BEHAGE ZUM'BAUMEISTER*
O K T . 19 3 6 • M O N A T S H E F T E F Ü R B A U K U L T U R U N D B A U P R A X I S • H E F T 10
D IE F R A N K F U R T E R A LTSTA D T — ABBAU O D ER SIC H E R U N G ?
D A S F Ü R U N D W I D E R D E S S A N I E R U N G S P L A N E S Von A lfo n s P aquet
Vorwort der S ch riftleitu n g : D ie P r a x is der A ltsta d tsa n ie r u n g u m fa ß t au ch das E ch o b eg in n en d er M aßnahm en größeren S tils beim P u b lik u m u n d ihre v o ra u ssch a u en d e B erü ck sich tig u n g durch die p lan en d e S te lle . W ir g eb en zw ei A u fsä tze w ied er, w elch e in d ie
sem S in n e lehrreich sin d .
5 ,4 M illion en M ark sin d im J u li ds. J a h res für b a u lich e M aß
n a h m en an der F ran k fu rter A lts ta d t b e w illig t w ord en . D ie A r
b e ite n w erd en b ald b eg in n en , die S p itzh a ck e b e k o m m t das W ort.
N ic h t je d e s J a h r s te h t ein solch er B etra g zur V erfü gu n g, um an ein em N e tz w e r k a lter G assen K orrek tu ren v o rzu n eh m en . F ra n k fu rt, j e t z t ta u sen d jä h rig , is t an ein em der w ic h tig ste n S tra ß en k reu ze E u rop as e n tsta n d e n u n d in n erh alb d es le tz te n J a h rh u n d erts au s ein er S ta d t v o n fü n fz ig ta u se n d E in w oh n ern zu ein er G ro ß sta d t g ew ord en , die im m erh in an E in w o h n erza h l u n d G eb ietsu m fa n g n ic h t k lein er is t a ls das h e u tig e S to ck h o lm . D a ß F ra n k fu rt Z u k u n ft h a t, s ie h t m a n d e u tlic h in u n seren T a g en , w o sich die R e ic h sa u to b a h n e n in u n m ittelb a rer N ä h e d es S ta d tg e b ie te s k reu zen . A ls ein w ich tig er P u n k t im N e tz des E isen b a h n v erk eh rs, d es A u to str a ß e n n e tz e s u n d der F lu g lin ien is t F ran k fu rt im B egriff, sich zu ein em V erk eh rsstern erster G röße zu en tw ick eln . D ie in v o lle r E n tw ic k lu n g b efin d lich e G ro ß sta d t is t aber n u n im B egriff, zu m sied lu n g sm ä ß ig en A n
h an g ein es m od ern en V erk eh rszen tru m s zu w erden, die N eig u n g z e ig t, sich v o m n örd lich en U fer d es M ains in sü d lich er R ich tu n g zu verlagern . J a h rzeh n tela n g d eh n te sich die S ta d t gleich m äß ig n ach a lle n H im m elsrich tu n g en aus.
D a sp ie lt n u n d ie A lts ta d t k ein e seh r große R o lle m ehr. Ihre früher le ic h t ü b ersch au b aren F u n k tio n en sind an die zah lreich en L eistu n g en der G ro ß sta d t ü b ergegan gen . E in T e il der V erkehrs
strö m e fließ t zw ar noch im m er in d ie S ta d t, aber ein großer T eil wrird u m sie h e r u m g e le ite t, er b erü h rt sie nur n och in T a n g en ten . D en n o ch b ie te t die gan z zur In n e n s ta d t gew ord en e A lts ta d t k ein esw eg s das le b lo se B ild einer in ihren K o n tu ren erstarrten n och m itte la lte r lic h e n K le in s ta d t im H erzen der G roß stad t. W er in F ran k fu rt a u fg ew a ch sen is t, der w eiß , w ie an zieh en d , wrie a n h eim eln d u n d w ie au fregen d leb en d ig m an ch m al d iese A lts ta d t is t , v ie l leb en d ig er als die m e iste n übrigen S ta d tte ile . A ndere S tä d te , d ie eb en so a lt sin d w ie F ran k fu rt oder noch ä lter, selb st N ü rn b erg, L ü b eck , B rau n sch w eig oder B rü ssel, h ab en dieser
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A lts ta d t n ic h ts an die S e ite zu se tz e n . D ie gan ze W e lt k en n t ihre drei w ic h tig ste n G eb äu d e: den D o m , d en R öm er und das H a u s am G roßen H irsch grab en .
A n dem so lid e n k rä ftig en S ta d tk ern v o n F ra n k fu rt is t se it ä lte s te n Z eiten im m er g eä n d ert, g e b a u t und g eb essert w ord en . Man sieh t es n ic h t a u f den ersten B lic k , so ein h eitlich w irk t n och h e u te das G anze. E s geh ören sch on K en n er d azu , u m die za h l
reichen V erän d eru n gen fe s tz u ste lle n . D en n w as an U m b a u ten g esch a h , gin g fa s t u n m erk lich , g ew isserm a ß en g leiten d v o r sich.
E tw a so , daß ein H a u s in der eig en tü m lich en g ep reß ten , in S to ck w erk en un d Ü b erh än gen em p orgetricb en en g o tisc h e n B a u art, w ie es anders in n erh alb der en gen S ta d tg ren zen gar n ic h t denkbar w ar, a llm äh lich im S tile d es B arock ern eu ert, sp äter v ie lle ic h t durch ein G ebäude im E m p ir e stil er se tz t u n d noch ein m a l sp ä ter in k la ssizistisch em G esch m ack u m g eb a u t w urde.
Z u le tz t w u rd e es w o m ö g lich noch durch H era u sn eh m en der E rd g esch o ß w o h n u n g in ein L ad en h au s v e r w a n d e lt u n d t u t in dieser G e sta lt n och j e t z t sein en D ie n st. E in zeln e H ä u ser sind F ach w erk b a u ten g eb lieh en w ie im A n fa n g , wrir h a b en dafür ein paar sch ön e B eisp iele in ein em k lein en U m k reis, der gerade j e t z t v o n A b b ru ch p lä n en u n m ittelb a r b ed ro h t is t , das an der B eth m a n n stra ß e g eleg e n e alte H a u s „Z u m IL eyd en tan tz“ und die in der N ä h e v e r ste c k te n H ä u ser h in ter der T orein fah rt zum G roßen Speicher.
N ic h t ü b era ll kam es zu so sch m erzlich en Z erstöru n gen alter g esch lo ssen er S traß en zü ge w ie an der Z eil oder am G roßen H irsch grab en , der h e u te d en B esu ch ern d es G o eth eh a u ses ein ziem lich en ttä u sc h e n d e s B ild b ie t e t, w en n auch der E in gan g zur W eiß a d lerg a sse u n d das a lte N a ch b a rh a u s zum O ch sen stein n o ch ein igerm aß en v e r m u te n la ssen , w ie es früher w ar. W e n ig ste n s die F lu c h tlin ie d ieser S traß en zü ge b lieb u n v erä n d ert, durch das H ö h erw erd en der F irstlin ie e n ts ta n d freilich ein un ru h iges und d ennoch la n g w eilig es S traß en b ild . D ie großen D u rch b rü ch e, die O berbürgerm eister A d ick es in d en n eu n ziger Jah ren des vo rig en J a h rh u n d erts v o rn eh m en ließ , w aren d ie ersten E ingriffe in die A lts ta d t, d ie als rev o lu tio n ä re V erän d eru n gen auffielen und w irkliche U n ru h e m it sich b ra ch ten . D a s U rteil über d iese D u rch b rü ch e is t n o ch n ic h t a b g esch lo ssen . M an k a n n n ic h t le u g n en , daß ein paar S ch n eisen in dem D ic k ic h t der A lts ta d t n o t
w en d ig w a ren , u m die w en ig en v o n W e st nach O st g e r ic h te te n S tra ß en zü g e v o m F u h rverk ch r zu e n tla ste n . D ie se n D u rch b rü ch en w ar ein e P erio d e der S ta d terw eiteru n g sch o n v o r a u s
gegan gen . D ie ■werdende G roß stad t h a tte u n w id ersteh lich die v o rg ela g e rten G u tsh ö fe u n d V o rstä d te in ihren B ereich ein b e
zogen . B ereits v o r der S ch leifu n g der S ta d tb e fe stig u n g im Jah re 1811 h a tt e ein e groß e B a u tä tig k e it b eg o n n en . U n te r dem F ü r st
prim as D a lb erg fan d d ie B eb a u u n g d es F isch crfeld es s t a t t . D a s B a u a m t der S ta d t w ar ü b rigen s 1808 n a h e daran, den E sc h e n heim er T urm n ied erzu reiß en , der ja k ü n stlerisch w e r tlo s sei.
