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Die Zukunft, 25. Juni, Bd. 23.

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Berlin, den 25.Juni 1898.

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An den kaiser.

Wurer« Gestalt hatMajestätin den ebenverstrichenenTagen öfteralssonst nochdie Blicke derBürger auf sichgelenkt.MitehrlicherFreudeward es Vonernst gestimmten,demlautenGassenlärmund derPrunksucht abholden Deutschen begrüßt,alsbekanntwurde,derKaiser habedasseltsameAnsinnenabgelehnt, diekurze,vielfachvonschlimmenIrrungen undWirrungen erfüllteZeit- spanne seiner Regirung durcheingeräuschvollesFestzufeiern,undschlicht undstillnur,alseinfromm gläubigerChrist,derHoffnungAusdruckver- liehen,Gott,der überdiesezehnerstenJahre hinweggeholfenhabe,werdeauch weiterhelfen.Dasklangwohlthuendin dasvomstetenFestlärm übersättigte OhrundnährtedentröstendenGlauben,dieleidigeLustanJubelchören, geputzten underleuchtetenHäusern,anMenschenspalierenunddemübrigen Apparat sogenannter Volksfeierlichkeitencntstammeeinerunterhalbdes Thrones gelegenenRegion, nicht,wie dieBosheit munkelte,einemunstill- barenSehnendesgekröntenVertrauensmannes derDeutschen.Dann kam dieKunde, mehralszweiMillionen erwachsener,zurMitwirkunganden ReichsgeschästennachderVerfassung berufenerMännerhättenbei derWahl ihre Stimmefürdieinternationale,inihrem besonderenSinnrevolutionäre undnacheigenemBekenntnißantimonarchischeSozialdemokratie abgegeben;

underschrecktfragte Mancher,wiedieseBotschaft wohl aufdenTrägerder Krone wirkenwürde,derin denschärfstenundschroffstenWendungendas Volk·

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so häufigzumKampfwiderdiesePartei ausriefundnun erlebenmuß, daß währendseinerRegirungzeit geradedieZahlihrerAnhängersichfastverbrei- sacht hat. Ungefährum dieselbeStunde erfuhrman,derMonarch habe sich öffentlichzu einemGefühl »tieferAchtungvordenexaktenWissenschaften«

bekannt;man freute sichdieses modernenBekenntnissesundglitt gernüber dieheikleFrage hinweg,obes andierechteStelle gerichtet,obandemBe- anadetennichtvielmehrnur dietechnischeGeschicklichkeitunddieGabe, fremde LeistungensichbehendanzueignenundsieLaienelegant vorzuführen,zurüh- menwar. Nicht so erfreulichklangdasGlaubensbekenntniß,dasEureMase- stätvordenversammeltenMitgliedern Ihrer Hoftheaterabzulegen für gut hielten.VieleKunstverständigeundkiinstlerischEmpfindendekönnen die dort ausgesprocheneAnsichtnichttheilen,dasTheater solle »eine.derWaffendes Herrschers«seinundpädagogisch-patriotischenZweckendienen ;siekönnennicht finden, daßdieLeistungenderberlinerHofbühnen»inallen Ländern mitBe- wunderung«betrachtet werden, sondernfällengeradeüber dieneuesten Leistun- gendieserBühneneinsehrhartes,einrückhaltlosverdammendes Urtheilund rathen jedemAusländer,diedeutscheTheaterkunstananderenStätten kennen zulernen; sie sind auch nicht,wieEureMajestät,derMeinung, daßvon

»MaterialismusundundeutschemWesen«unserer Bühneheutedieschlimm- stenGefahren drohen, sondern sind überzeugt,daßesdieAufgabedesjetzt lebendenGeschlechtesist, seinervomDeterminismus,vonderEntwickelung- lehreundallenübrigenErgebnissender ebenerstvon Eurer Mafestätge- priesenen exakten Wissenschaftenbeherrschten Weltanschauungdenkünst- lerischenAusdruckzusuchenundzufinden;sie glauben, daßdievonaußen, namentlichvonNorden, OstenundWesten, gekommenenAnregungen für dasWerdenunserer DichtungvonschwerzuüberschätzendemWerth gewesen sindunddaßesfürdiedeutscheKunst förderlicherunddeshalb auchim höchstenSinn patriotischerist, diesenAnregungenzufolgen,alspomphaft· aufgeputztenDilettantendramen,nur weilsiedynastischeLegendenlärmend zukurzemScheinlebengestalten,dieTheaterthürenzuöffnen.Dochdakein Ver- nünftigerdemKaiserdasRecht freiesterAussprachedereigenenMeinungbe- streiten kann,wurdenauch diesefremd klingendenWortemit dergeziemenden Ehrerbietung hingenommen. AehnlichwardasEmpfinden,dasbalddarauf die inPotsdamvorderFrontderLeibregimentergehalteneRedehervorrief.

