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Die schlesische Graniisieinindustrie

Von Syndikus Dr. L u d w i g , Gerichtsassessor a. D., Breslau.

Die Anfänge der schlesischen Granitindustrie reichen bis in das 17. Jahrhundert, ja vielleicht sogar noch weiter zurück.

Eine alte schlesische Chronik aus dem Jahre 1689 berichtet z. B. von dem Strehlener Stadtbruch, dab er bereits seit langem bestehe, und dab die Steine aus ihm zum Bau der Stadt Strehlen verwendet worden seien. Schon Friedrich der Grobe soll im Siebenjährigen Kriege, als er sein Lager bei Strehlen aufgeschlagen hatte, den Bruch seiner Grobe und Bedeutung wegen besichtigt haben. Im Striegauer Bezirk ist der älteste Bruch; der am Mühlberg bei Striegau gelegene sogenannte Bartsch-Bruch, der im 18. Jahrhundert in Betrieb genommen wurde.

Man kann deshalb wohl mit Fug und Recht die schlesische Granifinduslrie mit zu den ältesten Industrien unserer Heimatprovinz redinen.

Die eigentliche Blütezeit der schlesischen Granitindustrie begann im lebten Viertel des vorigen Jahrhunderts. Die nach dem siegreichen Kriege 1870/71 einsebende lebhafte Ent­

wicklung von Handel und Verkehr und die damit verbundene

Entfaltung der Städte wirkte einerseits befruchtend auf die Hochbautätigkeit, andrerseits zwang sie die Kreis- und Kom­

munalbehörden, ihr Augenmerk immer mehr und mehr auf ein gut aussehendes und qualitativ einwandfreies Straben- neb zu richten, um dieser Entwicklung auch in verkehrs­

technischer Hinsicht Rechnung zu tragen.

Dank der Güte ihres Materials konnte die schlesische Granilindustrie allen an sie gestellten Anforderungen gerecht werden.

Diese Blütezeit wurde im Jahre 1914 durch den Aus­

bruch des Krieges jäh unterbrochen. Aus selbstverständ­

lichen Gründen ging einerseits die Hochbautäligkeit ganz wesentlich zurück und konnte andrerseits an einen weiteren Ausbau des Strabennebes nicht gedacht werden, was eine starke Einschränkung des Bezuges sowohl von Werk- als auch von Pflastersteinen zur Folge hatte.

Auch nach Beendigung des Krieges konnte infolge der Inflation und all ihren das gesamte Wirtschaftsleben drosselnden Folgeerscheinungen an die Wiederaufnahme der Hochbautätigkeit und an den Ausbau und die Wieder- herslellung des Strabennebes nicht herangegangen werden.

Die Folge hiervon war, dab die einst blühende schlesische Granilindustrie fast völlig zum Erliegen kam, ihre Betriebe einschränken und ihre Arbeiterzahl auf etwa 40 bis 50 Pro ­ zent des Vorkriegsstandes herabmindern mubte. Erst das Jahr 1924 brachte, wenigstens soweit die Pflasterstein- und Schotterindustrie in Frage kommt, wieder einen gewissen Aufschwung. Infolge der Stabilisierung der Mark und der Balancierung ihrer Etats bekamen die Behörden wieder Mittel in die Hand, die es ihnen ermöglichten, die W ieder­

herstellung und den Ausbau des völlig vernachlässigten Strabennebes in Angriff zu nehmen. Die schlesische Granii- pflastersteinindustrie ist daher zurzeit in der Lage, ihren dezimierten Arbeiterbesland wieder auffüllen, ihre herunter­

gekommenen Betriebe wieder ausbauen zu können.

Anders gestaltete sich leider die Nachkriegsentwicklung der Werksteinindusine. Abgesehen von vereinzelten gröbe­

ren Aufträgen, die sie vorübergehend auf einige Wochen besdiäftigten, liegt liegt sie nach wie vor völlig darnieder, so dab sich ein Teil derjenigen Betriebe, die früher etwa im gleichen Mabe Werksteine und Pflastersteine herstellfen, völlig auf die Pflastersteinproduklion umgestellt hat.

Die Hauptzenfren der mabgebenden schlesischen Granit­

industrie liegen in den Bezirken Slrehlen, Niclasdorf, Gorkau; Ströbel, Qualkau (bei Zobten); Slriegau, Häslicht, Bohrauseifersdorf, Kalthaus, Tschirnib, Grob-Rosen; Neibe, Ottmachau; Jannowib; Königshain (bei Görlibl und Arnsdorf (Oberlausib). Sie befindet sich ir? den Händen nachstehender Firmen;

Vereinigte Schlesische Granitwerke G. m. b. H., Breslau;

C. F. Lehmann, Granitwerke, Striegau;

Schlesische Granitwerke A.-G., Jauer;

Qualkauer Granitwerke Steinbrich & Oelsner, Breslau;

