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Geisteskultur. Monatshefte der Comenius-Gesellschaft für Kultur und Geistesleben, 1926, 35. Band, Heft 10-11

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Gej teskultur

MonatsheftederComeniusgefellfchaft für Geisteskultur und Volksbildung

Begründet von Ludwig Keller Herausgegebenvon Nrtur Buchenau

IS. Jahrgang - sehnteSXletes Heft

Oktober-November1926

Berlin und Leipzig1926

Verlag von Walter de Grußter82 Co.

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Comenius-Gefellschaftfär Geisteokulturund Volksbildung

Begründet1892von Geh. RtchivtatDt.LudwigKeller Vorsitzenden Oberstudienditektor Dr.VuchenatyCharlottenburg S, Schlossftrasie46

DieMitgliedschaftwird durch Einzahlungvon20Goldmark erworben. (Jn-und Ausland-) DieBeitragszahlung kann erfolgen:

1.auf dasKonto derEomenius-Gesellschaftbei dem PostscheckamtBerlin Nr·21295 2.direkt andieGeschäftsstelle der C.-G. inBerlin W10,GenthinerStr.38i.H.

Walter deGruyterF-Co. .

DieMitgliedererhaltendieZeitschriftkostenlos. Sie erscheint jährlichetwa in 12Heften. DieHefte sind auch einzeln käuflichund inBuchhandlungen inForm des Zeitschrift-Abonnementszubeziehen.

Zö.Jahrgang Inhaltt Heft10J11

. Seite

Joh. M.Verweyen, Zum Gedächtnis RudolfEuckens....................·.... 401 Oskar Aust,ZurÜberwindungderstatischen und materialistischenWirtschaftsauf-

fassung...s ...........................«.........................,....... 405 Sigismund Gargas, WeltspracheundWeltgeltung................. ..... 419

Harry Slochower, MenschundGott inderWeltanschaunng Richard Dehmels424 Karl Muster, KarlChristian Friedrich Krause...................·. ........ 445 Anfelmo Stichling Weber, DieiberischeRassevor derEntscheidung.....·.. 446 Gegenwartsfragen:

Karl Guinpertz, Pfychobiologische SystemeundProbleme..s................. 450 Hang Lungtvitz, BemerkungenzuvorstehendemReferat.......·............. 453 Erlefenes .................. ............. ............................... 456 RenaiffancenndHuntanisttnts. Ans: Ottinar Dittrich, »GeschichtederEthik«

Bd.lll.

Bücherbesprechungen. ...............................................·.. 459 Pfychvlegiw

Karl Gumperh, E.Kretzfchmey Medizinische Psychologie.S.459.

Geschichte:

E.Schmidtt Oslar Jäger-, WeltgeschichteinfünfBlinden. S.461.

G.Pfannmüller: Das BuchderReformation HuldrychZwinglis. S.462.

G.Pfannmüller, Bilderatlas zurNeligionsgefchichtr.5—8.Lfg.S.462.

Reisebeschreibungen: ·

Walter Kühne: Ch.W.Domville-Fife,UnterWilden amAnstazoitas. S.463.

Gesellschaftsnachrichtent .................................................. 464

Maiiufkripte werdenerbetenandie Reduktion: E. Wernick,Berlin W 10, Genthincr Straße38.

DieManuskriptesollen paginiert,nureinseitig beschrieben seinundeinenRand freilassen.

RückportoistbeizufügenNachdruckganzerAufs ätzeistohne besondere Erlaubnis nicht gestattet.

Einzelne Abschnittekönnen bei genauer Ouellenangabe wörtlichübernommen werden.

Jährlicherscheinen10bis12Hefte. Preis desJahrgaugs M. 20.—.

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Zum Gedächtnis RudolfEuckens

(5.1.1846—14. 9.1926).

VonProfessorDr.Johannes M.Verweyen (Bonn).

nderSchwelledesneunten Iahrzehntes seines reichenLebensver- schiedderNestorderheutigen deutschen Philosophem Rudolf Eucken.

