XVII. Jahrg. M YerliipwdjxtV17.Juli 1909.Jww- W-HW«« III-. 42.
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Inhalt:
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Uachdruck verboten.
f Erscheint jedenSonnabend.
»Preissvierteljähplich5Mark,die-einzelne Nummer 50Pf.
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Berlin.
Verlag der- Zukunft WilhelmstraßeBa-
1909.
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Berlin, den 17. Juli 1909.
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Diptychon.
WasallenHöhenundHügelngallischerDichtung begegnet,vonden Ta- g«enD’U1f(äs,desAsträazeugers,bis in dieRepublikanerzeitderBan- ville, Copp6e,Richepin,demWanderer derabenteuernde Ritter,dems nie anWitz,immeranGeldfehltund derstetsbereitist, füreinegute Sachezu fechtenundfurchtlosmit demTeufelselbstum einearme Seelezutausen.
Jn HugosDonCäsardeBazan (derinDeutchlanderstbekanntwurde,als erdieOperettenbühneerkletterth·atte),in GautieröFracasseundin den Mus- ketieren des alten Dumas hat sichderTypus,inje nachderModeveränder- temKleid, dem lustig aufleuchtendenAugegezeigt;undseitdie Romantiker in derPaarungungleichGeschaffenereinenneuenReizentdeckthatten, sah man denfröhlichenLandfahrermit denleerenTaschen oft auchin ein über MenschenvorstellungedlesJungfräuleinverliebt,alsver de let-reamou- reux cl’une(—5t0ile,nachHugostönendem Wort.Aus demspanischenRitter- roman, auf dessenEisgipfehinerhobenerEinsamkeit,DonQuijotethront, stammt dieserLieblingronianischerPhantasie.Und alsHerr EdrnondRo- stand ihmCyranoöRiechkolbenundein demModegeschrnackangepaßteö Wamsgab,jauchzteAllgallieninheller Lust. Endlich sahderFranzos auf seinenBrettern,woallzulangeSkandinaven undRussen,Sozialistenund Symbolisten geherrschthatten, wiederdenechtenFranzenmit dem blanken DegenundderspitzenZunge,denJdealgallier,derauf Schlachtfeldernund inSchlafzimmernseinenMannsteht.DaßderHerkulesvonBergerac so spott- häßlichundzumLiebhaberdrumnichtgeborenwar,schadeteihm nicht;pfefs ferte nochdenGenuß.Vor dieserGestaltkonntedieNationsichinihrHeidens alterzurückträumen,dessenletzterGlanzspender,JoachimMurat,inKala-
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brienalsHochverrätherundUsurpatorerschossenward. Reitergeneralünd Boudoirheld:so rechtein MannfürdieGallierlegende. DreizehnterVen- dåmiaire undachtzehnterBrumaire,SaintJeand’Acre undAbukir,Auster- litzuudJena: überallvornan. DaßerdenRückzugvonSmolensknachWian leiteteund,alsKönigvonSizilien,nachderSchlachtvonLeipzigzu den Oesterreichernüberging,hatdasGedächtnißihmnicht verargt.Murat hat demKaiservonElbaausjawiederausden Thron geholfenundbis zumletzten WankfürFrankreichsWassenehregekämpst.Undwie vieleSchlitzröckchen
waren durchdasbunte Leben desGastwirthssohnesgerauschtlJn Cahors,der Heimath Gambettas, ragt ihmein Denkmal. ErbliebderLetzte,dessen NamensolcheLeistungderVolksphantasieeinprägte.SeinErbe wurdeim HeldenromanD’Artagnan,derberühmtestederdreiDumasmusketiere;in der AlltagslegendedesHeeresGaston AlexandreAugusteMarquisdeGalliffet, der nun,amachtenJuliabend,gestorbenistOberwirklich,wie,nichterstseitder Dreyfuszeit,behauptetwird,vondemJudenPorceretEouletabstammte,der sichamEnde dessechzehntenJahrhundertsin derProvence taufenundals Franzosennaturalisiren ließ(Gallu;kactus: daherderNameGalliffet),ob erseinesStammbaumes Wurzelnurbis zuJosephdeGalliffet ertastenkonnte, derimsiebenzehntenJahrhundert,alseintapfererFlibustierhäuptling,imfran- zösischenWestenvonSantoDomingoGouverneur war: seinewahren Ahnen hießenBayard, Lauzun,Murat, Bazan,D’Artagnan.Jhnenhaterzuähneln versucht. JmGetümmelvornan, bisandieSchwelledesGreisenaltersder HeldbeschwatzterWeibergeschichten,immerinSchuldenund immereinEpi- gramm aufderLippe.DerrepräsentativeManndes altenFrankreich(andem nochdasneusteinzärtlicherAndachthängt).Dernicht selteneFall, daßein Lebendersicheinem beliebtenLiteraturtypusanzupassentrachtet. Einzelne WesenszügederAbenteuerritter brachteGalliffet wohlausderWiege mit;
docherwollte allehabenundfrisirte sich,biserihren Kopf hatte.
