• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 21. September, Jahrg. XV, Bd. 60, Nr 51.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 21. September, Jahrg. XV, Bd. 60, Nr 51."

Copied!
44
0
0

Pełen tekst

(1)

xfzJahrg. get-tmden21·.geht-einherIM. Alt.51

ie alman

Herausgehen

Maximilian Larven.

-

»« Inhalt:

. "" . Seite

Dimensi-. .......«"..I·.................... .419

Rand-m- amDein-. VonMari- vouzunsen ..-...........424

Univerlalgekchschte aufderHochschule Vonzart »san«-recht ·.·....432

Herbstsonetb VonHiefau Zweig ....................439

per MAan VonFauna Etügec .......·...........440

Mehlkmrktlh VonHochaczewssi ......-.......·.....444

Dunkilmnllrlxe Ernst-. VonHitsthvetg undzkekuftlsmidt ........446

Nachdruck verboten.

»

Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5Mark,dieeinzelneNummer50Pf»

Berlin.

Verlag der Zukunft.

Wilhelmftraße3a.

«

1907.

(2)

Umsc-

slen

Perle-»

erei-

znlmun Berti-h

Wislseømswsaase

Its

emsig ihn-ol-

chmthwlce

4»noner-Ernetlcnouem

Z»Am-Js-

e

!

»D

h-geraten-Jmmlmse

fis-·

lIlax alt-Ich s- co., ««"’"’::F«HIZZHJCM Bankgeschäft, Berlin sw. ll, Königgrätzerstr.45.

Fernsprecher: ArntVl: Telegratnme: litt-lenk-

No. 675Dlrelctlom

» Kasseu.Effektenndtellunk.

I

:,VIIIKuxenshtellung. Ausführung aller lnsBankfuch ein-

»7916 schlagenden Geschäfte

spezlalsAbtellung fürKuxeundunnotlerte Werte-

9—1und3—5Uhr.

Bank für Werte ohne Börsennotjz G.m.b. l-l.

Berlin, Wilhelmstrasse 708- WITH-IIILZZFZIZHZHZZZ

An- Verkauf von Aal-len, obligatlonen ohne Börsennotlz Anteilen von

G.m. h.li.sowie von lcnxen u.BolussAntelleu Baader-Abteilung fürDeutsche

Kolonialwekte. Ausführl Kurs-end u.Ausküntte stehen lntetessent kostenL zurVerfügung.

Kelch-bank-6lro-l(onto.

Fletlkllllg8llelctlltl—lohes-nunteuux

Berlin W.9,Bellevuestr. 4Etng- saloneleganlekpuriser Gesellschaleuntl Strassen-loilellen.

s pezia1i t ä t: Abendtoilettem

sanatorlurn f.Magen-, Darm-

Leberleldende u.

Operationslose Kur.

steil-kranke-

Ur.meld. schürt-inves- serlln ZW» Königs-sauerstr.lloc.

Wis- bauen seitJahren nureineType: Ungern50pfers digengrossen Tourenwagen. Wirbauen ihndaher vollendeter undpreiswerter alsjedeandere Fabrik.

,,Zijst«München clernensstr. 27

,,Züst«Berlin

UnterdenLinden 42

,,Züst« stuttgart Königs-en14

---(-

(3)

ft

-«-

«.X

,-' I. -i«-.",,s .«.

«-

«. l -'—·-’ss

-- · «

-

, .

t ·-

,-

’Q’(P’«Z’ OVHTU

L- I-

O

L

Al-Ed. O. OFLQO L L L

JM JE·VI«8— «Of«JCJM

Berlin, den 21.Hepkembrr 1907.

f

DXJLXT f

Dementi5.

I.

MmdrittenSeptember istimHannoverschenCourierein Artikelerschie- nen,deralsvoneinem,,gelegentlichenHerrnMitarbeiter«stammend bezeichnetwurdeund dieUeberschristtrug:»UnsereauswärtigePolitik-«.Das MeritorischedesArtikels könnte zurErwähnungkeinen Grundbieten. Ne- benallgemeinenRedensarten,derenStilschonaufunklaresDenkenschließen läßt, stehtdie mindestensunklugeFrage,obDeutschlandneutralbleiben wür- de,wenn eszwischendenVereinigtenStaaten unddemKaiserreichJapan zumKriegekäme;eineFrage,dieselbsteinsehrjungerGesandtschastselretär heuteausdempolitischenTheilin dieRäthseleckederZeitung weisen,nicht abermit der MienedesEingeweihtenöffentlicherörternwürde.DieseMiene nimmtder»gelegentlicheHerrMitarbeiter-« des nationalliberalen Blattes an,umseinePersonalwiinscheundPersonalbeschwerdenansLichtzubringen.