Wenn ineinemFallewiediesemder Todeinem Menschen naht, demdas ebenso seltenewieschöneLoszuteil ward,daspsalmistischeAlter inungewöhnlicherFrischeum einBeträchtlicheszuüberholen,frommtam wenigsten KlageundunfruchtbareTrauer. Aberum so mehr ziemtessich,in Dankbarkeit einenBlickaufdasLeben desaus dieserWeltGeschiedenenzu werfenund dieFragezustellen,was seinLeben dergeistigenMenschheit,ins- besondereder deutschen,bedeutete. Weit über dieGrenzen unseresLandes hinauswerden indiesen WochenMänner undFrauendesToten gedenkennnd ihmdankenfürdas,was erihremLebengab.

Von seinerTätigkeitinBaselabgesehen,woernoch zusammenmit FriedrichNietzschewirkte, hatEuckenweitlängerals einMenschenalteran derUniversitätJena,imHerzen Deutschlands,andergeweihten Kulturstätte, seinephilosophischeLehrtätigkeitausgeübt. In sachlicherHinsicht nahm seine Entwicklung ihrenAusgangspunktvon demgriechischenDenker Aristoteles,

darinan Männer wieAdolfTrendelenburgundFriedrich Paulsenerin- nernd. Hinzukam eineaufenger Wesensverwandtschaft sbernhendeEin- wirkung durch Fichte.WieäußerlichmitdemNamen Jena,soerscheint sach- lichdas Lebenswerk Euckens besonders innigmit Fichteverbunden. Mit gutemGrunde könnteman ihndenFichtedesausgehenden neunzehntennnd beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts nennen. DieVerwandtschaft zwischen beidenDenkern beruhtinallgemeiner struktuellerHinsichtauf ihrer ausge- prägtenaktivenWesensart, auf ihrem DrangezurTätigkeitimSinne der HineinbildungdesJdealenin dasReale. DieFormelEuckens:»DasLeben zureigenenTatwerden lassen«atmet ebensoFichteschen Geistwieseine unermüdlicheBetonung der,,SelbständigkeitdesGeisteslebens«,worin un- mittelbar Fichte’sWort enthalten ist: »Der Geistlebtselbständig«.Seine von ihmals Aktivismus bezeichneteGrundlehre verleihtderphilosophischen PersönlichkeitEuckenseinenheroischen,sieghaften,um nichtzusagen,opti- mistischen Zug. Allerdingsbleibtsein Optimismusweit entferntvon jener Oberflächendeutung,welche nichtzuden Tiefen unseres Daseinsvorbringt.

SowenigEucken in demPessimimusSchopenhauersdasletzteWorterblickt, darin folgterihmmitbesonderemNachdruck,daßerdiedunklen Seiten indem Bilde unsererWeltund desMenschenlebenshervorkehrt. Immer 27

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402 Johannes M.Verioeyen

wiederhebterhervor, daßderersteEindruck derDingeeinem vertiefteren zweiten weichen müsse. Ja, wenn Euckenauf diesen Punkt, aufdieMacht desBösen, Dunklen, Nätfelhaftemzusprechen kam,dann nahmenseine Worte einenganz besonderen Klangan. Dannmochteman geneigtsein zu glauben,daß hinter ihnen irgendwelche eigenen Erschütterungenoderdochein- drucksvolle BegegnungenmitdendunklenMächtenunseres Daseinsverborgen waren.

DieHauptfrontemgegendiesichEuckensphilosophischeAbsage richtete, sind bezeichnet durchdie Worte Naturalismus und Jntellektualismus. Der einseitigenVerstandesbildungstellterdieGanzheitderAusbildung geistiger Anlagen gegenüber,dereinseitigenHingabean diebloßeNatur dieRettung und PflegedesGeistigen. Inimmer neuen Variationen handeltEuckensein Leitmotiv vom Begriffdes ,,Geis·teslebens«und seiner»Selbständigkeit«

gegenüberdem «Bloß Naturhaften«und allem ,,Kleinmenschlichen«ab.

