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Die Zukunft, 9. März, Jahrg. XV, Bd. 58, Nr 23.

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XV. Jahrg set-Un,den9.MühIM.

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Inhalt

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DieErde als Wohnstätte Vongraute stryeniug . .....365

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Uachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5 Mark, die einzelne Nummer 50Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

Wilhelmstraße8a.

"1907.

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Femsptechet: Amt6No.2810. Amt9 No.5346.

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Berlin,den 9.März1907.

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Die Strecke.

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EJntenplätschertsUnsereinsrettetsich,so oftesirgend geht,insTroclene.

»O» Lese-,Bade-,Turnzimmerzoder in diemenschenwürdigereFeuchtig- keit derSchänke.EinzelnegewöhnensichansShampooing;um dieZeitzu vertreiben.DengrößtenTheildesTagesmußman schließlichdochimSaal oerhocken.KönnteendlichmalfälligeFamilienbriefeabwimmeln. Die Ge- legenheitwäregünstig;aberkeinHolunderstrauchverbirgtunsdemAugedes VorgesetztenAlsoran andieTribiine,"wegvonderTribüne;nurumsichBe- wegungzumachenKommissarohneKommissorium:Dasertrage,--wemsge- fällt. DerneunteTagl AllesMöglichefür eineGeneraldiskussion«die,wiedie KugelaufeinerRoulette,immerzwischenl-iougeetNoir hinundher läuft.

Stengel,dereinsteineKonzessionanbayerischeCentrumswünschewarundsich trotzdemnochnichtwellfühlt,liegtinleichtemSchlummer.DerLord-Protektor—

derKolonienhältsnichtlangeaufeinemStuhl aus;kann offenbardieZeitlaum erwarten,woseinNachtragsetatwiederandieReihekommt. VorPosadowsktj- dergesternbeinahewildwurde,alserdieVerleumdungausderbekannten Ecke abwehrteundbarschdieHaftpflichtderihmnicht geradeintimbefreundeten FirmaBethmannbetonte,wirdallstündlicheineneue Aktenbutgaufgebaut.

Pausirter,brütet,läßtdasvonmanchemSturm gezausteHauptsinken,dann ists,alsmüsseder Bartnun wirklichdurchdenBundesrathstischwachsen.

Höchstschaudervoll.DerSpaß kostetanDiätenalleintäglichungefährsieben- tausendMark.·RundhunderttausendalsoeineEtatdebatte, dieallewichtigen HaushaltsfragendesReichesunberührtläßt.NützlichereVerwendungdes Gel- des wärewohldenkbar.FünfzigStunden gedroschen:undnureinpaarKörn- chen·aufder Tenne. Jede Parteihat-demHohen Hausbisjetztmindestens

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350 DieZukunft-

dreiRednerzugemuthet.Jeder hatsämmtlichenVorrednerngeantwortet.Das kann,mitdemselbenMangelanGrazie,ininfmilumfortgesetztwerden.Wie esin derkostspieligenMaschine aussieht, möchtestDuwissen?WennDu DichmitflüchtighingekritzeltenNandbemerkungen(umdenAnstandzuwah- ren, markireichAktennotiz)heutebegnügenwillst, kannstDuserfahren.

Das Räderwetk arbeitetso laut, daßmandraußenglaubenmag, Alles seiinschönsterOrdnung.Jstabernicht.Wir wissen,wiesgemachtwird.Man läßtBravorufenundklatschen,daßderFußbodenbebt,lachtundzischtdem Gegner,auchwenn erGescheitessagt,insGesichtundschließtnachdemkräf- tigstenEffektchenschnelldieSitzung.Dann liestsichsgut; optime,weil in jederZeitungjanur derParteigenossezuausführlichemWortkommt.Hier schwankt,unterUnbesangenen,dasUrtheilkaumDas CentrumhatdasSpeech- rennen gemacht.SchonGroeberwarsehrwirksamundbereitetedenNational- liberalenzweibittere Stunden. HerrBassermannhattedie nationale Arbeit derCentrumspattei gerühmtunddannfürdengegensie,als den»stillenFeind vonKaiserundReich«,zusührendenKriegsogarausAmerikaSubsidiener- beten.Hatte dieLeistungdesKanzlers,mitdem ernunHändedrückeunddeut- scheG1üßetäuscht,kläglich,dieLagedesReiches durchunkontrolirbareKaki- netsregirunggefährdetgefundenzundsiehtdenHimmelnunmaienhaftheiter.

