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Der Heimatdienst : Mitteilungen der Reichszentrale für Heimatdienst, 9. Jahrgang, 2. Juliheft 1929, Nr 14.

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Jahrgangtx Ink. 14

D 2.Juiiheft 1929

inRommilliom zentralveklagUJIBerlinW 35

Halt-jährlich2,50 Mark-Ishtlichs,-Mark Sticheint zweimal monatlich Durchjedeskommt zubeziehen Aus DemJUHCUZDr.F.U nd ers,VasHilfsprogrammfürdieLandwirtschaft;

Dr. EugenFischer, SchwächendesSystems;Dr.Hans Müller, Das Deutschland-,dasangeblichzuüppiglebt ; W alter BerI owSk i,DieEisenbahn zwischen Bäumen,FeldernundBlumen; Dr.O tto5 te g e m a n n,50Jahrepreuß.

Ministeriumfür HandelundGewerbe ; O l b erg, Mittenwald undseine Geigenbauschnle.

Mitteilungenclek ReichszennalefürBeimatdienlt

Uschcltuck sämtlicherBeiträge nurmitOuellenangabegeltattet

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Oer Heimatdienst

s

Das Hilfsprogramm für die Landwirtschaft

NachdenBeschlüssendesReiche-was

Von Dr.F.Anders.

DieAgrarkriseinDeutschland istkeinProblem,mitdem sich lediglichdieunmittelbar betroffeneBerufsschichtausein- anderzusetzenhätte. Bei der engen VerflechtungderLand- wirtschaftmit allen Wirtschaftszweigen wir-d eine langwäh- rende Notlage der Landwirtschaftnotwendig aufalle Er- werbsschichten ausftrahlen. Einmütigkeit bestehtdarüber,daß ihrgeholfenwerden muß.Nur über dieMittel und Wege, wiediesgeschehen soll, gehendieAnsichtenauseinander. Kein Wunder, daß auchdie Urteile über diepraktischenAuswir- kungen der letztenReichstagsbeschlüssealles eher als ein- heitlich sind. Suchenwir uns einmal unvoreingenommen ein Bild zumachenvon dengefaßten Beschlüssenund ihrervor- aussichtlichen Bedeutung fürdie Überwindungoder min- destens fürdieMilderungderAgrarkrise.

Eines der schwierigsten Probleme beider Aufstellung eines landwirtschaftlichen Notprogramms war dieRegu - lierung der Getreidepreise. ImMittelpunktdes Kampfes stand hier lange ZeitdasGetreidemonopol,dasvon verschiedenenSeiten alsdiebeste Lösung angesehenwurde,um eine Stabilität derGetreidepreise aufdieDauer zuerzielen.

Die Monopolidee schseiterte schließlich,weil siein der vor- geschlagenen Formnichtzuverwirklichen war. Auchwäre

esnichtmöglich gewesen, aufdemWegedesMonopols der Landwirtschaft»diesofortige Hilfe fürdie nächsteGe- treideernte zubringen, die von allen Seiten als unbedingt notwendig bezeichnetwunde. Man mußte alsodieLösung aufeinem anderen Wege versuchen, nämlich aufdemWege der Handels- und Zollpol·itik.Wieistnun diese Regelung

gedacht? .

Durch eine Verordnung der Reichsregierung vom 2.Juli 1929, diemit Zustimmungdes zuständigen Reichs- tagsausschiusses erlassenwurde undam Io.Julid.J.inKraft getreten ist,werden zunächstdie Zwischenzölle für Getr eide beseitigt. Dadurchwerden diederzeitigen Zölle für Roggenivon 5auf6RM-..,für Weizenvon5auf6,50RM., für Hafervon5auf6RM jedzerhöht. Diesgilt jedochnur

für Vertragsländer. Für Länder,mit denen wir keinen Handelsvertrasghaben,wiez. B. Kanada und Australien,er-

höht sichder Zollfür Roggen und Hafer auf7RM., für Weizen auf7,50RM. Nebenbei sei bemerkt, daßdieFutter- mittelzölleim Interesse der kleineren und mittleren Land- wirtschaft unverändert bleiben. Durch dieKündigungdes Handelsvertrages mit Schweden zum 15.-Februar 1950ist gleichzeitigder Wegfreigemacht fürdas Inkrafttreten der autonomen Getreidezölle.

