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Der Heimatdienst : Mitteilungen der Reichszentrale für Heimatdienst, 9. Jahrgang, 2. Dezemberheft 1929, Nr 24.

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Jahrgang IX Nr. 24 2.Dezemberhefi1929

Lknoleumfchnitt von Evmätk W ejhUaHt Hw UU de k

(2)

Qer Heimatdienst

Für den Deutschen ist derChristbaum nichtvom Weih- nachtsfestzutrennen. Jstes danicht seltsam, daßniemand weiß, woher die Sitte des lichtertragendenTannenbaumes stamth Man behauptet, er seieinaltgermanisches Symbol fürdieSonnenwende, von der sieghaften Kirche klug bei- behaltenundmiteinemHeili- genschein versehen —- wie mancher andere heidnische Brauch. Aber wie will man es beweisen? Der Lichter- baum stehterstinallerjüng«

siedelt sind,dabrennt auch der Christbaum. Ofthat

man nur einen exotischen

Ersatz für die nordische Tanne. Im alten Berlin, ehe die Eisenbahn die ThüringerTannenüberallhin versandte,behalfman sich mit hölzernen pyramidem diealsTräger fürdieGe- schenke dienen undzugleich alsLeuchter.

Heute istesdenStadt- menschen nicht mehr bekannt, das derChristbaum ursprüng- lichamFestmorgenbrannte.

Meisnuchtsblfdeu -

Von Elly Heuß

Titelblatt eines Weibnachtsbüchleins ster Zeit auchinderKirche.

. Eientlich eört er in

Chodowiech diegWohnstgubhe.Keinerlei

sichere überlieferung sagt etwas über germanische häusliche Festsitten aus. Wir wissen auch nicht, wie alt der Christbaum ist. Er wird zuerstin einer

Chronik aus dem deutschenElsaß er- wähntzurZeitdesDreißigjährigenKrie- ges. Dasbeweist nicht vielübersein Alter, aberesistdieerstesicherehistorische Quelle.

DerDichter WilhelmSchäferwilluns davon überzeugen, daßerdieEscheyggdrasillaus derEdda verkörpere,denWeltenbaum, der freischwebt.Warum aber schmückenwir dann nichteineEscheundfeiern ihr Festzur SommersonnenwendeP —- Jmmerhin ist aufeinem Kupfervon Chodowieckiaus dem Jahre 1820 einTichterbaum zusehen,der

an derStubendecke hängt. Es muß also

auch solcheSitte gegeben haben. Weit ver- breiteter istdasBöumlein aufdem Tisch oderdergroßeBaum inderEckedesZim- mers, derdengewohntenRaum mitinniger Feierlichkeit weihtunddoch auchmitkind- licherFröhlichkeit.

Dieseseltene Verbindung mahntanTuthers Ween. Somag Luthers

Dahernennt sichdieRa- ·. «

dierungvon Kellnerx »Das Christbescherenundderfröh-

Wenn die

IicheMorgeng-

Ludwig Nichter:»DieMutter amChristus-end- und dieErwach- großenKinder senenaus derFrühmettekamen, dieKleinen eben erwachten,

dann zündete die Mutter dieKerzendes Baumes an. Sie tragendieVerkündigung ins Wohnzimmer: »DasLicht scheinetin der Finsternis« Und alle guten Gaben, dieElternliebe denKindern aufbaute,sind nur einGleichnis fürdas große Geschenk Gottes an dieMenschen: ,,Euchist heute einKind geboren.«Dieser echteSinn des Christbaums, dem nichtsHeidnisches, kei-

nerlei Magie und Uberglaube anhaftet,

strahlt am hellstenaus den Bildern von TudwigRichter. Man muß einmalver- gleichen,wieRichter und wie Chodowiecki das Thema von der Mutter am Christ- abend behandeln. Beide illustrieren das alemannischeGedicht von Johann Peter Hebel. Der weltläufige, elegante Chodos wiecki läßt dieMutter einlebendes Bild stellen. Die Geschenkein ihrem Schoß, nichtderChristbaum,rückenindenMittel- punkt. Überdeutlich drückt ihre Handbewes gungaus, was dertreuherzige Dichter sagt:

,,Kinderlied an Weihnachten zusingen«, wirklich zum erstenmal erklungen sein:

»VomHimmel hoch,dakommich her.«

-

In katholischen Gegenden istder Christbaum nochnicht lange zu Hause;

ja,er giltvielfachals ausgesprochenlu- therisch Unseiner Stellewurde die Krippe ausgebaut, an der oftGenerationen in wochenlanger Winterarbeit gearbeitet haben- Heute haben sich dieseUnterschiedever- wischt.DerChristbaumistallen Deutschen gemeinsam,auchsolchen,denen dieWeih-

nachtsbotschaftkaummehrbewußtistalsGoldgrunddesFestes,oder diesie bewußt überhörenwollen. WoDeutschein der weitenWeltanaes

»F- LudwigRichter

Jos.Kellneu »Das Ebristbescherenundverfröhliche Morgen«

XH

»Christnacht«

»Er schläft,erschläft!

DulieberEngel,was ich bitt, Bei LeibundLeben, erwachmir nit, Gott gönnt’smei’m Kind im

Daliegterwie einGraf.

Schlaf...

Aber bei Richter spürtman dieein- fältige,innigeMuttermühund-sorge, die«

auchdise Rutenichtvergißt:

lieb istzartund frumm,siewindet rote Bändle drumundmachteinSchlüpfledran.«

»DochMutter-

UndiesemBaumhängendieheimatlichenroten Äpfel.

,,’sistwahr, es ist’nePracht, was soein Apfellacht;

undistder Zuckerbeck ein Mann, somacher soein’,wenn

erkann!

Der lieb’ Gott hat ihn

Was habich

me rD

einTaschentiichle, weiß

untdro,

eins von den

schönen.

OKind,vorbittern Tränen bewahrdich Gott, bewahr dichGott!

Hier ist die vollste Über- einstimmung erreicht zwischen demDichterunddemZeich- ner,derseine Bücher schmückt.

Beide zeigen die fromme Innigkeit und den freien Humordeswohlgefestigten, und das

,

LudwigNichter:AufdemDresdner Weibnachtomartt

«-

(3)

Dei-«Heimatdienst

kleinstädtischendeutschen Bürgersund Bauernhauses. Aberbei beiden istin alle ihrerBescheidenheitgroßes Können, jaechte Kunstwirksam. InderRadierung »DieChristnacht«wächstder gemütvolle Ludwig Richter zukompofitionellerGröße.Wie hier RuheundBewegungwechseln, LichtundSchatten sich verteilen,das

mahnt an Correggio. Und dochist diesesBild soursprünglich deutsch, daßeswohlgenügenmag,um inderHeimatwieinder Fremdejedem Deutschenans Herzzurührenund daszuwecken, was auchdesWeihnachtsfestesInhalt ist:dasHeimweh nachdem

FriedenaufErden. « "

Die Aktenpublikaiion Osterreich-tlngarns.

Von Karl Schwendem«ann.

InWien ist soeben, ohne daßes vorherangekündigtundvon derÖffentlichkeiterwartet wurde,eine großeachtbändigeAkten- veröffentlichungüberdieöfterreichischsungarischeAußenpolitikvon 1908—1914 erschienen.Damit istderKreis dervon Anfanganam Weltkriege beteiligtenGroßmächte,dieihreGeheimarchivegeöffnet haben,vollständig.NachdemDeutschlandinein-ermonumentalen Aktenpublikatsionvon54Bänden allewichtigen diplomatischenGe- heimdokumente aus derZeitvon 1871——1914veröffentlicht hatte, sahenich auchdieanderen Großmächte dazugezwungen. Von der englisenAktenpublikation liegenbereits sechsBände vor,diemit demJahre 1898beginnen,von derfranzösischen,dieebensowiedie deutschemit 1871anfängt, erst zwei Bände,undessollen50bis 40werden. In Rußlandsind zahlreiche Einzelverösfentlichungen