ErstelltsichhöchstempörtüberdieThatsache,daßdieMeldung,derDeutsche BotschafterinWashingtonwerde wegenschlechtenGesundheitstandesausdem Dienst scheiden,»wederinenergischerosfiziöserFormdementirt nochdiedoch wohlbekannteQuellezurVerantwortunggezogenwordenist.«Ernennt diese Meldungdie,,Verdächtigungeines im AmtbefindlichenBotschafters«und behauptet,in denVereinigtenStaaten habees»denschlechtestenEindruck gemacht,«daß»dieunentschlosseneHaltungderReichsregirung«solche»Ver- dächtigung«ungesühntließ.AuchdiesesthörichteGerederichtetsichselbst.Jn Washingtonweißman so gutwiehier,daßunseremBotschafterderAbschied nurgewährtwürde,wenn erselbstdarumbäte undseinGesuchaufeinzwingen- desärztlichesGutachtengestütztwäre. Weder derBots chasterselbstnochdieuns

34

(4)

420 DieZukunft.

besreundeteBundesregirung,bei dererbeglaubigtist, zweifeltdaran, daßman

sichzusolchemPersonenwechselhiersehrungernentschlösse.DasGerüchtfeier- lichzudementiren,war umsowenigerAnlaß,als Baron Sternburgselbst mehralseinmal derSorgeAusdruckgegebenhat,zu einerUnterbrechungseiner amtlichenThätigkeitgezwungenzuwerden,wenn seineGesundheit sichnicht bessere.Wir können unsalsodieMühe sparen, nach der,,Quelle,diezurVer- antwortunggezogen werdensoll«,zuforschen.DasZieldesAngriffesistbe- kannt und imKapitelderfalschenAnschuldigungennochPlatzfür ähnliche ThatenpatriotischenEifers.Wer dieungünstigenGesundheitverhältnisfeeines Beamten erwähnt,verdächtigtihn nach unsererAuffassungdamitnoch nicht.

Undnur Verdächtigungist »in energischeroffiziöierForm«abzuwehren.

Solche Verdächtigungunternimmt aber der»gelegentlicheHerrMit- arbeiter«.Offenbarin demGlauben, siewerdehingenommenwerden,wenn . erindemselbenArtikeldemHerrnReichskanzlerrecht skrupellosschmeichle.

Erhat dieGüte,demFürstenBülowdieMeisterschaftfürinternationalePo- litikzuzusprechen;fügtdannaberhinzu,derReichskanzlerkönne,,großeFehler«

nichtvermeiden,weilervonderPolitischenAbtheilungdesAuswårtigenAmtes schlechtbedientwerde. WährendimForeign Office einundzwanzig Herren arbeiten,dieseit ihremzwanzigstenLebensjahrzurDiplomatiegehören,seien bei unsvierHerrenausderKonsulatskarrierein diePolitischeAbtheilungge- kommen.DieBehauptungist,soweitsiesichausEnglandbezieht,falsch.Auch inLondonpflegtmandieAuswahl fürdeninnerenDienst nichtaufdenKreis der«

Beamtenzubeschränken,diein einerBotschaftoderGesandtschaftanwichtiger Stellegearbeitethaben;dieseSpezicsistheuteimForeignOsficedurchden einen SirCharles Hardinge vertreten, dessenStellungnureinJgnorantderunserer Geheimräthevergleichenkann. BeiunshatdergerügteWahlmodussichdurch- ausbewährt.JndemArtikelwerden dieGeheimr ätheKlehmet,Zimmermann undZahnalsfür ihren Posten untauglichbezeichnet.AuchdemUnterstaatsses kretär,HerrnvonMühlberg,wirdungenügendeVorbildungfür»hohePolitik«

nachgesagt;er wirdfernerals,,Eleve desHerrnvonHolstein«dermaßgeben- denStelledenunzirt.Einen Mann vondemAlter undRangdesUnterstaatss sekretärseinenSchülerzunennen,istgeschmacktos.Soll diehäßlicheWendung abernur sagen, HerrvonMühlberghabe, seiterausderHandelspolitischen indiePolitischeAbtheilungversetztwordenist,vonderenfrüheremLeiter ge- lernt, sowäresolchesZeugnißalseinLob, nichtalseinTadelanzunehmen. Jn derselbenLageist ja nichtnur dervorhinerwähnteBatschaftersfürdensich trotzdemder»gelegentlicheHerrMitarbeiter-« inüberflüssigenSchweißredet,