DannkamHertlingund hieltdiebesteRede,dieseitJahrundTagimReichstag zuhörenwar;eine,diefastallesvorherGesagteentkrästeteundhübschbedächtig diePapierwällezerbreschte.DerProfessor brachteeinenkostbarenFundmit:

Bismarcks Denkschristüber dieWahlaufgabedesJahres1878. Der Band

vonKohls BismarcksJahrbuchwar mirgesternundheuteeinLabsal. Hier einKosthäppchen:»DieNationalliberaleParteigingbaldso weit, daßossen derAnsprucherhoben wurde, daßdieRegirungfürdieeinzubringendenVor- lagen vorherdieZustimmungundGenehmigungderausschlaggebendenPar- tei oderihrer maßgebendenFührereinhole.Er wurdemitsolcherSchärfeund Rücksichtlosigkeitdurchgeführt,daßwichtigeVorlagendurchFraktionbeschluß im VorausohnejedeeingehendeBerathungimReichstagselbstundohnejech VersucheinerAmendirungkurzerHandbeseitigtwurden.Diesobeanspruchte

VormundschafteinerFraktion,welchedieMehrheitnichtbesitzt,kann keine Re- girungacceptiren.«DasTollste,wasimDezemberdem Centrum vorgeworfeu wurde,istdagegenKinderspiel;wurdenurschlimm,weilRichthofen,Stuebel, Etniunzulänglichwaren undBülowseineRuhehabenwollte.JedegroßePax- teiwill eben, offenoderheimlich,einBischenmitregiren;nur dieNaivsteu schreiendarobnochZeterWasistvondenAnklagen überhauptalserweislich geblieben?DerNachtragskreditwarbequemzuhaben-KeineMilitär-undMa-

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DieStrecke. 351

rinevorlageistindenletztenJahrenamCentrum gescheitert.FürdieKolonien hatshundertrnalmehrgethanals derFreisinn.DenSozialdemokratenhaben 1905auchdiebadischenNationalliberalensichfeierlichverbündet und deroffi- ziöseWahlmacherKeimfand nochjetztja Roth besseralsSchwarz.Daßdie BischöfeihrenWillen nichtdurchsetzenkonnten,zeugtgegendieBehauptung, dieKatholikenparteifolgegeistlichem,påpstlichem,ultramontanem Befehl.

Jchliebe die Leutenicht, mußaberzugeben,daßsieallegreifbarenAnschul- digungenwiderlegthaben.DerRest ist nichtSchweigen,sondernErzberger.

EinjungerHerr,der desCentrumsCentrum seinmöchte,sichinselbstgefälli- gernEiferVerhaut,alsZielscheibeschwerenGeschützesabergrößerscheint,alser ist.Danndie Sammelei fürdenPatria-Fonds,derbraveKandidaten fürden -Wahlgangaussteuerte.UnddieZumuthung,zuglauben,einGeneralmajo1-, der über denganzenApparatdesFlottenvereinsgebotundvondieserMacht- positionausmitderReichskanzleiverkehrte,habealsPrivatmanngehandelt.

DieStimmungistinsGrämlicheumgeschlagen.Zuersthießes:daßdrei DutzendSozialdemokratenaufderStreckeliegen,bleibesamos,auchwenn weiternichtsherauskomme.Dannbetrankman sichandemvorWeihnachten aufFlaschengezogenenPhrasengebräu.Schonals derKanzler,unterHallo undJuchhe, sprach,wurden dienüchternenKöpfezusammengesteckLEsklang ja;unddieClaquewarnichtfaul.AberzuvielTriumphgesang,zu vielEigen- lob,zumassiveGrobheit.WersichalsSieger fühlt,brauchtdenBesiegtennicht zuschelten.EinAbkanzlerDasNiveaurechtniedrig-ClemenceaucontraJau- råsscheintdanebeneinTitan.Alles,wasdiebessereLeitartikelsorteseitneunWo- chengeliefeithatte;Eigenbaunur dievierschrötigenWitze.Ein Staatsmann

