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Die Zukunft, 16. Februar, Jahrg. XV, Bd. 58, Nr 20.

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IV. Jahrg. Onlin,den16.FebruarIM. xxHWWWAlt-.20.

Heraus-geben

Maximilian Kardew

Jnhatt:

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Braula-ichs Klrchrnbrismx Vonsatkscutsch ...............233

III-tande- inBabylon-. VonHutte Wassermann .............246

EinDis-f. Vonsagtest chfseu .....z..............252

Dem-ilsAbs-m Vaasertsartgskau ...................253

Der Zet-Vtrtlxeldigtr. VonOtto Zieh-hold ..............259

,Helhstankeigsn. von zutage-« Dache-»n-Hiktgec,’ Ctsc- Zuara, ginljkand 263 Krcbskrregeri VonHungeri- und-Derart- ...;-.........266

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Berlin, den 16. Xebruar 1907.

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Frankreichs kirchenkrisi5.

TEMdieoorletzteJahrhundertwende wurdendieRevolution vonderNestern- YJ ration, dieAufklärungundderKlassizismusvon derRomantik abge- löst.DieKongreßpotentatensetzendenPapstinseinen Kirchenstaatwiederein;

sund alseinanderer undnoch mächtigererHortderAutorität überschattetder Zar,dasHauptderHeiligenAlliance, das zumTheil beruhigtaufathmende, zumTheil knirschendeund sichbäumendeEuropa. DenDeutschen predigt Adam MüllerdieRückkehrzumseudalenStändestaatundzurNaturalwirth- vschast,inFrankreich erkühnt sichderGrafdeMaistre,diebürgerlicheOrdnung aufPetrus,denFelsenmann,zugründen.Undwährendunsere Dichter,denen Historiker, Germanisten, Sprach-undAlterthumsforscherreichlichenStofflie- fern,imWunderlande derFeen,Ritter undHeiligendieBlaueBlumesuchen, flieht Chateaubriandausdem häßlichenGewirr derPolitikund Civilisation zunächstzuden Naturkindern in diewonneoolleStille desUrwaldes,um dann sichund seineLesermitdenSchönheitendesChristenthumes frühererJahr- hundertezuberauschen.AuchfehlteesnichtanVersuchen,die erträumtenHerr- lichkeitenderVergangenheitmit denBedürfnissenderGegenwartzuverknüpfen.

Görres,dergroßeErneuerer derMystik,vertrat dieVolksrechte gegenüberden

"Monarchen,das christlichund mittelalterlich gedachte deutscheVolks- thumgegenüberdernivellirenden Bureaukratie. LaMennais unternahm den spätervon PiusdemNeunten ausdrücklichverurtheilten Versuch,dasUnfehl- baiePapstthumDeMaistresmitdemLiberalismus unddermodernen De- mokratiezuversöhnen·Seinen JüngernwieeinemzahlreichenKreisgelehrter deutscher Katholiken standesfest, daß Katholizismus gleichbedeutendseimit --wahrer WissenschaftundhöchsterGeistes-undHerzenskultur. DochderMann sderWissenschaftistKritiker undRelativist.Erhat aufeineFrageüber die

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234 DieZukunft.

großenProblemedesDaseins selteneineAntwort,dienichtmitmancherlei- Wenn,AberundVielleicht verklausulirtwäre. DieMengeaberwillauf jede- Frageeineunverklaufulirte, unzweideutige,bestimmteAntwort,wiesieim Kate- chismussteht: JaoderNein?EinDrittes nimmt sie nichtan. DiesemBe- dürfnißgenügtdieOrthodoxie,diein derkatholischenKirche namentlichvon denJesuitenvertreten wird;darum haben siedieFruchtderAussaatgeerntet, dievondenErneuererndesKatholizismus gestreutwordenwar. Wie inDeutsch- land dieDöllingerund Hefelevon denUltramontanen,dieinMainz ihr Hauptquartier aufgeschlagenhatten, überwältigtwurden,so brachteinFrank- reichLouis Veuillot die Montalembert undDupanloupzumSchweigen-

