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Die Siedlung im Waldenburger Industriegebiet11

Von Gustav L a n g e n , Reg.-Baumstr. a. D., Leiter des Deutschen Archivs für Städtebau, Siedlungs­

und Wohnungswesen.

Das Waldenburger Industriegebiet ist einer derjenigen Landstriche Schlesiens, in denen die Sicdlungscntwicklung der neueren Zeit mit am besten zu verfolgen ist.

Das Waldenburger Bergland ist von jeher ein schönes und mit seinen einzelnen Bergkuppen sehr abwechslungs­

reiches und schönes Waldgebirge, landwirtschaftlich aber ein rauhes und armes Land gewesen. Daher fand hier, wie auch in ändern ärmeren Gebieten unseres Vaterlandes, so im Erz ­ gebirge und in Württemberg die Klein- und Hausindustrie als ergänzendes Gewerbe frühzeitig Eingang. Fast in jedem der ursprünglichen Bauerndörfer klapperten neben den land­

wirtschaftlichen Verrichtungen die Webstühle. Diese B e ­ schäftigung der Bevölkerung hat auch in früheren Zeiten schon einen gewissen baulichen Ausdruck dadurch bekom­

men, daß die Bauerngehöfte durch Anbauten erweitert wur­

den und vielfach durch zweistöckige Anlage der Wohn­

gebäude für die Aufnahme einer größeren Bewohnerzahl eingerichtet wurden. Nur an wenigen Stellen entstanden in früherer Zeit eigentliche Webersiedlungen mit genügendem Garten- und Feldland, denen man cs ansieht, daß sie durch regelmäßige Aufteilung eines oder mehrerer Bauerngrund­

stücke entstanden sind. Die Bodenständigkeit und die Ein­

fachheit dieser alten Webersiedlungen ist auch in neuerer Zeit noch nicht wieder erreicht worden. (Vgl. Abb. 1.) Nur zu bald machten die älteren besseren Wohnbauten für die halbländlichc Bevölkerung einer lieblosen Mietkascrnen- bauweisc Plaß. So sieh! man in den bekannten Weber- erten von Wüstewaltersdorf und Wiistegicrsdorf zwischen den alten am Bach gelegenen Gehöften und den ansehn­

lichen, schloßartigen Herrensißen und Landgütern der ehe­

maligen Industrieherren die hohen Wohngebäude mit ihren flachen Dächern als störende Eindringlinge die lieblichen Täler verunstalten.

Noch stärker aber wurde diese unglückliche Entwicklung einer nur aufs Materielle gerichteten Zeit durch die stark zunehmende Entwicklung des Bergbaues. Von der alten bergbaulichen Entwicklung, die schon im Miltclalter begann, sind wenige Spuren geblieben. In der neueren Zeit aber, besonders nachdem die Bergwerke aus dem alten boden­

ständigen Besiß in die Hände des unpersönlichen und heimat­

losen Kapitals übergegangen waren, seßte eine ebenso starke wie kulturlose Bauentwicklung ein, die den Anblick der Ortschaften im Waldenburger Bergland völlig ver­

änderte. ln den engen, früher lieblichen Tälern stritten sich die wachsenden Industrien und Gewerbe mit den Wohn­

häusern für die neue Arbeiterbevölkerung um den engen Raum, verbauten die Bäche durch öde Brandmauern zu fließenden Schmußkanälen und wuchsen mit ihren zum Teil flachen Dächern steil und häßlich aus dem Tal in die Höhe.

Und in diesen Wohngebäuden wohnt Tür an Tür Familie um Familie an engen Gängen in engsten Raumverhältnissen zu­

sammengedrängt. Es kommt vor, daß in einer solchen Ein-9 Dieser Aufsaß gehört organisch hinter den Ariikel: Die Siedlung im oberschlesischen Industriebezirk. Infolge eines technischen Ver­

sehens ist er nicht an der richtigen Stelle eingegliedert worden.

Die Scliriflleilung.

