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Hefte für Büchereiwesen. Der Volksbibliothekar und die Bücherhalle, 12. Band, H. 2.

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Academic year: 2021

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Bezugsbedingungen

Preis des Jahrganges,6Hekte imUmfangevon 21Bogen,6GoldmarlczEinzel- heite l.50"Goldme·rlc. Mitgliederder DeutschenZentralstelle iür volkstümliches Büchereiwesen und ihrer Unterverbände sowie derPreuizischen Volksbücherei- vereinigungerhalten dieZeitschrift unentgeltlich.DieMitgliederdesVerbandes DeutscherVolksbibliothelcare sowie die Mitgliederder derZentralstelle ange- schlossenen Landesvolksbildungsorganisationen erhalten beiBezugdurch Ver-

mittlungihrer Verbändebedeutende Ermäöigungen ,-

.

Sitz Ze-Detlages:sWien,t.Bezirk,Schwarzenbergstraßes—

Sitz. det-Sch·tiftieltung:LeipzigNsez Richterstkaße8

,-

Jnhalt diesesHeftes

Beruksicundec MalzundOrdnung. Wesen undstellung desBauerirtums im

·Voll(saukbau—-—Über-dieGruppierungdererzählenden Literatur —- DieWelt um Deutschland-.Einpolitisch-geographisehes Bücherverzeichnisüberdieauser- deutsche staatenwelt. sBücherlcunde-·- Romane, Erzählungen,Lebensbilder —- NorddeutscheErzähle-r BalladeundLied—- Weltpolitisehe Literatur für kleine undmittlereBüchereien. Berichte-,-Mitte-ilungen: Unsere fehrbare Bücherei ander)saar stadtbücherei Plauen ———ZumBesprechungen-Wen der,,Hei'te«·«——

staatsprüiung—- LehrgängeH-Neuerscheinungen u.a..-

Hilfsmittel für den Bestandsaukbau

sscHGNE LlTERATUR.ROMANEUND ERZÅHLUNGEN. Katalogder stach- bücherei Hageni.WestLJZugleich einHilfsmittel fürden Bestandsaukbau der volkstümlichen Büchereien. Bearbeitet vonDr.Rudolf Angeln-nd Herausgegeben von«·der«BeratungsstelleMit PreissehlüsseLfür das öffentliche125Büchereiwesensinseiten.Preis RMder-Provin«-"Westfalen.,L—

DIE WELTUM DEUTSCHLAND.EinVerzeichnis der»wichtigtenLiteratur aus den Gebieten derGeog"raphie,Wirtschafts- und sozialwissenschakten zum Ver- ständnis der,-weltpolitischen Fragender Gegenwart-und der jüngstenVer- gangenheit-. Mit einführendenVorbemerkungen;zu denxHauptabsehnitten und ausführlichen Varalrteristiicender.einzelnenWerke.Bearbeitet inVerbindung- ,.-mit anderen von»Dr. ZPeter-Langend·ork. Herausgegeben von der Deutschen

Zentralstelle DeutschesVolksbibliographiey 136Seiten. PreisRM2.-—

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DEUTSCHLANUDEUTSCHES LAND UNDVOLK. EinVerzeichnisder Literatur über Deutschland alsGanzes, dasdeutsche Volle,·diesdeutschen Landschaften undihre schönheiten. Bearbeitet von Dr.Gustav Dröscher. Herausgegebenvon der« Deutschen Zentralstelle. Deutsche Volksbibliographie).lMDRUCKZIIdrin-

gendenFällenkönnen Druekkahnen lleihweiseabgegebenwerden.

VeilstckttdigessVerzeichnisdersteutsehen" "Pollcsbibliegmphie,-x«i«·smitteiji«-rden

« Bestandsaujtmu«sur-berechnet' DEUTSCHE ZENTRALSTELLEFORVoLKsTcIMLchEs BUCHEREIWESENLEIPZlG "22 RIGHTERSTRASSE8

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Hefte fiir Büchereiwesen

Mitteilungen

derDeutschenZentralstellefiirvolkstümlichesBächereiwesen Schriftleitung: Hans Hofmann

