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Hefte für Büchereiwesen. Der Volksbibliothekar und die Bücherhalle, 11. Band, H. 6.

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Academic year: 2021

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Bezugsbedlngungen

Preis desJahrgang-H6 Hei-teim·Umfangeison21«Bogen,s6Coldmarlcz Einzel- heftel.50Goldmaric. ·- MitgllederderDeutschen Zentralstelle für-volkstümllehes Büchereiwesen undihrer Unterverbilnde sowie derPreuizischen Volksbiicherei- vereinigung erhalten dieZeitschrift unentgeitlich. DieMitgliederdesVerbandes Deutscher Volksbibiiothelcnre sowie die Mitglieder derder Zentralstelle ange- schlossenen Landesvollcsbildungsorganisationen erhalten beiBezugdurch Ver-

mittlungihrer Verbinde bedeutende Ermäliiigungen J

SitzdesDecke-ges:Wien,t.Bezirk,Schwarzenbergsttaße5 SitzderSchriftleitung:LeipzigN«22,RichtersttaßeZ

Inhalt dieses Heftes

Beruf sicunde:VolkohneRaum.DieForsyte sags.DerZauberberg.EinVergleich- Biichereipolitiic und Büchereibewegung: Dorfbücherei und ländliches Büchereiwesen Die wissenschaftlichen Bibliotheicen und dieAutonomie- bestrebungen dervolkstümlichen Bücherei —-ZuCeorg Leyhs Randbernericungen—- Generaldirelctor Kriiss unddievolkstümlichen Büchereien —- DieAutonotnie der Volksbibliotheic undihre Gegner—- DerVerband Deutscher Volksbibliothelcare zur Ausbildungsfrage.Büchericunde: Buchbesprechungenc schöne Literatur

Dbersichtsiiste über Neuerscheinungen Kleine Mitteilungen.

Dieser Nummer liegenTitelblatt undlnhnitsverzeichnis fürdenli.Band 1927bei.

Alle Bedarfsgegenständeder Ausleihorganisation und inneren Verwaltung

diefiireine unter volkspiidagogischen Gesichtspunkten geleitete Büchereiarbeit notwendigsind,werden inderAbteilung fiirtechnischen Büchereibederf geführt.

Fachbibliotheicarische Leitungdieser Abteilung gibtfürzweelcrnäizlgesundqualitativ einwendfreiesMaterial alleGewähr. Die Herstellungdereinzelnen Cegenstlnde in grosenMengen ermöglichtniedrigePreise.OberdiefürdieEinrichtungvonBüchereien verschiedensten Umfanges notwendigenMaterialien werdengernKosteneukstellungen ausgearbeitet,undaufbesondere Fragenstehterfahrene bibliothelcarisehe Auskunft

qurVerfügung.Preisverzeichnisse werden aufWunsch freiZugestellt

Abteilungkiir technischen Büchereibedarf

der

DEUTSCHEN ZENTRALSTELLE FOR

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LElPZlG N 22, Richterstraiie 8

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Hefte fiir Biichereiwesen

Mitteilungen

derDeutschenZentralstellefiirbolkstiimlichesBüchereiwesen Schriftleitung Hans Hofmann

11.Band Heftd

Gerufskunde

Volk ohne Raum Die ForfhteSaga Der Zauberberg

Ein Vergleich

Das großeAufsehen,das diedrei Werte fastzurselben ZeitinDeutsch- landerregten,gibtdieVeranlassung, sie hierunterdembesonderenGesichts- punktedes »Seitromanes"zubetrachten. Allerdings ist dieserBegriffnicht ganzeindeutigundwird tatsächlichinmehrfachemSinne gebraucht.Setzt man als ;-selbstperständlichVoraus, daßderZeitromaninderEpochedes Autors undLesers handelt, so läßt sich ihm gleichwohl nicht jeder Roman, derdies tut,zuzählem Erstwenn dieBeziehungenzurZeit innig, startund wesentlich sind,wenn dieEpoche selbstinirgendeiner Gestalt Gegenstand derDichtungist, darfman bonZeitroman sprechen.Aberselbst dieseVoraus- setzunggeniigtoft nicht,sofernvielemit demBegriffnocheinWerturteil, dieForderungeiner unleugbarenBedeutungverbinden. Ja,dergroßeSeit-

roman beweistsich, ungerechnetallen ästhetischenWertes, überhaupt erst

durch sichtbare Einwirkung auf dieZeit:er erschöpftsich nichtimpersön- lichenErlebnis dereinzelnen, sondern gewinnt,alsdaseindringlicheErlebnis aller,bestimmendenAnteil anderBildung seiner Generation, desZeitgeistes.