D ie n eu e B a u p erio d e h a tte sich so n s t n ic h t sc h le c h t an g ela ssen . M an b a u te reich , fa s t ü p p ig , b eso n d ers an der B o ck en h eim er L an d straß e und an der G rüneburg. D ie se ersten V illen stra ß en im W e ste n und N o rd w esten , au ch d ie am M ainufer, g ren zten ü b erall an G ärten. Sie h a tte n m it den B a u m g ru p p en dieser G ärten so zu sa g en n och im m er ein S tü ck W ald a ls H in terg ru n d . M an e n td e c k t ja auch h e u te in F ra n k fu rt h in ter H ä u serreih en im m er w ied er d iesen Z u sam m en h an g der G ärten u n d der au f
g e te ilte n P a rk stü ck e m it ihren v ie le n L au b arten . In den a c h t
ziger Jah ren k am der H a u p tb a h n h o f. D a m it e n ts ta n d d ie N o t
w e n d ig k e it b reiter S tra ß en zü g e, auch durch das bis dahin für je d e n größeren V erk eh r, b eso n d ers auch für d en B a u v o n S traß en b ah n en u n g e e ig n e te L a b y rin th der A lts ta d t. E s kam d as B au fieb er der G ründerzeit.
D ie . h e u tig e G en eration h a t sich lä n g s t m it den S traß en zü gen der K a iserstra ß e, der S ch illerstraß e, der G oeth estra ß e a b g e
fu n d en , d ie d am als en tsta n d e n . E in ig e d ieser S tra ß en zü g e, w ie
die N e u e M ainzerstraße m it ih rem K n ick , k an n m an sich als en d g ü ltig e L ö su n g n ic h t d en k en , eb en so w en ig das n och größere D u rch b ru ch sw erk der B e th m a n n -, B rau b ach - u n d B a tto n n - straß e, das in sein em A n fa n g a u f ein em D a m m m it E ise n gelän d er an steh en g eb lieb en en T eilen der A lts ta d t v o rb eifü h rt.
M an b eg reift, daß ein es T a g es A b h ilfe gefu n d en w erd en m uß.
H ier s e t z t den n au ch der g e w ic h tig ste u n ter d en jü n g s te n S a n ie
ru n g sv o rsch lä g en ein. N iem a n d w ü rd e w o h l ein W o rt darüber v erlieren , w en n sich die N o tw e n d ig k e it zeigen s o llte , T eile jen er n eueren S tra ß en zü g e n eu en N o tw e n d ig k e ite n zu opfern. D en n w as d ort g e b a u t w u rd e, sin d G esch äfts- u n d W oh n h äu ser, w ie m an sie zu T a u sen d en au ch in anderen S tä d te n sich t.
S eit je n e n D u rch b rü ch en h a t ein T e il v o n F ra n k fu rt ein b au lich g leich g ü ltig es A lle r w e ltsg e sic h t erh alten . D a g eg en is t der k u ltu r g esch ich tlich e W ert der A lts ta d t, und zw ar eb en jen er g e sc h lo s
sen en K le in s ta d t, die n ic h t m ehr als ein en h a lb en K ilo m eter R a d iu s u m den R e n te n tu r m u m fa ß t, v o n Jahr zu Jah r g e stie g e n . K u n stk en n er h a b en den R u h m der F ran k fu rter A lts ta d t v e r k ü n d et. D er v o r etw a zw a n zig Ja h ren g eg rü n d ete B u n d tä tig e r A ltsta d tfreu n d e h a t n ic h t ohne E rfo lg a u f die S ch ö n h eit d ieser stä d te b a u lic h e n M erkw ürdigkeit h in g ew iesen . A u ch w en n ih m die M ittel fe h lte n , für die A lts ta d th ä u se r m ehr zu le iste n als ein e B eih ilfe zu äu ß erlich en W ied erh erstellu n g en durch V erp u tz u n d farbenfrohe B e m a lu n g , so sin d d o ch u n sch ä tzb a re ein zeln e T eile der ä lte s te n S ta d t erh a lten geh licb en . M an w eiß h e u te : das G anze d ieser A lts ta d t is t sch lech terd in g s unw ied erh olb ar. D ah er sin d den n auch v ie le ihrer E in z e lh e ite n u n ersetzlic h .
D aß ein e so en g zu sa m m en g ep reß te, fa s t ta u sen d jä h rig e S ied lu n g au ch m a n ch es d ü stere G ew in k el, ein e A n z a h l kranker, v e r filzter S te lle n a u fw e ist, is t n ic h t v erw u n d erlich . W o d an n der B e se n n ic h t m ehr h ilft, m u ß die S p itzh a ck e her. D a s B ed ü rfn is n ach S an ieru n g is t a lt, cs k o m m t im m er ein m a l w ied er. E s h a n d e lt sich d ann m e ist u m zw eierlei. E in m a l u m das A u s
k eh ren , das A u slü fte n , v ie lle ic h t u m d as A u sräu m en w irk lich in V erfa ll g eraten er G eb äu d e. N ö tig e n fa lls a u ch u m n eu e M aurerarbeit, die E rsetzu n g d es unbrau ch b ar gew ord en en H a u se s durch ein and eres, w ie es n och in d iesem J a h r am ä lte ste n F orum der S ta d t, am H ü h n erm ark t, in vo rb ild lich er W eise g e sch ah . Z um ändern aber h a n d e lt es sich u m d en W u n sch n ach n eu en D u rch b rü ch en , d ie ih ren S in n nur aus d en E n tw ic k lu n g s
lin ien ein es u n a b lä ssig en G r o ß sta d tw a ch stu m s erh a lten , aus T en d en zen , die m it dem W u n sch n ach E rh a ltu n g unersetzb arer W erte n ic h ts zu tu n h a b e n , ih m sogar d irek t en tg eg en la u fen . H ier d roh t d ann gleich die G efahr d es V ersch w in d en s b e tr ä c h t
lich er T eile der A lts ta d t, u n d die F o lg en ein es so lc h e n E ingriffs sin d d ann m e is t v o n v o rn h erein n ic h t abgrenzbar. Z w isch en b eid en A rten der S an ieru n g m u ß m an u n tersch eid en . A u ch bei den stä d te b a id ic h e n A rb eitsp lä n en , d ie n ach B e w illig u n g der 5,4 M illion en für d ie S an ieru n g der F ran k fu rter A lts ta d t nun b ek a n n t w u rd en .
E s w ird m a n ch m a l b e h a u p te t, daß d ie A lts ta d t nur n o ch v o n gerin gen L eu ten b ew o h n t se i, ste lle n w e ise v o n a so zia len E le m e n te n , v o n G esin d el aller A rt, d em m a n die en g en G assen u n d H ö f- ch en u n m ö g lich als d au ern d e S ch lu p fw in k el ü b erla ssen k ö n n e.
S ch ad e w äre e s, w en n sich d iese V o r ste llu n g e rh ielte, d enn sie trifft n ic h t im g erin g sten zu. G ew iß, in m a n ch en a lten S tra ß en zü gen w o h n en j e t z t k lein e L e u te , G esch ä ftsin h a b er, H a n d w erker, auch U n te r b e a m te m it ih ren F a m ilie n , R en te n e m p fä n ger. N ic h t w en ig e dieser F a m ilie n sin d s e it Ja h rh u n d erten in d iesen G assen a n sä ssig . Sie h a b en durchaus n ic h t die A b sic h t, die ih n en v e r tr a u te U m g eb u n g je zu v erla ssen . A ls der B a u der R eich sa u to h a h n b eg a n n , g e la n g es der S ta d tv e r w a ltu n g , b e so n ders dem S ta d tb a u r a t N iem ey er, die M aschen d es n eu en A u to stra ß en n etzes in u n m ittelb a rer N ä h e F ra n k fu rts zu sa m m en zu zieh en ; es w äre zu v e r ste h e n g ew esen , daß z. B . d ie rheinische N ord sü d streck e sch on b ei H o ch h eim den M ain ü b ersch ritten
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h ä tt e , w as sie j e t z t erst im B ereich v o n F ra n k fu rt tu t. D a m a ls w urde g e le g e n tlic h der k ü h n e P la n erörtert, m it d em B au der R e ich sa u to stra ß en sogar die A ltsta d tsa n ie r u n g in Z u sa m m en h an g zu b rin g en , derart, daß a llm ä h lich die B ew o h n er au s 3000 bis 4 0 0 0 A lts ta d tw o h n u n g e n g än zlich a u sg e sie d e lt w ürden. D ie V o rstä d te v o r dem T a u n u s, die w eiß en H ä u serreih en a u f dem B orn h eim er B erg , die sch on fa s t sta d tä h n lic h e R ied erw a ld k o lo n ie , die S ied lu n g en am R e b sto c k u n d b ei N ied errad g en ü g te n n o ch n ich t. M an versp rach sich ein en b eso n d eren T y p v o n S ied lu n gen an der R e ich sa u to stra ß e en tla n g . D u rch die dort e n tste h e n d e n K lein h ä u ser m it G ärtchen g ed a ch te m an einer B e v ö lk e r u n g ssc h ic h t, d ie b ish er v o n der H a n d in den M und le b te , zu einem k risen festen D a se in zu v erh elfen . M öglich k eiten in d u strieller K u rzarb eit so llte n sich m it zu sä tzlich er S e lb s tv e r sorgu n g durch G arten b au u n d K le in tie r z u c h t v erb in d en . W ie b ish er sch on das F ahrrad für je d e A rt v o n stä d tisch er A u ssie d e lu n g v o n B e d e u tu n g w ar, so s o llte j e t z t der A u to b u s die V er
m ittlu n g zw isch en d iesen an groß en V erkehrsbändern g eleg en en S ied lu n g en u n d e n tfern ten A r b e its stä tte n ü b ern eh m en . D ie A lt s ta d t s o llte nach M ö g lich k eit v o n M enschen au sg eleert w erd en . N u r n och die F a ssa d en so llte n erh alten b leib en , gew isserm aß en als ein M useum . W a s an H in terg eb ä u d en , V ersch lagen , H ö fen u nd d ü sterem G ew in k el d a h in tcrla g , s o llte fa llen . D ie E n tsc h e i
d u n g über d iesen P la n h in g freilich ab v o n ein em A lts ta d t
sa n ie r u n g sg e se tz , das n ic h t kam .
