• Nie Znaleziono Wyników

Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 14. Jg. 1926, 8. Oktober, Heft 41.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 14. Jg. 1926, 8. Oktober, Heft 41."

Copied!
20
0
0

Pełen tekst

(1)

^ / V J :/ /

'■ Q.TO. i»*u DIE

NATURWISSENSCHAFTEN

HERAUSGEGEBEN VON

ARNOLD B E R L IN E R

U N T E R B E S O N D E R E R M IT W IR K U N G VON HANS SPEMANN IN F R E IB U R G I. BR . ORGAN D ER GESELLSCHAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE

U N D %

ORGAN D ER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG D ER WISSENSCHAFTEN V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W g

HEFT 41 (SEITE 9 2 1-9 3 6 ) 8. O K TO B ER 1926 VIER ZEH N TER JAHRGANG

I N H A L T Von der Entstehung der Gebirge und Festlande.

Von He i n r i c h L ö w y , Berlin. (Mit 10 Figuren) 9 2 1 Neuere Arbeiten über die Vegetation der Moore.

Von W . Wa n g e r i n, Danzig-Langfuhr . . . . 927 Be s p r e c h u n g e n :

Sc h l i c k, Mo r i t z, Allgemeine Erkenntnislehre.

(Ref.: K arl Gerhards, A a c h e n ) ... 931 Hö n i g s w a l d, R. Die Grundlagen der D enk­

psychologie. (Ref.: K a rl Gerhards, Aachen) 932 Ma c h, Er n s t, Erkenntnis und Irrtum . (R ef.:

Ludw ig Mach, H aar b. M ü n c h e n ) ... 933 Pr i n z h o r n, Ha n s, Bildnerei der Gefangenen.

(R e f.: Eugen Spiro, Berlin) ...933

Zu s c h r i f t e n :

Alfred Merz und die ,,M eteor‘‘-Expedition. Von Al b r e c h t Pe n c k, B e r l i n ...933, Das Michelson-Experiment, ausgeführt im Frei­

ballon. Von E. St a h e l, B r ü s s e l ...935 Die tägliche Periode der Höhenstrahlung. Von

We r n e r Ko l h ö r s t e r und Gu b e r t v. Sa l i s, z. Zt. J u n g fr a u jo c h ... 936 Über die Polarisation des Kanalstrahlenlichtes

in schwachen Magnetfeldern. Von H. Ra u s c h

v. Tr a u b e n b e r g, P r a g ...936

A b b . 348. F un kh alle Berlin. A u s fü h ru n g : T u ch sch erer A .= G .

AU s Freitragende Holzbauten

E i n L e h r b u c h f ü r S c h u l e u n d P r a x i s

Von

C. Kersten

v o rm . O b e rin g en ie u r, Stu d ien rat an der S täd t. B a u g e w e rk s A u le Berlin

Z w e i t e , v ö l l i g u m g e a r b e i t e t e u n d s t a r k e r w e i t e r t e A u f l a g e 348 Seiten mit 742 Textabbildungen. 1926. Gebunden RM 36.—

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N \ V 9

!Der Postvertrieb der „ Naturwissenschaften“ erfolgt von Leipzig aus!

(2)

II D I E N A T U R W I S S E N S C H A F T E N . 1926. H eft 41. 8. O ktober 1926.

DIE NATURWISSENSCHAFTEN

erscheinen in wöchentlichen H eften und können im ln - und Auslande durch jede Sortimentsbuchhandlung, jede Postanstalt oder den Unterzeichneten Verlag be­

zogen werden. Preis vierteljährlich für das In- und Ausland RM 7.50. Hierzu tritt bei direkter Zustellung durch den Verlag das Porto bzw. beim Bezüge durch die Post die postalische Bestellgebühr. Einzelheft RM 0.75 ^zuzüglich Porto.

Manuskripte, Bücher usw. an

Die Naturwissenschaften, Berlin W 9, Linkstr. 23/24, erbeten.

Preis der Inland-Anzeigen: 1/1 Seite RM 150.— ;

Millimeter-Zeile RM 0.35. Zahlbar zum amtlichen Berliner Dollarkurs am Tage des Zahlungseingangs.

Für Vorzugsseiten besondere Vereinbarung. — B ei Wiederholungen N achlaß.

Auslands-Anzeigenpreise werden auf direkte Anfrage m itgeteilt.

Klischee-Rücksendungen erfolgen zu Lasten des Inserenten.

V e rlag sb u ch h a n d lu n g J u liu s S p rin g er, B erlin W 9, L in k str. 23/24 Fernsprecher: A m t K u rfü rst 6050— 53. T elegram m ad r.: Springerbuch.

R eichsbank-G iro -K onto. — D eutsche B a n k , Berlin, D epositen-K asse C.

Postsch eckkon to N r. 1189 3 5.

V E R L A O V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

Bildnerei der Geisteskranken

Ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung

von

H ans Prinzhorn

Dr. p h il. e t m ed., N e rv e n arzt in D re sd e n -W e iß e r-H irsch

369 Seiten mit 187 zum Teil farbigen Abbildungen im T ex t und auf 20 Tafeln vorw iegend aus der Bildersammlung d er Psychiatrischen Klinik Heidelberg. 1923

In k ü n s t l e r i s c h e n G e s c h e n k b a n d g e b u n d e n RM 40.—

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

Kryptogamenflora für Anfänger

Eine Einführung in das Studium der blütenlosen Gewächse für Studierende und Liebhaber

Begründet von

Professor Dr. Gustav Lindau f

F ortgesetzt von

Professor Dr. R. Pilger

Soeben e rsc h ie n : S e c h s t e r B a n d in zweiter Auflage

DiC Torf- Und Leberm oose. Von Professor Dr. W ilhelm Lorch. 240 Seiten mit 296 Figuren im Text.

D ie Farnpflanzen. ( P t e r i d o p h y t a . ) Von O berstleutnant a. D. G. B rause f . Neu b earbeitet von H. A ndres, Bonn. Z w e i t e , v erb e sserte und stark verm ehrte Auflage.

124 Seiten mit 75 Figuren im Text. In Leinen gebunden RM 21.—

S oeben erschien: V i e r t e r B a n d , 1. Abteilung in zw eiter Auflage

Die Algen. Z w e i t e , um gearbeitete und verm ehrte Auflage von Dr. Hans M elchior, Assistent am B otanischen M useum in Berlin-Dahlem. 322 Seiten mit 489 Figuren auf 16 Tafeln und 2 Figuren im T ext. In Leinen gebunden RM 20.40

Moornutzung und T orfverw ertung mit besonderer B erücksichtigung der Trockendestillation. Von P rofessor Dr. P aul H oering, Berlin. U nveränderter N eudruck.

658 Seiten. 1921. G ebunden RM 20.—

T o r f w e r k e . Gewinnung, Veredelung und Nutzung des B renntorfs unter besonderer Berücksichtigung der Torfkraftwerke. Von R egierungsbaum eister Friedrich Bartel.