Wichtigist fernerAufhebung derBindung desMehls zolles in dem Handelsvertrag mit Frankreich-. Der ein- schlägige BeschlußdesReichstages gibtder Reichsregierung dieErmächtigungzurvorläufigen Inkraftsetzung einer neuen Vereinbarung mitFrankreich (zunächstfüreinhalbesJahr) und zu einer neuen autonomen Zwischenzollregelung für Mehl (unter Aufrechterhaltung der bisherigen Relation zwischenGetrei-de- und Mehlzoll). Durchdasam 27. Juni abgeschlosseneZusatzabkommen zum deutsch-französischen Handelsvertrag istdiebisherige Bindung des Mehlzolls auf 11,50RM. jedzbeseitigt. DurcheineRegierungs-verordnung, dieam Io.Juli inKraftgetreten ist, ist gleichzeitigderauto- nome Zoll für Mehl aufIrr-SoRM. jedzfestgesetztworden.

Weiter istbeschlossenworden, den Vermahlungszwang mit der Möglichkeitdes Beimiahlungszwanges für Weizen einzuführen.DurchgesetzlicheRegelungwevden diedeutschen Mühlenangehalten, mindestensZov.inder Zeit vom I.AugustbisZo.November sogar40v.H. deutschen Weizen zuver-mahlen. Fürden Fall, daß dieser Zwangnichtaus- reicht, um dieNachfragenachdeutschem Weizenentsprechend zusteigernundfürdiedeutsche Landwirtschaftrentable Preise zuerzielen, istderReichsministerfürErnährungund Land- wirtschaft ermächtigt,anzuordnen, daßdie deutschenMüshlen beiderHerstellungvon Weizenmehlzum mindesten30v.H.

250

deutschen Weizen verwenden. Diesen letzten Schritt aber hofftderReichsministerfür Ernährung und Land-wirtschaft vermeiden zu können, da ihmu. a.dieGroßmühlenimRhein- lande zugesicherthaben,daß sieinZukunft jährlich300000 t deutschen Weizenmehr vermählen wollen.

Schließlich hatder Reichstag zurBewegung der

Getreideernte fürdieZeit bis zum 51.März1930

einenFür Betragden gleichenvon ZZZweck sollenMillionen RM.im zurHaus-haltVerfügung gestellt.des Reichs- ministeriums fürErnährung und Landwirtschaft für das Etatsjashr 1930J31weitere 7,5Millionen RM. bereitgestellt

wer-den. «

Esist anzunehmen, daßdiegenannten Maßnahmen,die sofortin dieTat umgesetztwerden, dazu beitragen, fürdie Landwirtschaft eine günstigere preisbasis sowieeine bessere allgem-eineLage auf dem Getreidemarkt, vor allem für Weizen,zuschaffen. Aufkeinen Fallaberistmiteiner der- artigen preissteigerung zurechnen, daßeine Verteuerung desBrot-es befürchtetwer-den müßte.

Um dieBedeutung dieser Hilfsmaßnahmen für diege- samte Landwirtschaft beurteilen zukönnen,mußman davon ausgehen, daßdieGetreidewirtschaftzwar einen bedeutenden und wichtigenTeil derdeutschen Landwirtschaft darstellt, daß sieaber insgesamtnicht mehr als25v.H.desGesamtwertes derAgrarproduktion ausmacht. Weit wichtiger,insbesondere fürdiebäuerliche Wirtschaft, istdieR indvieh-,Milch - und Schweineerzeugung Diesedrei großen pro- sduktionszweigeerreichennahezudrei Viertel desGesamtwertes aller·agrarischen Erzeugnisse. Das Notprogramm desReiches mit dem daran anschließen-denProduktionsumstellungss und Absatzförderungspr«o.gramm,dasimganzen auf fünf Jahrebe- rechnetistund eine Gesamtaufwendung von 100 Millionen Reichsmark bedeutet, sieht hauptsächlich auf dengenannten Gebieten organisatorische MaßnahmenzurVerbesserungder produktionund zur FörderungdesAbsatzesingroßemUm- fangevor. Wir stehenbereits mitten ineiner vollkommenen Umstellungder Milch- und Molkereiproduktion und damit auch ineiner ReformderVieh-wirtschaft überhaupt. Fürdie erfolgreicheDurchführung dieserArbeiten istein vorüber- gehend verstärkter Zollschutzgegen diewachsende Konkurrenz des Auslandes erforderlich. Mit Rücksicht darauf hat der Reichstagbeschlossen,den Butterzoll, der bisher auto- nom 30 RM. undfürdieVertragsländer27,50 RM. jedz betrug,vorübergehend auf50RM. jedzzuerhöhenmit der Maßgabe, daß dieser Zollsatzin den Handelsverträgenbis zum 31.Dezember1933 überhauptnicht, biszum 31.De- zember1935nichtunter 49RM. undvon daabnichtunter ZoRM. jedz ermäßigtwer-den darf. Der Zoll für Rahm soll zweiDrittel des ZollsatzesfürButter be- tragen. Der erhöhteButterzoll istals Erziehungszoll ge- dacht und sollder deutschen,überwiegsendin Klein- und Mittelbetrieben gepflegtenMilchwirtschaft dieUmstellungzur Qualitätserzeugungermöglichen. In denDienstderQuali- tätsverbesserungwird sichauch das neue Reich smilch- gesetz stellen,das demnächstdemKabinett zugehen wird.