Vor AllerAugen;andemSchaufenster,vordas dieMengesichdrängte.
Jemehrüberihn geredetwurde,um sobehaglicherfühlteersichzschlürftedie boshaftesteAnekdote wie Nektar. FieldenAnderennichts ein, so sachteund Tanderselbstwas.Der1830,imJahrdesRomantikertriumphes, Geborene kenntseineLandsleuteundweiß,daßTheophilGautier,trotzdemPorlunio, denEmauxetOamåes,demCapitaineFracasse,ohnedieleuchtendeSam- metwestenicht so raschberühmtgewordenwäre unddaßeinemfranzösischen Kriegsmann,derpopulärsein möchte,nichtsso nöthigistwie derpariaclio, derihnimdichtestenGedrängdemAugevonWeitemerkennbarmacht.Da- für sorgterdennauch,inAfrikaund derKrim,inItalien undMexiko. Jst
Diptychon. 75 Bis zurTollkühnheittapfer; vergißtnachherabernie,zumHeroldseinerThaten zu werden.»Bei Puebla reißtmicheine Granatevom Gaul. Alsichzu mir komme,seheichmeineEingeweideausdemBauch quellen.Wasistdabei?
EinemJagdhund,demein Eber denBauchgeschlitzthat, steckenwir dieKuts teln wiederhineinundnähendieHautdann zu.Alsovorwärts!Zuerstkrabbelte ichmichauf,stopftedieEingeweidein meineMütze:undnun losinsFeldla- zareth.DerBauchwurdenachhermiteinerSilberplattegeflickt.Als der Silber- :preisinsBodenlosesank,habenmeineGläubigersichschöngeärgert.«Dasist einPröbchen.Sospracher;schrieberauch. »IchhabeeinBombenglückgehabt.
Wennsichmir wiedereineGelegenheitbot, dachteichjedesmal:Die Anderen müssendochzumRiesenrindviehgehören!Schließlichtaugte ichnichtsoviel mehralssie;aberichhatteGlück,wittertedieGelegenheitenundwußtestets, wohinichgehenmüsse.Deshalb lassenalle RedereienundSchimpfereienmich kalt wieeineHundeschnauze.JchthuemeinePflichtundpfeife aqulles,was mir dabeipasfirenkann.«Mußte solcherReiter sichnichtin dieVolksgunft sbetten?Wennsdrauf ankam,einganzer Kerl(die AttaquebeiSedan;die ei- serneHenkerssaustgegen dieCommunards); undnachdemFrankfurterFrie- denderHortunddie-HoffnungderDrillmeisterundTrösterdesgeschlagenen Heeres.Nicht ohneGrundhat ihnderHerzogvonAumaledem Montmorency verglichen,derHerzogvonLuxemburgundMarschallvonFrankreichhieß,
vom Volkaber,weilerausderFranche-Comt(äundausFlandern soviele Fahnenheimgebrachthatte, derTapezirervonNotre Damegenanntund,trotz seinerskrupellosenWüstheit,vergöttertwurde.FeldsoldatundLebemann,Heros undGassenjunge,dieZungebeimAngrifssoflinkwie der Gaul:Dasgefällt sdemFranzosen;nochmehrderFranzösin.DieSchönenderrepublikanischen Gesellschaftwaren in denArmee-Jnspecteurnochebensovernarrt wieEugenie seinstin denOrdonnanzoffizierihresLouis.JrgendeinHerzkämmerchenhatte
derMarquisauchimmerfrei.Mit derBänkerstochter(FräuleinLaffitte)die ser,nachdemMusterdeszweitenFürstenvonderMoskwa,heirathete,umsich aufseineArteineFinanzreformzusichern,hielternichtlangeaus;und der ge- ssetzloseWeiberreigenwährtedannlänger,als demDurchschnittdieMannheit erlaubt (EineWeibersaschehat ihn auchdemgrimmen Rochefortverfeindet.