Den naturalistischenTendenzendes 19. Jahrhunderts stellter sichmit kräftiger Energie entgegen,Natur und Kultur,,,natürliche«und ,,geistige«

Ordnungmitihremneuen »Selbst«undseiner,,Unendlichkeit«scharfgegen- einander abgrenzend.EsistdieIdeeeines,,neuen Lebens«,die EuckenVer- kündet,eines Lebens,das ineiner »rein geistigenTat« gründet, sichals ,,Aufgabe«derPersönlichkeitvon derbloßen,,Gabe«desnaturhaften Judi- viduums abhebtund dasThemades,,Kampfesum einengeistigenLebens- inhalt«bildet.

Dieangedeuteten Grundgedanken hatEuckenin einergroßenAnzahlvon Werkennachdergeschichtlichenwie-systematischenSeite entwickelt. Esfinden sichdarunter Arbeiten überAristoteles,über dieGrundbegriffederPhilo- sophie,diegeistigenStrömungenderGegenwart,dieEinheitdes Geistes- lebens,dieLebensanschauungengroßerDenker,Erkennen undLeben.Die hohe ZahlderAuflagen,vorallemdesBuchesüber dieLebensanschauungen, sowiedievielfachenÜbersetzungeninfremde Sprachen,darunter insJapa- nische,zeugen von deräußeren Verbreitung seinesNamens und Werkes, wenngleichnoch nicht ohneweiteres vonunbestrittener Anerkennung.

Jm Gegenteil.AnWidersachern, offenenwieversteckten, hatesauch Euckennicht gefehlt» Sogenannte Fachphilosophenan den deutschen Hoch- schulen nahmen ihnvielfach nicht ernst. Höchstensanerkannten sieseine histo- rischen Arbeiten, rühmtensie wohl sogarals einMuster feinsinnigerDar- stellungskunstund Einführungsgabe.Aber darüberhinaus hattensie vielleicht nur einfreundlichesoderauch ironisches Lächeln für ihnbereit. Siever- mißtenvielfachdiebegrifflicheSchärfeundhinreichende BegründungTypisch istder Aussprucheines verstorbenen, sonstals sehr ruhigund sachlichbe- kannten ProfessorsderPhilosophie,derseinenStudenten bekannte,erhabe sich vergeblich bemüht,dahinterzukommen,was Euckenunter Geistcsleben verstehe; vielleicht wisseesdieser selbst nicht.Man hatGrund zuderAn- nahme, daß auchindiesem FalledievoreiligenundabsprechendeuUrteile über dasWerkEuckens bei denFachgenossen nicht selteninumgekehrte-m

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ZumGedächtnis RudolfEuckens(5.1.1846——14.9.1926) 403

Verhältniszu einerFachkundeinbezug aufEuckens WerkestandenzSchwer- lichkanneinunbefangener Betrachter,deretwa ein Werkwie»Einheitdes Geisteslebens«aufschlägt,diehohefystembildendeKraft,diedarin waltet, verkennen. Andererseits ist verständlich,daßalle mehrempirisch-pfh,cho-

logischals philosophischgerichtetenBeurteiler Euckenssichihmgegenüber kühlodergarganz verneinend verhielten.

NebendenFachphilofophenfanddiePhilosophieEuckensbesonders hef- tige Gegnerbei denen, dieauf ihrenaturwissenschaftlicheDenkweife hielten und pochten,dabeivielleichtimEinzelfalle ihren»Geist« soweit eingebüßt hatten,daß siedasWesendes,,Geisteslebens«nicht mehrzubegreifenver- mochten. Sicherlich hebt sichEuckensmetaphysischeDenkweifescharfabvon einemnaturalistifchenMonismus derArtHaeckels,deran dergleichenHoch- fchulewirkte. Einfreundlicheres Verhältnisgewannen darum dieTheologen beiderKonfesfionenzu Eucken, in dem sieeinenBundesgenossenimKampfe wider dieBedroherdesUberfinnlichenerblickten und verehrten. Vondieser Übereinstimmungabgesehenaber konnte Euckens dogmenfreies Christentum dieAnsprüchestrengerer kirchlicher Theologie nicht erfüllenundhatte auchin keinerWeisedieAbsicht dazu.

Gerade als Religionsphilofoph hatEucken dieAufmerksamkeitwei- tester Kreise auf sich gelenkt, durch Schriftenwie die über,,SinnundWert desLebens«sowieüber dieFrage: ,,Könnenwirnoch Christen fein?« Schon DavidFriedrichStrauß hattevormehreren Jahrzehntenin»Deralteund der neue Glaube«dieselbeFrage erhobenundsieverneint. Eucken aberbejaht sie.

