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Die Zukunft, 9. März, Jahrg. XX, Bd. 78, Nr 23.

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XX. Jahrg. Berlin.den9.März19l2. Ut.23.

W- --

Herausgeber-:

Maximilian Hardm

Inhalt:

Selie

Deutschland undEngland ...... ... . ........307

Ell-rechtvonKechenberg. VonHans Zeche ........... 317

Deutscheverfammg. VonIofef von Görres . 323

Eckhkromonopob voncadon ............ .......833

Unchdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend.

preis vierteljährlich5Mark.dieeinzeer Nummer 50M.

CHO-

Berlin.

Verlag der Zukunft

WilhelmstraßeZa.

1912.

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Berlin, den 9.März 1912.

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Deutschland und England.

WennnichtalleZeichentrügen, sinddieleitenden Männer in Berlin undLondon zuderEinsicht gekommen, daß.dereng- lischsdeutschenlatenten Gegnerschaft endlichein Ziel gesetztwer- denmuß.War dochdieSpannung allmählich so straff geworden, daß jedenAugenblick irgendein nichtzuberechnender Zufall diesen Antagonismus inoffene Feindschaftverwandeln undl den Krieg herbeiführenkonnte. Bei kühler Abwägungaller Chanceneines solchen Krieges mußte fichaberbeiden Regirungen dieUeberzseus gung aufdrängen, daß,schon durchdieVerschiedenheitder Krieg- führenden (erste Seemachtund erste LandmachtderWelt)dievölli- geNiederwerfung desGegners ausgeschlossen ist, daß.eineschwer zuverwindende wirthschaftliche Schädigung auchsdesSiegers un- vermeidlich wäre und daß.der Vortheil aus der gegenseitigen Schwächngnur Dritten sziele ;zunächst-denVereinigten.Staaten.

Trotz dieserklaren Sachlage bereitet ein großer Theil der Publizistik beider LänderdermühevollenArbeit Derer,dieabge- risseneFäden wiederanknüpfen möchten,immer neue Schwierig- keiten-Selbstinangefehenen deutschen Blättern wirdauch jetzt noch eine agressive Politik empfohlen und beinahe täglichden Lesern ldas alte Lied vom perfiden Albion vorgesungen. Gefchmackvoll

nennt man Jedeneinen Simpel,dernicht darauf schwört,daß«die

Engländeruns imvorigenHerbstheimtückischüberfallenwollten.

Jn ,,Scharfmacherorganen«übertreiben Politiker, diesichwildge- bevden,manchmal wohlwider besseres Wissendieuns von Eng- land drohenden Gefahren,um inder inneren Politik eineihnen

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308 DieZukunft.

erwünschteWendung zubewirken und,wenn möglich, Konfliktemit

dem neuen Reichstagzuerzeugen. Auch siehtesfast aus, als ob

einzelne Marinehäupter,von ihrem RefsortsStandpunkt aus,ge- meinsammitdenFlottensVereinem kräftiginsFeuerbliesen,nur um ihrenWünschen fürdenFlottenbau, beidervielleichtniewie- derkehrenden GunstderStunde, Erfüllung zuschaffen.All die-se Hinderungversuchesindsum-so bedenklicher,alsdiegroße Massedes englischenVolkes,dersievon einer gleich-falls vielfachvor-einge-

nommenen Pressezur Kenntniß gebrachtund oftgenug aufge-

bauscht werden, sie durch-aus ernstnimmt. Ohne praktisch-en Nutzen erschweren siedas Bestrebenderstaatsmännischdenkenden Poli- tiker,dieimvaterländischn Interessedenbritischsen Argwohn, auch dasdeutsche Vorurtheil überwinden und diebeiden Nationen all- mählichzufreundlicheren Beziehungen hiinüberleitenwollen-

