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Die Zukunft, 20. Februar, Jahrg. XXIII, Bd. 90, Nr 21.

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(1)

XXllL Jahrg. Yerliiyden20.Februar1915. Yr.2l.

Herausgehen

Maximilian Karl-en.

Inhalt-

Stif- Euadragestma ...........................221 Koists-.German-l VonEduard Goldbeck «.............247

Nachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

seen viertetiiiypuchs met sieein«-tu- Numsm soPs.

Op-

Berlin.

Verlag der Zukunft

WilhelmstraßeZa.

1915.-

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MiilsBAUER

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VorNachahmungenundFälsehungenwird gewarntJ Mku cnks

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Hierdurch beehren wiruns anzuzeigen, dalsdieunserem Verein angeschlossenen Brauereien unter demDruck der Verhältnisse leidergezwungen sind.von Mittwoch-

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eintreten zulassen. DieserPreisaufschla decktnur zum Teildiedauernde steigerungderGeste ungslcostenfür dasBier,diedurch diefortschreitende gewaltigeVer- teuerung allerRohmaterialien undBedarfsartikel im besonderen derGerste unddesMalzes—.das Anwachsen derVertriebsspesenund vieleandere Mehrbelastungen verursacht wird. Wirdürfen deshalb hoffen,daB die Be- rechtigungdieserimlnteresse derAufrechterhaltung der Brauereibetriebe unbedingt notwendigen MaBnahmen

nicht verkannt wird- set-lin- den 13.Februar 1915.

Wiclii ilckIkllllskclcilIckllllsiliillileklllllscscllil

(3)

Berlin, den 20.Februar 1915.

. ÆUV .

Quadragesima.

Ost.

ichaelJwanowitsch Sasonow,schriebdieschlimme Katha-

« rina,,,isteinhübscherEselzund dieFrau, dieernahm, so iblitzdumm,daszsie dieWeisheit derHebamme anstaunte,die pro- phezeithatte,sieJerde entwedereinen Knaben oderein«-Mädchen gebäre«DieFrucht dieser Ehewardennauch einGeschlecht,das sichsolcher Eltern würdigerwies.«UnddemderLeiter desinter- nationalenRussengeschäftesentstammt.Dümmeresind,inOstund

·West,schonMinistergeworden.Neben denNumanzow, Nessels rode,Gortschakow,Giers,Lobanow (die auch nichtvonTitanens wuchs waren) scheint Herr Sasonow einKnirps. Jm Schatten wäreergediehen; Sonnenhelle verträgtderKränkliche nicht.Den Pariserngalterniealsvollgewichtig.JnBerlintrankundversprach

sermehr,alserhaltenkonnte.JnKonstanzawollteerbezaubernund erlangte dochkeinbeleihbares Pfand. Wesenund Rededürr.Ohne PersönlichkeitOhneTalent zum Glück. Was er,amneunten Fe- bruar,in derGossudarstwennajaDuma sagte,hatte längstinjeder russischenZeitunggestanden. Wers liest, mußzweifeln.obdiese HoheExcellenzauchnur dieHeimathgeschichtekennt. Nochwar ja möglich,dieEroberungGaliziens als endgiltighinzustellen.

»AmhundertJahrenwollteunser erhabenerKaiser,Alexander der Erste, auchaneinemFebruartag, demHaus Oesterreichdie ganze Walachei, dieMoldau biszumSerethund großeStückeSer-

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222 DieZukunft-«

biens fürGalizien geben.Gedenken Siedieser Thatsache:und Sie werden,erst dann,dieBedeutung unseresSiegesermessen«Das hättegezündet.FielaberHerrnSasonow nichtein. Derbegnügte sichmitderWiederholungalterLeierlieder. Und alsdas Lob, das ermitallem erschwinglichenLungenaufwanddemHeerge- spendethatte,bis in denWestenvorgedrungenwar, wurde esvon derKunde überdröhnt,derbehutsam kühnenKumpanei Binden- burgsLudendorffseidieerstederseitWochenleisfürdieFastens zeitangekündetenThaten,dieWegdrängungderRussenaus dem inneren Ostpreußen,gelungen.DieDuma,in der,wieindenPar- lamenten Englands UndFrankreichs,DeutschlandsundUngarns,.