H. Thasler, Granitwerke, Girlachsdorf;

A. Weib, Hartsleinwerke G. m. b. H., Görlib;

Granitwerke Bartsch G. m. b. H., Striegau;

M. Weib, Granitwerke, Striegau;

Josef Sanner, Naasdorf (Kreis Neibe);

H. Seidel, Granit werke, Slriegau;

F. Rhoder, Granitwerke, Striegau;

E. Rohr, Granitwerke, Striegau;

R. Kleinschmidt, Nitferwib b. Ottmachau;

Gräbener Granitwerk, Breslau;

W. Rudolph, Arnsdorf;

Königshainer Granitwerke C. Besser Nachfolger, Breslau;

C. C. von Thaden, Königshain;

Guck, Reichenbach (Lausib);

Pufe, Dittmannsdorf;

Pitters, Hilbersdorf,

die insgesamt 57 Brüche betreiben und rund 8000 Arbeiter beschäftigen.

Schlesien, Kultur und Arbeit einer deutschen Grenzmark 169

Um sich ein Bild von der Größe und Bedeutung der schlesischen Granitindustrie zu machen, sei erwähnt, daß der eingangs genannte Strehlener Stadtbruch mit einer Beleg­

schaft von etwa 900 Mann der größte Granitbruch in Deutsch­

land, ja sogar, soweit dies feststellbar war, in Europa ist, was in gleicher Weise auch von der Firma Vereinigte Schlesische Granitwerke G. m. b. H., Breslau mit einer G e­

samtbelegschaft von etwa 3500 Mann gesagt werden kann.

Geologisch ist das geförderte Material, der Granit, ein kristallinisches Eruptivgestein, das in der Hauptsache aus Feldspat, Quarz und Glimmer besteht. Je nach dem Ge- mengeverhältnis und der Korngröße dieser drei Bestandteile unterscheidet man Grobkorn-, Mittelkorn- und Feinkorn­

granit. Feisterer wird hauptsächlich im Strehlener, Niclas- dorfer, Gorkauer, Kalthäuser, Tschirnißer und Groß-Rosener Bezirk gebrochen, während in allen übrigen Bezirken vor­

zugsweise Grobkorn-, teilweise jedoch auch Mittelkorngranit gefördert wird.

Der Granit tritt in Schlesien im Gegensaß zu ändern Granitsteinbezirken Deutschlands als „Lagergranit“ auf, d. h.

in Schichten oder Bänken, die teilweise Höhen von 3 m und mehr erreichen, und die den Abbau wesentlich erleichtern.

Er zeichnet sich durch seine gute Spaltbarkeit und hohe Druckfestigkeit, die zwischen 2000 und 3500 kg pro Quadrat­

zentimeter schwankt, aus.

Der Abbau des Granils erfolgt bei seiner guten Lage­

rung fast durchgängig in der Weise, daß in den einzelnen Schichten oder Bänken entweder große, viele Zentner schwere Blöcke mittels explosiver Stoffe von der Gesteins­

masse abgesprengt oder kleinere Stücke vom Brecher selbst durch Hineintreiben von Eisenkeilen in vorher hergestelltc Keillöcher abgespalten werden. Die so erhaltenen Slückc werden dann, je nachdem, ob sie zur Pflasterstein- oder Werkstein-Herstellung dienen sollen, entsprechend weiter bearbeitet.

Im Jahre 1924 sind in der gesamten schlesischen Granit­

industrie, soweit sie organisier! ist und deshalb ihre Förde­

rung erfaßt werden kann, rund 1 Million Tonnen Rohmaterial gebrochen worden.

Die schlesische Granitindustrie fertigt, soweit die Pflasterstein- und Schotterherstellung in Frage kommt, alle Straßenbaumaterialien vom hochgualitätigen, sogenannten bossierten, fast würfelförmigen Großpflasterstein, über den Klein- und Mosaikpflasterstein hinab bis zum Bruchstein und gewöhnlichen Straßenscholter, soweit die Werkslein- Herstellung in Frage kommt, alle Steinmeßarbeiten von der feinsten polierlen Denkmalsarbeit über die gewöhnliche Bau ­ arbeit hinab bis zum gewöhnlichen Straßenbordstein. So ist, um nur einige Bauten aus Schlesiens Hauptstadt .zu nennen, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal und die Freiheitsbrücke (ehemalige Kaiser-Wilhelm-Brücke) aus schlesischem Granit hergestellt. Aber nicht nur in der Heimatprovinz, sondern über ihre Grenzen hinaus in weiter Ferne ist schlesischer Granit für Monumentalbauten zur Verwendung gelangt, so z. B. am Reichstagsgebäude und an den Pfeilern der Berliner Stadtbahn, am Westhafen Berlin, an der Börse in Bremen, an den Weichselbrücken in Warschau und Thorn und bei zahl­

reichen Wasserbauten in Holland.

