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Das christliche Weltbild in der Prosa der österreichischen Dichterin Paula von Preradović

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Academic year: 2022

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(1)

IN DER PROSA DER ÖSTERREICHISCHEN

DICHTERIN PAULA VON PRERADOVIĆ

(2)

Dichterin Paula von Preradovic is f die 6. N u m m e r d er von M a ria K tańska und K a tarzyna

Ja śfa l h era u sg eg e b en e n V e ro ffe n flic h u n g s re ih e d es In s titu ts fu r G e rm a n is c h e P h ilo lo g ie

d er J a g e llo n e n -U n iv e rs ifa f „K ra k a u e r S fudien z u r g e rm a n is fis c h e n L ite ra tu r- und K u ltu rw is s e n s c h a ff.

N in iejsza m o n o g ra fia z a ty tu ło w a n a Światopogląd chrześcijański wprozie pisarki austriackiej Pauli von Preradovic je s t s z ó s tą p o z y c ją w se rii In stytu tu F ilologii G e rm a ń skie j U n iw e rs y te tu J a g ie llo ń s k ie g o ,

re d a g o w a n e j przez M a rię K tańską i K a tarzynę J a śta l „K ra k a u e r S tudien z u r g e rm a n is tis c h e n

Lite ra tu r- und K u ltu rw is s e n s c h a ff” („S tu d ia k ra k o w s k ie z d zie d zin y lite ra tu ro z n a w s tw a g e rm a n is ty c z n e g o i w ie d z y o ku lturze k ra jó w g e rm a ń s k ic h ” ).

(3)

DAS CHRISTLICHE WELTBILD

IN DER PROSA DER ÖSTERREICHISCHEN DICHTERIN PAULA VON PRERADOVIĆ

KRAKAUER S T UD IEN ZUR G ER M A N ISTISCH E N L IT ERA TU R- UND K U L T U R W I S S E N S C H A F T VOL 6

Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego

(4)

HERAUSGEBER DER REIHE / REDAKTOR SERII Prof. dr hab. Maria Kłańska

WISSENSCHAFTLICHE REDAKTION DER REIHE / SEKRETARZ NAUKOWY SERII Dr hab. Katarzyna Jaśtal

GUTACHTER DES BANDES / RECENZENT TOMU Dr hab. Magdalena Sitarz

UMSCHLAG / PROJEKT OKŁADKI Agnieszka Winciorek

Publikacja dofi nansowana przez Uniwersytet Jagielloński ze środków Instytutu Filologii Germańskiej Wydziału Filologicznego

Gefördert vom Philologischen Dekanat der Jagiellonen-Universität

© Copyright by Michael Sobczak & Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego Wydanie I, Kraków 2016

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Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlags der Jagellonen-Universität (Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego) unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISSN 2081-6065

ISBN 978-83-233-4038-6

ISBN 978-83-233-9437-2 (e-book)

www.wuj.pl

Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego Redakcja: ul. Michałowskiego 9/2, 31-126 Kraków tel. 12-663-23-80, tel./fax 12-663-23-83

Dystrybucja: tel. 12-631-01-97, tel./fax 12-631-01-98 tel. kom. 506-006-674, e-mail: sprzedaz@wuj.pl

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(5)

Vorwort ... 7

1 Einführung... 9

1.1 „Dichterin beider Heimaten“. Paula von Preradović’ Leben und Werk ... 9

1.2 Forschungsstand ... 32

1.3 Einführung in die Analyse der Prosatexte ... 33

1.3.1 Die literaturtheologische Diskussion ... 35

1.3.2 Methodologisches ... 37

1.3.3 Einige thematische Schwerpunkte der Analyse ... 43

1.3.4 Preradović’ Poetik der Prosa ... 46

2 Pave und Pero (1940) ... 49

2.1 Inhalt ... 49

2.2 Pave und Pero als Grenzfall zwischen literarischer Fiktion und Biographistik .... 50

2.3 Literarische Form, Stil und Sprache ... 52

2.4 Die Figuren des Romans... 56

2.5 Ein Werk der christlichen Literatur ... 63

2.6 Die Problematik der göttlichen Naturordnung und die Erkenntnis des einheitlichen Lebens ... 67

2.7 Die Unvollkommenheit einer nicht auf Gott bezogenen Liebe ... 70

2.8 Das Leid als menschliche Grunderfahrung – seine theologische Bedeutung und textimmanente Funktion ... 73

2.9 Gottes Wirken in der Natur ... 75

2.10 Biblische und religiöse Symbolik ... 76

2.11 Motivik ... 80

2.12 Pero als Dichter ... 92

2.13 Der Roman im Kontext des Zeitgeschehens ... 96

3 Die Königslegende (1950) ... 99

3.1 Inhalt und Entstehungsgeschichte ... 99

3.2 Literarische Form, Stil und Sprache ... 101

3.3 Biblische und religiöse Symbolik, Archetypik ... 105

3.4 Motivik ... 122

3.4.1 Abstrakta ... 122

3.4.2 Menschen ... 126

(6)

3.4.3 Natur ... 130

3.5 Figurenkonstellation ... 134

3.6 Die Königslegende im Kontext der späten vierziger und der fünfziger Jahre ... 140

4 Die Versuchung des Columba (1951) ... 143

4.1 Inhalt und Stoff ... 143

4.2 Literarische Form, Stil und Sprache ... 145

4.3 Parallelen zur Hagiographie und Legendendichtung ... 148

4.4 Erfahrung der Gottesferne ... 151

4.5 Religiöse und nicht-religiöse Symbolik, Archetypik ... 154

4.6 Columbas Versuchungen ... 158

4.7 Intertextuelle Beziehungen ... 161

4.8 Christliches und humanistisches Menschenbild ... 163

4.9 Darstellung religiöser Inhalte – Verfahrensweisen der Repräsentation ... 164

4.10 Die Versuchung des Columba und die Königslegende in den Augen der Literaturwissenschaftler, Literaturkritiker und Zeitgenossen der Dichterin. Ein Vergleich ... 167

5 Kindheit am Meer. Fragmente eines autobiographischen Romans (1967) ... 171

5.1 Ewiges Land. Ein Vorgesang (1955) ... 174

5.2 Von Hassan, Saigon und der grünen Kugel (1955) ... 182

5.3 Die Weihnachtsbucht (1955) ... 186

5.4 Kindheit am Meer. Versuch einer selbstbiographischen Skizze (1967) ... 188

6 Ausgewählte publizistische Texte ... 191

6.1 Ein Jugendreich. Die Neuland-Schulsiedlung in Grinzing-Wien (1937) ... 192

6.2 Lyrik aus dem Glauben (1967) ... 204

7 Schlusslichter ... 211

7.1 Schlussbetrachtungen ... 211

7.2 Zusammenfassung ... 217

Literaturverzeichnis ... 221

(7)

„Mit Paula von Preradović verlor Österreich seine größte Sprachkünstlerin nach Marie von Ebner-Eschenbach und Enrica von Handel-Mazzetti“1, schrieb fünfzehn Jahre nach dem Tod der Lyrikerin und Schriftstellerin der Germanist Hans Vogelsang. Annähernd ein halbes Jahrhundert später klingen seine Worte vielleicht übertrieben, doch man muss zugeben, dass Paula von Preradović (1887–1951) zu den bedeutendsten christlichen Dichterinnen Österreichs gehört. An der Donau ist sie heute hauptsächlich als Autorin von Gedichten bekannt.2 Ihr verdankt die Zweite Republik den Text der Bundeshymne.

Preradović’ Prosa, die von manchen Literaturwissenschaftlern als »lyrisch« bezeich- net wird, umfasst u.a. drei Novellen, einen Roman, ein Tagebuch, Fragmente einer poetischen Autobiographie und einige journalistische Texte. Der österreichische Erzähler und Publizist Edwin Rollett betonte den hohen Wert, den in seinen Augen diese Literatur besaß und äußerte sich mit Anerkennung über das breite Spektrum der künstlerischen Praxis der Autorin, wie folgt:

Ein mächtiger Bogen, der vom realistischen Gesellschaftsroman bis zur Legende, dem Hymnus und der Elegie reicht, umschreibt ihre dichterischen Möglichkeiten. […] Wie auch in ihrer Lyrik niemals monotone Verschworenheit zu einem bevorzugten und immer wiederkehrenden Rhythmus herrschte, stand auch der epischen Dichterin eine Fülle und Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeit zur Verfügung […].3

Das Prosaschaffen ist auch deshalb von besonderem Interesse, weil es die innige Bindung der Autorin an ihre slawischen Ahnen verdeutlicht. Diese kommt vor allem in dem Roman Pave und Pero (1940) und der Novelle Königslegende (1950), deren Grundlage die kroatische Geschichte und Sagenwelt bildet, zum Vorschein.