In zw isch en h a lf sich d ie A lts ta d t selb er zu einer n eu en A u fgab e im R a h m en der G roß stad t. N a ch d em ein m a l d ie A u fm erk sa m k e it ü b erh a u p t w ied er a u f die I n n e n s ta d t g e le n k t w ord en w ar, w urde m an ch es b esser. D a s G o eth ejah r u n d d ie R öm erberg- F e sts p ie le b ra ch ten d an n die v o lle B e stä tig u n g d es W ertes der h isto risch en S ta d tg e g e n d . A ls d am als der A bb ru ch ein es E c k h a u ses der W ciß a d lerg a sse d ro h te, gelan g e s, d iesen ch arak teri
stisc h e n E in g a n g der A lts ta d t, d en n o ch der ju n g e G o eth e in d ieser F orm g ek a n n t h a tt e , v o r Z erstöru n g zu sch ü tzen . W as freilich n ic h t a u ssc h lie ß t, daß d iese E ck e au fs n eu e v o n G e
fah ren b ed ro h t is t , so la n g e n o ch v o n ein em D urch b ru ch v o m R o ß m a rk t am S a lzh a u s v o rb ei im R ü ck en d es H irsch grab en s zur B eth m a n n stra ß e die R e d e is t , ein er h ö c h st fragw ü rd igen F reileg u n g , v o n der m an n o ch n ic h t w eiß , ob sie der H erstellu n g ein es n eu en S tra ß en zu g es oder gar ein es P a rk p la tzes für 2000 A u to s d ien en so ll.
D en B esu ch ern der A lts ta d t w ird je d e n fa lls die ste ig e n d e Z ahl der G a s tstä tte n n ic h t e n tg a n g en sein . E s sich t a u s, a ls w o llte n sich g ew isse E ck en der I n n e n s ta d t in e in e A rt S a n k t P a u li v e r w a n d eln . E s g ib t da ein ersta u n lich reic h h a ltig es N eb en ein a n d er, das zu fe u c h te n E n td e c k u n g sr e ise n erm u tig t. G u tb ürgerliche L o k a le, G a s tstä tte n im H am b u rger u n d im b a y risch en S til, W ir tsc h a fte n n a ch h essisch er A rt, B ars, n ach n ied erlän d isch em M uster, sp a n isch e W ein stu b en , g o tisc h a u fg e p u tz te B ierstu b en , altfrä n k isch e W ein k eller, Ä p felw ein w irtsch a ften , A u to m a te n resta u ra n ts. D ie S ch ild er le u c h te n in sau b eren G assen , H ä u ser
w ä n d e stra h len im G lanz der b la u en u n d ro ten N e o n lic h te r . G ram m op h on , R a d io , K la v ier- u n d G eigen sp ieler m ach en M usik, T elep h o n e k lin g e ln , A u to s schnurren. Z u w eilen ersch ein t im offenen F en ster ein er a n g e str a h lte n H a u sfro n t der K o p f einer a lten F rau , n a ch d en k lich u n d sc h la flo s a u f die H a n d g e s tü tz t.
J ed e S ta d t is t ein L eb ew esen . Im W e c h se l der G en era tio n en u n te r lie g e n au ch S tra ß en zü g e, H ä u ser u n d H ö fe d em G esetz d es Ird isch en . D er V erkehr su c h t sich n eu e W eg e, d as V er
m auern ein er P fo r te , das E rlö sch en ein es G esch ä fts oder ein es H a n d w erk sb etrieb es lä ß t t o t e S te lle n e n tste h e n , S ch lu p flö ch er oh n e L ich t u n d L u ft. F a m ilie n u n d F irm e n sterb en au s, W o h n u n g en w erd en S p elu n k en oder L agerräu m e. A u s dem K o m p o ste il, ein em der großen m itte la lte r lic h e n P ilg erh ö fe v o n F ran k fu rt, is t ein w u rm a rtig es U n g e tü m v o n sch m a len H ö fch en g e w ord en , in d enen m an S ch u p p en errich tet h a t und K arren a b
ste llt. In den k lein en G u tsh ö fen der L a n d sta d t, zum B eisp iel dem S ch w eik a rtsh ö fch en in S ach sen h a u se n , is t au s eh em aligen S tä lle n und S ch eu n en ein sp u k h a ftes D u rch ein an d er e n tsta n d e n , das an D ic k e n s erin n ert. W ährend draußen die G roß stad t „ au f- s t e ig t“ u n d Ä cker u n d G eh ölze m it ju n g en S ied lu n gen b e se tz t, v o llz ie h e n sich in der A lts ta d t k lein e T ragöd ien . S ch ließ lich w erd en b eh örd lich e E ingriffe n o tw en d ig . U ber die A rt dieser E ingriffe e n tsc h e id e t n ic h t s e lte n der Z u fall in G e s ta lt einer b a u a m tlich en V erfü gu n g. D a n n k o m m en die m e ist in le tz te r S tu n d e e n tsta n d e n e n ö ffen tlich en E rörteru n gen rasch w ieder zum S ch w eig en . F a s t im m er k a m en n o ch die D en k sc h r ifte n und P e titio n e n zu sp ä t, m it d en en sich K ü n stle r u n d A lte r tu m s
freu n d e, u n b e a m te te S a ch v erstä n d ig e u n d ein m ehr oder w en iger u n sa ch v erstä n d ig er A n h an g um A lts ta d tfr a g e n b em ü h ten . D och m ag sich m an ch er ältere B ew oh n er v o n F ra n k fu rt n o ch der A u f
reg u n g erinnern, a ls u m die Jah rh u n d ertw en d e heru m der A b bruch der N ik o la ik irch e b ev o rzu steh en sch ien . Sie b lieb dann g lü ck lich erw eise erh a lten . W ir k ö n n ten u ns oh n e sic d en R ö m er
berg u n d die Szen erie seiner F e sts p ie le gar n ic h t v o r s t e llc n ! H ilflo s u n d m it trau rigen G esich tern h a b en v ie le F ran k fu rter zu g eseh en , w ie in den a ch tzig er Jah ren die 1803 v o n der S ta d t ü b ern om m en e a lte P etersk irch e n ied erg eleg t w u rd e, n ich t anders w ie e in s t die H eilig g eistk irch e und die sch ön e a lte D reik ö n ig s
kirche in S ach sen h a u se n . Sie fielen ohne zw in gen d en G rund.
E s is t k ein esw eg s überflü ssig, sich zu erinern, daß ein m a l die F ran k fu rter K ü n s tle r g e s e llsc h a ft fa st e in m ü tig P r o te s t gegen den U m b a u d es R öm ers u n d sein e E in fü g u n g in das je tz ig e R a th a u s, d iesen p r o tzig -w u ch tig en , im In n ern k a lten u n d u n p ra k tisch en B a u erhob. D ie K ü n stle r g e se llsc h a ft h a tte sich eb en so le id e n sc h a ftlic h m it dem Z u sta n d d es M ainufers b esch ä f
t ig t , das durch d ie G leise der M ainuferbahn u n d d ie d orthin v e r le g te n Z ollb arack en e n ts te llt w ar u n d für d ie E in h eim isch en je d e A n zieh u n g sk ra ft zu v erlieren sch ien . M an w o llte das G esich t der S ta d t dem F lu ß w ied er zu w en d en , w o sich e in st das b u n te s te M ark tleb en a b g esp ielt h a tte . N u n sta n d en hier b illig e , h äß lich e M ietsh äu ser zw isch en altch rw ü rd igcn G eb äu d en . M an sch lu g v o r , die U fer d es M ains, n a ch d em V orbild d es A rno in F lo ren z, m it T errassen u n d P a lä ste n zu sch m ü ck en ; das n eu e R a th a u s s o llte m an etw a an die S te lle se tz e n , w o j e t z t der Z o llh o f ste h t.
K ein er d ieser V orsch läge w u rd e v erw irk lich t. D ie K ü n stler sta n d en sc h lie ß lic h n ic h t oh n e B estü rzu n g v o r dem R a th a u s m it sein em „ L a n g en F ran z“ , der a n geb lich d em a lte n B rü ck en tu rm n a c h g e b ild e t w ar, aber v ie le n nur als em p orgesch rau b te N ü rn b erger G o tik erschien.
W en n h e u te das M ain b ild w ied er ein an deres is t, das h eitere F r e ilu ftb ild ein es g lä n zen d en S tro m es m it blu m en reich en grünen U ferstreifen , m it b u n te n B a d e a n sta lte n , zierlich en B o o tsh ä u sern u n d dem R esta u ra tio n ssch iff, das abends im G lanze der L ich ter str a h lt, so is t das ein W erk der le tz te n zeh n Jah re. U n d erst im v o rig en J a h r is t der zu S p aziergän gen w u n d erv o ll g eeig n ete U ferd am m e n tsta n d e n , der am Som m erh ofp ark b eg in n t u n d am G u tle u th o f v o r b e i m a in a h w ä rts zur n eu en R e ic h sa u to str a ß e n b rücke b is n a ch G riesheim fü h rt. W er d en k t h e u te n och d aran, d aß v o r gar n ic h t v ie le n Ja h ren noch der P la n ein es großen U fe r d am m es a u fta u c h te , der einen T e il der A lts ta d t für im m er v o m M ain a b tren n en so llte ?
