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Der Heimatdienst : Mitteilungen der Reichszentrale für Heimatdienst, 9. Jahrgang, 2. Oktoberheft 1929, Nr 20.

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Jahrgang lx Nr. 20

O 2.Oktobekheft1929

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Qikfetlungen der Geiehszentrale für lbeimakcliensk, Berlin M 35

(2)

Der Heimaidienst

Stresemann als historischeGestalt

Von Professor Hermann Oncken.

Eristeinehistorische Gestalt,dasempfindenwir allemit tiefer Bewegungindiesen Tagen. Sostark»undallgemeinist der Widerhall, den das HinscheidenGustav Strefemanns in derWelt erweckt: indem ganzen öffentlichenLeben derNa- tion,indempersönlichenundtiefen Asnteil,denauch dasAus- land an unferemVerluste nimmt.« Jn diesen Tagen stehtdie Persönlichkeitdes deutschen Außenministersim Mittelpunkt desWeltinteresses,wiees indemJahrzehnt nach-demWelt- kriegekeinem anderen deutschenNamen beschiedenwar. Jn- demsiedieBühnedieserWelt verläßt,tritt diegeschichtliche ErscheinungStresemanns indiehellste Beleuchtung.

Mit einem Male empfindenalle,Freund»undFeind,idie Lücke, die in daspolitischeLebenderNation gerissenwird seies,daßman rückblickenddieLeistungderletztensechs Jahre

ansich viorüberziehen läßt, seies,daßman voraus-blickser er-

wägt,wieund durchwen dieseLückeauszufüllen seinwird.

Miteinem Male wirdman sichsbewußt:hieristeinAbschnitt.

Der Iz. August 1923,"an dem Stresemann sdasAmt des Reichskanzlers übernahm, fällt-indiedunkle Zeitdes Tief- punkts deutscherGeschicke;mit dem 25. November 1923, andem eraus der GesamtleitsungderReichsgeschäfteindas entscheiden-deAmt desAußenministershinübertrat,war die Wendungnach obeneingeleitet,undindensechs Jahren seiner Amtsführung istdieLinie diesesAufstiegs,trotz aller Rück- schlägeund Nöte,nichtunterbrochen worden. Sie istauch heute nochlängstnichtabgeschlossen,aber mitdemUmschlage, derdamals einsetzte, istderName Stresemsasnn fürimmer ver- knüpft.Er gehörtder deutschen Geschichtean.

stehtunter einem ungewöhnlichen Zeichen. Stresemannwar derdritte unter den Führern seiner Partei,als solcherreiht ersichdenNamen von Rudolfv.BennigsenundErnst Basseri mann an, aber er war der erste,»der zu verantwortlicher Staatsleitung berufenwurde. Er war nochnicht dreißig Jahre alt,als er zumerstenMale indenReichstageintrat, dasjüngste MitglieddesHauses; beiseinem Hingangehatte er das fünfzigste Jahr, nach dem erstdiemeistenzsu einer hohenStellung im« Staatsleben aus-steigen,nur um ein ge- ringesüberschritten.

Die Geschichte der Ministertätigkeit Stresemanns schreiben heißtdiedeutsche GeschichtederJahre 1925 bis 1929inihren entscheidenden Zusammenhängen schreiben.Er mußteals Reichskanzlermit dem Entschlußbeginnen, am 23. September 1923»dieAufgabedes nichtweiter durchzu- führen-den passiven Wisderstandes anzukündigenund trotzdes ungesühnten französischenRechtsbruches aufden Wegder Verhandlungen zurückzulenken.Aber erhatt-edenpsychologis schenMoment erfaßt,indem dieses Einlenken, das inner- politisch unvermeidlichgewordenwar, indersichwandelnden außenpolitischenAtmosphäre auf soviel Verständnisstieß, daßwirdie fast schon gelungene französische Rheinoffensive zurückschlagenkonnten. So wurde nach derAnnahme der Sachverständigengutachtendie Londoner Konserenz vom August1924zumAnfangeines Zusammenwirkens derVölker aufder Grundlage der Gleichberechtigung Sounerträglich schwerauch dieLastendesDawesplanes waren, so erkaufte dasDeutscheReich damit doch sdenWeginsFreie,dieRettung des Rsheinesaus der schwersten Gefahrund dieMöglichkeit der inneren Konsolidierung AslsiimOktober 1925inden Verträgenvon Locarne dieUsnverletzlichkeitder deutsch-fran- zöesischenund dwtschsbelgischen Grenze feierlichanerkannt worden war, dsurfte Stresemann mitBefriedigung erklären- ,,LocarnoistdasEndedespolitischen KampfesumdenRhein.