Vielerlei hat sichimLaufderletzten zwanzig Jahre zwischen Deutschlandund Engl-andgestellt.Vor Allem ist«daunserwirth- schaftlichses Ersstarkenzunennen, der ungeheure Aufschwungun- serer Industrie unddieSchaffung einer rasch wachsendenHandels- flotte. Zwarsteht siean Tonnen-—- und Schiffzahlnochimmer weit hinter derenglischen (die sieumdasVierfache übsertrifft), ist aber, beiprozentuial schnelleremAnwachsen, vonallen Handelsflotten derWelt dieeinzige,die,beiderVortrefflichikeit ihresMaterials und ihrer Mannschaft, qualitativ denVergleichmitderenglischen nichtzuscheuen braucht.Sounbequem dieseFortschritte auchden an eineMonopolstellung inallen See- und Handels-Dingen ge- wöhnten Engländern waren, soviele Hindernisse uns aucheng- lische Konkurrenz und englischerNeid bereitet hab-en:derVersuch gewaltsamerUnterdrückungdeslästigenMitbewerber-s istvon den Briten bisher nicht gewagtworden. DieMöglichkeiteiner solchen Repressionwar um somehrgegeben,alsEngland mindestens der wohlwollenden Neutralität der wenigen Mächte sicherwar, die uns ineinem solchen ungleichenKrieg beispringen konnten. Also thatsächlich(obmitmehroderweniger Grazie: Dasändert an dem Faktumnichts) hat sichEnland mitunsererNebsenbuhlerschaftab- gefunden;inderrichtigenErkenntniß, daßeinfleißigesund in- telligentes Volkvon fünfundsechzigMillion-en Nienfchsenunmög- lich aufdieDauer vom Welthiandelund vom Ozeanauszuschließen istund daßderErdball für englischeund für deutsche Kaufleute nochRaum genug hat,wenn guter Wille theilenhilft.

l ZMitunserer Handelsflotte wuchs iaberauchdiedeutsche Kriegs- marine;und siehat jetzteine Stärke erreicht,diesieberechtigt,den Kampf (wenn wirvon England absehen)gegen jede europäische

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Deutschland undEngland. 309 Großmachtflottemit der Aussichtaus sicheren Erfolgzuwagen.

Das londoner TNarineamt meint sogar, daßdiedeutsche Flotte, beider Schnelligkeit ihrer Niobilmachung der Tüchtigkeit ihres Personals und dem guten Zustand ihres modernen Materials, selbst für England eingefährlicherGegnerist. Nianchie Fachmänner (noch neulichderbekannte amerikanischeAdmiral Mahan) riethen deshalb der englisch-en Regirung, nicht mehrzuwarten, sondern unsereFlotte zuvernichten,solangederSieg noch mathematisch gesichert scheint, oder,wenn man dasOdium desUeberfalles scheue, der deutschen Begirung ein Ultimatrr Jzu stellen: Berzichtauf weitergehende Flottenvermehrung oder Krieg.Die englisch-eRe- girung istdiesen Bathschlägennicht gefolgt; sie hatnur zuerstan- gedeutet und dann offen ausgesprochen, daß ihrdiedurcheinen Vertrag geregelte BeschränkungderSeerüstungen sehr erwünscht wäre.Hier soll heutenichterörtert werd-en,obsolch-eBeschränkung praktisch möglich ist.Die Engl-änder behaupten (undbedauern), daß unsere Regirung alleVersucheeiner freundlichen Verständi- gung schroffoderwenigstens kaltabgelehnt habe.Unter solchen Umständen müsse,wenn dasZahlenverhältniß-der deutschenzur englischen Flottenichtineiner fürBritaniens Jnteressen gefähr- lichen Weise verschobenwerden solle,daslondoner Niarineamt den Entschluß verkünden, jede deutsche Kiellegung künftigmitzwei eng- lischenzuerwidern. Das ergäbeein Wettrüsten, dessenEnde un- absehbarwäreundindemalleFriedensfreunde inbeiden Ländern eine große Gefahrerblicken müßten.Denn dieSteuerlast würde allgemachauchdem reichen England so unerträglich werden,daß man einEnde mitSchreckeneinem Schrecken ohneEnde vorziehen könnte; oder, kaufmännischausgedrückt,dieBiersischierungprsämiege- gendieGefahr einesKriegeswürdeso hoch, daß siezudenausdem Kriegzuerwartenden Verlust-enin keinemrichtigen Berhältnißz mehr stünde.Und nach solcher Prämie strebtkeinguter Geschäftsmann.

Dernicht Eingeweihte vermag nichtzusagen, welcheBor- schlägeBiscount Haldane jüngst nachBerlin gebracht hat;aber vielleicht istdieAnnahme nicht irrig, daßer ,,akademisch«von den Gefahren sprach,diedurch, fortdauernde Rüstung entstehen könnten. Deutscheund Vriten dürfen wohl hoffen, daß. nachdem freundschaftlich-en Gedankenaustausch einStrich unter dasBer- gangene gemachtwurde. Daswärevernünftigund fürbeide Par- teien vorth-eilhaft.DieEntfremdung wäre nicht soweit gediehen, wenn nichtbeideRegirungen immer wieder schswereFehler gemacht hätten.Gut aber,’und durchausnichstnur für uns, war,daßEngs land denschlimmsten Fehler bishervermied-en hat: dien,gegen uns

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310 DieZukunft.