12.Band Heft2

Berufskunde Maßund Ordnung

Wesen und Stellung des Bauerntums imVolksaufbau Vorbemertung:Imfolgenden veröffentlichenwireinenVortrag,denDr.Georg Koch, Bibliothekaran der-UniversitätsbibliothekGießen,imOktober 1927 ineinem FreundeskreisderStädtischenBücherhallenzuLeipzigundderDeutschen Zentralstelle gehalten hat.DerVortrag ist auchin denHessischenBlätternfiir Volkskunde,XXVL Jahr- gang, zumAbdruckgelangt.Wirverweisenbeidieser Gelegenheit zugleich auf einige andere,inderÜbersichtam Schluß verzeichneteArbeiten des Verfassers.Seine ge- sammeltenAufsäizezurVolksbildungsfragewerdendemnächstunter demTitel »Der Volkshochschulgedanke«imNeuwerk-VeriagzuKassel erscheinen. DieSchriftleitung

I.

EineErscheinungwie das Bauerntum können wirnur dann tieferzu verstehen hoffen,wenn wiruns von vornhereindaraus einrichten, daßwir es beiihmnichtmiteinereinheitlichen, sondernmiteinerzusammengesetztem aus verschiedenen seelischenElementen zusammengewachsenen Größezu tun haben.Das Bauerntum gleichteinem StiickErdoberfiäche,ausdemdie Jahrhunderte und JahrtausendeihreSchichtenabgelagert haben,nur daß beiihm nicht bloßdieoberste, sondernalleSchichtenheute nochirgendwie lebendig sindundihre besonderen Kräfteregen. AuchdasBauerntum ist tein ausgekliigeltBuch, sondern ist Menschentummit seinemWiderspruch.

Von derbäuerlichenSeele inihren verschiedenenSchichtenundLagerungen wollen wirunsein Bildzumachen suchen,indemwirnachdemtieferenSinn von MaßundOrdnungimbäuerlichenSeelenleben undnachdem Wandel diesesSinnes durchdieZeiten fragen.

Schiller unterscheidetinseinerbekannten Abhandlungden»naiven" und den,,sentimentalischen"Menschen.Wir können von dieser Unterscheidung ausgehen, tun dann abergut, fiir unseren besonderenZweckdieeinfache

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74 Berufskunde

Zweiteilungzuerweitern, indem wir, durchausimSinne ihresUrhebers, nochdendritten Begriffdes »reflektierten"Menscheneinführen.Wenn wir- imitHerbarh die,,Reflexion" verstehen diirfenals »dieZurückbeugungdes Gedankenlaufes aufeinen bestimmtenPunkt", sokönnenwir, je nachdem dieserPunktinnerhalboderaußerhalbdesBewußtseins liegt, unterscheiden zwischendem insich selbstund demaufdieAußenweltreflektierten,dem ideal unddemrealreflektiertenMenschen.Der ideal reflektierte ist nichts anderes als Schillers»sentimentalischer"Mensch.Den ihm gegenüber- gestellten ,,naiven" können wir alsdenunreflektiertenMenschen bezeichnen.

Wodurchunterscheiden sichnun diesebeiden oder diesedreiMenschen- arten? Wir antworten vorläufigkurz:durch ihreStellungzumGegebenen.

Dem unreflektierten,naiven MenschenfindIchundWelt einfacheGegeben- heiten,dieer hinnimmt,wiesie sind,alsimwesentlichen fertige Größen.

Dem reflektierten Menschen sind sie nichtBegebenheiten,sondern Auf- gegebenheiten.Dem realreflektierten vistdieAußenwelt,dem ideal reflek- tierten dieInnenwelt desIchAufgabe.Welt undIchsind ihnen nicht etwas, dasman hinnimmt,wieesist, sondernetwas Unfertiges,durchden Menschen erst nochzuGestaltendes Wir pflegenes soauszudrücken:Der- unrefiektierte,naive MenschistderMenschder»Natu»r",der reflektierte beider GattungenistderMenschder»Kultur" (Schiller:,,Kunst"),inder er dieNatur stetigiibersichselbst hinaus zusteigern beflissen ist. In Faustunddemunberiihrten Gretchen stehenbeideMenschenarteninziemlich reiner Ausprägungnebeneinander.

Wir habenmit diefer kurzandeutenden Unterscheidungnun denBegriff gewonnen, aufdenunsere Betrachtung sichgriinden muß:derunreflektierte, unmittelbar aus derNatur lebende, naive MenschistderMenschdes

»Volkstums«.UmdasBauerntum zuverstehen, miissenwirjazunächstden Sinn desVolkstums verstehen.Nichtals obBauerntum ohneweiteres Volkstum imangedeutetenSinne wäretNein,imBauerntum allerZeiten ruhen Elemente, die demWesendesVolkstums imSinne desNaiven geradezu entgegengesetztfindund aufdiewirnochzusprechenkommen.