Schlesien. Kultur und Arbeit einer deutschen Grenzmark 175

raumwohnung, die zugleich Küche, Schlafzimmer und Wohn­

zimmer ist, bis zu 14 Personen hausen müssen, die wieder aus drei und mehr Familien stammen. So bildete sich in diesem wundervollen Land, in welchem die Wälder, Weiden und Kornfelder von allen Seilen in die bewohnten Täler hin­

einschauen, eine Wohnweise aus, die zu den traurigsten in ganz Deutschland gehört, ln einigen Ortschaften beträgt die Zahl der Einraumwohnungen über 80, ja bis 90 vom Hundert aller Wohnungen. Kein Wunder, daß gerade hier der Wunsch nach Besserung eintreten mußte. Bedauer­

licherweise geschah von privater Seite für die Besserung der Zustände fast nichts. Erst durch die öffentliche Wohnungs­

wirtschaft im Krieg und nach dem Kriege seßte eine an­

sehnliche neue Siedlungstätigkeit ein. Ihr Träger war die Treuhandstelle für Bergmannshcimslätlen, die aus der ge­

schlichen Kohlenabgabe die Bauten finanzierte, ln fleißiger Arbeit entstanden nun überall kleine Einfamilienhäuser, die teils freistehend, teils als Doppelhäuser zusammengebaut, teils in Reihen aneinandergeschlossen guten Wohnraum mit Garten boten. Dieser verdienstvollen Tätigkeit hafteten aber naturgemäß zwei Mängel an. Die Wohnungen waren für die bescheidenen Ansprüche der schlesischen Bergleute zu groß bemessen, da sie nach den für Kleinwohnungen auf- gestellten staatlichen Normen errichtet wurden und somit für die Leute zu teuer sind. In solchem Falle gibt es nur zwei Lösungen. Entweder es ziehen mit der Zeit andere leistungs­

fähige Familien ein, oder es werden weitere Bewohner mit hineingenommen und die Wohnungen werden wieder über­

füllt. Dies geschah dann auch nicht selten. Diese auch an anderen Orten gemachten Erfahrungen zeigten, daß die besten Absichten, selbst wenn Geld zu ihrer Verwirklichung vorhanden ist, ihren Zweck nicht erfüllen, wenn sie nicht in den großen wirtschaftlichen Zusammenhang eingebaut wer­

den. Es ist die alle Lehre von dem Flicken auf einem alten Kleid. Man kann in wirtschaftlichen und sozialen Dingen nicht stückweise, sondern nur im ganzen Besserung schaffen.

Das gilt besonders für die Not des Waldenburger Berg­

landes.

Der Mangel der neueren Sicdlungsfätigkeit lag an der Verzettelung der einzelnen Baugebiete, so daß die Gruppen der Siedlungshäuser bald im Volksmund den bezeichnenden Namen „Klcin-Klcckcrsdorf“ erhielten. Es war so schnell nicht möglich, Baugrundstücke in besserem Zusammenhang zu erhalten, und so mußte eben gebaut werden, wo Land zu haben war.

Damit sind wir an die Kernfrage alles Siedlungswesens gekommen: Die Geldfrage und die Raumfrage.

Es halle sich gezeigt, daß ohne eine allgemeine Hebung der Wirtschaftslage geldliche Hilfe im einzelnen ihre Wirkung einbüßt, und daß ohne eine grundlegende Raumverteilung zwischen den verschiedenen Interessenten der einzelne seinen Raum an rechter Stelle nicht bekommen kann. Es galt also an eiper Gesamtlösung zu arbeiten, die der ganzen Wirtschaft dienen könne, und durch eine günstige planmäßige Raumverteilung die Grundlagen der Wirtschaft und wiederum deren Grundlage, die Volksgesundheit, einer Besserung entgegenzuführen.

Ur-Icr den Grundlagen der Wirtschaft sind zu nennen ein günstig eingerichtetes und sparsam arbeitendes Verkehrs­

wesen, günstige gegenseitige Lage der Industrien, gute und billige Wasser-, Gas-, Elektrizitätsversorgung, gesicherte Flächen für Landwirtschaft und Gartenbau, um auf diesen Verbesserungen für die Dauer vorzunehmen. Als Grundlage für die Volksgesundheit müssen genannt werden: reines Trinkwasser, saubere Abführung der Abfallstoffe, sonnige Wohnungen mit Gärten, gute, leicht erreichbare Lage aller öffentlichen Einrichtungen für Verwaltung, Gesundheit, Unter­

richt und geistiges Leben, Gruppierung der Siedlungen zu sozial lebensfähigen Gebilden als Vorausscßung einer wirksamen Volkspflege. W ie war es mit diesen Grundlagen in Waldenburg bestellt?