Der deutsche Philosoph Vincent Berning schrieb in einem Text über das literarische Programm des Gründers der deutschen katholischen Zeitschrift »Hochland« Carl Muth Folgendes: „Dichtung besteht nicht darin, Thesen und Programme oder gar ideologische Konzepte zu refl ektieren und in Sätze zu kleiden, sondern […] sie ist schöpferische, die Rationalität tiefer hinter sich lassende Gestaltung der erfahrenen Wirklichkeit in

1 Hans VOGELSANG: Paula von Preradović – Dichterin der Ehrfurcht, der Demut und des Glaubens (zum 15.

Todestag am 25. Mai 1966), in: Institut für Österreichkunde (Hrsg.): Österreich in Geschichte und Literatur, 10. Jahrgang / Folge 1/2, Graz 1966, S. 200.

2 Zu ihren bekanntesten Gedichtbänden gehören: Südlicher Sommer (1929), Dalmatinische Sonette (1933), Lob Gottes im Gebirge (1936), Ritter, Tod und Teufel (1946).

3 Edwin ROLLETT: Paula von Preradović, in: »Wiener Zeitung«, 26. Mai 1951, Nr. 118, S. 4.

(8)

ihrem Sein, nicht subjektiv eingeengte, auf den Begriff gebrachte Reproduktion […]“.4 Jener Grundsatz wurde von Preradović in ihrer Epik getreu umgesetzt. Obwohl diese christlich geprägt und von der philosophisch, sozialkritisch und literarisch orientierten katholischen Erneuerungsbewegung Renouveau catholique beeinfl usst wurde, besitzt sie eine originelle Ausformung, die ihr innerhalb der deutschsprachigen Dichtung jener Zeit eine besondere, autonome Stellung verleiht.

Die vorliegende Arbeit über das christliche Weltbild in der Prosa der österreichischen Autorin stellt den Versuch dar, die Gesamtheit der in den fi ktionalen, autobiographischen und publizistischen Texten vorhandenen christlich und humanistisch geprägten Vor- stellungen, Ansichten, Auffassungen, Meinungen und Wertungen, die das Verständnis der Welt und der Gesellschaft, die Rolle des Menschen sowie den Sinn des Lebens zum Gegenstand haben, zu beschreiben. Sie setzt sich zum Ziel, die Einmaligkeit der epischen Werke der österreichischen Dichterin festzuhalten und ihr Schaffen in einem breiteren zeitgeschichtlichen Kontext darzustellen.

Die Idee, über Paula von Preradović’ Prosa zu promovieren, entstand aus meiner früheren Beschäftigung mit einer der selbstbiographischen Skizzen der Schriftstellerin.

Für die Dissertation beschloss ich mein Interesse auf ihr gesamtes episches Schaffen auszudehnen. Das Forschungsunterfangen wurde jedoch anfangs durch den geringen Bestand an Sekundärliteratur erschwert. Neben drei umfangreicheren Arbeiten, von denen im Einführungskapitel die Rede sein wird, existieren lediglich einzelne Presse- artikel, eine biographische Skizze und eine geringere Zahl anderer kurzer Texte über Paula von Preradović. Die meisten dieser Publikationen sind entweder dem Leben der Dichterin oder ihrer Lyrik gewidmet, es existieren keine wissenschaftlichen Studien, die ausschließlich die Prosa zum Gegenstand hätten. Ein Großteil der Beiträge, aus denen wertvolle Impulse zu schöpfen sind, entstand in den dreißiger, vierziger und fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also noch zu Lebzeiten der Autorin und kurz nach ihrem Tod.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Dissertation beruht auf der literaturwissenschaft- lichen Quellenanalyse. Zu den wichtigsten Forschungsansätzen, die zur Anwendung kommen, gehören das literaturtheologische, intertextuelle und kulturwissenschaftliche Interpretationsverfahren. Die den Untersuchungen vorangegangenen Recherchen fanden in der Österreichischen Nationalbibliothek statt, in deren Sammlung sich alle veröffentlichten Texte der Autorin befi nden.

An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Personen bedanken, die mir bei der Verfassung dieser Arbeit halfen. Mein besonderer Dank gebührt Prof. Dr. habil. Maria Kłańska für die fortwährende Unterstützung, die wertvollen wissenschaftlichen Hinweise und die kritische Begutachtung des Manuskripts. Dr. Agnieszka Sowa danke ich vor allem für den moralischen Beistand. Ich widme diese Dissertation meinen Eltern, die mich in den Jahren des Studiums und der Promotion mit Hingabe unterstützten und mir stets ermutigend zur Seite standen.

4 Vincent BERNING: Geistig-kulturelle Neubesinnung im deutschen Katholizismus vor und nach dem Ersten Weltkrieg, in: Anton RAUSCHER (Hrsg.): Religiös-kulturelle Bewegungen im deutschen Katholizismus seit 1800, Paderborn/Wien [u.a.] 1986, S. 73.

(9)

1.1 „Dichterin beider Heimaten“.

5

Paula von Preradović’ Leben und Werk

In seinen Skizzen zu einem Porträt (1955) schrieb Ernst Molden6, der Ehemann der Dichterin, im Sommer 1951 folgende Worte:

Es ist so, daß dem, der dieses Leben verfolgt, die Dichterin der damals noch öster- reichischen Adria, die Sängerin der Schönheit der innerösterreichischen Heimat als eine der charakteristischen Gestalten aus der Welt des Überganges erscheinen wird.

Utriusque Austriae poeta, so könnte man Paula von Preradović nach dem Umfang ihres Werkes tatsächlich nennen, Dichterin beider Heimaten, der verblichenen wie der gegenwärtigen.7

5 Ernst MOLDEN: Skizzen zu einem Porträt, in: Paula von Preradović. Porträt einer Dichterin, Innsbruck 1955, S. 14.

6 Ernst Molden (1886–1953) war 1921–1939 Redakteur der Wiener Tageszeitung »Neue Freie Presse«, 1946–53 Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung »Die Presse«, Ehemann von Paula von Preradović, Vater von Otto und Fritz Molden (vgl. »Ernst Molden«, in: Austria-Forum, http://austria-forum.org/

af/AEIOU/Molden%2C_Ernst, Zugriff: 18.10.2014). Seine Dissertation Die orientalische Politik des Fürsten Metternich (1913) leitete eine Neubewertung des österreichischen Staatskanzlers ein. Nach der Promotion unterrichtete Molden als Honorardozent am Eötvös-Kolleg in Budapest. 1917 wurde er an die österreichisch-ungarische Gesandtschaft nach Kopenhagen delegiert. Danach kam er im Frühjahr 1919 als Presseattaché nach Den Haag. 1921 trat er in die Redaktion der »Neuen Freien Presse« ein und wurde nach drei Jahren stellvertretender Chefredakteur. Molden gehörte zum Vorstand des Österreichisch- Deutschen Volksbundes, einer überparteilichen Massenorganisation für den Anschluss Österreichs an Deutschland. Schließlich trat er jedoch der Staatspartei »Vaterländische Front« bei und unterstützte den Kampf der Austrofaschisten gegen den Nationalsozialismus. Dies führte dazu, dass Molden und seine Familie nach der Annexion Österreichs vom Naziregime drangsaliert wurden. 1946 begann er die neu gegründete Zeitung »Die Presse« herauszugeben. Mit ihrer Leitung hatte er großen Einfl uß auf das kul- turelle und politische Leben Österreichs in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg (vgl. Adam WANDRUSZKA: Ernst Molden, in: Neue Deutsche Biographie, http://www.deutsche-biographie.de/sfz64276.

html, Zugriff: 18.10.2014).

7 Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 13f.

(10)

Die österreichische Schriftstellerin und Lyrikerin wurde am 12. Oktober 1887 in Wien als älteste von fünf Geschwistern8 geboren.9 Sie war Enkelin des kroatischen Nationaldichters Petar von Preradović.10 Ihre Ahnen lebten am Rande der Habsbur- germonarchie, wo sie als Grenzsoldaten tätig waren.11 Petars Kinder, Milica und Dušan, kamen nach dem Selbstmord ihrer Mutter nach Wien, wo der Vater eine zweite Ehe einging. Als auch er starb, wuchsen beide Kinder zusammen mit ihrer Stiefschwester Zora in der Familie der zweiten Frau Petars auf. Sowohl Dušan als

8 Paula hatte zwei Brüder und zwei Schwestern. Der ältere Bruder, Ivo, wurde Offi zier der jugoslawischen Marine. Er kam im Dezember 1944 ums Leben, als der britische Zerstörer »Aldingham«, auf dem er sich als Verbindungsoffi zier zur britischen Flotte gerade aufhielt, auf eine Mine lief und sank. Paulas Lieblingsbruder Peter wurde Schriftsteller und verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Zagreb. Helene starb 1898 im Alter von drei Jahren. Gabriele (Jela), die jüngste Schwester, heiratete den Briten Albert Stanley Sarfas, der 1940 während der Schlacht um Narvik als U-Boot-Offi zier fi el. Sie selbst starb 1986. (vgl. Kurt EIGL: Biographie.