von Aktenmaterial vollzogen worden, und eine große aufetwa 40BänsdeberechnetePublikation, dieschonmitderZeitdesKrims krieges,mit demIahre 1855,beginnen soll,isttangekündigtund inVorbereitung. Auch Italien hateinumfangreiches Aktenwerk angekündigt.Sofehltevon denGroßmächtennur nochGsterreichs Ungarn, dasdenKrieg ja nichtüberlebt hat. ManYhätteesver- stehen können,wenn deshalbdieWiener Aktenschränkegeschlossen gebliebenwären. Aber dieGeschichtsforscherdesheutigenÖster- reich hieltenesfür ihre Ehrenpflicht, auchdiealteDonaumonarchie indiesem europäifchenAktenkonzertzurGeltungzu bringen,trotz- dem dieStimme desHabsburger Reiches heuteimKonzert der europäischenMächte fehlt. Siehaben sieineindrucksvoller Weise noch einmal erklingenlassen! DieachtBände ihresimBundes- verlaginWien mit dem Titel ,,Osterreich-Ungarns Außenpolitik 1908——1914«erschienenen Werkes,zudem in BäldenocheinRegister- bansdkommen wird,enthalten 11 200diplomatische Dokumente,also etwa nur4500 wenigeralsdie54bändige deutsche Aktenpublikation.

Mit größterSparsamkeitanRaum und Beiwerk wurde dieFülle desMaterials von denverdienstvollenHerausgebern, Ministerialrat Bittner undProfessorHansÜbersberger,zusammengedrängt.Was dieWiener ArchiveüberdieAußenpolitikderDonaumonarchie in den bewegtenJahren von 1908—1914 aus-sagenunddamit zur Klärungdereuropäischen Geschichte jener Zeit beitragen konnten, liegtnun voruns.

DerWeltkrieg istaus einem österreichischsserbischenKonflikt entstanden,entstandenaus denSpannungenaufdemBalkan. Die Politik derDonaumonarchie war jainersterLinie Balkanpolitik.

Dernoch überwiegendagrarischeGroßftaatan derDonau stand, ohneso weitreichende überseeifche Verflechtungenund Interessen wieDeutschlandzubesitzen undohneKolonien, mit dem Rücken gegen dieneutrale Schweizunddasverbündete Deutsche Reich,mit dem Gesichtgegen den Balkan und gegen Rußland. Aufdem Balkan befandersicheinererstinderBildungbegriffenen Staaten- welt gegenüber. ÄhnlichwiederVormarschdesNationalitäten- prinzips denVölkerstaat der Habsburger aus Italien und aus Deutschlandhinausgedrängt hatte,sotellte erihm aufdemBalkan denWillen undElan werdender Völerindividuen entgegen. Hatte injahrhundertelangemKampfedasHabsburgerReichdenAnsturm desIslamzurückgeschlagen,dieMachtderTürkei aufdemBalkan brechenhelfenund aus deren Erbe manchesStückgewonnen, zu- letzt noch durchdenBerliner VertragimIahre 1879Bosnien und dieHerzegowinawenn nichterworben, so dochmit derBilligung Europasbesetzt,sowaren in denRäumen desTürkenreiches,dievon demHalbinondlangebeherrschten Völkerschsaftenausgestandenund hattejede begonnen, sicheinenStaat zugründen.Keine von ihnen, weder Serben nochBulgaren, Rumänen oderGriechen,hatten bis- herdieIdee des Nationalstaates, die Vereinigung aller Volks- genossenineinem Staate, zuverwirklichen vermocht. Diebeiden VölkerstaatendesHabsburgerReichesund derTürkei umschlossen inihren GrenzennochMillionen von Stammesangehörigen dieser Völker. Sieherauszulöfenaus denbeiden Völkerstaatenunddem eigenen Nationalstaat einzugliedern,war derTraum, derinBel- gradund Sofia, AthenundBukarestlebte undimmer lebendiger wurde. DieDonaumonarchie unddasTürkenreichwaren durchdie historische Entwicklung alfoaufdem Balkan gleicherweiseindie Defensivegedrängt,dieerstere,da«sienur noch nachdemBalkan einenfresieren Ausblick hatte,völliginAbwehrftellung.