DieKlagedesSohnes,der denSchmerzüber denVerlustdesGroßvatersund Vaters noch nichtverwunden hat,wecktesympathischenWiderhallunddie KlagedesKönigs,dersichlangeverkannt wähnte,überraschtedurcheinen

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aus diesemMunde neuen Ton trübsinnigerResignation. Raschaber meldetensich doch auchdiesmal Bedenken. Hat wirklichnur dasHeerzu- erstandendrittenKaiserimDeutschenReich geglaubt, ist gerade ihm nicht, mehrals irgendeinemanderen deutschenFürsten,die weitüberwiegende MehrheitdesVolkesmitfrohliebendemVertrauen,wienur jeein Bräuti- gamderBraut, entgegengekommen?Jst wirklichdieArmee»dieHauptstütze desLandes unddesThrones«,von demdochinderVolkshymnege- sungen wird, daß ihn auf steiler Höhenicht Rossenoch Reisigesichern, daß nur desfreienMannesunerzwungeneLiebeihnwirksamleschützenvermag?

Und kannesheutzutage,in derZeitderallgemeinenWehrpflicht,überhaupt nützlichsein,dasHeer, durch dessenstrenge Schule jeder wassenfähigeMann zugehen hat,alseine insichabgeschlossene,zubegrenzendeKasteneinheitin einenGegensatzzu derMassedesVolkes zubringen?DerArmeehat,wie Eurer Majestätbekanntist,auchdiegroßeMehrheitderzweiMillionen Männerangehört,diejetztfürdieSozialdemokratiegestimmthaben;auch sie thatenimWaffenrockihrePflichtundeignetensichdadenvielleichtwichtigsten TheilderFähigkeitenan,diesienun zubrauchbarenWerkzeugeneiner antimonarchischenBewegung machen:denblinden Gehorsam,diestraffe DisziplinunddieBescheidenheit,diesichdamitbegnügt,in einemriesigen Maschinenbetriebeinkleines, unscheinbares Rädchenzusein.Wenndie Armee denjungen KaisermitgetrostemVertrauen begrüßte,dannkam diesesVertrauen ausder instolzesterJugendkraft prangenden Generation, die damals das-Heerbildete undheute, obwohl siezumgroßenTheilSozial- demokratenwählt,nochnichtausdemHeeresverbandegeschiedenist.Der Gegensatz,denderKaiserzusehenglaubt, ist, sodachtedas Volk,in derWirk-- lichkeitunserer deutschenZustände,diekeinePrätorianer kennt, nichtvor- handen.Und kaumwardas Staunen überdieseRedeverhallt,dakamauch schondieNachricht,wiedersei ein Blattkonfiszirt,wieder einVerfahrenwegen Majestätbeleidigungeingeleitetworden. Wie vieleProzessesolcherArt werden wirnocherleben? WirddieSozialdemokratienicht triumphirend nächstens dieZiffer veröffentlichen,diemitMajestätprozessenindiesenzehn bangen Jahren erreichtworden ist,undauf ihreArtsodasJubiläum feiern?So fragteman flüsterndringsum.Und diesichdas verboteneBlatt,in demsie Fürchterlichesfindenzumüssenerwartet hatten, insgeheimnochverschaffen konnten,schüttelten,beinaheenttäuscht,dieKöpfeundfragten beängstigtweiter:

Jstesmöglich,daßineinemmodernenLandeSolchesgeschieht,möglich,daßder DeutscheKaisersichdurchdiesenharmlosenArtikelbeleidigtfühlt,deroffenbar

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geschriebenwurde,um einenhäßlichenundgefährlichenVerdachtvon der Majestätabzulenken?Sollen wirin derStickluftderEunuchenpresseden freien, erfrischendenAthemzugmählichverlernen,derdasGermanenthum Jahrhunderte lang Kraft schöpfenließ? WiederverstanddasVolkseinenKaiser nichtundwiedererwachte,wieso oft schon,dieSorge,obnichtbinnen kurzer FristdiemonarchischeEntwickelungunsschwereKrisen heraufführenwerde.