DieWestgrenze ist jetzt gesichert.« Nach einigen Weiterungen setztedieRäumung»dererstenBesatzungszoneein. s-DieKon- sequenzder Locarnoverträgewar der Eintritt desDeutschen ReichesindenVölkerbund Damit war dieWeltverfehmung, die unsereGegner inVersaillsesüber uns verhängt hatten, formell beendet. Stresemann gewann als Vertreter des DeutschenReiches die Möglichkeit,in der Arena von Genf 350

Schon der äußere Verlauf seinerpolitischenLaufbahn

für deutsch-e Lebensfragen einzutreten und an derHerauffühs rung einer Weltatmosphärezuarbeiten, durchdiederGeist des Weltkrisegesund der FriedensschlsüsseIangsam,aber un-

aufhaltsam überwundenwurde. DerletzteSchritt war, die provisorische RegelungdesDawesplanesmitihrenallzuhohen Lastendurch eineneue endgültige Regelungzuersetzenund damit dievöllige RäumungdesdeutschenBodens sowiedie wahrhafte Liquidation des Krieges herbeizuführen. Diese Politik, inderAufstellungdesyoungplanes eingeleitet, auf derKanserenzim Haagzur Annahme der Mächte gebracht- erfülltedasletzte Lebensjahr Stresemanns. Ihren Abschluß zu erleben, sollteihm nicht vergönntsein.

Man mußdieverzweifelte deutsche LageimHerbst1923 sich vergegenwärtigen,diewilden Hoffnungen unsereswest- lichen Gegners iund die mutlose Resignation inunserem eigenenLager, um dieganz-eTragweite des Umschlagsbis zumheutigenTagezuerfassen,dadiesFahnenderFranzosen am Rheinfürimmer niedergehenunddieStunde dervölligen Befreiungnaherückt. Wer dieEntwicklungdieser sechs Jahre als einGanzesnimmt, trotz aller Enttäuschungenund Rück- schlägeim einzelnen,trotzaller Bindungen und Lasten auf lange Fristenhinaus, derwirddieKonsequenzund Stetigkeit des Aufstiegsnichtleugnen können. Man wir-d begreifen, warum derLeiter dieser Politik allmählichzurstärksten Figur in denReichskabinetten seit1923emporstieg. Indem Strese-

mann den Wechsel»derKanzlerschaften susnd der Kombina- tion-en überdauerte, erschienerimInnern und vor allem im Auslande als der eigentlicheRepräsentantder Reichs-regie- rung: nach dentastenden Experimenten und Fehlschlägender ersten Nachkriegsjahredie Verkörperungeiner neuen politi- schenKontinuität.

DieBefreiungdesRheinsunddieAbwehrderschwersten Gefahr,dieindiesem Jahrzehnt aufdemDaseinderdeutschen Nation gelastethat—- das istdas eine. Die Rückführung Deutschlands, des verfehmten und mißhandelt-en Deutsch- lands von Vers-ailles, isn den Kreis gleichberechtigter Nationen —- das istdasandere. Beide Inhaltes derPolitik Stresemasnnshängenmiteinander zusammenund stellenim Grunde eine unlöslicheEinheit dar. Wer diese seine politi- sche Leistung analysieren will, denkt zunächstandieäußeren Fähigkeiten,die er für seine Ausgabemitbrachte: die auf-

:nahmebereite Beweglichkeit, dieWittrung fürdieTragkraft desMomentes, diesuggestisve Kraft einer rednerischenBe- gabung,denSchwungeines gläubigen Optimismus,vor allem auch denstarken kämpferischenWillen,dersichallen jenenan- deren Eigenschaftennur selten zugesellt. Esmußteabernoch

etwas Höheresund Jnnerlicheres hinzu-kommen,um idiege-

samte staatsmännische Leistung Stresemanns zuermöglichen.