hättenachkurzenthatsächlichenFeststellungengesagt:L’incident estclos;jetzt dürfenwirnichtmitAnklageundRechtfertigungdieZeitvertrödeln DerRedner wollte denerstenRauschnachHerzenslustauskosten.Manlachte; undhatteam nächstenMorgenHaarwehSatzvorSatzwurdezerslücktundvonall derHerr- lichkeitbliebnureinBischenGlanzpapierübrig.HertlinzkonntemancheHand drücken,die demKanzler Beifallgeklatschthatte. Sogar hierobenwardie Mehrheit für denFreiherrn, nichtfürdenFürstenWaren dieSchwarzendenn denRothenverbündet?SeitJahrennichtmehr.Wennman sieweiterärgern-, würden fiesthun;unddieZeitenwiederke«ren,woselbstBismarcknichtsRech-

teserreichte.Das Alles,weiltäppischerEiferzweiSubalternbeamteausun- bequemerLagezubefreien versuchtund ein eitlerJünglinggeflunkerthat?

Natürlichnicht.Jn der Centrale zähltDirJederdie Gründeanden Fingern her;brauchtaberbeideHände.DieSchwarzenwaren diewilhelmini- scheGardegeworden.VondakamkeinspitzesWörtchenüberdieGrenzenkaiser-

28Ik

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352 - DieZukunft.

-licherGewalt.SolcheZuverlässigkeitmußteerhaltenundbelohntwerden. H inc Einflußin die Gebiete allerReichsämter;hincMachtzuwachsderkatholi- schenMissionen.Dasging, solangemanrechtsundlinksvomCentrumRuhe hielt.MarokkobrachteManches,wasvorhernichtbemerktwordenwar,in grelleslTageslicht.Die Nationalliberalen wurdenschwieiig;selbstdieKonser- vativenaufihreArtkritisch.EinKanzler,dennurnochdasEentrum lobt,hateine undankbare Rolle undfälltinsBodenlose,wenn erobendenStützpunktverliert.

ZweiKämpfesindmöglich.Eineristnurdurchzufechten,wenn derEhrfurcht sichunbeugsameEntschlossenheitpaart, undkannimbeftenFallsachlichen,nie persönlichenErfolgbringen.Fürden anderengenügenoiellcichtSchlagwörter undHeldengeberden;undmißlingter,so pflücktderFallende nocheinen Lor- ber.Derleichterewirdgewählt.VonderSpitzehergerndieMöglichkeitwahr- genommen, denKanzlerin dasnachsolcherVerwirrungdoppeltschwereGe- schäftinnererPolitikabzuschieben.DerrascheErfolgdesneuen Kolonialdirek- torsbeweist,wieverhaßtdieschwarzenRegirungftützendemhörbarstenTheil derNation sind.MitHussagehtsindenKampf.Mit einerMannschaft,derauf BeutezwarHoffnunggemacht,abernichts deutlichBeftimmtes zugesagtist;

unddie,weilamEndedochwaszuholen wäre, nichtzuHausbleibenwill.

Jetzthabenwir denWurstkesselmitLorberreis geschmückt.Einbehag- licherAufenthalt ists nicht.SahstDuimSimplizissimusGulbranssonsBild?

Germania-sprichtda zumKanzler»Du kommstfreilichin dieHöhe;aber ich?«Richtigerundknapperläßtsichsnichtsagen.Hundertmal habe ichinden letztenTagenAehnlichesgehört;dtaußenundhier. Draußen suchtmanhin- terall demGetösewiederverborgenenSinn ,,Deutschlandwill Alles nieder- reitenzdieRegirungmachtmit demFlottenoereingemeinsameSache; seid aufderHutvordemgermanischenEhauoinismus!«Rechnungenausder Fremdewerdennichtimmer amnächstenTagpräsentirt;bleiben abernie aus.

Drinmerkt mansschneller.Jeder. EinzelneamusirtszdieMeistengenirts-.

