Sonnabend, 24. Februar. .M" s. 1866.
—3. thgang
Die Verfafung
Wechenblatt stir das Welle
Erscheint jeden Sonnabend Pre
Zu den nächstenWahlen.
Wir wissen heute noch nicht, wann die nachsten Wahlen zum Abgeordnetenhause stathmden Werden Es ist möglich,daß wir schon im APULCUPden Wahltklch gerufen werden, aber für wah»kscheml»1ckz«k,)a«lsen Wsk es nicht. Vielmehr glauben wir, daß die Liimster
mitdem Wahlausschreibengenau» bis zum letzten Lage
wartenwerden, bis zu welchem sie nach den Buchstaben des Gesetzes warten dürfen. Nach dem Geiste der »Ver- fassung hätten sie freilich schonlängst das gegenwartige Abgeordnetenhausauflösen oder
vonihren Aemtern zu- rücktreten müssen. Denn das ganze Hand weiß schon seit Jahren, daß diese Minister »und dieses Abgeordne- tenhaus nicht im Frieden miteinander leben konnen·.
Warum sie es nicht können, ist so sonnenklar, dasz
wir gar nicht mehr darüber zu reden brauchen. Die Minister wissen das selbst eben so gut wie wir Alle.
Ein ministerielles Blatt hat ja noch neulich bei Gelegen- heit der großen Verhandlungen über den Obertribunals- beschluß gesagt, daß selbstverständlich zwischen diesen Minister-n und diesen Abgeordneten eine Verständigung ganz unmöglich sei. Doch die Minister wollen
nuneinmal in ihren Aemtern bleiben.
Mögen sie das;
nurmüssen wir dann auch sragent Wie denken sie wohl zum Segen des Landes regieren zu können,
wennsie in audauernder Feindschaft mit den Männern leben, die wir selbstzu Vertretern unserer Ueberzeugungen und unseres Willens »gewahlt haben?
Jhr Verbleiben im Amte ist
nurerklarlich, wenn sie wirklich glauben, daß wir bei der Wahl der Abgeordne- ten Uns ganze drei Mai haben tauschen liisien und daß die Abgeordneten gegen unsere eigene Erwartung Dinge sagen, die wir nicht gesagt haben wollen, und Dinge beschließen,
diewir nicht beschlossenhaben wellen.
Wenn aber die Minister darum in ihren Aemtern blei- ben, weil sie glauben, daß das Volk auf ihrer Seite Und nicht auf der Seite der Abgeordneten steht,
wasUM
haben sie dann das Abgeordnetenbausnicht schon
längst aufgelöst? Warum IhUU sie
esnicht
wnigstens jetzt, nach den gewaltigen Reden und Beschlüssen des
is
vierteljährlich
beiallenPreuß. Postanstalten ist-g Sgr.,
beidenaußekpkeu is
K —-
73x4 Sgr
«inBerlin
bei allenZeitungssSpediteuren
incl.Botenlohn
dieZeile
36Sgr. Sgr.,
inderExpedition, Taubenstk»27, ElLeUSXVstAUstalten Jnserate 9. und 10. Februar? Warum rufen ie ni tweni ten
jetzt die»Wähler des Landes zusamsnien,chdamitgbiesg
zwischen ihnen und »den Abgeordneten entscheiden, und, wenn»ihre eigenen früheren Wahlen ihnen leid thun soll- ten, nun solche Abgeordneten wählen, die mit den ge- geuwartigenMinistern und ihren Anhängern ein Herz und eine Seele, oder die doch wenigstens so gesonnen sind, daß»sie mit ihnen sich verständigen können?
»
Das ist eine Frage, die wir wahrhaftig nicht allein ausstellen, sie ist vielmehr schon hundert und tausend Mal und
vonallen Seiten
aiidie Regierung gerichtet worden. Ja, das ministerielle Blatt,
vondem wir
vor-(her sprachen, hat sogar schon eine Antwort gegeben, aber freilich eine Antwort, die womöglich noch verwunderlicher ist als
garkeine. Es sagt nämlich:
»Die Aussicht auf Verständigung kann es nicht sein, welche die Regierung veranlaßt, der Fortsetzung der Verathungen nicht sofort Einhalt zu thun: sie muß andere Grunde dazu haben«
Alio ,,andere Gründe!« Aber die ,,anderen« Gründe«
sind
esja eben, nach denen wir fragen, und-gerade die behält das ministerielle Blatt für sich. Nun, im Vektkauen gesagt, wir kennen diese ,,andern Gründe«
eben so gut wie die Tlicgicrtmg selbst, und unsere Leser kennen» sie
amEnde auch. Darum
werdensie
esauch nicht ubel nehmen, dasi wir sie ebenso für uns behal- ten, wie das ministerielle Bla:t
esthut.