Eswurde vor underst recht währendund nachdemWeltkrieg vielvom Imperialismus ÖfterreichsUngarnsgefabelt,von seinen angeblichenZielenam Balkan, daßesnachSalonikistrebeund

Annexion Bosniens und derHerzegowina.

Serbien verschluckenwolle. Nichtzuletzt hatdieAnnexion Bos- niens undderHerzegowina,d.h.diestaats-undvölkerrechtliche Ratifizierung eines seitZoIahren bestehenden ZustandesimOk- tober 1908dieösterreichischeAußenpolitikinsolchen Ruf gebracht, derübrigensbewußt durchdiePropaganda Serbiens, Rußlands und anderer Staaten künstlich in·derWelt genährtwurde. Was- hatman nichtallesüber diedunklen PlänederDonaumonarchie und ihren Zusammenhang mit Deutschlands angeblichenBerlin- BagdadsZielengefabeltl Das neue Dokumentenwerk über Oster- reichsUngarnsAußenpolitik zeigtnun zurEvidenz,was daran war:

Nichts. DieDonaumonarchie fühlte fich tatsächlichamBalkan in derDefensive, siewollte nichtsgewinnen,nur dagegenetwas zu verlieren wehrte siesich.Freilichgabes auchandere Strömungen in Wien. Ihr Hauptvertreter war derGeneralstabschefConrad vonHoetzendorf.Wir sehen dessen geistigen KampfmitdemLeiter derösterreichischenAußenpolitik,demGrafenAehrenthal, inzahl- reichenDokumenten derneuen Sammlung. Conrad predigteden Krieg,denPräventivkrieg.Erwill1908f09mitSerbien, 1911,als Italien inTripolis kämpft,mit diesem abrechnen. In ausführ- lichen Denkschriften begründeter seine Thesen. Heute,aus der Perspektivederseitdem eingetretenen Ereignisse, lesen sich manche dieserStückeallerdings wieVoraussagen desKommenden. Aber inscharfen Gegendenkschriftenwird Conrad von Aehrenthal ab- gefertigt(vgl.besondersNr.1720 und2809),und deralteKaiser Franz Iosef entscheidet sich für feinen Außenmsinister.DieAußens politikderMonarchie als einer konservativen,nur auf Erhaltung ihresBesitzes zielen-denwirdunbestreitbarklar.

Ebensoklarwird derGebiets- und MachthiungerderBalkan- staaten, besonders Serbiens, der jain denBalkankriegen von 1912f13 seinen explofivenAusdruck fand. Aus den vierJahren, diediesenEreignissen vorausgehenundüberdieuns die Dokumente :aus denWiener Archivenhiervorgelegt werden, sehenwir zahl-

reiche Stücke,aus denensichimmer wieder ergibt,wiedasSinnen undTrachten inBelgrad,Sofia,AthenundBukarestum Gebiets- erwerb, um Landgewinnkreist. Darin lagjadieUrsache fürdie wilde EmpörungunddenhaßerfülltenProtestderSerben gegendie Diesevon flawischen Völkerschaften bewohnten Gebiete hatteman gehoffteinmal selbst zugewinnen,undihrevölkerrechtliche EinfügungindieDonau- monarchie wurde deshalb von Belgradaus als Raub andenhei- ligstenGütern desSerbentums verschrien.Die Verwirklichungder großserbischeIdee,d.h.dieVereinigung aller Balkanslawenmit Ausnahme derBulgarenineinem Staate war nur möglich,wenn man derDonaumonarchie weite Gebiete entriß.Daraufwar das ganzeSinnen und Trachtender serbischen Politik gestellt. Mehrere Geheimorganisationen,-besondersdie NaroidnaOdbrana und die