Z w e i t e , vollständig neubearbeitete Auflage. 328 Seiten mit 317 A bbildungen im Text

und auf 5 Tafeln. 1923. RM 11.— ; gebunden RM 12 —

(3)

DIE NATURWISSENSCHAFTEN

V ie rz e h n te r J a h rg a n g 8. O k to b er 1926 H e ft 41

Von der Entstehung der

V o n He i n r i c h

E s g ib t F ragen , m it denen m an sich b e sc h ä ftig t h a t, n o c h ehe sie für die W issen sch a ft e x istie rt h a b e n . S o ist auch die F ra g e n ach d er E n t ­ s te h u n g d er Gebirge und F e stla n d e a u fg e ste llt u n d b e a n tw o rte t worden, lan g e b e v o r die W issen ­ s c h a ft e x istie rt hat, die sie zu einer b ean tw o rtb a re n g e m a c h t h a t. Lange vo r B e g rü n d u n g d er h isto ri­

sch e n G eologie wurde in der B ib e l, im ersten K a p i­

t e l d e r Genesis, erzählt, w ie die F e stla n d e e n t­

s ta n d e n sind, und ein T h eolo g e, der die im fo lg en ­ d e n m itgeteilten n eu esten E rg eb n isse der geo lo gi­

sc h e n F orschung liest, k ö n n te b e h au p te n , d aß ein es der w ich tigsten u n d m e rk w ü rd igsten dieser E rgebnisse, n äm lich d ie v o n H . St i l l e a u f gestellte ,,ej)irogene Gleichzeitigkeitsregel“ 1) schon in der B ib e l e n th a lten sei: d en n es h e iß t d o rt, d a ß die F estlan d e an ein em u n d dem selb en T a g e in den versch ied en sten E rd g e b ie te n aus den W assern ge­

h o b e n w orden sind.

W en n es au ch g e le g e n tlic h vo rko m m t, d a ß die T h eo lo g ie sich a u f d ie W issen sch a ft b eru ft, so w ird d o ch u m g e k e h rt d ie W issen sch a ft sich niem als a u f die T h e o lo g ie b eru fen , es sei denn, um — vo n ih re m S ta n d p u n k t au s — den m yth isch en T eil des b ib lisch e n B e rich te s vo n dem m ö glich erw eise h isto risch en zu sondern, w ie das beispielsw eise Ed u a r d Su e s s in seinem ,,A n tlitz d er E rd e “ , im K a p it e l über die S in tflu t, g e tan h a t. So w äre es a u c h denkbar, d aß die B ib e lste lle v o n d er E n t ­ s te h u n g der F estlan d e au f B e o b a c h tu n g e n b eru h t, d ie zu ein er Z eit starker epirogener B e w e g u n g e n g e m a c h t w ord en sind. M an v e rs te h t h ie ru n ter d u rc h la n g e geologische Zeiten an d a u ern d e A u f- u n d A b w ä rtsb ew e gu n g e n der E rd k ru ste .

S o lch e B ew egu n gen sind in d er T a t schon im A lte r tu m b e o b a ch te t w ord en 2): Ar i s t o t e l e s er­

w ä h n t d as N ild elta , das seit h isto risch en Z eiten im m er m eh r aus dem Meere a u fg e ta u c h t is t und fü g t h in z u : „ W a s sich hier in engem R a u m e a b ­ sp ielt, d as w ird — so m uß m an v erm u ten — a n d e ­ ren O rts sich in nerhalb w eit au sged eh n ter]R ä u m e, ja ga n ze r L ä n d e r ereignen.“ U nd Ar i s t o t e l e s

zieh t den S c h lu ß : ,,D ie einen G ebiete bleib en n ic h t im m er M eer, die anderen n icht im m er F e s t la n d ; d a w o E rd e w ar, h a t sich je tz t ein M eer g e b ild et; w o d as M eer sich h e u te ausbreitet, w ird w ieder F e s t ­ land sein .“ S ch on v o r ihm h a tte der H isto rik e r He r o d o t a u f sein er R eise n ach Ä g y p te n v e rs te i­

n erte S eesch n ecken gesehen und geschlossen, d a ß d a s M eer diese G eb iete frü her b ed eck t h a b e : N a ch

x) H. St i l l e, Grundfragen der vergleichenden Tektonik. Berlin: bei Borntraeger 1924.

2) Die folgenden historischen Daten entnehme ich dem W erk von P. Du h e m, Etudes sur Leonard de Vinci. 3 vols. (Paris: Librairie Hermann 1909.)

Nw. 1926

Gebirge und Festlande.

Lö w y, W ien.

seiner A n s ic h t d ü rfte d as M ittellän d isch e M eer frü h er bis n ach Ä th io p ie n g e re ich t h ab en . Im G eg en satz h ierzu h a b en d ie italienischen Geologen des 14. und 15. Jahrhunderts angen om m en , d aß die V erstein eru n g en v o n S eetieren , die a u f dem F estla n d a n g etro ffen w erd en , v o n gelegentlichen Ü b ersch w em m u n gen herrü h ren , u n d b eim R ü c k ­ flu ten der W ässer a u f dem F e s tla n d z u rü c k ­ gelassen w urden . N a c h P i e r r e D u h em b e ste h t das H a u p tv e rd ie n st des L e o n a r d o d a V i n c i um die m oderne G eologie d arin , d a ß er, u n b eirrt d u rch die in Ita lien herrschende S ch u lm ein u n g, die h eu te w ieder gelten de A n sic h t der a n tik e n D e n k e r v e r ­ te id ig t und d u rch neue A rg u m en te g e s tü tz t h a t.

E r is t hierb ei — n ach A n sic h t D u h em s — w esen t­

lich b eein flu ß t d u rch die L eh ren der französischen Scholastik, insbesondere d u rch A l b e r t d e S a x e , d er im 14. J a h rh u n d ert an der P a rise r U n iv e rsitä t g e w irk t h a t. D ieser h a tte e rk a n n t, d a ß die geo­

logische R o lle des W assers d a rin b e ste h t, alle E r ­ h ebun gen und U n eb en h eiten des E rd b o d en s all- m äh lig a b zu tra g en u n d au szu gleich en („E ro s io n “ ).

D ieser n ivellieren d en K r a f t des W assers a rb e ite t, w ie A l b e r t d e S a x e ge leh rt h a t, eine K r a f t e n t­

gegen, die h eu te ,,ep iro g en “ ge n a n n t w ird und eine sehr langsam e A u fw ä rts b e w e g u n g d er F estla n d e b e w irk t. P . D u h em s a g t: „ A lle s , w as L e o n a r d o ü b er das A u fste ig e n u n d U n te rta u c h e n der K o n ­ tin e n te geschrieben h a t, alle die v ie len B e o b a c h ­ tu n g e n und Ü b erlegu n g en , die er in B e tr e ff der V erstein eru n g en an g estellt, das alles h a t ein ein zi­

ges Z iel: als D a rleg u n g , E rlä u te ru n g u n d B ew eis d er T h eorie vo n A l b e r t d e S a x e ü b er d ie la n g ­ sam en B ew egu n gen der E rd k ru ste zu d ie n e n .“

D iese langsam en, „ e p iro g e n e n “ B e w e g u n ge n sind es, die au ch n ach der A n s ic h t d er m odernen G eo ­ logen eine w esen tlich e R o lle b e i d er B ild u n g der F estlan d e und G eb irge spielen.