Doch Eins ersehen wir
ansjener-seltsamen Antwort, nämlich, daß wir die
neuenWahlen schnerlich
rsordem Monat September oder Oktoberzu erwarten haben.
Dennoch ist
eshohe Zeit, dal; wir jtzt schon
ansie denken· Der Minister des Innern selbst hat uns dazu aufgefordert,
wennauch ganz gegen seinen Willen.
Er erllarte nämlich in der STtzng
Vom10. Februar,
daß die Abgeordneten einen »Eiuglisf in die richterliche
Gewalt-« versuchten,
wennsie gegen ein gerichtliches Ur-
theil protestirten, welches doch nach der bisherigen Ueber-
zeuguiig der preußisden Gerichts-leiseselbst eben auszei-
halb der »richterlichen Gewalt« liegt. Denn durch
Art. 84 der Verfassung, so wie
erimmer verstanden ist
und wie das Land ihn
auch noch heuteversteht, ist es ja den Richtern eben
veroten,»Uber die Reden im Abgeordneten- und Heri«enbause»ein Urtheil zu fällen.
Aber das hindert den Ministe-r»nrcht;
erbehauptet sogar, daß die Abgeordneten, daß Mauner, wie Waldeck, der doch auch seit länger als·25 Jslzren Obertrilsunalsiath ist, wie der Aiipellationsgerichxspkasldent Simson, wie der frühere Minister des Königs, Graf
v.Schwerin und
neben ihnen zweihundert und sechzig Manner, die das Volk selbst aus den Besten und Würdigsten im Lande auserlesen hak, daß alle diese Männer
vonder Rechtmäßigkeit dieses Protestes nicht einmal überzeugt wären; denn
ersagt, sie wollten mit diesem Pro- test weiter nichts machen, als ein Wahlmanöver.
Alle diese Männer also hätten nicht ihrer Pflicht
e-mäß das Recht des Landes schützen, sie hätten nicht ie Heiligkeit des Rechtes wahren wollen, sie hättenvielmehr
nur
einen Vor-wand gesucht,
umein ,,Manöver« auszu- führen, durch welches sie ihre Wiederwahl sichern wollten!
Wir haben wahrhaftig nicht nöthig, unsere erwähl- ten Vertreter gegen einen solchen Vorwurf noch erst in Schutz zu nehmen. Aber wir ersehen aus demselben, wie sehr die nächstenWahlen den Herren Ministern im Kopfe und
amHerzenliegen Wir sehen außerdem, wie im ganzen Lande, allüberall, die guten Freunde der Minister schon ihre Vorbereitungen für diese Wahlen treffen, wie sie überall sich bemühen, die Schwachen
undFurchtfamen auf ihre Seite zu ziehen.»· Lassen wir das auch für uns eine Mahnung sein, nicht die Hande
inden Schoß zu legen, sondern überall,
wowir es
ver-mögen, zu treuem Festhalten, zu muthigem Kampfe sür Recht und Wahrheit und für das Wohl des Landes zu ermuntern.
«
Wir brauchen nicht daran zu erinnern, daß wir
auch bei den
neuenWahlen unser Augenwerk
nurrich-
ten dürfen «an einsichtsvolle, vaterlandsliebende und willensstarke Männer. Wir werden
nurMänner wählen, die die Verfassung und die Gesetze des Landes so verstehen, wie sie
vonden Urhebern derselben verstan- den worden sind, nicht aber so, wie
mansie zu deuten in der letzten Zeit sichbemüht. Wir brauchen Männer, die alle ihre Kräfte daran setzen,daß die Verfassung und die Gesetze auch in der Wirklichkeit beobachtet und gehandhabt werden. »Wir brauchen Männer, die Herz und Sinn besitzen sur Alles, was zur Wohlfahrt des Landes nothwendig ist, Mannen die dahin wirken, daß mit dem Gelde und den Krasten des Landes
ver-nünftig und nach den Gesetzengewirthschaftet werde, die da wissen, wie die Last der Abgaben uns erträglich und die Einrichtung des Heeres dem Lande zuträglich gemacht werden kann, Männer, die es verstehen, wie eine gute Kreis- und Gemeindeordnring beschaffensein muß, die es erkennen, wie sehr die vollste Gewer»befrei- heit und Freizügigkeit
unsnoth thut-, und die Frei- heit des Glaubens und der Kirche und
einen ver-nünftigen Unterricht in Unseren Schulen als die unschätzbarsten Güter des Volkes anerkennen.