Wir können deshalbnichtsagen,daßBauerntum Volkstum sei, sondern höchstens,daßimBauerntum Volkstum enthaltenfei.Und unsereFrage wirdzunächsteben diesein,obund worin unser heutiges deutschesBauern- tum nochdie Art echten Volkstums, d.h.naiven Menschentumsiman--

gedeutetenSinne insich darstelle. ·

Schillerbezeichnetals reinsteAusprägungdes naiven Menschenden MenschendesklasfischenAltertums. Wirbrauchen hier nicht danachzufragen, wieweit diesesUrteilinseinerAllgemeinheitetwa vor heutiger Gefchichts- betrachtungnochbesteht.UnsbeschäftigtnichtdieFrage derAltertums- wiffenfchaft, sondernlediglichdas Bild, das mitHilfe des Altertumsein-

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MaßundOrdnung 75

GeistwieSchilleruns vom naiven Menschen zeichnet.DerGriecheist ihm das Urbild desnaiven Menschendurch seineunreflektierteRatürlichkeit,seine Verbundenheitmitder Ratur als deminund außerdemMenscheneinfach Gegebenen.Diese kindlicheRaturverbundenheitzeigtsichinjenerRuheder inneren undäußerenHaltung,diewirnoch heutealsdaseigentlichKlassische empfinden. Der reflektierteMenschistderMenschderUnruhe.Der ideal Reflettierteist so tief erfülltvondem Bilde nicht des,das er ist, sondern des,daser werden soll, daß sein innerstesDenken immer wieder über die Gegenwarthinausdrängtindieerhoffte,die zuerringende bessereZukunft.

Diese stete Ausschau aber, dieses DrängenundSehnenversetztsein Inneres ineinen nur vorübergehendunterbrochenenZustandderHUnruhe.»Es ist·

nochnicht erschienen,was wirseinwerden." Der realReflettierte iftähnlich erfülltvon. demBilde seinerrealenWelt, nichtwiesieist, sondernwiesie unter seinen Händenwerden soll;das Ergebnis istdiegleiche,wenn auch- anders gerichteteinnereUnruhe.Der idealReflektierte sieht sichundseines-·

gleichen,der realReflektierte siehtdie dinglicheUmwelt unfertig,beider- Blick geht unbegrenztüber das Gegebenehinaus.Anders der Grieche.

Sein Auge, seine Haltung, seineBewegungenverraten innere Ruheund inneres Maß.Seine Götter- undSiegerstatuen drängennicht nachun-- erreichbarenSternen.Richtals obder Sturm derLeidenschaftseinem Wesen fremd wäre,aber ererlebt und begreiftdieTiefe seines Wesens nichtinder- Leidenschaft,sonderninRuheund Maß.

Im deutschenBauerntum liegteinStückGriechentum,weilundsoweit- inihm dasselbeinnere Maß liegtund weildiesesMaßaus dergleichen Quelle fließtwie dort: aus derRuheeiner nicht vorwärtsdrängenden,.

sondernim gegenwärtigGegebenen besriedetenSeele. Das zeigt sichin jenemeigenartig bäuerlichenSelbstgefühl,demdas eigeneIchwesentlichnur alsfertiges, abgeschlossenesGanzeszumBewußtseinkommt. Nichts berührt- imallgemeinen dieses Selbstgefühl,wo es noch ungebrochen ist, fremder alsetwa das Pauluswort vom »immervölligerwerden« oder dasLuther- wort von demChristen,der »im Werden stehe, nichtimWordensein".

SolcheWorte seheneine innere Spannung des seelischenWesens, eine seelischeUnruhevoraus, diederBauer imallgemeinen so wenigkennt wie.

derGriecheklassischerPrägung.Beide sindinsich befriedetwie· dasKind, ldasam FeldrainBlumen pflücktund dasinkeinerWeiseüber dieGegen- wart seinerBlumen hinaussieht,das in der einfachenGegebenheitder Stunde lebt. So istBauerntum wieGriechentumbefriedetinsich selbst.