S eien w ir aber n ich t u n g erech t. M anches w e r tv o lle B a u w erk der A lts ta d t, das sch on g än zlich in sV erg essen g era ten sch ien , is t in le tz te r S tu n d e w ied er e n td e c k t w ord en und dan n n eu erstan d en . D ie K a rm eliten k irch e m it ihrem w ied erh erg estellten K reu zgan g w ar sch o n fa s t R u in e, sie is t n u n ein e der b erü h m te ste n S eh en s
w ü rd ig k eiten Südw’estd e u tsc h la n d s. W erd en w ir äh n lich e E r
n eu eru n g en noch zu erw arten h a b en ? E tw a für den H ain erh of, d iesen a lte n A u ssp a n n h o f der T hurn- und T a x issch en P o s t, d essen b a u fä llig gew ord en e G ebäude g än zlich a u sgeräu m t oder d urch N e u b a u te n e r se tz t w erd en so lle n ? E s is t zu h offen , daß
' w en ig sten s die F o rm d es H o fes u n d sein e F irstlin ie erh alten W eihen un d daß es g elin g en m ö g e, je n e u ra lte, lä n g s t g esch lo ssen e K a p e lle freizu leg en , in der e in s t B ernhard v o n C lairvau x den K reu zz u g p red ig te.
.U n b ed eu ten d im g esch ich tlich en S in n e sin d freilich je n e H ä u s
chen an der N o n n en - u n d K lo ste r g a sse , deren A bb ru ch b e sc h lo sse n is t. D o rt je n s e its der F ah rgasse za u b erte n och das D u n k e l d ieser G äßchen w irklich ein S tü c k d es ä lte ste n g o tisch en F ra n k fu rt h erau f, das so n s t nur im stein ern en „ F ü r ste n e c k “
• erh a lten b lieb . V on dort sch w eift der B lic k über den F lu ß u n d h a fte t an den D ä ch ern u n d B a ik o n en des D eu tsch o rd en sh a u ses, das d en F reu n d en der A lts ta d t s e it lan gem ein B ä ts e l is t. L än gst m ü ß te d och für d ieses b eson d ers ehrw ürdige u n d sta ttlic h e B a u w erk e tw a s D u rch greifen d es gesch eh en . H ier v o r der B rücke w ar e in st der W o h n sitz je n e s O rd en sm an n es, d essen S ch rift, d ie T h eo lo g ia D e u ts c h , a u f L u th er v o n großem E in flu ß w ar.
D er je tz ig e B arock b au is t ein W erk d es 18. J a h rh u n d erts. S ich er
lich w äre e s, w ie ja auch b ei der K arm elitcn k irch e, m ö g lich , ih n m it sein en H ö fe n , sein em g eräu m igen T rep p en h au s u n d sein en S ä len für rep r ä se n ta tiv e Z w eck e h erzu rich ten . V or dem b reiten , ro t leu c h te n d e n S a n d stein b a u la g en e in s t die W iesen , die den H au sfrau en v o n S ach sen h a u sen als B leich e d ien ten .
' D e m D eu tsch o rd en sh a u s gegen ü b er b e g in n t in ein em sch m a len , h in te r dem B rü ck en d am m v erb orgen en Z ugang d ie L öh ergasse, die n u n u m so d eu tlich er a u f der S a n ieru n g sliste s te h t. E s is t ein e n och fa st lü ck en lo se R eih e m it S ch iefer v e rk leid eter H ä u s
ch en , deren zu m M ain g e w en d ete S e ite ein st a u f der S ta d tm a u er au fsaß , so w ie sie h e u te über d en D a m m h in w eg sch a u en , der v o n der D reik ön igsk irch e zur B rü ck e fü h rt, dem ru h igen d u n k len M üllerm ain e n tla n g , d en die M ain in sel m it ih ren im m er d ich te r e n , höh eren P a p p e ln g eg en das B ild der geg en ü b erlieg en d en S ta d t v e r sc h lie ß t. D ie se G asse is t einer der r e iz v o lls te n S tra ß en zü g e d es fa st v ersch w u n d en en , n och d ö rflich en S a ch sen h a u se n , ein b eson d ers ch arak teristisch er T eil der H a n d w erk ersta d t F ra n k fu rt. Sie h a t ihren N a m e n v o n d en L ohgerb ern , die e in s t in den K ellern ihre n a ssen G ruben h a tte n u n d a u f d en Speich ern die F e lle tr o ck n eten . N o ch fin d et m a n über d en T ü rein g ä n g en die H a n d w erk szeich en u n d die J a h resza h len v o n 1589 b is 1849.
S ch o n z eig t die G asse ein e große B a u lü ck e d em M ain zu , u n d ein e ü b erau s h ä ß lich e S te lle is t im v o rig en Ja h r e n tsta n d e n , als durch den A bbruch d es H a u ses „Z u m H irsch h orn “ u n d des d ah in ter g eleg e n e n Sp eich ers d as L ö h erp lä tzch en zerstö rt w urde.
G esp en stisch s t e h t die m it einer U rne g ek rö n te S ä u le d es a u s
g etro ck n eten B ru n n en s da. D ie G asse b ie te t ein stille s , fa st trau riges B ild , aber v erw a h rlo st w irk t sie n ic h t. G ew iß , die H ä u ser hier sin d a lt, die W o h n u n g en k le in u n d en g , aber m e ist h e ll und lu ftig . E s is t a u sg erech n et w o rd en , d aß m it ein em A u f
w a n d v o n e tw a 120 000 M ark d iese gan ze G asse, H a u s für H a u s, w ied er so in O rdnung zu b rin gen w äre, daß d ie W o h n u n g en .. d en sa n itä ren A n ford eru n gen en tsp rech en . W ü rd e es n ic h t der T ech n ik unserer Z eit ein L eich tes sein , d iese a lte n , d och k e in e s
w eg s v e r r o tte te n H ä u ser so w ied er h erzu stelle n , daß sie n och a u f la n g e Z eit b ew oh n b ar b leib en ? N o ch sin d d ie w ic h tig ste n B e s ta n d te ile d es S tra ß en zu g es erh a lten , der B ru n n en u n d die F a ssa d en m it ihren Ü b erh ä n g en , au ch das rein g o tisch e E ck h a u s m it d em g esch w u n g en en stein ern en B a ld a ch in ü b er dem G e
w ö lb e d es L ad en s. D ie L e u te , d ie h ier w o h n en , lie b e n die G egend so nah dem M ain. I n d ieser en g en , aber g em ü tlich en G asse i w u rzelt n o ch ein w en ig v o n jen em S a ch sen h ä u se rtu m , das bisher
n o ch im m er sein e eig en e N o te b e h a lte n h a t.
V on h ier aus g e se h e n , b ie t e t freilich die S ta d t da drüben auch
| ein b eso n d ers a n zieh en d es B ild . M an k ö n n te sich die n o ch fe h len d e V erb in d u n g zw isch en der n eu en A lte n B rü ck e u n d der M ain in sel als ein en sch m a len T urm d en k en , d essen S to ck w erk e durch A u fzü ge u n terein a n d er v erb u n d en sin d , u n d der v o n seiner . H ö h e ein en B lic k über die b eid en U fer des M ains erla u b t! W ie
leb en d ig is t d o ch der F lu ß in der M itte. A u ch w er sich der S ta d t v o n der G erberm ühle her a u f den a lte n , v o n den F ran k fu rter K ü n stle r n o ft g e m a lte n M ain w iesen n ä h ert, sie h t ein B ild , das d en in d u striellen Zug des S ta d tra n d es zw ar ein d e u tig gen u g, aber n ic h t u n sch ö n zu m A u sd ru ck b rin g t. D rü b en der O sthafen m it sein en L agerh äu sern , M ühlen u n d F ab rik en , die K o h len h ü g el m it ih ren K ra n en , d a h in ter die G roß m ark th alle und über a llem , unbeirrbar m itte la lte r lic h , der P farrtu rm m it sein em v e r tra u ten , e ig e n tü m lic h lo ck en d en U m riß . A u sflü ge in B o o te n zur G erber
m ü h le sin d an sch ön en S o m m erta g en seh r b e lie b t gew ord en . N u r zu F u ß g e h t m an n ic h t gern d o rth in . D er W eg is t durchaus n ic h t v erlo c k e n d , s e it das S ch la ch th a u s m it sein en L agerhäusern ein en großen A b sc h n itt d es D eu tsch h errn u fers e in n im m t. M an en tsc h ä d ig t sich durch die la n g e ab w ech slu n gsreich e U ferw a n d e
ru n g m a in a b w ä rts.