DieVerschiedenheitderAntwort erklärtsich daraus,daßbeideverfchiedenek Gesichtspunkteund Maßstäbewalten lassen. Straußorientiert seineUnter- fuchungvorallemandemGegensatzzwischenchristlichemWunderglaubenund naturwissenschaftlicherGesetzmäßigkeit.Euckendagegen wählteinenumfas- fenderenStandort und wirdvon derFrage bedrängt,wie wiruns ,,bei freier Überzeugung-«zum Christentum stellenkönnenund sollen.Ervollziehtdie Bejahung diefer Fragenur unter derVoraussetzung, daßdasChristentumals eine,,nochmitten imFluß befindliche weltgeschichtlicheBewegunganer- kannt«,daßes»ausderkirchlichenErstarrung aufgerütteltundaufeine brei- tere Grundlage gestellt«wird. Esistdervom Christentum fcharfbetonte Gegensatzvon Natur und Geist,von ZeitlichemundEwigem,den Eucken alsdenwefenhaftenGrundgedankenheraushobundderihn feine eigeneGe- meinschaftmitdemChristentum aufrecht erhaltenließ.Einswußteerfich mitderchristlichenVerkündigungin demVerlangennach Innerlichkeit, nach einem»Bei-sich-selbst-sein«,nachSammlung,nachTeilnahmean einer welt- überlegenen,,,übernatürlichen«Ordnung,einertranszendenten,inunferend- lichesBewußtsein hineinragendenOrdnung,einerhöheren,göttlichenWirk- lichkeit,einem»kosmifchenSelbst«. Zugleichbekannteersichzudemchrist- lichen GrundgedankenderSelbstbehauptunggegenüberdemLeid und dem Schicksal überhaupt,zudemPrinzipopferbereitenKampfes fürdieRettung desGeistesaus denBanden desNaturhaften.

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O-

404 Johannes M.Berweyen,ZumGedächtnis RudolfEuckens (5. 1.1846—14.9.1926)

WiestrittigimeinzelnendiePhilosophieEuckensseinmag, jedenfalls nimmt sieindem geistigenLebenDeutschlands währenddesletzten halben Jahrhunderts eineeinflußreicheStelle ein. Ja, sie hat unleugbareinenge- wissenGrad von Weltruf erlangt. WährendderNamedermeisten Katheder- philosophenderletzten Jahrzehnte selbstindeutschen Landen, geschweigedar- überhinaus, aufeinen engeren Kreis von geistig gerichteten Menschenbe- schränkt blieb,wirkte der Name RudolfEuckenwieeinProgramm, auf denTypuseines imbestenSinne lebendigenPhilosophen hinweisend,derdie EngederSchulgelehrsamkeitsprengteund im SinnederGriechen nachWelt- weisheit strebte.Dabeihielt sichEuckengegenwärtig,daßerdasErbe des deut- schen Jdealismus hütete,alsdessen Sprecherersich auchin denTagendes Weltkrieges Vernehmen ließ.

Wo immerEucken alsSchriftsteller,alsLehrerderakademischenJugend oderalsVortragenderin einem weiteren Kreise wirkte,dortzeichneteersich, wieman sichauchzu derFrage nachdemWahrheitsgehalt seiner Lehre,zu der TiefeoderOriginalität seinerGedanken stellen mochte,vor Vielenanderen Vertretern derPhilosophieaus durchdieBeweglichkeitundanregende Kraft seiner Darstellung, durchdieLiebenswiirdigkeitfeinesWesens,diegleichwohl vor demNeinsagen nicht zurückschreckte.Wer jeindiebis indas höchste Alterhineinfunkelndenblauen Augendesaus demHolsteinschen gebürtigen, imbestenSinne bodenständigenund urwüchsigenMannes zuschauenGele- genheit hatte,wer das von blendendem weißeniHaar umwallte Denker- haupt auchnur im Bilde sah,wird es lebendiginseiner Erinnerung bewahren.MitbesondererDankbarkeit aberwerden sichseine Gestaltalledie vergegenwärtigen,denen Eucken freundschaftlicherBerater wurde und in gütigem,teilnahmsvollem GedankenaustauscheStröme lebendigerKraftzu- fließenließ.