(5)

Tementis 421

sonternauchderHerrReichskanzler,dernievergessenwird,wie vielerdem RathundBeistanddesHerrnvonHolsteinzu dankenhat. DieLegendevon derholsteinifchenSonderpolitik ist aufgekommen,alsFürstBülow krankwar.

DasDementi,das damals ausblieb,istleiderauchjetztnochzeitgemäß.Der WirklicheGeheimeRathvonHolstein hatinjedemAugenblick,insbesondere auchin dermarokkanischenAngelegenheit,dievomReichskanzlervorgeschrie- beneodervorderAusführunggebilligtePolitikgetrieben.ObdiefePolitik gut oderschlechtwar: derReichskanzleralleinhatsiezu verantworten. Nichtnur staatsrechtlich;ohneseinWissenundWollenist nichtder kleinsteSchritt gethan worden-Dasfestzustellen,wärePflichtdesRessortchefs,auchwenndenHerren, dieimDienstdesAuswärtigenAmtesstehenodergestandenhaben,dieMög- lichkeitderSelbstvertheidigungdurchdenStrafgesetzbuchsparagraphen353 nichtsoengbegrenztwürde. DerneustePersonalklatschfordertzunochschrof- fererAbwehr heraus. Zwar müßtejederVerständigesichsagen,daßeinReichs- kanzler,derdieBeseitigungschlechterMitarbeiter nurmit derHilfevonPresse undParlamentdurchsetzenkönnte,selbstkaum einenSchußPulver werth sein könnte.FürstBülowwürde aberglauben,dieeinfachsteAnstandspflichtzu verletzen,wenn ernichtunzweideutigerklärenließe,daßdieAnschuldigung völligunbegründetistunddieLeistungfähigkeitderviergeschmähtenBeam- tensichstets auf derHöheihrer Aufgaben gehalten hat. DieseErklärungist schondeshalbnöthig,weilsonstderGlaubeentstehenkönnte,derAngrisfwerde vonder denAngegriffenenvorgesetztenBehördegebilligtoderhabe wohlgar unterdemSchutzderAmtsflaggedenWegin eingeachtetesBlattgefunden.

DaßgeradeliberaleBlättereinen Artikelaufnahmenundweitergaben,derdie bürgerlichenRäthedesAuswärtigenAmtesbeseitigenunddieKonsulnals eine gonsminor verrufen möchte,istja auffällig.Vielleichthatman wirklichge- glaubt,durchdieAufnahmedenDankeiner voroderhinterdenCoulissenthä- tigenPersönlichkeitzu verdienen.Daswäre einJrrthum.DerHerr Reichs- kanzler,demHerkunftundZweckderJntriguenichtunbekannt sind, läßtsich durchplumpe SchmeicheleinichtvonderErfüllungderPflichtabbringen,die VerdächtigungtüchtigerBeamten »inenergischerForm«zurügen.

II.

DieRegirung derFranzösischenRepublik hatdenMächten,dieaufder

"Marokko-Konferenzvertreten waren,mitgetheilt,sie habedieAbsicht,diePo- lizeitruppenfürdiemarokkanischenHafenstädteeinstweilenausfranzösischen undspanischenSoldatenzusammenzusetzenDerTextunsererAntwortistbisher

sp-

(6)

42 2 DieZukunft.