DaskonfiszirteBlattistdie»Zukunft«,derangeblichdasMajestät- recht verletzendeArtikel istvon mir geschrieben.Da dieAngelegenheit mich alsoleidersehr persönlichbetrifft,bitteichum dieErlaubniß,zu- nächstdarübersprechenzudürfen. Sies)werden gleichsehen, daßcs sichnicht,wieesscheint,umeinenur persönliche,dasöffentlicheInteresse nicht berührendeSache, sondernum einsehr ernstes Symptom handelt.

Als der daserste JahrzehntJhrer RegirungendendeTagnahte,las man inmanchenBlätternpräludirendeArtikel, nachderenSchilderungcn imDeutschen ReichAllesüberjedenBegriff herrlich bestellt sein müßte.

KeinSchatteneinerVerstimmung zwischenKaiserundVolk,keineSpur einerMinderungdesdeutschenAnsehensin derWelt,—- imGegentheil;

ein wundervolles Wachsen,BlühenundGedeihenunter demSzeptereines Monarchen,den diegroßeMehrheitderNation iniiberschwänglicherLiebe verehrtundumdenringsumunsalle VölkerderbewohntenErde beneiden.

MirwurdensolcheArtikel,wurden GedichteundAsnzeigenvonJubiläu1ns- werken,diebuchhändlerischeSpekulationzudiesemTage spendenzusollen

.glaubte,in ganzenHaufeninsHausgeschickt.Sieärgerten mich; dennsie widersprachenderWahrheit, auchdersubjektiven,zuderdieVerfasser sichunter vierAugenbekennenwürden. Soll, so dachte ich,dasalte,un- würdigeSpiel fortgesetzt,sollendieunheilvollen Versuche,denKaiserüber diewahreStimmung zutäuschen,auchbeidiesemAnlaßerneuert werden?

Das Volkist mißtrauisch;eskratztgern, nach neugierigerKinderArt, von flimmernden GegenständendenGoldfirniß ab, glaubtgern, daß auchdiedurch ihreGeburt hochüber dieMasseErhöhtenkleinerMenschen- schwächezugänglichsind,undkichertvergnügt,wenn esunterdemPurpur

If«)Wenn ichmirimFolgenden gestatte,denKaisereinfachinderüblichen PluralformderbürgerlichenGesellschaftanzureden, so weiß ich, daß diese Form nichtdemKurialstilentspricht,bemerkeaber, fürstrebsame Staatsanwälte, daß sieindersogenannten getragenenRedelängst Heimathrechterworben hatunddaß GeorgIlI.vonEngland sichvonJuniusundselbstderspanischePhilippvonPosa soanredenließen, ohnedarobbeleidigtoderauchnur verstimmtzusein.

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dieFleischsarbeentdeckt. EswilleinenHerrn haben,aberdiesesHerrn Wesenheitsollsichvondereigenennicht allzu sehrunterscheiden. Werdenihm nun Schriften gezeigt,die denMonarchenimniederstenSchranzenstilver- herrlichen,dannistesschnellmit derAnsichtbei derHand, solcheHymnen müßten doch wohl nachdemGeschmackdesBesungenen sein.Unddiese Ansicht muß selbstimHirnderVerständigenWurzel schlagen,wenn ihnen geschwätzigerzähltwird,derGefeierte habe sich,,huldvollstzur Ent- gegennahme«einesBuches »bereite,rklärt«,in demeralseinaufallen Gebieten menschlicherBethätigungzurMeisterschaft Herangereifterge- schildertwirdunddessenAbsatzdieUnternehmerimProspekt durchdie Bemerkungzumehren suchen,dieListederBestellerwerdeIhrer Majestät derKaiserinunterbreitet werden,dieeinenTheildesErtrages wohlthätigen Werkenzuwendenwolle.EinsolcherProspekt,einervonvielen,wurdemir, mitrechtunfreundlichenGlosseneinesVernunftmonarchisten versehen,ge- sandtund stimmtedenSinn zuallerleiernstenGedanken. Esist nichtmöglich, dachteich, daßderKaiserandiesenDingen,diesoübelnachByzanz duften, imInnersten Freude hat, nicht möglich,daßesihn befriedigenkann,wenn ererfährt,in derThiergartenstraße,woman dochkeinenGrund hat, sich fürdenBauneuer protestantischerKirchen besonderszuerwärmen, seien soundsovieleExemplarevonLeutengekauft worden,dieihreNamen vordasAuge seiner Frau bringen möchten,—·wieesihm auch nichtan- genehm sein kann, daßauf Plakatenund inTheaternotizen sein hoherTitel zuReklamezweckenmißbrauchtwird.Erläßtwohl,weilersienicht hindern kann,denDingen ihren Lauf,lobtvielleichtauchdenEiferder Unter- nehmer,aberseinerinnersten Neigung ensprichtsolchesGebahrensichernicht.