Das Zielaller dieser Maßnahmen ist,dieinländischeMilch- und Butterproiduktion nach und nachsozusteigern, »daßsie inderLage ist,dieEinfuhran Milch-undMolkereiprodukten, fürdiejährlichimDurchschnittrund 500 Millionen RM. ins Ausland wandern, allmählich zuersetzen.

Die Anglseichsung der Lebendviehzölle an die Fleiss chzölle mußtebis zur Herbsttagung des Reichstages zurückgestelltwerden, weildieRegierungsparteien sichdarüber einigwaren, daßeine sofortige Regelung mit Rücksicht auf diebestehendenhandelspolitischen Bindungen nicht möglich sei. Es istaber ein Ausschußantrag an- genommen worden, mitDänemark in Verhandlungen einzu- treten, um dieEinfuhr von dänischemRindvieh, dieinden letztenJahren in erheblichemMaße aufdiedeutschenVieh-

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DerOelniaidienst

märktsegedrückthat, in«·denMonaten AugustbisNovember einzustellen. Eine ähnliche Regelung hatbereits vordem

Kriege bestanden.,. »

Das bisherige zollfreie Kontingent von Gefriers sleisch inHöhevon 50000 tsollauchferner beibehalten werden, dadieReichsregierung aufdemStandpunktsteht, daßwirimInteressederminderbemitteltenBevolkerungvor- läufig aufdieEinfuhr von Gefrierfleischnichtganzver- zichtenkönnen. Jm übrigenhat derReichsministerfürEr- nährung und Landwirtschaft im Reichstage daraufhin- gewiesen, daßdieBedeutung des Gefrierfleisches im all- gemeinen zuhocheingeschätztwürde. Gemessenan demGe- samtfleisschiverbrauchderBevölkerung inDeutschland,mache das zollfreieGefrierfleisch nur annähernd2v. aus.

Schließlich seinoch bemerkt,daßeiner sofortigenBeseitigung des Gesrierfleischkontiiigents eineVerordnung des Reichs- ministersdes Innern vom 2.November 1925entg«egensteht, diemitRücksichtaufdieEinrichtungen, diederGefrierfleisch- handel getroffenhat, dieerleichterte Einfuhr von Gefrieri Hei-sehbiszum 51.Dezember1953sbefristet.»