.Feindschaft,die insPolitischeübergreiftundneueParteiungwirkt,wardoft ineinem Alkovengeboren;modernstesBeispiel:KingEdwardundSirChar- lesBeresford.)EinkleinesWunder, daßdieserabgehetzteSchürzenjägerim DrangniemalsdieruhigeSicherheitdesBlicke-sverlor;nochinAlgerienund sspäteralsManöverkommandant so frischundbeweglichwarwie derjüngste Lieutenant Auchsobereit,über denVordermann,wieüber ein anderesHinder-
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niß,nachkurzemAnsatzwegzuspringen.SeinHaßhatdenDemagogenAndrä- ebensohitzigverfolgtwie dengaukelndengrand gänåralBoulanger.Der, prasselteesvonseinerLippe,,,darfnichtansZiel.EinJnfanterist,der zuPferd- schlechtaussieht.UndfürdieRolle,nachdererlangt, warichgeschaffen-«Wenns nachihmgegangenwäre,hätteman denParadegeneralvomRappengeholt und, nachkriegsgerichtlichemSpruch,andernächstenMauer erschossen.
DieBonaparterolle,von derBeideaus demMarsseldundhinterdem
«Jnvalidendomträumten, hat auch Gallisset nicht gespielt.Nur,einhalbes Menschenlebenlang, Maske, KostiimundRequisitenvorbereitet. Undam Abendvielleichtbitterbereut,daßerandieJnszenirungsovielZeit verschwen- dethabe,statt das Drama beginnenzulassen.Der Mannsahwohlstärkeraus, alserwar;undwenn der inheftigenWehen sichwindendeSchöpferwille spürte,daßernichtsRechtesgebärenkönne,halfersichmit einemEpigramm,.
einemfrechenScherzübersoschmerzhafteErlenntnißhinweg.(Der Fall HansvonBülow. AuchDemwar solcheEntladungLebensnothwendigkeit undseinebrüskenSpäßewurden fast so berühmtwieGallisfets.) Nachder Commune: »Man wirftmir vor,daßichdieArabermilderals diePariser behandelthabe.Stimmt. Die Araberhatteneinen Gott und einVaterland;
unsereCommuneheldenwaren stolz darauf, gottlosundvaterlandlos zusein.
Uebrigenshabe ichdasLeben,namentlichdas derAnderen,niesehrhochge- schätzt.Undwenn ichderMordskerl,denman ausmirmachenwill,gewesen- wäre,hättendieVorgesetztenmichnichtfürdenKommandeurrangderEhren- legionvorgeschlagen.Jch hatteaberkeineLust,im Blut meinerMitbürger einBändchenzufischen.«AlsseinFreundGambetta anneueDiktatur dachte unddenCorpsführerinsGeheimnißzog:,,FiirKrisenzeitenpasseichtviekein Anderer. DieVerantwortlichkeit,dieichablehnen würde,möchteichmalken- nenlernen.Nur,lieber-Freund:alsSoldat binichstärkeralsSie;undlasse- Sieohne Federleseneinsperren,wenn Siemichlangweilen.«·(,,Daraufbin ichgefaßt«,antwortete Gambetta; ,,dadiePolitik-Ihnenaber keinenSpaß machen wird,werdenSie michraschwieder ausdemGefängnißholen.«)Als die loi depråvoyancedenfirnenFünfundsechzigerzumAbschiedvonderAr- meezwang:»SoblödsinnigeGesetzekonntennurdieParlamentsidiotenbe- schließen.Als obichnichtKraftundVervefürzehnDienstjahrein mirhätte!«
VierJahre danachließersichvondenParlamentsidiotenködern. Waldeck- Rousseaubrauchte fürdasKriegsministeriumeinenNamen,demdasvom DreyfuszankdesorganisirteHeervertraute:undGalliffet ließsichvondenBrü- dernReinachzurAnnahmedesAmtesbestimmen,trotzdem ihm offengesagt
wurde,erseiauserwä"hlt,dieRettungdesjijdischenHauptmannsmitseinerVer-