Das Alles haben wir längst gewußt und längst gesagt. Aber Eine Forderung ist eist jetzt in allen Gemuthern und in jedem Flecken des Landes, ja, in jedem Hause,
wodenkende Menschen wohnen,-zu einem klaren und vollen Bewußtseingekommen, es ist die Forde-
rung einer wesentlichen und vollständigen
Umgestaltung unseres ganzen Gerichtswesens.
—
Diese Forderung werden wir bei den näch- sten Wahlen
nunauch noch stellen. Sie ist keines- weges hervorgerufen durch den Beschluß des Abgeord-
«netenhauses
vom10. Februar, sondern einzig und allein durch den Beschluß des Obertribunals
vom29. Januar des gegenwärtigen Jahres. Sie ist
womöglich noch durch den Umstand verstärkt worden, daß die Regierung selbst es gewesen ist, welche die
sei? Beschluß des höchsten Gerichtshofes hervorgeruer
a«Welche Veränderungen in der bisherigen Gerichtsver- fassung nothwendig sind, werden wir in einer der näch- sten Nummern unseres Blattes darlegen.
Politische Wort-etlichen
,Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat
am16. d. M.
eine Sitzung gehalten, in welcherzuerst der Schisffahksg- Vertrag zwischen
demZollverein und England ge- nehmigt wurde. Dagegen stimmten
nur etwazwölf Abge- ordnete, Mitglieder der Fortschritts artei, welche, wie der Abg. John (Marienwerdei) ausfüisrth
esfür ihre Pflicht erachteten,
injeder Weise auf die Beseitigung des Ministe-
riumsvonVerträgen hinzuwirken, mit
undauswärtigen dasselbe nicht durch Mächten stärken
dieGenehmi
woung
ten.Das Haus ging daran zur Berathung
derAnträge über, welche in der Kölner Festangelegenheit gestellt
wordensind. Dieselben wurden, nach einer sehr eingehenden Debatte, mit großer Majorität genehmigt. Die Redner, welche das Verfahren
derRegierung rechtfertigtem
undgegen
dieAn- nahme der Resolutionen (welche wir in Nr.
6unseres Blat-
tesmitgetheilt haben) sprachen, konnten nicht die gewichtigen Ausführungen
derMehrheit widerlegen. Wie sehr sie nach Gründen suchen mußten,bewies
ambesten der Abg.
v.d. Heydt, welcher die Veranstaltung des Kölner Abgeordnetenfestes als einen versuchten Hochverrath charakterisirte, eine Ansicht, welche freilich selbst bei seinen Parteigenossen ein Lächeln des Zwei- fels hervorloclte. Der Minister des Jnnern meinte, die Re- gierung hätte·allen Grund gehabt, das Fest zu verhindern, weil es, in Hinblick auf
dasim Frühjahr stattgefundekleFest der fünfzigjährigen Vereinigung der Rheinprovinz
mitPreu- ßen, eine besonders gehässige Demonstraiiongewesen set.
Diese Resolutionen
desHauses, so
wiedieinder Lauen- burgischen Frage und über
denObkrtrtbunalw Beschluß gefaßtenResolutionen hat »der Pkasident Grabow dem jahrelang geübten Gebrauch gewiß dein Staatsministe-
riumzur Kenntnißnahinezugeschlckts Er hat darauf
am 19.d. M. folgendes Schreiben ekhaltem
Nachdem das Königliche Staatsministerium
vonEw.
Hochwohlgeborengesalllgen Schreiben
vom 3.,dem
10.und
dem 16.d.Mis. durch mich Kenntniß»krhalten, hat dasselbe beschlossen- kle Annahmedieser Schrittstücke abzu- lehnen, weil
diedann milgetheilten Belchlusse
inderdemKause
derAbgeordneten durch
dieVerfassung beigelegten
«ompeteuz nicht
nurkeine Begründung finden, sondern verschiedene Artikel der Verfassung ausdrücklich verletzen.