Der schlesische Granit isl mit der beste in ganz Deutsch­

land und hält dem von manchen Behörden so hodi ge­

schaßten schwedischen Granit völlig die Wage. Es mag sein, daß der schwedische Granit etwas härter ist als der deutsche, dafür niißt er sich aber ungleichmäßig ab und bildet soge­

nannte Kaßenköpfe, die nicht nur die Schönheit des Straßen­

bildes, sondern vor allem die Haltbarkeit der Straßendecke und die Sicherheit des Verkehrs stark beeinträchtigen. Und gerade die gleichmäßige Abnußung des Pflastersteins ist für die Haltbarkeit der Straßendecke, insbesondere bei starkem und stärkstem Verkehr, das ausschlaggebende, was jeder Straßenbaufachmann bestätigen wird. Es ist daher

bedauerlich, daß es noch immer Kreise und Kommunen gibt, die sich nicht von ihrer Voreingenommenheit zugunsten des schwedischen Materials freimachen können und viele Mil­

lionen deutscher Reichsmark, die unsere einheimische W irt­

schaft so lebensnotwendig braucht, dem Ausland in den Schoß werfen.

In dankenswerter Weise ist die Stadt Berlin, die in der Vorkriegszeit auch in der Hauptsache schwedisches Material verpflastert hat, nach dem Kriege zu deutschem Material übergegangen, mit dem sie die besten Erfahrungen gemacht hat, und zwar verwendet sic in den Zentren, also in den ver­

kehrsreichsten Teilen der Stadt fasl ausschließlich schlesi­

schen Granit. Diese Tatsache beweist am besten die Güte des einheimischen Materials. Möchten recht viele Städle, insbesondere im Norden Deutschlands:, die jeßt noch schwedisches Material beziehen, dem Beispiel Berlins folgen.

Sie dienen dadurch der deutschen Volkswirtschaft und da­

mit leßten Endes am besten sich selbst.

Fracliitarifarisch hat die schlesische Granitindustrie wie wohl alle ändern schlesischen Industrien unter ihrer überaus ungünstigen geographischen Lage zu leiden. Eingekeilt im äußersten Südostzipfel Deutschlands hat sie nach fast allen Teilen des Deutschen Reiches sehr große Entfernungen zu überwinden, was naturgemäß ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ändern Steinindustrien Deutschlands stark beein­

trächtigt.

Hinzu kommt noch, daß die schlesische Granitindustrie infolge des unglücklichen Ausganges des Krieges und der damit verbundenen Veränderung der Ostgrenze ihr natür­

lichstes und hauptsächlichstes Absaßgebiet, nämlich Posen und Oberschlesien, verloren hat. Troß alledem ist es ihr dank der Güte ihres Materials gelungen, sich ganz Deutsch­

land bis westlich zum Rhein und südlich zum Main als Absaß­

gebiet ,zu erwerben.

Ihre Hauptabnehmer sind die Kreis- und Kommunal­

behörden, sowie die Reichsbahn und Wasserbau-Verwal­

tungen. Zu ihren Konsumenten zählt sie, wie bereits oben erwähnt, z. B. auch die Reichshauptstadl Berlin.

Der in der Vorkriegszeit recht rege Export ist in der Nachkriegszeit fast auf Null gesunken. Die östlichen Nach­

barstaaten, insbesondere Polen, die früher als Abnehmer in großem Umfange in Frage kamen, sind infolge der in ihnen herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse so gut wie gar nicht aufnahmefähig. Zudem hat sich Polen mit einer derart hohen Schußzollmauer für Werksteine umgeben, daß die schlesische Granitindustrie konkurrenzunfähig ist, da der Zoll allein teilweise ein mehrfaches des Wertes des P ro ­ duktes ausmacht.

Von den westlichen Staaten kommt, abgesehen von den Reparationslieferungen für Frankreich und Belgien, an denen die schlesische Graniiindustrie bis zum Ruhreinbruch im Februar 1923 in hervorragendem Maße beteiligt war, im wesentlichen Holland als Importeur insbesondere von Bord­

steinen und Werksteinen für Wasserbauten in Frage. Leider wird auch dorthin der Export durch den langen Frachtenweg und die dadurch bedingten hohen Eisenbahnfrachten sehr erschwert.

Die schlesische Granitindustrie bildet nach alledem im Wirtschaftsleben unserer Heimatprovinz einen nicht unwichti­

gen Faktor. Ihre volkswirtschaftliche Bedeutung und Not­

wendigkeit dürfte ohne weiteres auf der Hand liegen, um so mehr, als sie dank der Reichhaltigkeit der Gesteinsvor­

kommen, die in Generationen nidit erschöpft werden können, und dank der Giile des Materials noch außerordentlich ent­

wicklungsfähig ist. Möge ihr daher wie bisher auch in Zu­

kunft von allen heimischen Behörden die Unterstüßung und Förderung zuteil werden, die ihr entsprechend ihrer S te l­

lung in der schlesischen Gesamtwirlschaft gebührt.