Von derdeutschen Landwirtschaft ist vielfach Klagedar- übergeführtworden, daßdasmit derViehhaltung ohnehin verbundene Risikodurchdie Seucheneinschleppungaus dem Auslande erheblichvergrößert wird. UmdiesemÜbelabzu- helfen, istvor allem eine einheitliche Regelung der vetserinäsrpolizeilichen Maßnahmen erforder- lich. Mit Rücksicht darauf hatder Reichstag vor einigen Tagen das GesetzzurErgänzungdes §4des Reichsviehs seuchengesetzesvom 26. Juni 1909beschlossen. Danachkann dieReichsregierung über dieErrichtungvon Seegrenzschlacht- häus—ern,über den Betrieb inihnen,über dasvon denLändern bei derEinfuhr von Viehin dieSeegrenzschlachtshäuserzu beobachten-deVerfahrensowieüber denVersandvon Fleischaus SeegrenzschlachthäussernBestimmungen treffen. Siekann zur Sicherstellungeiner gleichmäßigenHandhabungder Bestim- mungen einen Reichskommissarernennen, sder seineAn- weisungvom Reichsminister desInnern im Einvernehmen mit dem Reichsministerfür Ernährung und Landwirtschaft erhält. Angenommenwurde fernereinGesetzzur Anderung des. Gesetzes über den Verkehr mit Vieh und Fleisch. Danachwer-den die fürdenVerkehrmitVieh und Fleischnochgelten-den Sonderbestimmungen über die Untiersagungdes Handelsbei Unzusverlässigkeitaufgehoben;

inGeltung bleiben dagegen dieallgemeinen Bestimmungen der Verordnung über Handelsbeschränkungen.Die Ver- pflichtungdes preisaushanges wir-d aufgehoben. Dagegen mußdasGefrierfleisch auchinZukunftalssolches bezeichnet werden.

ZumSchutzedesdeutschen Frühkartoffelbaueswird der höhere Zoll für Frühkartoffeln um einen Monat.

biszumZi.August, verlängert. AußerdemwirdderHerbst- kartosfelzoll,derhandelsvertraglich nicht gebunden ist,von 1 RM. auf2RM. erhöht. Durch diesen Zollwird einwirk- samer Schutzdesdeutschen Kartoffelbaues, besondersinden östlichen Provinzen, gegen dieandrängende Konkurrenzdes Auslandes geschaffen ssein.FürdiestädtischenVerbraucher werden sichhieraus Nachteilenichtergeben, da die deutscherf Landwirtschaft ohneSchwierigkeiten in der Lageist,den«

heimischen Bedarfaus dereigenenErzeugungzuangemesseii nen preisenzu decken.

Die im Dezemberv. J. geschaffene Neuregelung des- Zuckerzolles, dieneben einem wirksamen Schutz der deutschen Zuckerproduktioneine ausreichende Sicherungder Verbraucher gegen eineVerteuerung desJnlandszuckersent- hält, istmitRücksicht auf verschiedene Schwierigkeiten, die sich inzwischen ergebenhaben, ingeringem Umfangeverändert worden. DieNovelle zumZuckerzollgesetzbestimmt, daßder Richtpreis von 21sRM. fürden ZentnerfürdieMonate Januar bis September einschließlichum 15pf.jeMonat (zur Deckungvon Unkosten) erhöhtwir-d. Außerdem liegteine ErklärungdesReichsfinanzministersvor,wonachderFutter- zucker steuerfreibleiben soll.

DieDurchführungderhier betrachteten Hilfsmaßnahmen desReichesläßt,imganzen gesehen,eineinsGewicht fallende BesserungderLage unserer Landwirtschaftundeinen wesent- lichen Fortschritt aufdemWegezurÜberwindungderAgrar- krise erhoffen. Voraussetzung bleibt jedoch, daßdas vom Reichstag beschlossene Hilfsprogramm bei allen beteiligten Kreisendie Unterstützung findet,diezuseinervollen Aus- wirkung notwendig ist. Namentlich wird dieLandwirtschaft selbstmitallen ihr zu Gebote stehendenMitteln daran -mit- zuarbeiten haben,ihre produktion zukräftigenund denAb- satzverhältnissenentsprechend umzugsestalten. Das gilt vor .

allem auchfür das wichtigeGebiet der Standarsdisierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Die große Agrardebatte imReichstag während derletzten lWochen hat jedenfallsder deutschenLandwirtschaft aufs neue gezeigt, daßReichs- regierung und Reichstagnichtnur volles Verständnis haben fürdieNöteund Sorgendes Landwirts, sondernauchden entschiedenenWillen, imRahmendergebotenenMöglichkeiten helfendeinzugreifen. Daßder deutscheBauer es beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft an eigenen Anstrengungen nichtfehlen läßt, haterin denletzten Jahrenzur Genügebe- wiesen. Man darfdaherhoffen, daß unsere Landwirtschaft, wenn auchnichtalleihreErwartungen inbezug aufdasNot- programm desReichesinErfüllunggegangen sind,mitneuem Mute ans Werk geht,um ihre produktion zuverbessernund sodasdeutscheVolkvon derEinfuhr ausländischer Nahrungs-

mittel nach-und nachunabhängigzumachen. -

Schwächendesalten System«

"

Veröffentlichungendesparlamentarischen Untersuchungsaneschüsseeüber:Oaaaer Friedenskonferenzen

soziale Heeresmißstände,Annexionsfraaen desWelikrieaet Von Dr.Eugen Fischer.