seitdemKriegsausbruch holde Eintracht herrscht,warfreilichzu- frieden,»Sie neigt sichinEhrfurchtvor denruhmreichen Helden- thatenunsererKriegerzschicktdemHeerundderFlotte Rußlands herzlichenGruß,denVerbündetendenAusdruckaufrichtigerHoch- schätzungundSympathie;glaubt zuversichtlich, daßderFeldzug

an das große Nationalzielführenund dieFreiheitverbürgen wirdzundbezeugtden unbeugsamenEntschlußdesRussenvolkes, zukämpfen,bis demFeinddieBedingungenaufgezwungensind, diedenFricden Europas,die Herrschaft vonNechtundGerechtig- keitsichern.«Hicetuquue UngefährwieinVerlin undVudapest, London undParisNicht eineStimme dagegen.JneinemParla- ment,das noch nichtneunJahre altist.Herr Sasonowhatsleicht-

Ob derzehnte-Mai1906,dessen Mittagssonne dieEröffnung derrussischenReichsduma sah, einstinderMenschheitgeschichte einsowichtigesDatum seinwirdwiederfünfteMai 1789? Die Etats-Generauxgeberdetensich schonindenersten Lebenstagen recht hitzig, fordertenBerfassung undSteuerreform,wollten nach- Köpfen, nicht nach Ständen, abstimmen, etablirten sichals Assem—

bleeNationale constituante; undals derarme Louis denstarken Mann zuspielen versuchte, hörteerausdemBallspielhausdas Gelübde, nicht auseinander-zugehen, bisFrankreicheine Ver-- fassung habe.Sowars nicht gemeintgewesen.Demschwächlichen EnkeldesSonnenkönigs klangen wohl nochdie Worte imOhr, die,imerstenJahrseinerRegirung,Tutgvtgesprochenhatte,als- errieth, nach langerPausedieEtats-Oenerauxwiedereinzuberufen:

»De cettefaczonlepouvoir royalseraiteclajreetnon geneeti’0pinions publiquesatisfaitsans peril.«Nun wars zuspät. NachderErstütss

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Qu·adragesima. 223 mung derVastilleunddemversailler Schreckenkam dieFluchtin dieReporterlogederNationalversammlung, nachder Assembiöc die convention Nationalezund»derBürger Capet mußtedasent- krönteHaupt aufGuillotins neueKöpfmaschinelegen. Jn Peters- burgwar derAnsang glimpflicher.Auch hiermarchait enkjnle ba—

taillon noir duTier-EtatundMichelets berühmtesWort lag auf mancherLippe,alsdie kleinenLeute,Bauern,Handwerker, Jn- dustriearbeiter,barhäuptigund verklärten BlickesinHofkutschen nachdemWinterpalast fuhren. DochindenerstenTagender

neuen Wonne benahmendieErkürten sichganzvernünftig. Nach

demthötichtenunddichtanLandesverrath grenzenden Versuch, dieAnleihezuhindern, mußteman Schlimmeresfürchten. Daß ein paarbreitstirnige Riesen aufdieStenographentribünekletter- tenunddemjapanischenVerichterstatter fürOyamasHiebedank- ten,ohne dieRußlandheutenochkeinVarlamenthätte,warschließ- lich nureinVrivatvergnügen.DieHaltungimSaal selbst recht würdig.Obsdabei bleiben-wird? Nousseau hat gesagt: »Vblker müssen,wieIndividuen, derKindheit entwachsenundins Alter derReife eingetretensein,bevor man sie Gesetzen unterwerfen kann;dieReifeeines Volkesistabernichtimmerleichtzu erkennen:

und wer dairrt, darf nicht hoffen, jeansZielzu kommen. Das eineVolkistgleichnachderGeburt,dasandere erst nachzehn Jahrhunderten disziplinirbar. DieRussenwerden niewirklich civilisirt sein,weilsieeszufrühwaren. Peterwar eingenialer Aachahmer,nichteinschöpferischesGenie,dasaus demNichts einAllgestaltet.Manches,was erthat,war gut,das Meisteaber verfehlt. Ersah, daß seinVolknochimZustandederVarbarei lebte,nicht aber, daßesfürdieCivilisation noch nicht reifwar undeinstweilennur einer Stärkungdeskriegerischen Geistesbe- durfte. Statt Russenaus diesen Menschenzumachen,wollteer sie zuDeutschen,zuEngländern erziehen;erhinderte seineUnter- thanen, jemalssozuwerden, wiesiewerden konnten,denn er suchte ihnen einzureden, sie seien,was sienicht sind. Mancher französischeErzieher hats sogemacht;aus demZögling,dernur zudemeeck abgerichtetwar,sicheinenAugenblickimGlanzezu zeigen,istabernie Etwas gewordenRußlandwirdsichbemühen, Europa zuunterjochen,undselbst unterjochtwerden. DieTata- ren,dieUnterthanen oderfNachbarndesrussischenNeichessind,

lö·

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224 DieZukunft.

werden einesTagesseineundunsereHerrenwerden. DieseRes volution scheintmirunvermeidlich.AlleKönige Europens trach- tengemeinsam, sieinder Stille zubeschleunigen.«

DieseindieZeit frankosrussischerJntimität nicht mehr pas- senden Sätze stehenimzweitenBuchdescontrat socja1,der1762 veröffentlichtwurde. Damals sahes inRußland freilich schlimm aus. DerHof,schriebeinFreiherr vonderGoltz, PreußensGe- sandter,an König Fritz, zittertvor einem nahen Ausbruchun-

zähmbarer Polksleidenschast;»die Priester hetzendas Volkge- gendenKaiserunddieEmpörungistsoallgemein, daßbierathlosen Gubernatoren hier(inPetersburg) anfragen,obsiezu Gewalt- mitteln greifen dürfen,um dieGemütherzuberuhigen.«DiePrie- ster hatten Grund, wüthendzusein.DertollePeter,der nachden TodseinerTante ElisabethdenSelbstherrscher mimte,hattedie Heiligenbilder,das Gewand,denBart und dasBesitzrechtder Kirchenleuteabgeschafft.DiePopenschaft sollte sich rasiren,den Rockdes lutherischenPfarrers anziehenund ihrenSold vom

Kaiser empfangen,dersichimSchloßeineProtestantische Kapelle einrichtenwollte. SofrecheVerachtungehrwürdigen Vrauches mußte dieRussenzurAuflehnung reizen-Aberneben demin Kiel gebotenen gottorpischen PeterFjodorowitschsaßdieAnhaltines rinKatharina Alexejewna aufdemThronderPalaeologen: et

cettecatin åtaitungrandhemmt-«Sie ließdenboshaften Narren

vonden Orlows morden undzeigtedenWillen zuernster Reform- arbeit. DieSenatoren, schrieb sie,sollenendlichihrePfiichtthun;

wer nicht redlichundwürdigdesAmtes walte, sei ohneErbar- men wegzujagen. DochdieFüllederUkase vermochtedasgeile Geniedieser Kaiserin nichtzusättigen.SiewolltenichtalsPer- treterin derAutokratie vondenfeinstenEuropäernbespötteltwer- den,dieschonneidischins JnsellandderErbweisheit lugten;

wollteauch ihrParlamentspielchen haben.Ratürlicheinselbster- fundenes,nichtetwa denSemskijSobor(oderdieSemskajaDuma) der alten GroßfürstenvonMoskowien. Sollte diestolze Schüle- tinMontesquieus undVeccarias, Poltaires undderEnchle- pädisteneinversallenesGemäuerausdemSchuttgraben2Nichts fürdieFrau,diesichin alleFormendes ihr fremdenGlaubens undAberglaubens gefügtund dieTaufnamenSophie Auguste mitdenjedesRussenherzerfreuendenJekaterinaAlexejewnaver-

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Quadragesima. 225 tauschthatte,dieumjedenPreis aber alsEuropäerinund alsGenie voneignerGnadebewundert sein wollte.J hre GesetzgebendeKom- mission mußteanders seinals alleirgendwo bestehendenStände- versammlungen.JndirekteWahl.JederAbgeordnetebekamvon derRegirungeincahier,indas erdieWünscheundBedürfnisse seinesWahlkreiseseinzutragen hatte. Oeffentliche Berathung.

AusführlicheSitzungberichteundgenaue Anwesenheitkontrole.