-Das Haus der Abgeordneten ist weder berechtigt, einen
von
Sr. Majestät
demKönige geschlossenen Staatsvertrag für rechtsungiltig zu erklären, noch richterliche »Ur-heil- sprüche anzufechten, noch
denBeamten der Exekutivgewalt Vorschriften zu ertheilen. Der Beschluß
desHauses
vom 3.d.Mis. verletzt den Art. 48,
dervom 10.d. M.
den Akt.86, der
voni16. d. M. den Art.»45 der Verfassung.
Die KöniglicheRegierung vermag uber rechtswidrig ge- faßte Beschlüsse keine amtliche Mitthsilung
vondem Prä- sidintn des Hauses entgegen zu nehmen;und« beehre ich mich daher, Ew. Hochwohlgeboren
dieiiberreichten Aus- fertigungen der Beschlüsse, betreffend das Herzogthum Lauenburg,
denAntrag
desFreiherrn
vonHoverbeck und die Petition
desClassen-Kappelmann in den Anlagen wie- der zuzustellen.
Berlin, den 18. Februar 1866.
«» »Der Präsident
desStaats-Ministeriums.
Graf
vonBismarck.
Da wir in einem besonderen Artikel unseres Blattes
aus-führlich über dieses Schreibensprechen so begnügen wir
unshier mit
dereinfachenMittheilung desselben.
Die Wirkung, welche der Obertribunals-Beschluß auf die gesammte BevölkerungPreußens, ja Deutschlands ausgeübthat, ist eine sehr große. Von allen Se»iten«liegen Nachrichten
vonVersammlungen
vor,welche sich sur die An- sicht aussprechen,
diedie Mehrheit
desAbgeordnetenhauses
inihren Resolutionen niedergelegt hat.» ij sind del dem de- schränktenRaum unseres Blattes nicht im Stande» alle diese Kundgebungenmitzutheilen, und lassen hier
nureinige wenige
ol
en.f an Berlin hat
am16. d. M. eine Volksversammlung, in
dermehr als 3000 Menschen anwesend
waren,stattgefun- den, in der eine Adresse
andas Abgeordnetenhausbeschlossen werden sollte. Nachdem diese Versammlung
von derPolizei aufgelöst worden, fand
am 18.d.M. eineebenso stark
be-suchte Versammlung statt,»
inwelcher folgende Adresse
andenPräsidenten Grabow beschlossen wurde:
»Herr Präsident!
Die heute in
der,,Alhambra« zu Berlin versammelten preußischen Männer erblicken mit
derMajorität des Ab- geordnetenhauses
indem Beschlüsse des Obertribunals
vom 29.Januar d. J.
einenjähen Angrssfauf die, durch das VIUk illrer Brüder und den Schwur ihres Königsgeheilt
teVerfassung. Wir betrachten «in dem tief verletzten Re
teunserer Abgeordneten unser eigenes Recht verletzt Und sind entschlossen,
dieden erwähltenVertretern des Volks in dem entbrannten Rechtskampfe
ausder Ekfüllungihrer Pflicht angedrohtenGefahren männlich Mit ihnen zu theilen.
chWik eklUchenSie, dem Hause hiervon Mittheilung zu
ma
en.«
Diese Adresse wurde einstimmig angenommen, und
am 19.d. M. dem PräsidentenGrabow durch eine Deputaiion
von30Mitgliedern überreicht. Derselbe erwiedekte daran etwa Folgendes: »Im Namen des Abgeordnetenhauses, dem ich
inder gewohnten Weise diese Adresse vorlegen werde, danke ich Jhnen für die Zustimmung, die Sie den Abgeord- neten in derselben aussprechen. Jch werde nicht verfehlen, deni Abgeordnetenhanse
vonder großenZahl,der Deputation Mittheilung zu machen
undwird dieselbe geeignet sein,
derAdresse größeren Nachdruck
zuverleihen.