Es kennt keine Faustmonologe.Seiner Art entsprecheneherdieReden homerischerHeldeninihrernaiv geschlossenenSelbstsicherheit.Der typische Bauer fühltsichalsfertiges Ganzes, vielleichtnichtfehlerlos,aber abge-- schlossen.ImWerden siehter nur seine unmündigenKinder. Hinterdiesem

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76 Berufstunde

Selbstgefühl stehtdieunerschütterte,die»tlassische"Ruhedesinnerlich nicht zerrissenen, nicht gespanntenBewußtseins.Es ist dieselbeRuhe, dieden typischenBauer nüchtern stehen läßtmitten zwischen Wogen ethischer Begeisterung Diese Begeisterung strömt jaaus einerSpannungzwischen GegebenheitundIdeal, Ratur undGeist,die imallgemeinen außerhalb seinesEriebniskreises liegt.EshießemitfalschemMaße messen,wollte man solcheRüchternheitohneweiteres Kälte nennen. DerMenschdesVolks- tums berfügtüberGefühlswärmewiederMenschmoderner Geistigteit,nur isteseineandere als diedesIdealismus, esistdieelementare, dieun- mittelbar derRatur entstrümende.Es ist nichtdas lodernde Feuerdes begeisterten Liedes,sondern jenes stillere,wie es etwa imunmittelbaren MitgesühlmitLeiden sich äußert.

Diesesinnere Maß,wieesinderRuhederSeele gründet, offenbart sich auchinjener Gemessenheit,dieschondasäußereBild derDorfstraße soaussallend unterscheidetbon dem derStraßein derStadt. Auchder Bauersmann, der dortgemessen schreitet,kennt natürlich so gutwieder GriechedieLeidenschaft,denSturm derSinne. Aberso wenigwiejener wird erjemals, wieso oftdermoderne Gebildete, dieMaßlosigkeitdieses Sturmes preisen.Lobenwird erstetsnur MaßundGemessenheit.Es würde zuweitführen,wollten wirhier aufCinzelbelegeeingehen. L’Houetwidmet ihneninseiner,,PshchologiedesBauerntums" zweiganze Kapitel.Man könnte mit ihneneinBuchfüllen,etwa unter demLeitwort: ,,Zu wenig undzuVielverderben alleSpiel".

Hierabermüssenwiruns nocheinerbesonderenAusprägungdesMaß- gedantenszuwenden,diedasBauerntum nocheinmal ganzengmit dem Griechentumberbindet. Es istdiePlastik,dieGestalthaftigteitderVor- steilungsweise.DerreflektierteMensch siehtals solcherdieDingeimRaum nichtrein gestalthaft,nichtin ihren sinnlichrealen GrenzenundMaßen, sondernimLichtedes Allgemeinbegriffs,derAbstrattiom derideal reflek- tierte imLichtedes, was sie fürdas Reichdes Wahren, Guten und Schönen,derrealreflektierteimLichte des, was sie für seine Plänebe- deuten. Beide sehengleichsam durchdieLeiblichteit derDingehindurch, ihr Blickfindetkeinen Widerstandan derOberfläche.Der Gedanke verschlingt dieGestalt.Anders dernaibe Mensch.Sein Blickhaftet aufdenDingen, wie siesind,inihrerbollen sinnlichenGegebenheit.So siehtdas Bauern- tum dieDingeundMenschen gestalthaft.Seine Spracheist heute noch gefülltmitBildern. Auchdieallgemeine Wahrheitfindetinbäuerlichen SprichwdrternundRedensarten ihren bildhaften, plastischenAusdruck.Seine BeweiseführtderrechteBauer nichtmitallgemeinenAbleitungen, sondern mitdemsinnlichanschaulichenCinzelbeispietDas gesellschaftliche,dasreligiöse, das RechtslebendesDorfeswar undist weithin noch heutedurchsethoon

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MaßundOrdnung -lOxl

einerFälle bildkräftigerShmbole.Ia,bisindieinnerstensittlichenAntriebe hineinwirkt dieKraftderplastischenSchau.In Gotthelfs ,,UliderKnecht«

will dieBäuerin ihrenMann zumFleißantreiben. Sie tut esnichtmit allgemeinen Crmahnungen,sondernmit demplastischen Hinweis auf solche, diees verkehrt machen. »Sie wisse Leute,die nicht fertig würden,und wenn derHerbstbisFasnachtdauern würde. Die meinten, es seieine- Siinde,wennsie nichtetwas den ganzen Winter draußen ließen,Kartoffeln, Rüben, Riibli,oder solltenesnur dieBohnenstecken sein."Der Blickauf dasplastischeBild derFaulenbedeutet stärksteninneren Antrieb. So kann man geradezu sagen, daßdieethischeHaltungdesBauerntums ganz start getragenistvon einem ästhetischenElement, ganz imSinne von Schillers