So machter Geschichte.Indiesem hohenSinne waren die,,Da"monen", ,,Emile", ,,WilhelknMeister« Zeitromane.Und diedrei Beispiele lassen zugleicherkennen, wieverschiedendasVerhaltendes Werkes derZeitgegen- Vorbemertung: MitdiesemBeitrag beginnenwirdenBerichtüber eineBesprechung

dreierWerkederschönenLiteratur,dieindenletztenMonaten imMitarbeiterkrels der Städtischen BücherhallenzuLeipzigund derDeutschen Zentralstelle stattgefunden hat.

Hier istderVersuch gemacht,an dreibesonders bedeutsamenWerkendeszeitgenössischen SchrifttumsbelspielhaftdieWegederbolkspädagogischenLiterarkritit von neuem zu beschreitenundumfassenderalsesbeiderEinzelbesprechungsonst möglichistden GangunddasWesenderliterarischenUrteilsbildungdarzustellen.Der folgendeVer- gleichversuchtdieErfassungdeswesentlichenGedanken- undErlebnisgehaltes dieser

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306 Berufskunde

über seinkann: einNachbildenderäußerenErscheinungund Denken des Innerstenoder einAnklagenundFordernodereinErziehenundFühren.—- Soviel nur, um denHorizontzuzeigen,derdie kommenden Betrachtungen begrenzen muß.

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In derWidmungsagtGrimm übersein Buch: »Diese deutsche Erzäh- lung ist, someine ich,einepolitischeErzählungund läßt unser deutsches Schicksalsehen,wieesSchulenundParteien nicht lehren,weilsieesweder könnennochwollen". Das Grunderlebnis ist alsoeinpolitisches,nochgenauer bestimmt,eindeutsch-völkisches.Seinem Volke imInnersten verbunden, hat Grimm desseniüngstesSchicksalmitaußerordentlicherHeftigkeit miterlebt, und getriebenvon ehrlicher Sorgeum dasWohldesVaterlandes, vollglühenden Eifersum dieZukunftdesVolkes schufer denRoman, um durch ihnin letzterStunde seineBrüder zuweckenundzubeschwören.Indes bürgtdie Redlichkeiteiner Absicht noch nicht fürdieRichtigkeitderAusführung,und dazudem diese seltenerzusein pflegtalsjene,läßt sichein Eingehen auf diepolitischeGedankenwelt Grimms, wie siedemRoman zugrunde liegt, nichtvermeiden.

Dieseklarzustellenverursachtnun einerseitsSchwierigkeiten,weilsie mehr aus GefühlundLeidenschaftdenn aus verständigenErwägungen entsprungen undinfolgedessen auch nichtzuEnde gedachtistunddieGründigkeitim Bau und dieorganischeGeschlossenheitvermissen läßt,welche nötigwären, wenn man sichermit ihroperieren sollte.Gleichwohlhatman esmit einem ganzen Shstemzutun, das deutschesSchicksalnachUrsacheundWirkung erklärt und auchetwas wie einProgrammfüraktive Politikausprägt;

oder man kann zumindestvon einer politischen Lehre,einem ausführlichen

Werke. Die Besprechung,diefichan Dr. HohersVortraganschloß,zeigte, daß besondersbeidemWerkvon HansGrimm nochvon eineranderen Ebene aus wesentlicheSeiten diesesWerkes sicherschließenwerden. DenErtrag diefer Erörterungen werdenwirinden»Heften«ineinemweiteren Aufsatzmitteilen undbitten daher,in demfolgendenVersuch,wie derReferentesentsprechendderihm gestelltenAufgabe selbst andeutet, nichtetwas Abschließendeszusehen, sondernerstdieEinleitungzu einerAussprache. Esistvorausgesetzt, daßderInhalt dieser Werke, dieinden letzten IahrensovielfachdieOffentlichkeitbewegt haben,bekannt istoderjedemdie Möglichkeit gegeben ist, sichdie Werke zumeigenen Lesenzuverschaffen.DieBücherei- leiteraufdemLandewerden gegebenenfalls durchdieBeratungsstellen diese Bücher