Soweitist alsodieEntwickelungindenbeidenführendenLändern des- europäischenKontinentes parallel verlaufen;vondaabjedoch machten sichimmer stärkerdieWirkungenderverschiedenenVolksart geltend.DerDeutscheist religiös,metaphysischangelegt.ErhatdasBedürfniß,dentiefstenGründen desDaseins nachzuspüren,,,zudenMüttern« hinabzusteigenundsichinein festes Verhältnißzuihnen zusetzen;ergreiftdarum dieReligion,dieihmdas Unendliche inschönenSymbolennahebringt,mitgroßerJnnigkeitundhält sie mitdeutscherTreuefest. Fast mehr nochalsStützederSittlichkeitund als Jnterpretin desSittengefetzes ist sieihmwerthvoll,daerimSittlichenden eigentlichenKernderMenschennatur sieht.NunlebtderdeutscheKatholikmit Protestantcn zufammen, hatgegensie seinenGlauben zuvertheidigenundübt sichdarinvon derSchulbankan,was nicht wenig dazu beiträgt,diesenGlauben zuvertiefen,zubefestigenund ihndemHerzen theuerzumachen;was man

unangefochtenbesitzt,schätztmannicht.Zu solcherVertheidigungaberliefertihm derStaat dieMittel durch denallgemeinen Schulzwang, durchdiefür Katho- lischeund Protestanten gleiche Gymnafialbildungund durch die auchden PriesteramtskandidatenaufgenöthigteHochschulbildung;wiesegensreichward dietübingerkatholischeTheologenfakultätvonihrer evangelischenSchwesterbe- fruchtet!Allevon denFreigeistern geschmiedetenWaffengegendenGlauben verstehtdertüchtiggeschultedeutscheKatholik sich anzueignenundinWaffen gegendenUnglauben umzuschmieden.Ja,dieKatholiken findmitsolcherAus- rüstungdempreußischenStaat zuvorgekommenAlsPreußendasMünster- landbekam,fandesdort eineVolksschule,die besserwar alsseine eigene;

derfromme Overberg,derBeichtoaterderFürstin Galizin, hatteesorganisirt.

JnBayernundSchwabenaberwirkteeinFreundeskreistüchtigergeistlicher Pädagogen,dersichumdenBischofSailerunddenJugendschriftstellerChristoph Schmidgesammelthatte.UnddieseMännerwurzelten nichtnurin derkatho- lischen Kircheundzugleichin derdeutschenWissenschaftimAllgemeinen,son.

dem speziellinderAufklärung.SiebekämpfteneifrigdenAberglaubenund waren nichtblosJugend-, sondernimweitestenund bestenSinn des Wortes

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Frankreichs Kirchenkrifis. 235 Volkserzieher: LehrerUndBerather ihrerGemeinden inallenhäuslichenund wirthschaftlichenAngelegenheiten,freivon SchwärmereiundUeberspanntheit.

Dasgiltvon derkatholischenPfarrgeistlichkeit Deutschlandsganzallgemein.

DerPfarrer ist meisteininallenGeschäftenerfahrenerMann undoftein MusterlandwirthDiePfarrwidmutunddieihm (in SchlesienvonFriedrich demGroßen) übertrageneVerwaltungdesKirchenvermögenshaben ihn dazu erzogen. Und wieerbeiseiner VorbereitunganderallgemeinenVolksbildung theilgenommenhat,bleibtermitdemVolk inlebendiger Berührungundnimmt auchandessenVergnügungenTheil, ohne seinerAmtswürde Etwas zuver-

geben (ich sprechevom Durchschnitt; natürlichgiebtes, wieinjedemanderen Stand,Ausnahmen,diesich vergessenodernichtzuhalten wissen). Jnder neuen AeraderSozialpolitikhabendiekatholischenGeistlichen,wieihreevange- lischenAmtsbrüderauch,sichalsDrganisatorenundLeitergemeinnützigerVereine undGenossenschaftennamentlichaufdem Land ausgezeichnetbewährt.Soer- freuen sich,dank demdeutschenVolkscharakterund demProtestantismus, Preußen undWürttembergeinesKlerus, wieihndie Weltvielleichtnochniegesehen hat, undeinersoliden, tiefwurzelnden Volksreligion. Jndenüberwiegend katholischenStaaten BayernundBaden steht Beides weniger hoch.