Jn dieseStimmung wehtederZufalldieErinnerunganLaboulayes reiz- vollesMärchenvomPrince—Caniche hinein.Dasweltberühmte,durch GeistundGrazie entzückendeBuch schildert,wie ein edlerFürstensohnallen VersuchenderByzantiner, ihnzu verblenden undzumTyrannenwahn zuerziehen,siegreichwidersteht,weildieErfahrungen,dieerselbstmacht

derMärchendichterläßt sie ihnalsPudel machen—, ihnzu ganz andererAnschauungund zuweiserSelbstbescheidungführen.Hyazinthhat alsfiinfzehnjährigerPrinz, dessenGeisteineschlechteTradition verwirrte, dieeigeneKraft überschätzt,.seiner Körperstärkeundnamentlich seinerJn- telligenzzu vielzugetraut,abererfindet sich,alserausdenThron gelangt ist,baldselbstund wirdnichtnur einguterKönig,nein:einMusterbildmo- dernerMonarchentugend.-Dahatte ich ja,was ich brauchte,um dieauch

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inloyalen GemüthernentstandenenZweifelschnellundhoffentlichfürimmer zuverscheuchen.Wilhelm derZweite gleicht,wenn erihm je glich,nicht mehr dem Prinzen, gleicht,wenn meinBlicknicht trügt, noch nichtdemKönig Hyazinth:erstehtin derMitte desvonjedemtemperamentvollen,miteinem reichenErbebeschenktenMonarchenzudurchmessendenWegesunderstdas zweiteRegirungjahrzehntkann überseinCharakterbildvolleKlarheit schaffen.

Ietzt aber, gerade jetzt,nachdemvonderProfitsuchtbewirktenIubiläums- lärm und nachdenWahlen, schienmirdieStunde gekommen,woman andeuten durfteundsollte,wieeinesympathischeMonarchenpersönlich- keit dasHerandrängenbhzantinischerLiebedienereiempfinden muß,wie siedas Maßdeseigenen Wesensvielrichtigerundvielbescheidener zubestimmen weißalsderTroßderkleinenLeute,diesie, geschäftig wedelnd,umdienern,weilsiedabeieinenfetten Bissenodermindestens einenHuldbeweiszuerschnappenhoffen.Der in der kleinenFabelskizzirte König weist allzu hitzigeBewunderer inihre Schranken zurückundbekennt sichzuAnsichten,diejedenMonarchen zieren müßten. InderMärchenwelt könnteerso sprechen,wieich ihn sprechen ließ,könnteerauchdieEin- stampfungvonSchriften befehlen,derenGeruch ihm nicht wohlgefälligist IndergemeinenWirklichkeithatder moderneMonarch dieseMacht nicht, sprichterauch wohlvorPrivatpersonenaus einerihm fremden Gesell- schaftschichtnicht seinegeheimstenGedankenaus. Istesaberbeleidigend, anzunehmen,daßauchein modernerMonarchüberbyzantinischeRegungen imInnersten wenigstensso denkt,wie der zumMuthderWahrheit gereifte KönigHyazinthin derFabeldarüberspricht-? IsteseineVerletzungdes Majestätrechtes,wenn man demVolksagt,essolledenMonarchen nicht fürErscheinungenverantwortlich machen,dieergewißmitnicht geringerem, vielleichtmitgrößeremUnwillen sieht,alsdieMassen selbst sie sehen?

KannesimIahre1898 einemMonarchistenimDeutschenReichverboten sein,ineiner kleinenFabel,derenHeldderwärmstenSympathien würdig ist,zuzeigen,wie eineedle, durch schmerzlicheErfahrung geläuterteMon- archennatur allzu beflisseneVerherrlichungenalsunerfreulich empfindet,

schon,weilsie fühlt, daßsolcheunerbetenenDienstedemVolkein falsches,gefährlichesBildihres Wesens gebenkönnen?