entleihenkönnen. DieSchriftleitung

HansGrimm, Volk ohne Raum, München 1926,AlbertLaugen.2Bände.1356 S., 20.— M.IohnGalsworthh, DieForshteSaga.AusdemEnglischenvonLuiseWolf undLeonSchalit.Berlin sWien fLeipzig1925,PaulZfolnah Verlag.zBände.1336 S., 8.50M.Thomas Mann, DerZauberberg.Berlin 1924,S. Fischer Verlag.2Bände.

1207S., 16.— M.

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VolkohneRaum Die Forshte Saga DerZauberberg 307

Glaubensbekenntnis reden. Unddieses ist anderseits deshalbwieder leichter festzustellen,weil man sich fast durchweg aufdiezahllosenAusführungen desHelden,als desDichtersSprachrohr, berufenkann.

Grimm gehtvon derÜberzeugungaus, daßderwertvollsteundlöb- lichsteStand derRation derBauer sei.Der leidefreilich längst darunter, daß sein produktiver Grundbesitz nicht mehrtellbar ist.Das Volk,dasheißt zunächstdieAgrarbevülkerung,hat alsokeinen Raum. Die überflüssigeBe- völkerungist gezwungen, ihrenErwerb inderIndustriezusuchen.Aber die Industrie istdas Schreckgespenst,das Grimm fürchtetund haßtund von dem ernichts Bessereszuberichten weiß,als daßesdeneinzelnenverderbe und dasVolk verblende. Von ihrer positivenSeite istkeineRede. Die Industrie, gewissermaßendieinnere Überwindungdes Raummangels,sieht er imwesentlichenals eineVerirrungan. Dieeinzig richtige Lösung,welche bislang allerdings noch wenige begriffen hätten,laute: Raum inderWelt fürdenDeutschen.

TrotzdemGrimmausdrücklichversichert,keinemJmperialismuszuhuldigen, stehen doch seineGedankengängederalldeutschenBewegungnicht fern.Auch billigter diedeutscheWelt- undKolonialpolititderVorkriegszeitundfindet sielediglichzuzahmundvorsichtig;denn er selbst hatinAfrikadieRot- wendigteit solchen deutschenRaumstrebens erfahren.Wo derDeutschehin- kommt, dafindeter den Raum derErdeschonverteilt. Der Engländer besonders hat sich rechtzeitigLandfür seineVolksgenossengesichert, während ungesunde,verkehrteFührerschaftden Deutschendies versäumen ließ.Run siehtman ihnungern im fremdenRaume daernten, wo er isein Staat) nichtselbst gesäthat. »Wir müssenaufhören", mahntGrimm deshalb,,,zu andern zulaufen,wirmüssenzuuns selberiinunsere Koloniem gehen... Ansonstwird dieKraftderErneuerungaus Deutschlandabgelenktundweg- gesogen."Aber selbstdasist nicht mehr möglich,denn inzwischen hatdie Welt, beunruhigt durchdas Ausdehnungsbediirfnis Deutschlands,dieses geknebeltund auch nochderdürftigenKolonien beraubt.

Freilichhaben, sagt Grimm, an diesem vdlkischenRiederbruchvauchzwei innere Feinde schuld:derBesitz in«seinerErscheinungalsRealpolitikund Wirtschaft—, von demsehr seltendie Rede ist,und vor allem dieSozial- demokratie, gegen dieer aufsheftigstepolemisiert. Jnsbesonderetadelt er ihre Jnternationalität,dievon den anderen Völkern kraft ihrergünstigeren Raumpositionnur ausgenuizt werde,wo doch geradeder kleinedeutscheMann die nationale MachtzuseinemFortkommenam nötigsten brauche.Aber die Arbeiterschaft sei verführtgewesen,unddurchdieSchuldderSozialdemokratie wäre esgekommen:»dasJahr derSchmach,indemdie langeSaat der marxistisrhenLehreund der fremden geistigen Gängelung.die beide seit einem Menschenaltereine wirklich freiheitliche Bewegung im Deutschen

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308 Berufskunde

Reicheverhinderthatten, ausgingundderdeutschen Arbeiterschaftunddem deutschenVolke furchtbares Unheilzu tragen begann,wenn siees auch beide noch nicht begreifenwollten«usw.