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santwortlichkeitzu decken. Dasgraue Leben desverabschiedetenOfsiziers,an dem dieSchmeichlervongesternmitflüchtigemGrußvorüberschritten,behagte demRüstigen,Betriebsamennicht,dersolangein den WonnenderOeffentlich- fettgeschwelgthatte:undso entschloßersichschnell,derKriegsministerder dreyfusards zu werden.,,DurfteichdieArmee,dermein Lebengehört,ihren schlimmstenFeindenüberlassen?«Daßman ihm nachsagte,erhabedasalte Semitenherzwieder entdeckt UndJosef Reinach (den RochefortBoule-de- Juifnannte)habeihn fürdieJudensachegekauft,kümmerteihn nicht.Da ers nichtbis zumGeneralissimusgebrachtundnie einHeerinsTreffengeführt hatte,wollteerwenigstensKrieg'sministersein. ElfMonate warers.Saß, einglitzernder,rasselnderGallier,neben dembritischkühlenWaldeckund, trotz
demMetzgerruf,neben demSozialdemokratenMillerand imPalaisBourbon aufderErstenBank.GabnachdemSpruchvon RennesdieLosungausi
»L’jnejdentestclos!« Setzte füralle in denDreyfushandelVerwickelten dieAmnestiedurchundnahmdenHohnderNationalistenundAntisemiten wieHagelwetterim Herbsthin. »Dasgehörtnun mal zurSaison.«Dann warderderneuen Rolleüberdrüssig.DreysusvomHöchstenGerichtshofe freisprechenlassenundanderDemokratisirung,derSozialisirungdes Staats- wesensmitwirken? Sohatteersnichtgemeint.WolltenichtimmerArmee undPatriotenligagegensich,AuslandundHeeresfeindefür sichhaben.Rech- netevielleichtauch aufeineReaktion,dieihrenDegen suchenwürde.Sicher nichtimParlament.Nur keineGelegenheitversäumen!An einemMainach- mittag setztersichaufdiestrammeHoseundschreibtanWaldeck:,,Nepou- vant digererlesenormes couleuvres etlesckapaudsquevous mekai- tesavaler encemoment,jedonne mademission.« Erhat dasAbschieds- gesuchnachherin korrektereFormgebracht.JndererstenWuthaberwirklich vonden Natternund Krötengesprochen,dieerhinunterwürgensolleundnicht sverdauen könne.Fandsichzugut,umalsAushängeschildeinerschlechtenFirma verbrauchtzu werden.Undwar dreiTagelangwieder,wienachPueblaund Sedan,derHelddesTagesund dasHauptthemadesBoulevardschwatzes.
JmKriegsministeriumhabe ichihnkennengelernt.Einihm befreun-
—deterAkademikerhattemirvorgeschlagen,michbeiihm einzuführen»Sie werdenetwasMerkwürdigessehen;dasletzteExemplareineraussterbenden -Gattung.«Galliffetmußtein der KammereinemnationaliftischenAbge- -ordnetenRedestehen;hatteaberanderthalbStunden fürunsfrei.Dasteht derfastSiebenzigjährige.Kaummittelgroßzschlankundbiegsamnochwie einejungeGerte. DichteweißeStoppelnüber dembronzirtenGesichtmit
»derkeckvorspringendenNaseund denlustig funkelndenFlibustieraugen.Die
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Hündchensoignirtwie einer Modedame. TrotzdemSchnurrbartmit den ges- zwirbeltenSpitzen nichtmartialisch; mehrKavalier alsKavallerist.Die ele-- gante GestaltvomHauchdes Ancien Rögimeumwittert.Sichtbar(wiebei- seinemTodfeindRochefortindessenbester Zeit)dasStreben,denMarquis- und den homme afemmes aufdenerstenBlick erkennenzulassen.Vom Wirbelbis zurZeheEdelmann undSalonheld.Und dasPlaudertalentdes- echtenParisers.Dassprudeltwie einunversiechlicherBorn.»Heutemuß ich wieder malvordieScheibe. Macht nichts.Soleichtbinich nichtunterzu- kriegen.AberkomischeKäuzesind unserePatrioten JhrKaiser,der mitaller GewaltdieVersöhnungbeschleunigenmöchte,kennt die Sorte nicht.Wenn ernur denGedanken aufgäbe,nach Pariszu kommen!Wirhättenja nichts dagegen.Aber daist Dåroulåde,denichsehrhochschätze,dasinddie beiden Patriotenligen,daistHerrRochefort,denjederDroschkenkutscherliest.Wenn dieseHerrenLärmschlagen,habenwir denschönstenStraßenskandalmitun-
absehbarenFolgen.SchondeshalbdürftekeineRegirungdieVerantwortlich- keitfürsolchenBesuchaufsichnehmen.Denmußman demKaiserausreden.