nichtveröffentlichtworden.SokonntedasGerüchtentstehen,dasDeutscheReich habederAusführungdieserAbsicht,als einemnothwendigenProvisorium, zugestimmtundnur angedeutet,dieMarokkaner könntendieseArtderZusam- mensetzungalslästigempfinden. Auch diese Andeutung,wurdeineinzelnen Zeitungenerzählt,seinicht ernstgemeint;demBotschafterderRepubltk sei gesagt worden,die berlinerRegirungwerdeFrankreichkeinerleiSchwierig- keitmehr machen,müssenurdieOefsentlicheMeinung erstandasneueVerhält- nißgewöhnen.DieseGlissirungen,derenZveck leichtzu erkennenist, fälschen Sinnund Wortlaut derdeutschenNote. Sieweist nichtausdieEmpfindungen derMarokkaner,sondernaufdieAlgesirasakte,derenerstesKapiteldasPolizei- wesenordnet.Daheißtes:LapoliceSera recrulee par lemaghzen parmi les musulmans marocains, commandee par descaIdsmarocains etress partiedansleshuitportsouverts aucommerceNurle cadredesinstruci teurs delapolicecheritien nesollausfranzösischenundspanischenOfsizieren undUnterofsizierenbestehen.Daß wir,als der neutraleGeneralinspektorzuge- standenwar,dieseBestimmungannahmen,wareinewerthvolleKonzession,ein BeweisunsererFriedensliebe DieZumuthung,neueBeweisedieserGesinnung zugeben,müßtenwirablehnen.UnterkeinenUmständenwerdenwirüberdas inAlgesirasBewilligtehinausgehen.WirddieHafenpolizeiinFrankreichund Spanien rekrutirt,dannstehtsienichtunterdersouverainenMachtdesSultans und kannnatürlichauchnichtoo ndemStabsossiziereiner neutralen Machtin- spizirtwerden.Dannwären dieHåsenvonfranzösischenundspanischenTrup- penbesetztundmankönnte wederooninternationalerK ontrolenochvonGleich- berechtigungreden. Die Marokkanermüßtenglauben, zehnSignatarmächte hättenaufallihreRechtezuGunstenzweier verzichtetunddiedreizehnte,das Scherisenreich,seiderKraftzuselbständigemHandelnberaubt.Nachgiebig- keit könnte unsnurSpotteintragen.Wir haltenunsanden Wortlaut der Akte. Glaubt dieRegirungderRepubliksichdurchihnnichtgebunden,meint sie,wieihr GesandterinCasablanca gesagthabensoll, thunzudürfen,was ihrangeblichesInteresseverlangt,dannwerdenwirgenöthigtsein, ihrzum Bewußtseinzubringen,daßauchim internationalen VerkehrderKontrakt- bruch strasbar ist.DasdeutscheVolkhatnie darangedacht,Marokkos wegen zu denWissenzugreifen;aber es wird denschwerstenKampf nicht scheuen, wenn dieEhredesReichesund dasWortdesKaisersangetastetwerdensoll.

Die VerbändetenRegirungenmüßtenjedenVersuch,dieAlgesirasaktevon irgendeinerSeite herzudurchlö"chern,als einesehrernsteAngelegenheitauf- fassen.DarüberistderFranzösisch-nRepublikkeinZweifelgelassenworden.

(7)

Dementis. 423

» In.

Jnder1ndcåpendanceBelgevom ersten Septemberwurde erzählt, derJnhaltdesGespräches,dasKaiserWilhelmin Kiel mit demfranzösischen AbgeordnetenEtiennehatte, seijetztbekannt.DerKaiser habezu demFran- zosen,derzunächstnuranFinanztransaktionengedachthatte,gefagt:,,Deutsch- land undFrankreich,lieberHerr Etienne, müssengegenEngland, Chinaund JapaneinfestesBündniß schließen;diesedreiReiche sind unserenatürlichen Gegner.«DerAbgeordnetehabeerwidert: »DaskönnteFrankreichnur,wenn ihmseinealtenGrenzenwiedergegebenwären.« Die Antwort SeinerMaje- stäthabeinAchselzuckenundliebenswürdigemLächelnbestanden.Der Be- richterstatterverbürgtsichfürdieWahrheitseinerDarstellungunddroht,er werdenacheinerAbleugnungdeutlicherwerden.Wir habendieGeschichtebis- hernichterwåhnt,weil wirannahmen,nirgendswerde einvernünftigerMensch glauben,daßderVertreter desDeutschenReichessozu einemFremden,einem Franzosengesprochenhabenkönne.Nunmachtdie ErfindungaberdieRunde.