DiesedreiFragenhateinvon derStaatsanwaltschaft veran- laßterAmtsgerichtsbeschlußbejaht.Werandieneue undneuesteGerichts- praxis nicht gewöhntist,wirdstaunend forschen,wo denndieBeleidi- gung derMajestätineinemArtikelzufinden sei,indemderKaiser

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nichtmit einer Silbeerwähntwird und in dem er,wenn seinWesenwirklich derPudel-Königverkörpernsollte, dochnur in deranmuthigsten Gestalt erschiene.Und derForscherwirdweiter fragen,obeinMärchen,das inFrankreichvor einunddreißigJahren,inder-schlimmsten Zeitder napoleonischenBüchereensur,in denTagendes erbitterten Polizeikampfes gegenRochefortsLanter11e, unbeanstandet blieb, heuteimDeutschenReich denThatbestandeinesMajestätverbrechensenthält,—- vielleichtauch,ob nichtvieleherdieAnnahme beleidigend gewesenwäre,derKaiserkönne mitinnerem Behagen aufdieüppigans Licht wuchernden byzantini- schen Künste blicken,könnesich freuen,wenn erliest, daßeraufallen GebietenmenschlicherBethätigungeinMeister ist,könneamEnde gar be- friedigt schmunzeln,wenndervonseinemWinkabhängigeTheaterintendant ihminsGesichtzusagen wagt:»NurunterdenAugenEurer Majestät,nur demweisenRath,denallzeitdasRichtigetreffendenAnweisungen,demhohen undfeinen Kunstverständniß,demumfassendenWissenEurerMajestätist esmöglichgewesen,dieköniglichenTheatersoweit zubringen,daßihre Auf- führungen,wieichsagen darf,mitwenigen Ausnahmen wohl jederzeitals Parade-undFestvorstellungenvorEurerMajestätgegebenwerdenkönnten.«

DieAnnahme, solchesGerede könne denKaiser erfreuen,würdeauchichheute nochfür ungerecht,für beleidigendhalten;siezuentwurzeln,warderZweckder kleinenFabelund kaum Etwaskonntemichmehr überrafchenals derVersuch, inihreineKränkungdesKaiserszufinden.Daichaberrechthäufigschondas ObjektdervivisektorischenBemühungenstrebsamerStaatsanwälte gewesen bin, habeichmichin diedunklenGedankengängesolcherHerrennachgeradehin- einfühlengelerntund kann mirauchjetztschonungefährvorstellen,wiesieihre iibereilteAnklage späterbegründenwerden; beiderartigen »Begründungen«

wirdfastimmerja nachdemSatzEdmonds Scherer verfahren:Rienn’est plus repanduquela faeulte denepass voireequ’ilyadansun ar- tiele,etd’yvoireequi n’yestpas. EinHerrin der Robewirdsich alsoam festgesetztenTagedesTermines vomSitz erheben,dasBarett aufstülpenundsprechen: »Der Angeklagtemacht geltend,erhabeeinen derhöchstenSympathie würdigenMonarchen geschildertundihnWorte sprechen lassen,diejedemHerrscherzurEhre gereichenmüßten.Das ist unbestreitbar richtig,wirdauchvonderAnklagebehördenatürlichnicht bestritten.DaaberdemAngeklagtenbekannt war,daß unseres Kaisers Majestät nicht sozu redengeruht haben,wieerseinenFabelkönigreden läßt,wollteereinenVergleichheraufbeschwören,derdieAllerhöchste