W as so ll n u n in F ra n k fu rt gesch eh en ? W ird sich die In n e n sta d t m it oder oh n e b eh örd lich e N a ch h ilfe in ein e C ity v e r w a n d eln , in der am T a g e nur n o ch das L eb en einiger K o n to rh ä u ser u n d ein d a v o n g än zlich g etren n tes N a c h tle b e n zu fin d en is t, eine In sel, die im ü b rigen im m er m ehr v o n u n e r sä ttlic h e n V erkehrs
strö m en ü b ersch w em m t w ird , die sich gen a u so g u t au ch andere W ege su ch en k ö n n ten ? D a s a lte F ra n k fu rt k o n n te e in s t b ei den K aiserk rön u n gen a llein in sein en S ta llu n g e n u n gefäh r 4 0 0 0 P ferd e u n terb rin gen . S o ll es j e t z t zu ein er K e tte v o n P a rk p lä tzen w er
d en ? D ie A lts ta d t w ar für F u ß g ä n g er, a llen fa lls n och für R e ite r u n d F u h rw erk e g e b a u t. D er F rem d e, der sie h e u te im A u to d u rch fäh rt, b e k o m m t v o n ihr so g u t w ie n ic h ts zu seh en . Er m u ß sich sch o n b eq u em en , zu F u ß zu geh en . W en ig e A b s te ll
p lä tz e für A u to s g en ü g en . M an k a n n im m er w ied er fe s tste lle n , w ie irg en d ein F rem d er, ein A m erik an er oder S ch w ed e, ein S p a nier oder S c h o tte , se in S k izzen b u ch licra u szich t oder sein en P h o to a p p a r a t in B ew eg u n g s e t z t. B ild c h e n der F ra n k fu rter A lt s ta d t, A q u a relle u n d R ad ieru n gen ein g esch lo ssen , sin d in der W e lt v ie l m ehr v e r b r e ite t, als m an a h n t. A b er k ein M ensch reist n ach F ra n k fu rt, u m e tw a das H a u p tp o sta m t a u f der Z eil zu bew'undern oder v o n ein em der W aren h äu ser ein e R ad ieru n g zu m a ch en . N ic h t ein m a l v o m R a th a u s. W er P a rk p lä tze für F ran k fu rt h a b en w ill, b ra u ch t w eder d en R o ß m a rk t n o ch die U m g eb u n g d es H irsch grab en s d azu . D er a lte B ö rn ep la tz m ag für den O strand a u sreich en , für d en w e stlic h e n erinnere m an sich je n e s sta g n ieren d en H ä u serq u a rtiers, das sich h in ter dem S aalb au v e r ste c k t u n d v o n der se ltsa m e n A lte n S ch lesin g erg a sse d u rch zo g en w ird. U n d ein en großen P a rk p la tz v o r dem E sc h e n h eim er T u rm k an n m a n h a b en , so b a ld m an sich e n ts c h lie ß t, v o r d em B a u d es V o lk sb ild u n g sh eim s n ic h t H a lt zu m a ch en , d as j a h e u te sein en e in s tig e n Z w eck en n ic h t m ehr d ien en so ll.
V or a llem n ä m lic h : die N e ig u n g zu einer C ity b ild u n g n a ch H a m burger M uster is t in F ra n k fu rt nur gerin g. V o n jeh er fin d en sich die B a n k - u n d G esch ä ftsh ä u ser in ein er fü r die S ta d t h ö c h st ch ara k teristisch en S treu la g e, d ie v o n der K a iserstra ß e b is in das O sten d reic h t, v o n der T a u n u sa n la g e b is zur G rüneburg.
A u ch ein e v o llstä n d ig e K o n z e n tr a tio n der V e r g n ü g u n g sstä tte n in der A lts ta d t is t sch w er v o r ste llb a r . E in e n o ch stärk ere Z u
n a h m e w ürde v ie lle ic h t gerad e a u sreich en , d ie A lts ta d t lan gsam , aber sicher zu e n tv ö lk ern . M an w ird w o h l n ic h t u m h in k ön n en , gew isse G renzen zu zieh en . V ie lle ic h t sogar, w ie es sich auch für d ie ü b rige S ta d t em p feh len d ü rfte, g erad ezu S ch u tz g e b ie te v o r dem A u to zu sch affen . L ärm en d e N a ch b a rsch a ft b ed in g t leer steh en d e, schw er verm ietb a re W o h n u n g en , R ü ck g ä n g e v o n S teu ern , a llm ä h lich en V erfall.
A ls n och d ie n eu e A lte B rü ck e g e b a u t w u rd e, g la u b ten m anche L e u te , daß es n u n n ö tig sein w erd e, die F a h rg a sse zu verb reitern , das h e iß t gan ze H ä u serg ru p p en ab zu b rech en u n d sie n ach dem L in eal w ied er a u fzu b a u en . W o sin d die V erk eh rsström e nach der Z eil g eb lieb en , d en en m an d am als g la u b te ein u n sch ätzb ares S tü ck d es altb ü rgerlich en F ran k fu rt opfern zu m ü ssen ? W oher
un d w o h in w erd en die V erk eh rsström e zieh en , d en en m a n m it d em allerd in gs n o ch in F rage ste h e n d e n D u rch b ru ch v o m S a lz
h au s n a ch der B eth m a n n stra ß e d en W eg zu m M ainufer bah n en w ill? W ie s o ll da die le b h a fte und k ein esw eg s b reite B eth m a n n straß e ü b erq u ert w erd en ? W ill m a n n o ch m ehr V erkehr v o n der K a iserstra ß e her in die B eth m a n n stra ß e le n k e n , d ann w ü rd e es sch on g en ü g en , dem Z uzug au s der F ried en sstra ß e am F ran k fu rter H o f v o rb ei ein ein zig es E ck h a u s zu op fern , das j e t z t n och d en S tra ß en cin g a n g v e r e n g t, ä h n lich w ie d as H a u s au s B le n d s te in , d as den k u rzen R a u m zw isch en dem P a u lsp la tz u n d dem R öm erb erg zu ein em E n g p a ß m a c h t u n d d as n u n erfreulicher
w eise n ied crg eleg t w erd en so ll. E in em D urch b ru ch v o m S a lzh a u s zur B eth m a n n stra ß e w ürde die R ü c k se ite d es H irsch grab en e bis zu m G roßen K o rn m a rk t sa m t d en d ort e in g e b e tte te n , n och ty p is c h m itte la lte r lic h e n G assen zu m O pfer fa llen , einbegriffen den a lte n , w o h lerh a lten en H o f „Z um großen S p eich er“ u n d den
„ H e y d e n ta n tz “ , das sch ö n ste F a ch w erk h a u s unserer S ta d t. G e
w a ltig e P la n ieru n g sa rb eiten w ü rden zur F o r tse tz u n g des S tra ß en zu g es quer über die B eth m a n n stra ß e n ö tig sein . Sie w ü rd en n ic h t nur d en n ied rig en V orb au d es B eth m a n n sch en B an k g eb ä u d es m it sich reiß en , son d ern auch k o stsp ie lig e S p ren gu n gen m it sich fü h ren . M an w ü rd e a u f seh r fe s te B a n k g ew ö lb e, a u f tie fe alte K e ller, a u f R e s te der a lte n S ta d tb e fe stig u n g sto ß e n . F ür den A u to v erk eh r w ü rd e m it a lled em nur w en ig oder n ic h ts g ew o n n en . W o h l aber w ürde das G o eth eh a u s am H irsch grab en e n d g ü ltig au s sein em o rgan isch en Z u sam m en h an g m it der A lts ta d t gerissen . M an w ü rd e es ein es T a g es w ie ein In selch en in w e ite n A sp h a ltse e n oder zw isch en g ä n zlich frem d en G ebäuden w ied er
finden. F ü n fein h a lb M illion en w ü rd en für die K o s te n d ieses D u rch b ru ch s k au m au sreichen.
F ra n k fu rt w ird in Z u k u n ft für v ie le R e ise n d e , d ie D eu tsch la n d im A u to oder a u f dem L u ftw eg b esu ch en , die erste S ta d t sein , d ie sie k en n en lern en . M an k an n die A u fm erk sa m k eit solch er B esu ch er nur durch u n v erg leich lich e M erk w ü rd igk eiten fesseln . G roßes k ö n n te für die A lts ta d t u n d d a m it fü r F ra n k fu rt g e sch eh en , w en n m a n d ie M itte l, d ie j e t z t zur V erfü gu n g steh en , d a ra u f v e r w e n d e te , die v ie le n n och ¡kerngesunden, w en n auch sch a d h a ft gew ord en en H ä u ser, die durch sch lim m e E in b a u ten e n ts te llte n H ö fe w ied er in sta n d zu se tz e n . In v ie le n F ä lle n d ürfte es g en ü g en , d ie H a u sb esitzer z e itw e ilig v o n g ew issen S teu er
la s te n zu b efreien u n d ih n en a u fzu g eb en , d en M aurer, den Z im m erm an n , den In s ta lla te u r , d en A n streich er in B ro t zu se tz e n . M an w ü rd e W u n d er erleb en . M an w ü rd e seh en , w ie h ell u n d lu ftig v ie le T e ile der A lts ta d t e ig en tlich sin d , w a s fü r rei
zen d e, v o n h ü b sch en G alerien u m g eb en e H ö fe , geräu m ige T rep p en h äu ser, b eh a g lich e W o h n u n g en zu m V orsch ein k o m m en . M an w ü rd e d a n n d ie L e u te , die das W o h n en in der A lt
s la d t lo b e n , v ie l b esser v e rsteh en . D ie a lte n großen IIöfe'7'ob H a in c r h o f oder A rnsb u rger H o f, erst r e c h t die k lein eren , w ie der fa s t u n b ek a n n te S a n d h o f, au ch die G egend der Schnurgassq..
oder der F isch erg a sse oder d ie D om in ik an erk irch e k o m m en o h n eh in für E rleich teru n g d es V erkehrs n ic h t in B etra ch t. W oh l aber m ü ß te d o rt ein b esch eid en es sau b eres W oh n en im m er m ö g lich sein . U n d w en n es sch o n um W ied erh erstellu n g en im G roßen g e h t, dan n m ö g en die v ie le n zum T e il noejx h e u te s t a t t lich en H äu ser der F a h rg a sse sa m t der a lte n „ M eh lw aage“ b e
son d ers em p fo h len w erd en .