JnEnglandwirdschonerklärt,dieZusammenkunftinWilhemshöheseieine leereFormalität gewesenundin Berlin werdeaufdie»PolitikdesKrüger- telegrammes,desDreizacksund dergepanzertenFauft«nichtverzichtet.Auch inOstasienwird mitderBehauptung,derKaiserwollezweiKontinentezum KriegegegendiegelbeRassevereinen,eineneueDeutschenhetzebegonnen.Wer dazuschwiege,gerietheamEnde in denVerdacht,erhabe nichtszu erwidern.

An der ganzenGeschichteistkeinwahresWort.DerKaiserhatinfast zwanzigjährigerRegirungbewiesen,wievielihmaneinemgutenVerhältniß zuEnglandliegt. AuchdieostasiatischenVölkerhaben nichtdengeringsten Grund, ihmkriegerischeAbsichtenzuzutrauen.ErhatHerrnEtiennemitkeiner SilbeeinenBündnißplanangedeutetundhätteihn nach einemHinweis auf Elsaß-Lothringenwederangehörtnochgar, wieerthat,andenReichskanzler adressirt.DerJnformatordesbrüsselerBlattes,das derFranzösischenRe-

publikbeipassenderGelegenheitgernNachbardiensteleistet, rechnetnur mit derMöglichkeit,daßHerrEtienneihm widersprechenwerde,undsuchtihndurch Drohung einzuschüchtern.Ervergißt,daßderWiderspruchnochvoneiner anderen, seiner Rache unerreichbarenSeitekommen konnte:vondemfürdie ReichspolitikverantwortlichenKanzler,fürdenvonderStunde an,wosolche GesprächedesReichsoberhauptesmöglichwürden,kein Raum mehrwäre.

DieseDementis sindin derNorddeutfchenAllgemeinenZeitungnicht erschienen.DasReichsinteressefordert sie.DerReichskanzlerschweigt.

J

(8)

424 DieZukunft.

Randazzoam Aetna.

Tagebuchseiten.

Freitag,amdreiundzwanzigstenNovember 1906.

mLaoaklippenufervonKataniaerwarteichdenZug.Ueber derBrandung sind rosagoldeneTöne;dieTagewerden bereits bedenklichkurz. Sonst reistessichimHerbst,auch imSpätherbst,wundervoll inSizilien. DasLand ist ziemlichfremdenimmun,diebesonnte Ferne hat einen-milchweißenDunst, überall dieWeinlese,mitrothgelbemLaubundpurpurnen Trauben, inden GärtenjenerberückendeZweiklangdermattsaphirblauenPlumbagoblüthen,der tiefviolettenWinden. AberdieTagewerden kurz.

EndlichkamderZug.Wirfuhren durch merkwürdigeOrangenhaine;

einerstarrtes Gewühlvon wildumhergeworfenen schwarzenLavablöckemund zwischenihnenundüberihnendasLaubvonunzähligenOrangenundLimonen, von weißen Blüthen durchduftet,von Früchten durchleuchtet.Einebenso grausameswieüppigesLand.

Jmmerwar derAetna inSicht.Vormehreren Wochen hatte ichihn zuersterblickt. Jchwanderte aufdereinsamen EpipolaeebenebeiSyrakus, inmitten uralter Hausfundamente, verlassenerBrunnen,von lilaJrisblumen undaromatischemRosmarinkraut umgeben. Da,mitteninflimmernd hellen Wolkenstreisen,ragte plötzlichEtwas inunwahrscheinlicherHöhein dieLuft.

WieeinemahnendeErscheinungSeitdem war seine Näheimmerinstinktiv fühlbar gewesen; auchwenn unsichtbar, verschleiert:erwar da,beherrschtedie JnselunddasMeer.

Eineblaugraue Dämmerung,miteinigenSternen: imschwachenSchein deserstenMondviertels erhob sichderBergim matten, abergewaltigenUmriß;

gespensterhaftschimmerte hochobenderSchnee.AmWeg wuchsenAgaven- hecken;ihre langen, starrenBlätter krümmtensich,recktensich, selbstindieser Beleuchtung,klarumschnitten. Hinter ihnen Olivenwälder;einunbestimmtes, grausilbernes Geflimmer. -