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Personzuverhöhnenundverächtlichzumachenvollundganz geeignetist.Er wolltesagen:,So müßteeinguterMonarchsprechen, fragtEuch,Ihr Leser, also selbst,obEiner,dernicht so spricht,einguterMonarch seinkann !«Der AngeklagtehatdemnachdieAbsicht,desKaisersMajestätherabzusetzen,insein Bewußtseinaufgenommen;erhat freilich,ausdemGefühleinerVorsicht, dieman weniger höflichauchFeigheitnennen könnte,dieFolgerungenseinen Lesernüberlassen,mindestensabermitunbestimmtemDolus gehandeltund deshalb habe ich,imInteressederdurch solchesTreibengefährdetenRechts- ordnung,zubeantragen«u.s.w. Vorheraber wirdersichemsigbemühen,dem Gerichtshofzubeweisen,allesUngiinstige,was über denPrinzenknaben Hyazinthgesagtist, müsseunbedingt aufdenKaiser bezogenwerden,während die überaus günstigeSchilderungdesKönigs Hyazinth fürdasUrtheil garnichtinBetrachtkommen könne. Jchwillnicht erst fragen,ob solcheGesinnungriecherei,solchesSchnüffelnnach Anspielungen überhaupt derRechtspflegeeines modernen Landeswürdig ist, nicht prüfen,wasmit solchen Waffengegen Treitschkes Charakteristik Friedrich Wilhelmsdes Vierten,gegenden»Talisman«desHerrnFuldaundmanches andere Werk auszurichten gewesenwäre.Aber istdembegriindendenStaats- anwaltderUnterschiedzwischendemMärchenstilund denLebensformenun- sererAlltäglichkeitdennwirklichunfaßbar?Weißernicht, daßin derMärchen- welt,woBaum undBusch,woAlles,waskreuchtundfleucht,mitmensch- licherStimmeundmenschlichemJntellekt begabt ist, jedes handelndeoderlei- dendeWesenaussprechendarf undmuß,wasesin derWirklichkeitschweigend fühlenwürde? Undhater nichteinmalbemerkt, daßichselbstinderMärchen- form nochausdrücklichsagte, derBerichtüberdieRede desKönigsentstamme wahrscheinlicheinemOrganderUmsturzpartei einermärchenländifchen Umsturzpartei, die, nachalterLegendensitte,denKöniggegen die Kamarilla auszuspielen versucht-, währenddas unterministeriellerVerantwortlichkeit redigirte Regirungblattkeine Silbe davonmittheilte?Mitfastzu derber DeutlichkeitwiesdieseBemerkungdenLeserdochdarauf hin, nichtinoffi- ziellenBerichtenetwadasEchodesEmpfindenszusuchen,dasin der Seele eines Monarchen lebt, und sich durchdieKahlheit solcher Berichte nichtdenGlauben andengutenGeschmackeinesRegentenrauben zu lassen... Wennman den kleinen Artikelso versteht,wieergedacht ist undvonUnbefangenennuraufgefaßtwerdenkann, aufgefaßtwordenist:

wobleibt dann dieSpureinerbeleidigenden AbsichtoderWirkung?

Jch sehedemProzeß seelenruhig entgegen. Noch sindwiram

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Ende doch nicht so weit, daßman imDeutschen Reich Richter finden könnte,denen dieserArtikel hinreichendenStoffzueinerVerurtheilung böte. Wären wirso weit,dann hättenwirallzu redlichdenHohndesAus- landesverdient,dasschonjetztvondemKhalifat Deutschland sichhöhnisch zuraunen erdreistet.Dann wäre der alteRuhm deutscherRechtspflegeim Fundament erschüttertundTreitschkcswehmüthigesWortfurchtbareWahr- heit geworden, daßeineernstePublizistikbeiuns nicht mehr möglich ist.Dannmüßtenwirauf gekrümmtenKnienumgnädigeWiedergewährung deraltenPräventivcensurbetteln,derenZuständeimVergleichmitden heutigen paradiefischzunennen wären.Aber wirsind nicht so weit,können soweitnicht sein, unddeshalbwillich nicht bärmlichüber dieneue schwereSchädigungjammern, nicht fragen,ob der AnblicksolcherProzesse diezusammenschrumpfendeSchaardermonarchischGesinntenmehrenunddie Fremden lehren kann,wieherrlichunter demSzepterdesdrittenKaisersin Deutschland WohlfahrtundFreiheit blüht.EineEnttäuschungistdiesmal selbstdemPesfimistennichtdenkbar;denn dasGericht,dasmichverurtheilte, sprächedamitja aus,meinGlaubeandenguten Geschmackund denbescheide- nenSinndesMonarchenseiunberechtigtgewesen.IchwerdemirdiesenGlau- bendurchkeineTölpeleidesUebereifers zerstörenlassenundnichtwankend werden,wennzurAbwechselungauch einmaleinjuristischerStaatsbeamter dasBedürfnißfühlt,sichimhellstenLichtzu blamiren. Jchwerde weiter der Ueberzeugung leben, daßWilhelmderZweite so denkt,wieichLaboulayes Hyazinthsprechen ließ.Undwenn ichofsiziellundunzweideutigdarüber belehrtwerden sollte, daßerwiderErwarten nicht so denkt,dannwerde ichmirsagen:Er kennt dieStimmungdesVolkesnicht, hält,waskünst- licheMache,was derBrunstschrei »dernach Gunstodernach Vortheil gierigen Profitwuth ist, fürdasEchoder Wahrheitund glaubt,der Volksstimme,mag sie ihnmitderSchmeichelsuchtder Liebeauch nach seinemGefühlüberschätzen,denWegzuseinemOhr nichtversperrenzudürfen.