Paula von Preradović 1887–1951, in: Paula VON PRERADOVIĆ: Wiener Chronik 1945, Wien 1995, S. 116).

9 Vgl. ebd., S. 115.

10 Petar von Preradović (1818–1872) wurde in dem Dorf Grabovnica an der ehemaligen Grenze der Dop- pelmonarchie geboren. Seine Eltern waren serbisch-orthodoxe Christen. Preradović wollte Berufssoldat werden und besuchte die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt. Hier konvertierte er zum Katholizismus und versuchte sich als Lyriker. (vgl. Hermann WENDEL: Südslawische Silhouetten, in: Louis Krompotic (Hrsg.):

Die EU und ihre Ahnen im Spiegel historischer Quellen, Reihe 4, Band 1, Hannover 2007, S. 166) Seine ersten Gedichte, die unter dem Einfl uss der deutschen Romantik entstanden, schrieb er in deutscher Sprache (vgl.

»Petar von Preradović«, Stichwort in: Brockhaus Enzyklopädie, a. a. O., Band 17, S. 468). Nach der Versetzung nach Mailand, wo er den Geschichtsforscher und Rechtsgelehrten Ivan Kukuljević-Sakcinski kennenlernte, der Preradović anregte auch in seiner Muttersprache zu dichten, verfasste dieser die ersten kroatischen Texte.

Als Preradović in Dalmatien stationiert war, heiratete er in Zara, dem heutigen Zadar, Paula de Ponte, eine junge Frau aus einer italienisch-dalmatinischen Adelsfamilie, deren Mutter – die Tochter eines Offi ziers oder Verwaltungsbeamten, der in der Zeit der Napoleonischen Kriege nach Dalmatien gekommen war – französische Wurzeln hatte (vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 17f.). In Zagreb begegnete Preradović Vertretern der Illyrischen Bewegung, die die kulturelle und politische Einheit der Südslawen anstrebte. 1848 kämpfte er im Rang eines Hauptmanns in Oberitalien gegen die italienische Einigungsbewegung. Kurz danach lernte er den k.u.k. Feld- zeugmeister Joseph Graf Jelačić von Bužim kennen und wurde zu seinem engen Mitarbeiter. 1866 avancierte er zum General (vgl. »Petar von Preradović«, Stichwort in: Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, a. a. O., Band 17, S. 468). Preradović’ Werke spiegeln die Ideen des Panslawismus und der nationalen Romantik wider. Er war u.a. als literarischer Übersetzer ins Kroatische tätig und schrieb außer Lyrik auch epische und dramatische Werke. Petar von Preradović, der heute als kroatischer Nationaldichter bekannt ist und neben Ivan Mažuranić als bedeutendster Dichter des Illyrismus gilt, starb 1872 in Niederösterreich und wurde in Wien beerdigt (vgl.

»Petar von Preradović«, Stichwort in: Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, a.a.O., Band 17, S. 468). Seine Gebeine wurden später nach Zagreb überführt.

11 Die Familie der Dichterin väterlicherseits war eigentlich serbischer Herkunft, doch unter ihren Vorfahren waren auch Kroaten, Italiener und Slowenen. Trotzdem bekannte sich die Familie zur kroatischen Nationalität, was damit zusammenhing, dass sie seit Langem in Kroatien lebte. Der erste vom Namen bekannte Vertreter des Geschlechts war Johan Preradović, der für seine Verdienste im Dreißigjährigen Krieg geadelt wurde. Einer alten Überlieferung zufolge sollen seine Ahnen »Uskoken« gewesen sein (vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 15).

Diese waren ein militärisch organisierter Verband von Flüchtlingen, die aus den türkisch besetzten Gebieten Kroatiens, Bosniens und der Herzegowina stammten. Das Ziel ihres gegen die osmanischen Okkupanten und die Truppen der Republik Venedig gerichteten Kampfes war die Rache für die Unterdrückung ihrer Landsleute.

Die »Uskoken« setzten sich anfangs entlang der slowenischen Grenze und in Dalmatien fest. Von dort unter- nahmen sie Einfälle in die osmanischen Gebiete. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden sie an die südliche Militärgrenze der Habsburgermonarchie, in das Žumberak-Gebirge (auch »Uskokengebirge« genannt) umgesiedelt. (vgl. »Uskoken«, in: Brockhaus Enzyklopädie in 30 Bänden, Band 28, Leipzig/Mannheim 2006, S. 478f.) Ihr Kampf trug zur Sicherung der südlichen Grenze des Landes bei.

(11)

auch seine Schwester wurden in deutscher Kultur erzogen, doch der einzige Sohn des kroatischen Nationaldichters, der die Berufslaufbahn eines kaiserlichen Mari- neoffi ziers wählte, identifi zierte sich hauptsächlich mit dem Kroatentum.12 In Wien, wo er aufgewachsen war, lernte er seine Frau, Helene Freiin Falke von Lilienstein13 kennen „und es war die Tragik dieser Ehe, daß die Gattin für die nationalen Gefühle und Interessen ihres Mannes keinerlei Verständnis hatte“14, schrieb Ernst Molden in seinem biographischen Text. Die ständig wachsenden Differenzen zwischen den Eheleuten wirkten sich äußerst negativ auf das Familienleben aus und drohten sogar die Gemeinschaft der Geschwister zu spalten.15 Dušans Tochter Paula, die zwar unter dem Einfl uss ihrer Mutter – ähnlich wie der Vater – in der deutschen Sprache erzogen wurde und in dem deutschsprachigen Umfeld der wichtigsten österreichisch-ungarischen Kriegshafenstadt Pola16 aufwuchs, gehörte zu denjenigen Familienmitgliedern, die die Verbundenheit Dušans mit der Heimat der Ahnen teilten.17 Sie hatte es ihrem Vater zu verdanken, dass es ihr später leicht fi el sich sowohl mit dem mediterranen Istrien als auch mit dem deutschsprachigen Binnenland zu identifi zieren.

Die Familie übersiedelte an die Adria, als Paula zwei Jahre alt war. Sie ließ sich im

„Marineviertel Policarpo mit seinen phantasielosen ärarischen Offi zierswohnhäusern“18 nieder, wo Paula ein paar Jahre später die »Marineschule« besuchte, die für Offi ziers- und Unteroffi zierskinder gegründet wurde.19 Pola war auch derjenige Ort, wo die Enkelin des kroatischen Nationaldichters ihre ersten Gedichte schrieb.20 Es ist anzunehmen, dass sie schon als Kind unter dem Einfl uss des literarischen Nachlasses ihres Großvaters stand, der zwar lange vor Paulas Geburt verstorben war, jedoch durch die „Verehrung, die man dem Andenken des Großvaters, aber auch dem Vater als dessen einzigen Sohn in Kroatien entgegenbrachte“21, in ihren Gedanken stets präsent sein musste. An den ersten dichterischen Versuchen Paulas zeigte ihre Familie großes Interesse. Der Großvater mütterlicherseits Johann Baptist Freiherr Falke von Lilienstein22 gehörte zu den ersten Rezipienten ihrer Texte, ebenso wie seine Tochter Amalie, die selbst literarisch tätig war.23 Die Gedichte wurden nicht nur von Familie und Freunden, sondern auch von der

12 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 18.

13 Vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 116.

14 Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 18f.

15 Vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 117.

16 Heute trägt die Stadt den Namen »Pula« und ist die größte Stadt der Gespanschaft Istrien (kroat. Is- tarska županija) in Kroatien (vgl. »Pula«, Stichwort in: Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, a.a.O., Band 17, S. 618).

17 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 19.

18 Ebd., S. 23.

19 Vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 117.

20 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 19.

21 Ebd.

22 Johann Baptist Freiherr Falke von Lilienstein war k.k. Sektionschef und Begründer des »Literarischen Bureaus«, also des kaiserlichen Presseamtes (vgl. Kurt EIGL, Biographie, a.a.O., S. 117). Bevor Lilienstein nach Wien berufen wurde, war er als hoher Beamter in Ungarn tätig (vgl. Renate WAGNER: Paula von Preradović.

Dichterin zwischen den Völkern, in: Renate WAGNER: Heimat bist Du großer Töchter: weitere Portraits, Wien 1995, S. 192).

23 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 20.