Die Verkchrsverhältnisse waren in den angebauten Straßen der Täler, in denen sich die Ortschaften hinzogen, denkbar verfahren. Gefährliche und zeitraubende Kreuzungs­

stellen von Straßen, Eisenbahnen, Straßenbahnen waren zu Dußenden vorhanden, Fluchtlinien für die Zurückseßung

neuer Bauten von den engen Straßen meist nicht festgelegt.

Die Möglichkeit parallele Entlastungsstraßen anzulcgen viel­

fach verbaut, manche Industrien ohne Gleisanschluß und am Ort nicht erweiterungsfähig, die Bahnhofsfrage ungelöst.

So war es für die Gegenwart. W ie aber sollte sich die Zu­

kunft bei erhöhtem Auto- und Radfahrverkehr gestalten?

Die Industrien waren zum Teil unrichtig gelegen, cin- geschnürt, ohne Plaß auch nur ihre Abraumhalden unicr- zubringen, in größten Schwierigkeiten wegen W asser­

mangels, durch teuere Gas- und Elektrizitätsversorgung an der Entfaltung gehindert, in Schwierigkeiten wegen Bezugs wichtiger Rohstoffe und behindert durch die verminderte Leistungsfähigkeit einer wirtschaftlich gedrückten Bevölkerung.

DerBergbau war gezwungen, Kohle zu schlechten Preisen nach außerhalb abzugeben, weil sie am Ort nicht verwendet wurde und wertvolles Gas zu Millionen von Kubikmetern in die Luft gehen zu lassen, weil eine planmäßige Verwertung nicht zu­

stande gekommen war. Er behinderte außerdem die Ent­

wicklung der Bautätigkeit, des Gartenbaues, der Landwirt­

schaft, weil er sich gezwungen sah, innerhalb der unge­

regelten Entwicklung sich den Spielraum für weiteren Abbau zu erhalten. Die Zufälligkeit der Grundbesißcrverhältnisse, die Ungewißheit der Zukunft bannte ¡edes Unternehmen gleichsam in Kampfstellung auf seinem Plaßc fest und schuf so ein starres System einander mißtrauender und in Schach haltender Kräfte wie bei einer Verkehrsstockung, wo ohne vernünftige Leitung niemand vor oder zurückweichen will.

Troß Mangels an geeignetem ebenen Gelände wurden Ein­

ebnungen nur ausnahmsweise durch geregelte Haldcn- schüftung und nur für das eigene Werk vorgenommen.

Es ist klar, daß bei diesen ungeregelten Verhältnissen auch die Grundlagen der Volksgesundheit und des Volks­

lebens leiden mußten. Die Trinkwasserverhälfnissc waren zum Teil ungeregelt, Teilwasserleitungen verschiedener Gruben erfaßten die Wohngebiete regellos und unvollkommen, die Brunnen versagten durch den Bergbau, der Typhus seßte nie aus, auch Gemeinde- und Stadtwasserleitungen brachten nicht die erwünschte einheitliche Lösung, ganze Dörfer litten an Wassermangel zur Tränkung des Viehes und der Menschen. Die Bäche wurden maßlos verschmußt und un­

genügend geklärt und verpesteten weit unterhalb der In­

dustrien die Erholungsgebiete, dabei hervorragende Land­

schaften wie den berühmten Fürstensteiner Grund, die Industrien verdarben mitten in den Wohngebieten die Luit in einer Weise, wie das in anderen Gegenden nicht geduldet werden würde, hier aber bei der allgemeinen Notlage mit in Kauf genommen wurde. Im Sommer sah man den Bauer sein Getreide schneiden unmittelbar hinter den Massen­

wohnungen, die zur Ergänzung ihrer Enge der Kleingärten dringend bedurft hätten. Und in diesem Durcheinander fan­