DieGeschäftsordnung hatte Katharina selbst entworfen.Alsdie Sache dennoch nicht recht klappen wollte, schicktesiedemErsten Präsidenten (dieinKnechtssinngewohnte Mehrheit hatteeinen Orlow gewählt,die Kaiserin aber,um ihre Unparteilichkeitzuzei- gen,Bibikow ernannt) Berichteüberenglische Parlamentsvers handlungen, damitersehe,wieesgemachtwerden müsse.Kein Gesetzentwurf durfteinHastdurchgepeitscht,die FreiheitderRede nichtgeschmälertwerden. Jndem(angeblich auchvonKatharina allein) fürdieKommissia verfaßten Programm (Nakaz) standen wunderschöneSätze. »Der Bürger soll nichtdenBürger,sondern nur dasGesetz fürchten.Wenn jeder Bürger sichvoller Sicher- heiterfreut, entstehtdieRuhedesGemüthes, ohnediepolitische Freiheit nichtzu denkenist.Jch weiß(und halte fürrühmlich,es auszusprechen), daßichnurdieAufgabehabe,demWohlmeiner Bölkerzudienen,undwerde niedenSchmeichlern glauben,die täglichwiederholen,nur für dieFürstenseiendie Bölkerda. Wenn unser großesWerk vollendet ist,darfesausder Erde kein Bolk geben,das gerechter regirtwird undkräftiger gedeihtals das russische.«Pompöse Sätze,wierussischesBollblut sieniemals ge- funden hätte.Die Arbeiten wurden mitFeuereifer imPlenum undindenneunzehnAusschüssenbegonnen;unddasPräsidium, in demneben Bibikow unddemGeneralprokurator Wjäsemskij aucheinSchuwalow saß,hielt streng auf gutenTon. Trotzdem kamszwischenAdelundKleinbürgerthumzumanchem Strauß- Allewollten reden;undwer das Wort einmal hatte,gabsnicht so leichtwieder her.Natürlich fehlte auchdierussischeSpezialität derfürstlichenDemagogennicht;einersollindenHundstagendes Jahres1767 einGesetzgeforderthaben,dasdenLehrernverbiete, dieSchülerzuprügeln. Unbequemwurde dieRedefreiheit erst, alsUkrainer undBaltenihrePrivilegien verfochten. Staatsrecht- licheFragen,mußteBibikow aufAllerhöchstenBefehldaschnell

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226 DieZukunft.

verkünden,gehörennichtindenGeschäftskreisderKommission, sondernkönnennur von derSelbstherrscherin beantwortet wer- den. Das war dererste Streich. Jnderzweiten Session,—deren SchauplatzderpetersburgerWinterpalast war (vorherwars der ThronsaalimKremlgewesen),wurdedieSache schon langweili- ger,diePausezwischendenSitzungen länger,diePräsenzziffer, trotzdenDiäten,kleiner.Dann mußtendieBojarenundKosaken in denTürkenkriegmndKatharina benutztedenBot-wand, schickte dieKommission heimundließnur dieAusschüsseweiterarbeiten.

Jetzterst, schrieb sie später,hatte ich meinReichkennengelerntund wußte, fürwen ichzusorgen habe.Das Schauspielreligiöserund nationaler Zersplitterung,das die 564Erwähltenboten,wurde nachundnach aberlästigzkonnte auch schädlichwerden.Die große Herrscherinlehnte sogardenTitel »Landesmutter« ab,der ihran- gebotenward. Aus dieser Schüssel schmeckteihr nichts mehr-