Undhierwird diescheinbar privatezuröffentlichenAngelegen- heit; hiermündetdieKlagedesEinzelnenin dieBesorgnißeinesgroßen undwichtigen TheilesderdeutschenVolksgemeinschast.

«Sire,« so sprach Junius einstzumdrittenGeorg, »es istdas Unglück Jhres Lebens und dietiefste UrsachederunheilvollenEr- scheinungen,die wir unterJhrerRegirungerlebenmußten,daßSiedie SprachederWahrheit nicht hören, siein denKlagerufen JhresVolkes nicht belauschenkönnen.Noch sindwirbereit,allebejammernswerthen

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VorgängezuvergessenundaufdasnatürlicheWohlwollen Ihres Wesens dieftolzestenHoffnungenzusetzen.Weitsindwirvon demGedanken entfernt, Ihre Absichtkönneübel,könneaufdieZerstörungderGrund- rechte gerichtet sein, aufdenenallebürgerlicheundpolitischeFreiheitin IhremLandeberuht. Nährtenwir einenfürIhr Ansehenals einesgewissen- haften Königs so fchimpflichenVerdacht,dann würden wirfür unsereVor- stellungen schonlängstnicht mehrdenTondemüthigerKlage wählen. Eng- landsVolkhältdemHauseHannoverdieTreue, nicht,weileseineFamilie der anderen vorzieht,sondern,weilesüberzeugtist, daßfürdieErhaltung seiner bürgerlichenundreligiösenFreiheitendieHerrschaftdieserFamilie nothwendigwar undist.EinFürst,der dembösenBeispielderStuarts folgen wollte, sollte gerade durch diesesBeispielbelehrtundgewarnt werden und,statt sichstolzseines hohen Königstitelszurühmen,lieberstillbeisich bedenken,daßKroneninRevolutionen nichtnurgewonnen, nein, auchver- lorenwerdenkönnen.« DieVerhältnisselageninmancher Beziehungda- malsinEnglandanders alsheuteimDeutschen Reich;undmirfehltdie Kraft,die desJuniusStimme weithin durchdieLandetrug.Nichtzum WortführerderdeutschenNation binichberufen, sondernnur, wieichvor sechsJahren schonschrieb,zu der RolledesKnaben,derinAnderfensMär- chensatirevondesKaisersneuen KleiderndemvondenSchranzen belogenen Monarchen dieWahrheit sagt.Dashabe ich, soweitmeineKrafteserlaub- te,oft gethan,ganz direkt undunzweideutig,ohneVerhüllungundmit einer Schärfe,die derjetztinkriminirteArtikelnichtannähernderreicht. Vielleicht wurdedieser-harmlose,nahanallzu zärtlichesVertrauen in dieUrtheils- fähigkeiteinespersönlichmirdochUnbekannten streifendeArtikelauchnur herausgefucht,auf daßman denRichternvorreden könne,esseimeineArt, Bosheitin dieFalteneinesFabelgewandeszu wickeln. Wenndiesefreund- licheAbsichtbestünde,würdesievereitelt werden. Mangreifedenschärfsten Artikelheraus,denichjeüber einWort, eineHandlungWilhelmsdesZwei- tengeschriebenhabe, klagemichalsVerfasser diesesArtikelsanundsehezu, obselbstin dererregtenRede die guteAbsichtsoverkanntwerdenkann, daß eineVerurtheilung möglichwird. Aberman wagewenigstens, diesenWeg offenzubeschreiten.Sollich schonwiederumvordemRichter stehen,dann willichnachmeinenernstenBemühungen,nicht nacheiner imMärchenreich erwachsenenUnbeträchtlichkeit,beurtheiltfein. Im DeutschenReichist heute, wieeinstimEnglanddesIunius, nichts wichtigeralsdaßaneiner Stelle mindestens nochdiesubjektiverUeberzeugungentspringendeWahrheitrück-

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haltlos ausgesprochen wird; vielleicht dringt siedann doch aufdieHöhe desThrones.Mankann mirdurchfortgesetzteTracasserien,durchVerbote, AnklagenundKonsiskationen,dasLebenvölligverekeln,mich,der gerndenRest seinerNervenkraftretten möchte,zurEinstellungmeinerThätigkeitzwingen.