den dann auch die Gebäude und Einrichtungen des öffent­

lichen Lebens nur kümmerlichen Plaß. Bis auf einige rühm­

liche Ausnahmen neuerer Zeit gingen Schulen, Gemeinde­

häuser, Gasthöfe, Theatersäle in der allgemeinen häßlichen Bebauung unter, und machten die Orientierung und den Auf­

enthalt für Fremde, Geschäftsreisende und Touristen fast unmöglich. Die parkmäßig gepflegten oder zu pflegenden Erholungsgrüngebiete blieben ohne Verbindung. W er das schöne Waldenburger Gebirge durchreisen und durchwan­

dern wollte, mußte so unweigerlich die architektonischen Schreckenskammern der vorhandenen Bebauung passieren.

Baulücken, die noch als Verbindung für Parkstreifen oder als neue Verkehrsstraßen hätten dienen können, wurden zu­

gebaut, Ausblicke von den Straßen ins Gebirge mit häßlichen Häusern verstellt.

So entstand aus der Ziellosigkeit der Entwicklung eine allgemeine Mißstimmung über die bestehenden Verhältnisse und eine gewisse Hoffnungslosigkeit, in diesen Verhältnissen Ordnung zu schaffen, um so mehr als auch gewisse pessi­

mistische Ansichten über die weitere Entwicklung des Berg­

baues sich unter dem Druck der allgemeinen Wirtschaftslage herausbildeten.

Schon lange war erwogen worden, in diesen Verhält­

nissen durch Aufstellung eines Generalplanes für den ganzen Kreis Ordnung zu schaffen, ohne daß es zu festen Ent­

schlüssen gekommen wäre. Da brachte die Ausstellung des Deutschen Archivs für Städtebau, Siedlungswesen und

Wohn-wesen, Berlin, die im Jahre 1921 in Waldenburg veranstaltet wurde, neue Anregung und einen Ueberblick über das Ge­

samtgebiet, der einen Ausweg aus der schlimmen Lage zeigte. Bis 1923 gingen dann die Vorbereitungen und V e r­

handlungen verschiedener Art, bis dann durch Kreis und Stadt Waldenburg der endgültige Entschluß gefaßt wurde, einen Generalsiedlungsplan aufsfellen zu lassen und den Verfasser dieser Zeilen mit der schwierigen Aufgabe zu be­

auftragen.

Die erste Aufgabe war, alle die geschilderten Verhält­

nisse noch einmal gründlich zu studieren und die vielen Not­

stände festzulcgen. Die Folge dieser Arbeit und vieler V er­

handlungen mit allen Wirtschafts- und sozialen Kreisen war, daß ein Programm für diese Arbeit aufgestellt wurde, das wohl zum ersten Male überhaupt es unternahm, nicht nur die Wohnungs-, Siedlungs- und Bauverhältnisse, Verkehr und Freiflächen nach den üblichen Regeln zu ordnen, sondern die Grundlagen zu schaffen für eine erhöhte wirtschaftliche P ro ­ duktion und für eine verbesserte Volkspflege. Es sollte nicht ein Flächennutzungsplan entstehen, der allen Beteiligten gc- seßliche Schranken auferlegte und in seiner Verwirklichung die größten Widerstände der Wirtschaft gegen die V er­

waltung hervorrufen mußte, sondern ein Plan, dessen Nußen für alle Beteiligten auf der Hand liegen sollte, und an dessen Verwirklichung jeder freudig sollte mitarbeiten können.

Die Richtlinien hierfür ergaben sich aus der Praxis.

Ging man den einzelnen Klagen nach, wo die Wirtschaft oder die soziale Pflege der Schuh drückte, so ergab sidi, daß die Leiden vielfach aus gemeinsamen Quellen stammten.