JndemTaurischenPalast,den siefürihrenPatiomkinbauen ließ,istseit1906dieVolksstimmewiederzuhören.Wie lange?Epi-s sodeoderGeschichte?Patiomkinsches Dorf oderWendepunkt der Entwickelung?Nur Helios vermagszusagen,deralleserische bescheint. Europäermummereien ähnlicherArtsindinRußland oft gewagtundnoch öfter empfohlen worden;vondemerstenund demzweiten Alexander, vonSperanskij, Stroganow, Miljutin undmanchemAnderen. Lange hatsniegedauert.Auchdiesmal sollteeineParlamentsform gefundenwerden,der dieSchutzmarke gebühre:Made inRussia. KeineRotabelnversammlungPointde notables;jeneveux pasde1789,hatteAlexaUderderZweitegesagt, alsdieJntelligenzlautihren TheilandetRegirungheischtezund Vismarck,der inseinem BerichtanSchleinitzdas Wort erwähnt, fügt hinzu:»Ereignissesind stärkeralsmenschlichePläneundvon ihnenwirdauchdieZukunftallergutenundschlechtenReform- prvjekte für Nußland abhängen.Bleibt dieZeit ereignißlos, so glaube ich doch, noch langegenug zuleben,um Gortschakowvor russischenNotabelnredenzuhören.«NikolaiAlexandrowitschhat dieAntipathie desGroßvatersgeerbt.Wollte aberauchnichtden Namen SemskijSobor. Und derInstinkthat ihm vielleichtden richtigen Weg gezeigt. »DerSobor«,hat PaulSchuwalow 1880 gesagt, »fürdenunsereneuen Slawophilenso eingenommen sind, scheintmirdieunbequemsteFormPolitischerVertretung. Parla-

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Quadragesima. 227 mente kannman auflösen,wenn dieNegirungnichtmitihnenzu arbeiten vermag. Unsere Aussen würden, sobaldwirihnen nicht denWillenthäten,einfachstrikenzsichweigern,anBerathungenmit- zuwirken,derenAutzlosigkeit festgestelltsei. Dadurch geriethedas Land danninkonstitutionelleKrisen,ausdenen sichdieRegirung nur mitvermindertemAnsehen, vielleichtunter schmählichenVes dingungen,retten könnte.«SolcheKrisisist auchinderReichs- duma möglich.DerName erinnert Volk undKaiser wenigstens abernichtandie altslawischeNothversammlung,derenMitglieder weder Rechte noch Praerogative hattenundvondernur aufbe- stimmteFrageneine(den GroßfürstenundGossudarnichtbin- dende)Antwort,einunmaßgeblichesGutachtenverlangtwurde.

VonderNotabelnvertretung ists nichtweitbis zum Konvent.

Nikolai Alexandrowitsch istimMai 1868geboren,imMai 1891in9tsu voneinemjapanischenPolizeisoldaten amKopfver- wundet worden. ZehnterMai 1895:Admiral Makarow hatauf derLandkarte mitrothem StiftdenBezirk eingezäunt,denJapan nachdemSiegüberChinaherausgeben soll,undzwingt,imBeach- hotelderHafenstadt Tschifu,durcheinevon Deutschlandund Frankreich unterstützteDrohungdie Männer vonRippomdie im VertragvonShimonsekiihnenzugesprocheneLiausHalbinselund besondersschnellPortArthur zu räumen.VierzehnterMai 1896:

Außland schließtmitJapan einen Vertrag,derKoreas Unab- hängigkeitfeierlich verbürgt,dieAechtsanspriiche auföffentliche Arbeiten abgrenztundbeideKontrahentenverpflichtet,ihreSchutz- twppe adeerJnsel nichtüber diePräsenzziffervontausend hin- aus zuerhöhen.DreißigsterMai 1896:· Nikolais Krönungin Moskau; aufdemChodinkafeldwerden dreitausend Menschen von Bolksgenossenüberrannt,erdrückt,zertreten. Achtzehnter Mai 1899:Aikolais FriedenskonferenzwirdimHangeröffnet.

ErsterMai1904: Kuroki kannmelden, daßdieYalulinie geräumt, GeneralSassulitschnach Tashantinzurückgeworer ist.Achtund- zwanzigsterMai 1905: Aoschdestwenskijs Geschwaderwirdin derKoreastraßevonTogovernichtet.Dassind diewichtigstenMai- tageausdemLebendesKaisers, dessen kraftloshimmelanstre- ibenderSinnsichinirenischenHeilandswahnverstieg.Am zehnten Mai 1906haterdieReichsduma eröffnet. »Derarme Nika!«