E h e ich an u nseren eig en tlich e n G eg en stan d , die B esp rech u n g der v o n H . St i l l e a u fg e ste llte n G esetze der G eb irgs- u n d F estla n d b ild u n g , h era n ­ gehe, w ill ich die H a u p terg eb n isse d er G eologie, sow eit sie fü r die vo rlieg en d e F ra g e v o n W ic h tig k e it sind, k u rz rek a p itu lieren .

D a ist zu n ä ch st die B e o b a c h tu n g des He r o d o t, die au ch h eu te n och ein F u n d a m e n t d er G eologie b ild e t: G en au so, w ie He r o d o t es ta t, w ird au ch h eu te aus den ve rste in e rten T ieren u n d P fla n zen , die in einer G estein ssch ich t a n g etro ffen w erden, a u f die ,,F a cie s“ , d. h. a u f d as M ilieu geschlossen, in w elch em die b e treffen d e n G estein ssch ich te n g eb ild et w u rd en . Sin d d ie S ch ich ten „ terrestrisch“ , d. h. e n th a lten sie die V erstein eru n g en v o n L a n d ­ tieren, so sch lie ß t m an, d a ß die S c h ic h te n zu r Z e it, als jen e T iere leb ten , a u f d em festen L a n d e (etw a

72

(4)

922 L ö w y : V on der Entstehung der Gebirge und Festlande. r Die N atu r­

wissenschaften d u rch den W ind) a b g e s e tz t w u rd en . Sin d es

F ische, so b e ze ich n et m an die F a c ies ,,m arin“

und sch ließt, d a ß diese S ch ich ten ein st am M eeres­

boden ge b ild et w u rd en . E b en so kan n m an u n te r­

scheiden, o b die S ch ich ten in K ü ste n n a h e oder in der T iefsee g e b ild e t w urden , d a diese versch ied enen G eb iete — w ie m an aus der Z oologie und B o ta n ik w eiß — d u rch d as V o rk o m m en b eson d erer T ier- u n d P fla n z e n a rte n gek en n zeich n et sind.

A u f w elch e W eise die S ch ich ten en tstan d en sein m ögen, ka n n m an sich an V o rg än gen , die sich h e u te v o r unseren A u g e n abspielen, d e u tlich m ach en.

W ir b eo b a ch ten beispielsw eise, w ie d as a u f dem F lu ß b o d e n liegende G eröll a llm ä h lig ins M eer g e sch a fft w ird und zu gleich m it dem , v o n d er K ü s te d u rch die B ran d u n g a b g eb rö ck e lte n , G estein in größerer oder gerin gerer K ü ste n n a h e a u f den M eeresboden sin k t. So b ild en sich au ch h eu te fo rtg e se tzt S ch ich ten , die, v o n d er K ü s te a u s­

laufen d, sich k e ilfö rm ig v e rjü n g en und die K a d a v e r der im M eeresw asser leben d en T iere und P fla n zen au fn eh m en .

W ie a b er ist der W ech sel d er S ch ich ten zu erklären ? In seinem L eh rb u ch der G eologie er­

lä u te r t das E . Ka y s e r an dem B e isp iel eines B in nensees, in den m ehrere F lü sse m ü n d en : „ E in jed e r dieser F lü sse fü h rt gröberes od er feineres G estein sm aterial, Sand, K ies, S ch la m m usw . m it sich, die in m eh r oder w en iger w a g re ch ten L a g en a u f dem Seeboden a u sge b re ite t w erd en und die E n tste h u n g vo n S ch ich ten veran lassen . D ie g e ­ nan nten S to ffe w erden ab er n ic h t alle zu gleich er Z eit und ohne R e g e l in den See gelan gen . Z u Z eiten niederen W asserstan d es, w en n die K r a f t des Flusses gerin ger ist, w erd en n u r fein e S ch lam m teilch en zu r A b la g e ru n g kom m en u n d to n ig e S ch ich ten g e b ild et w erden, w äh ren d b ei h oh em W a ssersta n d e gröbere S to ffe, S and , K ie s u n d G erölle a b g e se tzt w erden. A u f diese W eise w ird a llm äh lig eine große Z a h l ü b erein an d er liegen d er S ch ich ten en tsteh en können, die einen m ehr oder m in d er regelm äß igen W ech sel v o n feinerem und gröb erem M a te ria l a u f­

w e i s e n . “ D e r S ch ich ten W e c h s e l k a n n ab er au ch d u rch eine U n terb re ch u n g des A b sa tzv o rg a n g e s v e ru rsa c h t sein : w en n b eisp ielsw eise der M eeres­

bod en an b estim m ten S tellen ab w ech seln d tro ck en g e leg t und w ied er ü b e rflu te t w ird . D a n n w erd en M eeres- u n d L an d sch ich te n sich ab w ech seln d ü b erein an d er lagern.

A u s d er B ild u n gsw eise der S ch ich ten fo lg t, d a ß die h öh er gelegenen stets jü n g e r sind als die d a r­

u n terliegen d en . N a tü rlic h : die n eu sich b ild en d en S ch ich ten w erd en a u f den b ereits vo rh a n d en en , älteren S ch ich ten a b g e se tzt. D a s W o r t „ a l t “ und ,,ju n g “ b e zie h t sich a u f die S ch ich ten , nicht ab er a u f d as M aterial, w orau s sie g e b ild et sind. D a s M aterial der jü n geren S ch ich ten is t ja stets den älteren S ch ich ten entn om m en , also gleich a lt w ie deren M aterial.

E in e andere A r t d er A lte rsb e stim m u n g der S ch ich ten is t die sog. „p a la e o n to lo g isc h e “ : au s der B e sc h a ffen h e it der in den S ch ich ten a n g etro ffen en

V erstein eru n g en . D ie einzelnen, übereinander lagernd en S ch ich ten sind d u rch das A u ftreten b estim m ter T ier- u n d P fla n zen a rten gekenn zeich ­ n et und zeigen au f der gan zen E rd e dieselbe regel­

m äß ige A u fein an d e rfo lg e : n äm lich die V erstein e­

ru ngen sind den h eu te lebenden T ier- und P fla n zen ­ arten um so u n äh n lich er, je tie fe r die Sch ichten liegen, denen sie e n tstam m en . D iese T atsach en bilden das F u n d a m e n t d er h isto risch en Geologie und steh en in sch ön er Ü b erein stim m u n g m it der Entw icklungstheorie, w o n a ch die d e rzeit lebenden T ier- und P fla n z e n a rte n sich aus prim itiveren F orm en a llm ä h lig e n tw ic k e lt h ab en . H ier ist der P u n k t, w o die G eo lo gie u n d die D ARwiNsche D eszen d en zth eo rie sich w ech se lseitig stü tzen . D ie geologische F o rsch u n g h a t ein e g ro ß e Z a h l solcher, versch ied enen E n tw ic k lu n g ss ta d ie n angehörenden, S ch ich ten u n tersch eid en g e le h rt und au f diese W eise eine geologische Z eitsk ala gesch affen , die in stets fein er w erden der, ch ro m atisch e r A b stu fu n g vo n d er U rze it, w o a u f der E rd e n och ü b erh au p t kein L eb en e xistierte , bis in unsere Z e it h e ra u f­

fü h rt.

