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Wochenschrift des Architekten Vereins zu Berlin. Jg 7, Nr 18, 18a

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Academic year: 2022

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MERflUSGECEBEN ^ V E R E I N E

4 E rsch ein t Sonnabends u Mittwochs — B ezugspreis halbjlihrl. 4 Mark, postfrei 5,30 Mark, einzelne Nummern von gewöhn. Umfange 30 P f , stä rk e re entspr. te u re r f

^ D er A nzeigenpreis für die 4 gespaltene Tetitzeilo betrügt r>0 Pf.. für Behörden-A nzeigen und fUr F am ilien-A nzeigen 30 Pf. - Nachlaß auf W iederholungen ^

N um m er 18 Berlin, Sonnabend den 4. Mai 1912 V II. Jahrgang ^

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen, Postäm ter und die G esch äftsstelle C a r l H e y m a n n s V e r la g in Berlin W. 8, Mauerstr. 43.44

A l l o R ä c h t e V o r b e h a lt e n

Abmessungen der Seekanäle mit Rücksicht auf die mutmaßlichen Größen Verhältnisse zu­

künftiger Seeschiffe

Bericht von G. de T liie r r y , G eheim er B aurat, P rofessor an der K önigl. T echnischen H ochschule Charlottenburg, M it­

glied der Internationalen T echnischen K om m ission des Su ezk an als für den X IL Internationalen Schiffahrtskongreß in Philadelphia

1. G r ö ß o n v o r l i ä l t n i s s c d e r S e e s e h i f f o D ie F ra g e , welche dem im J a h re 1900 in P a r is abgehaltenen

V III. in te rn atio n a le n S chiffah rtsk o n g reß z u r E rö rte ru n g g e s te llt w ar und die A n p assu n g der H andelshäfen den F o rd e ru n g e n der S ch iffa h rt betraf, i s t in gew issem S inne m it d er F ra g e, welche G egenstand der V erh an d lu n g dos X II. In tern a tio n a le n S ch iffah rts­

k o n g resses bildet, verw andt. In beiden F ällen h a n d e lt es sich darum , A n sta lte n , welche dem W e ltv e rk e h re dienen, so zu g e­

sta lte n , daß sie den A nforderungen der m odernen S eeschiffahrt genügen u n d v o r allen D ingen der E n tw ic k lu n g in den G rößen­

v erh ä ltn issen z u k ü n ftig er Seeschiffe R echnung trag e n :

In zwei au sgezeichneten A rbeiton w urde au f dem V III. Schiff- falirtsk o n g re ß die E n tw ic k lu n g der G rößenverhältnisse zukünf­

tig e r Seeschiffe behandelt. W äh ren d H e rr V ö tillard au f stre n g w issenschaftlichem W ege die w irtsch aftlich en B eziehungen zwi­

schen H a n d e lssc h iffa h rt und Schiffbau erforschte, kam H e rr C orthell au f G rund der b isherigen E n tw ic k lu n g des Schiffbaues zu dem E rg e b n is, daß im J a h re 1923, v ielleicht so g ar schon frü h e r, das g rö ß te D am pfschiff bei einer L än g e von 233,3 m, ein er B re ite von 24,4 m, einer S eitenhöhe von 12,5 m, und einem T iefgang von 9,46 m, einen G ehalt von 24 000 R e g iste r­

tonnen haben würde.

H e rr C orthell m ußte die E rfa h ru n g m achen, daß das A m t des P ro p h e ten ein u n dankbares ist. Seine U n tersuchungen fandon die g ebührende A nerk en n u n g , aber die E rg eb n isse seiner E rm ittlu n g e n w urden in das Reich der D ich tu n g verw iesen.

A n g esich ts der T atsachen, daß die C unard L in e im J a h re 1907 m it den D am pfern „M a u rita n ia “ und „ L u s ita n iä “ , Schiffe von 239.4 m L än g e , 26,8 m B reite, 11,1 m Tiefgang, und 33 200 R e g iste rto n n en R a u m g e h alt, die W h ite S ta r L in e im J u n i 1911 m it dem D am pfer „Ö lym pic“ und von 269,2 m g rö ß te r L än g e , 28,1 m g rö ß te r B reite, 19,67 m Seitenhöhe, .10,52 m Tief­

g a n g einen D am pfer von 45 000 R e g istertonnen R a u ra g eh a lt in F a h r t ste llte und die H a m b u rg -A m e rik a -L in ie au f deutschen W erften zwei D am pfer von 56 000 t R aum gehalt bauen lä ß t, deren A bm essungen diejenigen des „O lym pic“ übersteigen w erden, m uß an e rk a n n t w erden, daß die V oraussage des H errn C orthell n ic h t n u r m ehr W a h rh e it als D ich tu n g en th ielt, sondern auch außero rd en tlich v o rsich tig w ar.

N un w ird allerd in g s se h r häufig der Einw and erhoben, daß diese Schiffe, deren A bm essungen nach u n se re r h eu tig en A n ­ sch au u n g als riesig bezeichnet w erden m üssen, n u r bestim m ten Zw ecken dienen und auch n u r im V erkehre zwischen europä­

ischen H äfen und den H äfen N ordam erikas V erw endung finden können, daß m an daher zu T ru g sch lü ssen g elan g t, w enn man au s den A bm essungen dieser F ah rze u g e allgem ein g ü ltig e S chluß­

folgerungen hin sich tlich der V o rk e h rsan sta lte n (Häfen m it ihrem Z ubehör an Schuppen, R e p a ra tu ra n sta lto n usw., Seekanälo und F a h rw a sse r in den Strom nnindungen) zieht.

■ Eine gew isse E in sc h rä n k u n g is t zweifellos am P latz e, die E rfa h ru n g le h rt aber, daß, obwohl die g rö ß ten Schiffe s te ts den V erk eh r zwischen E u ro p a und den nordam crikanischen Häfen v erm ittelten , auch in der F a h r t nacli ändern überseeischen P lä tz e n der K onkurrenzkam pf zur V erw endung s te ts g rößer w eidender Schiffe d rängt.

Bei welchen A bm essungen w ird m an stehen bleiben? I s t m it dem 56 OOO-Tonncn-Dampfer, den se lb st d er „D ic h te r der S ch iffa h rt“, C orthell, noch n ich t vorausgesehen h a tte , die Grenze erreic h t? D as sind F ra g en , au f die wohl niem and eine bündige A n tw o rt geben kann.

V erfolgt man aber die E n tw ic k lu n g w ährend der letzten 30 J a h re , so e rk e n n t man, daß die Z unahm e der Schiffe größeren T onnongehalts von einer A bnahm e derjenigen von geringerem T önnengehalt begleitet w ird. F ig. 1, w elche einer vom B a u ra t S uling in Brem en aufgestellten g raphischen D a rste llu n g e n t­

nommen ist, lä ß t dieses G esetz m it alle r D eu tlich k e it erkennen.

Die S ta tistik e n geben den T onnengehalt in B ru tto -R e g ister- tohnen für die deutschen u n d in N etto -R eg isterto n n e n fü r die englischen D am pfer an. D a es aber w eniger a u f die absoluten Z ah len w erte als au f das G esetz des S teig en s und F a lle n s der K u rv en ankom m t, is t von einer R e duktion alle r "Werte au f N etto - R eg isterto n n en oder B ru tto -R e g is te rto n n e n abgesehen worden, ln F ig. 1 sind fü r die D am pfer von 100 bis 1000 t, von 1000 bis 2000 t und von 2000 bis 3000 t n u r die L inien fü r die englische D am pfschiffahrt eingetragen, weil die deutsche, D am pfsehiffahrt das G esetz der E n tw ic k lu n g n ic h t so deutlich erkennen läßt.

M an e rsie h t aus der Z eichnung, daß im J a h re 1880 der G esa m trau m g eh a lt der D am pfer von 100 b is 1000 t etw as g rö ß er w ar, als derjenige der D am pfer von 1000 bis 2000 t. Je d e dieser D am pferkategorien w eist fü r das J a h r 1880 einen Ge­

sa m tra u m g e h a lt von über 1 1 0 0 000 t . D agegen h a tte n im J a h re 1880 die D am pfer von 2000 bis 3000 t einen G esä m tg e h alt von etw as ü b e r 300 000 t.