VomFranzosenwillich nichtmitStendhal sagen, daßernur Geist, keine Seele habe;aberseineSeeleistanders geartetalsdiedeutsche.Dem Franzosen fehltdermetaphysischeTrieb.Eristeindemerischen zugewandter Nützlichkeitmenschvon klarem, scharfenVerstand, unterscheidetsich jedochvom

Engländerdurch lebhastePhantasie, feinen FormensinnundleichteErregbarkeit.

Diese macht ihn sehr begeisterungfähigundunterUmständenzumFanatiker, undwenn ereinmal dieReligion,derersonst kühlundgleichgiltiggegen- übersteht,ergreift,dannergreiftersiealsFanatiker; seinemFormensinn sagen natürlichdieSymbolik ihresKultus undihre MythenundWundergeschichten

amMeistenzu. Packt ihndieReligion, sowirderauch gleich Mönchund religiöserSchwärmenUnddadiesebeidenElemente derReligion geradedie denFrauenundKindern nahliegenden sind, darfman sichnichtdarüberwun-

«

dern,daßinFrankreichdieWeiber unter derFührungvon Mönchendiese modernkatholischeultramontane Religion ausgebildet haben,dieausMadonnen- erscheinungen,,,Wunderbuden«,Papstvergötterung,neuen Andachtenwie denen zudenHerzenJesuundMariae,Skapulieren, geweihtenMedaillen undRosen- kränzenbesteht·Nungiebtesabernichts,waseinemverständigenMann wider- wärtigerwärealseinsolches Gemischvon Aberglauben, Phantastereienund zumTheil rechtalbernenKindereien; ist dochdieMassederfranzösischenBi- gotten sogar aufdenLeoTaxil-Schwindelhineingesallen.Darum hatdiefran- zösischeMännerweltderKirchein demMaßden Rückengekehrt,wie die libera!

gesinnten Jntellektuellen, dieeinenvernünftigenKatholizismus für möglich 19hlc

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236 DieZukunft.

hielten,von denUltramontanenausderKirche gedrängtwurden undindieser,

derüberwucherndeAberglaubedasMonopol erlangte. Jn Deutschlandduldet derkatholischeMann diegeschmacklosenWeiberzuthatenausFurchtvor Stö- rung derEinheitderKirche,läßt sie sichabernichtzurSubstanzderReligion auswachsen.Und dieAbwendungder Männerwelt vonderKirchewurdedurch denUmstand erleichtert,daßdiefranzösischenGeistlichenin Knaben- undPriester- seminarenerzogen werden, dievon jedem Luftngderneuen Zeit hermetischab- gesperrtsind, unddaß siedannauchim AmtmitdemVolkslebenwenig Fühlung haben.Siesind fromm, sie sind wohlthätig,soweitesihre dürftigenMittel erlauben, vielevonihnenzeichnensich durcheinen »heiligmäßigen«Wandel aus;abermitdenDingen dieserWeltwissen sie nicht Bescheid. Schonin jungen Jahren istmirdurchdreizufälligeEindrücke,die dreiGrundzügedesfran- zösischenKatholizismus offenbarten, dessenWesenklargeworden.Jchlas eine Anweisung fürGeistliche,wiesie sichim LebenundimUmgangezuverhalten hätten. Absolute Korrektheitwurde ihnendarin vorgeschrieben,keinenochso geringfügigeAußerlichkeitübergangen:inwelchenFällen sie seidene,inwelchen sieGlaceehandschuhezutragen hätten,undDergleichen.DasJdeal also:der feine Abbe-,derbeikeinerMarquise anstößt·Dannhatte ichalsNeopresbyter Heiligenbildchenzuvertheilen.SiewurdenvonzweiOrtenbezogen:ausParis und ausEinsiedeln.Dieeinsiedler Bildchenwaren Nachbildungengediegener und ernster deutscherunditalienischer Meisterwerkezdiepariser zeigtenkokett frisirte, süß lächelndeFigürchenintheatralischen Posen. Endlichlasich,was Alban Stolz,einsehr frommer,abermitscharfemBlick undgesundem Urtheil begabterMann,inFrankreich gefunden hatte; seine wichtigsteWahrnehmung lehrte:derfranzösischePfarrer ist weltfremdundhatkeinenEinflußaufsVolk.