Es wird wahrscheinlicheinmal füreinRuhmesblatt der deUtschenNachkriegsperiode gelten, daßnach demZusammen- bruchdesReichsdieVolkssvertretung eine Kommissionzur unerbittlichenNachprüfungderUrsachendesgroßen Ungliücks eingesetzthat. Diese Kommission istderishrgestellten Riesen- angabe nicht erlegen,sondern hat überalle Hauptfragen Material gesammelt, Zeugen vernommenund, soweit es Möglichwar oder nochist, Ergebnisse festgestellt.Kein Mensch bildet sichdabei ein, Urteile zu finden,diespäterenGe- schlechternals end-gültig erscheinenwerden. Aber es istein Anfanggemacht, zu idem wir,alsZeugenderEreignisse,um dergeistigenund sittlichenTradition willen verpflichtet sind.

Wirallein können von einer Vergangenheit,diebald niemand mehr kennen wird, zueiner Zukunft, von derwir nichts wissen,alsdaßwir sie vorbereiten, dieBrückeschlagen.Ge- fWkß,unser ganzes Schrifttum erfüllt diese Aufgabe. Aber

ohneZweifelistdemUntersuchungsausschußein Hauptteil davon zugefallen.

Nacheiner Zugentgleissung,einein Schiffsunglück geht esum die Frage,obeinzufälliges Versagenvon Menschen und Material dieUrsachewar, odereinFehlerin derAnlage, im System.UnglücklicheZufälle lassen sichnie ganz aus- schalten, Fehl-er in der Anlage, Schwächendes Systems könnenabgestelltwerden· Auf sie richtet sichdes-halb beijeder solchen UntersuchungdasHauptinteresse. Nicht anders istes beiderUntersuchungdesungeheueren Unglücks unseresStaats- « schiffs,von demwirnoch kaum sovielAbstandhaben,um es

auchnur ganzzuübersehen,das uns abertäglichleiden und stöhnenmacht. War dasUnglückdieFolg-edesaltenSystems?-

«is·

DieFrage wurde gestellt zunächst für zweider bekann- testen Ereignisseaus der entfernteren Vorzeit desKrieges.

·

AlsdasUnglückdesKriegesseinen Lannahm undschließlich 251

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Der Heimoidienst

vorüber war, erinnerten sichallezeitgenossem es prophezeit zuhaben. Solche Nachprophezeiungenstehenim allgemeinen nichthochim Wert. Aber wenn sich jemandfrüher auf denMarkt gestellt,-gewarnt, geraten, Hohnund Spottge- erntet undnachher Recht bekommen hat,so isteskeinWunder, wenn sich solcher Menschenund ihrer Unternehmungen die Segen-de bemächtigtsunddas verlorene Heilinihnenbeklagt.

Sogestaltseten sichinderVolkspshantasiedieHaagerKon- ferenzsen von 1899und 1907zuVersuchen,derWelt den Friedenzugeben,dievon FeindenUndVerächtern des guten Geistes gestörtwurden. Als Hauptfeind erscheintdabei die kaiserlich deutsche Regierung. Sohatesdiefranzösische,eng- lische, amerikanischepresse währenddes Krieges »der Welt eingehämmertund damit nicht nur außerhalb unserer Grenzen, sondernauch in Deutschland selbstGlauben ge- funden. Daskaiserliche Deutschland solltedurchseinenMili- tarismus und seine Herrschsucht schon1899 und 1907 die WeichenstellungindieWelt der niedergelegten Waffenund des internationalen Rechtszustandes, nachderdieandern

strebten,verhindert haben. «"

Diese Tegendeund dieinihr liegendeeinseitige Anklage desfrüheren deutsch-en Systemshat der Untersuchungsausschuß einmütig,unter Vorsitzeines Sozialdemokraten,als unzu- trseffend verworfen. Ervermochte nachgenau-er prüfunsgdes Verhaltens sämtlicher Regierungen zu den Fragen der Rüstungsbeschränkung und der Schieds- .ge richtsbarkeit keinen wes entlichsenUnterschied zwi- schen Deutschlandund seinenihmdamals schon gegenüber- stehenden künftigen Widersachernzufinden.