B is zum J a h re 1884- nim m t der G esam trau m g eh alt der Dam pfer von 100 bis 1000 t zu und e rre ic h t in dem g enannten

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Wochenschrift dos Architekten-Vereins zu Berlin Sonnabend, 4. Mai 1912 Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin

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Ja h re seinen H ö c h stw e rt m it 1 4 0 0 000 t. V on 1884 ab i s t eine ste tig e A bnahm e des G esam trau m g eh alts der Schiffe dieser Größe festzustellen.

D er G esam trau n ig eh alt d er D am pfer von 1000 bis 2000 t nim m t dagegen bis zum J a h re 1895 zu und e rre ic h t in diesem J a h re seinen H ö c h stw e rt m it 2 900 000 t. Vom Ja h ro 1895 ab n im m t aber auch der G esam trau m g eh alt der Schiffe dieser K ategorie | fast ebenso schnell ab, als derjenige der Scliifle von 100 bis 1 0 0 0 1.

D agegen n im m t die A nzahl und dam it auch der G esam tg eh alt ; der D am pfer von 2000 bis 3000 t s te tig bis zum Ja h ro 1907 zu. Im J a h r e 1908 is t eine geringe A bnahm e, im J a h re 1909 w iederum eine allerdings g erin g e Z unahm e festzustellen.

D er G esam trau m g eh alt der englischen D am pfer von 3000 j

bis 1 0 0 0 0 t. w ird von der S ta tis tik im J a h re 1900 zu annähernd 1 500 000 t angegeben und is t in b estän d ig er Z unahm e be- i

griffen. F ü r die d eutschen D am pfer desselben R aum gehalts I fehlen die A ngaben der J a h re 1903 bis 1900, die V erbinduugs- 1 linie zw ischen den J a h re n 1902 und 1907 is t som it w illk ü rlich : eingezeiehuet. D asselbe g ilt fü r die deutschen D am pfer von j

einem 10 000 t überstoigenden G ehalt.

A us dieser D a rste llu n g g e h t g an z deutlich hervor, daß die [ D am pfer von einem T o n n en g eh alt bis zu 2000 R egisterto n n en von D am pfern größeren R au m g eh alts v e rd rä n g t werden. F ü r

die D am pfer von 2000 bis 3000 R e g iste rto n n en ist eine so au s­

gesprochene A bnahm e wie fü r diejenigen von 100 bis 1000 und von 1000 bis 2000 R egisterto n n en noch n ic h t erkennbar, es ist jedoch kaum zw eifelhaft, daß auch d ieD am pfer dieser K ateg o rie von denjenigen größeren T o nnengehalts v e rd rä n g t w erden und daß die K urve, welche die E n tw ic k lu n g der D am pfer dieser K ategorie angibt, einen abfallenden V erlau f zeigen w ird, wie es von 1844 ab

fü r die D am pfer von 100 bis 1000 R eg iste rto n n en und von 1895 rv ab für diejenigen von 1000 bis 2000 R eg iste rto n n en .d er F all w ar.

In der am 12. J u n i 1911 ab gehaltenen G eneralversam m lung der A k tio n ä re der S u ez-K anal-G esellschaft b eg rü n d e t der je tz ig e P rä s id e n t der G esellschaft P rin z von A ren b erg die N otw endig­

k e it einer A u sg ab e veii etw a 150 M illionen F ra n k z u r V er­

b re ite ru n g und V ertie fu n g des K an als m it folgenden W o rte n :

„In u n se re r Z e it sc h re ite t die E n tw ic k lu n g m it m ächtigen S c h ritte n voran und d er Schiffbau bildet keine A usnahm e zu r Regel. L assen S ie m ich, um Ih n en ein B ild der E n tw ic k lu n g der Schiffgrößen im v ergangenen J a h rh u n d e rt zu geben, einige einfache Z ahlen anführen. W enn m an die H auptabm essungen der erste n Dam pfschiffe m it denjenigen der g rö ß ten der je tz t schw im m enden D am pfer v erg leich t, findet m an. daß der Tief­

g an g sieh v erdoppelt h a t, die B re ite und die G eschw indigkeit sind um das vierfache g estiegen, der T o n n en g e h alt is t um das

dreißigfaclio und die M aschinenkraft um das hundertfache g e ­ w achsen. D ie G rößenverhältnisse der Seeschiffe sind also un ­ geheuer gew achsen. I n welchem V erh ältn is w erden sie w e ite r w achsen? Man k ann es n ic h t sagen, aber gewiß is t es, daß sie w eiter zunehm en w erden. D ie Seeschiffe der n äc h ste n Z e it w erden einen größeren T iefgang haben, sie w erden lä n g er und b re ite r sein.

M an k an n auch behaupten, daß sie zah lreic h er sein werden, denn die A nzahl der in F a h r t befindlichen Schiffe w äch st b eständig.

U m sie aufzunehm en, m uß der K anal b re ite r und tie fer sein, seine E in fa h rt m uß gegen die E in w irk u n g d er S türm e, welche die E in fah rtstiefe v errin g e rn , in vollkom m ener W eise g e sc h ü tz t sein.“

II. W i r t s c h a f t l i c h e R ü c k s i c h t 1 Ich bin der A n sich t, daß dem letzten W ege der V orzug g e­

geben w erden m uß und m öchte zu r B eg rü n d u n g folgendes a n fü h re n : D er versto rb en e O berb au d irek to r F ra n z iu s w ollte durch die von ihm in den J a h re n 1879— 1881 p ro je k tie rte K orrektion der U n terw ese r für Seeschiffe von 5 in T iefgang die M öglichkeit schaffen, nach B rem en -S tad t zu gelangen. D ie v eran sch lag ten und bei E rre ich u n g dieses Zieles auch in negehaltenen K osten des P ro je k te s b e tru g e n 30 M illionen M ark. D ie A u fbringung solcher M ittel w ar an sich schon eine schw ere L a s t fü r das kleine S taa tsw ese n B rem en, die dadurch g e s te ig e rt wurde, daß

A us alledem m uß also die S ch lu ß fo lg eru n g gezogen werden»

daß, um um den A nforderungen der Z u k u n ft g e re c h t zu w erden, alle der S eeschiffahrt dienenden A n s ta lte n (S trom m ündungen, S eekanäle und H äfen) m it d er zweifellos ein treten d en V erg rö ß e­

ru n g der Schiffsabm essungen rechnen m üssen.

Soll m an n u n bei dem B aue solcher W e rk e von vornherein die denkbar g rö ß ten S chiffsabm essungen z u g ru n d e legen oder is t es vom w irtschaftlichen S ta n d p u n k t aus n ic h t ric h tig e r, sich zu n äch st, allerdings ohne E n g h e rz ig k e it, in bescheidenen G renzen zu h alten und sich n u r die M öglichkeit v orzubehalten, die W e rk e den ste ig e rn d e n A nforderungen der Z ukunft anpassen zu k önnen?

:n b e i d e r A n l a g e v o n S e e k a n ä l e n

es auch erforderlich w ar, H afenanlagen für die A ufnahm e so l­

cher Schiffe zu erbauen. E s d ü rfte keinem Zweifel u n te rlieg e n , daß, selb st w enn zu r Z e it der P ro je k ta u fste llu n g die E n tw ic k ­ lung, welche die S chiffsabm essung in den le tz te n 30 J a h re n d u rch g e m ac h t h a t, v o rau szu seh en gew esen w äre, die A nnahm e und die B ew illigung der M ittel z u r D u rc h fü h ru n g eines P ro je k te s, welehem Schiffe von auch n u r a c h t M eter T iefgang z u g ru n d e g e ­ legen h ä tte n , auf unüberw indliche S chw ierigkeiten g estoßen w äre.

E in anderes B eispiel. D er K aiser-W ilhelm -K anal (Nord- O stsee-K anal) w urde in den J a h re n 1887— 1895 m it einem

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160 Wochenschrift des A rchitekten-Vereins zu Berlin Sonnabend, 4. Mai 1912 K ostenaufw ände von ru n d 156 M illionen M ark e rb a u t, wovon etw a

11 M illionen au f den G runderw erb entfielen. D ie K osten der z u r­

z e it in der A u sfü h ru n g begriffenen K an alerw eiteru n g siud au f in s­

g e sa m t 223 M illionen M ark v era n sch la g t, wovon ru n d 20 M illionen M ark auf G runderw erb und zugehörige A ufw endungen entfallen.