Die Leitung der Staatspolitik nachaußen, zumalin schweren Krisen, bedarfeiner doppelten Voraussetzunginder SeeledesHandeln-den. Einer dasGanze tragenden,aber auch in allenEinzelheiten sichtbaren Idee,einersich gleichbleibenden Substanz,aus der alles HandelnimEinzelfalle quillt. Und daneben einerzmitBeweglichkeit, NüchternheitundAusdauer durchgeführten«Ausnützung jedes Momentes, jeder Kon- junktur, ohne daßdas Ganzeund das Endzieldarüber aus dem Augeverloren wird. Eine solche isdealistischsrealistische Haltung hatdas HandelnStresemanns seit1923mitwach- sender Sicherheit bestimmtund den Kampfum den Rhein entschieden. Ergingdavon aus, daßbeidermachtpolitischen Umwälzungder Welt jedeMöglichkeit eines deutschen Wiederaufbaus andas Einschlagenneuer Wege gebunden sei:

es komme daraufan, »andieStelleder Gewalt Ldie Einsicht indas allgemeine InteressederNationen anfriedlicher Rege- lungder Gegensätzetret-en zulassen«.Ein Zurücklesnkenin die alten Wegederpolitischsmilitärisch--wirtschaftlichenMacht- entscheidung erschienihm füruns nichtnur durchunsere Machtlossigikeitversperrtz sondernbeider engen Verflechtung desinternationalen Wirtschaftslebens und der rapidenEnt- wicklungder Zerstörungstechnikzum Untergang Europas zu

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Ver Heimatdieust

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führen: »diese Zerstörung mußtevor allem DeutschlandsZer- störung sein« Also mußtediedeutschePolitik sichsmit den Ideender Gerechtigkeit undder Versöhnungverbiinden und auf dies-e Weise zunächst»dendeutschenBoden wiederbefreien-

das deutsche-Hansdelnin der Welt wieder aufeigene Fuße stellen und auchdiedeutschen Lebensnotwendigkeiten außer- halbdes Reiches unter ihren Schutznehmen«Strefemann wollte auchden SchutzderdeutschenMinderheitennichtnur als deutsche Sonderforderung behandelt wissen,sondernals Stück einer neu-en internationalen politischenEthik der

Staatengesellschast »

Aslsobegann sdsie allen geläufige BismsarckscheDenkweise durcheineneue Jdeolkoigie abgelöstzuwer-den« SowieBis- marck einst dieNationalen und Liberalen zurealistischem politischenDenken erzogen hatte, so begann Strefemann, der selberaus diesem bismarckischssliberalen Lager hervorgegangen

war und nochim Weltkriegihmrückhaltlosangehörte,eine neue Umstellsunsgei-nzu(leiten,die nichtnur inderTerminos logie, sondernauch in derGesinnung ineineidealistische Sphäre zurückführteund dochnichtwenigervon realistijchem Sinne getränktwar. Im Grunde aber war es,der ver- änderten Welt sichanpassends,eineneue GestaltderRealpolitik -Bismarcks, wie siederneuen Ebene,ausderwirals Nation

wieder emporzukommen hatten, angemessenwar.

.So sehr Strefemann von der Notwendigkeit neuer politischerMethoden überzeugtwar, sowar er doch weitent- fernt, sichs übersteigertenund doktrinären Jllusionen hinzu- geben. Erbeschritt seinen Weg,ohne dieVergangenheit und ihr-e hohenerziehlichenWerte preiszugeben. Erwar sichklar, daßindieserneuen Ära internationaler Methodennur der- jenige sicher führenwürd-e, dernational ganz festinseinen Schuhen stand. Wieer es iindenkwürdiigerStunde inGenf formuliert-e: »Der wird der Menschheitam meistendienen, der,wurzeln-dimeigenenVolke,dasihmseelischund geistig Gegebenezur höchstenBedeutungentwickelt und damit, über dieGrenzedes eigenenVolk-es hinauswachsend, der gesamten Menschheit»etwaszugeben vermag.«Mit Vorliebe vertiefte

er sichin die Zeiten der deutschenBefreiung vor hundert Jahren, aber er verhehlte sichsnicht, daß sienichteinfache Rezeptezur erneuten Anwendung darboten, sondern daßaus ihnendergroß-eZug, dieseelisch-eKraft,diersealistischeAn- passungund dieErhabenheit des Endzielszuentnehmen sei.