Ueberallriecht(snachLack.Jchfürchte,derZauberhältnicht.DieKonser- vativenstöhnen:,,Kinder, erlöstunsausdiesergräßlichenSituation! »Weil- zweiCentrumsmännerEselsind,könnenwirdochnicht gegendieeinzige-Par- teilospauken,mit derfürunsnützlicheArbeit zuleisten ist.Siehat Euch ja Allesbewilligt.WolltIhrjetztaufdie Demokraten bauen?Sollen wir mit DeneuetwaeinStrafgesetzoder gar einBörsengesetzmachen,unsüber den amerikanischenHandelsvertragoder dasBankprioilegverständigen?«Auch- dennichtbenebeltenNationalliberalen wirdbang.Dergouoernementalge- wordeneFreisinn,dernichtmehranWehrforderungenknickert,kann,wieljeute

dieStimmungderHeranwachsendenist,eingefährlicherKonkurrentwerden-

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DieStrecke. 353

VonrechtswerdennachderMitteFädengesponnen.DieInteressen,diesich solidarischfühlen,strebenzu einander hin.DasPublikum spürtsnochnicht.

Hört BeifallundZischenunddenkt,derWagen laufeglattin denSchienen.

Wirwissen,welcheMüheesjetztschonkostet,ihnimGleiszuhalten.Undwieiro- nischuntervierAugenüber denBlockgeredetwirdNachHochzeitsiehtsnichtaus.

Bisher glaubteman,werkonservativregire, müssedieLiberalen,wer liberalregire,dieKonservativengegensichhaben.Das Kartellbietet keinen Gegenbeweis;dieLeuteMiquels,BennigsensundHammacherswaren west- elbisch,aberkonservativ;unddie Radikaleren waren,unterBamberger-ZFüh- rung,jaabgerückt.Jetzt sollmitRichtersErbenkonservativ,mitKanitzund Kröcher»entschiedenliberal«regirtwerden.Als obParteien,dieseitsechzig JahreninTodseindschaftleben,plötzlichuntereineFahnezusammelnwären.

UmdieseSturmkolonne,vonrechtsodervonlinksher,sprengenzukönnen,istam EndeauchdasCentrum vonheutenochschlaugenug. DieWahlhats wesentlich gestärkt;undwennHertlingRechtbehältunddieDemokratisirungnunschneller vorschreitet,haben wirUnwiederbringlichesverloren. Statt aufdiegroßen ZeichenderZeitzusetzenunddurch moderne, nichtmitParteifarbe getünchte Kulturpolitikin einemMenschenalterstillerArbeit denBereichdesPriesters einzuengen,habenwir daskatholischeVolkaus demVertrauen gerütteltund ihmdieMöglichkeitgegeben,überUndankund Untreuezuklagen.Muß nicht jedePartei fürchten,nachlangerJntimitätohneKriegserklärungüberfallenzu werden?SeinerDurchlauchtwirdnocheifriggrsatulirt,dieErörterungderhei- skelstenFragenerspartundderGefeiertekannhöherenOrtesvergnügtmelden:

»Allesgerettet!«Daswarja derZweck derUebung;diewirkliche»Forderungdes Tages«.Am Ende aller Enden aberbrauchtdasReich nichtnurSoldaten und Schiffe.Was derdenkendeKanzleralsZukunftprogrammaufgestellthat,war magerwie diedürrsteKuh aus PharaosTraum.UndauchdiesesKlappergeftell könntenichteinmalvonderGnadeder neuen Surrogatmehrheitleben.Dasist heute,amzehntenLebenstagdesgeleimtenReichsparlamentes,schonsicher.

Nurwennwirunthätigbleiben,können wirWohlseinheucheln.Nurwenn auch

»inPreußenAllesvermiedenwird,wasrechtsoderlinksernstlichbeunruhigen könnte.Deshalb mußmitbeidenberliner Volksvertretungensobehutsamver- fahrenwerden wie mit einergekittetenPorzellanvase.Deshalb versuchtdies- malauchNiemand,dieRedesluthzudämmen,dienunschonlängeralsfünfzig Stunden währt:trittEbbe ein,sosiehtman vondraußendieSandbank, aus derwirsitzen.UnddeshalbhocktUnsereins alsunnützesMöbelaufderEstrade, schlemmtodertreithimmergymnastik,horchtaufdiekraftlofeBrandungund ckannnurtrübsinniglächeln,wenn siedraußenallzulautViktoria schießen.