W ä re der K aiser-W ilhelm -K anal von vornherein in den A b ­ m essungen, die er nach der je tzig en E rw e ite ru n g e rh a lte n w ird, p ro je k tie rt u n d v e ra n sc h la g t w orden, so w ären zweifellos die K osten g e rin g e r als 156 + 223 = 379 M illionen M ark gowesen.

D er B au der a lte n Schleusen und H afenbauw erke (m it 31 M il­

lionen v era n sch la g t) w äre unterblieben und auch beim G rund­

erw erb h ä tte n sieh E rsp arn isse erzielen lassen. D agegen wären die K osten der Schleusen erheblich g rö ß er gew esen, denn die j e t z t im Bau befindlichen S chleusen von 330 m n u tz b a re r Länge, 45 m lic h te r W e ite und 13,77 itÜ D rem pel- und Sohlentiefe sind a u f jo ru n d 21 M illionen M ark v era n sch la g t. Die V erv o ll­

kom m nung der G eräte und G rü n d u n g s verfahren der le tz te n J a h re b ed in g t auch eine V erb illig u n g der A usfü h ru n g , die der je tz ig e n E rw e ite ru n g zu g u te kom m t. A b er se lb st wenn man n u r m it 300 M illionen M ark rechnet, i s t es m indestens zw eifel­

haft, ob die gesetzgebenden K ö rperschaften des deutschen Reiches sich im J a h re 1886 z u r A nnahm e eines so w eitgehen­

den und so erhebliche K osten verursachenden P ro je k ts e n t­

schlossen h ä tte n , zum al auch in diesem F alle die E n tw ic k lu n g der S chiffsabm essungen, welche die je tz ig e E rw e ite ru n g er­

forderlich m acht, n ic h t vorauszusehen w ar. Die E innahm en des K aiser-W ilhelm -K anals reichen aus, um die B e trieb sk o sten zu decken und liefern einen g eringen U eberschuß, sie b etru g e n für d as J a h r 1909/10 3 561 274 M.

Beim B au an d e rer Seekanäle, n ic h t n u r solcher, w elche die A n lag e von S chleusen erforderten, beobachten w ir dieselbe E r ­ sc h ein u n g : nach einer gew issen Z e it s te llt sich, infolge der Z u ­ nahm e der Schiffsabm ossungen, die N o tw endigkeit ein, den K anal den v erä n d e rte n V e rh ältn isse n anzupassen.

D er S uezkanal is t am 17. N ovem ber 1869 für Schiffe von 7.50 m T iefgang eröffnet worden, obwohl au f 23 km L änge die Tiefe von 8 m noch n ic h t e rre ic h t w ar. S eine Thinge be­

t r ä g t 161 km. ohne die in See geschaffenen F a h rrin n e n , welche den Z u g a n g zum K anal bilden, und 168 km , wenn m an dieso F a h rrin n e n z u r K an a llä n g e h in zu rceh n ct. D ie In te rn a tio n a le K ommission h a tte im J a h r e 1856 vorgeschlagen, den K anal m it einer Sohlenbreito von 44 m, einer W assertiefe von 8 m und 80 m S p iegelbreite anzulegen. Um die B au k o sten zu ver-

von 167,50 F r. käuflich w aren. E r s t im J a n u a r 1875 w urde j dor E m issio n sw ert von 500 F r. erreicht.

F ü r die dam alige Z e it bew ies die F e sts e tz u n g eines zu ­ lässigen T iefgangs von 7,50 m zweifellos keinen M angel an V o ra u ssic h t, doch ste llte sich bald die N otw endigkeit einer E r ­ w eiterung und V ertie fu n g des K an als ein. Im J a h r e 1883 l w urde zw ischen der K analgesollschaft und einer V ereinigung

; englischer R eeder v ere in b a rt, entw eder einen zw eiten P aralle lk a n a l zu bauen oder den vorhandenen zu erw eitern und zu vertiefen.

Im J a h re 1885 em pfahl die fü r diesen Z w eck eingesetzte In te rn a tio n a le technische K om m ission der G esellschaft eine E r ­ w eiteru n g un d V ertiefu n g des K an a ls . an S telle der V erdopp­

lung. D ie K osten w urden au f 203 M illionen F ra n k veranschlagt.

D ie g e g e n w ä rtig in der A u sfü h ru n g begriffenen A rb eiten im K anal, welche v o rau ssich tlich in den n äc h ste n drei Ja h re n beendet sein w erden, und die an der nördlichen A usm ü n d u n g in P o rt Said, ebenfalls in der A u sfü h ru n g begriffenen se h r um ­ fangreichen H afenbauten, neben der von der In tern atio n alen K om m ission em pfohlenen V e rlä n g eru n g d er W estm ole in P o rt Said um 2500 m, die allein a u f 15 M illionen F ra n k v e ra n sc h la g t w ird, w orden so erhebliche K osten veru rsach en , daß der P r ä ­ sid e n t der Suoz-K anal-G esellschaft in der G eneralversam m lung vom 12. J u n i 1911, wie schon erw ä h n t w urde, die E rm ä c h ti­

g u n g erh ielt, dem B edürfnisse entsprechend A nleihen bis zum B e tra g e von 150 M illionen F ra n k aufzunehm en, D er K anal b a tte am 31. D ezem ber 1910 einen B u c h w ert von etw a s ü b er 656 M illionen F ra n k .

Z u rz e it i s t der K anal fü r Schiffe m it einem T iefgange bis zu 2 8 ' = 8,53 m befahrbar. S e it der E röffnung haben also dio z u r E rw e ite ru n g und V ertie fu n g sowie zu r allgem einen. V e r­

b esseru n g des K an als vorgenom m enen A rb eiten einen K o ste n ­ aufwand von 389 Millionen erfordert. D er zulässige T iefgang is t von 7,50 m au f 8,53 m g estiegen. D as g rö ß te Schiff, w elches im J a h r e 1870 den K anal durch fu h r, h a tte bei einer

! L än g e von 117 m, einer B re ite von 13,50 m und einem Tief­

g an g von 6,76 m einen B ru tto ra u m g e h a lt von 4414 R e g iste r­

tonnen. D as g rö ß te Schiff, w elches dagegen in den Ja h re n 1909 und 1910 den K anal du rch fu h r, es w a r der D am pfer

„C levoland“ d er H am burg-A m erikä-L inie, h a tte einen B r u tto ­ rau m g e b alt von 17 342 R e g iste rto n n en . Die im K anal ausge-

j fü h rte n V erb esseru n g en finden ih ren d eu tlic h sten A u sd ru ck i in d er A b k ü rz u n g des d u rch sc h n ittlich e n A u fe n th a ltes eines i Schiffes im K anal, die au s n ach ste h en d e r T abelle h e rv o rg e h t:

F a h r t u n t e r b r e c h u n g e n Gesamtdauer des

Xftcht Kreuzungen Verschiedenes Aufenthalts im Kanal

1870 ... 17 Std 8 Min. 17 Std. 42 Min. 3 Std. 20 Min. 9 Std. 55 Min. 48 Std. 5 Min.

1875 ... 17 58 17 18 3 11 1 33 40

1880 ... 18 16 54 3 24 28 38 46

1885 ... 18 22 ,, 16 36 4 20 3 42 43

1890 ... 17 52 2 . 21 2 31 1 22 24 6

1895 ... 10 18 ., 30 t 34 56 19 18

1900 ... 15 39 48 1 11 54 18

1905 ... 15 18 22 1 45 1 .. 10 18 35 .,

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m indern, w urde im J a h r e 1859 beschlossen, den K anal m it 22 m S ohlenbreito, 8 m W a sse rtiefe und 58 m S picgelbreite auszu- fükreu. D iese A bm essungen sind b eibehalten w orden. D ie S u ez-K anal-G esollsehaft w a r am 15. D ezem ber 1858 m it einem A k tie n k a p ita l von 200 M illionen F ra n k g e g rü n d e t w orden, die K osten beliefen sieb jcdocli bis zum 31. D ezem ber 1869 auf a n n ä h e rn d 369, die eigentlichen B auk o sten a u f 267 M illionen F ra n k und es is t allgem ein bekannt, daß die G esellschaft anfangs d e r 7 0 e r J a h re , um die 15 M illionen F ra n k b etrag en d en rü c k ­ stä n d ig e n Z insscheine ih re r O bligationenanloihc zu bezahlen, sich g e n ö tig t sah, eine neue A nleihe aufzunehm en. F ü r diese neue A nleihe zum B e tra g e von 20 M illionen F ra n k w ar der Z insfuß au f 8 % fe stg e ste llt w orden. M it M ühe und Not, w urden k a u m ' 5 M illionen dieser A nleihe gezeichnet, un d die G esell­

sc h a ft sta n d , w ie F erd in an d de L essep s einer G eneralversam m ­ lu n g der A k tio n ä re offen e rk lä rte , u n m ittelb ar vor dem B a n k ro tt.' D ie dam alige p re k ä re L age der G esellschaft g e h t wohl am d e u tlic h ste n d a ra u s herv o r, daß die zu einem Nominalw ert, von 500 F r. e m ittie rte n A ktien am 19. J u li 1871 zu einem P re ise