»Recht erwähnt,daß sich das Haus in einer schwerenkritischen Lage befinde, aber nach
meinerAnsicht in keiner für Unsere Verfassungszustände trostlosen. Jch fühletief und schwer die Last, welche auf uns und
demVolke ruht, aber gestütztauf dasselbe, wird das Haus in der bisherigenWeise
treuaug-harren. Der Ausspruch: Das Gesetz unsere Wasse, das Sie haben mit"
Recht unser Ziel, die Freiheit unserKampspreisl wird unsere Richtschnur sein und bleiben. Jch bin ein alter Richter, aber treu dein Schwur geblieben,
denich iin Jahre 1840 bei
meinem
Eintritt in
daspolitische Leben geleistet habe· Die
Frage, welche König Friedrich Wilhelm IV.
ani15 Okt. 1840 an
unsrichtete: »Wollen Sie mir helfen
Undbeistehen, die Eigenschaften Immer herrlicher zu entfalten, durch welche Pkenßen
nntlejnen »nur
14Millionen
denGroßiiiächten der Erde zugesellt Ist- namlich: Ehre, Treue, Streben nach Licht, Recht Und WahrhesdPorwärtsschreiten in Altersweisheit
zu-gleich und heldenmuthiger Jugendkraft2« Sie habe ich zum Throne hinauf·mit einem »Ja« beantwortet. Dies ist
dasProgramm
meinespolitischen Lebens geworden und geblieben.
Meine Herren, auf diesem Boden habe ich bisher gestanden und
werdeauch fortan anf demselben stehen« Auch Sle werden den Boden des Gesetzes, des Rechts
undder Verfas- sung nie verlassen. Er allein führt
zumHeile.
—-Ich glaube Sie aus« einem Stande hier
ummich versammelt (entschu·ldigen Sie, daß ich mich dieses Ausdrucks bediene), welcher sich bis setzt weniger
ampolitischen Leben betheiligt hat. Doch erlauben Sie, daß ich die Worte eines Geschicht- schreibers
—. esist Gervinus
—anführe. Er sa
t:Es reift
an
den Bürgerstand ein anderer Stand herau. Eies ist ge- schehen. Mogen wir die Unterschiede immer mehr schwinden sehen,
dawir unseinig fühlen in der Liebe
zumVaterlande un»d zu der auf Recht
undGesetz und unserer Verfassung ge- grundeten Freiheit. Stehen Sie
unsin solchem gesetzlichen Kampfe auch ferner
treuzur Seite.«
Jii Köln hat
ain 16.d. M. eine sehr zahlreich besuchte Versammlung
vonMitgliedern aller Schattirungen der libe- ralen Partei stattgefunden(nach den Aeußerungeii
vonLeuten, welche mit den Verhältnissen in Köln bekannt sind, befanden sich
unterden Personen, welche sich bei jener Versammlung hervorragendbetheiligten, viele, welche
maneher zur konser- vativen-als
zurlieberalen Partei zählen kann), in welcher
eineZustimmungsadresse
an dasAbgeordnetenhaus und eine Anerkennungsadresse
anHerrn
v.Ammon verlesen und angenommen wurde. Die letztere sollte durch eine Deputation unter Begleitung eines Fackelzuges über- reicht werden, doch ist letzterer
vondem Polizeipräsideuten Geiger verboten worden. Es ist deshalb die Ueber- reichung ohne denselben erfolgt, wobei dem Herren
v.Aminon ein großes Ständcheii gebracht worden ist.
Derselbe erwiderte,
erkönne
dieAnerkennung, welche ihm hier und
ausallen Theilen des Staatas
vonzahlreichen Männern dargebracht werde, nur für die Sache, für welche
erausrei-
nemPflichtgefnhl eingetreten sei, annehmen. Er erkenne in der Redefreiheit der Abgeordneten
dasBollwerk der Verfassung. »Ich mußte-sprecher weil ich
vorallen berufen war, die jetzige Interpretation zu wider- legen- weil ich in zwei Perioden meines Lebens
ander Be- grundung der Verfassung mitgewirkthatte Auch meine Stellung als preußischer Richter
zwankg mich, fUt die heiligeSache des
Rechtes einzutreten. Man öiinte
esbetrübend
nennen,daß
einso schlichtes Wort, welches ich
iiurzur Ehre der Wahr-
heit ausgesprochen, so viel Aussehen macht,
wennnicht auf
der andern Seite die erfreuliche Wahrnehmung damit
ver-bunden wäre, daß
dieallgemeine Theilnahme
ausdemgesun-
den Sinne für Recht Und Gesetz-entspringt Wie tief das
Wort gewirkt, ersehen
wir ausder Sympathie des Volkes
auf
dereinen Seite, auf der andern
aus denVerdrehungen
einer akgljftigen Presse, die ihken Haß gegen jede freimüthige
Aenßerungausspricht. Indem ich Ihnen Allen meinen Dank
sage und jedem die Hand drücke,
bitteich Sie, lassen Sie
unsfesthalten
amRecht nnd Gesetz
Undlassen
d
Sie
unsdas Vertrauinnicht verlieren, daß beide zum Siege gelangen, denn Recht muß doch Recht bleiben.«
Wir lassen
aiidiese Mittheilung der Kundgebungen in
denbeiden bedeutendsten Städten
derMonarchie die Namen derjenigen Städte folgen,
ausdenenähnlichesberichtet wird'«):
Breslau, Stettin, Königöberg, Dguzig, INCng burg, Elberfeld, Aachen, Dramburg, Siegen, Bops Pakt, Mühlheim
a·d—R» Mühlheim
a.Rh» Lauen- bng (PDMWEI«U)- Göklitz, Bieleseld, Vohwinkel, Hamm, Graudenz, Krefeld, Remscheid, Frankfurt
a.