»Der eigentliche und wesentliche Gegen- satzimZeitalter vor demsWeltkriege war nicht

der eines kriegerischen Deutschlands gegen-

über den andern friedliebenden Mächten,

sondern der der Existenz aller Staaten als militärischer Machtfaktoren und ausdeh- nungsbegsieriger Wirtschaftskräfte auf der

einen, der Friedensbewegung als Sehnsucht

der Völker und Aktion bestimmter Vereini-

gungen und parteien auf der andern Seite..

RichtnurDeutschland,sondernnicht minder auchdieandernGroßmächtehabenanidemGes dankendernationalen-Souvseränitätundan

dem Recht,Leb-ensfragen mitden Waffen zu

entscheiden, stets festgehalten. Keinevon

ihn-en war gewillt, auf ihre bewaffnete

Machtzu verzichten undsich unter eine all- gemein-e, mit Vollzugsgewalt ausgestattete

Rechtsautorität zu stellen. Sofern die im-

perialistischen Mächte, die eine mehr, die an- dere weniger, Zugeständnisse asn die Ideen der Abrüstung ,und des Schiedsgerichts machten, wurde dochdas prinzip des Krieges

von ihnen niemals angetastet.«

Dieser Satz trifftdoch wohlinsSchwarzeundkann dem berechtigtenKampf gegen dieVersailler Geschichtskonstruk- tionzals habedieWelt aus Engelnund einem Teufelbe- standen,zumprogramm dienen. Allesamtwaren dieRegie- rungen und Staaten weder EngelnochTeufel, sonderninden Kampf um ihrewirklichen odervermeintlichen Lebensinters essenverstrickte Kollektivpersonen, die den Ausweg der Unterordnung unter eine gemeinsameAutorität weder da- mals fanden,nochbis heute gesund-enhaben. Fürdamals ist als erwiesen festzuhalten: Es ,ging nicht um

»Abrüstung«, sondern um einen vorübergehenden Rüstungs- stillstand,»denvor allem die zu denKonserenzen einladende russische Regierung 1907soebenaus demKriegmitJapan zurückgekehrt—- nötig hatte. Aber selbst für diesen Waffen- stillstandderBewaffnungließen sich Formeln, beiden-enkeine Nation inNachteil geraten wäre, nichtfinden. Die Schieds- gerichte ferner,dievorgeschlagenwurden, sollten für »Ehren- und Interessenfragen«,dasheißt füralle Streitigkeiten, aus denen Kriege entstehenkonnten,ni chtgelten.Man kannmit Sicherheitsagen, daßdieWeltpolitik durchdie Annahmedes obligatorischen Weltschiedsvertrags, wie er 1907 vor- geschlagenund von Deutschlandund andern Mächtenab- gelehntwu.rde,nichtbeeinflußtworden wäre. Wie Deutsch- landhier, sohabeninandern Fragen England und Amerika 252

menbruchses:

gegenRechtsbestimmungenoderSchiedsverfahren,dieinihr e

Interessen einzugreifen drohten, Widerstand geleistet.Ein e n

Vorwurf allerdingsglaubte der AusschußderfrüherenRe- gierungmachen zumüssen.SiehättemehrSorgfaltdaran verwenden sollen,denS chein zu vermeiden, als widerstrebe sie grundsätzlichdenpazifistischen Ideal-en. Das führt aufein modernes problem: dieBehandlung »deröffentlichenMei- nung. Auf diesehabensich monarchische Regierungen immer schlechter verstanden,weil sie sich weniger von ihrabhängig glaubtenalsparlamentarische:bisRevolutionen siebelehrten.