Zu dieser Tabelle is t zu bem erken, daß innerhalb des K a ­ n als dio höchste zugelassehe stü n d lich e F ah rg esc h w in d ig k eit 10 km b e trä g t, w ährend der D u rc h fa h rt des Großen B itte rse e s i s t die F a h rg esc h w in d ig k eit u n b esch rän k t, dagegen i s t die g rö ß te F a h rg esc h w in d ig k eit in dem südlichen Teile des K anals, zw ischen den B itte rse e n und dem R oten M eer, der den Tido- strö m u n g en u n te rlie g t, a u f 14 km in der S tu n d e fe stg e se tzt.

S e it dem Ja h re 1890 sin d in der T abelle die F a h r tu n te r ­ brechungen bei E in tr itt d er D u n k elh eit fa st gänzlich weg- gefallen, weil vom 1, M ärz 1887 ab allen m it den erforderlichen elek trisch en A p p araten a u s g e rü ste te n Schiffen g e s ta tte t wird, auch w ährend dor N a c h t ihre F a h r t fortzusetzen. Die V er­

b re ite ru n g des K anals b a t es erm öglicht, denjenigen Schiffen, welche sich im K anal kreuzen und deren zusam m enaddierte B reiten das M aß von 30,5 m n ic h t ü b e rste ig t, die E rlau b n is zu geben, aneinander vorbeizufahren, ohne daß das eine in einer A usw eiche 'festm acht. Diese E rlau b n is i s t fü r den ganzen K a ­ n al m it A usnahm e von 19 km , welche' entw eder im F elsenein­

schnitt, oder in K u rv en liegen, e rte ilt worden. (Forts.folgt) F ü r die S chriftleitang v eran tw o rtlich : B a u ra t M, G u t h in B erlin W. 57, Bülow str. 35

C arl H eym anns V erlag in B erlin

yt,

8, M auerstr. 43/44 — G edruckt bei Ju liu s Sittenfeld, H ofbuchdrucker., Berlin VT. 8, M auerstr. 43/44 Nr. 18

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W o c h e n s c h r i f t d e s A r c h i t e k t e n -V e r e i n s z u B e r l i n

H E R A U S G E G E B E N V O M V E R E I N E

N u m m e r 18a B e r lin , M ittw och , 8. M ai 1912 V II. Jahrgang

A l le R ec h te V o rb e h a lte n

Der Neubau des Opernhauses in Berlin

nach (len stenographischen Berichten (los Hauses der Abgeordneten. 62. Sitzung 2. Mai 1912

V i z e p r ä s i d e n t Dr. P o r s c h : W ir kommen zum folgenden Punkt der Tagesordnung: B au V e r w a ltu n g

Eininaligo und außerordentliche Ausgaben Kap. 25 Tit 71 (Neubau des Opernhauses in Berlin) — Drucksachen Nr. 145, 328.

Der Antrag der Budgetkommission befindet sich auf Drucksache Nr 145; sie beantragt, den Titel unverändert zu bewilligen. Bericht­

erstatter ist der Abgeordnete Brütt.

Hierzu gebürt der Antrag der Abgeordneten v. Bülow (Hom­

burg) und Genossen, Drucksache Nr. 328.

W ortlaut dos Antrags:

A. I n K ap. 25 T it. 71 an S t o l l e d er W o r t e „ V o r b e r e it u n g e n z u r B a u a u s f ü h r u n g “ zu s o t z e n : „ Y o r a r b o i t s k o s t e n “ B. D a s H a u s d e r A b g e o r d n e t e n s p r i c h t b e i B e w i l l i g u n g d er

8 0 0 0 0 M. in K ap. 25 T it. 71 d ie .E r w a r t u n g a u s:

1. d aß d ie K ö n i g l i c h e S t n a t s r e g i e r u n g d e n E n t w u r f fü r d e n N e u b a u e i n e s K ö n i g li c h e n O p e r n h a u s e s in B e r lin u n te r B e n u t z u n g d e r b is h e r b e s c h a f f t e n U n t e r la g e n s o w ie u n t e r H i n z u z ie h u n g w e it e r e r K r e i s e dor d e u t ­ s c h e n K ü n s t l e r s c h a f t a u f s t e l l t und d a b e i a u ch d a s A n e r b i e t e n d e s B u n d e s D e u t s c h e r A r c h i t e k t e n vom 20. A p r il d. J s . b e r ü c k s i c h t i g t ;

2. daß d a b e i d ie a m t lic h e P r o g r a m m s k iz z e a ls G r u n d ­ la g e d ie n e n , e s d en K ü n s t l e r n j e d o c h f r e i g e s t e l l t w e r d e n s o l l , v o n d ie s e r P r o g r a m m s k iz z e a b z u w e ic h e n , s o w e i t e s ih n e n z w e c k m ä ß ig o d e r a u s k ü n s t l e r i s c h e n G r ü n d e n n ö t i g e r s c h e i n t ;

3. daß d ie E n t w u r f s k i z z e n v o n d er K ö n i g l i c h e n A k a d e m ie d e s B a u w e s e n s b e g u t a c h t e t w e r d e n .

Ich eröffne die Besprechung. Das W ort hat der Herr Minister.

v. B r e it e n b a c h , Minister der öffentlichen Arboiten: Meine Herren, die öffentliche Kritik hat sich mit den in weiten Kreisen durch Abbildungen und Beschreibungen bekanntgewordenen Ent­

würfen zu einem neuen Opernhause befaßt und mit Recht auf dio große Bedeutung der Bauaufgabe hingewiesen. Der W ort der bis­

herigen Entwurfsbearbeitungen ist sehr verschieden beurteilt worden, insbesondere in künstlerischer Beziehung. A uf der einen Seite wird in W ürdigung der besonderen Schwierigkeiten des Bauvorhabens und des Bauprogramms anerkannt, daß die Entwürfe der sieben erstmalig zur Bearbeitung horangezogenen Architekten und der vier zum zweiten­

mal aufgeforderten Architekten eine gute und geeignete Grundlage bilden, um einen ausführlichen Entwurf zu bearbeiten. Von anderer Seite wird aber das Gesamtergebnis als durchaus unbefriedigend ge­

kennzeichnet. Es wird auch die W ahl des Bauplatzes bemängelt.

Meine Herren, in letzterer Beziehung darf ich wohl feststellen, daß, nachdem der Landtag im Vorjahre die erheblichen Mittel für den Grunderwerb zu einem neueu Opernhause bewilligt hat, und nach­

dem diese Mittel verausgabt worden sind, die Frage des Bauplatzes wohl als entschieden angesehen werden kann. Die Staatsregierung hat sich jedenfalls erst zu dieser Vorlage entschließen können, nachdem auf Grund sehr sorgfältiger Vorerhebungen festgestellt war, daß ein anderer geeigneter Bauplatz nicht zu finden war, und auch die sieben erstmalig zur Bearbeitung herangezogenen Architekten haben, obwohl es ihnen freigelassen war, einen ändern Platz in Vorschlag zu bringen, keinen ändern bezeichnen können. Einige von ihnen haben vielmehr ausdrücklich anerkannt, daß aus künstlerischen Gründen die Wahl des Bauplatzes am Köüigsplatz als eine durchaus glückliche bezeichnet werden kann. E s wird wohl auch nicht bestritten werden können, daß es im städtebaulichen Sinne nur als erwünscht bezeichnet werden muß, wenn der Künigsplatz auf seiner W estseite in seiner ganzen Breite einen architektonischen Abschluß erhält, etwa in der W eise, wie' es in der Programmskizze gedacht ist, daß das Opernhaus im stattlichen Maßstabe die Mitte der Baugruppe bildet und von Privat­

bauten, die durch offene Hallen mit ihm verbunden sind, flankiert wird, um so durch den Gegensatz die monumentale Wirkung zu steigern.