EinlangsamererZug istkaum denkbar·JndemSalonwagenderersten KlassesaßeneinfacheLeute;beiunswürdeman siein den anderenAbtheilungen vermuthen.Einejunge Frau,zweiMänner undein Kindstiegen ein;bereit- willigrückten Allezusammen.Der kleineJunge,wieerzähltwurde, vierund einhalbes Jahralt,trugeinweißesPeluchebarettundeinrothes,mitSpitzen besetztesPelucheröckchen;dieMutter,imschwarzen sizilianischenMantel,ihre Hände handschuhlosundverarbeitet. Der OnkeloderHausfreund nahmden Kleinen aus seineKnieundgab ihmeineEigarette. Doch wohleinChokoladen- scherz?Nein: dasWürmchenverlangteFeuerundrauchtedieCigarette ruhig biszu Ende. DieMutter sahunruhigzu,sagteaberkeinWort.

(9)

RandazzoamAetna. 425

EineStunde nachderanderen verlies.Draußenimmerderblaßbe- schieneneAetnaundgeisterhafteBäume. DieMeisten, auchdieGesellschaft mitdem Kind,waren ausgestiegen; so saßman wenigstens bequem. Jchkam mitdenUebriggebliebenen,zwei Herren,insGesprächunderlaubte mireine vorsichtigeBemerkungüberfrühzeitigesRauchen. Entrüstetversichertensie,essei

«

eine,,sporcheria« gewesen. DaßichnachRandazzo wollte,war schonaus meiner UnterhaltungmitdemSchaffnerbekannt geworden.Allehattendie offenbar excentrisch erscheinende Thatsache leiseerörtert. Jetzthofftendie Herren, daßichzudieserNachtstunde noch Obdach findenwerde;wahrscheinlich seiAllesjedochbereitsgeschlossen.

VorsichtigerWeise hatte ich telegraphirt,undalsendlichRandazzoaus- gerufenwurde,trateinfeierlichgekleidetesIndividuum andenWagenund stelltesichmir alsdenGasthofsbesitzervor. AusderFinsternißtauchte nochein zweites Wesenempor, ergriffmeineTaschen, zündeteeine Laterne an: und zwischendunklen Mauern gingesnachderkleinen Stadt. Eswar erst halb Zehn:inRandazzo anscheinend nachtschlafendeZeit.DieGassenwaren aus- gestorben,nur seltenein erleuchtetes Fensterzusehen;aneinerfernenEcke standeineGruppe schwarzverhüllterMänner, in derGrabesstillewaren nur unsereSchritte vernehmbar. Plötzlichragteeinegewaltige,dunkleApsisneben mirempor. Nocheinige Schritte:undderMond schienauf mächtigeThürme undauseine normännischeFassade.Daswar ja imposant;wiekam es,daß ichvon dieser Prachtnochniemals gehört hatte?

DannhieltenwirvoreinemHaus,gingeneineschmaleTreppe herauf undeinganznettesZimmerwurde mirgeöffnet.

VomFenstersehe ich aufdieweißbeschieneneKathedrale.

Randazzo,amvierundzwanzigstenNovember 1906.

Sowie ich ausmache, sehe ich hinaus.Eswar einMondscheintrugge- wesen:dieFassade entstammtklarunddeutlichdemneunzehnten Jahrhundert Nicht übel,imStil korrekt,ohnejeglichesInteresse.Aberwiereizvoll,wie unerwartet sinddieseFrauengestalten,die über denDomplatzgehen,dieStufen hinauffchreitenundimPortaldunkel verschwinden!Alle sind inWeiß gehüllt;

esistderkurze, knappe sizilianischeMantel,der,glattüber denKopfgehend, sichumdieSchultern schmiegtund inprachtvollenFalten herabhängt.Anderswo isterschwarz,mitviolettem oderblauemFutter; hier isterdurchgängigweiß und diesevorbeihuschenden weißen Gestaltenwirken indermittelalterlichen UmgebungwieauseinemMysterienspiel,wie einChorvonDienerinnen aus der,,PrincesseMaleine«.

Jchbeeilemichundbin balddraußen. DerDomwar gewaltig groß geplantworden. DieApsisunddieSchiffe sindausdemzwölftenJahrhundert, steigen wuchtigempor. HerrlichdasGefügedertiefdunklen Lavablöcke;dabei sind sieganzunregelmäßiggeformtundauffallend groß.