Andere PhilosophenderälterenGeneration wieDiltheyund Wundt haben mehrunmittelbare Schüler, zumalunter denHochschullehrern,hinter- lassenalsEucken. Einer seiner eifrigsten Apostel,OttoBraun,derzuletztin Basel kurze Zeit lehrte, fandeinvorzeitiges tragischesEnde. Unterdenleben- denphilosophischenSchriftstellern haben sichvorallemKeßlerundderGreifs- walderPhilosophieprofesfor Hermann SchwarzdieVerbreitungdesNamens RudolfEuckenangelegen sein lassen. Zu schweigenvon denzahlreichen Theo- logieprofefsoren,inderen Schriftenman zuwiederholtenMalen Eucken begegnet. Auch möchte ich nicht unterlassen,von mir selbstbeidieserGeld- genheitdankbar zubekennen, daß ich, ohneunmittelbar sein Schüler gewesen zusein, dochEuckensSchriften, Vorträgensowie auch mehrfacher persönlicher Begegnung manche Förderungin meiner eigenenphilosophischenEntwicklung verdanke. DiesEinedarfzumSchlusse wohl noch gesagtwerden: Name und Lebenswerk desvon uns Geschiedenen,dasals Vermächtniszuhiitenseit mehreren Jahren ein»Eucken-Bund«bestrebt ist,werden füralleZeitenin derGeschichtedesdeutschen Jdealismus einenhellenKlang behalten.

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Oskar Anst, ZurÜberwindungderstatischenundmaterialistischeu Wirtschaftgauffassung 405

Zur Ilberwinduugder statischenund materialistischen Mirtschaftgauffassung

VonDr.O skar Aust-Charlottenburg.

riedrich List,vondemwir inmehralseinerHinsichtsagen können,daß

ereinGroßerwar, sprachesalseineNotwendigkeitan,daßdieNatio- nalökonomie,also volkswirtschaftlichesunddamitsozialesDenken,Gemein- gut der Nationwerdenmüsse.Sollen inDeutschland, so sagteer,dieNational- interessen durchdieTheoriederPolitischenOkonomie gefördert werden, so müssedieseausdenStudierstubenderGelehrten,VondenKathedernderPro- fessorenin die Kontore derFabrikanten,derGroßhändler,derSchiffsreeder, derKapitalistenundBankiers,in die Bureaus alleröffentlichenBeamten und Sachverwalter,in dieWohnungenderGutsbesitzer,vorzüglichaber in diePar- lamente herabsteigen: KlarheitundGemeinverständlichkeitseien dazuaberin dieser WissenschaftHaupterfordernisse.

Wasließesich wohl skizzenhaft,wieeshiernur tunlich ist—, das Ganze unserer Wirtschaftswissenschaftmöglichstmiteinem Blickeerfassend, undinsbesondereVondemGesichtspunktdesdeutschenWiederaufbaues, hier- zuundauchzurFragederKlarheitundÜberzeugungskraftnationalökono·- mischer Lehren,vorallem grundsätzlicher,sagen?

ZunächstimallgemeinendasFolgende:

Jm Jahre1810 war eineParallele zwischenNapoleon und Adam Smith hinsichtlichderenEinfluß auf ihre Zeitgezogenworden; Friedrich List ergänzt,diekünftigeEntwicklung vorausahnend, diese Paralleleinder Einleitungzuseinem Hauptwerk »Dasnationale SystemderpolitischenOko- nomie«dahin, daß diesebeidendiemächtigstenMänner und Länderver- wüsterderErdegewesenseien.