H e u te k an n m an es au ssp rech en , d ie Z eit d es O berbürgerm eisters A d ick es, sch o n ein e r ech t k ritisch e Z eit im w e ltp o litisc h e n A u f
stie g d es K a iserreich es, h a t der S ta d t F ra n k fu rt seh r schw ere O pcrationsw 'unden gesch la g en . D ie N a rb en sin d n o ch e b e n so w en ig v erw u n d en w ie die N e ig u n g , es d iesem in seiner A rt g en ia len , aber gan z u n k ü n stlcrisch en H an n o v era n er g le ic h z u tu n , d em m an sich b e u g te u n d d en m an d och im m er w ied er als einen F rem d en em p fa n d . D er h o ch g ew a ch sen e, w eiß b ä rtig e H err h a tte n ic h t nur die äu ßere G e s ta lt m it L eo p o ld I I ., K ö n ig der B elgier u n d H errscher d es K o n g o s ta a te s , g em ein sa m . Er w ar b ed eu ten d in sein er V o ra u ssich t, v o ll eh rgeiziger Id e e n für das ih m a n v er
tra u te G em ein w esen , ein sch öp ferisch er G eist, d essen P lä n en d ie g e fü llte S ta a tsk a sse sein es V orgän gers M iquel sehr zu sta tto n k am . A n die S te lle ein es v o r g e sc h ic h tlic h e n D orfes in d en e h e
m a lig en M ain sü m p fen b a u te er d en O sth a fen , u n d n och sein em N a ch fo lg er v erm a ch te er d en A b b ru ch der A lte n M ainbrücke, deren B o g en ih m für die S chiffsgrößen d es n eu en W a sserstra ß en verk eh rs zw isch en R h ein u n d D o n a u zu n ied rig erschienen.
V ie le s is t anders g ek o m m en . N iem a n d h ä tte v o r dreißig Jahren v o ra u sg eseh en , daß die V ölk erw an d eru n gen d es R eiseverk eh rs, d aß A u to u n d F lu g zeu g das G esich t u n d die In teressen ganzer L änder so t i e f berühren w ü rd en . A n w en ig en S tä d te n z eig t sich d ieses N e u e so d eu tlich w ie an F ran k fu rt. V ie lle ic h t w erden w ir u n s sch on in w en ig en J a h ren daran g ew ö h n t h a b en , in dem D u rch g a n g sb a h n h o f v o n F r a n k fu rt-S ü d in die E isen h a h n zü g e R ic h tu n g M ainz oder W ürzburg ein zu steig en , v ie lle ic h t w ird ein e n eu e P la n u n g sid e e zu sa m m en fa ssen , w as h e u te a u f der S a ch sen h ä u ser u n d N ied erräd er S eite n och fa s t u n v erb u n d en n eb en ein a n d erlieg t als K le in g e s c h ä ftss ta d t, V illen v iertel, S ied lu n g s v ie r te l, F a b rik o rt u n d K ra n k en h a u sv icrtel, d azu n och die F o r sth a u sstr a ß e , d ie R en n b a h n u n d w eiter draußen das S p ort
feld . M an w ird d an n gar n ic h t m ehr den V ersu ch m a ch en , d ie A lts ta d t in d ie u n ru h ige E n tw ic k lu n g slin ie ein es noch größeren F ra n k fu rt cin zu b ezieh en . D a g e n ü g t ein e lie b e v o lle Sicherung.
D ie A lts ta d t w ird , so la n g e sie b e s te h t, für d as, w as m an den G eist v o n F ra n k fu rt n en n en darf, der u n ersch ö p flich e B ru n n q u ell sein.
A L T ST A D T G E SU N D U N G UND A L T ST A D T E R H A L T U N G
D a s B a u a m t der S ta d t F ra n k fu rt a. M. h a t n ach seh r la n g w ierigen V erh an d lu n gen en d lich die A lts ta d tg e su n d u n g b e g o n n en , n ach d em ein T e il der M ittel v o m R eich te ils in F orm v o n Z u sch ü sse n , te ils in F orm v o n D a rleh en z u g e sa g t u n d b ereit- g e s t e llt w orden is t. B e v o r das R eich d iese Z usage m a c h te , h a b en sich d ie z u stä n d ig en S ta a ts s te lle n n ic h t nur d es R eg ieru n g s
p rä sid en ten , son d ern auch d es M in isters g en au darüber u n ter
r ic h te t, w as die S ta d t F ran k fu rt a. M. b e a b sic h tig t u n d ob ihre A b sic h te n zu b illig en sin d . D ie S ta d t h a t außerdem im Jah re 1934 ein groß es P reisa u ssch reib en h era u sg eg eb en , durch das sie E n tw ü rfe für die N e u g e sta ltu n g ein iger w ich tig er A lts ta d t
t e ile an ford erte. A n d iesen E n tw ü rfen h ab en zahlreiche F ran k furter B a u k ü n stler m itg e a r b e ite t. D a s E rg eb n is d es P reisa u s
sch reib en s is t d an ach im O ktober 1934 m ehrere W o ch en öffen t
lic h a u s g e s te llt w orden.
E s h a t sich in der gan zen seith er v erflo ssen en Z eit gegen d iese A b sic h t k ein erlei W iderspruch erhoben. E rst je t z t, d a aus W o rten T a ten w erd en , sch ein t m an an ein igen S te lle n erh eb lic h e s A b sch ied sw eh zu spüren. I n zahlreichen A u sfü h ru n gen w ird die G esch ich te der in die G esu n d u n gszon e h in ein fallen d en S traß en u n d B a u te n gesch ild ert und h a u p tsä ch lich aus g e sch ich tlich en G ründen die E rh a ltu n g der ein zeln en B a u te ile offen geford ert. In einem der le tz te n Z eitu n g sa u fsä tze is t g erad e
zu d ie R ed e d a v o n , daß die „ E n g e der A lts ta d t“ , die ihr das G epräge g ib t, auch erh alten w erd en m ü ß te.
W en n m an d ieser A u ffa ssu n g fo lg e n w o llte , m ü ß te m an a u f alle G esu n d u n gsm aß n ah m en der A lts ta d t ü b erh au p t v erzich ten . Oder s o llte m an gerade dort a n fan gen , w o sch on L u ft und L ich t iit der A lts ta d t v o rh a n d en is t? E s g ib t in der F ran k fu rter A lt
s ta d t kaum ein en T eil, der n ic h t en g i s t u n d der n ic h t au ch bei
209
ciu ig er N ach forsch u n g g esch ich tlich e E rin n eru n gen in sich birgt o d er m alerisch e R eize gew äh rt.
E s b e s te h t n a tü rlich v ö llig e E in ig k e it darüber, daß die g e sc h ic h t
lic h b e d e u tu n g s v o lle n T e ile der F rankfurter A lts ta d t erh alten w erd en m ü ssen und daß auch der A ltsta d tch a ra k ter in d iesen T e ile n n ic h t v erä n d ert w erd en darf. D ie S ta d t F ra n k fu rt is t s to lz a u f d iese ihre A lts ta d tstr a ß e n und A lts ta d tb ild e r und w ird gerad e im D r itte n R eich sich b em ü h en , d iese Ü b erlieferu n g früherer J a h rh u n d erte zu pflegen und zu erh alten .
W as v e r ste h t n u n der F rankfurter und der F rem d e u n ter „ A lt
s t a d t “ ?
Im a llg em ein en doch nur die T eile zw isch en dem R öm er und der F a h rg a sse, dem M ain u n d der B ra u h a ch stra ß e, also d en je n ig e n T eil der S ta d t, der ihren u rsp rü n glich en K ern g e b ild e t h a t, aus dem das W erden des ä lte ste n G em ein w esen s noch am d e u tlic h ste n in E rsch ein u n g tr itt, der T e il, in dem sich auch in der G esch ich te die großen E reig n isse in F ran k fu rt am M ain a b g esp ielt h ab en . D ieser T eil m uß selb stv e r stä n d lic h erh alten w erden.
A ußer d iesem A ltsta d tk e r n g ib t es fo lg en d e w eitere T eile, die zw ar zur A lts ta d t gehören, aber k ein ein h eitlich es w e r tv o lle s B a u d en k m a l d a rstellen :
a) die erste S ta d terw eiteru n g w e stlic h v o m R öm er etw a bis zur N eu en M ainzer Straß e,
b) die zw eite S ta d terw eiteru n g , die sich bis an die G raben
stra ß en (H irsch g ra b en , S au grah en , W ollgrab en u sw .) er
str e c k t, und
c) die d ritte S tä d terw eiteru n g b is an die „ W a llstra ß en “ . A uch d ort finden sich tro tz erh eblicher Straß en d u rch b rü ch e noch e in zeln e T e ile , die a ls ’„ A lts ta d t“ b e tra ch tet w erd en kön n en . D ie A ltsta d tstr a ß e n in d en G eb ieten der z w eiten u n d d ritten S ta d terw eiteru n g sch eid en für d en F rem d en verk eh r v ö llig aus.