»SchwarzeHand«arbeiteten mit allen Mitteln der Propaganda, nicht zuletzt auchmitdem·derPropaganda derTat,d.h. Komplott und Mord,für dieses Ziel. Überdasvon Belgradaus organisierte Verschwörertum erfahrenwir inderösterreichischenAktenpublikas tion Vieles undNeues. DiepolitischenundmoralischenHinter- gründe,aus denen die Ermordung desErzherzogsThronfolgers FranzFerdinand am28.Iuni 1914sich herleiten, werden uns nun klar. EsfindzumTeil dieselben Namen,diefürimmer mitdem Mord von Serajewoverknüpft sind,wiederdesOberstenDimi- triewic oderdesArsenalsvon Kragujewac, dieuns nun hierin denAktenüberfrüherevonSerbien auf österreichisch-ungarischem- Gebiete angezettelte Attentate begegnen. Wir hörenvon Kom- plottenzurBeseitigungdesserbischen Königshauses,dieinserbi- fchenOffizierskreisengeplant werden, von einem Mordkomplott gegen dieFamilie desFürstenNikolaus von Montenegro usw.

Eine von Intrigen erfüllte,denMord alspolitischesMittel un- bedenklichanwenidende politischeMoral schlägtuns aus zahlreichen Dokumenten entgegenund es wird verständlich,daß nach jahre- langen Provokationen, immerwährender Wühlarbeit und offen- kundigen Absichten aufdasGebiet derMonarchie von seit-nSer-

«diens,dieErmordungdesThronfolgers FranzFerdinanddeinFaß derösterreichischenGeduld gegenüberSerbien denBoden ausstießl Beim LesenderDoksumente istman öfter geneigt sich zuwandern, daßdasmächtige Habsburger Reich nicht früherauf-stand;Umden Unruhestiftervor seinenToren niederzuwerfen.

Mit demImperialismus OsterreichsUngarnsistesals-v-nichts.

VondenGroßmächtenwar Österreich-Ungarn zweifellosdiejenige, US

(4)

Der Oeimatdiensi

dieimZeitalter desJmperialismus am wenigstenimperialistisch

war. Anzahlreichen Stellen derneuen Dokumente wird übrigens auchder deutschen Politik das Zeugnis ausgestellt, daß sieden Friedenwolle,jaman fühltsichinWien durchdenFriedenswillen Deutschlands manchmalsogar etwas zustark behindert, z. B.wäh- rendderBalkankriege 1912,15.

Was erfahrenwir nun überdieanderen GroßmächtepDaist zunächst England, über dessen HaltunginderAnnektionskrisis

1908J09wir vielfältige Aufschlüsse erhalten. Diejenigen,diedie historische Politik EnglandsEuropagegen-überals einstetesAus- spielender Völker Europas gegeneinansder durchEngland sehen, finden reiches Material. Wir hören,wiedieenglischePolitikdie Türkei und Serbien gegen OsterreichsUngarnaufhetzt, ihnen bei ihrenForderungen denRückensteift usw. Wir hörenz. B.von demVertreter der»Times«, Bro.wn,(Bd.INr.863), daß die Hetze derenglischen pressegegenÖsterreich-UngarnundDeutschlandin derAnnexionskrisis aufein mot d’ordre des,,Foreign Office«

zurückgehe,und daßderenglische Außenminister GreydieParole ausgegeben habe,Osterreichallenur denkbaren Schwierigkeitenzu machen,undderserbische AußenministerMilovanowic erzähltdem rumäwischen Minister Bratianu ,,nicht Rußland habeSerbien währendderAnnexionskrisezumWiderstandgegen dieMonarchie getrieben, sondern England«. Auchüberdierussische Politik er- haltenwir vielfältigeAufschlüsse. Die Persönlichkeitdesrussischen Außenministers szolski wird aus zahlreichenDokumenten völlig deutlich. Ehrgeiz, Eitelkeit, Rachsucht,Hysterie,Komödiantentum, Verlogenheit und manchesandere wir-d ihm immer wieder be- scheinigt.Wieer,als ersein ZielderÖffnungderDardanellen inParisund Petersburg nicht durchsetzen kann,diemitAehresnthal inBuchlaugetroffenen Verabredungen leugnetundsichindiePose derbetrogenenUnschuld wirft,von HauptstadtzuHauptstadt eilend, Wien anschwärztund dieMächtegegen Österreich-Ungarn auf- zuhetzen sucht, istindenneuen Dokumenten eindrucksvoll verzeichnet.