(12)

Pädagogin und Schriftstellerin Camilla Lucerna gelesen. Möglicherweise setzte man schon damals in Paula Hoffnungen und fragte sich, ob sie in Zukunft – ähnlich wie der Großvater – ihre Texte auf Kroatisch verfassen wird.24 Es sollte sich schon bald herausstellen, dass die junge Dichterin bei der deutschen Sprache bleiben sollte, denn – so Ernst Molden – es war „nicht zuletzt der Mutter zu danken, die in dem südlichen Milieu nie wirklich heimisch zu werden vermochte, wenn Paula von Preradović zur österreichischen und deutschen Dichterin […] wurde“.25

Der Kriegshafen Pola war ein Ort, an dem „die Gemeinsamkeiten des alten Reiches zuletzt am deutlichsten ausgeprägt waren“26 und an dem die junge Dichterin den Reichtum und die Gefahren, die sich für die Heimat aus ihrer Multiethnizität, Multinationalität und Multikulturalität ergaben, frühzeitig kennenlernte. Besonders deutlich zeigte sich diese schwierige Problematik im eigenen Elternhaus, wo sich der als Kroate fühlende Vater ausgegrenzt fühlte.27 Trotzdem war Preradović darüber glücklich zwei Vaterländer zu haben, wovon sie in ihren Werken mehrmals Zeugnis ablegte.28 Der Schriftsteller Kurt Eigl äußerte sich folgendermaßen über die Bedeutung des multikulturellen Umfelds, in dem die Dichterin aufgewachsen war, für ihre Lebenslaufbahn:

Aufzuwachsen in einem Vielvölkerstaat zwischen den Nationen und Traditionen, im Offi - ziersmilieu, als Tochter eines Mannes, der, ganz von deutscher Kultur geprägt, sich dennoch ganz als Kroate fühlt und bekennt, aber trotz seinem Kroatentum treu zu seinem Kaiser steht, genau wie sein Vater Petar es hielt, der k. k. Generalmajor und zugleich Kroatiens Nationaldichter war – das kann in einem empfänglichen Gemüt von klein auf mancherlei Tugenden wecken: gesellschaftliche Gewandtheit, Festigkeit, Lebensmut, Weltoffenheit, Courage, Verständnis für Andersgeartete.29

Doch Pola war nicht nur der Ort, an dem die Geschwister Preradović die Stärken und Schwächen der Donaumonarchie kennenlernten.30 Es war vor allem die Stadt, in der die junge Dichterin zahlreiche Kindheitseindrücke sammelte, die später sowohl in Gedichten als auch auch in epischen Texten wiedergegeben und refl ektiert wurden.31

24 Vgl. ebd., S. 19.

25 Ebd., S. 19f.

26 Ebd., S. 21.

27 Vgl. ebd.

28 Vgl. ebd., S. 22.

29 Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 116f.

30 In der Zeit nach dem »Österreichisch-Ungarischen Ausgleich« (1867) lebten vor allem in Cisleithanien zehntausende Beamte und Offi ziere, die sich als Österreicher fühlten, obwohl sie aus verschiedenen Gegenden des Habsburgerreiches stammten und verschiedenen ethnischen Gruppen angehörten. Sie betrachteten sich selbst als Diener der Dynastie, ihr Patriotismus bezog sich nicht auf Österreich im engeren Sinne des Wortes, sondern auf die k. u. k. Monarchie als Ganzes und auf die kaiserliche Familie. (Vgl. Gordon BROOK-SHEPHERD: Österreich. Eine tausendjährige Geschichte, Wien 1998, S. 143). Pola war eine jener Städte, die besonders stark von einem solchen Beamten- und Offi ziersmilieu geprägt waren.

31 Unter diesen Kindheitsmotiven fi ndet man u.a. das unbekümmerte Leben im Marineviertel Policarpo, die Spaziergänge mit dem Vater zum Strand, die Begegnungen mit den Hirten und ihren Schafherden auf

(13)

Die Familie verbrachte ihre Sommerferien meistens im Gebirge und wohnte in dem Landhaus der Großeltern am Mondsee im Salzkammergut. Später begab sie sich häufi g nach Kärnten und in das Herzogtum Krain. Die Aufenthalte in den Alpen hinterließen, ähnlich wie der Alltag in der Polesaner Küstenregion, viele Spuren in Preradović’

Werken, hauptsächlich in der Lyrik.32

Nachdem Paula die deutschsprachige Schule für Kinder aus Marinefamilien abgeschlossen hatte, verließ sie Pola und begab sich zur weiteren Bildung in das niederösterreichi- sche St. Pölten. Dort besuchte sie die vom Frauenorden »Congregatio Jesu« geführte Mittelschule für adelige Mädchen »Institut der Englischen Fräulein«.33 Auf die Wahl dieser streng katholischen Einrichtung hatte Vater Dušan, ein tiefgläubiger Katholik, großen Einfl uss. Vielleicht spielten auch familiäre Gründe eine Rolle, denn Gisela Falke, eine Schwester der Mutter Paulas, war Mitglied dieser Ordensgemeinschaft.34 Der Schulaufenthalt in Niederösterreich hatte einen nicht zu unterschätzenden Einfl uss auf Preradović’ Verhältnis zum Glauben, wovon später noch die Rede sein wird. Die Eindrücke vom Leben in der im Mostviertel gelegenen Stadt hielt die junge Lyrikerin in den Sankt-Pöltener Sonetten (1930–1932) fest. Eines der wichtigsten Ereignisse, die Preradović’ Werdegang als Dichterin bestimmen sollten, war das Kennenlernen der Schriftstellerin Enrica von Handel-Mazzetti.35 Die Autorin mehrerer historischer Romane und Novellen besuchte einige Jahre zuvor selbst das »Institut der Englischen Fräulein«.36 Nachdem Preradović mit der damals schon bekannten Schriftstellerin Freundschaft geschlossen hatte, kam es zu einem intensiven Briefwechsel zwischen den beiden Frauen.37 Enrica von Handel-Mazzetti unterstützte Preradović auch bei der Herausgabe ihres ersten Gedichtbandes.38

den Weiden in der Nähe der Stadt, die Weite des Meeres und die mediterrane Landschaft mit ihren trockenen Hügeln und Olivenhainen.

32 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 24.

33 Vgl. ebd.

34 Vgl. ebd., S. 25.

35 Enrica Freiin von Handel-Mazzetti (1871–1855) war eine österreichische Schriftstellerin. Sie besuchte das »Institut der Englischen Fräulein« in Sankt Pölten, später studierte sie Geschichte und Sprachwissenschaf- ten in Wien. Handel-Mazzetti schrieb hauptsächlich historische Romane und Novellen, deren Hintergrund die Glaubenskriege zwischen Protestanten und Katholiken bilden. Zu ihren bekanntesten Texten gehört der historische Roman Meinrad Helmpergers denkwürdiges Jahr (1900). 1914 erhielt sie den Ebner-Eschenbach Preis. Seit 1951 gibt es einen vom Land Oberösterreich eingerichteten Literaturpreis, der nach ihr benannt wurde. Die Werke dieser Schriftstellerin sind von leidenschaftlicher Religiosität und christlichem Humanismus geprägt. Sie knüpfen thematisch, gedanklich und formal an den österreichischen Barock. Bemerkenswert ist die Bildhaftigkeit ihrer Sprache sowie das Einfühlungsvermögen in die Seele der Figuren (vgl. »Enrica Freiin von Handel-Mazzetti«, Stichwort in: Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, a.a.O., Band 9, S. 437).

36 Außer Enrica von Handel-Mazzetti besuchten die Sankt Pöltener Schule auch andere Schriftstellerin- nen, u. a. Elisabeth Friederike Reichsgräfi n Coudenhove-Kalergi (1901–1971), Maria Veronika Rubatscher (1900–1987) und Paula Grogger (1892–1984) (vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 117f.). Der Journalist und Literaturwissenschaftler Werner Röttinger bezeichnete das »Institut der Englischen Fräulein« sogar als

„Bildungsstätte österreichischer Dichterinnen“ (vgl. Werner RÖTTINGER: Vorwort, in: Paula VON PRERADOVIĆ: Meerferne Heimat. Eingeleitet und ausgewählt von Werner Röttinger, Graz/Wien 1961, S. 7).

37 Vgl. ebd., S. 8.

38 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 25.