Wenn esderKircheoderSolchen,diesichfürdieElitederChristenheit halten, schlechtgeht,dannwerden dieBigottenunddieFanatiker Apokalyptiker undChiliasten.Dasheißt: sie glauben,eswerdeinallernächsterZukunft,wenn auchnicht geradederMenschensohninPerson, so docheinvon ihm gesandterHeld erscheinen,werdedieFeindeGottesmitderSchärfedesSchwertes schlagen,die Gott und den SeinenzugefügteSchmachgrausam rächenunddasGottesreichin vorherniegesehenerPrachtundHerrlichkeitwiederaufrichten.WeildieFran- zosenKatholiken,dieDeutschenderMehrzahl nach Protestanten sind,undweil derenSiegzugleichdenletztenRestdesKirchenstaatesweggefegt hatte,identi- fizirtendiefranzösischenBigottendie Sache Gottes undderKirchemitder des französischenStaates, flehtenzudemAllerheiligsten Herzen:sauvez Rome etla France-,wurden dieeifrigstenSchürerderhöchstunchristlichenRevanche- gierundverschmolzenbeinahemitdenNationalisten.UnddasiedasLilien- banner imStichgelassenhatte, liefen siedemRappendesAbenteurersBau-

Langernach,demamzwölftenJuli1888in derDeputirtenkammerderMinister-

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Frankreichs Kirchenkrisis. 2 Z7 präsidentFloquet zurief: »Wir habenSie, der Sie sichinSakristeienundin denVorzimmernvon Prinzen herumgetriebenhaben,niemalsals einen der Un- serenanzuerkennenvermocht.«Dannrasten siegegenDreysus.Der Mannmochte schuldigoderunschuldig sein:wasgingDasdieKirchean?Uebrigenshatten derGallikanismus undderbourbonischewiedernapoleonischeCaesaropapismus dieFranzosenzurJdentifizirungvonFranzosenthumundKircheerzogen.

Derklugeundum Algierund Tunis hochoerdienteKardinal Lavigerie erkannte,daß diese VerquickungderReligionmitderlegitimistischenPolitik unddem Nationalismus dieKircheinsVerderben stürzenmüsse.Dierepubli- kanischeStaatsverfassung, sagteerimNovember 1890in einemRundschreiben

anseine Geistlichen,vertrage sich vortrefflichmitderKirche;Eeuador seidas einzige wirklich katholischeStaatswesen;unddereinzige Staat,derdieFrei- heit derkatholischenKirche nichtimMindesten antaste, seidiegroßeRepublik Nordamerikas. DaseinzigeMittel, derfürdieKirchegefährlichenLageinFrank- reicheinEnde zu machen,bestehedarin,daßdieKatholiken entschlossenanderpoli- tischenArbeittheilnähmen,undzwarnichtalsGegnerderRepublik. Lavigerie gewann denPapst für seine Ansicht (stelIte sich natürlich,alsentstamme sein Gedanke derWeisheitdesOberhauptesderKirche)und leitetesodasRallie- ment ein.Leoerklärtewiederholt,esseiPflicht,diebestehendeRegirungan- zuerkennen,underwiderte amzwanzigsten Februar1892 aufdenEinwurf, dieRepublikseiantichristlich,man müssezwischenderRegirungund derMehr- heitdergesetzgebendenKörperschastenunterscheiden.DerGrafdeMun zogauf einerVersammlung südsranzösischerKatholikeninToulouseamdreiundzwan- zigstenApril1893ausderdurchdiepäpstlicheDirektive geschaffenenneuen Lage dieFolgerung,man müssejetztins Volkgehen, demokratischwerden,Sozialpolitik treiben, dieRechteder Arbeit gegen das Kapital und dieJudenvertreten. Jm Jahr 1886hatteDrumont inseinemBuchLa France juivezubeweisenunternommen, daßdiefranzösischeNation von denJudenderHohen Finanz regirtwerde.