O., Berent, Bromberg, Gumbinnen, Nordhaus sen- LEUUEP- Haöpe, Westerbauer, Saarbrücken, Ascherslebelh Quedlinburg und Letinathe.
—Auch
ZU kEUUlchkpkellßischen Städten Hannover, Hildesheim, Darbng Und Bremerhaven haben ähnlicheKundge- bungen stattgefunden.
,
JJn Langenberg ist ein sauber gedrucktes Plakat
er-lchienen, welches die Ueberschriftträgt:
,,Erinnerung
anden 29. Januar 1866.«
Es folgt der Wortlaut
desArt.
84der preußischenVerfas- sung, sowie die Namen derjenigen Obertribunalsrätbe
undHülfsarbeiter, welche
am29.Januar die Majorität bildeten, sowie derjenigen Obertribunalsräthe, welche
inder Minorität
waren.Die Majorität bestand
ausdin Herren:
v.
Schlieckmann, Dr. Heffter,
v.Holleben, Dr. Kuhne,
v.
Tippelskirch, Eding, Dr.
v.Daniils, Donalies und Finck;
die Minorität:
Jäbsnigen, Frech, Weißgerber, Blömer,
v.Seckeudorff,
v.Schmitz, Reichensperger
undGoltdammer.
»(Jn
demPlakat steht irrthümlichstatt
desNamens Finck
derName Schulz-Völcker.)
Jn Mühlsteiin
a.R. ist
am17.
d.M. bei einer Nach- wahl zum Abgeordnetenhause der Kandidat der liberalen Partei, Fabrikant Richard Zanders mit 247 gegen 47 Stim-
nienzum Abgeordneten gewählt
worden.Oesterteich. Bei der immer schärfer hervortretende Span- nung zwischenPreußen
undOi.steireich, welche in einigen ängst- licheiiGemütheriischon die Furcht
voreinem nahen Kriege wach gerufen hat, sind die Fortschritte, welche die Aussöhnung
mitUngarn macht,
vonkeiner geringen Bedeutung. Dieselbe dürfte iii nicht allzulanger Zeit vollendete Thatsache sein, und da Oesterreich auch außerdem versucht, sich mit Italien auf einen freundschaftlicheien Fuß zu stellen, so
wird essehr wenig Neigung zeigen, die WünschePreußens in Bezug auf die endgültige Regelung der Herzogthürnerfrage zu be- rücksichtigen.
—-Dle Zurückweisuiig der Beschlüsse des Abgeordneten- hauscs durch das Ministerium.
.Der Verfassungsstreit zwkschen
demAbgeordnetenhause und
demMinisterium ist in einen·
neuenAbschnitt getreten,
wenn derStreit dies Mal auch Nicht die Sache selbst, son- dern
nurdie Form betrifft, in weltber
dieVerhandkxxqun bis jetzt gführt sind. Das Ministerium hat »dem Piasidenten des Abgeordnetershauss die Reseluiionen,
diedasselbe
inderLaiienbiirger Sache
am Z.d. M« und
derObertribunals- Sache
am10.
d.M.
undwegen Veihlnderlmg
desKölner- Abgeordnetenfestes
am 16.d.M. gefaßt,
undwelche der sa)
Beidenzahlreichen Nachrichten
übersolche Kundaebungen
können wirdieVollständigkeit
derNamennicht garantiren.