Auchstarke politische Persönlichkeiten sind gebunden an diehistorischeStunde, dieihnenschlägt» Zuder Möglichkeit einer großen Leistung gehörtnichtnur derMenschmitseinen Fähigkeiten, sondernauch eine Weltlage, indergeradediese und keineandere Mischungvon Fähigkeitenvon derStunde gefordert wird. Strefemanns Entwicklung zeigtnichtetwa von früh aufdieKlaue des Töiwenzeswar ehersein-e Eigen- art,daßer,immer ansicharbeitend, mitdenDingenundAuf- gabenwuchs,übersich selberhinaus. Man wirddieGesamt- leistungnichtrestlos seinerpersonzuschreiben, sondernauch

sein-erpolitischenVerbündeten inderReichsregierung, sein-er vornehmsten Mitarbeiter im Aus-wärtigsenAmte gedenken

«müssen.Asber inseiner Hand lagdoch dieentscheidende Zügel- füshrung Ermußte seine Politik nichtnur in dereigenen s ParteizurAnerkennung bringen,gegenmancherlei Bedenken;

ermußte sieinderZusammenarbeit mitdenanderen Parteien

»derjeweiligen Koalitionen aufdem zerrissenenBoden der inneren Reichspolitik durchsetzenzer hatte sieimmer von

neuem dem SpielderMächte gegenüberunter mannigfachen

Enttäruschungenzuvertreten. Sonahmer indiesen Jahren die eigentliche Schlüsselstellungder deutschenAußensund Innenpolitik ein. Diese Tatsache istvoin demAuslande wohl nochunbedingt-eranerkannt worden alsimReicheselber.

Eskann nicht geleugnetwerd-en,»daßdieDankbarkeit in der Politik keinen sicheren Platz hat. Jm Mai 1873 ist AdolpheThiers, derfür Frankreich eineinmanchemähnliche, aberimganzen unendlichvielleichtereAufgabezulösen hatte, zweiMonate bevor dievon ihmabgeschlsosseneKonvention zur Räumungdes französischenBodens durch sdie deutschen TruppeninsLeben trat, von demParteihaßderRechtenge- stürztworden, gleichalsobman ihm »die EhredesBefreiers nicht gönnen wollte. Strefemann hat denZo.Juni 1930,den Tag,andem dieerste groß-e Stufe seinesLebenswerkes sich vollenden wird,überhauptnicht erleben sollen. Eristmitten aus denKämpfenum dieVerteidigung dieserPositionheraus- gerissenworden, under mußte seitanderthalb Jahren damit rechnen,daßerjeden Tagheraus-gerissenwerden konnte. Das verleiht dem Ausgang seinesLebens und seiner historischen« Erscheinungeinen tragisschen Akzent. Wer aufdas beweg- licheund optismistischeGrundelement seinerNatur und seiner geistigen Haltungblickt,wird nichtbehauptenwollen,daßihm die Anlage zueinem heroischenLeben in dieWiegegelegt

worden sei. Unddoch hat dasSchicksal diesen heroischen Zug ihmnicht versagt und ihn damit übersichsselberhinaus- gehoben. Seit langemwar ereindemTode geweihterMann.

Vsonjederneuen Anstrengung, dieer auf sichnahm,wußten die Ärzte, daßer sieteuer würde zubezahlenhaben,und mitten indenKämpfen,dieihnbisindieletzteStunde so leidenschaftlichwienur jeumwogten, mochteersich jeden Tag fragen,oberauchnur dienächste Stufe dieses Kampfeser- leben würde,geschweigeden-njenen Abschluß,nach dem die Seeledieses deutschen Patrioten verlangte. Sostehtauch- über dem politischen Handeln dies-es letzten Jahres ein heroisches

»inserviendo consumor«.

Man swirdsGustav Strefemanns nochoft gedenken,vor allein aber an jenem Tage,wo der letzteMarschschritt fran- zösischerSoldaten jenseitsunserer Grenzenverhallt. Unter denen, diedereinst aufden Ehrentitel ein-es Befreiers des deutschenRhein-esAnspruchhaben,stehtseinName inerster Linie. Jn derGeschichteder deutschen Befreiung alseines eursopäischenEreignisses gehörter nichtnur seinemVater- lande,sondernauch derWelt an.

Bockshegehren und «-Bolksenischeid.

Von Dr. Kaisenbe rg,Ministerialrat imReichsministerium desInnern.