In der Kritik, soweit sie den künstlerischen W ert der bisherigen Entwurfsbearbeitungen betrifft, kommt ein Gefühl starker Enttäuschung zum Ausdruck. Es heißt dort: Man habe von den Architekten eine ganz überzeugende, der Größe der Aufgabe gerecht werdende Lösung und etwas Neues und Bedeutendes erwarten müssen. S tatt dessen aber finde man in sämtlichen Entwurfsskizzen nichts von der Sprache unserer Zeit; man vermisse den Beweis von baukünstlerischem Können der Gegenwart; man sehe nur althergebrachte, abgebrauchte, unserni heutigen Empfinden fremde Formen. Demgegenüber darf aber doch festgestellt werden, daß die sämtlichen zur Entwurfsbearbeitung auf­

geforderten Architekten, die norddeutschen sowohl wie die süd­

deutschen, sich in der W ahl der Stilformen zur historischen Auf­

fassung bekannt haben, obwohl ihnen nach dieser Richtung keinerlei Bindung auferlegt war. Offenbar sind sie aus innerer Ueberzeugnng von der Auffassung ausgegangen, daß der Zweck des Gebäudes als eines Tempels der Kunst nach althergebrachter Auffassung von Feier­

lichkeit und Würde, sieh nicht prägnanter zum Ausdrucke bringen lasse als durch ein Zurückgreifen auf Stilformen, die sich im Lauf der Jahrhunderte und im W echsel der Zeiten siegreich behauptet haben, wenn es galt, einem Bauwerke machtvolle, monumentale Gestaltung zu geben.

Meine Herren, nicht die Stilform allein ist das Entscheidende für den künstlerischen W ert eines Bauwerks, gleichermaßen doch auch ihre künstlerische Beherrschung, Ein schöpferisch begabter Architekt wird auch in den Bahnen der historischen Auffassung so viel Neues, Eigenartiges und Persönliches hervorbringen können, namentlich im Zusammenwirken mit Plastik, Malerei und Kunstgewerbe, daß ein Ganzes entsteht, welches die Summe des künstlerischen Könnens der Gegenwart in sich verkörpert.

Die vier vorliegenden Entwürfe sind auch nur Skizzen. Es wird Sache des mit der endgültigen Bearbeitung beauftragten Künstlers sein, in dem Maße, wie er sich in diese Aufgabe vertieft, unter voller Würdigung des von der Kritik Vorgetragenen einen baureifen E nt­

wurf zu schaffen. Die Voraussetzungen dafür sind . in langwieriger, schwieriger, mühevoller Arbeit geschaffen, nach meinem Ermessen, nach dem Ermessen der Sachverständigen und Künstler, die mich be­

raten, und nach dem U rteil derjenigen Verwaltung, die demnächst den Betrieb im neuen Opernhause zu führen haben wird.

Mit besonderem Nachdruck ist nun in der Tagespresse und auch von den Fachvereinen die Ausschreibung eines allgemeinen W e tt­

bewerbs als Wunsch der deutschen Künstlerschaft bezeichnet worden, damit, wie es dort heißt,

die besten Kräfte des Landes sich an der schwierigen Lösung der Aufgabe beteiligen können. Nnr auf diesem W ege

— glauben die Vertreter jener Forderung —

würde eine sichere Bürgschaft dafür gewonnen, daß ein W erk ent­

stellt, welches ein rühmliches Zeugnis von dem baukünstlerischen Können der Gegenwart ablegt., (Sehr richtig! links.)

Ueber den W ert eines solchen W ettbewerbs gehen die Meinungen weit auseinander. Für eine ganz freie und ideale Aufgabe, wie es etwa ein Denkmal ist, oder für ein Bauwerk von besonderer Eigenart, deren Ausdrucksmöglichkeiten noch nicht erschöpft sind, wird ein all­

gemeiner Wettbewerb, sofern nicht durch die Programmforderungen die Erfindungsgabe zu stark eingeengt wird, sicher am Plätze sein, da er eine Fülle von neuen Ideen bringen und jungen, bisher unbekannten Talenten die W ege bahnen kann. Aber, meine Herren, ich darf doch daran erinnern, daß selbst bei ganz freien und idealen Aufgaben, wie es beispielsweise die Konkurrenz um das Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingerbrück war, der Erfolg eines W ettbewerbs durch­

aus zweifelhaft ist, und ich kann ferner darauf hinweisen, w ie die Jury, der doch die ersten Künstler, unsere ersten Autoritäten angehört haben, wie, wir das auch im vorliegenden Falle sehen, in der ästheti­

schen Frage durchaus voneinander abweichender Meinung waren.

Nun sind nach unserer Auffassung die Voraussetzungen für einen allgemeinen Wettbewerb vorliegend nicht gegeben, da der Künstler an zwingende Zweckmäßigkeitsforderungen eng gebunden ist und ich darf darauf hinweisen, daß auch Männer von großer Begabung,'die sich vom baukünstlerischen Standpunkte eines großen Rufes erfreuen, sich ganz entschieden in Uebereinstimmmlg mit unsern Auffassungen gegen einen allgemeinen W ettbewerb ausgesprochen haben.

Von gleichen Erwägungen ausgehend, bat die Staatsregierung ge­

glaubt, vorurteilsfrei und sachlich zu handeln', als sie nur in begrenztem Umfange Künstler von Bedeutung und fachmännische Autoritäten zur Entwurfsbearbeitung herangezogen hat. Sie war und ist auch heute noch der Meinung, daß sie auf diesem von ihr als richtig erkannten W ege eine besonders geeignete Grundlage für die Weiterbearbeitung schaffen würde und auch geschaffen hat. W enn nun aber das Hohe Haus, wie aus der mir vorliegenden Resolution erkennbar ist, W ert darauf legt, daß noch weiter den Kreisen deutscher Künstlerschaft Gelegenheit gegeben werde, auf der Grundlage der amtlichen Pro­

grammskizzen Beiträge zur künstlerischen Lösung der Aufgabe zu liefern, so will die Staatsregierung sich diesem W unsche gegenüber nicht ablehnend verhalten. (Bravo!) Mitbestimmend für diesen Ent­

schluß ist, daß ein allgemeiner Wettbewerb nicht mehr gefordert wird, ferner dio Hoffnung, daß die zu erwartenden Skizzen nicht nur schätz­

bare Anregungen, sondern auch Verbesserungen bringen werden. Die Staatsregierung erklärt sieh daher mit dem W ortlaut wie mit dem In­

halt der Resolution und der beantragten Aenderung des E tatstitels einverstanden. (Bravo!)

v. B ü lo w (Homburg), Abgeordneter (nat.-libj: In der sehr schwierigen Angelegenheit des Neubaues des Königlichen Opernhauses haben lange Verhandlungen unter den Parteien dieses Hauses statt- gefunden, auch unter Hinzuziehung von Vertretern der Königlichen Re­

gierung, und man hat sich schließlich geeinigt auf die Resolution, die Ihnen allen vorliegt, und die darin gipfelt, d aß k e in a l l g e m e i n e r n e u e r W e t t b e w e r b a u s g e s c h r i e b e n w e r d e n s o l l , sondern ein

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2 9 4 Wochenschrift dos Architekten-Vereins zu Berlin — Anzeigenteil Mittwoch, 8. Mai 1912

engerer Wettbewerb unter hervorragenden Künstlern, um ein besseres Resultat zu erzielen, als es der bisherige engere W ettbewerb, der von der Königlichen Regierung ausging, gebracht hat. An der heutigen Erklärung des Ministers ist das Erfreuliche, daß er sich ausdrücklich auf den Boden dieser unserer Resolution gestollt hat. Damit ist ein gemeinsames Vorgehen der Volksvertretung und der Königlichen Re­

gierung in dieser wichtigon Sache in die Wege geleitet.