So wurden dieDeutschenein VolkohneRaum undohne Macht.Aber inRücksichtauf ihre Volkszahl, ihre Geschichteund ihrenWert haben sie docheinRechtaufdenRaum, unddies Rechtgilteszufordernundzu erreichen:»Rachdemverlorenen Kriege haben je fünfzehnEngländerein- tausendMeter imGeviert zueigen,undje achtFranzosenhaben eintausend Meter imGevlert zueigen,undje sieben RussenhabeneintausendMeter imGeviert zueigen,und je sechs Belgier habeneintausendMeter im Geviert zueigen,wiealles verteilt ist,undhundertzweiunddreißigDeutsche müssensich alsomiteintausendMeter imGeviert begnügen... Welches Rechtist das, daßallein inEuropaundohnedenWeltenraum, den sie dazu habenunddahin siekaumje gehen,sechsunddreißigMillionen Fran- zoseneingrößeresunddazu fruchtbareresLandeignenalszweiundsiebenzig Millionen Deutsche? Welches Recht ist das,daßeindeutsches Kind, wenn es geboren wird, in solche Enge hineingeboren wird, daßes bald nicht weiter kann,daßes baldeinZänkerwerden muß,daß,wenn esmitEigen- schaftenderKühnheit geboren wird,es vor lauter Mangel aufdenbösen Weg gedrängtwird? Welches Recht istdas, daßdie andern wer von ihneneswill als Bauern ausBauernland leben können und daßdie Deutschen,wenn sie deutschbleiben wollen, sich seitJahren inWerkstätten vermehren müssen?Welches Recht istdas, daßderEngländer,sobalder Mut hatundFleißund Tüchtigkeit,denweiten englischenRaum derWelt jederzeitvor sich hat,um das Glückfür sichundseineKinder zuwenden, und derDeutsche nichtsalsdiedeutsche Enge,darin Verbesserungdeseinen nur mehrzuhaben istum dieVerschlechterungdesandern? Welches Recht istdas? Jst das Menschenrechtoder istdasGottesrecht oder nur ein faules, gemeines,ererbtes dummes Unrecht?"»Rein",sagt Friebott-Grlmm,

»dieErdemuß endlichneu verteilt werden nach ZahlundLeistungsfähigkeit und außerhalbdesZufalls."

Aufeiner anderen EbeneliegtdasGrunderlebnis der»Forshte Saga«.

UmMißverständnissenzubegegnen: hier ist nichtdaserste, gleichsamhistorische Urerlebnis desDichters,dasihnzumWerte anregte,gemeintundauchnicht daspshchologische,aus demman denSchaffensprozeßerklärenkönnte, sondern dasideelle Urerlebnis, gleichviel,an welchemPunkteund inwelchemGrade es demSchöpfer selbst bewußt geworden ist.Jedenfallsistesdasjenige,das wieein geheimes KristallisationsgeselzGrenzenundGestaltderDichtungbe- stimmt.BeiGrimm war es ganzostentativdiepolitische These. Galsworthh hatesinderDichtungvielweiter aufgelöst,wenn man auch nichtgerade

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VolkohneRaum —-DieForshte SagaDerZauberberg 309

dasVorwort braucht,um es aufzufinden.Aus dererlebten Inkongruenz zwischenmangelhaftemSein underlösenderNotwendigkeit entsprangGrimms Forderung.AberGalsworthh istweitwenigeraktibunddaher auch objektiver;

ernimmt diegegebene Wirklichkeitalsdas, was sieist: Leben,und erist wohlderMeinung,daßes nichtVonaußenzubewegen sei, sondern seine GesetzeundSchicksaleinsich trage. Diese Wirklichkeit also istdieSippeder Forfhtes,dierepräsentativeKlassederenglischen Nation, ihr wohlhabendes Bürgertum.Man trifftindes nichtdasRichtige,wenn man dieSagaeine GeschichtederForshtesnennen wollte, sie ist allenfalls ihreinnere Geschichte, aberbeileibekeineChronik.Anders gesagt: Galsworthhs Einstellung istweder politisch noch eigentlich historisch, sie istinersterLiniesoziologisch.Ergeht daraufaus, einebestimmte menschlicheGesellschaftindembollen Umfange ihrer Erscheinungsformenzuergreifen.Ganz deutlich istdas indenRepliken des Autors undmancherFigurenzu erkennen. Ia, zahlreicheKapitelanfänge machendenEindruck kleinersoziologischerAbhandlungeniiberdieForshtes1