DieLehrenvon Adam Smith, desGründers dersogenanntenklassi- schen SchuleinderNationalökonomie,haben,inDeutschlandaufgegriffen, ohneZweifeldendeutschenund insbesonderedenpreußischenWiederaufbau derdamaligen Zeit gefördert;vorallemhat seine ForderungderBefreiungder Wirtschaftvon lästigenund erstarrten GebundenheitenzurEntfesselungvon Kräften fürdenAufstiegbeigetragen,von Gebundenheiten,wieZunftzwang usw«die imLaufederZeitSelbstzweckgewordenwaren, undderenerstarrte Formenesdeshalb verdienten, zerschlagenzu werden. Daß sichdieMänner, deren Verdienstesist,beidiesem Aufbauan ersterStelle gestandenzuhaben, imwesentlichenvon Einseitigkeitenfreihalten konnten, liegt einerseitsanihrem

ganzgleich,obmehroderwenigerunbewußtenoderbewußten Ver- wachsenseinmit alldem,was füruns bei demWort »Volk«anschaulich wird,und andererseits auch darin, daß »die« wirtschaftliche Lehrederda-

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406 Oskar Aust

maligen ZeitinderFassungvon Adam Smith immerhin auchElemente Vonderzuletzt angedeutetenArterkennen ließ. Diese Elemente,man kannsie erd- undwirklichkeitsgebundenenennen, sind jedochvon denNachfolgernAdam Smith’ mitderbekannten Zuspitzungder«klassischen«Lehre man denke nur andieAufgaben,die AdamSmith nochdemStaatzuerkannteundanden ,,Nachtwächterstaat«seiner Epigonen aus dieserimmer mehrentferntwor- den. Bestrebungenin derFolgezeit,dieklassischeWirtschaftslehrezustürzen, waren vielleichtgeringeralssolche, siezustützen,undzwargeschah letzteres mehroderweniger unbewußtoderbewußtbzw. zwangsläufig.

Ebensowieauch heutederNapoleonismusindergroßen Politiker- kennbarist, so überwiegtauch gegenwärtigeineWirtschaftsauffassungimGeiste von Adam Smith, ja sogarimGeisteseiner Nachfolger,etwa Nieardos odergarin Karl Marxens Geist:eine solcheWirtschaftsauffassung mußunseremWiederaufstieg, unterdengegenwärtigenVerhältnissenganz besonders,äußersthinderlich sein.

BeiderWirtschaftsbeschreibungdurchAdam Smith ausderdiefürdie damaligen Verhältnisseundfürdiedamalige Gefühls-undOenkrichtungeinzig möglichen(und auch heutezumTeilnochbrauchbaren) Lehrengezogenwur- den—, und die alseinMomentbild desdamaligen sozialenLebens ange- sprochenwerden kann,standenaberPatedienaturwissenschaftliche Betrach- tungsweiseund dieatomisierende Aufklärungsphilosophie,dieman wohlals überwunden betrachten darf.

Außerdemliegt zwischenjener Zeitund derGegenwarteine diehierin Betrachtkommenden Verhältnisse grundlegendändernde Entwickelung.

WiesichdieAuffassung,diesichderstetsum Erkenntnis bemühteMensch

von derWissenschaft macht, wandelt, so ist auch,wieGide UndRist im Schlußwortzuihrer»GeschichtedervolkswirtschaftlichenLehrmeinungen«1) sagen,derBegriffderwissenschaftlichenWahrheitam Anfangdes20.Jahr- hunderts nicht mehrmit demgleich,deram Anfangdes19.Jahrhunderts herrschte,was insbesondere fürdie Nationalökonomie gilt, »dieseso junge Wis- senschaft,dienochkaumüber dieersten tastenden Versuche hinaus ist«.

Alssolchetastenden VersuchekannwohlzumgroßenTeilauchalldas Unübersehbare,was über dasWertproblemgedachtund geschriebenworden ist, angesehenwerden;nach Gustav Cassel gehört»dieganzealtesogenannte Wertlehremitihren unendlichenWortstreitereienundihrerunfruchtbaren Scho- lastikzudem auszumusternden BallastdertheoretischenOkonomie«.

All diesdürfte sich wohlabersicher füreineVolkswirtschaftslehre,die Jedemverhältnismäßigleicht verständlichund einleuchtend sein sollunddie nicht zugleicheineum dieMeinungdesvortragenden Gelehrten vergrößerte GeschichtederSpekulationenüber den Wertsein will, etwa dahin zusam- menfassen lassen: daßWert undPreis innerhalbderGesellschaftals das MittelderVerteilung anzusehen sindundvorallemdurch AngebotundNach-

1) VerlagG.Fischer, Jena.