Die Angelegenheit des Opernhauses ist ja glücklicherweise keine Angelegenheit irgendeiner Partei in diesem Hause, und sie ist auch nicht eine Angelegenheit, die lediglich für die S tadt Borlin ein Interesse hat, sondern 'sie interessiert ganz Preußen und über Preußen hinaus überhaupt das Deutsche Reich; denn es ist Ehrensache für jeden Deutschen, daß hier in der Reichshauptstadt ein Bau ersteht, der da­

von Zeugnis ablegt, daß die deutsche Architektur und die deutsche Künstlerschaft bezüglich dos Thoaterbaues nicht nur in technischer, sondern auch in künstlerischer Beziehung auf der Höhe der Zeit sich befindet, ein Bau, auf den hoffentlich unsore Generation und die fol­

genden Generationen mit Stolz werden blicken können. Von diesem hohen Gesichtspunkt aus war es meinen politischen Freunden und mir nicht möglich gewesen, das Ergebnis des bisherigen von der Regie­

rung ausgeschriebenen Wettbewerbes, wie es vor unser aller Augen liegt, als ein solches anzusehen, welches den einen oder den ändern Entwurf als zur Ausführung geeignet erscheinen ließ. Nichtsdesto­

weniger ist dankbar anzuerkennen, daß die bisherigen Entwürfe wertvolle Vorarbeiten für den späterzur Ausführung gelangendenEntwurf darbieten.

Die Tdee unserer Resolution, von der wir hoffen, daß sie mög­

lichst einstimmig von diesem Hohen Hause angenommen werden wird, geht dahin, daß wir einmal wünschen, daß die Regierung auf Grund eines revidierten oder, sagen wir, geklärten Programms noch eino größere Anzahl hervorragender Künstler oder Architekten, die ins­

besondere in dem Fache des Theaterbaues erfahren sind, neu hinzu­

zieht, damit sie Bauskizzen für das neue Opernhaus vorzulegen in der Lage sind, — a ls o e in n e u e r e n g e r e r W e ttb e w e r b . Es ist wohl anzunehmen, daß die Regierung sich in Ausführung dieser Re­

solution an die einzelnen Künstlervertretungen, die großen Künstler- veroine, insbesondere an den Bund der Deutschen Architekten wendet und sich von diesen hervorragende Künstler vorschlagen läßt, die ge­

willt sind, in den W ettbewerb mit einzutreten. Der Bund der Deutschen Architekten hat sich in seiner letzten Versammlung aus­

drücklich freiwillig erboten, solche Skizzen von hervorragenden Mit­

gliedern dos Bundos zu diesom neuen W ettbewerb vorzulegen. F ür die Ausarbeitung eines neuen Entwurfes heben wir von den vielen Wünschen, die in dieser Beziehung bestehen, noch besonders hervor, daß wir die Hoffnung haben, daß eine geeignete A usgestaltung des Zuhörerraums in dem neuen Theater herausgefunden werden müsse, als der bisher in Botracht gezogene. (Sehr richtig!) Ein Zuhörer- raum, wie er je tz t in Aussicht genommen, mit einer Länge, die vom Bühnenraum bis an die äußerste Spitze nicht weniger als 53 m be­

trägt, legt dio Befürchtung nahe, daß die Akustik in einem solchen Hause und das Sohvormögen für die Zuhörer sehr bedenklich leidet.

Um die K ünstler in ihrer freien Bewegung nicht mehr zu be­

schränken als unbedingt nötig ist, ist ihnen in der Resolution ge­

stattet, aus Zweckmiißigkeitsgründen und aus künstlerischen Gründen von der aufzustellenden Programmskizze, wenn es notwendig sein sollte, abzuweichen.

Ferner wäre es auch erwünscht, wenn von seiten der Königlichen Staatsregierung die Frage einer Prüfung unterzogen würde, ob nicht, wenn das neue Gebäude dadurch verbessert werden könnte, eine Ein­

schränkung der nicht den Bühnenzwecken und dem Zuhörerraume dienenden Repräsentationsräume sich ermöglichen ließe, deren jetzt vorgesehener Umfang ganz außergewöhnlich ist.

Eine weitere sehr wichtige Frage, die nach der Beibehaltung der in Aussicht genommenen das Opernhaus flankierenden Häuserbauten und deren Gestaltung, ist in der Resolution nicht erwähnt worden, wio sich überhaupt die Resolution frei hält von der Aussprache ein­

zelner Wünsche in bezug auf das Opernhaus. Aber es wird auch diese Frage nach Beendigung des W ettbewerbs ihre Erledigung finden müssen, und zwar wird die Entscheidung wesentlich davon abbängen, welche Gestalt dio neu eingehenden Skizzen haben werden. Ander­

seits wird abor auch, wenn der Wegfall dieser Häuser geplant sein sollte, das Haus der Abgeordneten die Pflicht haben, genau zu prüfen ob diese behauptete Verbesserung im Verhältnis steht zu der damit unzweifelhaft verbundenen finanziellen Mehrbelastung des Etats.

Zum Schlüsse möchte ich hier noch einen weiteren Wunsch er­

wähnen, der die künstlerische W irkung des neuen Gebäudes auf dem Platze betrifft, auf dem es errichtet werden soll. Der H err Minister hat mit Recht hervorgehoben, daß wir je tz t wohl alle darüber einig sind, daß das Gebäude auf dem Königsplatz errichtet werden soll.

W ir Abgeordneten haben uns schon dadurch gewissermaßen präjudi- ziert, daß wir die Gelder für den Ankauf größerer Parzellen in der Nähe des Krollschen Etablissements bewilligt haben. Um so mehr haben wir die Pflicht, zu prüfen, ob die jetzige Gestaltung des Königsplatzes geeignet ist, den Vordergrund für das neue Opernhaus zn bilden, oder ob nicht vielmehr dieser Platz zu diesem Zweck um- gostaltet werden müßte.

Meine Herren, der Königsplatz hat eine ganz außergewöhnliche Ausdehnung. Auf der einen Seite mündet er in den etwas kleineren

Alsenplatz, auf der ändern Seite geht er unbegrenzt in den Tier­

garten über. Es ist nun die Frage, ob nicht die Ausbuchtungen des Königsplatzes, wie das seinerzeit der Baumeister Wallot, nachdem er das Pariamontsgebäude erbaut hatte, schon in einem Plan im Hin­

blick auf das neue Opernhaus vorgesehen hat,_ dadurch beseitigt werden sollten, daß der Königsplatz dort durch eine _ höhere gärtne­

rische Anlage abgeschlossen wird; es würde dann ein geschlossenes Gesamtbild entstohen, das sowohl dem Roichstagsgebäudo als dom neuen Opernhauso wesentlich zustatten käme. Aber darüber wird man auch erst dann Betrachtungen anstellen können, wenn es gelungen sein wird, ein bestimmtes Opernhausprojekt zur Ausführung zu bringen.

Meine politischen Freunde werden die Resolution, dio dom Hause vorliegt, einstimmig annehmen, und es ist anzunehmen, daß auch das ganze Haus das gleiche tut. Dann werden wir einen großen Schritt in dieser schwierigen Frage weiter gekommen sein and die Hoffnung haben, daß auch später die Einigkeit der Regierung und der Volks­

vertretung in dieser wichtigen Angelegenheit aufrechterhalten bleibt.

(Bravo!)

Dr. L i e b k n e c h t , Abgeordneter (Soz.-Dem.): Meine Herren, wir h aben" aus berufenem Munde so viel Ernstes, Gewichtiges und Ein­

leuchtendes zu dieser Angelegenheit gehört, daß es vermessen sein würde, wenn wir uns bemühen wollten, dazu noch Wesentliches bei­

zutragen. Indessen handelt es sich um eine Angelegenheit, die die Allgemeinheit, die das deutsche Volk interessiert, so daß wir^ nicht schlechthin sagen dürfen: wir überlassen diese Sache den künstlerischen Fachleuten. W ir sind vielmehr berufen und verpflichtet, dazu auch unsere Meinung zu äußern. Wenn die Künstler für ihre Anschauungen nicht Resonanz in den breiten Massen der Bevölkerung und auch in den Parlamenten fänden, dann würden sie über den W olken schweben und erwarten können, daß ihre Stimme gehört wird.