Die Vertreter derForshtes,mitwelchen sichdieSagaam meisten und, wie esscheint, aucham liebsten beschäftigt,gehörendemVictorianischen Zeit- alter an. Indieses fällt auchderHöhepunktdesGeschlechtes, doch fehlen nicht seine nochlebenden Glieder. Mit jederneuen Generation machendie Forshtes,fotreu sieihrereigentlichenStammnatur bleiben, eine neue Wandlungdurch.Aus demPächterwirdeinBaumeister,aus diesemein Händler,Anwalt usw.Aber dieSchilderung dieser äußerenMetamorphosen samtallen ihrenVariationen und Ausfällenwollte wenigbesagen ohnedie derinneren, an welchereben derDichter seine Lust findet. Nichts istin dieserpoetischen Soziologievergessen: Essen,Wohnung,Kleider,Manieren so wenigwiedas geheimeinnere Leben ihresKopfesundHerzens,ihr EthosundihrePshchologie.DerGrundngdesForshteismusistnun: Sinn fiir Besitz,wogegen ihnendieKraft abgeht, sich jemalseinerSachemitLeib und Seele hinzugeben.»EinForshte schautdieDingebompraktischenStand- punktan man möchtesagen,mitgesundemMenschenverstand." »Er weiß, was gut ist, weiß,was sicher ist,und sein Festhaltenam Besitz ganz gleich,obessichum Frauen, Häuser,Geld oderRuf handelt ist seine Zunftmarke." Insofernister derTypusdesEngländers.Gerade dieserUm- stand ist fiirdieBewertung derSaga als Zeitroman äußerstbedeutsam.

DieForshtessind »halbEngland,unddiebessere Hälfte,diegesicherteHälfte sogar,dieDrei-Prozent-Hälfte,dieausschlaggebendeHälfte.Esist ihr Reichtum undihreSicherheit,die alles möglichmachen;dieihre Kunst,dieLiteratur, Wissenschaft, selbst Religion möglichmachen· Ohne Forshtes, diean nichts

1Man lefe daraufhindas erste Kapiteldes zweitenBandes (»Jn Jesseln«) aus- merksam nach.

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3 l 0 Berusskunde

von diesen Dingen glauben, sieaber nutzbar machen,wo würden wiralle sein?... Die ForshtessinddieVermittler, dieGeschäftsleute,diePfeiler derGesellschaft,dieCcksteinederKonvention, alles was bewundernswert ist!"»Schlechtgerechnet sinddreiViertel unserer Akademiker, sieben Achtel unsererRomanschreiberund eingroßerTeil derPresseForshtes. Von der Wissenschaftkann ich nicht reden; aber sie sind großartiginderReligion vertreten; imUnterhausvielleicht zahlreicherals sonstwo."So sehr hängt derForshtevomBesitzab,daßerohne diesennahezu nichts ist.Galsworthh meint, ohne ihr »Gehäuse",d.h. ohne ihre äußerenLebensumstände,ihr Vermögen, ihreBekannten undFrauenwären sie überhauptnichtzuer- kennen,»ja, sind siegarnichtdenkbar. Darum zeigter wohlimRoman so vielvon diesemGehäuse,und diePlackereien, welchedieForshtesdamit haben, machenkeinenunwesentlichenTeilderDichtungaus. Dochbevorvon dieser selbstdieRede sein soli, muß erst nochder»Zauberberg«indie Be- trachtung einbezogen sein.

EinekleineZwischenbetrachtungsei hier eingeschaltet. Jemand wirstviel- leichtdieFrage auf, warum denn dieerwähnten Themendes»Volk ohne Raum« und der»Forshte Saga" nichteinfach abgehandelt werden; denn dieMöglichkeit,das eineineiner politischen,das andere ineiner sozio- logischenStudle durchzuführen,ist nichtzuleugnen. Wozu also Dichtung?