Seine Haltungund seineRede war gut.ZumerstenMal

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fühlteersichimJnnerstenruhig:erthatendlichja,wasdiebeidew Kaiserinnen solangeerbetenhatten.Freiheit,Ordnung,Volks- ausklärung,Wohlstand, VerjüngungdesRussenreiches:Alles sehrhübsch,taktvoll, ohne Phrasenpomp. Sehrnettauch,daßer denGrußandie Duma stehendverlas. Das ThunundUnter- lassenderpetersburgerMachthaber zeugte nachdenMonaten derPutsche oftvonwiederkehrender Klugheit. Wer das allge- meine,gleiche,direkte Wahlrecht,dasPreußen, nachderUeber- zeugung desHerrnvonBethmannsHollweg,nicht ertragenkann, fürdiehundertMillionen russischerAnalphabetenfordert, istein Narr-, auchwenn erdenProfessortitelträgt.Tocqueville(Dela democratie enAmerique) hat gesagt: ,,Jevoisdansle double degre electoral le seulmoyen demettre 1'usagede la libertåpolitiqueå la porteede toutes les classesdupeuple.ceux qui esperentfairedece moyen Parme exclusive d’unpartietceux quilecraignent,me pa- raissent tomber dansune egaleerreur.« UndTaine: »Radikale Zei- tungenwerden behaupten,die indirekte WahlstehledemVolk seineRechte.DieBehauptungwärefalsch;denndieses Wahl- system giebtkeinerKlasseeinVorrechtund wahrtdas Interesse dergrößeren Zahl. DaßdieArbeiter dergroßen Städte damit nichtzufrieden sein werden,ist bedauerlich,aber ungefährlich,wenn dieRegirung sichnicht sehr schwach fühlt;denndiese Arbeiter sind- inderMinderheitundhabennichtdasRecht, ihren Willen der Mehrheit alsGesetz aufzuzwingen.«Vernunftigwar auchdie UmwandlungdesReichsrathes in eineErsteKammer und das- kühleTrachten,in demBerfassungsgesetzundderAmnestiesich- brauchbareHandelsobjektezusichern.Wäre derVerfassungents wurfdemVotumderDumaüberlassen,dieAmnestieihralsPathen-- geschenkinsHausgebrachtworden,dannhätte sie sofort vielmehr verlangt,als gewährtwerden konnte.Das Selbstgefühlder Abs- geordnetenwarfreilichkaumnocheinerSteigerungfähig. »Nicht zubitten habenwir,sondernzusfordern.«»KeinFestmahl,solange irgendwo nocheinMärtyrerimKerkerschmachtet.«»Militär, PolizeiundTshinownikswerden indiesem Saalnicht gedu-ldet.«

»DieAutorität der Duma istdiehöchsteimReich.«Soredeten die Männer dertaurischenMontagne.DochhabensieohneMurren auchdenSatz hingenommen: »Wer fürdasVolk-Rechte heischt, darfdas RechtdesKaisers nichtmißachten.«DerAnfangwar also nichtschlechtunddierussischeWeltging noch nichtunter.

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Quadragesima. 229«

DerMushik sah sichPlötzlichvonallenSeiten umbuhlt.Wenn dasAllheilmittelderBodenreformer empfohlenund dieFrage gestelltwird,obdieexpropriirtenGrundherrenAnspruchaufEnts schädigunghaben, istsmitholdemSchmeichelwortabernichtab- gethan;dann mußFarbebekannt werden. WoherdasGeld zur- Entschädigungnehmen?Undweigertman sie,so flüchtetdasvor weiterreichender Sozialisirung zitternde KapitalinsAusland und dieNussenwirihschaftverdorrt völlig. Dazukommen die natio- nalen undregionalen Gegensätze.TagtdieDuma lange,dannist einNationalitätenkampf unvermeidlich,gegen dessen barbarische HeftigkeitallesinOesterreichErlebte wieKindergezänkklänge.