Der neue Aufbau ergab sich etwa folgerichtig so:

Die alle Belange am meisten berührende Frage ist die der W a s s e r w i r t s c h a f t . Wird irgendwo im Gebirge stark geholzt, so versagen bald die Brunnen, die Regen und Schmelzwässer schießen zu Tal und verursachen Hoch­

wasserschäden oder versickern durch den Fels in die Berg­

werke, aus denen sic als schwarze und durch die im Geslein angenommene Härte für technische Verwendung minder­

wertige Brühe mit vielen Kosten wieder heraufgepumpt wer­

den müssen. Die Slauteiche verschiedener Industrien er­

fassen zu geringe Gebiete und können dem Mangel nur not­

dürftig abhelfen. Es ist daher durch den Plan zunächst für eine Regelung der das Wasser haltenden F o r s t w i r t ­ s c h a f t Sorge getragen dahingehend, daß dauernde Ein­

schränkung der Waldgebiete verhindert und neue Aufforstung an geeigneten Stellen vorgeschrieben wird, und zwar mög­

lichst mit Mischwald und auf armem landwirtschaftlichen B o ­ den, der schon früher bewaldet war. Damit verbunden geht der Vorschlag einer Förderung der Holzverarbeitung am Ort, wie sie zum Teil schon in mustergültigen Betrieben vorhan­

den, aber noch ausbaufähig ist. Die L a n d w i r t s c h a f t kann diese Flächen entbehren, da sie bei mühevoller Arbeit nur geringen Ertrag bringen und es wirtschaftlicher ist, die­

selbe Arbeit auf ertragreicheren Böden in tieferen Lagen zu verwenden. Dafür entstehen unter der alten und neuen Waldzone geeignete Flächen für Weidewirtschaft, die ersten Anlaß bieten, die Wasservorkommen planmäßig zu nußen, Quellen zu erschließen, Staugräben und Staubecken für die Schneeschmelze und Regengüsse anzulegen, und zwar im Bergbaugebiel in dichten und hölzernen Rinnen, die eben­

falls bereits zur Anwendung kommen. Wo kein W asser für Viehtränken vorhanden ist, soll es mit Windmotoren auf- gepumpf oder einem nahen Strang der allgemeinen W asser­

leitung entnommen werden. Dafür trägt die Landwirtschaft durch Drainage zu feuchier Accker zur weiteren Sammlung der erfaßbaren Wassermengen bei und leitet diese mit den übrigen Wässern zusammen entweder in die unterhalb liegen­

den Gartengebiete oder, wo diese nicht vorhanden sind, in die Stauteiche und Versorgungsgräben für die im Tale liegenden Industrien. Es ist klar, daß diese wasserwirtschaft­

lichen Gesichtspunkte bereits genauen Anhalt geben für sorgsame Durcharbeitung der verschiedenen Nußungs- flächen auch außerhalb der dichter besiedelten Bau- und Industriegebiete. Von größeren Bodenverbesserungen oder gar Beregnungsanlagen für die Landwirtschaft muß der Plan im gebirgigen wasserarmen Gelände natürlich absehen. Die Landwirtschaft schäßt'die Produkiionssteigerung durch diese

Maßnahmen auf etwa 30 bis 50 v. H. Audi die G a r t e n ­ w i r t s c h a f t soll an der Wasserbewirtschaffung teil­

nehmen, um möglichst an Leifungswasser zu sparen. Die Gartengebiete sind so vorgesehen, daß ihre natürliche B e ­ wässerung erleichtert, ihre Versorgung mit Diingsioffen aus der Kanalisation gefördert und die Gartenfreude der B e ­ völkerung gehoben wird. Sie werden als Mittelpunkte des Volkslebens für die wärmere Jahreszeit mit Spiel- und Sportpläßen, Wiesen- und Weideflächen ausgebildet, um die Bevölkerung aus den furchtbaren Wohnverhältnissen herauszugewöhnen und ihr draußen produktive Arbeit zu schaffen auch für Zeiten der Erwerbslosigkeit. Das erfaßbare Wasser soll in Gräben und kleinere bergsichere Behälter geleitet und so in dem für Talsperren ganz ungeeigneten Gebirge für eine dezentralisierte Wasserslauung Sorge ge­

tragen werden. Diese Gartenwirtschaft wird nach Möglich­

keit planmäßig durchorganisiert. Die W o h n w i r t s c h a f t wird planmäßig auf die günstigsten Gebiete zusammen­