Kriegzuführen.Ein englisch-deutscherKrieg,wenn erselbstun- serenSeehandel und unsere Kriegsmarine vernichtete, würdeBri- tanien theuerzustehenkommen ;auchdas gegen uns siegreiche England wäre ineiner für seine außereuropäische Machtstellung sehr bedrohlichen Weise geschiwächtDie Zahl sein-er offenenund heimlichen Gegner würdeum eineMachst ersten Ranges vermehrt, dievon dieserStunde anmitallerKraftdieVergeltungvorbereiten und jede dazu günstigeGelegenheitausnützen müßte. Auch weiß man inEngland sehrgut,daß.esimGebiet desbritischenWelt- reiches wichtige Punkte giebt,diefürein anderen Mächtenver- bündetes Deutschlanddurchiaus nicht unerreichbar sind-, sobalddie deutsche Diplomatie sich entschließen lernt, endlichvon demabge- triebenen alten Schimmeldertriplice herunterzuklettern. Wenn aber schonder deutschFfranzösischeGegensatzalsein großesUn- glück für Europa anzusehen ist, so müßteein deutsch-englischer Kriegoder eineTotfeindschast dieserbeiden Hauptzweige derger- manischen Völkerfamilie geradezu als eine Wseltkatastrophe be- zeichnetwerden. Dochwirwollen nichtbeidieser heute immerhin wieder fernerscheinenden Möglichkeit verweilen; auchdiebrav-en Leute,die hübsenund drüben mit Zunge und Feder denKrieg ä«tout prix empfehlen,malen sichdieFolgendesvon ihnen angeb- lich ersehnten Zusammenstoßes wohl nichtinvoller Deutlichkeitaus.

DerHauptvorwurf, dervon nicht verantwortlichen Stellenaus den Vriten beiuns gemacht wird,bringtstetsdiealte Anklage:

England beleidigeuns durchdieForderung unbeschränkterSee- herrschaft,wieessieimneunzehnten Jahrhundert hatte. Seitdem

«raschen,iMachtzuwachsderVereinigtenStaatens vonkAmerika konnte man abervon einer völlig schrankenlosen Seeherrschaft Englands nicht sprechen.Höchstens nochvon einer gewissenVorherrschaft, ohnedieein Jnselreich überhaupt nicht bestehenkönnte-

Das Vereinigte Königreich ist, seitesauf ausreichende Land- wirthschaft verzichtet hat, für mehralsdreiViertel seiner Bewoh- ner auf Zufuhrsenaus fremd-enLändern angewiesen. Währenddie Sperrung der ganzen deutschen SeeküstedieErnährung unseres Volkes,dasdengrößten Theil seiner Nahrungmittel ausdemLand- wegbezieht, nich-r ernstlich gefährdenkönnte,bedrohtjedeErschwe- rung oder Hinderung der Korneinfuhrr die Vriteninseln mitder Gefahreiner Hungersnoth »ManbraluchtgarNichtandieLandung ein-es feindlichen Heereszudenken: dasauchnur voneiner frem- denFlotte blokirte Engl-andwäreeiner Festung vergleichbar,deren Uebergabscvon derFrage abhängt,wielangedieaufgespeicherten Lebensmittel vorhalten. Die Stärke diermilitärischen Stellung