Man erlebt, wie szolski aus seinerdiplomatischenNiederlage als rachsüchtigerVerschwörergegen denFrieden Europas hervor-

geht,dessenbösem Wirken wir dann inmanchemDokument auch derspäteren Jahre begegnen. Nochandere dunkle Ehrenmänner lernen wir kenn-en oderbegegnen ihnenwieder indiesen österrei- chischenAkten. Da istderGeneralsekretärdesserbischen Außens ministeriums, Spalajkowic, dergegen dieDonaumonarchie einen fanatischen Haß hegtundsichvon ihm soweitfortreißen läßt, daß ernachderAnnexionskrisisschließlich,umdieBeziehungen zu dem mächtigen Nachbar-staat wenigstens äußerlich einigermaßenein- zurenken,alsGesandter nach Sofia geschickt,d.h.aus Belgradent- fernt werden muß. Ebenfalls inBelgradsitztderrussischeGe- sandte, Herrvon Hartwig,der dieSerben gegen Österreich auf- putschtwo erkann,der(DokumentNr.44l7)auchdieRumänen gegen dieMonarchie aufhetztund sie aufdieunerlöstenBrüder innerhalb von deren Grenzen aufmerksam macht. Ertreibt es so stark, daßessogardemenglischen König Georgzu bunt wird. Der wendet sichan sein AuswärtigesAmt, dasinPetersburg inter- . venieren foll,um Hartwig zurRaisonzubringen. Aber König Georg mußdann nachherdem österreichischenBotschaftererzählen, das«Foreign Office« habeeinen derartigenSchrittinSt. Peters- burgabgelehnt: »Sie fürchten,es könnte übelgenommenwerden·«

(4744)1Erinnert dieseHaltungGreys,dersichimDezember 1912 weigert,einen derHauptunruhestifter am Balkan, denn daswar Hartwig,kaltstellenzuhelfen,nur weil erfürchtet,inPetersburg ,,könnteesübelgenommen werden«, nicht verteufeltanseine Haltung inderJulikrise 1914,alsersichebenso weigerte, irgendetwas zu tun,was das Ententeverhältnis zuRußlandoderFrankreich be- lasten, dafüraberdenFried-en wirksam hättesichern helfenkönnen?

DieösterreichischeAktenpublikationfüllteinederwesentlichsten TückeninunseremMaterial fürdieBeurteilung derVorgeschichte des Weltkrieges und der vielfältigenmateriellen undgeistigen Kräfte,die zuihmgeführt haben. EsbedarfkaumeinesHinweises darauf, wie wichtigsie istals Zeugenmaterial indem großen ProzeßderKriegsschuldfrage, den das deutscheVolk gegen die falscheund unberechtigte Versailler Kriegsschuldtheseseitzehn Jahren führtundweiterführen mußbiszurRevisiondesUrteils.

LujvBrentano.

Zumös. Geburtstage am 18. Dezember1929.

DerResfevonClemens undBettina Brentano —- dawachtdie Erinnerung ausaneines dermenschlich denkwürdigsten Kapitelder deutschenRomantik. Doch dieser Sproßderehedem oberitalienischen Familie, dieseiteinpaar hundertJahren zumFrankfurter reichs- städtischenPatriziat gehörte, gabdem Namen den Glanzwissen- schaftlicherLeistung,wie seinälterer Bruder Franz,derderWegbereiterderphilosophischen Phänomenologiewurde.