gezogen, wo Handel und Verkehr gute Mittelpunkte bilden und ein regeres Gemeindeleben sich entfalten kann. Länd­

liche Gebiete werden dabei in ihrer Entwicklung geschont und dafür städtische Kerne vorgesehen, deren landwirtschaft­

liches Hinterland ganz für Gartenflächen der Bevölkerung genußt wird. Für öffentliche Gebäude, Kirchen, Schulen, Ver- sammlungs- und Vereinsräume werden günstige Flächen Vor­

behalten, wo eine Gruppierung von Gebäuden mit ver­

wandten Zwecken geplant ist. Neue Straßen werden dabei planmäßig zur Entlastung der alten mit angelegt, verstreute Siedlungsfeile zusammengezogen und durch schiißende Baumpflanzungen fest umhegt. Statt der trostlosen Kaser­

nen und zersplitterten Einzelhäuschen sollen Ortschaften für eine heimatbewußte Bevölkerung entstehen mit gemütlichen Pläßcn innen und landschaftlich schöner Wirkung von außen. Die H a n d e l s - u n d I n d u s t r i e W i r t s c h a f t erhält Sicherheit für ihre künftige Ausdehnung in günstigen Verkehrslagen und auf den für Errichtung von Verkaufs­

lager- und Fabrikgebäuden geeignetsten Flächen. Für einen großzügigen Zusammenschluß der Kohlenwirtschaft, verbun­

den mit Umwandlung der Kohle in Elektrizität, Gas, Staub­

kohle, Oel und weitere chemische Verarbeitung der Teer­

produkte sieht der Plan besondere Flächen und gegebenen­

falls Verkehrsanlagen vor, ebenso für andere energiever­

brauchende Industrien, dazu Verkehrsverbesserungen für Auto-, Straßenbahn-, Radfahrer- und Fußgängerverkehr.

Es gibt kaum ein Gebiet des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, auf das nicht dieser „Raumwirtschaftsplan“ , der alle Belange irgendwie berührt, anregend und belebend wirkte, weil er eine produktive Gesamtordnung anstrebt und der künftigen Entwicklung Ziele seßt.

So haben sich zur Weiterberatung der Einzelheiten zu­

sammengeschlossen ein I n d u s t r i e a u s s c h u ß , dem auch die Berg- und Gewerbebehörden angehören und in welchen neben industriellen Fragen auch Kleingartenfragen und andere Arbeiterwohlfahrtsaufgaben beraten werden, ein H a n d e l s - u n d V e r k e h r s a u s s c h u ß , dem die verschiedenen Verkehrsunfernehmungcn, Vertreter der Handelskammer, des Groß- und Kleinhandels und des Fremdenverkehrs angehören, ein L a n d w i r t s c h a f t ­ l i c h e r A u s s c h u ß , in welchem das Kulturamt, der Land­

bund und einzelne Groß- und Kleinlandwirte vertreten sind, und ein S o z i a l e r A u s s c h u ß , an welchem die Geist­

lichkeit beider Bekenntnisse, die Aerzteschaft, der Haus­

frauenverein und die Einrichtungen der öffentlichen Wohl­

fahrt beteiligt sind. So entsteht ein Miteinanderarbeifen aller Kräfte zum ersten Male nach einem sichtbaren Raumplan mit festen Zielen, von denen einige durch in Bildung begriffene Verbände: Wasserwirtschafts-, Kleingarten- und Verkehrs­

verband weiter praktisch verfolgt werden sollen.

Der Kreisausschuß, der Magistrat Waldenburg, die G e­

meindevorstände sind die behördlichen Träger dieser großen Gemeinsdiaftsarbeit, die nun einheitlich in steter Fühlung untereinander vergehen werden.

So ist der Grund gelegt für die zielbewußfe Entwicklung einer neuen Zeit. Mögen Reich und Staat nicht vergessen, daß hier eine neue produktive Lebenszelle im Staate ent­

steht, die es zu entwickeln und zu fördern gilt.

Schlesien, Kuliur und Arbeit einer deutschen Grenzmark 177

P R O V IN Z IA L ­

E L E K T R IZ IT Ä T S W E R K S C H L E S I E N

Elektrizitätswerke