DerWegderReichsgesetzgebung,d. h. die Artund Weise, wieReichsgesetzenach derReichsverfassung zustandekommen,

istrechtverschiedenartig Derregelmäßige Weg istderpak. lame ntarische. Ein Gesetzentwurfwird von »der Reichs- resgierusngbeim Reichstageeingebracht, wobei sichidieReichs- regierung der. Zustimmung desRei-chsrats, derVertretung derdeutschenLänder bei derGesetzgebungundderVerwaltung des Reichs ver-g-ew-issert.Der Reichstag beschließtindrei GesungenüberdenGesetzentwurf.DieBeschslüfsedes Reichs- tags werden demReichsrat zurKenntnis gegeben-,derEin- sprucherheben kann. Dieverfassungsmäßig zustandegekom- menen Gesetzewerden schließlichvosm Rseichspräsidentenaus- gefertigt und imReichsgesetzblatt verkündet. Dieserregel- mäßige Wegkannmannigfache Abweichung-en erfahren.

Außervon derReichsregierung können Gesetzeauchaus derMitte des Reichstags eingebrachtwerden; ferner kann

der Reichsrat Gesetzesvorlagen beschließen,und das Volk selbst, nämlichein bestimmter Bruchteil der Stismmberechs ti-gten, kann dieEinbringung von Gesetzentwsürfenverlangen (Volksanregung, Initiative, im deutschenReichsverfassungss recht ,,Volksb-e g.ehren« genannt) oder denAntrag stellen (,,Antrag auf Volksentscheids«), daßGe- setzes-beschslüssedes Reichstags zur Volksabstismmung gestellt

werden. ,

Der plebisz itäreWegder Gesetzgebungdie un- mittelbare Mitwirkung desVolkes am Zustandekommenvon Reichsgesetzen, spielt sich alsonach demReichsverfassungsriecht in den Formendes Volks begehrens oderdes An- trags aiuf Volksentscheid und desnachfolgenden Volksentscheidsab.

"

Es gibtfünsf verschieden-e Fäl le desV olksents schei-ds. Der Reichspräsident kann jedes vom

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Ver Heimatdienst Reichstag beschlossene Gesetzvor seinerVerkündung zum Volksentscheid bringen. Ein solch-erkann vom Reichspräsi- denten fernerangeordnet werden, wenn zwischen Reichsrat und Reichstagin ein-er»Gesetzesfrageeine Mseinungsverschies denheitunausgetvaigen gebliebenist. AuchderR eichssrat kann einen Voxlksentscheidverlangen,wenn derReichstagent- gegen den Beschlüssendes Reichssvats eine Verfassungsände-«

rung beschlossenhat. Schließlichkannsauch- das V olk einen Volksentscheidveranlassen. Die vom Reichstagbeschlossenen Gesetze müssendem Volksentscheidunterbreitet werden,wenn es ein Zwanzigstel aller Stimmberechtigten beantragt —- Antrag auf Volksentschseid -——. Voraussetzung hierfür ist, daßeinDrittel desReichstagsdieAusssetzungder Verkündungdes Gesetzes beschlossenhat, und daßessichsnicht um den«Haushaltsplan, um A-b-gabengesetzeoder Besolsdungss ordnusngen handelt. Dies ist der Fall des sogenannten fakultativen Referendums. DieReichsverfassung kennt aber schließlichauchdas obligatoris cheRefe- rendums. Das Volk selbstkann nämlich dieEinbringung eines Giesetzentwukrfs verlangen. Dieses Ver-langenwird im Vol ksbegehre ngestellt,indem mindestens ein Zehntel aller StimmberechtigtendurchEinzeichnunsgiinUnterschsriftss listendas Verlang-en stellt, daß-derGesetzentwurfeingebracht werde. Wird die erforderlicheZahslvon Unterschriften er- reicht, so mußder Gesetzentwurf von »derReichsregierung beimReichstageingebrachtwerden. Die Reichsregierung hat dabei ihr-eStellungnahme zudemEntwurf darzulegen. Wird derGesetzentwurfvom Reichstag angenommen, so entfälltder Volsksentscheid,dasGesetz istals-oend-gültig zustande gekommen, essei denn, daßetwa derReichspräsidenteinen Violksentscheid beantragt oder derReichsrat einen solch-en verlangtoder die Verkündungdes Gesetzes ausgesetztwird und im Anschluß dar-an ein Antrag einer Volksminderheit aufVolksentscheid zustandekommt. Wird der begehrte Gesetzentwurs vom Reichstag abgelehnt oder abgeändert, so muß sich-einVolks- entscheid anschließen,d.h.das Volk selbst entscheidetend-·

gültig,obund inwelcherGestaltderEntwurfGesetzwerden soll. Wird der begehrte Gesetzentwusrfvom Reichstag ab- geändert, sowird derEntwurf inder FormdesBegehrens und in derFormdesReichstagsbeschlusseszurVolksabstim- mung gestellt.