Wer kanns? Mich hältervielleichtfür nichtganzglaubwürdig,seitichim Augustwidermeinen WilleninsFettnäpfchengerathenbin. Einewunderliche- Geschichte.Erinnern SiesichderRede,dieerimAugust aufdemSchlacht- feldvonSaint-Prioathielt unddie, sozusagen,zweiFronten hatte? ,Auch derfranzösischeSoldat hattapferfürKaiserundVaterland gefochten;und wirgedenkenintrauernderBewunderungallDerer, die,DeutscheundFran- zosen,nachheißemRingen jetztinewigemGottesfriedenamThrondeshöch- sten Richtersvereintsind.«Die Redehat hier nichtgewirkt;wurde eherals peinlichempfunden.JhrKaisermußaber viel davonerwartet haben.Zwei Tage vorherließFürstMünster,derBotschaster,fragen,obichihnamAcht- zehntensehrfrühempfangenkönne. Gern.JmletztenAugenblickmußteich absagen,weileinMinisterrath einberufenwar.Dergingdochvor.AlsMün- sterdannkam,warergenirtundbeinaheärgerlich.DerKaiser,sagteer,habe ihm ausdrücklichbefohlen,mir denTextderRede inderselbenStunde,inder sieanunsererOstgrenzegehaltenwerde,vorzulefen;undnun müsseermel-- den, daßdiepünktlicheAusführungdesBefehlesvereiteltwordensei. Sehr artig;nur einBischenzuromantisch.Seitdembinichnicht mehrgan:sogut angeschriebenwiefrüher.Diese Diplomatendenkenimmer, Unsereins habe- ebenso wenigzuthunwiesieundmüssestetszurVerfügungsein.Geradebei-.
Jhnen solltemansaberbesserwissen;dakenntman dieArbeit,dieaufeinem armen Kriegsminister lastet. JhreArmeeist höchsterAnerkennungwürdig.
Siehatunsgeschlagen.AlsFranzose,derseinVaterland liebt,kannichnie:
Diptychon. 79 aufhören,diesesnationaleUnglückzubeklagen.DochderSoldat,derFach- mann mußoffenaussprechen:UnsereNiederlagewar verdient.JnOrganisa- tion,StrategieundMannszuchtwar dasdeutscheHeer unseremweitvor- ausundseinSiegdrum keinGlücksfall,sonderneine demVölkerschicksalab- gerungene Nothwendigkeit.WenndieungeheureArbeitJhrerMoltkeund Roonfruchtlosgebliebenwäre,müßtederZunftsoldatanseinemBerufever- zweifeln.Warumhattenwirnichtebensofleißiggeschuftet2Warumhaperte es inunserenGeneralstäbenfastüberall? WirhattenunsereNiederlagever-
schuldet.Und mein altesSoldatenherzfreut fich,in allemPatriotenschmerz, derErfahrung,daßdiegroßeLeistungnachGebührbelohntwordenist.Die GerechtigkeitfordertedamalsDeutschlandsSieg...AberverrathenSiemich, bitte,nicht.Sonstwird aus allenKübeln derUnrathauf meinHauptgeschüttet.«
DasprasseltewieGranatenregen.KeineSpurvonHeucheltünche.Eher dasStreben,den-Fremdlingzuverblüffen.Derhattegewißnochmitkeinem französischenKriegsministergesprochenundmußtedieAugenaufreißen,wenn erjustvonGallifset,demAbgottseinerReiter, solchesUrtheilüber das deut- scheHeerhörte.DemwitzigenGeneralwäreschließlichauchdieseLebererleichs terungverziehenworden.Erdurfte,in derHeimathdesHerrnChauvin,sa- gen, in derfranzösischenArmeegenügeeigentlichnurdieMusikberechtigtem Anspruch:unddieHörer lachten.AlsFerrysSturzvorbereitetwurde,lief Gallisfehder damalsdasZwölfteCorpsführte,inParis herumunderzählte Jedem,dershörenwollte, daßerderRepublik nächstensdasLebenslichtaus- blasenwerde.Als exåcuteur de lanolontå nationale, verstehtfich.Das VolkseiderRepublik sattundwürde.fichlautfürdieMonarchie erklären, wenn esnichtfürchtenmüßte,daßDeutschlanddarindencasus bellisehe.