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(8)

Ok-U!II DieZukunft.

Verlorene Handschriftenis

lsichvor langen, langen JahrenFreytagsRoman»DieverloreneHand- schrift«las, ahnte ich nicht, daßmirinmeinemAlterdiePflicht auf- erlegtwürde,ManuskriptenmeinesBruders FriedrichNietzschenachzujagen,die in fremde Hände gekommensindund derenSpur plötzlichaustauchtundwieder verschwindet,bisherabernur zumTheilzuglücklichenFundengeführt hat.

Wiejener HelddeserwähntenRomans, glaubtman sichbeisolcherVerfolgung einerSpur hierund dawie durch einTrugbild genarrt, fühlt sichplötzlichaber derErfüllungder lühnsten Hoffnungenganznah. JchwillhiermeineEr- fahrungen öffentlichmittheilen; vielleichtfinde ichdannauchbeiFremden Hilfe.

Jch muß vorausschicken,daßmein Bruder niemalshalboderganz voll- endeteManuskripteaus derHand gegeben hat;erhattedagegeneineaußer- ordentlicheAbneigungund zogesvor,seineälterenNiederschriftenzuver- brennen,nur damitkeinfalscher Gebrauchdavon gemachtwerden könne.So schreibt Herr Peter Gast: »Die erstendreiManuskripttheiledesZarathustra habenNietzscheundich, trotzmeinem Widerstreben,imHerbst1887 aufdem HerdderKontessenDiedo inVenedigverbrannt. GlücklicherWeise entging diesem Schicksal wenigstensdervierteTheil,daersichmitanderen Druck- manustripten Nietzschesin meinerHeimath befand.«

Wennesmirnun gelungen ist,eineganzeKisteNiederschristenmeines

·

Bruders ausdensechzehnJahren1868bis1884,diejetztdenHauptinhalt derphilologischenSchriftenunddesneunten und zehntenBandes dergroßen Gesammtausgabebilden,außerdemBeiträgezudenspäterenBänden gaben,

vor demVerbrennen zu retten,sowar daran dasganzmerkwürdigeVertrauen schuld,dasmirmeinBruder inHinsicht auf seine ManuskripteundVerlags- angelegenheitenvonJugend aufbis zu meinerVerheirathungundUebersiede- lung nachParaguay geschenkthat.Aberselbstdannnoch forderteermich manchmal auf, solche AngelegenheiteninOrdnungzubringenoderihmmit- zutheilen,wo sich diesesoderjenesManuskript befindenkönnte. Danun ein Briefaustausch zwischenEuropaundmeinesMannes KolonieinParaguayein vollesVierteljahrinAnspruch nahm,war esoft recht schwer,von dortaus zurathenundzuhelfen;denninzwischenhatten sich oftdieganzenVerhält-

-E-)Nachdem dieserArtikellängst geschriebenwar,wirdmireinBüchleindes Dr.ErnstHorneffer zugesandt,dassichmitähnlichenMaterien beschäftigt»Jchwerde spätergelegentlichdarauf zurückkommen.DasBüchleinleidetandemselben Fehler wie allegegnerischenExpektorationen:esignorirtdenwahren Sachverhalt,wasLeser und Autorzu bedauernhaben. Auch istDr.Ernst Hornefferzukurze ZeitimNietzsche- Archivangestelltgewesenund seine Thätigkeitwar mit zubeträchtlichenHerausgeber- fehlern verbunden,alsdaßesihm möglichwäre,richtigundunbefangenirgendwelche AngelegenheitdesArchivsoderderGesammtausgabezubeurtheilen.

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Verlorene Handschristen. 355

nisseverändert.Daßeraberauchvon dortaus meineHilfe beanspruchte,lag nur daran,daß ich wohldieEinzige gewesenbin,diemitseinen Manuskripten vertraut warUndsievorAnderen, nachmeinesBruders Wunsch,verborgen hielt.

Man stelle sichnun meinpeinliches Erstaunenvor,alsich imHerbst 1893endgiltigvonParaguay nach Deutschland zurückkehrteundmirvon ver- schiedenenSeitenmitgetheiltwurde,daßManuskriptemeines Bruders inDeutsch- land von HandzuHand gingen·Wiewar Dasgekommen?