DieReichs-verfassungkennt also zweiArten von Gesetz- gebungswegsem den parlamentarischen durchs den Reichstag und denplebiszitären durchdenVolksentscheid. Bei derRe- gelung des gegenseitigen Verhältnissesder beiden Gesetz- gesbungswegeist maßgebend gewesen, daßinall-en Fällen,in.

denen dieReichsverfassungdenVolksentscheid zuläßt, dieser immer erst stattfindet, wenn einBeschlußdesReichstags über diezuirEntscheidung stehende Fragevorausgegangen ist. Der Volks-entscheid erscheint ausnahmslos alseine Kontrolle oder alsKorrektur von BeschlüssendesReichstags. Daraus ergibt sich, daßdie beiden Gesetzgebungswege in ein ihr-erBe- deutung entsprechendes Verhältnis zueinander gebracht werden mußten. Versfassungenmit Referendum sehen meist vor, daßein bestimmter Bruchteil derstimmberechtigtenBe- völkerunganderAbstimmung teilgenommenhabenmuß,wenn dies-e überhaupt Erfolg haben soll. Eswill damit verhindert werden,daßeinparlamesntarischer Beschluß schon durchseinen kleinen BrsuchteildesVolkes uimgestoßenwird. Gegensolche Zufallsergebnissebeim Volksentscheisd mußtenKautelen ge- schaffenwerden. Wie fürdasgültige Zustandekommenvon BeschlüssendesReichstags seine BeschslußfähigikeitVoraus- setzung ist, sokommen auch bei-mVolksentscheid gültig-e Vol ksbesch-lüs se nur zustande,wenn ein bestimmter Bruchteil desVolkes ansderAbstimmung teilgenommen hat.

EinBeschlußdesReichstags kannimVolks-entscheidnur dann außer Kraft gesetztwerden, wenn sichdie Mehrheit der Stimmberechtiigten an der Abstimmung beteiligt (Art. 75 Reichsverfassung). Dies-esZahlenverhältnisvon 50 v.H.

entsprichtcderBeschlußfähigkeitszifserdesReichstags. Nach der Geschäftsordnungdes Reichstagssist der Reichstag be- schlußfähig,wenn mehr als dieHälfteder Mitglieder an- wesendist. Ein Volksentscheid,durchden entgegen einem Reichstasgsbeschlusse entschiedenwerden soll,kann alsowirk- samnur zustandekommen,wenn dieZahldergültig Abstim- menden um mindestenseine Stimme größer istalsdieHälfte der Gesamtheitder Nimm-berechtigten Hierinliegtdiebe- 552

sondereSchwierigkeit,dieder Anwendung der V-oslksgesetz-- gebung entgegensteht. Denn die Gegnereines zum Volks- entsscheid gestellten Gesietzentwurfesbrauchen,wenn der Volks- entscheid nichtvon ganz umfassenden Organisationen ge- tragen wird, garnicht zurStismmurnse zugehen. Siekönnen mitderpar-ole»Sti·mzm-enthaltung«einen Voslksentscheidweit wirksamer bekämpfenals durchAbgabe ein-erRein-Stimme

Seit Bestehen der Reich-svserfas-sung sind bisher sechs Fälle eines Volksgesetzgebungss

versfsahsrens vorgekommen, von denen keiner zu einem praktischenEniderfolg geführthat. In allen Fällenhatessich um Volksbegehrengehandelt, als-ouxmdenFall, daßseinGesetz- entwurfvon einem Zehnteldes stsimmberechtigtenVolks be- antragt wurde oder beantragt werden sollte.