EinantirepublikanischerArtikel in derKölnischenZeitung:unddieWahlen bringenEinekonservativeKammer. DiesesStichwortrufe ihnausderCou- lisse.·Crwerde diefrechstenRepublikanerhenken,diePreßfreiheitabschaffen undmindestens anderthalbJahre ohne Parlamentregiren.Dannerstkönne FrankreichdenLiberalismus und denRegenschirmdesGrafenvonParisver- tragen.GeorgeMonck,derfürCromwellfocht,danndessenParlamentFehde ansagteund KarldenZweitennachLondonzurückführte,warseinVorbild.
JedenAnderenhättedieleisesteAndeutungsolcherAbsicht(überdieHohen- lohealsBotschaftereinenlangen BerichtanBismarckschickte)vorsKriegs- gerichtgebracht.GastonAlexandreAugusteblieb derblankeDegenvonFranks reich. DecazesundseineLeute nannten ihn ,,unserenMonck«;docherhat für dieRestaurationder Orleans nichts Wirksamesgethanundmitallseinem Wortgeknatternichterreicht,daßdiePolitiker ihnjeernstnahmen. Gestern
80 DieZukunft.
Gambettas JntimusundheutedieHoffnungderMonarchisten;gesternRe- bellenschlächterundheuteKollegedesGenossensMillerand.Flibustier,wie der Ahn,mit einemStichinsTarasconische.AberPuebla,Sedanund derweit- hin flimmernde panachoxgenugfüreineUnsterblichkeit,diebisansLebens- endewährt.Nichtlänger.JnderLegendemagGallisset weiterleben;dieGe- schichtewird ihnvergessen.DennseinWillezurMachtwardnur vonkurz- athmigen KnirpsenbedientundvonFortunendrumimmerwiedergenarrt.
Zurückindie Heimath »DerReichskanzlerhat sichbisanseinAmts- endeals denritterlichenMann dergeraden Wege gezeigt.Als einredlicher, von allenRegirungengeschätzterMann verläßterseinAmt. AuchdieGeg-
nerseinerPolitikkönnenihm dasZeugnißnichtversagen,daßersichals einen ehrlichen,auch nachobenhinselbständigenStaatsmann bewährthat«Jm Vergleichmitihmwirdjeder-NachfolgereinenschwerenStandhaben.Erist, wenn erdesrechten Weges sichbewußtwar,entschlossenvorwärtsgegangen.
DadurchwurdeerdenJunkern so unbequem.Diemögennun triumphiren, daihnengelungenist, denVerhaßtenzustürzen.«Dasistim Oktober 1894, nachCaprivis Entlassung, gedrucktworden;könnte aberauchim Juli 1909 gedrucktworden sein.BeinaheWortvorWortlas mans jetztwieder. Nur- lauteresLobundleiseren, fastzaghaftenTadeLDamals waren diekonserva- tivenund diebismärckischenBlätter gegen denKanzler;jetztsindsnurdie des CentrumsundderPolen:unddieseimKampf gedrillteTruppeweißihre Freudezubergen.Damals hießes,derKanzlerseivonAgrariernundDunkel- männerngestürztworden,weilersichgeweigerthabe,eineihrenWünschenge- nügendeUmsturzvorlagezuvertreten; daßerdenWechselbalg,der dem mü- denOnkelChlodwignachhersolcheSorgemachte, gezeugthabe,wurdeweis- lichverschwiegen.Jetztheißtswieder,derJunkerklüngelhabedenKanzlerbe- siegt,derihmdieTascheaufknöpfenwollte;undwieder wirdverschwiegen, daßdieserKanzlerfürdieneuen Steuergesetze,auchwenn ersienichtmitsei- nem Namen zeichnet,verantwortlich ist.DieäußerenUmständeähnelnein- andernicht.Damals gingAllesschnell.AmfünfundzwanzigstenOktoberwird demKaiserinLiebenbergdasAbschiedsgesuchdesMinisterpräsidentenGrafen BothozuEulenburg vorgelegt,dererklärt,denAngriffendercaprivischenPresse imJnteressedesDienstes weichenzumüssen.AmselbenTagkündetdieKölni- scheZeitungdenSiegdesKanzlers, derKaiserundBundesrath fürsichhabe.