A u ch die m eisten F rankfurter k en n en aus d iesen G eb ieten nur die h a u p tsä c h lic h ste n G esch ä ftsstra ß en u n d verm eid en es im a llg em ein en , die ein zeln en N o rd sü d g a ssen zu b egeh en . So is t die K en n tn is v o n dem w ahren Z u stan d d ieses T e ile s der A lt
sta d t leid er a u f geringe K reise b esch rä n k t. D e sw eg en is t es w ohl auch zu w en ig b ek a n n t, d aß d iese A lts ta d ttc ile in den K rieg s
u n d N a ch k riegsjah ren zu m T eil in sch lim m ster W eise v e r n a c h lä s sig t w orden sind. V iele H au seig en tü m er h a b en zw ar aus ihren a lt e n H ä u sern Jah r für Jah r erh eb lich e M ietein n ah m en h erau s
g ezo g en , h a b en aber für ihre H ä u ser zu m großen T e il seit 25 Jah ren n ic h ts g eta n . In fo lg ed essen sin d zah lreich e A lts ta d t
h ä u ser stark v erfa llen , zu m a l sic ja noch aus F ach w erk b esteh en u n d desh alb eher verk o m m en als H ä u ser aus fe ste m M auerw erk.
V iele d ieser B a u te n sind so w eit h eru n tergek om m en , daß sich die A u fw en d u n g w eiterer M ittel für ihre E rh a ltu n g oder W ied er
h erstellu n g n ic h t m ehr lo h n t. D ie B a u p o lizei m uß in sch on za h l
reichen F ä llen die H äu ser oder w e n ig ste n s ein ig e W oh n u n gen darin als u n b ew oh nb ar erklären und für die w eitere B en u tzu n g sch ließ en . In der S ch ilp p en g a sse, d ie ja in den ersten T eil der G esu n d u n g sm a ß n a h m e fä llt, is t n ach ein w an d freien F e s ts te l
lu n g en der B a u p o liz e i ein H a u s sch on ab geb roch en , w eitere zeh n H ä u ser sin d d e m n ä ch st p o liz e ilic h zu sch ließ en u n d noch w eitere 37 H äu ser sin d in so sch le c h te m Z u sta n d , daß sich die A u fw en d u n g w eiterer In sta n d se tz u n g s k o ste n n ic h t m ehr lo h n t.
N ur 21 H ä u ser k o n n ten dem b a u lich en Z u sta n d n ach als noch ein igerm aß en b efried igen d erklärt w erd en . Ä h n lich lie g t es n ich t nur liier u n d in den anderen G esu n d u n g sg eb ieten , son d ern auch in zah lreich en w eiteren A ltsta d tstr a ß e n der z w eiten u n d d ritten S ta d terw eiteru n g .
V o n v ie le n S e ite n w ird a n g efü h rt: „ W en n der p r iv a te H a u s
b e sitz e r die H äu ser n ic h t m ehr iu sta n d se tz e n k an n , d ann m ü sse eb en die Ö ffen tlich k eit (n atü rlich aus S teu erm itteln ) die K o s te n a u fb rin g en .“
B ei der riesen groß en Z ahl v ö llig heru nt ergew irt sc h ä fte t er A lt
sta d th ä u ser w äre es ganz u n sin n ig, j e t z t v ie le M illionen an Steu ergeld ern zu deren E r h a ltu n g au fzu w en d en .
S e lb stv e r stä n d lic h w ird m an die F ra g e, ob ö ffen tlich e G elder zur E rh a ltu n g d es W o h n ra u m s in der A lts ta d t au fg ew en d et w erd en so llen , n ic h t a llg em ein m it „ J a “ oder „ N e in “ b e a n t
w o rten k ön n en . M an w ird hier v o n F a ll zu F a ll en tsch eid en m ü ssen . A ber b ei der B e u rteilu n g d arf m an n ic h t nur v o n dem G esich tsp u n k t d es G esch ich tssch reib ers oder d es K u n s th is to rikers a u sgeh en . E in H a u s is t n ic h t dan n erh a lten sw ert, w enn früher ein m al irgen d ein in F ran k fu rts reicher G esch ich te b e k a n n t gew ord en er B ürger darin g ew o h n t h a t oder w e il irgendein k ü n stlerisch w e rtv o ller T eil m it d iesem H a u se v erb u n d en ist.
B e i der gan zen B e u rteilu n g m uß m an au sgeh en n ic h t v o n den H ä u sern , son d ern v o n den M enschen! D ie H ä u ser sind n ich t nur M u seu m sstü ck e, son d ern sie e n th a lte n die W o h n u n g en v o n H u n d erten und T a u sen d en unserer V o lk sg en o ssen ! D er Z w eck der A lts ta d tg e su n d u n g is t doch gerad e, durch B e se itig u n g der zu sta rk en B eb a u u n g der A lts ta d t dafür zu so rg en , daß für die v erb le ib e n d e n W o h n u n g en u n d R äu m e g en ü g en d L u ft, L ich t u n d S on n e g ew o n n en w ird.
M an h a t ein g ew a n d t: „ S c h o n se it H u n d erten v o n J a h ren seien in d iesen W o h n u n g en G en eration en n ach G en eration en a u fg e
w a ch sen , w arum s o llte n die W o h n u n g en j e t z t a u f ein m al u n zu reich en d se in ? “
So k a n n m a n n ic h t folgern . U n zu reich en d w aren die W o h n u n g en sch o n früher. W en n n och v o r etw a 30 Jah ren je d e s n eu geb oren e v ie r te K in d im ersten Jah r d a h in sterb en m u ß te , so w ar das n ic h t zu m m in d e ste n ein e F o lg e der u n zu lä n g lich en W o h n u n g s
v e r h ä ltn isse . In früheren Ja h rh u n d erten is t leid er d iese K in d e r sterb lich k eit noch v ie l größer g ew esen . D a m a ls h a t m an sich m it der trau rigen T a tsa c h e ab g efu n d en , daß ein e M u tter, die z e h n K in d er g eb o ren h a tte , d a v o n in der R e g e l n och n ic h t e in m al die H ä lfte groß zieh en k o n n te. W ir finden u n s d a m it n ich t m ehr ab und w o llen dafür sorgen , daß ein e so lch e V ergeu d u n g v o n M ensch en k raft u n d M en sch en glü ck n ic h t m ehr sta ttfin d e t.
W er jed e G esu n d u n g sm a ß n a h m e der S ta d t au s k u n sth isto r isch en G ründen b ek ä m p ft und je d e s a lte H au s aus irgen d ein er g e sc h ic h t
lic h e n E rw ä g u n g heraus erh alten w iss e n w ill, der d en k t zu v ie l an die S tein e und zu -wenig an d ie M enschen. W as aber is t w ic h tiger? D ie A lts ta d t is t k ein M useum , son d ern ein L eb en srau m für M enschen u n d m uß als so lch er erh a lten b leib en . M an darf die in der A lts ta d t w o h n en d en V o lk sg e n o sse n n ic h t zur leb en d en S taffage m alerischer A lts ta d tw in k e l h erab w ü rd igen w o llen . D ie se gan ze A u sein a n d ersetzu n g is t ja n ic h t a u f F ran k fu rt am M ain b esch rän k t. A lts ta d tg e su n d u n g e n g ib t es au ch in anderen S tä d te n . H am b u rg h a t große T eile sein es H a fe n v ie r te ls a b g e
r issen , ob w o h l dort ein zeln e H ä u ser g esch ich tlich u n d auch k ü n stlerisch v o n erh eblicher B e d e u tu n g w aren. B erlin h a t die K rö g clstra ß e, das ein zig e Ü b erb leib sel sein er ä lte ste n S ta d t
b eb a u u n g , den G esu n d u n g sm a ß n a h m en geo p fert. A uch K öln , K a s se l, B ra u n sch w eig u n d v ie le an dere S tä d te geh en daran, ihre A lts ta d t a u fzu lock ern u n d d ie B a u sü n d en v ergan gen er J a h rh u n d erte w en ig sten s zu m T e il zu b e se itig e n . S o llte F ran k fu rt am M ain sich hier a u ssch ließ en ?
E s g en ü g t k ein esfa lls — w ie m an es ein e Z eitla n g v e r su c h t h a t — , v o n d en A lts ta d th ä u se r n d en a lte n V erp u tz a b zu k lo p fen und das F ach w erk n eu an zu streich en , u m so ein en freu ndlicheren E in d ru ck in d en a lte n G assen zu erreichen. N o tw e n d ig is t v ie l
m eh r, d ie ü b erm äß ige B eb a u u n g a u fzu lich ten . D ieser N eu a n strich h ä lt nur für w en ig e Jah re. W en n die S ta d t aber je tz t das A ltsta d tp r o b le m a n p a ck t, so m uß sie v ersu ch en , die L ösung so zu g e s ta lte n , d aß für d ie n ä c h ste n J a h rh u n d erte e in brauch
b ares E rgeb n is erzielt w ird. W en n m a n aber a u f so la n g e Sicht r e ch n et, erk en n t m an gan z d e u tlic h , daß A ltsta d tg e su n d u n g u n d A lts ta d te r h a ltu n g n ic h t im W id ersp ru ch ste h e n , sondern daß nur durch G esu n d u n g sm a ß n a h m en ein e w irk lich e Erhal-
£
^ e le iid it u n g s ^ e z e p t !