Solange ichabernochAthem habe, so lange ich auf diesemPosten nichtvon dembesserenMann,denichherbeisehnewiedenBefreier, abgelöstwerde,wird nichts,garnichts, mich hindern, auszusprechen,was ist.Und wenn der Wunsch, michinsGefängnißzubringen, endlich erfüllt,wenn auch jeder Andere,dernocheinoffenesWortzusagenwagt, unschädlichgemachtwürde:

waswäre dann gewonnen ?·.. Schopenhauer schriebeinmal:»,Die Wahr- heit steckt tiefimBrunnens hatDemokritos gesagtunddieJahr- tausende habenesseufzend wiederholt.Aber esistkeinWunder,wenn man, sobald sie heraus will, ihr aufdieFinger schlägt-« Michmag man intäppischemEifer aufdieFinger schlagen,meinetwegen auch aufden Kopf;anmirliegt nichts.Damit man abersieht,daßmichdasAusholen zumSchlage noch nichtwie einenIammermann erschlottern läßt,willich, was mirwahr scheint,wenigstens gründlichsagen, aufdieGefahr,der Strebsamkeitneues Material zuneuen »Begründungen«zuliefern.

Siewerden,HerrKai.ser,schmählichseit Jahren belogen.Die Stim- mung ist nicht so,wiesieIhnen geschildertwird, ist vielmehr so, daßdie wärmstenAnhängerderMonarchie siebekümmert,mitwachsenderBesorgniß sehen. Ihnen hatman,wieich annehme, gesagt,zuerst habedievonFried- richsruh gespeisteBismarckfronde,danndieAgrarfronde gegenIhr Ansehen gewühltzBeiderTücke,so fahrendieTuschler wohl fort, seisiegreichlängst durchdieMacht Ihrer strahlendenPersönlichkeitüberwunden,dersichder ErdkreisinBewunderung beuge,undnun schalle,außerhalbdesLagersder rothen Rotte,nureinehell jauchzendeStimme desIubelsüberIhreReden undThatendurchdasdeutscheLand.AlsBeweisstiickewerdenIhnendann wahrscheinlichZeitungausschnittevorgelegt,ausdenen dashöchsteLobIhnen entgegenklingt.DasAllesistunwahr.DieIubelartikelwerdenbeiPartei- führernbestellt,denenmaninsOhr flüstert,esseifürdieFraktionzweckenütz- lich,denKaiserbeiguterLaune zuerhalten,odersieentstammendemGeschäfts- sinnderBourgeoisie,die ausPlusmachersuchtumjeden PreisdieRuhebe- wahrtwissenmöchteUnderstUUgebekdigwerdenwird,wenneineshäßlichenTa- gesderkleinsteKonfliktdieSchachermacheiund derenheiligsteGiiterbedroht.

DieLeute,die,weil derBrotherresheischt,dieseArtikelschmiedenmüssen, glaubenkeinWortvonDem,wassieschreiben;siesitzen,währendanDaumen

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Bayersdorfer war ein Befreier wie Wenige. Er war es Allen, denen er begegnete, besonders aber der kleinen Schaar, die auf dem schmaleren Wege der Kunst dem Göttlichenzustrebt. Allen

Mit diesen Sklaven ihrss Handwerks hat Stendhal fast nichts gemein, obwohl er sehr viel geschrieben hat, obwohl das nulla dies sine linea durch- aus von ihm gilt. Aber er

Das frühesteZeugnißdafür ist der Zolltaris von Aosia (960), der beweist, daß damals sowohl die Produkte Flanderns als auch die von Byzanz her eingesührten Waaren des Orients über

Dann stellte sich aber heraus, daß er zum Lernen keine Lust hatte, und man wollte ihn auch nicht an- strengen; der alte Landarzt warnte dringend davor, geistige Ueberreizung konnte

,«,Derphilosophische Anarchismus hat nichts Verlockendes für den arbeitenden Ansiedler. Das anarchistischeIdeal, wie es auf dem Jnternationalen Arbeiter- kongreß in Queens Hall,

Itc) L. Buxbaum, Der Zoologische Garten, 1886, S. Krapotkin, Nineteenth Century, Nov.. PrähistorischeSkizzen· 427 einschränkt, damit die Vorräthe um so länger reichen.

Auch die Kriegstechnik hat an den Fortschritten der mathematischen, physischen und chemischen Wissenschaften Theil genommen und damit tritt an den Kongreß die Frage heran, wie der

Die Zielgedanken des Sozialismus aber weisen zwar einen deutlich erkennbaren soziologischen Kernl auf: die Zertrümmerung der Klassenver- bände, die Lockerung und Schwächung