(14)

Nach der Absolvierung der Schule39 kehrte Preradović an die Adria zurück. Die zweite Polesaner Periode ist einerseits von der Vertiefung der Bindung an ihre mediterrane Heimat und der Sammlung neuer Eindrücke und Inspirationen geprägt, andererseits lernte die junge Dichterin in dieser Zeit die Literatur der Jahrhundertwende ken- nen. Die angespannte außen- und innenpolitische Lage sowie die Konfl ikte in der nahen Balkanregion wurden von Preradović und ihren Altersgenossen noch nicht wahrgenommen, obwohl das Wort »Krieg« in den Diskussionen der Marineoffi ziere immer häufi ger fi el.40 Ernst Molden erwähnte in dem biographischen Text über seine verstorbene Frau nicht nur die Unruhen, die das Zeitgeschehen in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts prägten, sondern auch positive Ereignisse, die den in Pola ansässigen Offi ziersfamilien Zuversicht einfl ößten:

Die Skepsis, die um das Weiterbestehen des Donaureiches in dem immer verworrener wer- denden Zeitalter des Nationalismus in gewissen besten Kreisen der »Monarchie« […] eine Zeitlang gang und gäbe geworden war, wich überdies gerade in diesen Jahren einer neuen, zuversichtlicheren Stimmung. Es hob die kurze Blütezeit des jungen und dann jung begrabenen Großösterreichertums an, für dessen Ideen und Hoffnungen in der Richtung einer Erneuerung des Reiches die Person des Thronfolgers Franz Ferdinand, des Neffen des alten Kaisers, das Zentrum bildete.41

Das »Großösterreichertum« (bzw. das »großösterreichische Konzept«)42, von dem in dieser Passage die Rede ist, sollte bereits wenige Jahre später, kurz nach der Heirat der Dichterin, in dem Leben der jungen Eheleute eine wichtige Rolle spielen. Beide sollten politisch tätig werden und sich für die Verwirklichung der Reformideen des Thronfolgers einsetzen.43

39 Preradović bestand die Reifeprüfung und eine zusätzliche Staatsprüfung in modernen Sprachen (vgl.

Renate WAGNER, a.a.O., S. 192).

40 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 26.

41 Ebd., S. 26f.

42 Das »großösterreichische Konzept« war ein Plan für die radikale Reformierung des Habsburgerreiches, den der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este (1863–1914) verwirklichen wollte. Das Konzept wurde 1906 von dem Banater-Rumänen, Politiker und Juristen Aurel C. Popovici ausgearbeitet. Er plante eine politische Neuordnung der Donaumonarchie durch die Bildung mehrerer teilsouveräner Glied- staaten, deren Grenzen hauptsächlich nach ethnischen und sprachlichen Kriterien gezogen werden sollten.

Diese fünfzehn nahezu einsprachigen Staaten sollten eine Föderation bilden, die den Namen »Vereinigte Staaten von Groß-Österreich« erhalten sollte (vgl. »Popovici, Aurel Constantin«, in: Walter KILLY / Rudolf VIERHAUS (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 8, München 1998, S. 33) Die Idee war eine Antwort auf die im 19. Jahrhundert immer stärker werdenden Forderungen der meisten europäischen Völker in souveränen Nationalstaaten zu leben. Der Reformplan war die Antwort einer Gruppe von Monarchisten auf die anwachsenden Konfl ikte, die das Land von innen zu zersetzen drohten (vgl. Alina TESLARU-BORN: Ideen und Projekte zur Föderalisierung des Habsburgischen Reiches mit besonderer Berücksichtigung Siebenbür- gens 1848–1918, Frankfurt am Main 2005, S. 299–329). Zu den stärksten Gegnern des »großösterreichischen Konzepts« gehörten hauptsächlich die Ungarn, die eine Abtrennung Kroatiens und Siebenbürgens von der Stephanskrone nicht akzeptierten. (vgl. Gordon BROOK-SHEPHERD: a.a.O., S. 177f.).

43 Seit 1896 war Erzherzog Franz Ferdinand der Thronfolger Österreich-Ungarns. Er betrachtete den Dualismus der Monarchie als Grund für ihre konstitutionellen Probleme, deshalb war er entschlossen nach

(15)

Von besonderer Bedeutung war für Preradović in der Zeit nach ihrer Rückkehr nach Pola die Begegnung mit der zeitgenössischen Literatur. Die ersten Vorboten der revolutionsartigen Veränderungen in der Welt der Kunst waren einige Zeitschriften, in denen neue Texte veröffentlicht wurden und die für die jungen Polesaner im Marinekasino zugänglich waren.44 Werner Röttinger äußerte sich über die Ursachen und die Wirkung dieser »literarischen Revolution« wie folgt:

Soziale, gesellschaftliche Probleme, seit Jahrzehnten im Verborgenen wachsend und reifend, brachen nun auf, Nationalitätenprobleme forderten Stellungnahme, Auseinandersetzung, fanden in der Dichtung ihren Niederschlag. Die unkonventionelle, untraditionelle, auf einmal neuartige Form, die revolutionäre Form einer um zeitgemäße Aussageweise ringenden Literatur, riß die Jugend, auch die Polas, zu Begeisterung hin.45

Unter den Neuerscheinungen galten vor allem die Buddenbrooks (1901) von Thomas Mann als Sensation. Ernst Molden erwähnte, dass Paula von Preradović ein zerlesenes Exemplar dieses Gesellschaftsromans in ihrer Bibliothek stehen hatte.46 Besonders lebhaft diskutierte man über die alle Konventionen sprengende Lyrik von Friedrich Nietzsche und Richard Dehmel. Man las Stefan Georges Literaturzeitschrift »Blätter für die Kunst« und war von dem Symbolismus in seinen Werken fasziniert.47 Preradović las auch Hugo von Hofmannsthals Texte. Die Begeisterung für Literatur verband Paula mit ihrem Bruder Peter48, der später in Zagreb als Dramatiker tätig wurde. In dieser Zeit entstand zwischen den beiden Geschwistern ein inniges Verhältnis.49

Prägend für die Zeit nach der Rückkehr aus Sankt Pölten war auch die intensive Begegnung mit der mediterranen Landschaft und die Vertiefung der Eindrücke aus der Kindheit. Sie „genoß […] mit umfangender Liebe das Küstenland mit seinen Karstgebirgen und Heiden, mit Ölbaum und Feigenbaum und der lateinischen Luft, die sie umwehte“.50 Doch die Art und Weise, in der die Dichterin ihre kroatische Heimat betrachtete, änderte sich seit dieser Zeit grundsätzlich. In Moldens Skizzen zu einem Porträt heißt es:

seiner Thronbesteigung grundlegende Reformen durchzuführen. Sein erster Plan bestand darin, die kroati- schen Gebiete vom transleithanischen Reichsteil zu trennen und diese mit Bosnien-Herzegowina und den Gebieten um Triest in einem südslawischen Königtum zusammenzufassen. Dabei handelte es sich um eines von drei trialistischen Konzepten. (Vgl. »Trialismus«, Stichwort in: Der große Brockhaus. Sechzehnte, völlig neubearbeitete Aufl age in zwölf Bänden, Wiesbaden 1956, Band 11, S. 616). Da der Trialismus aber keine Lösung für das komplexe Nationalitätenproblem bot und auf Ablehnung seitens verschiedener Volks- und Interessengruppen stieß, verlor er schließlich immer mehr an Popularität. Er wurde von dem Plan einer umfassenden Föderalisierung, dem »großösterreichischen Konzept« abgelöst (vgl. Gordon BROOK-SHEPHERD, a.a.O., S. 177).

44 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 27.

45 Vgl. Werner RÖTTINGER, a.a.O., S. 8f.

46 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 27.

47 Vgl. ebd., S. 28.

48 Er wurde in Zagreb als Peter Preradović der Jüngere bekannt (vgl. ebd.).

49 Vgl. ebd.

50 Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 119.

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[…] man erlebte das alles zwar durchaus mit eingeborenen, mit heimischen Augen, doch irgendwie mit sehnsüchtigeren als nur heimischen, mit tiefer und bewußter als sie blickenden; man erlebte es zwar mit der natürlichen Liebe des getreuesten Kindes dieser Landschaft, doch darüber hinaus auch mit der gehegteren Liebe des nicht nur dieser einen Landschaft allein als Heimat Verschriebenen.51

Preradović verfasste in dieser Zeit zahlreiche Gedichte u. a. Landschaft-, Stim- mungs- und Liebesgedichte, die später sogar die Anerkennung von Marie von Ebner-Eschenbach und Hugo von Hofmannsthal gewannen.52 Es waren vor allem

„das Liedhafte und der ausgeprägte Sinn für die Sprache“53, die die Aufmerk- samkeit der Leser anzogen. Die Eindrücke aus den Gesprächen mit dem Vater über die Vergangenheit der Familie und über Großvater Petar spiegeln sich in Preradović’ Lyrik wider.54 Auch die schwere Stimmung zu Hause und ein Gefühl der Einsamkeit55, die wohl auf die Konflikte zwischen den Eltern zurückzuführen waren, wurden in den lyrischen Texten aus dieser Zeit festgehalten, ebenso wie die freudigen Momente, die die Dichterin in ihrem Freundeskreis erlebte.56 Trotz des wachsenden Interesses am literarischen Schaffen konnte sie damals jedoch noch nicht wissen, dass die Dichtkunst in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielen wird: „Noch tastete die heranwachsende Frau und Poetin den Horizont ab, suchte […] den ihr bestimmten Weg aus der Geborgenheit des Elternhauses in die Welt“.57

Als Paula von Preradović Pola im Herbst 1913 zum zweiten Mal in ihrem Leben für längere Zeit verließ, rechnete sie nicht damit, dass es viele Jahre lang kein Wiedersehen mit der istrischen Heimat geben sollte. Diesmal begab sie sich nach München, wo sie an einen einjährigen Pfl egerinnenkurs des Bayerischen Roten Kreuzes teilnahm.58 Kurz nach der Abschlussprüfung besuchte Preradović ihre neugewonnenen Freunde in Bayern. Dann brach der Erste Weltkrieg aus und sie musste entscheiden, ob sie in München bleibt, wo sich für sie neue Per- spektiven öffneten, oder ob sie sich in Wien niederlässt. Von einer Rückkehr an die Adria konnte keine Rede sein, da die Familien der Marineoffi ziere aus Pola evakuiert worden waren. Ihre Wahl fi el auf Wien, wo zahlreiche Familienange- hörige59 der Dichterin lebten. Auch ihre Mutter hielt sich dort auf, die – ähnlich wie die meisten evakuierten Polesaner – auf der Suche nach einer neuen Bleibe

51 Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 29.