N orm alerw eise w ü rd en w ir diese im E rd inn ern b efin d lich en S ch ich ten n ic h t zu G esich t b e ­ kom m en . N u n kan n es ab er geschehen, d aß eine solche m arin e S ch ich treih e aus dem M eer, w orin sie a u f die gesch ild erte A r t en tstan d en , h era u s­

gehoben w ird . N u n b ild e t sie F estlan d b o d e n . A b e r die B ew o h n er dieses F estla n d e s w erd en keine A h n u n g v o n d em regelm äß igen , sch ich ten förm igen A u fb a u des B o d e n s h ab en , a u f dem sie stehen, — bis n ic h t eines T a g es ein F lu ß sich d u rch diese S ch ich ten h in d u rch seinen W e g zu m M eere b a h n t, in dem er sich a llm ä h lig ein T a l ein sch n eid et und au f diese A r t die sonst u n sich tb a ren S ch ich ten frei leg t. So h a t m an fts tg e s te llt, d a ß d ie S ch ich ten sich geleg en tlich üb er G eb ie te v o n au ß ero rd en tlich er A u sd eh n u n g u n g e stö rt a u sb reiten . Ed u a r d Su e s s

b e ric h te t beisp ielsw eise: ,,Im östlich en G alizien , am oberen D n jester, sch n eid et sich der F lu ß ziem ­ lich tie f in den B o d en ein, und d a sieh t m an eine h o rizo n tale, g e sch ich tete R e ih e v c n G esteinen, w elch e n ich ts anderes ist, als die F o rts e tz u n g der G estein e v o n L iv la n d , E sth la n d , P etersb u rg , w elch e u n ter d er gan zen E b e n e v e rb o rge n liegen, die h ier w ied er s ic h tb a r w erd en u n d vo llk o m m en ru h ig ge lag ert sind a n gesich ts der ü b e rstü rzten K a r ­ p a th e n .“

W ä h ren d also an d em einen O rt, in der ru ssi­

schen T iefeb en e, die S ch ich ten seit der Z e it ihrer E n ts te h u n g ih re n a tü rlic h e L a g e b e ib e h a lten haben , sieh t m an sie an dem anderen O rt, in den K a rp a th e n , zu F a lte n zu sam m en g ed rü c k t. D iese fü r die G eb irge k en n zeich n en d e F a lte n b ild u n g k ö n n te d u rch h o rizo n ta l ge rich te te D r u c k k rä fte e rzeu g t sein, w ie m an d u rch folgen d es ein fach e E x p e rim e n t bew eisen k a n n : M an n im m t einen (n ich t zu hohen) S to ß schon zu sam m en gelegter H a n d tü ch er, w ie sie sich in dem W ä sc h e k a ste n jed e r sorgsam en H a u s ­ fra u vo rfin d en . Sie sollen uns als M odell d er S ch ich ten in ih rer n atü rlich en L ag eru n g dien en

(5)

Heft 41. ] 8. xo. 1926J

(F ig. 1). D r ü c k t m an den Stoß m it den H ä n d en v o n lin ks und rech ts in h orizon taler R ic h tu n g z u ­ sam m en, so b ild en sich F alten, ä h n lich jen en , die w ir im G eb irge beobachten (Fig. 2).

D ie S ch ich ten im Gebirge sind a b e r n ic h t blo ß d u rch die F a ltu n g von den v o llk o m m e n ebenen S ch ich ten der ungestörten G eb ie te u n tersch ied en , sond ern au ch dadurch, d a ß ihre D ic k e („M ä c h tig ­ k e it “ ) im Gebirge gelegen tlich g a n z enorm e W e rte a n n im m t. In den A lp en z. B . is t die D ic k e der m eso zo isch en 1) A b lag eru n g en io m a l g rö ß er als in M itteleu ro p a. W ie a b er kö n n en S ch ich ten vo n so enorm er D ick e e n tstan d en sein ? Sin d die Schichten marin, so m ü ß te die T iefe des p rä h isto ri­

schen Meeres an jen er S telle eine ga n z a u ß e ro rd en t­

liche gewesen sein. G egen diese A n n ah m e sp rich t aber die T atsa ch e, d a ß diese S ch ich ten seh r o ft eine ,,neritische“ F a c ie s h ab en , d. h. F la c h se e ­ ablageru ngen sind. A lso w u rd e m an zu dem Sch lü sse gedrängt, d a ß der B o d e n jen er p räh istorisch en F lach seen w äh ren d der A b la g e ru n g der S ch ich ten im m er tiefe r u n d tie fe r ein san k. M it anderen W o r te n : E s m u ß w äh ren d der A b la g e ru n g eine

Fig. 1. Schichten in Normallage.

n ach a b w ä rts gerichtete, epirogene B ew egu n g , d . i . eine d u rch lange geologische Z e ite n an d au ern d e V e rtik a lb e w e g u n g stattgefu n d en h ab en . A u s d ie­

sem G ru n d e defin iert S t i l l e die , ,G eosynklinale“

so n äm lich n en n t man jene ü b e rm ä ß ig d ick en , m eist bo g en fö rm ig gew ölbten Sch ich tserien — als einen ,,säkular sinkenden Raum “ .

A u s den G eosynklinalen en tsteh en also die ü b e rm ä ß ig d ick en Schichten der G ebirge, in d em sie

— w ie in d em beschriebenen E x p e rim e n t — d u rch h o rizo n tale D ru ck k rä fte g e faltet u n d n a ch d er F a ltu n g d u rch eine aufw ärts g erich tete, epirogen e B ew egu n g au s d em W asser gehoben w erd en . D er B ew eis fü r d ie H och bew egung der g e fa lte te n Sch ich ten lieg t in d er Tatsache, d aß die ob ersten Sch ichten teilw eise ,,d enu d iert“ , d. h. a b g etrag en sind. In F ig . 3 is t der typisch e F a ll d er D e n u ­ d ation eines F a lte n sy stem s wieder ge geben. D ie gestrich elten T eile der F alte n sind d urch K r ä fte

J) „Mesozoisch" bezeichnet das Alter der Schichten, und zwar in sehr weitem Bereich, wie man etwa in der Geschichte vom „M ittelalter“ spricht. Analog be­

zeichnet man das geologische Altertum als das „Palaeo- zoikum“ , die geologische Neuzeit als „Kaenozoikum “ .