Schlimm ist, daß sovieleJdeologengewählt werden; noch mehr alsin dieersten deutschen Parlamente, denensiedieKraft zunutz- licherArbeitlähmten. Dieseintellectuels bedenken nie, daßsienur eineschmaleSchicht bilden,erkennen niedasJnteresse derMasse (oderschätzenesgering),wollendasLandnach dequnsch eines HäufleinsWurzelloser regiren und sichern sich durch Pfiffige SchwatzkünstedieMehrheit. Jn Nußland sindsdieHäupterder KonstitutionellsDemokratischenPartei (K.-D.; daherderSpitz- name Kadeten,denPolen demverhaßtenMusterwortHakatisten nachgeahmthaben).DieseLeute,hatWitte gesagt, sindunter ein- ander jagarnicht einig;habenverschiedene Wünsche,Tempera- mente,Ziele. KönnensichtrotzdemabereinWeilchenin derMehr- heit behaupten. EinandererMinister, einweimarischer,hat einst geschrieben:»Nichts ist widerwärtigerals dieMajorität,denn sie bestehtaus wenigenkräftigenBorgängern,ausSchelmen,die sichakkomodiren,aus Schwachen,diesichassimiliren,undder Masse,dienachtrollt,ohne imMindesten zuwissen,was siewill.«- JnNußland istsgenau wie inEuropa;undnatürlichwillman auchdaseineGroßeNevolution mit constituante Und convention haben.DieBauern aber, nichtdieJntellektuellen,werden den LaufderDingeschließlichbestimmen.Deren Landhungerwird nicht leichtzustillen sein.Dienach Katharinas Geschäftsordnung gewähltenAusschussetagten noch,alsPugatschew ausstandund dierussischeJacquerie begann.Mit Parlamentariern kanneine halbwegs kluge Regirung,dieEtwas zu bietenhat,sichimmer verständigen. SchonderDiätengenußist nichtzuverachten;der zurMitarbeitBerufenesiehtdieSachenganz anders als der aus müßigemNeid ZuschauendezunddieHoffnungaufTitel,Wür-

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230 DieZukunft-

den undPfründensänftigtselbstpaganischeWildheit.JmFebruar 1848rief OdilonVarrot den Rebellen zu:»GebtdieRevolution auf,liebeLeute ;sie ist nicht mehr nöthig.Stellt dasFeuerein:ich bin ja Minister.«UndalsHerr Clemenceau, derVerächteraller thronenden Gewalt, Minister desJnneren geworden war,machte er,amerstenMai 1906,Paris zu einemHeerlagerunderklärte,auf derSeite derVarrikade dürfeman ihn nicht suchen. Aikolaiwäre dernaivfteFant gewesen,wenn eraufdenRathderZeitungschreis bergehörtunddenKadeten schon jetztPortefeuillesanvertraut hätte.Dazu istin extremis nochZeitgenug. Werangeln will, schleu- dertden Köderdoch nicht,mit einem Wurf, ohneLeine insWasser.

,,Gortschakowträumt,wennerseinerPhantasieAudienz giebt, Reden,welchedieStimmungbewundernder Senatorenbeherr- schenundinParis gedrucktundausderStraße gekauft werden;

derhoheAdelträumt englischePairsstellungen undmirabeausche ErfolgezMiljutinaber,derVertraute desGroßfürstenKonstantin, UnterstaatssekretärimMinisterium desJnnernundderschärfste undkühnsteGeistunter denProgressisten,istzugleichderbittekste Adelshasserund denktsichdaskünftigeRußlandalsBauernstaat, mitGleichheit ohne Freiheit,aber mit vielIntelligenz,Industrie, Bureaukratie, Presse,etwa nach napoleonischem Muster«.Von diesenrussischenTypen,dieVismarck 1861seinemMinisterschil- derte,istnochkeinerausgestorbenzundhinzugekommen sind eigent- lichnur JntellektuelleundBauern. Denpolitisirenden Professor kennenwirzdieVorzügeunddieMängel seinerWesensart.Was abervon denBauernzuhoffen,zufürchtensei,wußteauchimZarens reichkaumEiner. WerdensiedenBegriffdesPrivateigenthumes, derihnen imkommunistischenLandgemeindeverbandfremdblieb, jetztlieben lernen oder,wieso langederTyranneidesMir,nun demGeheißdes Agitators sichstumpfsinnig beugen?Fürden Jndividualismus oder fürmarxischen Sozialismus stimmen?

Sicher istnur,daßsieLandfordernwerden; unddaßerst mitdieser ForderungdieeigentlicheRevolution beginnt.Nochist, außerin derrauhennordöstlichenZone,dasGebietderLatifundieneben sogroßwie dasdesBauernbesitzesDerMushikdarbt;deradelige Gutsbesitzer(denWittedeshalb denWächterdesGrundkredites genannthat)lebtvonHypothekenschuldem Waldverwüstungen undNothverkäufen.BeideGruppen werden vondenschönsten

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