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ZurÜberwindungderstatischenundmaterialistischen Wirtschaftsauffafsung 407 frage bestimmt werden; sowie, daßdas Wesen jeglichenTaufches,wiees schon Aristotelesaussprach,darinliegt,daßein»Mehr«erstattetwird,welch letzterer Umstand auchmit geeigneterscheint,einenLichtscheinaufjeglichen Fortschrittzuwerfen. Wechselseitigwird»mehr«hingegebenals IUVUEYM halten wird,was sichvor allem beiimmateriellen Leistungenverdeutlicht.

Dieses »Mehr«insgesamt, sicherdas»Mehr« geistigerArt,stelltunsernatio-

nales Kulturgut dar, unser geistigesund auchmaterielles Kapital,daswir ererbtenunddaswir, diesist unsere ethischePflicht—, wiedervermehrt andie uns folgendeGeneration weiterzugebenhaben1).DerNutzen jedesPto- dukts, auch jedesimmateriellen diesgilt grundsätzlichauch fürdievom Staat,denGemeinden usw. erzeugtenimmateriellen Güter:Recht,Sicherheit- Ordnungunddgl. muß seine Kosten übersteigen,sollesvorwärts gehen.

Jedenfallswärealles,was nicht geeignetist, aufhellende Erläuterungen zudieseneinfachen Gedankengängenzugeben,was imGegenteil dazu führen muß, diesezuverdunkeln,aus einerWirtschaftslehre auszuschalten.

Gerade zurBeförderung volkswirtschaftlichen, also sozialenDenkens in weitesten Kreisen,zur Einengung eigensüchtigenDenkens biszudersozial wünschenswertenundmöglichenGrenze (istdieWissenschaftderletzten100 Jahrenichtder Schrittmacher egoistischenDenkens gewesen?) mußvor allemdieWirtschaftswissenschaftwahrer,d.h. mehrdemLebenentsprechender, verständlicherund klarerwerden, was keinesfalls ihre Popularisierungin üblem Sinne zu bedeutenbraucht.Gewiß,einewirtschaftlicheBegriffslehre, bei der aber zubeachtenwäre,daßauchBegriffe ihre Bedeutung ändern, ist ebenso nötigwieeineKenntnis derWirtschaftsgeschichte, aber zuver- meiden dürfte seineineZusammenziehung lediglichodervorwiegend formal- logischinsichverbundener Gedankensummenzukompakten Komplexen,zu festen starren Systemen.

AusvolkswirtschaftlichenGründen istesAufgabederWirtschaftswissen- schaft,kräftig mitzuarbeitenan derErreichungdesZieles,eineklareWirt- schaftslehrezuschaffen.InderErziehungeinesbegrenzten Kreisesvon Dog- matikern kannsich ihr Beruf nachderangedeutetenRichtung hin wohl nicht erschöpfen.EsgilteinerWirtschaftstheorieunddamitaucheinerWirtschafts- politikdieWegezuebnen,die derüberwiegendsozialenNaturdesMenschen-

1) Überdas geistige Kapital eines Volkes, das sichinRechtsordnung, Gesetzen, Verwaltungsmaßnahmenusw. ausdrückt,überdieses ,,Kapital höhererOrd- nung«imSinne von O.Spann, das der»idealischenProduktion-«zugrunde liegt, äußert sichAdam Müller- aus demauch Fr. Listgeschöpfthat,wiefolgt:

»DieKraft also, welchealler Produktionihre natürlichen Schranken anweist...

diese Kraft ist die COMHHOsjllsqua non aller Produktion.Jede einzelne produk- tiveKraftkann alsonur produzierenodervermitteln,insofern sie selbstwieder von einerhöheren produktiven Kraft,derbürgerlichenGesellschaftoderderNatioan-Kkaft nämlich, produziertundvermittelt wird. HörtderStaat auf, sichzuproduzieren, so hörenallediekleineren Produktionen,aus denendieNationa"l-Produktion,welchewir Staat nennen, besteht,von«selbst auf.«(8itiert nach Para, Staat undGesell- schaftimSpiegel deutscherRomanfihJena,1924, S.611X612.)

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