ab g etrag en , die w ir au ch h e u te n och — in den G eb irgen — am W erk e seh en : W ir b e o b a ch te n , w ie das v e rw itte r te G estein a b b rö ck e lt u n d vo n den A b h ä n g en d u rch fließ en d e G ew ässer zu T a l ge­

tra ge n w ird . N a c h ein er S ch ätzu n g v o n A . He i m

soll a u f diese W eise in den A lp en eine solche M enge G estein „ d e n u d ie r t“ w ord en sein, d aß das G eb irge h eu te n u r h a lb so h o ch ist, w ie zu r Z eit seiner E n t ­ steh u ng. S ch re ite t d ie D e n u d a tio n fo rt, so w erden die A lp e n in einem sp ä teren geologisch en Z e it­

alte r einen A n b lic k w ie F ig . 3 d a r b ie te n : W o einst- 923

Fig. 3. Denudation.

m als ein G ebirge w ar, w ird sich eine E b en e au s­

b reiten . A llerd in g s k ö n n te D e n u d a tio n au ch im M eere sta ttfin d e n . S olche subm arin e D en u d atio n is t aber n och der A n sic h t S t i l l e s eine A u sn ah m e­

erscheinung. E s g ilt also der „S a tz von der oro- genen1) Hochbewegung“ , den S t i l l e folgen d er­

m aßen fa ß t: „ A lle Gebirgsbildung erfolgt unter Aufwärtsbewegung gegenüber dem ozeanischen S p ie ­ gel“ (1. c. S . 236).

W ir sehen hier, a u f w elch e W eise m an in der G eologie a u f B o d en b ew eg u n g en in p räh istorisch en Z eiten sc h lie ß t: A u s d er ü b erm ä ß ig en D ick e der G eo syn k lin a le sc h lie ß t m an a u f eine A b w ä r ts ­ b ew egu n g, au s der D e n u d a tio n d er g e faltete n G eo syn k lin a le a u f eine sp ä ter ein setzen d e A u f­

w ärtsb ew egu n g .

D en Z eitpu n kt der F a ltu n g ka n n m an m it grö ß erer oder gerin gerer G en a u ig k e it b estim m en, je n ach d em die S c h ic h tb ild u n g („S e d im e n ta tio n “ ) au ch n ach der F a ltu n g ih ren F o rtg a n g n im m t, oder n ach geringerer oder grö ß erer P a u se w ied er ein setzt.

D an n w erden n äm lich die p a ra lle l gelag erten oder, w ie m an sag t, ,,konkordanten“ S ch ich ten (Fig. 2) vo n n ich t p aralle l d a zu liegen den, ,,diskordanten“

Sch ich ten ü b erla g ert. A u s F ig . 4 z. B . d a rf m an

Fig. 4. Diskordanz.

schließen, d a ß die F a ltu n g der k o n k o rd a n ten Sch ich ten 1— 2 e in tra t, nachdem S c h ic h t 2 und bevor die zu 1— 2 d isk o rd an te S ch ich t 3 geb ild et w urde. D as G eb irge k a n n n ic h t vor d er B ild u n g der S ch ich t 2 e n tstan d en sein, sonst w äre ja diese S ch ich t n ich t g e fa lte t. E s k a n n n ic h t nach der B ild u n g vo n S ch ich t 3 e n tstan d en sein, so n st w äre ja diese S ch ich t m itg e fa lte t w orden. A u s den D is ­ kord an zen w ird also — seit E l i e d e B e a u m o n t — d as A lte r der G eb irge b e stim m t.

!) „orogen“ = gebirgsbildend.

72*

L ö w y : Von der Entstehung der Gebirge und Festlande.

(6)

924 L ö w y : Von. der Entstehung der Gebirge und Festlande. r Die N atur- tWissenschaften M it diesem H ilfs m itte l u n d u n ter B e n ü tz u n g

der fein g rad u ierten Z e its k a la d er m odernen G eologie h a t S t i l l e eine E n td e c k u n g ersten R a n g es gem ach t. In d e m er „v e rg le ic h e n d e T e k to n ik “ trieb, d. h. d en S ch ich ten b au in den versch ied enen G eb ieten d er E rd e u n tersu ch te und ve rg lich , b e ­ m erkte er, „ d a ß alle Gebirgsbildung an verhältnis­

m äßig wenige und zeitlich engbegrenzte P h a sen ge­

bunden ist und gleichzeitig in den verschiedensten Erdgebieten a u f tritt.“ D as B ew eism aterial fü r sein ,,orogenes Zeitgesetz“ h a t S t i l l e in dem großen K a p ite l ü ber ,,D ie E in zelph asen d er G eb irg s­

b ild u n g der V o rz e it“ (1. c. S . 62— 221) n ied ergelegt.

E s ist n ic h t m öglich, d as B e w e isv erfah re n , dessen S ch a u p la tz die 5 E rd te ile sind, h ier a u ch n u r a n ­ zu d eu ten .

D ie G eb irg sb ild u n g od er O rogenese ist also ein

„episodischer“ , d. h. im V erg le ich zu r L ä n g e der geologischen P erio d en ä u ß e rst k u rz d au ern d er V o rg an g, d er sich — vo m A n b eg in n d er g e o lo gi­

schen Z e itrec h n u n g bis a u f den h eu tig en T a g — n u r e tw a 3om al, und zw a r an den versch ied en sten P u n k te n d er E rd e gleichzeitiga b g esp ielt h a t. „ D ie Gleichzeitigkeit der orogenen Geschehnisse erfordert“ , w ie S t i l l e (1. c. S. 243) h erv o rh eb t, „ e in univer­

selles Erklärungsm otiv“ . D ieses ist — n ach seiner A n s ic h t — ein verstärkter seitlicher D ruck, der d ort, w o die N a ch g ie b ig k eit („ M o b ilitä t“ ) der b e tre ffe n ­ den G estein ssch ich t gen ü gend gro ß ist, zu r G e­

b irg sb ild u n g fü h rt (1. c. S. 253), w ie w ir uns das d u rch d as E x p e rim e n t m it den H a n d tü ch e rn v e r ­ a n sch a u lich t h ab en . E in w en iger m obiles M aterial, z. B . ein S to ß v o n S tein p la tten w ü rd e d u rch die gleich en seitlich en D r u c k k rä fte nicht g e fa lte t w erden. So e rk lä rt sich, w aru m der, w äh ren d der 30 orogenen P h asen v e rs tä rk te H o rizo n ta ld ru ck , d er d och w egen des G leich ze itig k e itsg esetzes ü b era ll a u f der gan zen E rd e w irk sa m sein m uß, d o ch nur an ve re in ze lte n S tellen G eb irge erzeu g t. M obile Stellen der E rd e, au s denen G eb irge en tsteh en , sind die Geosynklinalen. In diesen is t ja , w ie w ir frü h er au sein an d ergesetzt h aben , d as feste G ru n d ­ gebirge, das den B o d en des p räh istorisch en M eeres b ild ete, a llm äh lig in die T iefe gesunken, so d a ß die d a rü b er lagernd e m obilere S ch ich tserie eine große D ick e erreichen ko n n te. So w erd en die G eo syn k lin a len — n ach dem W o rte K o s s m a t s zu ,,Erw eichungsgürteln der E rde“ , b is sie d u rch F a ltu n g und die h ierm it verb u n d en e „Z u sa m m e n ­ stau c h u n g der vo rh e r flach en S c h ic h tta fe ln “ v e rfe s tig t („s ta b ilis ie rt“ ) w erden ( S t i l l e , 1. c.