Meine Herren, jeder von uns, die wir die bisherigen Entwürfe betrachtet haben, wird zunächst erstaunt vor der Uniformität dieser Entwürfe gestanden haben, die man sich anfangs gar nicht erklären konnte. Wenn man einigermaßen hinter dio Kulissen zu sehen ge­

wöhnt ist, kam man alsbald auf den Gedanken, daß ein zu eng ge­

stellter Auftrag verhindert hat, daß die dazu berufenen Künstler sich einigermaßen frei betätigen konnten; in dem Vortrage, den Herr Geheimrat Saran uns am 6. März hier im Hause gehalten hat, ist das ja auch deutlich zum Ausdruck gekommen, und die unausgesetzten Klagen, die von den verschiedenen Künstlervereinigungen Uber den allzu engen ministeriellen Bauplan ausgesprochen worden sind, haben uns zur vollen Deutlichkeit gebracht, daß die Entwürfe in der Tat um deswillen so uniform ausgefallen sind, weil den Künstlern eino nennenswerte Bewegungsfreiheit in größerem Zug überhaupt gar nicht gelassen war. Offenbar hat dor Hof, hat die Krone hier von vorn­

herein ihre künstlerischen Anschauungen aufoktroyiert, und dagegen haben wir allerdings m it allem Nachdrucke zu protestieren. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es sind ganz drollige Argumen­

tationen vorgobracht worden, um uns klar zu machen, daß wir mit unserm beschränkten Untertanenverstande hier überhaupt gar nicht mitzureden hätten. Einmal ist auf die großen Schwierigkeiten hin­

gewiesen worden, mit den künstlerischen Aufgaben des Opernhauses auch die Repräsentationsaufgaben zu verbinden, daun auf den außer- gewönlich großen Umfang, den das Haus wegen der großen Zahl der Zuhörer und Zuschauer haben müsse, und schließlich ist auf die Schwierigkeit hingewiesen worden, durch ein solches Gebäude die Aufgaben einer Wagnerbühne zu erfüllen. Meine Herren, ich wüßte kein modernes Theater, das die Aufgaben der Wagnerbühno nicht zu erfüllen hätte; ich glaube, es wird heutzutage kein Theater mehr ge­

baut, und wahrscheinlich schon seit mindestens einem Jahrzehnt und länger nicht mehr, das nicht die Aufgaben der W aguerbühne zu er­

füllen hätte.

Das sind alles Argumente, die uns nur darin bestärken können, daß irgendwelche höfische Rücksichten und irgendwelche onghorzige Auffassungen, die zunächst im Ministerium obgewaltet haben, zu dieser Gestaltung der Vorbereitungen geführt haben, dio ja nun ziem­

lich allgemeine Verurteilung erfahren hat.

W enn der H err Minister heute gesagt hat, daß die Entwürfe eino sehr verschiedenartige Beurteilung gefunden hätten, bald lobend, bald absprechend, so kann man doch wohl die lobenden und die ab­

sprechenden Urteile nicht als gleichwertig betrachten; weit über­

wiegend sind doch die absprechenden Urteile, und sie sind der Regel nach so grundsätzlich absprechend, so leidenschaftlich absprechend, daß wir darauf das allergrößte Gewicht zu legen haben, und wir dürfen wohl sagen: gerade dio Stimmen, die wir als die berufensten anzusehen haben, warnen davor, auf dem bisher von dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten gegangenen Wege weiterzuschreiten.

Meine Herren, besonders charakteristisch an diesen Entwürfen — ich kann wohl sagen, daß es zu einer kulturellen Blamage Deutsch­

lands führen müßte, wenn dieser Gedanke ausgeführt würde — ist der Versuch, die Miethäuser an den Seiten anzuhängen. Der H err Vorredner hat bereits darüber gesprochen, und auch die K ünstler­

vereinigungen haben sich darüber ausgelassen, aber ich muß wahr­

haftig sagen: da standen mir die Haare zu Berge (Heiterkeit) — ob­

wohl das bei mir nicht so gar leicht ist — als ich schließlich heraus­

bekam, was man mit den Bauten an den Seiten, deren Zweck mir zunächst gar nicht ersichtlich war, bezweckte.

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Nummer 18a Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin — Anzeigenteil 2 9 7

Künstler in der Lage sein sollen, wenn sio nunmehr neue Entwürfe ausarbeiten, sich möglichst frei zu betätigen. Meine Herren, die Kunst beflügelt sich und beflügelt andere, kann also einen zu eng gestellten ßahmon, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, nicht ge­

brauchen.

Und nun, meine Herren, komme ich gleich auf einen Programm­

punkt, der eben von meinem verehrten Herrn Vorredner etwas scharf kritisiert worden ist, nämlich, meine Herren, den Programmpunkt, der bis je tz t bestand, der Errichtung von Miothiiusern, zwischen denen sich nunmehr dieses neuo künstlerische Gebäude der Oper erheben soll. Die beiden Herren Vorredner haben zum Teil in sehr scharfer Sprache diese Errichtung der Miethäusor verurteilt und sagen, das dürfte nicht sein, das Königliche Opernhaus dürfe sich niemals- ein­

geengt von kleineren Häusern erhoben.

Meine Herren, die Sache hat aber auch ihre großo Kehrseite.

W enn Sie den Künstlern freie Betätigung geben wollen, so müssen Sie auch überlegen, ob nicht der Künstler gerade zur Betonung seines künstlerischen Gedankens die kleineren Häuser als Relief bonutzen muß, um den Bau des Opernhauses zu heben. Ich darf daran er­

innern, daß man gerade sehr viel in Städten die Freilegung unserer herrlichen Dome beklagt. Man sagt: hätten wir das doch nicht getan, wären sie doch eingeschränkt geblieben! Mir, meine Herren, sind Städte bekannt — ich erinnere an Ulm —, in denen man freigelegte große Dome nunmehr wieder einengen wird, gerade um damit einem künstlerischen Gedanken gerecht zu werden. Und, meine Herren, in der Beseitigung der Miethäuser rate ich doch etwas Vorsicht auch nach einer ändern Richtung hin. Darin liegt — und darin muß, meine Herren, ein Impelle an den Herrn Finanzminister liegen, die Sache teurer zu machen; denn der H err Finanzminister hat doch dam it gerechnet, daß wir aus dem beabsichtigten Verkauf von Miet­

häusern bestimmto Einnahmen haben. Also kann mit Fug und Recht der H err Finanzminister sagen, wenn es einige Millionen mehr kostet:

tu l’as voulu, George Dandin — du hast’s ja selbst gewollt.

Nun, meine Herren, komme ich zu den ändern programmatischen Punkten. Was verstehe ich alles unter Programm? Größe des Raums, Verteilung von Zuschauerraum und Bühnenraum, Ranganlage, die Zahl der Ränge, Treppenanlagen in ihrer architektonischen E nt­

wicklung, vor allen Dingen auch Zugänglichkeit zu den einzelnen Teilen des Zuschauerraums, und endlich, meine Herren, ein wichtiges, schwieriges und auch delikat zu behandelndes Gebiet, nämlich die Re- präsontationsräumo. Ja, meine Herren, wenn ich alle dieFragon aul­

werfe, die in dem Programm geändert werden können, wird mich der Künstler erstaunt fragen: ja, wonach soll ich mich denn nun eigent­

lich richten, was soll ich eigentlich tun, nach welcher Richtung hin wollen Sie mir Freiheit geben? Da, meine Herren, gebe ich zu, daß ich als Laie — und wir sind es doch alle hier im Hause auf diesem Gobiet — in Verlegenheit komme. Aber, meine Herren, einen Anhalt würde ich ihm doch geben; ich würde ihm sageu: richten Sie das Programm in der begründeten Annahme, in der begründeten Voraus­

setzung so eia. daß jedermann — niemand ausgeschlossen, wohlver­

standen — der in diesem Hohen Hause das der Oper, nicht hier

— (Heiterkeit) Platz nehmen will, nichts anderes im Auge hat, als allein die K unst zu verehren, der K unst zu dienen. Ich würde ihm also sagen: mein lieber Freund, schreibe über das Programm: Lex suproma ars esto, das höchste Gesetz sei die Kunst, und wenn du, mein Freund, das Programm, möglichst diesem W ort entsprechend löson wirst, dann, meine Herren, habe ich die feste Ueberzeugung — und ich glaube, daß diese Ueberzeugung allgemein geteilt werden wird —, daß der für so viele Ideale begeisterte hohe Träger der Krone, die Staatsregierung und wir dem Projekte, das diesem P ro­

gramm, „der Kunst allein zu dionon“, am nächsten kommt, auch die Palme reichen werden.