Man kannnicht sagen, daßdie,,Kirchenfeinde«stürmischundunklug vorgegangen seien; sie sind, vorsichtigjedenneuen Bodenprüfend,aufdensie traten,von EtapezuEtapefortgeschritten.BeiEröffnnngderKammern,am

iechzehntenJanuar 1886, erklärtedas Ministerium Freycinet,diebeständige EinmischungdesKlerusindiePolitikerfüllealleVerständigenmiternster SorgeundlegedenGedanken andieTrennungvonStaat undKirche nah.

AberdieseAufgabezulösen,seidiePolitik fürsich·alleinzuungeschickt;durch freie Diskussionund,,AusstrahlungvonIdeen-«in dieGemütherdesVolkes müssedieLösungineinemdenForderungendesZeitgeistes entsprechenden Sinne vorbereitet werden. Jm LaufderTagungwurde von Michelinder Antrag aufdieTrennungderKirchevom Staat gestellt; einAusschuszbean- tragte,daßdieKammer denAntraginErwägung ziehen möge,undderBe-

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richterstatterRivet empfahlihnam einundzwanzigstenMärz. Amneunten Dezember1891richteteim Senat DideeineAnfrageandieRegirungwegen derWidersetzlichkeitderBischöfe.DerKultusminister Falliåreserwiderte, die durchdasVerhalten einiger BischöfeverursachteAufregung lege sichbereits;die RegirungderRepublik sei starkgenug,dieAnschlägederfeindlichenParteien zuvereiteln;dieGeistlichkeit seinicht mehr so mächtigwieunterMacMahon.

Zwei Tage daraufwurde derselbe GegenstandinderDeputirtenkammerver- handelt. Hubbard forderte Maßregeln,durch welchedieTrennungvon Staat undKirchevorbereitet werde.FallieresundFreycinet sprachengegendie Tren- nungundstellteneinVereinsgefetzinAussicht,das keinAusnahmegesetzgegen dieGeistlichkeit,abergeeignet seinwerde, diegeistlichenKongregationenin Schrankenzuhalten. AufeineAufforderung, diesesVereinsgefetznun endlich vorzulegen,erwiderte amsechzehntenFebruar1895derMinisterpräsidentRibot, derAugenblickfüreinsolchessei noch nicht gekommen. .

Dieexaltirten Bigotten haben für Anlässe gesorgt,diedenStaat z durchgreifendenMaßregelngeradezunöthigten.Jm Juli1898hieltderDomini- kanermönchDidon, VorstehereinerErziehunganstalt,bei derPreisvertheilung inGegenwartdesGeneralissimus JamonteineRede,in dererdieAnmaßung desCivilismus verurtheilte,dersichherausnehme,derMilitärgewalt gebieten zu wollen,unddieZeit für gekommenerklärte,wo AnwendungderGewalt strengePflicht fei; ,,Weh Jenen,diedas Schwert rosten lassen!«Dasheißt also:die Generale sollen »dieganzeBande«zumTeufel jagen,entweder das Königthumoder den CaesarismuswiederherstellenunddenRevanchekriegführen.

Undzwei Jahre daraufwurde esoffenbar, daßdie unter einemreligiösen Vorwandoder vielleicht auch ursprünglichzu einemreligiösenZweckgegründete Assumptionisten-Kcngregationmitihrer ZeitungLa Croix und bedeutenden Geldmitteln demvonDidonenthülltenZweckediente. Jhre Niederlassungwurde aufgehoben;unddamit war dieZeit fürdas längsterwartete Vereinsgesetz reif geworden,daszugleichdazu bestimmtwar,diemitdenMaßregelnFerrys 1880 begonnene LaizisirungderSchulenzu vollenden.