S. 35 u n d 37)-

V e rtik a lb ew eg u n g en der E rd k ru ste , d ie in fernen geologisch en Z eiten v o r sich gegan gen sind, kön nen w ir, w ie w ir sahen, aus der E x iste n z vo n G eo syn k lin alen und aus der D e n u d atio n nach - w eisen. E in w eiteres H ilfsm itte l sind die Trans- gressionen und Regressionen, d. h. d as V o rrü ck e n u n d Z u rü ck flu te n der p räh istorisch en M eere.

M an s tü tz t sich hierb ei a u f den G ru n d sa tz, den J. F . P o m p e c k j in das W o r t: „ D i e Wasser der Erde folgen den Bewegungen des festen Gerüsts der

E rde“ g e fa ß t h a t. M an n im m t an, d a ß das V o r­

rü ck en des M eeres d u rch ein Sin ken des ü b er­

flu tete n G eb ietes b e d in g t is t; und e rk lä rt analog d as Z u rü ck w eich en des M eeres d u rch eine A u f- w ä rtsb e w e g u n g des freigelegten F estlan d es. „ S o erw eisen sich gerade die T ran s- und R egressionen als besonders feine In d ik a to re n der B ew egu n gen des F esten . D a m it w ird die Paläog eo graph ie, in s­

besondere so w e it sie die G ren zen d er älteren M eeres- u n d F estlan d räu m e u n d die V erän d eru n g dieser G ren zen v o n Z e ita b s c h n itt zu Z e ita b sch n itt festzu leg en su ch t, zu einer h erv o rrag en d en H ilfs­

w issen sch aft d er T e k to n ik “ ( S t i l l e 1. c. S. 281).

In F ig . 5 h a b e ich a n g ed e u tet, w ie m an aus

CC

Fig. 5. Transgression.

dem S ch ich ten b au die T ransgression eines p rä h isto ­ risch en M eeres fe stste llt. D ie L in ie a b d e u te t die K ü s te dieses M eeres an. 1— 6 sind m arin e S ch ich ­ ten , die, n ach rech ts zu üb erg reifen d , die all- m äh lige Ü b e rflu tu n g des F estla n d e s erkennen lassen. A u s dieser S tran d V e r s c h i e b u n g sch lie ß t m an, d a ß w äh ren d der A b lag eru n g d er S ch ich ten 1 — 6 d er g e fa lte te F e stla n d sb lo c k (rechts der L in ie a b) a llm ä h lich in die T iefe gesu n ken is t u n d au f diese W eise d as V o rd rin g en des W assers e r m ö g l i c h t h a t.

A n a lo g w erden d u rch R egressio n en A u fw ä r ts ­ bew egu n gen des F estlan d e s a n g ezeig t. In F ig . 6

b e d e u te t w ied er a bdie K ü s te u n d m an sieh t die m arin en S ch ich ten 1— 5 d isk o rd an t a u f dem g e fa lte te n U n terg ru n d a u fliegen . D ie R egression erk en n t m an d aran , d a ß die m arin en S ch ich ten 1 — 5 im m er m ehr v o n d er K ü s te zu rü ckw eich en , den S tran d also im m er m eh r n ach dem offen en M eere verlegen.

D a ß diese A u f- u n d A b w ä rtsb ew e g u n g e n m eist epirogen sind, d. h. d u rch lan ge geologisch e Z e ite n and au ern , e rk e n n t m an au s der geologisch en A lte rsd ifferen z zw isch en d er ä lte ste n u n d jü n g sten S ch ich t der tran sg red ieren d en od er regredierend en Serie.

A u f diese W eise stu d ierte S t i l l e die M eeres­

sch w an k u n g en in B elgien un d im Pariser B ecken und s tellte das E rg eb n is in F o rm des folgen d en

(7)

Heft 41. 1

8. 10. 1926J L ö w y : Von der Entstehung der Gebirge und Festlande. 925

D iag ram m s (Fig. 7) d ar: „A u fsteig en d e L in ien b ed eu ten die R egression, absteigende d ie T ra n s- gressionen. Ü b e r die N u ll-H orizon tale e rh e b t sich die L in ie in jen en Zeiten, in denen d as gesam te G eb iet B e lg ien s und N ord fran kreich s festlä n d isch w a r“ ( S t i l l e 1. c S. 287). D as D ia g ra m m u m fa ß t den so g. a ltte rtiä re n Zeitraum v o m P a le o c ä n zum O lig o cän , d er b ekan n tlich den ä lte ste n A b sc h n itt d er geo lo gisch en „N eu zeit“ , d. i. d er sog. käno- z o isch en P erio d e bildet. D ie ein zeln en T ran s- gression en und Regressionen sind n a ch den U n te r­

a b sc h n itte n der geologischen Z eitp erio d en b e ­ n a n n t.

In d e m er nun von B elgien u n d N o rd fran k reich w eg seinen B lick auf die g an ze E rd e ric h tete, e n td e c k te S t i l l e die ,, Universalität der alttertiären Meeresbewegungen“ . E r b e m erk te, d a ß b eisp iels­

w eise die m itteleocäne sog. lu te tis c h e T ransgression a u ß e r in Belgien und F ra n k re ic h n och a u ftr itt: in E n gla n d , Spanien, a u f den B a le a re n , in der Sch w eiz, in Italien, K o rs ik a , R u m ä n ien , Serbien, in S ü d ­ ru ßlan d , im K a u k a s u s , in Ä g y p te n u n d im A tla s un d sehr w ah rsch e in lich a u c h in K lein a sien ,

s8

g

£ '

•<s>

•<s>

. c°

CD ’ i

r“Ö Ö 3

ßs3

die w ir zu n ä ch st in B elgien und im P a rise r B e ck e n fe stg e ste llt h a tte n , fa s t d u rch w eg eine gew isse u n iverselle B e d e u tu n g b esitzen , in d em sie in vie len W e ltg eg en d e n und u n ter sehr versch ied en en geologisch en V erh ä ltn issen gleich zeitig u n d gleich ­ sin n ig w ied erk eh ren . M an sch eint gan z allgem ein sagen zu dü rfen , d a ß in gew issen Z eiten eine vor­

herrschend tra n sg re ssiv e, in anderen Z eiten eine vorherrschend re g ressive T en d e n z vo rh an d en ist, u n d z w a r u n b ek ü m m e rt u m die A r t der R äu m e, u n b ek ü m m ert in sbesondere d a ru m , ob es sich um m obilere E rd g e b ie te v o n A r t d er G eo sy n k lin a len oder stab ilere v o n A r t d er F estla n d sch w e lle n h an d elt. G ew isse Z eiten , c h a ra k te ris ie rt d u rch p o sitiv e M eeresbew egun gen, w aren also die Z eiten allgemeinerenL a n d v e rlu ste s, andere, c h a ra k te risiert d u rch n e g a tiv e M eeresbew egu n gen, die Z eiten allgemeineren L an d g e w in n es“ ( S t i l l e , 1. c. S . 294).