‘ f y e tc . O s r a m - L i n e s l r a
aus rveißenv O paf -clLBecfangg£as
E in neuartiges L i c h t - B a u e l e m e n t ist Osram- Linestra, die blendungs
freie Glühlampe in Stab
form . Starke ästhetische Wirkung! Diese Lampe sollte Verwendimgfinden f ü r v o r n e h m e W oh n- r ä u m e , G e s c h ä f t s lo k a le , T h e a te r , S ä le ,
V e r s a m m l u n g s r ä u m e , A u s s t e l l u n g s r ä u - m e u n d K i r c h e n .
O S R A M
211
tu n g d es w e r tv o llste n T e ile s der A lts ta d t ü b erh au p t erst erm ög
lic h t w ird.
In W irk lich k eit w ird w o h l jed er v ern ü n ftig e M ensch zu g eb en , daß d ie A ltsta d tg esu n d u n g sm a ß n a h m cn auch in F ran k fu rt am M ain n o tw en d ig sin d . N u r finden sich b ei jed er ein zeln en M aß
n a h m e, die m an in V orsch lag b rin g t, ste ts B eu rteiler u n d V cr- u rteiler, die au sgerech n et d ieses V orh ab en für u n rich tig h a lten u n d der S ta d t em p feh len , dafür an irgen d ein er anderen S te lle zu g esu n d en .
W en n m an d iesen S tim m en fo lg t, so k o m m t m an p rak tisch ü b erh a u p t n ic h t zum H a n d eln , son d ern b le ib t im Ü b erlegen h ä n g en , u n d das w o llen w ir doch n ic h t!
Ü b er d as „ W ie“ der G esu n d u n gsm aß n ah m en k an n m a n im E in z e lfa ll durchaus streiten , w ie b ei a llen w ich tig eren L eb en s
fragen . M an kan n es n ie a llen rech t m ach en .
M an k an n aber d a ra u f vertrau en , daß der O berbürgerm eister der S ta d t F ran k fu rt am M ain sich in jed er W eise für d ie Er-
ST E U E R - UND R E C H T S F R A G E N
B a u leistu n g cn in den Stcu erb ilan zcn der B a u u n tern eh m u n g en Von RegieruTigsrat H a n n s E ckstein , M ünchen
H ier h a n d e lt es sich u m die F ragen , w ie h a lb fertig e, fertig e, aber noch n ic h t ab gen om m en e und ab gen om m en e B au w erk e für die S teu erb ilan z zur V eran lagu n g der E in k o m m en - u n d K örper- sch a ftsste u c r zu b ew erten sin d . G e s tü tz t a u f die v o n der R e c h t
sp rechung e n tw ick elten G rundsätze, so lle n d iese F ragen n a c h steh en d b e a n tw o r te t w erden.
I. U n te r „halbfcrtigcn B au w erk en “ ersch ein en in der R e g e l alle n och n ic h t ab gen om m en en B a u te n , also h a lb fertig e u n d fertige.
W a n n ein B a u als abgenom m en zu b eh a n d eln is t, k an n nur n a ch d en U m stä n d e n des E in zelfa lls b e u r te ilt w erden. N a ch bürger
lich em R e c h t (v g l. §§ 64 0 , 644 B G B ) b ed a rf es zu m V o llz u g der A b n ah m e k ein er au sd rü ck lich en E rk lärung, son d ern cs gen ü gen sin n en tsp rech en d e H a n d lu n g en , w ie das B ezieh en d es H a u ses d u rch d en B au herrn, d ie Ü b ergab e der B rü ck e an den V erkehr u n d dergleich en . D ie A n erk en n u n g der v ertra g sm ä ß ig en E rfü l
lu n g durch d en B auherrn w ird b ei der im S teu errech t geb o ten en w irtsch a ftlich en B etra ch tu n g sw eise u m so m ehr auch sch on stillsch w eig en d aus dem V erh a lten d es B auherrn b is zur F e r tig ste llu n g en tn o m m en w erd en k ön n en . I s t m it einer b eson d eren A b n ah m e durch den B au h errn n ic h t zu rechnen oder v erzö g ert d ieser d ie A b n ah m e, dan n w ird das B au w erk steu erlic h m it der F e r tig ste llu n g als ab gen om m en a n zu seh en sein .
I I . W elch e A u fw en d u n g en sin d für d ie B au w erk e in die S teu er
b ila n z u n ter die B e sitz p o ste n (A k tiv a ) e in z u s te lle n ? H ier is t steu erlic h zu u n tersch eid en zw isch en h a lb fertig en B a u te n und abgenom m enen B a u te n .
h a ltu n g aller w e r tv o lle n S ch ä tze der F ran k fu rter A lts ta d t, so w e it es ü b erh a u p t m ö g lich is t, e in s e tz t, zu m al d ie u n ter ihm im B a u a m t m it d ieser A u fg a b e b etra u ten B e a m te n ihre E ig n u n g für die sorgsam e B eh a n d lu n g a ller A ltsta d tp ro b lem e durch die W ied erh erstellu n g der K a rm eliterk irch e, d es R efek to riu m s im K a rm eliterk lo ster, d es K reu zg a n g es im D o m in ik a n erk lo ster u n d d en B a u d es G oeth e-M u seu m s erw iesen h ab en u n d für E in zela u fg a b en ein e R eih e v o n B a u k ü n stlern unserer S ta d t m it- w irk en w erd en . Im ü b rigen w erd en auch v o n a llen M aßnahm en d ie v o m S ta a t zur E rh a ltu n g alter B au d en k m äler e in g e s e tz te n B eh ö rd en u n d auch die A u fsich tsb eh ö rd en so w o h l b eim R e g ie ru n g sp rä sid en ten als b eim M inister g en au v e r stä n d ig t. E s w ird a lso n ic h ts u n ü b erleg t au sgefü h rt. E s w ird a u f a lle b e r ech tig ten W ü n sch e zur E rh a ltu n g a lter sch ön er B a u te n R ü c k sic h t g e n om m en . A b er H a u p tg e sic h tsp u n k t b le ib t im m er w ied er: D ie A lts ta d t s o ll „ g e su n d “ w e r d e n ! Ihre H äu ser so llen in k ü n ftig en Z eiten w ieder H e im a t für g lü ck lich e M enschen sein !
1. H albfertige B auw erke
J e d e s B au w erk , das n o ch n ic h t als abgenom m en im ob igen S in n e a n g eseh en w erd en k a n n , is t steu errech tlich a ls h a lb fertig es B a u w erk u n d als ein n o ch sch w eb en d es G esch ä ft a n zu seh en . D ie s b e d e u te t, daß hierfür in der S teu erb ila n z g ru n d sä tzlich nur d ie am B ila n z stic h ta g tatsächlich gem achten A ufiven du n gen a n g e
s e t z t w erd en dürfen u n d m ü ssen . Zu d iesen A u fw en d u n g en g e h ören n ic h t nur d ie unm ittelbaren K o s te n der B a u a rb eiten , w ie z. B . der A u fw a n d für M aterial, L oh n und G eräte, son d ern au ch die m ittelb a ren K o s te n , d. i. der T e il der so g en a n n ten G eneral
u n k o ste n , au ch G em ein k o sten , G e m ein sch a ftsk o sten g en a n n t, der a u f die H e r ste llu n g e n tfa llt, w ie z. B . G eh älter u n d so n s tig e B ezü g e der L eitu n g und der A n g e ste llte n d es Z en tralb ü ros, B ü r o u n k o ste n d e sse lb e n , V ersich eru n gen , B e tr ie b sk o ste n der L agerp lätze u sw . D ieser T e il is t ü b rigen s der ü b erw ieg en d e der G em ein k o sten . D ie a n te ilig e n H a n d lu n g su n k o ste n w erd en h ier
b ei w eg b leib en dürfen (vgl. E c k ste in , K a lk u la tio n der H a n d e ls
u n d In d u strieb etrieb e, S. 3 5 ff.). I s t der T eilw ert n iedriger als d ie ta tsä c h lic h e n A u fw en d u n g en , w a s z. B . d an n der F a ll sein w ird , w en n am B ila n z stic h ta g sch o n m it ein em V e r lu st zu rech n en is t , d an n d arf der u n ter d en g e m a ch ten A u fw en d u n g en lie g e n d e T eilw ert a n g e se tz t w erd en . D a m it w ird für das b etreffen d e B a u w erk in steu errech tlich zu lässiger W eise ein n och n ic h t verw irk lic h te r V e r lu st a u sg ew iesen . B e tr ä g e , die höher sin d als d ie t a t sä ch lich en A u fw en d u n g en , dürfen g ru n d sä tzlich n ic h t a n g e se tz t w erd en , w eil dadurch ein nichtvertvirklichter G ew inn a u sg ew iesen w ürde (§ 6, Ziffer 2 , S a tz 3 d es E in k S tG . w ird hier w o h l n ic h t p ra k tisch w erd en ). D er G ru n d satz der N ich ta u sw eisu n g ein es
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