»Briefeniiber dieästhetischeErziehung des«Menschen".Der oberhessische Bauer wenigstenswird sehr oft seineMißbilligungausdrücken nichtindem unmittelbar ethischenUrteil Doas eas nit räxy sondernindemästhetisch- ethischenDoas hotka«Onseh", doas hot kanGart,doas stjtt nir. Auch.

der kategorischeImperativ wird ihmerst recht lebendigim ästhetischen Element derplastischen Anschauung.

Wir könnenauch hier nicht ausdieMengederCinzelbeziehungenein- gehen.Eskommt uns sa nicht sosehr aufdas einzelnean alsaufdasim einzelnen sich äußerndeGesetz, aufdasihmzugrunde liegendeUrphänomen menschlicherWesensart und seine richtige Einordnungin das Ganzeder Erscheinung.Das Urphänomenaber ist hierdernaive Menschineiner be- stimmtenSeite seines Wesens,wiesiedenheutigenBauer alter Artganz dichtneben denGriechenSchillersstellt, dessenweitgeschichtlicheBedeutung jabisauf diesenTagmitseinem Maßgedankenaufs innigste verknüpft, ja ohne ihn nichtdenkbar ist.Esist dieser Maßgedanke,derineinerGeschichte

von Jahrtausendensich auseinandersehtmitdemGedanken desUnendlichen undGrenzenlosen, schonimGriechentum selber, später durchdiemannig- faltigen geschichtlichenFormenvon ScholastikundMystik hindurchbisauf denGegensatzvonKlassikundRomantik, wieerdasneunzehnteJahrhundert einleitet undwieer heutewieder neu ausgelebt istund inirgendwelcher Gestalt lebendigbleiben wird bis ans Ende derTage.Das Bauerntum aber gehörtindieser Auseinanderseizungals Ganzes durchausaufdie Seite derKlassikund derScholastikund des Maßes.Undes wird auf dieser Seite desGegensatzes,der ja innerhalbdesMenschenwesenseinpolarer, notwendiger ist, seineweltgeschichtlicheAufgabezuerfüllen haben wie, in ideellererSphäre,das klassischeGriechentumdieseine, eineAufgabe,nicht minderbedeutsamalsdie,deraufder andernSeite der»faustische"Bildungs- gedanke sichzugewandthatundinderenDienstderGebildete unserer Zeit sichnur allzugern als denalleinigenTrägerallerMenschenbildungfiihlt Undgibt.

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7 8 Berufskuade

2f

Der naibe Mensch,so sahen wir, unterscheidet sichbom reflektierten dadurch, daß Ichund.Welt ihm einfache Gegebenheiten sind,dieer hin- nimmt, wiesie sind,alsimwesentlichenfertige Größen.Was das fürdas Ich-GefühldesBauern alter Art alsMenschendesVolkstums bedeutet, habenwiruns anschaulichzumachengesucht.Was bedeutet es, so muß unsere zweiteFragelauten, für seinWeltgefüth

Der moderne,reflektierteMenschsiehtdas GanzederWelt, inihrem kosmischenwie sozialen Sinne, niemals als bloßeGegebenheit,sondern immer zugleichalsAufgabe.Seine Gedanken sind darauf gerichtet,wieer die Welt undihre Kräftebeherrschenunddurch Beherrschung steigernkönne.

UrsprünglichesVolkstum, wie es auchimBauerntum weiterlebt, bedeutet auchhierwieder das genaue Gegenteildes modernen Menschen.Ihm ist dieWeltordnungdieüberragende,ehrfurchtgebietende, fertig gegebene Groß- wirklichkeitdesLebens. Ihr gegenüberkann es die dreisteHaltungdes AngreifersundBezwingersüberhauptnichtgeben. Ihrgegenübergibtes nur diebescheideneHaltungeines folgsamenSicheinordnens.