D a s D ia g ram m F ig . 7, das den K a n o n der a lt ­ tertiä ren M eeresbew egungen e n th ä lt, k a n n also

'S | io S

£ ^

| rs

Kaledonische Faltungen

* 0 00

■ S S ,

o » P

£ ’p -3

Variscische Faltungen

Paläocän Eocän Oligocän

Fig. 7. Alttertiäre Strandverschiebungen.

S y rie n , P a lä stin a , O stafrika, M a d ag ask ar, in W e s ta frik a am Senegal, in T ra n sk au k asie n , P ersien, T u rk e s ta n u n d B elutsch istan , a u f der H a lb in se l C u tch , in J a v a , auf N e u -K aled o n ien , in K a li­

forn ien und M exik o ( S t i l l e 1. c. S . 293). Ic h gebe h ier au snah m sw eise eine vo llstän d ig e A u fzä h lu n g , u m d em L eser einen B egriff vo n der w eittra g e n d e n B e d e u tu n g d e s S T iL L E s c h e n Gesetzes zu geben . D as G esetz, d as w ir speziell fü r die a ltte rtiä r e Z eit au sein an d erg esetzt haben, g ilt ab er auch in zeitlicher H in sich t universell. So g e lan g t m an zu m B e g riff eines ,,K a n on s der Strandverschiebungen“ , d. i. „d ie sta tistisc h e , also n a c h der M eh rzah l der F ä lle a u fzu stellen d e R egel über die E rw e ite ru n g oder V eren g u n g d er M eere.“ „D e r K a n o n ließ e sich in F o rm eines D iagram m es veran schau lichen, v e r ­ gleichbar der oben gegebenen graphisch en D a r ­ stellu n g der M eeresbew egungen der T e rtiä rze it in B elgien und N o rd fran k reich . U nd m it kleineren E in sc h rä n k u n g en veran sch au lich t ja dieses z u ­ n ä c h st fü r ein E in ze lgeb ie t gegebene D ia g ram m schon einen allgem einen gü ltigen „ K a n o n “ (1. c.

S . 295). Z u sam m enfassend sag t S t i l l e : „ A lle s in allem e rgib t sich also, d aß die M eeresschw ankungen,

n ach link s u n d rech ts, d. h. n a ch älteren und jün geren geologischen Z eiten h in fo rtg e s e tz t w er­

den. In F ig . 8 is t das D ia g ra m m der paläozoischen M eeresbew egungen w ied ergegeb en , w o rin überdies

— durch W ellen lin ien — die Z eiten der G eb irg s­

b ild u n g m a rk ie rt sind. M an sieh t, d a ß — in Ü b e r­

ein stim m un g m it dem Gesetz von der orogenen H och­

bewegung— die Z e itp u n k te d er F a ltu n g m it großen allgem einen R egressio n en Z u sam m entreffen. A u s der F ig u r en tn im m t m an, d a ß die R egressio n en vorw iegend orogen, also k u rzfristig , die T ran s- gressionen vo rw iegen d epirogen („a n o ro g en “ ), also la n g an d au ern d sin d : es sind n äm lich die K u rven m in im a , w elch e die T ran sg ression en a n ­ d euten, fa s t d u rch w eg fla c h im V erg le ic h zu den fa st d u rch w eg steilen R egressio n sm a xim a. S t i l l e fa ß t das E rg eb n is in den S a tz : „ D ie allg em ein en T ransgression en sind E rsch ein u n g en der anoroge- nen Zeiten, die allgem ein en R egression en tre te n sow ohl in anorogenen, w ie au ch in orogen en ein, in letzteren in gan z beson derem A u s m a ß e “ (1. c.

s . 351)-

Kam brium S'i/u r D evon Karbon Dyas Fig. 8. Paläozoische Strandverschiebungen.

(8)

926 L ö w y : Von der Entstehung der Gebirge und Festlande.

D er S a tz v o n d er U n iv e rs a litä t der S tra n d ­ versch iebun gen , sp eziell die B e h a u p tu n g , d aß in gewissen Z e ite n n u r T ransgression en , in anderen Z eiten n u r R egressio n en sta ttg e fu n d e n haben , steh t in G eg en sa tz zu einem G esetz, d as d er große fran zö sisch e G eologe E m i l e H a u g im Jah re 1900 a u fg e ste llt h a t. N a ch diesem G esetz w erden T ran sg ressio n en ü b er F estlan d g eb ie te k o m p en siert d u rch R egressionen in den G eo syn k lin alzo n en u n d u m gek eh rt. W äh ren d also die H aug sehe G leich­

zeitigkeitsregel b esagt, d a ß zu b estim m ten Z eiten a u f d er gan zen E rd e T rans- undR egressionen g leich ­ ze itig a u ftreten , b esa g t die S tillesch e Gleichzeitig­

keitsregel,d a ß zu b e s t i m m t e n Z e ite n a u f d er gan zen E rd e entweder nur T ran sgressio n en oder n u r R e ­ gressionen g le ich zeitig a u ftre te n . H ä t t e H a u g R ech t, so w ürde n a tü rlic h ein K a n o n der S tra n d - v e r s c h i e b u n g e n u n m ö g l i c h s e in . N a ch d er M e i ­ n u n g S t i l l e s h a t ab er H a u g „ V o rg ä n g e , die u n ­ g le ich a ltrig od er jed en fa lls n ic h t als g le ich a ltrig n ach w eisb ar sind, v e r g l i c h e n “ (1. c . S . 325). D ie A u sein an d e rsetzu n g m it H a u g ist in dem A b sc h n itt ü b er die „ F e h le rq u e lle n in a n g eb lich en F ä lle n der B e s t ä t i g u n g des H A U G s c h e n G esetzes“ e n th a lten . S t i l l e k o m m t zu dem S ch lu ß , ,,d a ß bei gen au er z eitlich e r A n a ly se d er in F ra g e kom m en d en V o r ­ gän ge die B e h a u p tu n g n ic h t h a ltb a r ist, das aus den G eo syn k lin alen d u rch F altu n gsV o rg ä n g e v e r ­ d rän g te W asser h ab e im B ereich e d er F e s tla n d ­ schw ellen T ransgression en h e rv o rg e ru fe n “ (1. c.