Präsident dem Staats-Ministerium ::.."-:·.-.inj;IU-Hssig- Wie blö- he«k- mlsgetheilt hatte, jetzt wieder zurückgegeben,
weildieselben,
wie es
in
derZuschrist erklärt, über die Kompetenz des Ab- eotdnetenhauses hinausgingen und verschiedene Artikel
dekerfassungverletzten. Jii
derganzen Nation wird
manwohl kaum zwei Meinungen darüber finden, welcher
unterdiesen drei Beschlüssen des Abgeordnetenhausesdiesen Schritt
desMinisteriums bewirkt hat. Unzweifelhaftist
esder Beschluß in der ObertribunalssSache gewesen. Dieser Beschlußhat eine erschütternde Wirkung in
derganzen Nation gehabt.
Das Ministerium hat
nun dasBedürfniß gefühlt, dieser überwältigenden Wirkung in irgend einer Weise entgegen zu
treten.Charakteristisch ist
esnun,daß
esdies nicht
unmit-telbar zu thun versucht hat, sondern
nurmittelbar
und nurindem
esnoch andere Beschlüsse in derselben Weise behau- delte, wie
denin der Oberlribunals-Sache,
derihm so schwer aus
demHerzen liegt. Einen
neuenGrund in
derSache selbst sübrt
esauch gar nicht
an.Jii
derVerhandlung
imAbgeordnetenhause hatte
esschon versucht, den Grund geltend zu machen, daß
dasAbgeordnetenhaus seine Kompetenz über- schreite, indem
esindieser Sache Beschluß fassen wolle. Es wurde ihm aber dort sogleich erwidert, daß
dasAbgeordne- tenhaus mit diesem Beschlüssenichts
weiterthue,
alsdaß
esgrade die Kompetenz
desObertribunals feststelle, welche dasselbe überschrittenhabe, und daß
dasHaus fern davon, seine Kompetenz erweitern zu wollen,
nurdem Ueber- griff des Obertribunals in seine Gerechtsame pflicht- mäßig zurückweise. Wenn das Ministerium bei dieser Gelegenheit auf den Artikel
86der Verfassung verweist, nach welchem die ,,richterliche Gewalt im Namen
desKönigs durch unabhängige-, keiner
anderenAutorität als der des Gesetzes unterworfene Gerichte ausgeübt wird«, so liegt in
demArtikel selbst
derbeste Grund für
denBeschluß
desAb-geordnetenhansesausgesprochen Es hat nicht etwa
vomOber-Tribunal verlangt, daßdasselbekünftEgnicht mehr seine Gewalt im Namen
desKönigs, sondern
imNamen
desAb- geordnetenhauses ausüben soll, sondern
eshat verlangt, daß dasselbe ,,keiner
andernAutorität« in Bezug auf seine Kom- petenz sich unterwerfen solle als der des Gesetzes,
undeshat dabei erklärt, daß
dasOber-Tribunal in
dembekannten Be- schlusseseine ihm in
derVerfassungausdrücklich vorgezeichnete Kompetenz überschrittenhabe.
Materiell wird also durch diese ministerielleZurückweisung in der Sache selbst kein
neuerGrund beigebracht,
dennin der Lauenburger Sache
undin der das Abgeordnetenfestes liegt die Sache noch einfacher. Forinell freilich vergrößert diese Zusüclweisung
denBruch des Abgeordnetenhauses
unddes Ministeriums
inbedentungsvoller Weise
undcharakterisirt nicht minder bedeutungsvoll die Stellung, welche·das Mi- nisterium
zurVerfassung und zur ganzen konstitutionellen Praxis einnimmt. Wenn
esglaubt, daß
MSAbgeoidnetew haus verfassungswidrigeBeschlüssegefaßt hat, so weist ihm der Artikel 51
derVerfassung
denWeg, dIJ
eseinzuschlageu hat:
esmuß das Abgeordnetenhaus auflösen. Das ist die einzig richtige Antwort auf
einennach seiner Meinung
ver-fassungswidrigenBeschluß
desAbgeordnetenhauiee.« Warum löst
esahkk
dasAkgeordnetenbaiis nicht aus? Weil die Er- eignisse der letzten Wochen dlUllich genug gezckgk hfckens Haß die ungehiuere Mehrheit des Volkes, ja jeibst
eingroßer Theil dekj.nigen, wslche das Ministerium bis 1-. tzt untesstiitzt haben,
denBeschluß des Abgeordnetenhauses «in
derOber- Tribiinals-Sache durchaus nicht für verfassungswidrig, sondern für vollkommen gerechtfertigt hält»
Druckund