AlsProfessorOverbeck inBasel anfangs Januar1889 meinenerkrankten Bruder ausTurin holte, hatteernur fürdentheurenKrankenundfür dessen Manuskriptezusorgen.Erwußte,wieunangenehmesmeinemBruder war, wenn seineNiederschristeninfremdeHändekamen.Statt nun alleManuskripte, jedesvon meinesBruders Hand beschriebeneBlättchen zusammenzupackenund bei derReisemitdemKrankenmitzunehmen,wieesdasRichtige,dasEin- fachsteunddiewenigsteZeitRaubende gewesenwäre, fängtOverbeck eine Art Sichtungan, diedochindenwenigenStunden seinesAufenthaltesin Turin garnichtgewissenhaftvorgenommen werden konnte.ErschildertinderNeuen Rundschau (Januarhest 1906)denganzenVorgang, spricht sehr respektlosvon demhintrostloser Weise angewachsenenWust derSkripturen Nietzsches«,sucht Niederschriftenzu»entferncn«,alsozuvernichten,von denenerin derSchnellig- keit annimmt,daß sie ,,ErzeugnissedesWahnsinns«gewesenseien, läßt ,,völlig Unleserliches«liegenundnimmtnurEinigesansich.Vondiesem»Wust Skrip- turen«habenwirso wenig erhalten, daßderAusdruckunbegreiflicherscheint,

wenn Overbecknichtsehrvieldavon vernichtetundliegen gelassen hat«Er überträgtbeiseiner AbreisedenitalienischenWirthendasEinpackenundNach- schickenderausgewähltenManuskripte.Ein italienischerBekannter meines Mannes hatuns dann mehrereWochen nachderKatastrophe geschrieben,daß die dortliegen gebliebenenPapiere wohlverbrannt oderverzetteltseien (er gebrauchteinenitalienischenAusdruck, derungefährso übersetztwerdenkann).

Jstnun damals Wichtiges liegen geblieben?Overbeckbeunruhigt sich selbstin denerwähntenBriesendarüber. SchließlichsindmirHandschriften zumKauf angebotenworden,dienur ausTurin stammenkönnen undwahr- scheinlichzuden Papieren gehören,dievon Overbeckals»völlig unleserlich«

bezeichnetworden sind. Jch muß michgegendiesenAusdruckverwahren;der Text dieser Niederschriftenist gutzuentziffern.Washeißtdennüberhauptun-

leserlichZJetzt solleinManuskriptStendhalsveröffentlichtwerden,dassechzig Jahrealsunleserlichgegoltenhat.Wennabersolchealsunleserlich bezeichnete einzelneBlätter inTurin liegengebliebenundinfremde Hände gekommen find, so istesnichtausgeschlossen,daßDies auch nochmitanderen Nieder- schriftenvon größeremUmfang geschehenist. Jch mußaberausdrücklichhinzu- fügen, daßdenWirthsleutenmeinesBruders inTurin nichtdiegeringsteVer-

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356 DieZukunft.

untreuung zugetrautwerdendarf.Daswaren ausgezeichneteLeuteundmeinem Bruder sehr ergeben; siewürdenesalseinUnrecht angesehen haben, irgend einKleidungstückzurückzubehalten;abersie hattenkeineAhnung (nachdenVe- richten jenes italienischenBekannten), daß daseinzig WerthoolleinderHinter- lassenschaftmeinesBruders seine beschriebenenPapierewaren. GeradederUm- stand, daß ProfessorOverbeckselbst Papierealswerthlos liegen gelassen,viel- leicht auchinihrer Gegenwartverbrannt hatte,wirdihnenden Glauben ein- geflößthaben, daß auchandereSkripturenwerthlosseien.Wieleichtkannin irgendeinerEckenocheinHeftmitNiederschriften liegen geblieben sein,das sichdann einanderer Hausbewohner angeeignet hat!DieWirthsleute selbst hatten Mißtrauengegen einenMiether,der imselbenStockwohnte.DieHand- lungweifeOverbecksist völligunerklärlich.WennerdurchausEtwasverbrennen wollte, sowäredazuinBaselbeiruhiger Ueberlegung, nachdemersichmit unsererMutter darüber besprochenhatte, sicherlichbesserZeit gewesen.