Dagegen glaubteman denAugenblickfürdieletztenSchritte noch nicht gekommen.AmsechsundzwanzigstenJanuar1903beantragtebeiBerathungdes Kultusetats inderDeputirtenkammerAllatd dieStreichung dieses Budgets unddieKündigungdes.KonkordatesDerMinisterpräfidentCombesantwor-- tete, die Kammer würdedurcheinensolchenBeschlußdieRepublikingroße Verlegenheitenstürzen.Das Konkordatmüsseman beibehalten,weil nachAnsicht derRegirungdiereligiöseJdee noch nichtzuentbehren sei. Jedenfalls seidie TrennungdesStaates vonderKircheeinsehr fchwierigesUnternehmenund augenblicklichnochnicht durchführbar.EinengleichlautendenAntragim Senat wiesCombesameinundzwanzigstenMärzmit derBemerkung zurück:Tas

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Frankreichs Kirchenkrisis. 239 sKonlordat könnenichtgekündigtwerden,so lange nichtdieKirchedie Kündi- gungunvermeidlichmache. Doch seiderTag hierfürvielleicht nicht mehrweit entfernt,daMitgliederderHierarchie sich seit einiger ZeitzurAufgabezu machenschienen,dasKonkordat zuverletzen,dassieverpflichte,sich jederEin- mischungindiePolitikzuenthalten. ZumBeweisfür seineBehauptung führte

-ereineAnzahlStellen aus bischöflichenKundgebungenan.

DengewünschtenAnlaßbotdieKurieinihrerVerblendungeinJahr danach.Derarme Pius! EinechterSeelsorgegeistlicherimSinn Jesuund derApostel,derfür seine Person nichts wenigererstrebt alsErdenprachtund Königskronen,wirder durchdielächerlicheVerquickungdergeschichtlichge- wordenen HerrschaftansprüchedesRömischenStuhlesmitdemscholastischen Dogmagezwungen, umdeselenden Kirchenstaateswillen denarmen franzö- sischenPfarrern ihren schmalen BissenBrotzunehmen!UmdiesesKirchen- staateswillen, der einbeständigesAergernißwar unddessen natürlichenFall darum allekundigenund einsichtigen Katholiken,imHerzen wenigstens,als dieErlösungderKirchevon einemunerträglichenUebelbegrüßthaben.Der Papst beschwerte sichineinemRundschreibenvom achtundzwanzigftenApril 1904 über denBesuchdesPräsidentenLoubet beimKönigvon Jtalienals über einedemHeiligen Stuhl zugefügteschwereBeleidigung,und daJaurds inderLagewar, eineentsprechendeNote zuver-öffentlichemdie Loubetem-

pfangen hatte, sowurde dieser Eingriffindie Souverainetät desfranzösischen Staates zunächstmit derAbberufungdesbeim VatikanbeglaubigtenGesandten beantwortet, dievon derDeputirtenkammeram siebenundzwanzigstenMai, alsVerheißungeinerRadikalkur, gebilligtwurde. Bald darauf machte sich derPapsteiner VerletzungdesKonkordates schuldig,indemerdieBischöfe Geayvon Laoalund LeNordezvonDijon,diesichandemWiderstandgegen dieAusführungdesVereinsgesetzesnicht betheiligt hatten,zurVerantwortung nachRomrief.DerMinisterdesAeußeren,Delcasså,beauftragtedenfranzö- sischenGeschäftsträgerDeCourcel,demKardinal-Staatssekretäranzukündigeml daßdieRegirungderRepublikbeschlossenhabe, »den offiziellenBeziehungen seinEndezumachen,diedurchdenWillen desHeiligenStuhles gegenstandlos geworden«seien.AmviertenSeptember hieltderMinisterpräsidentCombes inAuxerreeineRede,in derersagte: »Wir habenimBeginn unseresMini- fteriumsvergebens angekündigt,daßwiruns aufrichtig aufdenBoden des Konkordates stellen würden;wirhieltenesdamals für unpolitisch,dasKon- kordat fallenzulassen, ohneeinenletzten Versuchdamitgemachtzuhaben.