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Deutschland und England. 31k Englands, dieinseiner insularen Eigenschaft begründet ist,würde- fich sofortinSchwäche wandeln,wenn Englands Kriegsschiffe nichtv mehrimStande wären,das Meer fürWaaren-« und Lebensmittel- sTransporte freizuhalten. Die Aufgabe derenglisch-en Flotteist aber damit noch längst nicht erschöpft: sie muß. auchdieununter- brocheneVerbindung zwischenMutterland und Kolonien sichern, besonders denSeeweg (durch-dasMittelländischeund dasRothe cMeer-»Onach Indien. Bei derAusdehnung dieses Weltreiches (das, wieman nievergessen sollte, dochvondergrößten civilisatorischen LeistungderWeltgseschichte zeugt)und beider mehr axuf Gewöh- nung und Prestige alsaufdenrelativ schwachen Garnisonen be- ruhenden englischen Herrschaftinallen fünf Erdtheilen muß stets eine Flotte bereit gehalten werden, um bedroht-eStellen sofort schützenoder Aufstände schnell niederschlagenzukönnen. Ueber- haupt sinddieAufgaben und Augenblickspflichten derbritischen Seemachtso msannichfkach,daß England- das Gros seinerSchlacht- schiffe aufdieDauer gar nicht,wieiesk1.jetztthun muß,inIdenheimi- schsenGewässern versammelt haltenkann. DieUeberlegenheit der englisch-enFlotte überdie deutsche ist daher inder nüchtsernen Wirklichkeitviel geringer,als sie nachden Dabellen und Ziffern- listen scheinen müßte: eben,weil Engl-and mitseiner Flotte die

ganze Menschenwelt umspiannenmuß,wiraberamentscheidenden

Punkt, alsoinderNordseeund imKanahimmer unsere giesammte fMacht vereinigt haben. Solche Erwägungen mußtendenBriten eigentlich empfehlen, unsereEngagements inAfrikaund Asienzu begünstigen,weilauchwirdsannmehrzuschützenund zuverlieren gehabt hättenundzueiner größeren Berzettelung unserer mari- timen Machtmittel genöthigtworden wären. Kurzsichtigwar auch König Eduard, alserglaubte, durch EinkreissungeinBolkvon der Energie, derIntelligenz und-derZahlderDeutsch-en lähmen zu können. Jnjedem Jahrwächstbei uns dieZahl Derer,dieinder Fremd-e gekauftesBrot essen müssen,um eine Million. Hinterdie Frage, wiewirim Ausland, inüberseeischenLändern uns neue Absatzgebiete schaffenund erhalten können,werden inDeutschland bald alle anderen politisch-en Fragen zurücktreten. Deshalb war diedeutsch-e Negirung auch genöthigt, fürdenmächtig aufblühen- denAußenhandeleine starke KriegsslottealsRück-endeckungbereit zuhalten·Das Wort desenglisch-en Marine-Msinisters, daßun-

sereFlotte einLuxusgegenstand sei,war mindestens inderAus- drucksform verfehlt. Wir müssenuns dasRechtwahren, unsere Seewehr den Bedürfnissendes Exportes,der Kolonisen und der Handelsmarine des Reich-es anzupassen. JngewissemSinn aber

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312 DieZukunft.

istChurchillsParallelezwischenderdeutschenLand- und dereng- lischen Seemacht nicht s«alsch.Wie wir bestrebt sind,unserHeer aufeiner Höhezuhalten,die-aucheineKoalition siegreich abweh-

ren könnte, so muß England eineFlotte haben,dieesgegen jede denkbare Gefahrzuschützenvermag. Wenn England seineMarine imVerhiältnißzudemWachsthum fremder Flotten vermehrt,zeigt esnochkeinenHochmuth,keineLustzufrivolem Angriff,sondern esthut,was ihmdiePflichtzurSelbsterhsaltung gebietet,was es thun muß,wenn esnicht sein Weltreich, seinen Wohlstand, ja,sein nsationsales Lebenaufeinleichtsinniges Spiel setzenwill· Wieaber eineenglische Politik unklugist,diedemdeutsch-enVolkdieErfül- lung seiner WünschenachdemErwerb neuer Absatzgebiete versagt, sowäre eine deutsch-e Politik,diedemenglischen Lebensinteresse, dem Streben nachgesicherter VorhierrschsaftzurSee,sichentgegen- stemmte,nichtnur unbillig, sondern siewürde auchvon derGe- schichteals unklug,als sinnlos übermüthig verurtheilt werden.

