tenin Deinem Herzen.

Auch istdieFreiheitkeinleererTraumundkeinwüsterWahn, sonderninihrlethein Muthund DeinStolzund dieGewißheit, daßDuvom Himmelsiammest.

DaistFreiheit,wo Dulebendarfst,wieesdemtapferenHers zcngcfälltzwoDuin denSitten undWeisenundGesetzender

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