Ich habe früherals dieführendeKraft aufdemGrunde derbäuer- lichenSeele dieOrdnungsidee bezeichnet1. Heute möchte ich diesenSatz etwas genauer fassen.DieOrdnungsidee scheintmirheute grundlegend nicht erstimBauerntum, sonderninallem ursprünglichenVolkstum, auchdem borbäuerlichen.Sie hatnur, wiewirspätersehen werden, imBauerntum nocheinmal einebesondereAusprägungerfahren.Die überragendeMacht des Ordnungsgedankensaber,muß schondem naiben Menschen,nochab- gesehenbon allem Ackerbau, ganz bon selbstsich aufdrängen.Daßein Ganzes-,seiesdasderNatur oder das dermenschlichenGemeinschaft,nur inOrdnungbestehenkann, gehörtzu denelementarsten Erfahrungendes Menschenlebens,gehört man könntesagen:zurUroffenbarungderMensch- heit.So istesauchUroffenbarung,daßdas ineinsolchesGanzes hinein- gestelltelebendige Einzelweseninihmnur bestehenkann beiwilligerCin- ordnungseiner selbstindas irgendwiegeordneteGanze. In diesergeord- neten Welt istdermenschlicheOrdnungsgedankeeinfacheineAuswirtung des Selbsterhaltungstriebes.

UndnocheinZweites möchteichinderDrdnungsidee,wiesie auchdas Bauerntum beherrscht, heutegenauer fassen.DerOrdnungsgedankescheint mir,bom Menschenher gesehen, heute nicht mehreineeinfacheGrößebor- zustellen,sonderninsich selbstzweiStufenzuenthalten: eineältereStufe, deraufSeite desMenschenCinordnung,undeinejüngere,deraufSeite desMenschen Unterordnung entspricht.AlsEinordnung bezeichne ichdabei

1Bauerntultur (HessischeBlätter für Volkstunde,Bd.XXllI,1924).

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MaßundOrdnung 79

allesfreieundselbstverständliche,weilaus derLagenatiirlichsich ergebende EingehenausdieOrdnungdes Ganzen,jenesEingehenschonaus dem bloßenTrieb derSelbsterhaltung heraus.DerMensch,dem eseinesTages einsiele,derWeltordnung etwa damit Trotzzubieten, daßer am Tage schlieseundbeiNachtseinenAcker baute oder Beeren suchte,wiirdeja durch dieErfahrungbald genug zurEinordnungindieOrdnungdes Ganzen zurückgesiihrtwerden.

Das Bezeichnendein derBeziehungdesHMenschenzum Ganzender Welt unddesLebens, die wirEinordnungnennen, scheintmir nun darin zuliegen, daß hier zwei Wesen,eingroßesund einkleines, ineinVer- hältnis zueinandertreten, deren jedesinseinenwesentlichenBestimmungen sertigundunveränderlichgegeben istund dienur durchdiesachlicheNot- wendigkeit, daßdieOrdnunggewahrt werde, aneinander interessiert sind.

Wir dachten jazumEingangdergrundlegenden BedeutungderGegebenheit siirdennaiven Menschen.Weder dieWelt nochdereinzelnewird inirgend einerWeisealsAusgabe gesehen.DaßdasGegebene geachtet, daßdiedas Gegebene sichernde Ordnung gewahrtwerde, darausallein kommt es an.

Rechtlebenheißt,indiebestehendeOrdnungdesGegebenen,destosmischen

«wie dessozialenGanzen, recht sicheinordnen. Wasdassosicheinordnende Weseninsich trägtund innerlichdarstellt,seinenseelischenGehalt, sein Gesählslebenoder wiewir’snennen wollen, isteinePrivatsache,diemit demgroßenGrundgesetzdesDaseins wenigstensunmittelbar nichtszutun hat. Der recht beschaffeneMenschist nichtderMenschbestimmterinnerer Qualitäten, sondernderindieOrdnungdesGanzensichwilligeinsiigende, der,,ordentliche" Mensch.