52 Vgl. ebd., S. 31.

53 Ebd., S. 30.

54 Vgl. ebd., S. 31.

55 Vgl. ebd., S. 31f.

56 Vgl. ebd., S. 32.

57 Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 119.

58 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 32.

59 Zu den in Wien lebenden Familienangehörigen gehörten die Familie der Mutter, u. a. die verheiratete jüngste Schwester der Mutter, welche die Dichterin gut kannte, und die unverheirateten Schwestern des Vaters – Milica und Zora von Preradović (vgl. ebd., S. 33).

(17)

war.60 Im Gebäude der Wiener Universität wurde gerade ein Kriegskrankenhaus eröffnet, das Pfl egerinnen suchte. Dort wurde Preradović beschäftigt und lernte auch ihren zukünftigen Mann kennen, der die Siebenundzwanzigjährige folgendermaßen beschrieb:

Für jeden, der ihr gegenübertrat, war sie vor allem auffallend durch den ruhigen und klaren Blick ihrer großen braunen Augen und ihre freie hohe Stirn unter dem brünetten Haar.

Ihre Gestalt von eher kleiner Mittelgröße ließ nicht sogleich auf die starke Lebhaftigkeit, die Paula von Preradović auszeichnete, schließen. Ihre Stimme aber […] enthüllte schon damals das Besondere ihres Wesens: den Ernst, der über aller ihrer natürlichen Heiterkeit lag, die tiefe Beseeltheit, die ihrem beweglichen Geist eine Weihe verlieh, die ahnen ließ, wer sie war.61

Ernst Molden war, bevor er die junge Krankenschwester traf, Geschichtsdozent am Eötvös-Collegium der Budapester Universität.62 Da er seine akademische Laufbahn in der Hauptstadt der Donaumonarchie fortsetzen wollte, übersiedelte er nach Wien, wo er sich freiwillig zur Arbeit in der Verwaltung des neuen Kriegskrankenhauses meldete.63 So kam es zu der ersten Begegnung mit seiner künftigen Frau und am 3.

April 1916 zur Heirat in der Trauungskapelle des Wiener Schottenstiftes.64

Nach einer Hochzeitsreise ins Salzkammergut, zogen die Eheleute in ihre erste gemeinsame Wohnung.65 Kurze Zeit später wurde Ernst Molden in den Auswärtigen Dienst berufen66 und an die österreichisch-ungarische Gesandtschaft in Kopenhagen geschickt.67 Nach dem Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie wurde er nach Den Haag beordert.68 Seine Frau begleitete ihn sowohl nach Dänemark als auch kurze Zeit später in die Niederlande. In dieser Zeit vernachlässigte die Dichterin ihre literarische

60 Vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 120.

61 Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 34.

62 Vgl. ebd., S. 36.

63 Vgl. ebd., S. 34ff.

64 Vgl. ebd., S. 35.

65 Die Wohnung lag in der Latschkagasse im 9. Wiener Gemeindebezirk (Alsergrund) (vgl. ebd., S. 35).

66 Er verdankte die Berufung in den Auswärtigen Dienst wahrscheinlich seinem Vater, Berthold Molden (1853–1942), der im Ministerium des Äußeren arbeitete. Berthold Molden war damals schon angesehener Historiker und Publizist. Seine Arbeit über den Außenminister und Politiker Alois Lexa Freiherr von Aehrenthal gehört zu den wichtigsten Werken der österreichischen Geschichtsschreibung (vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 121). Doch auch Ernst Moldens Arbeiten über die österreichische Außenpolitik, die zu diesem Zeitpunkt bereits herausgegeben waren (u.a. die Untersuchung über Metternichs Orientpolitik), und Moldens Zugehörigkeit zur »großösterreichischen Bewegung« trugen zu seiner Berufung bei. Die Endscheidung über die Nominierung traf der neue Außenminister Ottokar Graf Czernin von und zu Chudenitz (vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 36). Vor seiner Berufung in den Auswärtigen Dienst leistete Molden in den Jahren 1914–1916 den Militärdienst beim k.u.k. Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 ab (vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 120).

67 Vgl. ebd., S. 121.

68 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 36f.

(18)

Tätigkeit, da sie ihren Mann in seiner Diplomatenkarriere unterstützte.69 Im März 1918 kam ihr erster Sohn, Otto Molden70, zur Welt.71

Der Zerfall Österreich-Ungarns bildete eine wichtige Zäsur im Leben der jungen Eheleute. Als »Österreicherin des alten Reiches« verlor die Dichterin ihre Heimat.

Die Zukunft der Familie war ungewiss. Schon 1920, kurz nach der Rückkehr der Gatten nach Wien, starb Dušan Preradović. Er war nie im Stande die Aufl ösung der Donaumonarchie zu akzeptieren und schied aus dem Leben „in der halben Fremde, als welche er das nun völlig von Meer und Süden gewaltsam getrennte neue kleine Österreich unvermeidlich empfi nden mußte, an gebrochenem Herzen, gebrochen über die Zerreißung des alten Reiches“.72 Ernst Molden schrieb drei Jahrzehnte später folgende Worte über diesen kaiserlich-österreichischen Patrioten:

Er steht als Sohn seines berühmten Vaters und als Vater seiner Tochter in der Geschichte zweier Literaturen, eine altösterreichische Offi ziersgestalt, wie sie durch die Jahrhunderte dem Reich der habsburgischen Kaiser ihr Leben gegeben hatten und nun aussterben: letzte Zeugen einer untergegangenen, in ihrer Art großen Welt.73

Auch für Dušans Tochter, Paula, war der Übergang in die Nachkriegswirklichkeit ein schwieriger Prozess, doch es gelang ihr sich anzupassen. Der Journalist und Schriftsteller Kurt Eigl beschrieb jene Entwicklung folgendermaßen:

[…] Der leidvolle Prozeß, der der Menschheit das Paradies nahm und jeden zwingt, für Erkenntnis und Fortschritt die Kindheit hinzugeben, wirkte in den »charakteristischen Gestalten aus der Welt des Obergangs«, die 1918 zugleich mit ihrer Jugend auch ihr Böhmen und Mähren, ihr Siebenbürgen, Slowenien und Kroatien dahingeben mußten, besonders intensiv. Nach Jahrzehnten eines unvergleichlichen Friedens in einer jahrhun- dertealten Großräumigkeit und Fülle wurden sie plötzlich im Stirb und Werde geschult, mußten sie lernen, mit allen möglichen Verlusten fertig zu werden; neu zu denken, neu zu leben […].74

69 Vgl. ebd., S. 37.

70 Otto Molden (1918–2002) war österreichischer Kulturpolitiker. Ab 1930 gehörte er einer Schüler- und Studentenorganisation an, die Widerstand gegen das Naziregime leistete. Er war aktiv am Aufbau der Wider- standsgruppe »O5« beteiligt. 1945 gründete er zusammen mit dem Philosophiedozenten Simon Moser und einer Gruppe Innsbrucker Professoren und Studenten die »Internationalen Hochschulwochen«. Aus diesen Zu- sammenkünften ging 1949 das »Europäische Forum Alpbach« hervor. Viele Jahre lang leitete Otto Molden das

»Österreichische College« und das »Europäische Forum Alpbach«. 1958 veröffentlichte er seine Dissertation Ruf des Gewissens – der österreichische Freiheitskampf 1938–1945 (vgl. »Otto Molden«, in: Austria-Forum, http://austria-forum.org/af/AEIOU/Molden,_Otto, Zugriff: 18.10.2014).

71 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 37.

72 Ebd., S. 22.

73 Ebd., S. 22f.

74 Kurt EIGL: Zur Dichterin. Epilog von Kurt Eigl, in: Paula von PRERADOVIĆ: Pave und Pero. Roman aus dem alten Österreich, Wien 2003, S. 311.