Aberstatt daßnun dieVerletzungendesKonkordates aufgehörthätten,ver-

mehrten sie fsichüber allesMaß... DieKirche selbst hatdasKontordat

»ostentativzerrissen; ichhabe durchaus nichtdieAbsicht,es nunwiederzusammen- .zuflicken.«DasEntscheidendewarfürdieRegirung wohldiedurchdieDurch-

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240 DieZukunft.

sührungdesVereins-gesetzeserlangte Gewißheit, daßdiebeabsichtigteTrennung auskeineunübersteiglichenHindernisse stoßenwerde. DadieVolksmassender VertreibungderMöncheundNonnen keinenernstlichenWiderstand geleistet hatten,sowar damitdieGleichgiltigkeitderBevölkerunggegeneinenwesent- lichenBestandtheildesbisherigen französischenKirchenthumesbewiesen. Schon

am neunten August1903 konnteCombes auseinemLehrertaginMarseille über denbefriedigendenVerlaufderAusführungdesVereinsgesetzesberichten unddieBefürchtungzerstreuen,eswerdesehr schwierig,wonicht unmöglichsein, dieOrdensschulennach kurzer Frist durch weltlichezuersetzen.AmdrittenJuli 1905wurdedasTrennungsgesetzvonderDeputirtenkarnmermit341gegen233, amsechstenDezembervom Senat mit181gegen102Stimmen angenommen und amzwölftenDezember publizirt. Füreineso grundstürzendeAenderung waren dochdieunterliegendenMinoritäten nochbedenklichgroß.Derplan- mäßige,stetigeundimmermit dererforderlichen SicherungvonEtapezuEtape fortschreitendeGangdesantiklerikalenFeldzugesbeiraschwechselndenMinisterien undKammermehrheitenmachteswahrscheinlich,daßeinaußerhalbderosffziellen Kreisewaltender undwenig veränderlicherGeneralstabdieCampagne geleitet hat«undLeoXIlL dürfte nichtdaneben geschossenhaben,wenn erdieLoge alsdenFeind bezeichnete;ist sie dochindenromanischenLändernetwas ganz Anderes alsunsereharmlose deutscheFreimaurerei.

Soweit wärealsoAlles gutgegangen. Aberwielangewirddiese Laune Mariannens Bestandhaben?SofragendieBedenklichen.Dereben skizzirteGangderEreignisse scheint jedochzubeweisen, daßessichdiesmal

um etwas mehr als eineLaune handelt. Gewiß:dietreibende Kraftder antiklerikalen Gesetzgebungistder fanatische, unduldsame Haßder Jako- binergegendieReligion gewesen,dendieMassederFranzosen sicherlichnicht theilt.Auch ist auffranzösischeKammermehrheitenunddiedaraus hervor- gehenden RegirungenkeinVerlaß.DieparlamentarischenVerfassungender romanischenStaaten sindnur doktrinärzusammengeschusterteschlechteKopien desurwüchsenundechtenenglischenParlamentarismus. DieeigentlichenRegirungen sindhinterdenCoulissen agirende Koterien,dieMinisterderenAgenten,die Deputirten Marionetten, dievon wenigen DrahtzieherninBewegung gesetzt werden,undnamentlich seit sichdie565Souveraine Frankreichseineso hohe Besoldungdekretirt haben, daßein Kammermandat für beschäftigungloseAd- vokatenund hungrigeLiteraten eineglänzendeVersorgungist,werden diese- Mandate mehrund mehrindieHändevon Menschen übergehen,dievon Regirungsund VerwaltungsgeschäftenkeineAhnung habenund denen das WohldesLandes ganzgleichgiltigist,deren Abstimmungen daher lediglich

vonZufällen abhängen,soweitsienichtdaspersönlicheJnteressediktirt·Die jedesmalgewünschteMehrheit aufzubringen, ist fürdieDrahtziehernicht schwer,

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