(10)

426 DieZukunft-

JndenschmalenStraßenmitihrem prächtigenitalienischenQuader- pflasterkommeich aus Palästeausjener seudalen Zeit,diederkleinenAetna- stadt ihr Gepräge verlieh.EsistdieZeitderVerschwörungenundFehden, deraragonesischenDynastieund ihrer unbotmäßigenVasallen.Durch diese GassenklirrennochdiePanzerderHerzögeund Barone.

Hierherkam damals,wie ein Wetterleuchten, die Kundevon derNieder- metzlungderverhaßtenFranzosen,injenerVesperstundevon Palermo.Man hattecserhosst,geplant;nunwar es, unerwartet früh,zurThat sachegeworden.

Jubelndrottete man sichindiesenengenStraßen zusammen, fielüber die Fremden her,tötete Alle, Männer,FrauenundKinder,auchdieSizilianerinnen, welcheFranzosenbrutunter demHerzen trugen.DieHeerstraßevon Palermo nachMessina führt hier vorbei;bald kamPetervon Aragonienmitseinen TruppennachRandazza Nichtnur alseinemklugenund wohlwollenden Herrscher,vor AllemalsdemSchwiegersohndesKönigs Manfred, ihres letzten Herrschersausdem Normannen- und Hohenstausengeschlecht,wurdeihmmit Begeisterung gehuldigt.

Sein Enkel,Johann,war HerzogvonRandazzozeingefeierterRitter, tollkühnimKrieg,inStaatsangelegenheiten erfahrenundgewandt.Nachdem TodeseinesBruders wurdeerReichsoerweserundVormund desjungen Neffen.

Erwar auchHerzogvonAthen. Nachdemdieaus derSizilianischen Vesper erwachsenenUnruhen sich gelegt hatten, verließeinebuntzusammengewürfelte RittertruppeSizilienundzognach Griechenland,Abenteuer suchend. Erst kämpftensie fürdenWalthervonBrienne, HerzogvonAthen;dann kames zumBruch. Sieermordeten ihnundseineganzeFamilieundboten aus alterAnhänglichkeitihrem hochverehrtenKönigdasHerzogthuman. Er verlieh esdem jüngerenSohn.SowurdeJohannvonRandazzo Herzogvon Athen- JohannsTodseindwar dermächtigsteBaronSiziliens,Matteo Pa- lizzi.Erversuchte,denKönig Petergegen den Bruder zuhegen:esgelang ihm nicht; ausderPontedelPAmiragliovorPalermowaren dieBrüder,einander versöhnt,in die Armegesunken. Späerraunte erdemjungen König Ludwig insOhr,derVormund trachte ihmnach Leben undKrone. Wieoft,wie haßersülltwirdderNamedesConteMatteo hier genanntworden sein! Palizzi hattenichtsBestechendes,hatteaber einenunerschütterlichenGlauben anseinen Stern, war immer von WahrsagernundAstrologen umgeben.Wieeinge- kröntesHaupttraterauf.Erhat Münzengeprägt;inseinemNamenwurde Recht gesprochen.AlssichdasVolkvon MessinagegendenverhaßtenDespoten erhob,ihnlebendin Stückezerriß,seine Gattin,diehochmuthige,,Margarita tedesca«, zu Tode marterte,erklang Jubelindiesen Laoapalästen.

DortistderPalazzo Ducale,einmalerisches,verwittertes Gebäude mit bezinntemThurm. Jn Prachtgewändern,aus Goldmosaikgrund,schautJohann

(11)

RandazzoamAetna. 437

von Randazzo,HerzogvonAthen, noch heutevom ChordesDomesvonMessan aufunsherab.Manches ansprechendeMotivfindetman in denkleinenPalästem hier gekuppelteBogensenster,gewölbteThorwege, hier überspannteinreichverzier- terSpitzbogeneinenschmalenDurchgang. Warme, goldviolette Schatten wersen einigeausladende Sparrendächer,geschmackvolleFlachornamentevoneingelegtem weißemMarmor zeigendeninSiziliensohäufigenarabischenEinschlag.Aus deraltenZeit stammtnoch der SanMartino-Thurm. Seine tiefgrauenLadu- quadernsind schimmlig,mitsenfgelbenFlechten;aus denRitzen sprossenfahle, schwankendeGräser.

EinederengenSeitengassen verfolgend,kommeich durcheingothisches StadtthorinsFreie;pralle förmlichzurück:so überraschendschönistdasBild.