Dieser Darstellung,dievon einem politischund diploma- tischgeschultenKenner beiderLänder kommt, möchteichzunächst

nur dieWarnunganfügen,dieSache(imSinn desAlltagsaus- druckes)aufdieleichteAchselzunehmenund zuvergessen, daßsichs diesmal nichtum einegleichgiltige Episode handelt, sondernum

einenVersuch, dessenErgebniß nichtEuroPa allein ingespannter Aufmerksamkeiterwartet. Unsinn,sagtMancher. »Was solldenn herauskommen?DieEngländerwollenuns wiedermalüber den Löffelbarbiren. Sie habenzuHausdasStrikegespenst,iandien Unruhe,inChina,weil sie sichanderKüste nichtstarkgenugzeigen können,Ansehensverlustundmüssenjetzt schonerleben, daßin der wichtigen PanamasphärederYankeeeineJnselbesetzt, aufdie ihrhistorischesRechtgesichertschienSiesindihrerDreadnoughts, nachdenSchießresultatenundanderenUnfällen,nichtmehrganz sicher, haben erkannt, daßsiefürs Erste aufdemFestlandkeinen mächtigenBundesgenossengegenDeutschlandfänden,und möch- tenunsdeshalbmitSchlummerliederneinlullen. Gebenwirnach, verlangsamendasTempodesFlottenbaues, danndürfen sie auf- athmenundspäter,wennwirdasTempo wiederbeschleunigen,vor deinWeltgerichtunsfeindsäligenHandelns beschuldigen.Nüsten, die ganzeVolkskraft fürdieStärkungder Marine einsetzen:alles Andere ist nutzlos.«Solcher Rath kommtausdemGlauben,daß DeutschlandsGeschäftsführerdumm genug seinwird,sichmitein

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Deutschland und England. 313

paarVröckchenvom reichenTischBritaniens abspeisenzulassen;

kommtausPatriotenköpfen,dieEngland nochimmer nicht sehen, wiees inunserer Wirklichkeit ist. AuchdieeigeneHeimathnicht.

Derwird keineMöglichkeit gesperrt,wenn sieeinQuartal, ein Halbjahr langwartet undneue EntschlüssebishinterdenTag schiebt,der überdieFruchtderVerhandlungkeinenZweifelmehr läßt.DieNeservesicherung,die imvorigenHerbst so leidig vermißt wurde,ist, ohne allzu beträchtlicheKosten,zuerlangen;denleicht mißdeutbarenSatz,dieNothwendigkeiteinesdritten Geschwaders sei erwiesen,könnteman dabeivermeiden. Aus höflichsterRuhe zuderFirma GreyFaChurchill sprechen:»Wir dürfenuns nicht nocheinmal derGefahr aussetzen,inderZeitnachderMann- schaftentlassungmitgeminderter Seewehrkraft inunseremHan- delngehemmtzusein.Aberwirhaben nicht dieAbsicht, jetzt, wäh- rendverhandeltwird,unsere Machtmittelzumehren«.Verdäch- tigung,HohnundSchimpfrede solldieVerhandlung nicht stören, diemindestensfüreinMenschenalterdeutscherZukunftwichtig werden kann. »Deutschlandmöchteuns hinziehen,bisseinNord- ostseekanaldenMaßendergroßen Schiffe angepaßt ist,wirdem JslamalsTotfeindVethaßtsind,Franz FerdinandaufdemThron sitztund dieLateiner uns imMittelmeer unbequemwerden. Nur deshalb hates unszuGesprächenherangewinkt.«Sokönnte ein Vrite denken. Erwürde inseinemNebel ebenfoirren wieder Deutsche,derhinter Englands Wunschnur Trügerplanwittert.

Vritcmien ist Nichtspschwach,wieesdemaus schiefemGe- sichtswinkelüber den Kanal Starrenden scheint.Das müßteJe- den,derbelehrt sein will, schondieErinnerung andieZeit lehren, derenGedächtnißebenwieder ausSchleierntaucht.NapoleonBo- naparte wußte,werihnbesiegthabe.Galter nichtdenbestenDeut- schen, nicht Goethe sogaralsunüberwindlich?DerzäheWider- standderVriten hat ihmdenUntergang bereitet. Seitsieinihm denErzfeindbritischerZukunfterkannt hatten,war,ihnzustür- zen- keinOprr ihnenZUschwer-DasgescholteneVolk der Krämer hatdamals keineGefährdungseinesWelthandels, keinenMil- liardenverlustgescheut. Feigistder Vritenicht.Aufden Blättern seiner Geschichte,diekeinen Zusammenbruchvon derArt des preußischenvom Jahr1806verzeichnet, findetJhrnirgends die Andeutung, daßVriten jeander Dauerbarkeit ihresStaatswe- sensverzweifelten.Krämer? Dercommjssjoner, der,alsHaupt