Auf AntragdiesReichssibundesfür Siedlungund poch- tungwurde 1922 einVolksbegehren zugunsteneines Gesetz- entwurfs zur Ergänzungdes Reichssiedliungsgesetzes zu- gelassen. Dieses Volksbegehren istnachder Zulassungvon

seinen Antragstellern selbstnicht weiter verfolgt worden.

«

Ein späterer Antrag des gleichenReichsbundes mußteals un-

zulässig zuvückgewiesenwerden, dader ihmzugrunde gelegte Gesetzentwurfsichsals Abgabengesetzerwies. Rach Art. 73 Abs.4derReichsverfassungkann überAbgabengsessetzenur der Reichspräsidentein-en Volksentscheidveranlassen. Damit ist auchein VolkssbegehrenübereinAbgabengesetz ausgeschlossen Jm Jahre 1926 haben- die Sozialdemokratische partei unddieKommunistische Partei einVsolksbegehren zugunsten eines Gesetzesüber »dieEnteignung deir Fürsten-

v e rmöge n beantragt. Dies-es Volksbegehren wurde vom

4.bis 17.Miärz1926mitErfolg durch-geführtDerGesetz- entwiurfwurde indessenvom Reichstagse abgelehntundmußte

"

daheram 20. Juni 1926 zum Volksentscheid gestelltwerden.

Von 39757729 Stimimberechtisgtenwurden 15 040895gültige und 558995 unsgültigeStimmen abgegeben. Von den gül- tigenStimmen lautet-en 14 455181auf Ja,585714aufRein.

Die Mehrheit lder Stismmberechtigten berechnete sichs auf 19 895507. Die zur Usmstoßungdes Reichstagsbeschlusses auf Ablehnung desGsesetzentwurfs erforderlicheBeteiligungsi zifser (Art. 75 Rseichsderfassung)wurde alsonicht erreicht.

Ein im April 1926 vom S pare rbundein-gereichter AntragauseinVolksbegehren fürein Gesetzüber dieAb- lösungöffentlicher Anleihen und die Umwertung von Hypo- theken wurde abgewiesen, da derGesetzentwurf alsGesetz überdenHaushaltsplan nach Art. 73 Abs.4derReichs-ver-«

fassung anzusehenwar. Dem gleichenSchicksal verfiel 1927 ein Antrag der Reichsaribeitsgemeinschaft der Auswe rtun-g sgeschädigte n,dieein Volksbegehren für einen Gesetzentwurf zur Wiederherstellung des Volks- vermögens verlangt hatte,dader GesetzentwurfsichalsAb- gabengesetz darstellte.

Vom Z.bis IS.Oktober 1928fanddas von derKommu- . nistischen partei betriebene Volksbegehren »I)a nzer- kreuze rve rb ot« statt. Das Zehntel der Stim—m-berech- tigten wurde-bei weitem nicht« erreicht. Eingetragen haben sichnur 1216 968Stinnnberechtisgteoder 2,94v.H.

Der »Reichsau«s«sch-uß für das Deutsche Volksbegehren«,indem die DeutschnationaleVolks- partei,die NationalsozialistischeDeutsche Arbeiterpartei, der Stahlhelm und andere in Opposition zur Reichsregierung stehendeGruppen sich-wereinigt hab-en,hat nunmehr denAn- traggestellt,unter demKennwort »Frei heits gesetz«ein Voslksbegsehrsen für»denEntwurf eines ",,G»esetzesgegen die Versklavung des Deutsch-en Volkes«. zuzu- lassen.Dem Antragewurde vom ReichsministierdesInnern stattgegebenunddieEintragungsfristaufdieZeitvom 16».bis 29. Oktober 1929festgesetzt Zeichnet sichinnerhalb dieser Frist einZehntelder Stimmberechtigten indiebeidenGemeinde- behördenaufliegenden Eintragungslisten ein,so istdas Be- gehren zustande gekommen.DieReichsregierung hat dann un-

verzüglichden Gesetzentwurf bei-mReichstag sein-zubringen Als Zahlder sämtlichen Stimmberechtigten istdiebei der letzten Reichstasgswahsl vom 20. Mai 1928 ermittelte Zahl

41 278897maßgebend. Zum Zustandekommendes Begehrens

müssen sich- also wenigstens4127 890 Stimmberechtigte ein- tragen.

Der Reichsausschußhatferner eine Erklärungerlassen, wonach die ihmangeschlossenen parteien imReichstagbeider

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