"

Soviel über»dieHaager Friedenskonferenzen. Wiesteht

es mitder andern Anklagegegendas alteSystem, daßun-

sozialer Geist ism Ofsfizierkorps und einmit diesem Geist zusammenhängenderAnnexi onswille den Zusammenbruch wesentlich mitverschuldet haben? Diese Fragenhabenden Untersuchungsausschußdurchviele Jahre beschäftigt,und erhatsieinseinen Entschließungen mehrfach berührt. Soheißtesüber dierevolutionäre Entwicklung in derMarine:

,,Ursacheder mit der Dauer des Krieges wach-senden Mißstimmungwar auch dieüberzeugungder Mannschaften, daß berechtigter AnlaßzuKlagenüberVerpflegungund Be- handlung seitensderVorgesetztenvorhanden seiund daßdie VerschiedenheitderLebenshaltung an Bord (MesseundBack) sowohlwieanTandbeibesseremWillen derVorgesetzten hätte ausgeglichenwer-denkönnen«, und inderEntschließungüber dieallgemein-enUrsachenund Hergängedesinneren Zusam- ,,Das bestehende Regierungssystem und das Staatsbürgerbewußtseinweiter Kreise befand-en sich schonvor demKriegeinzunehmenderSpannung. DerKriegsausbruch hat die Unaussgeglichenheiten inVolk und Staat vorüber- gehendzurücktreten lassen. Innerlich blieben sie bestehen.

Unter dem Eindruck des Kriegsgewinnlertums und der schweren Mißständein der Tebensmittelversorgung begann derGedanke desKlassengegensatzesund der Wille zumKlassen- kampfdieArbeitermassenaufsneue zuergreifen. Die Un- zufriedenheit fandihrenstärkstenAusdruck inderFormel,daß der Kriegohne Not fürdieInteressen der Besitzendenver-

längertwerde.« -

Die jetzt veröffentlichtenBände enthalten Sachverstän- digengutachten,diedemAusschußzuspät eingereichtwurden, um nochGegenstand seiner Verhandlungen seinzukönnen.

Aber siebieten hochinteressantesMaterial und wichtig-eUr- teile. Während professor Martin Hobohm auf dem Standpunkt steht, daß ,,D-eutschlandsWehrsysteman seinen eigenenOrganissationsfehlern zugrunde gegangen is«und er zu dem Schlußkommt: »Man glaubtenichtan ernstlich-e Fehlerdes Heeres. Man erfaßte keineswegs, »welcheGefahr darin lag,daßdie jahrelang operatiiv überlastetenMann- schaften auchnochdurchmilitaristisch-reaktionäre Mißgriffe erbittert wurden. Umsolcher Rücksichtenwillen imHeerein- schneidende Änderungen vorzunehmen, wurde aus derselben unsozialen Offiziersmentalität herausfür unnötig, ja schädlich erachtet,welchean denMißständendieHauptschsuld trug«, ist der Sachverständige Archsivrat Erich Volkmann der An- sicht: »Denvon Hobohm angestrebtenBeweis desVorhan- denseinsder angeführtenMißstände halte ichfür erbracht.«

AbernichtdasWehrsystem istdaran schuld gewesen, sondern:

»Die unerhörtenVerhältnissedes Krieges schufen Zustände- denen gegenüberdieWiderstandskrast des gesunden Heer- körpersimmer mehrerlahmte.« DieÜbereinstimmungbeider SachverständigenüberdenTatbestand selbst istbemerkenswert.

Auch in dem Annexionsverlangen weiter

Kreise des Offizierkorps und Volkes siehtHobohm eine wesentliche Mitursachedes Zusammenbruchesund Verlustes des Kriegs. Seine endgültigen Formulierungen liegenaber nochnichtvor Und könnenerst später veröffentlichtwerden.

Volkmann kommt zudemSchluß: »Die Annahme, daßdie Annexionspropaganda derAllsdseutschendazubeigetragen habe, eineausreichen-de undrechtzeitige Verkündigungdes deutschen Verständigungswillenszu verhindern, kann in beschränkter Weisezutreffen. In außenpolitischer Hinsichtverliert diese Tatsache insofernan Bedeutung, als mit der Ankündigung desdeutschen Verständigungswillensallein janochnichtser- reichtwar. Damit fälltauch dieweitere Schlußfolgerung, daßderKriegwesentlichdurch diedeutsche Annexionspropa- gansda verlängertworden sei.« Innerpolitisch findetVolk-

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