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314 DieZukunftr

eines winzigenHäusleinsWeißenMillionen von Bindu,Par- sen, Mohammedanern dasSchicksal bestimmt, hatniedasFürch- tengelernt; hatdurchseineLeistungdasRechterworben,sicheinen tapferenMann zunennen. Und wiegroßinEnglanddieZahl solcherMänner heute noch ist, zeigt jeder Kolonialkrieg, jeder StrikeoderAnarchistenPutsch.SolangesichdieMöglichkeitbietet, fürdie eigene SacheFremdefechtenzulassen,wirdEngland sicher nicht selbst insFeuer gehen. Drohtdem BritishEmpireaberernste Gefahr, dann mag einWunderwerk männlicherKühnheitEr- eignißwerden. Vergeßtnicht,daßinallenErdtheilen Männer englischen Stammesleben, die desWortes eingedenksind: »Am BritenschuldkannVritanien jemalsvonseiner stolzenHöhestür- zen.«DerKuriendiplomat, derschonbeimJubiläumder altenKö- niginVerfallszeichensah,hättevielleichtnachflüchtigemRundblick aufdieberliner Hofgesellschastund bourgeoisePrassergemeinde

VordenApostekstllhkdiefroheBotschaft gebracht:»Die Deutschen sind nicht mehrdiestillenTräumer nochdienüchternen,jederEnt- behrung fähigen Krieger,diesie einstwaren«. UmunserenKalkul vorJrrthum zuhüten,müssenwirGroßbritanien für stark,fürein zu zähestemWiderstandbereitesundentschlossencsLandhalten.Die StättenseinerreizbarstenSchwachheitkannesfreilichnichtbergen.

Das Jnselreich ernährtsichnichtselbst,schoneinekurzeBlokadebe- dräut es mitHungersnoth(dieinLondondieachtMillionenge- pferchter Menschen raschin den Willen zumBürgerkriegstacheln könnte)-dieElendshäufungist, dichtneben demüppigstenLuxus, gefährlicheralsinirgendeinemanderen LandWesteuropas und

jedeandcrNeichsperipherie entstehende Unruhewirktgeschwind, Unheilzeugend,bisinsCentrum fort. DarfEngland geduldig warten,bissein Kanalnachbar zu demstärkstenLandheer sicheine Kriegsflotte erstenRanges geschaffenhat,dieer» zumSchutzseines Handels«-nicht braucht,mitihrenengbegrenztenKohlenräumen undohnegesicherteNachfüllstationengarnicht brauchen kann,die ihmeines Tagesaber erlauben wird,denLeun ander verwund- barstenStelle zupacken?Thatis thequestion. Und dieAntwort mußlauten :Nein. Eduards Versuch, durch EinkreisungundEin- schüchterunguns mürb zumachen,war derschlauste,dersicher- denken ließ.Nurwar diestrategischeStellung,dieerdemVritens reich gab, nicht auf Jahre hinauszuhalten;undderKing starb, eheersie,alsPsychologeund Geschäftsmann,zueinträglichem

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Deutschlandund Englands. 315

trade auszunützen vermochte.Heute?Englands alteArmada ist, weilsiebis indieEntscheidungstundewahrscheinlichnichtinsFeuer käme, entwerthet,das Kraftverhältniß (deutfchegegen englische Dreadnoughts) derJnselflotte nicht mehr so zweifellosgünstig wievor zwei Lustrenund die Kanalweitung inschnellemWer- den. Das Mittelmeerkann, wenn FranzosenundJtaliener sich, nachdemhitzigenFamilienzank,einander versöhnen,einezweite Nordseewerden: einzweites Meer,indemBritanien miteiner anderen, nicht bedingunglos freundlichen Seegewaltzurechnen hat.Und diePflicht,inAfiendemRussenreich,weils sonstaus demConcern schiede,vorwärts zuhelfen, belastet dieBritenzukunft mitunlöschbarenHypotheken.Dieentente cordiale war ausge- meinsamemHaßerwachsen; undmußtemählichdrumenttäuschen.

DerechteVritesiehtindemFranzeneinen amusanten, doch nicht ganzernsthaften,vollerMannesachtungunwürdigenKerl ;und inderGallierrepublikfreuensichnichtnur dieloupsbretons im innerstenherzensgehäus,wennsden EngländernandenKragen geht.SeitSirEdward Greyweiß, daß Herr Eaillaux, während erEngland gegen denBedrängervonAgadir zuhetzenversuchte, emsigum einePrivatverständigungmitdemDeutschen Reichbe- mühtwar,ist ihmdieletzteJllusiongeschwunden.Bjenfouqui s’y fie,denkter;undhatvondieserStunde an,was erkonnte,gethan, um eineanglo-deutscheVerhandlungeinzuleiten.