«

Sobald unsereMutter durch ProfessorOverbeckvon der Erkrankung ihres geliebtenSohnes benachrichtigtwar (leidervielzuspät!),reiste sienach Basel,um denKranken zusichzuholen.Beidiesem ZusammenseintjMitte Januar1889) übernahm Professor Oderbech nacheinerVerabredungmitun- sererMutter, dieFürsorge füralleliterarischenAngelegenheitenNietzsches.Er bestätigtediese »Abmachung«ausdrücklichundeingehendineinemanunsere Mutter gerichtetenBriefevom vierzehntenApril 1889; sie nahm deshalbbe- stimmtan,daßOverbecksämtlicheHandschristenihres Sohnes,dienachseiner Erkrankungin Turin,Genua,besondersaberinSils-Maria liegen geblieben waren, zusich nach Basel habekommen lassen.AlsunsereMutter Professor OverbeckdieFürsorgefürdieHandschristenübertragenhatte, glaubte sie,Alles gethanzuhaben,um denBestandderManuskriptezusichern;dennOverbeck galtuns undallgemeinalseinepeinlich gewissenhaftePersönlichkeitLeider ister· aberdieserAbmachungmitunsererMutter insehrunvollkommener Weise nachgekommen.NichtetwaausMangelanGewissenhaftigkeit,sondern,weil seinliterarisches Urtheil bedauerlicherWeise NietzschesNachlaßgegenüberun-

begreiflich geringschätzigwar. Nurmitdem,,Antichrist«machte Overbeck eine Ausnahmeund schrieb ihn,weilerihn hochschätzte,für sichzuseinem Haus- gebrauchab.DenübrigenNachlaßmußerkaumderBeachtungwerthgehalten haben.Obgleichihn Peter Gast mehrfachdaran erinnerte,daßin Sils-Maria jedenfalls noch Manuskripte Nietzschesliegen müßten,ließeranderthalb Jahre nachderErkrankungmeinesBruders vergehen, eheersichüberhauptdortnach ihnenschriftlicherkundigteund meines Bruders ehemaligen Hauswirth auf- forderte,etwaVorhandeneszuschicken.

Wasnun inzwischenmitdiesen unbehüteten,herrenlosen Niederschristen meinesBrudersinSils-Maria geschehenist, erzähltunsdernachfolgendeBrief,

(11)

Verlorene Handschriften. 357

denicherstim Sommer 1905von einemmirbisdahinvölligUnbekannten, Herrn H. Petit, erhalten habe. Jch muß vorausschicken,daßmein Brudersieben Sommer nach einander,1881 bis88, indemselben HausundZimmerbei HerrnDurischin SilsMaria gewohnt hat.DasZimmerbliebinzwischenun- benutzt,sodaßmein Bruderin denfestverschließbarenWandschränkenManuskripte, KleiderundBücherzurückließ,umsie imfolgendenSommer dort wiederzu finden-

Herr Henry H. Petit schreibtmir:

,,Wehlen a.-«Elbe,am sechsten August1905. Sehrgeehrte gnädige Frau!

Jch habe JhrFeuilletonimBerliner Tageblattvom sechsundzwanzigsten Juli .,Nietzschesliterarischer NachlaßundFranz OderbeckgelesenundbitteSie, Jhnen dazu Folgendes erzählenzudürfen. Jm Jahr1890lebteichinBerlin alsjunger Buchhandlungvolontär;ich hatteausliterarischen InteressenmeinjuristischesStudium aufgegebenundbereitetemichvor,nun in denVerlagsbuchhandel einzutreten. Kurz vor meinen Sommerferienfielmirein ArtikelderNationalzeitnngüberFriedrich NietzscheindieHände, vondemichbisdahinniemals gehört hatte,undinden folgenden Wochen ging ichtrunken derncnen Schönheiteinher,dieübermichans seinenschnell gekaustenWerkenhereinbrach. Selbstverständlich hatte icheinpaar BändeimKoffer,alsichbalddaraufmitmeinenAngehörigeninsEngadin reiste.