(19)

Der Schmerz blieb bei Paula von Preradović nicht „in ethnisch-geographischer Wehmut und Klage“75 stecken, sondern brachte „allgemeinmenschliche Geistesfrüchte“.76 Die Heimat ihrer Ahnen – Kroatien, Istrien und Dalmatien – wurde zwar zur »verlorenen Heimat«, aber auch zu einem geistigen Besitz, an den sie stärker gebunden war, als jemals zuvor. Gleichzeitig nahm sie die Heimat ihres Mannes, also das deutschsprachige

»Restösterreich«, als ihre eigene an.

Dušan und seine Frau hatten fast ihr gesamtes Vermögen verloren, ähnlich erging es den Schwiegereltern der Dichterin. Ernst Moldens Bruder77 war im Krieg gefallen.78 Der Geschichtsdozent fand an der Universität Wien keine Arbeit mehr, da diese mit rückgewanderten Hochschullehrern aus verschiedenen Universitätsstädten der ehemaligen Monarchie überfüllt war. Das Angebot einer akademischen Stelle in Peking lehnte Molden aus Rücksicht auf sein kleines Kind ab.79 Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war für die junge Familie, ähnlich wie für viele andere Österreicher, besonders schwer.80 Molden entschied sich den Beruf zu wechseln und wurde zuerst Feuilletonredakteur, dann Stellvertreter des Chefredakteurs der »Neuen Freien Presse«81, einst der führenden Zeitung der Habsburgermonarchie.82 Das hohe Einkommen

75 Ebd.

76 Ebd.

77 Richard Molden starb in Wolhynien an seinen Kriegsverletzungen. Im Zusammenhang mit seinem Tod wurde Paula von Preradović’ und Ernst Moldens Trauung um ein Jahr verschoben (vgl. Kurt EIGL: Zur Dichterin, a.a.O., S. 120).

78 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 38.

79 Vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 122.

80 Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte in der neugebildeten Republik Österreich eine Krise, die nahezu alle Lebensbereiche der Gesellschaft betraf. Neben der politischen Radikalisierung und allgemeinen Ori- entierungslosigkeit stellten das mangelnde Staatsbewusstsein, die wirtschaftliche Notlage und die von den Anhängern verschiedener politischer Gruppierungen verübten Gewaltakte die größten Probleme der Ersten Republik dar. Die schlechte Lage der Wirtschaft hing hauptsächlich mit der hohen Infl ation zusammen. Viele Menschen verloren damals ihre Vermögen und Ersparnisse. In den dreißiger Jahren verbesserte sich zwar die wirtschaftliche Lage, doch die Arbeitslosigkeit blieb bis 1938 ein großes Problem. Von Anfang an zweifelten viele Österreicher an der Überlebensfähigkeit des Staates. Man setzte große Hoffnungen auf Deutschland und erwartete eine Verbesserung der Lage nach der Vereinigung beider Staaten. Insgesamt kamen infolge der poli- tischen Gewalttaten in der Zwischenkriegszeit etwa eintausend Menschen ums Leben (vgl. Gerhard JAGSCHITZ: Geschichte und Erinnern, in: Theresia ZIERLER (Hrsg.): …und trotzdem gab es Hoffnung! »Trümmerfrauen«

aus Österreich berichten, Graz/Stuttgart 2006, S. 7ff.).

81 Die »Neue Freie Presse« war eine 1864 von Michael Etienne und Max Friedländer gegründete Tages- zeitung, die hauptsächlich vom liberalen Bildungsbürgertum gelesen wurde. Ihr Vorgängerblatt war die »Die Presse«, eine während der Märzrevolution 1848 von August Zang ins Leben gerufene Zeitung, die zwar nach Gründung der »Neuen Freien Presse« weiter erschien, jedoch schnell an Bedeutung verlor und bereits 1896 eingestellt wurde. Ihre Popularität verdankte die »Neue Freie Presse«, die schon bald nach 1864 einen großen Aufschwung erfuhr, vielen prominenten Autoren, die für sie tätig waren (z.B. Stefan Zweig, Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Theodor Herzl und Karl Emil Franzos). Die Zeitung erschien bis 1939, als sie mit dem »Neuen Wiener Journal« zum »Neuen Wiener Tagblatt« verschmolzen wurde. 1946 wurde sie von Ernst Molden unter dem ursprünglichen Namen »Die Presse« reaktiviert. Sie vertritt eine bürgerlich-liberale Auf- fassung und gehört zu den meistgelesenen Tageszeitungen Österreichs (vgl. Geschichte der österreichischen Tageszeitung »Die Presse«, in: http://diepresse.com/unternehmen/geschichte/, Zugriff: 29.01.2013).

82 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 38.

(20)

Moldens ermöglichte dem Ehepaar den Umzug in eine neue, große Wohnung in der Osterleitengasse 7, in der Preradović bis zu ihrem Tod wohnte.83 Dort entstanden die meisten ihrer Werke, mit Ausnahme der frühen lyrischen Texte84, dort wuchs auch seit 1924 Fritz Molden85, Preradović’ zweiter Sohn, auf.86 Diese Wohnung wurde in den Jahren 1930–1951 zu einem bedeutenden geistigen Salon. Ihre Rolle beschrieb der Schriftsteller Kurt Eigl folgendermaßen:

Es war eine herrschaftliche Wohnung mit vierzehn Räumen in einem breitfrontigen ein- stöckigen Biedermeierhaus […] in diesem Haus, wo die kleinen Gemälde des Großvaters Pero (Petar), seiner unglücklichen Pave (»Junge Frau im grünen Kleide«) und – gegenüber – das zarte, sinnende Antlitz des Vater [sic!] heute wie einst herabblicken auf den runden Biedermeiertisch, an dem die Tochter und Enkelin zu schreiben pfl egte, hier fanden sich in den Jahren nach dem unseligen Frühling 1938 […] die vertrauten Freunde zu regelmäßigen Zusammenkünften ein, um einander in glaubenstiefen Gesprächen zu stärken und im Umgang mit der Hausfrau und Dichterin […] Zuversicht zu schöpfen.87

Es verging einige Zeit, bis die Dichterin ihre zweite Heimat lieb gewann, doch schließlich lebte sie sich in Wien ein.88 Ab der Mitte der zwanziger Jahre knüpfte sie Kontakte zu anderen Künstlern, u. a. zu dem Lyriker, Erzähler und Komponis- ten Heinrich Suso Waldeck89, der im Rahmen der Österreichischen Leo-Gesell -

83 Die Osterleitengasse, in der sich die zweite Wohnung der Eheleute Molden befand, liegt in Döbling, dem 19. Bezirk, unweit ihres ersten gemeinsamen Wiener Wohnsitzes in der Latschkagasse.

84 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 39.

85 Fritz Molden (1924–2014) war österreichischer Widerstandskämpfer, Journalist, Autor, Verleger und Diplomat. Nach dem »Anschluss« Österreichs an das Dritte Reich nahm er als Mitglied des katholischen Un- tergrunds an Aktionen gegen den Nationalsozialismus teil, später wurde er Mittelsmann der Österreichischen Widerstandsbewegung »O5« zu den Alliierten. Er startete seine berufl iche Karriere 1945 als Pressechef des Außenministeriums unter Minister Karl Gruber. Anschließend wurde er Auslandsredakteur der von seinem Vater Ernst Molden wiedergegründeten Tageszeitung »Die Presse«. Nach einem Aufenthalt in den USA stieg Fritz Molden wieder bei der »Presse« ein, deren Verlag er nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1953 übernahm. Er gründete die politische Wochenzeitung »Wochenpresse« (1950), anschließend die Boulevardzeitung »Express«

(1958) und kaufte das »Wiener Wochenblatt« (1960). Auf dem Höhepunkt seiner Verlegerkarriere war er der wohl größte und wichtigste Zeitungsherausgeber Österreichs. Eine wichtige Rolle in Moldens Leben nahm die Autonomiebestrebung Südtirols ein, doch als der Kampf sich verschärfte und zunehmend von rechtsradikalen Kräften vereinnahmt wurde, zog Molden sich zurück. 1964 gründete er den »Verlag Fritz Molden«, welcher zeitweilig einer der erfolgreichsten österreichischen Buchverlage war. 1988 unterstützte Molden Oscar Bronner bei der Gründung der Tageszeitung »Der Standard« (vgl. »Fritz Molden«, in: Austria Forum, http://austria- forum.org/af/Wissenssammlungen/ Biographien/Molden,_Fritz, Zugriff: 18.10.2014).

86 Vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 122.

87 Ebd., S. 122f.

88 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 42.

89 Heinrich Suso Waldeck (1873–1943) hieß mit bürgerlichem Namen Augustin Popp. Er war Geistlicher, ursprünglich Redemptorist, später Weltpriester. Waldeck war hauptsächlich als Dichter und Komponist tätig.