BeherrschtderAutor etwa diezu jeneranderen Form nötigeMethode nicht,oder was hält ihn sonstdavon ab?Ia, jeneDarstellungsformistihm ineinem hohenSinne versagt,wenn ersiegleichwirklich anzuwendenver- möchte: sie istdemDichter nichtgemäß.GleichvielwelcherArtdasErlebnis ist, sein Mittel, esFrüchte tragen zulassen, istdas Phantasiegebilde, die Dichtung.Erbegnügt sich nichtan dempersönlichenEindruck desErlebnisses, erklärt esnicht einseitig durchdenkritischenVerstand,aber er schafftesein zweites Mal, erorganisiertes um, erverdichtet eszueinerdauerhasten, bleibenden, demLebenverbundenen Erscheinung.Daraufkommtes an. Der Leser,dervielleicht demselben Stoffe, wenn er ihninWirklichkeit erlebte, hilflosoder voreingenommen gegenüberstände,inderDichtungvermag er ihnzuübersehen,Abstandzugewinnen,under findet auchdieBrückege- schlagen, ihnimInnerstenzuergreifen,wenn anders ernichtdasBuchals ein Surrogat desLebensverschlingt.Was aber derDichtungdenVorzug vor derwissenschaftlichenVerarbeitung gibt, istderUmstand, daß ihr Objekt von dergeistig-seelischenGanzheitdesLesers ergriffen wird,vonseinenSinnen sowohl,wie von seinemGemüte undVerstande, daßdieSeele auchim Unaussprechlichenbewegtund aufeineWeiseerschüttertwird, welcheeben überhauptnur imBereichederKunst möglichist. DaßdenLeser hierbei auch Gefahren bedrohen,darf freilich nicht übersehenwerden, undwir werden wohl gezwungen sein, auf diesen Umstand nocheinmal zurückzukommen.

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VolkohneRaum DieForshte Saga—-DerZauberberg 311

Vorläufigsoll diesekaursion dazu beitragen,den etwas verborgenen Zugangzum,,Zauberberg" auszuspüren.DerAutor ist äußerstvorsichtigin AndeutungeniiberdenSinn seiner Geschichte.Man kannsichdirekteigentlich nur ausden»Vorsatz"(Cinleitung)und dieSchlußbemerkungberusen.Es heißt: »Lebe wohl, Hans Castorp,des Lebens treuherzigesSorgenkind!

Deine Geschichte istaus ...siewar weder kurzweilig noch langweilig,es war eine hermetischeGeschichte.Wir haben sieerzähltumihretwillen, nicht deinethalben, dennduwarstsimpel." Demnach hättenwir denSinn der GeschichtenichtimHeldenzusuchen,derjagarkeinHeld ist.Oder was istan ihm,demgebildeten Durchschnittsmenschen,deralles harmlos findet, an demetwas seigenundduckmäuserischenZivilisten,deresaus seine Weise gleichwohl hinterden Ohren hat,an dieser lässigen,energielosen, beeinfluß- baren undbeinahehaltlosenFigur?Einen »Bildungsreisenden«nennt ihn derAutor oderaucheinen »ansprechendenjungen Mann"; und vermutlich wird erdemLeser noch weniger shmpathisch erscheinenals demErzeuger.

Kein bedeutender ZugzeichnetCastorpaus, weder zumPositiven, nochzum Negativen.Auch läßter sich nichtalscharakteristischerVertreter seinerKlasse oder desDeutschen ansprechen;er istes ja vielwenigeralsseinVetter Joachimoder derHosrat Behrens. Im GegenteilscheintdesDichtersAb- sichtdaraushinauszulausen,dasThpische tunlichst auszulöschen;denn er nimmt denjungenMenschenausseinem gegebenenLebenskreis heraus, isoliert ihnindieHöhe,ins Lungensanatorium,ausdenZauberberg, gleichsamin eineexperimentellgiinstigeSituation. Beachtetman zudemdie sortgeseizten Versuche,dieZeitbeiallenGelegenheitenzurelativieren, das Zeitmaß wenn esauchnicht auszuschalten geht bis zurUnwichtigkeitherabzudrücken, so läßt sichwohlerkennen,daßZeitund Ort des»Zauberberges"nurVer- suchserscheinungen sind.Und das will wohldie »hermetische"Geschichte besagen.