WirkönnendieseUrschichtderOrdnungsideeim Gedanken derEinordnung ineinem hier ungebrochenbolkstiimlichgebliebenenBauerntum noch sehr deutlich wahrnehmen. Sie wird iiberall dortsichtbar,wo,auchbeiernster Lebensrichtung,dieJnnerlichteitdespersönlichenGewissensalsletzterNorm mehroder weniger bewußtabgelehntwird. Man könntehier,inengem ZusammenhangmitdemGedanken desMaßes,boneinem naibVolkstämlichen Urgedankendes »ethischenSpielraums«sprechen.Woes beidersittlichen Entschließunggrundsätzlichnicht ausdieInnerlichkeitdeseinzelnen ankommt, sonderngleichsamnur aus seineordnungsgemäßrichtige StellungimRaum, seinerichtigeEinordnungindasGanze,damit das Ganzeund durchdas Ganzedann auchwieder dereinzelnenichtSchadenleide,dabrauchtdie Einordnung natürlichnur soweit zugehen,alsesderBestanddesGanzen unbedingterfordert,daistdersreien Bewegungdeseinzelnenweit größerer Spielraum gelassenalsdort, wo dieserdieKompaßnadelseines Wegesin dereignenBrustträgtundwo schoneinegeringeAbweichungvom Wege, aucheinesolche,diedieOrdnungdesGanzennichtunmittelbar stört,den

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80 Berusskunde

ZeigerinUnruheversetzt.Weder das Naturganze nochdas soziale Ganze nehmen ja Schaden durcheinekleineAbweichungetwa vom Wegderstrengen WahrhaftigkeitoderEhrlichkeit,die imsichtbarenLebenkeineweiteren Folgen nachsich zieht. »Es schadet ja nichts!"

ImBereich diesernaiven Einordnungsethikwird,was andere Gewissen- haftigkeitnennen, leichtals Kleinlichkeit,alsPedanterie empfunden.Den ethischenIdealisten, denbewußten Christen regiertdiesittlicheNorm oder dasGewissenvon innenher,gleichsamzentralistisch-absolutistisch;denMenschen derbloßenCinordnung regiert von außen herdieIdeedesGanzen,undsie regiert liberal, sie läßtdemBelieben des einzelnen Spielraum, wenn nur dieOrdnungsgrundlagedesGanzengeachtetbleibt. So kann es fiirden Pfarreroder LehrerimDorfeeinhohesLobsein,wenn er als»liberaler"

Mann gepriesenwird. Als liberalwirdman so auchdenkirchlichAitgläubigen oder politischKonservativenrühmen,wenn er, beipersönlicherGüte,esmit demLebenderseinerFürsorgeAnvertrauten nichtallzugenau nimmt,wenn er sich nichtin zu vieleDingehineinmischt,wenn er Spielraumzulassen weiß. »Das isteinrechter Mann", so hörte ichimWirtshaus an der Land- straßeeinenGastdenPfarrerseinesDorfes loben, »der predigt seinEvan- geliumund läßtWelt Welt sein".Es hätte auch heißenkönnen: »ein liberaler Manni«

Ia, wenn mit Ordnungund Cinordnungnur dieWiirde desGanzen sichergestelltist,dann kann ein Verzichtauf jenen ethischen Spielraumum desGewissenswillen unterUmständennicht bloßePedanterie, sonderneinen bedenklichenHochmutverraten. Man möchtedannbesser seinals dieandern, ja besserals derWille des Ganzenselbst,dersich seinerseitsmit unserer willigen Cinordnungin das Gesamtgesiige javöllig zufriedengibt.Nicht nur derDorfgeist,auchder inmanchem ähnlichnaive GeistderFabrik erträgtja oftnur widerstrebenddas Cinzelgewifsemdas sichiiber die OrdnungdesGanzenhinausinreinerInnerlichkeitgebunden fiihltund den

»Spielraum"ablehnt.Eswäre einallzu bequemesVerfahren,wollten wir diesebekannte Erscheinungals»Mißgui1st"oderdergleichenkurzerhandmora- lisierend abtun; auf ihremGrunde ruhteineWelt- undLebensbetrachtung, ruht jeneEthikoderReligionderEinordnung,derLebensgestaltungnicht von derInnerlichkeitdesEinzelmenschemsondernallein vom Gesetzdes GanzeninderOrdnungaus.

DochLiberalismus ist nichtAnarchie.AllerSpielraumhat seineGrenze.

DieseGrenzeaber imeinzelnenFallemitdemrichtigenTakt abzuschälzen, bleibt nun dochdemeinzelnen überlassen,demmaßgeiibteneinzelnen, dessen wirbereits gedachten.Undesist aufdemBoden dieserBetrachtungdas ZeichenderReife,bei dergefiihlsmäßigenFestsetzungdieserGrenzeinjedem einzelnenFalle»ab-und zutun"zu können,das rechteAugenmaßzu.

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