LujoBrentano stehtinderGeschichteder deutschen Volkswirtschaftslehre beiderGruppe,- diedie,,historische Schule« begründet hat,in- dem siesichvon der,,klassischen«Lehredes Adam SmiithundseinerEpigonentrennte. Wie sehrdas ErschauendergeschichtlichenEntfal- tung,ihrerWirklichkeit unddersie begleitenden- Jdeologien dieLeidenschaftdiesesForschers geblieben ist,beweist nichts soIsehrwiedieum-

fassendeDarstellungderenglischenWirtschafts- gechichte, die,Frucht eines wahrhaft schöpfe- richen Greisenalters, vor einpaar Monaten abgeschlossenwurde undeines derlehrreichsten Bücher gerade auchüber das neueEnglandbildet.

Dochunterscheidet sich-Brentano etwa von;

Schmoller dadurch, daß ihmdietheoretische Durchs-·

dringungderökonomischenProblemenebenihrer historischen Sicherungstärkstes Anliegen war.

Jneinerfrühen Polemikgegendie»Manchester- schule« haterdenGegensatz so gefaßt:,,rea·

listische«und,,abstrakte« Volkswirte; dieRea- listen seiendiewahrenUrenkelvon AdamSmith.

Diese»Realisten« haben1872 den ,,Verein fürSozialpolitik«

gegründet und,inwechselnder Stärke,diedeutsche Gesetzgebung,das deutsche öffentliche Bewußtseinbeeinflußt.Brentanos unvergäng- liches Verdienst ist, daßer,Lassalles »ehernes Tohngesetz«gedanklich überwindend,dasFundament für dieimAusgang dersechziger Jahre tastend beginnendeGewerkschaftsbewegung schuf.Erzeigte alserster,aber dann auch grundlegend, denbesonderen Charakter der,,WareArbeit«undwurde nichtbloßzumRechtfertiger, sondern its

zumunermüdlichenFördererdes ,,kollektivenArbeitsvertrages«.

Niemandem hatdiemoderne Arbeitnehmerbewegung geistig soviel zudanken wie diesemGelehrten; seine Haltung hat ihmviel Gegnerschafteingetragen, Fehden und Prozessebegleiteten dies Leben. Abereine derWahrheitserkenntnis zugewandtePersönlich-

keitfochtdasnichtvielan,so wenigwiedie Angriffe, die seinescharfe Ablehnung des- Bülowschen Hochschutzzolles hervorriefen.

Ergehörtzudendeutschen Gelehrten von internationalem Ansehen; besondersmit der angelsächsischenWelt,dieselber seinen Forschun- genanKenntnis und Anregung sovieldankte undbewußt dankte,verbanden ihndurch Jahr- zehntewissenschaftlicheund freundschaftliche Beziehungen. Umso eindrucksvoller mußtees sein, daßBrentano 1922ineinem Buche »Die Urheber desWeltkrieges« geradediebritische Vorkriegspolitik inihrenVerantwortlichkeiten aufdeckteund daßermiteiner klaren und leb- haftenFlugschrift indieReparationsverhands lungen ·«eingriff.

Seine Anfängeals Professorliegenin Breslau; gemeinsammitG. F. Knapphaterin StraßburgdieKunstderwissenschaftlichenPädas gogikdurchgebildet;über Wien und Leipzig führte ihnderWeg nach München,und dessen Universität haterdurcheinpaarJahrzehnte das Gepräge seiner Persönlichkeit gegeben. 1919 konnte erdieruhmvolleLehrkanzel Max Weber, demwürdigsten Erben,zuachso kurzemWirken abtreten. AlsDozentwar Brentano unvergleichlich durchdieleb- hafte, nuancenreiche Fülle seines Vortrages;erverband nmut mit Kraft,disziplinierteseinen Stoff,daß jede Stunde sichzueinerin

»sichruhendenGeschlossenheittun-dete. Aberes war fein Ziel, seine HörerundSchüler nichtbloßzuwissenden, sondernzuwollenden Menschenzu machen,undviele,dieimöffentlichenLebenDeutsch- lands wirken,habenzuerst durch ihnden RufzurGemeinschaft vernommen.

«

The odor H euß.

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