Das Problemselbst,um dasessichhierbei handelt,deutet dieEinleitung wenigstensan: »DiehochgradigeBerslossenheitunsererGeschichteriihrtdaher, daß sievor einergewissen,LebenundBewußtsein ties zerkliistendenWende undGrenzespielt...Sie spielt...inden altenTagen,derWelt vor dem Kriege,mit dessen Beginn sovieles begann,was zubeginnenwohlkaum schon aufgehörthat.«DerRoman schließtauchbezeichnenderweisemit einem Kriegsbilde. »Zudemkönnte essein, daßdieunsrige(Geschichte)mit dem Märchen auch sonst, ihrerinnerenRatur nach,daseineoderandre zuschassen hat.«Das kannnur heißen,daß nichtdas realeGeschehendas wichtigere indemRoman ist, sonderndas Bedeutungtragende,das shmbolische.Und so hättenwir es miteiner Geschichtezutun, die,obzwar wirklichesGe- schehen,iiberpersönlichenSinn undGehalt trägtunddiegeistigeSituation vor demKriegebetrifft.

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312 Berufskunde

Das Grunderlebnis ThomasManns, um es denbeiden anderen noch gegenüberzustellen,ist also geistigerNatur. Vielleichtentspranges derCr- schiitterung,als dieGeisterderVorkriegszeit sichindas blutige Schicksal verstricktsahen. JedenfallsträfederAbscheu,denjemandbeiderVorführung derunendlichenDetails aus derKrankengeschichteCastorps empfinden kann, nichtdasWesentlichedes »Zauberberges",vielmehr liegt dieser Technikdie freilichgewagteAbsichtdes Autors zugrunde,denLeserselbst gewissermaßen zuinfizierenund indas Stadium derKrankheitzubringen, ihnaus aller gewohnten Gebundenheitzulösen, ihnindiegleichehermetischeSituation zuversetzenwiedieHauptfigur, damit keinerlei Vorurteil am Verständnis derGeschehnissehindere.

Betrachtenwirnun den»Zauberberg"als shmbolischeDichtung, so sei auchgleich eingestanden, daßwir damit schwankendenBoden betreten. Die Deutung istdemLeseriiberlassen.Wer hindertihnan Mißverständnissen?

Wer scheidet ihmdas vermischteReale undShmbolischevoneinander? Wer zwingt ihn,das allein berechtigte MaßderDeutung einzuhalten?Bedenkt man indes, daßessich immerhinum einelebendigeGeschichte handelt, so wird man schließlichdenrechtenWegnichtbersehlen..Denn es kannun- möglichinderAbsichtdesDichters liegen, daßalles ausgedeutet werde, sondernes wird so sein, daßdieBedeutung, dieden Leserbeidieseroder jenerStelle derLektiire iiberkommt, inihmundnichtinallen Einzelheiten derHandlung weiterspinnt.In diesemSinne willauchdas Folgendenur als einVersuch gelten, ohne daßdensachlichenErgebnissenvielGewicht zukommen soll.

Indem ichdas Schicksaldes Helden,derkeiner ist, nocheinmal durch- aufe,undindem ich ihnerkenne als das wahre »SorgenkinddesLebens", ohne besonderen Inhalt und ohnebestimmteHaltung, inaktib und allen Einwirkungenzugänglich,erscheintmir inihmdas große passivePrinzipder Menschheit.EsgibtZahllose,dieman ebensogutanHans CastorpsStelle riickendiirste, wenngleich dieser siirdasExperiment,welchesderDichtermit ihm anstellt, individuell prädisponiert ist.Was Castorp wie die große geistig unselbständige,aber auch nichtgebundene Masse imVerlaufder Geschichte istodervielmehr wird, dringt mehrvon außeninihnalsaus ihmheraus. Er ist nichtderHerrseines Seins, sondern unterliegt der WirkungskraftstärkererGeister,und seineSeele stellt wiedieMensch- heit nur das Kampffeldvor. Die vier Vertreter der vier geistigen Mächte aber, dieum ihn ringenunddenen er imhermetischenundpäd- agogischenBezirkedes Zauberbergs, und zwar in summa, ausgeliefert ist,wie es seinesgleichenunter dengewöhnlichenLebensbedingungennie- mals geschehen könnte, sind:Madame Chauchat, Settembrini, Naphtaund Peeperkorn.

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