Lückenlosvon deraltenRingmauer umgeben,zieht sich Randazzomitein- heitlich verwachsenem,gleichgetöntemGedrängevonThürmenundDächernam

Abhang entlang. HartanderMauer stürztdieFelswandin dasThal.Dort unten windet sichein Strom, zieht sicheinSteinaquädukt,hebt sicheineReihe vonderSonnedurchleuchteter, goldgelber Pappelnvom Felswandschatten Als Abschlußdieaus Bogen überführteStraße, hinterdersichBergeverketten.Aus demDunkel desThorwegskommenFrauenmittlassischgeformtenAmphoren

»ausdemHaupt;instolzer Haltung ziehen siedenFlußpsad herunter, manch- maldurchFelsblöckeundAgaoenverdeckt·Einestilisirte Landschaft,von be- glückenderHarmonie.

Dann schlendere ich nachdemGasthof zurück.Wiewohlerzogen sind dieSizilianerüberall,wo derFremdenvetkehr sie nichtverdirbt! Alsein einzigesMalKindermichumSoldi bitten, wirdesihnenvonVorbeigehenden untersagt. Einemirfehlende Ansichtkartesuchend,trete ichaneinkleines Winkelgeschäst.Hieristnochderunberührtemittelaltertiche Ladentypus;eine breitePlatte,mitzwei steinernenSitzen nachderStraßezu,andieserOeffnung dieaufgestapeltenWaaren,dahintereindunkler,gewölbterRaum. DerBe- sitzerundich durchstöbernseinenganzen Vorrath,biswirausdasgesuchte BilddesaltenherzoglichenPalasteskommen. Erumwickelt die Kartesorgsam, reicht siemirmitvornehmer Gesteundsagt,indemerdie vierPfennigeent- gegennimmt:,,Grazie aLei,i miei rispetti.«

NachdemzweitenFrühstückziehe ich durchdasHauptthor aufderalten Landstraßeheraus. Ersteineüppige,baumreiche Gegend;dannkommt, unver- muthet,dieödeste Erstarrung. SchwarzgrauderBoden, schwarzgraudas umhergeschleuderteGestein.Abersonderbar: Diesist jaeinLavadors,mitten inderVerwüstung! Niedrige Häuser sindausdendunklen Schlackenge- schichtet,mitrohen DächernundThüren versehen,mitaufgehäuftenMauern umfriedet.Kein lebendes Wesen regt sich,nur einmattbläulich-grünliches, wolssmilchähnlichesUnkraut sprießtausdemschwarzenGetümmel. Einelange,

Cytaty

Powiązane dokumenty

»Wenn ein wohlthätiges Wesen die Welt geschaffen hätte,dann, dünkt mich,hätte es uns glücklicher gemacht, als wir sind.«»Wenn ein Esel allzu schwereLast tragen muß, bricht

So zog denn Alberico mit seinen Truppen, lauter Jtalienern, in Eilmärschen nach Rom. Urban übergab ihm das Banner der Kirche und segnete ihn. Das zwischen Furcht und

Die 194 Millionen, über die sie verfügt (50 Millionen sind, wie gesagt, in Grundbesitz festgelegt), würden dazu ausreichen; der Höchstbes trag der Durchschnittsanlage im Lombard ist

«gegen mich einzuleiten, in der diese und andere Behauptungen geprüft werden möchten. Aber offenbar hat man bald Gelegenheit gefunden, in Berlin den Vorfall als harmlos

Sie müssen immer wünschen,daß die Gesammtheit der Unternehmer einer be- stimmtenBranche zu einem staatlich anerkanntenZwangskartell, zu einer Körper- schaft öffentlichen

zWenn man dann noch hört, daß Oberbeck früher mit Treitschke nah befreundet war, daß er Treitschke für Nietzsche zu interessiren suchte und, da ihm Das nicht gelang, sich

Kauft er sich dann einen 41X2 prozentigen Hypothekenpfandbries, so muß er, wenn er 31X2 prozentige Reichsanleihe hergiebt, rund 90 Mark, nicht so viel, wie er verloren hat, zulegen,

Wenn auch die gelbe (ihm vom Kaiser verliehene)Farbe seines Kleides noch so sehr vom Weggraben, in dem er gelegen,beschmutzt war: Li-Tai-Pe erhob sichdoch immer wieder, um dann