Nun, meine Herren, noch ein W ort über den dritten Punkt, nämlich über die Jury. Ich habe zuerst ja schon vor einigen Jahren wiederholt die Anschauung vertreten, daß auch meine politischen Freunde wünschten, bei der Jury die Künstlerschaft beteiligt zu sehen. Run ist die Frage, wie das geschehen soll. Da ist von der Künstlerschaft der W unsch ausgesprochen worden, daß möglichst frei Herren, die sich auf dem Gebiete des Theaterbaus Besonders bewährt hätten, zur Jury hiuzugezogon werden. Meine Herren, das klingt sehr verführerisch, ist aber in der Praxis meiner Meinung nach sehr schwer durchzu- führec. W er ist denn der im Theaterbau befähigte A rchitekt? Sehen die Herren, die diesen Wunsch aussprechen, denn nicht, daß sie da­

mit sehr viele Hoffnungen begraben? Sehen sie denn auch nicht, daß sie damit die K ritik — die Kritik — in sehr unruhige und stür­

mische Kreise hineinlenken? Ich muß sagen, meine Herren, ein Pro­

jekt, das so schwierig, das so feinsinnig, künstlerisch, programmatisch, ästhetisch behandelt werden muß, lenkt man bei seiner Beurteilung doch nicht in stürmisch erregte W asser hinein, sondern das lenkt man nach der Ansicht meiner politischen Freunde in rnhige, dabei aber tiefe Wasser (Sehr richtig! im Zentrum.)

Meine Herren, wir sind der Ueberzeugung, daß diese Voraus­

setzungen tatsächlich in der Ju ry der Königlichen Bauakademie ge­

geben sind. Einmal genießt die Bauakademie tatsächlich und mit F ug und Recht in allen Künstlerkreisen, wenigstens m it denen ich Berührung gefunden habe, vollstes Ansehen und Autorität. Zweitens, meine Herren — und damit entspricht sie auch in ihrer Zusammen­

setzung meiner Auffassung nach dom Wunsche dieses Hohen Hauses

— hat sie in der Mehrheit gegonüber den beamteten Künstlern freie Künstler. Meine Herren, ich wähle absichtlich und m it Vorbedacht hier den Ausdruck boamtoto Künstler, weil ich voll und ganz der Ansicht bin, daß die Herren Architekten, die die Ehro haben, dom Bautenministerium anzugehören, auch für sich eine künstlerische Qualität in Anspruch nehmen können. Ich stimme dem vollständig zu. Immorhin nehme ich an, daß es der W unsch größerer Kroiso ist, neben diesen künstlerischen Architekten im Bautonmiuisterium auch freie Künstler vertreten zu sehen. Meine Herren, ich glanbo, es war die Absicht — ich weiß nicht, ob sie erfüllt ist, dann kann es ja noch geschehen —, daß dem Hohen Hause die Zusammensetzung der Ju ry in der Königlichen Bauakademie zugänglich gemacht werde;

daraus würde man sehen, daß ich Recht habe, daß weitaus der größte Teil der Jury der freien Künstlerschaft angehört.

Damit, meine Herren, bin ich an den Schluß meiner Ausführungen, die sich im wesentlichen auf diese kurze Darleguug unserer Prinzipien beziehen sollten, gelangt. Ich will aber dieses Podium nicht ver­

lassen, ohne in voller Uoboreinstimmung mit meinen politischen Freunden unserer Freude darüber Ausdruck zu geben, daß wir mit allen Parteien dieses Hohen Hauses vollständig einmütig an der Er- strebung des Ideals — der K unst zu dienen — gearbeitet haben, ver­

eint in diesen Bestrebungen, die wir vor zwei Jahren zuerst in diesem Hohen Hause durch den Ruf: der Künstlerschaft eine Gasse, mehr Platz für die Kunst! vertreten haben, Bestrebungen, die nur allein dienen sollten und sollen: dom Wahren, dem Schönen und dom Guton!

(Bravo! im Zentrum.)

Frhr. v. M a ltz a h n , Abgeordneter (kons.): Meine Herren, nach .dem Verlauf, den die Verhandlung bisher genommen hat, glaube ich mich zur Erreichung des Zweckes, der Annahme der Resolution, die die V ertreter sämtlicher bürgerlicher Parteien im Hause eingebracht haben, ganz kurz fassen und erklären zu können, daß meine Fraktion einstimmig auf dem Boden der Resolution steht. Ich habe den Ausführungen der Herren Vorredner — und ich kann in diesem Falle sagen: sämtlicher Herren Vorredner — nichts hinzuzu­

fügen; ihre Ausführungen entsprachen, soweit sio eine weitere Hinzu­

ziehung, der deutschen Künstlerschaft zum W ettbewerb fordern, im wesentlichen der Anffassung, die auch ich über dio Behandlung der Opernhausbaufrage habe.

Nur ein Punkt ist mir aufgefallon. Es ist bei dioser Opernhaus­

frage immer von dem großen deutschen Interesse gesprochen worden.

Der Herr Finanzminister wird mir zustimmen, wenn ich sage: das preußische Interesse ist hier in dieser Frage ganz bedeutond beteiligt, denn Preußen soll in erster Linie die Mittel für das Unternehmen aufbringen. W ir stehen auf dem Standpunkte, daß dio deutschen und preußischen Künstler nicht darüber im unklaren sein dürfen, daß die Aufstellung der Entwurfsskizzen im großen und ganzen im Rahmen derjenigen Summen, welche für die Finanzierung bisher in Aussicht genommen waren, erfolgen muß. Ich gebe zu, daß Opern in ändern Ländern, z. B. die Pariser Oper, einen bedeutend höheren Kostenaufwand verursacht haben; aber das braucht für uns nicht maß­

gebend zu sein.

Meine Herren, ich möchte heute nach dem Gange, den die V er­

handlungen in der engeren Kommission genommen haben, zunächst dem Herrn Minister den Dank auch meiner Fraktion dafür ausspreehen.

daß er unsern Wünschen hinsichtlich Beteiligung weiterer Kreise der deutschen Künstlerschaft an dem W ettbewerb in so weitgehendem Maße durch dio eben vernommene Erklärung nachgekommen ist. Ich habe aber hier auch den verschiedenen Kttnstlervereinen und -ver­

bänden und den freien deutschen Künstlern den Dank auszusprechen, welche K ritik an den Vorentwürfen geübt haben, sowie der Presse, dio lebhaften Anteil an dieser Kritik genommen hat. Dadurch sind wir auf dem Wego zum Opernhausbau ein gut Stück weitergekommen.

Es war nicht anders möglich, wir mußen, wie in der Budgetkom­

mission hervorgehoben ist, bei der Bedeutung der Aufgabe den be­

rechtigten W ünschen der deutschen Künstlerschaft, gehört zu werden, gerecht werden. (Sehr richtig!) Das Abgeordnetenhaus hätte sich

| sonst, wenn auf der bisherigen Grundlage ein Bauwerk zustande ge-

j kommen wäre, das nicht den Anforderungen der Theaterbaukunst im Innern und Aeußern entsprach, für alle Zeiten dem Vorwurf ausgesetzt, daß es nicht alle Mittel und W ege erschöpft habe, um etwas Brauch-

! bares und Hervorragendes für das deutsche Vaterland, für eine der : größten Kultur- und Architekturaufgaben der Gegenwart zu schaffen.

(Sehr richtig!) Diesem Vorwurf konnte und durfte das preußische Abgeordnetenhaus sich nicht aussetzen. Daher war eine weitere Heranziehung der Künstlerschaft geboten. Ich glaube, die deutscho Künstlerschaft kann mit dem Erfolge, den wir an dem heutigen Tage

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erzielt haben, und mit dem Entgegenkommen der preußischen Regio-

| rung auch zufrieden sein.

Es liegt mir fern, auf die einzelnen Fragen einzugehen, die von i verschiedenen Herren Vorrednern gestreift worden sind, insbesondere auf die feststehende Platzfrage und die Frage der Mietkasernen. Alle diese Fragen sind, wie von Herrn Linz zutreffend ausgeführt worden ist, m it größter Vorsicht zu behandeln. Daß es prima vista keinen schönen Eindruck macht, wenn die neben dem neuen Opernhaus liegendon Plätze gewissermaßen zu Spekulationszwecken benutzt wer- i den sollen, das, glaube ich, werden. Sie alle zugestehen. Es ist aber

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