ZwölsStundendanachwirdCaprivivonLucanus,,imAllerhöchstenAuftrag«
zur Redegestellt;undumzweiUhrmittagsbestätigtihmimSchloßderKaiser, dermitderServietteausdemFrühstückszimmerkommt,daßergehenkönne.Jetzt
Diptychon. 81 hatslangegedauertund derDemissionärhat außerdemAuftrag,dasFinanz- geschäftistmit demReichstagabzuwickeln,allerleisichtbareundunsichtbare Huldbeweiseerhalten.DerBlick,dernichtanderOberflächehaftet,mußer- kennen, daß G.af Caprioi nichtüber dieUmsturzvorlage,FürstBülow nicht über dieSteuergesetzejgestolpertist.Diesind ja, währendernochim Amt saß,unterDach gebrachtworden.UndmüssendenVerbündetenRegirungen wohl genügen:sonst hättenderen Vertreter bei derAnnahmewiderPflicht undEhre gehandelt.(DaßdieHerrenSydow,Delbrück und leiderauchRhein- babeneinzelneSteuernöffentlichharttadeltenunddennochannahmen, zeugt nur wide-rihrenGeschmack,nichtwiderihrGewissen:siefandendie Steuer- plänegarnichtso schlecht;empfahlen sichnur, unterderWuchtdes ,,neuen Blocks«,der Gnade derMeinungmacher.)Weshalb alsodasendloseGe- schimpf?Weilsnichtgelungenist,dieErbanfallsteuer,dasPalladionaller nachFreiheit Dürstenden,indenVestatempeldesReicheszu retten? Jmmer noch deshalb? Hört! »DieErbschaftsteuertrifftdasmobileKapital weniger scharfals dasimmobile. DieUmgehungderErbschaftsteuer durchZuwen- dungenunterLebendenläßtsich,ohnegehässigeEingriffeindiePrivatverhält- nisse,beim mobilenKapitalsehrschwerverhindern.WerbeweglichesKapital erbt,kann dieSteuerleichtflüssigmachen.WerImmobilien erbt, wird,da nebendenGrundstückenoftwenig,manchmalgarkeinBarvermögenvorhan- denist, nicht seltenSchulden machen müssen,um dieErbschaftsteuerzuzah- len.«Also sprachFürstBülowamsechstenDezember1905.AmnächstenTag FreiherrvonRheinbabem»Hierhandeltessichnichtnurum materielle,son- dernumvielhöhere,umideelleJnteressen.Esentsprichtnichtdemdeutschen Familiensinn, daßdie ErbeneinenTheilDessenherausgebensollen,was der VatermitMüheerworbenhat.AuchdienothwendigePrägravationdes länd- lichenBesitzeskommtinBetracht. Vielfach müßtedieAufnahmeeinerneuen
HypothekdieZahlungderErbschaftsteuerermöglichen.Daraus ergäbesich eineDisparitätmit demmobilenKapital;undsiewürde erweitertdurchdie dannunvermeidlicheBesteuerungderGeschenkeunterLebenden.Die Rü ek- wirkungaufdenbäuerlichenBesitzweckt in mir diestärkstenBedenken.Die Sozialdemokratenwürdenfreilichgern indieseKerbehauen.«AmelftenM ai sagteHerr Wiemer, einFührerderFreisinnigenVolkspartei:»AufEhegatten undDeszendentenwollen wir dieBesteuerung nichtausgedehntwissen.Das entsprächenichtderdeutschenRechtsauffassungvonderEinheitdesFamilien- vermögens.«JmNovember1908 verwarfdieNationalliberale Parteidie Nachlaßsteuer,die»aufdemLande dieäußersteErbitterungbewirkenmüsse.«
SosprachHerrPaasche;und fügtehinzu:»Nichtnur derFamiliensinnwird