JnSils-Maria fandenwirzusagende Wohnungundschonam nächstenMorgen saß ichmitdenMeinen aufdermärchenhaft schönenHalbinsel Chastå,las aus Jenseits von GutnndBöse«vorunddiskutirte darüber· Eswar,alswenn in derleichten,reinenLuftseine Gedanken leichterundreiner zumLeser gelangen könntenalsunteninderdunstigenEbene;nnddieFreudeund die Sonne strahlten immer schönerinjenen glücklichenTagen. Auf einmal,mitten inmeinerjungen Begeifterung,trat mir insBewußtsein, daß ich ja hierinSils-Maria meinem

neuen Heldenganzbesonders nahwar,daß ich hier auch den Menschen Nietzsche

findenmüßte;war es,weilichunter manchen Vorreden denOrtderEntstehung fand,odermeldetesichdieErinnerunganEinzelheiteninjenemZeitungartikel,der michzuihm geführt hatte: ich weißesheute nicht mehr.Undnun begannein eifriges Suchen und Spürenimkleinen Ortbeijedem Einwohner,dernurirgendRede nndAntwort stehen wollte,wieNietzscheausgesehen habe,wieseine Lebensweise war, obermenschenscheugewesen sei,undtausend Fragen mehr.Aberwasicher- fuhr,war nur wenig.Allesprachenvonihm freundlich, Einige fast liebevoll, sie rühmten seine stete kindliche HeiterkeitunderzähltenzumBeweis, das;erkein Men- schenseind gewesen,erhabe sogardemVerschönerungvereinGeldbeträge gegeben zurErrichtungvonBänkenundzurAnlagevonWegen auf seiner geliebten Halb- insel Chast6.AberirgendwelcheEinzelheiten,diemichdenMenschenkennenlehrten, erfuhr ich nicht«Dabegleitete icheinesTagesmeineDamen zu einemkleinenEin- kaufbeidemKrämerundstellte natürlich auchanihndieFrage,oberNietzsche gekannt habe.Mein Glück war groß,alsDurisch (so hießerja wohl) berichtete, Nietzsche habebeiihm gewohnt,undsich anbot,mirdasZimmerzuzeigen.Oben angelangt, fragte ichdenKrämer,oberzufällig irgendeinBlatt mitNietzsches Handschrift nochbesäße,dasermirgeben könnte; ich würde mich freuen,ein per- sönlichesAndenkenmiteinerbeliebigenZeile, meinetwegenganzgleichgiltigen Jn- haltes,zuhaben.Daraus öffnetederKrämer einenindieMauer eingelassenen

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Was u.ns noththut vor Allem und was zuerst durch die Ber- fassUUg gesetzlich begründet werden muß, ist innere Festigkeit und- ge- schlossene Haltung dem Ausland gegenüber. Haben

men. Die von Ehrhard begehrte einflußreiche Stellung der Laien innerhalb der Kirche dünkt ihn nebensächlich. Den Coelibat möchte er beibehalten wissen, weil ein

»Die Spinnstube war ursprünglich der Geselligkeit aller Dorfgenossen ge- widmet. Auch die älteren Gemeindeglieder fanden sich in ihr zusammen und es bestand eine verständig

Jch glaube nicht, daß es viele urtheilssähige Leute giebt, die als das »Opfer« dieser Strafverfahren den Untersuchungrichter erkannt haben; wohl aber kann ich Herrn Reinhold

Dieser Legendenromangehört zu den Büchern, die ihr Bestes erst hergeben, ihre Schönheitenerst ganz enthüllen, wenn man sie öfterliest. Die fesselndeHand- lung und der Reiz der

Dank fordern wir nicht; denn wir handeln, wie wir müssen, und folgen nicht der Profitsucht, sondern des Gewissensmahnendem Ruf.« Einer Partei, die nach ihremHauptwahlsieg

von ihm einfach, er mache sich der Pfuscherei schuldig. « Wird Dies so ganz im Allgemeinen ausgesprochen, dann wird es sicher- lich bei keinem denkenden Menschen auf

Wenn auch meiner Vorstellungart nicht eben immer dem Verfasser sich zu fügen möglich werden konnte, wenn ich hier und da Etwas zu vermissen schien,sv swaren doch die