Sein Debütband trug den Titel Antlitzgedichte und erschien 1927. Zehn Jahre später erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis. Zusammen mit Paula von Preradović, Friedrich Schreyvogl und Richard Billinger wirkte er in der Österreichischen Leo-Gesellschaft. Sein Ziel war es, eine hohe und reine Dichtersprache zu entwickeln. Die religiösen und mystischen Dichtungen von Waldeck besitzen eine strenge Form, die Sprache ist knapp und prägnant. Hauptthemen seiner Texte sind die autodestruktive Rolle des modernen Menschen

(21)

schaft90 in Wien einen literarischen Zirkel, die »Leo-Stube« führte.91 Zu den bekann- testen Mitgliedern der »Leo-Stube« gehörten damals der Schriftsteller und spätere Gründer der österreichischen »Katholischen Aktion« Rudolf Henz, der Maler und Dichter Carry Hauser, seine Frau, die klassische Philologin Gertrud Herzog-Hauser, der Direktor der Wiener Stadtbibliothek Oskar Katann, der Schriftsteller Siegfried Freiberg sowie der Lyriker, Erzähler, Dramatiker und Essayist Ernst Scheibelreiter.92 Der Literaturwissenschaftler Werner Röttinger charakterisierte diese Autorenrunde wie folgt:

Die Leo-Stube war […] keine Kaffeehausrunde nach altem Wiener Muster, kein Li- teratenstammtisch mit einer wechselseitigen Versicherung auf Zeitungsruhm, keine originalitätssüchtige, auf irgend einen neuen Ismus eingeschworene Gesellschaft. Jeder durfte und sollte er selber sein und seine Eigenart pfl egen, er mußte es sich nur gefallen lassen, daß jede fl üchtige, jede fl ache Stelle in seinen Gedichten bloßgelegt, jede Phrase belacht, jedes überfl üssige, nicht bis ins Letzte erfüllte Wort angekreidet wurde. Wieviele Gedichte entstanden damals nicht aus dem Zwang, immer wieder Neues zu bringen! Der geringste Vers aber wurde in der Erwartung des gestrengen Richters niedergeschrieben.

Also wahrlich eine Schule!93

In diesem Literatenzirkel las Preradović ihre neuesten Gedichte vor, die wenig später mit älteren Texten, welche noch in Istrien entstanden waren, in ihrem ersten, äußerst erfolgreichen Lyrikband Südlicher Sommer (1929) erschienen.94

Die zwanziger Jahre waren zwar eine Zeit, in der sich die Dichterin hauptsächlich der Erziehung ihrer beiden Söhne, Otto und Fritz95, widmete, doch ab und zu boten sich ihr Reisemöglichkeiten, u. a. in die Adriaregion.96 Die Aufenthalte in Dalmatien

und die negative Naturerfahrung. (Vgl. »Heinrich Suso Waldeck«, Stichwort in: Personen-Lexikon Nieder- österreich, http://geschichte.landesmuseum. net/index.asp?contenturl=http://geschichte.landesmuseum.net/

personen/personendetail.asp___ID=-1022129374, Zugriff: 06.12.2012). In Waldecks Lyrik sind Einfl üsse des Expressionismus (u. a. Georg Trakls) zu erkennen. Er schrieb auch religiöse Lieder (u. a. Mariengedichte), Erzählungen und Rundfunkbeiträge (vgl. »Heinrich Suso Waldeck«, Stichwort in: Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, a.a.O., Band 23, S. 533).

90 Die Österreichische Leo-Gesellschaft wurde 1892 im Sinne Papst Leos XIII. gegründet. Es war ein christ- licher Verein, dessen Ziel es war, die wissenschaftliche Forschung und Publizistik zu fördern und christliche Grundsätze auf allen Wissensgebieten zu wahren. Die Gesellschaft gliederte sich in mehrere Sektionen, neben denen auch der Autorenzirkel »Leo-Stube« bestand. Neben der Veranstaltung von wissenschaftlichen Tagungen, Kursen, Ausstellungen und Vorträgen erschienen zahlreiche Publikationen. 1939 wurde die Gesellschaft von den nationalsozialistischen Behörden aufgelöst (vgl. »Österreichische Leo-Gesellschaft«, in: Knowledge Base Erwachsenenbildung, http://www.adulteducation.at/de/historiografi e/institutionen/149/, Zugriff: 06.12.2012).

91 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 42.

92 Vgl. Werner RÖTTINGER, a.a.O., S. 12.

93 Ebd., S. 13.

94 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 42f.

95 Fritz Molden wurde 1924 in Wien geboren.

96 Ernst Molden erwähnt in dem biographischen Text über seine Frau zwei Aufenthalte auf der der Halbinsel Lapad bei Dubrovnik (Dalmatien). Preradović reiste aber auch zu ihrer Schwester nach Großbritannien und in die österreichischen Alpen, nach Lans und Kühtai (vgl. Kurt EIGL: Biographie, a.a.O., S. 122).

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inspirierten sie neue Gedichte zu schreiben, meistens waren es Sonette. Diese wurden in einem Lyrikband zusammengefasst, der 1933 unter dem Titel Dalmatinische Sonette97 erschien. Preradović, eine Bewunderin der Kunst des jugoslawischen Bildhauers und Architekten Ivan Meštrović98, verfasste auch einige Texte über seine Werke in Dalmatien.99 Ihre Faszination für Bildhauerei vertiefte sich in dieser Zeit und die

„fruchtbare Begegnung von Marmor und Sprache, von Bildkunst und Dichtkunst hat in Paula von Preradović damals manche völlig neue Quelle erschlossen“.100 Das Interesse für bildende Kunst war jedoch nicht die einzige bisher unbekannte Facette ihrer Persönlichkeit und ihres Schaffens.

In den zwanziger Jahren veränderte sich Preradović’ Lyrik. Die Texte enthielten immer häufi ger christliche Elemente. Es war der Anfang ihres Werdegangs als christliche Künstlerin. Der dritte Gedichtband, der 1936 unter dem Titel Lob Gottes im Gebirge erschien und der neuen Heimat der Dichterin gewidmet ist, enthält viel christliches Gedankengut, das ab den dreißiger Jahren bis zu Preradović’ Tod eine besonders wichtige Rolle in ihrer Dichtung spielte. Ernst Molden äußerte sich dazu folgendermaßen:

Von der Entwicklung der Dichterin her gesehen bildete aber neben dieser Entdeckung Innerösterreichs das wesentlich Neue noch mehr das Moment des Religiösen, das nun bereits einen breitesten Raum einnahm und das von da ab in einem bis dahin kaum fühlbar gewesenen gläubigen Ton überhaupt in allem Dichten Paula von Preradović’

mitzuschwingen begann.101

Preradović verbrachte ihre Sommerurlaube mehrmals auch in Kühtai, einem Ort in den Stubaier Alpen in Tirol. Dort entstand eine Reihe von Gedichten, die später in den Lyrikband von 1936 aufgenommen wurden.102 Der in einer Höhe von über 2000 m gelegene Ort inspirierte die Dichterin immer wieder zu neuem Schaffen und spielte deshalb in ihrer künstlerischen Biographie eine besonders wichtige Rolle.

97 Im Mai 1933 fand in Dubrovnik der Internationale P.E.N.-Kongress statt. Der Wiener Zweig des Öster- reichischen P.E.N.-Clubs wählte als Gabe an die Teilnehmer der Tagung Preradović‘ Dalmatinische Sonette (vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 45).

98 Ivan Meštrović (1883–1962) war ein jugoslawischer Bildhauer und Architekt. Er studierte an der Wie- ner Kunstakademie. In der Zwischenkriegszeit arbeitete er als Dozent an der Kunstakademie Zagreb. 1947 emigrierte er in die USA, wo er als Professor der Bildhauerei an der University of Notre Dame (Indiana) tätig war. Sein Grab befi ndet sich im südkroatischen Otavice, in der Nähe von Drniš. Meštrović versuchte die Stilformen der Wiener Sezession mit Gestaltungscharakteristika A. Rodins, A. Maillols und Michelangelos zu verbinden und in eine eigenständige Kunst mit politischen, religiösen und mystischen Inhalten umzusetzen.

Sein Werk umfasst Einzelfi guren (besonders weibliche Akte), Denkmäler, Grabmäler und Mahnmale. (vgl.

»Ivan Meštrović«, in: Brockhaus-Enzyklopädie in 30 Bänden, Band 18, S. 319) Zu Meštrović‘ bekanntesten Werken gehören »Das Mädchen von Kosovo« (1908), das »Strossmayer-Denkmal« (1926) in Zagreb, das

»Grgur-Ninski-Denkmal« in Split (1927), die »Römische Pietà« (1946) und der »Jakobsbrunnen« (1957).

99 Vgl. Ernst MOLDEN, a.a.O., S. 45.

100 Ebd.

101 Ebd., S. 51.

102 Vgl. ebd., S. 54.

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