Diewollen wirals eineAngelegenheitvon ernstesterVe- deutungnehmen. So nimmtsie auch Englands Volk. Werihm nachsagt,eswolleunsin eineFalle locken,mitvagemVersprechen füttern,kenntdieStimmung nicht.Könnte dieBolksmehrheitdas Deutsche-ReichinTrümmer schlagen:sie thätees lieberheuteals morgen. Siekannsnicht; weiß, daßsieesnichtkann.Sie hataus- gerechnet,wasessie kosten würde,wenn sie auchnur diedeutsche Flottevernichtete,diedeutschenKolonien besetzte. Daß sie,in ihrem Weltclearinghouse, eine Serie vonKriegen (die nacheiner deutschenNiederlageunvermeidlichwäre)nichtüberdauernkönnte.

DaßdiehundertMillionen Menschen,dieunserNeichsverbaud um die-Mitte desJahrhunderts umfassenwird, nichtzubehan- deln sindwiederarme Verwandte,demCastlereaghoder Pal- merston, je nachderAugenblickslaune,die Backe streichelteoder striemte.Deshalbwillsiekair trade undehrlicheVerständigung mitDeutschland; willjeden erschwinglichenPreis dafür zahlen.

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Bis Die Zukunft.

·Nur: ohnefeste-BestimmungderFlottenrelation wirdkeinhalt- barerFriede. England müßtesichselbstaufgeben,wennesthatlos denTagherauskommen ließe,derdeminderEnge schmachtenden Vetter dieUebermacht sichert. JstdieVerständigungübersol- cheRelation nur imGebiet derUtopia möglich,sollsbei der Lo- sungbleiben: ,.,ZweienglischeKiele für jeden deutschen«,dann wars einvon kindischerEitelkeit bewirkter Fehler, sichinBer- handlungen einzulassen.Dann müssensie mißlingenzkannhöch- stens nochderGeschickteredas Gesichtwahren. Dann abersind wir auchvordemMenschengerichtinsUnrecht gesetzt.Oderge- zwungen, mitunzeitgemäßerOffenheit endlichzusagen: »Unser Ziel istdasErdarbitrium; wirwollen unsereMachtmittel bisauf seineHöhethürmen,vonder aus wirselbst demBritenreich,wenn

esunserenWünschenwiderstrebt,dendeutschenWillen aufzwin- genkönnen.« Das wäre einWikingerprogrammzundweres zu künden wagte,würdealsRäuber undMordbrenner verschrien.

Nochwirdverhandelt. Schonaberscheint aufdiefroheHoff- nung, die unter demzweitenMond desJahres aufgeblähtwar, einMärzreif gefallenzusein. Schon hörtman aus dem Munde dervon derLastderVerantwortungBedrücktem »Die deutsche Nation willjadieBerständigunggarnicht!«Lasset ihnen,Redner und Schreiber, nicht dicsenBorwandz duldet nicht, daß sie sichin dieserernstenStunde entbürden;nöthigtsie,endlich einmal,unter dieWuchtderVerantwortung DiedeutscheNation wirdsichjedes nützlichenGeschäftsabschlussesfreuenJiirdieanglo-deutscheVer-s handlung spricht ihr Herz,spricht auch ihr Hirn noch nicht,weilsie -(l«eidernicht ohne Grund)denBertretern ihrerHeimathinteressen mißtrautundweilsiedieeigene Kraft noch nichterkennen gelernt hat.ObsiedreiSchlachtschiffe mehroderweniger aufdemMeer sieht: sie ist heute so stark, daß sie mit»jeder Großmacht aufder BasisgleicherRechteverhandeln kann.Mit dieserThatsache hat, nach langem Sträuben undStöhnen,derVrite sich abgefunden.

Und istausdieser Erkenntniß fürdasDeutscheNeichkein Gewinn zuholen,dann mußdieUnfähigkeit seiner Prokuristen noch ärger sein,alsderdüstersteVlickbisherermessen konnte.Nichteinen dem ApplausbedürfnißgenügendenScheinerfolg wollen wir;nur einen Pakt,vondemFruchtzuhoffenist.Undwirverlieren nichts, wenn wirdenNüstungentschlußfüreinWeilchenvertagen.

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