S- 345)-

A m S ch lu ß seines W erk es ste llt S t i l l e n eben sein ,,orogenes Gleichzeitigkeitsgesetz“ als G egen ­ s tü c k die „epirogene Gleichzeitigkeitsregel“ , w elche fo lgen d erm aß en la u te t: „ D ie Veränderungen im G an g der epirogenen B ew egu n gen zeigen in den versch ied en sten E rd g eb ie ten erh eb lich e g leich ­ zeitige G leich sin n igk eiten “ (1. c. S. 362). U n ter

„ G le ic h s in n ig k e it“ is t zu versteh en , d a ß in den versch ied en sten E rd geb ieten g le ich zeitig d ie F e s t­

land e a u fw ä rts steigen und die M eeresräum e (Geo- syn k lin a ten ) sinken oder u m g ek eh rt die M eeres­

räu m e a u fsteig en und die F estla n d e sinken , w o ­ d u rch im ersten F a lle ü b e ra ll R egression en , im zw eiten F a lle ü b erall T ran sgression en a u ftrete n m üssen. F ig . 9 versin n b ild lich t den R egressions- F ig . 10 den T ran sgression sfall. In d en F ig u ren

Fig. 9. Regressive Undation.

Fig. xo. Transgressive Undation.

b ed eu ten die W ellen b erge die F estlan d e, die W e llen ­ tä le r die M eeresräum e (G eosyn klinalen). D ie W e l­

len sind, im G eg en satz zu den steilen F a lte n der G ebirge, „w eitgespannt“ , w as fü r die ob ige E r ­ k lä ru n g der T rans- und R egressionen w esen tlich ist.

Diese, schon vo n D a n a b em erk ten „ko rresp o n -

T D ie N atur- Wissenschaften

d ieren d en “ A u f- und A b w ä rtsb ew e gu n g e n werden v o n H . S t i l l e als ,,U n dation en“ b ezeich n et. D ie epirogen e „ U n d a tio n “ u n tersch eid et sich v o n der als „ U n d u la tio n “ b ezeich n eten orogenen F a lte n ­ b ild u n g d u rch die größere „W e lle n lä n g e “ und g erin gere „ A m p litu d e “ .

D a ß m an ta ts ä c h lic h die „ Meeresbewegungen als A u sd ru ck von Veränderungen im Undations- verlauje“ a u ffassen d a rf, ersieh t m an u n ter anderem au s folgen der, vo n S t i l l e h ervo rgeh o b en en T a t ­ sach e: „ O f t leiten k o n tin e n ta le A b lag eru n g en eine tran sg red ieren d e S ch ich ten fo lg e ein. H ier haben w ir es also zu n ä ch st m it S en k u n gszo n en fe s t­

länd isch er A r t zu tu n , in die b ei w eiterer S en k u n g d as M eer ein d ringt. B e i den T ran sgression en h a n ­ d e lt es sich also n ich t, w en igsten s im allgem ein en n ich t, u m ein fach e Ü b e rflu tu n g e n d er F estlä n d e r;

v ielm eh r w erden R äu m e, die b is d a h in au fstiegen od er sich n e u tra l verh ielten , vo rü b e rg e h e n d oder län g er zu Senku n gszon en und w esen tlich dadurch w ird dem M eere d as V o rd rin gen e rm ö g lic h t“ (1. c.

S. 360).

D ie U n iv e rs a litä t der S tra n d ve rsch ie b u n g e n fin d e t v o n diesem S ta n d p u n k t au s eine ein fach e E rk lä ru n g , w en n w ir annehm en, d a ß die h o ri­

zon talen D ru c k k rä fte , die ja bei d er G eb irgsb il­

d u n g oder U n d u la tio n eine R o lle spielen, au ch die U n d a tion en erzeu gen : „A n h a lte n d e r sch w ach er D r u c k v e rm a g au ch starrere M assen zu verb iegen , w äh ren d diese a u f m ehr p lö tzlich e n u n d stark en D r u c k d u rch Z erb rech en reagieren . D e r F a k to r Z e it ü b e rw in d et also die S ta rrh e it d er G estein s­

verb ä n d e. G a n z in diesem Sin ne k o m m t es in den stab ilen E rd g eb ie ten , w en n ü b e rh au p t, zu W ellu n gen , d o ch im allg em ein en n u r zu säk u la ren , als R ea k tio n en a u f d as la n g fris tig e W irk e n des r e la tiv sch w ach en (epirogenen) D ru ck es, w äh ren d der U n terg ru n d a u f den episodisch en sta rk en D ru ck , w enn ü b e rh au p t, so d u rch Z erb rech en reagiert. D a ­ gegen k o m m t es in den m obileren E rd geb ie ten zu W ellu n gen b ei beiderlei D ru ck ve rh ä ltn issen , und z w a r b ei lan g an d au ern d em u n d sch w ach em D ru ck e zu G ro ß w ellen (U ndation), b ei k u rzfristig em und stark em zu den engen W ellen d er F a ltu n g (U n ­ d u la tio n )“ ( S t i l l e , 1. c. S . 366). S o w oh l die orogene U n d u la tio n als au ch die epirogen e U n d a tio n k äm e h iern ach in der W eise zu stan d e, w ie w ir d as in F ig . 1 u n d 2 am H a n d tü ch e rsto ß stu d ie rt h ab en . W ir h a b en bei diesem E x p e rim e n t speziell gesehen, d aß die F a lte n steiler w erden, w enn w ir den S to ß stä rk er zu sam m en d rü cken (R egressionsfall), und d a ß m it a b n eh m en d em D r u c k die F a lte n sich g lä tte n (T ran sgressio n sfall). So g e la n g t S t i l l e zu dem S a tz : „ D e r K a n o n der Meeresbewegungen ist zugleich der K a n o n der wechselnden Intensität des tangentialen Erddruckes“ (1. c. S . 366). In dem u n iversell w irken d en tan g e n tia len E rd d ru c k fin d et also S t i l i e die E rk lä ru n g fü r d ie U n iv e rsa litä t d er S tra n d V e r s c h ie b u n g e n .

M it der A n n ah m e, d a ß die T ra n s- und R egressio ­ nen d u rch B ew eg u n g en der E rd k ru ste zu erklä ren seien, stellt sich die m oderne verg leich en d e T e k -

Cytaty

Powiązane dokumenty

phil., wissenschaftlichem Mitarbeiter der optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena und a-. Professor an der

dreiecks, ein Gedanke, der auch vom Colorimetrie- kom itee der American Optical Soc. Durch die viel größere Leichtigkeit, mit der dann alle Konstruktionen auf

Auch jedes andere größere Werk kann gegen erleichterte Zahlungsbedingungen geliefert werden.. E s s te llte sich nun herau s, d aß bei sämtlichen untersuchten

mung einer Berührungsstelle zwischen dem Mineral und dem Zuleitungsdraht zuzuschreiben sind; diese können innerhalb weiter Grenzen je nach der Materialprobe schwanken,

das auch für Ostpreußen nachzuweisen versucht hat, nicht eine aus vorglazialer Zeit übernommene Form sein, sondern wäre durch Bodenbewegungen, zum Teil während

einander gesetzt. Numerische Gesetze gestatten es, neue, abgeleitete Größen, die vielfach einer Messung gar nicht zugänglich sind, zu ermitteln und dam it zu

N ich to rg an isierte Sedim ente, O rgan isierte

Die m öglichst genaue experim entelle Erforschung der ultraroten Absorptionsbanden der Halogenwasserstoffe is t deshalb von großer W ichtigkeit, w eil dieselben vom