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Die Verfassung : Wochenblatt für das Volk, Sonnabend, 1. September, Nr 35, 1866

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Sonnabend, 1.September. M 35. 1866. 3.Jahrgang.

Die

Verfassung

Wechenblattsiir dass Welle-.

F—ei?jedenSonnabend.Preisvierteljährlichbeiallen Preuß. Postanstalten47Sgr. beidenaußerpreu if U t tlt

732chSgr-,inBerlin beiallenZeitungssSpediteuren

Jinchitszogenloohiiil6Sr.,indirExpiditiomTaubenstkaßeßLFVLHZHJS

-nerae ie ee2 gr.

Vor funfzigJahren undheut.

Wenn wirdieheutige LageunseresStaates an-

sehen, sohatsievielAehnlichkeitmit derLage,in welcher derselbesich1815 nachdervollständigenBer- nichtungder napoleonischenHerrschaftbefunden hat, Damals wieheute stand PreußenimhöchstenGlanz desWaffenruhms da,damals wieheute wagtekaum JemandeinenZweifeldaran lautwerden zulassen, daß Preußenberufen sei,dieFührerschaft Deutsch- lands zu übernehmen;mögederVergleichsichnicht nochweiterausspinnen, möge nicht auch heutwie da- malsdieseFührerschaftunsern Händenentwunden werden,

undsich,wiedamals, jenemSiegesjubeleinelange,trübe Zeit anschließen.Zwarhat unsere Regierung jetzt Großes, weitGrößeres erreichtalsdamals,aber dasErreichte ist dochnur Stückwe«rck,welchesseinevolle Bedeutung ersterhältd..rch seineEinfügung indas Ganze, dessenHerstellunguns der Beruf Preußenszu sein

eint.

schPreußenhat sichljetztabgerundet;eshatdie Re- gierung nachdem SiegedesHeer-esein zusammen- hängendesGanzegeschaffen,sodleKraftPERSONaUs welcherdieKraftDeutschlandsberuht,erhöhend.Aber heutwiedamals vor 50JahrenbildetSachsen den wunden PunktindenErfolgenPreußens.Schonda- mals hieltman es fürunbedingtnothwendig, daß Sachsenaufhöre»ein selbstständigesReichzu sein.

Dieses Königreichvon »NapoleonsGnaden war ein

zugefährlicherNachbarsur Preußen,um nichtdie preu- ßischenStaatsmänner zugroßenAnstrengungenzuver- anlassen,um dasselbemitPreußenzuvereinigen.Es gelangeiner geschicktenpreußenfeindlichenDiplomatie, dies zuhintertreiben;zwarwurdeSachsensehrbedeutend verkleinert,aberesbliebdochbestehen,und dieGeschichte dertetztenfunfzigJahre hatgezeigt,wie sehresder Heerdaller gegendieAusdehnungdespreußischenEin- flussesinDeutschlandgerichtetenJntriguen gewesenist.

DiesePreußenfeindseeligeHaltunghatSachsenauchin dem letztengroßenEntscheidungskampfebewahrt,und alleWeltglaubtedaher, daß Sachsenauchzuerstnach

demSiege Preußensvon demSchicksalbetroffenwerden würde,von Preußenannektirt zuwerden.

Diese Erwartung hatsichnicht erfüllt.LouisNapo- leonhat sichder Treue erinnert,mitwelcherderKönig

von Sachsenan derSeite seinesOnkelsgegenDeutsch- landgekämpfthatte,undbeiseinemAmtealsFriedens- vermittler hater dieSelbstständigkeit Sachsenszu retten gewußt.

Wir sindkeineFreundederAnnektionen,besonders nicht,wenn sievorgenommen werden, ohnedieBevöl- kerungzubefragen,undwirhätten,wiewirspäterent- wickelnwerden,eine andere ArtLösungderdeutschen Fragelieber gesehen,als diejetztbeliebte. Daman abereinmal denWegder Annektionen eingeschlagenhat, somüssenwirgestehen, daßwiresunter solchenUm- ständenwederimInteresse Preußens nochimInteresse Sachsens billigen können, daßman dem Verlangen Napoleonsnachgegeben hat. Preußenbehältzwischen seinenundden österreichischenGrenzeneinenLandstrich, dessen Herrscher ihmfeindlich gesinntist,unddessen LanddenOesterreichern,wenn sie einstdenAngriff nichtabwarten,sonderndenKampferöffnenwollen,ein bequemesFeldzur EntwicklungihrerTruppenbietet.

Um diesmöglichstzu verhindern, mußPreußenaußer anderen durchdennorddeutschenBund gebotenenHoheits- rechten,inSachsenvorAllem auchdie volle Militär- hoheitbeanspruchen,so daßesfortankeinesächsische Armeemehr gebenwird, sondernnur sächsischeSoldater welcheinpreußischeRegimentervertheiltwerden,wäh- rendpreußischeTruppen Sachsen besetzenwerden. Auf solcheWeisekommen dieUnterthanendesKönigsvon

Sachsenineinschlechteres,gleichsamuntergeordneteres Berhältnißzu Preußen,alsdieBewohnerder andern Bundesstaaten,und es wird diesinihneneinestarke Erbitterung hervorrufen,welcheaufdieEntwickelung eines günstigenVerhaltnisses zwischen Preußenund SachseneinenhemmendenEinflußausübenmuß.

Dieser schlimmenLagewäreman entgangen,wenn man ganz einfach stattdesnorddeutschenBundesdie Geltung der deutschen Reichsversassung prokla- mirthätte,deren,denjetzigenVerhältnissennichtmehr

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entsprechendeBestimmungenja leichtdurchRevisionzu entfernen gewesenwären. Dann wärenichteineinzelner Staat ineinuntergeordnetesVerhältnisszuderZentral- gewalt,demKaiser, gekommen,sondernallegleichmäßig, und selbstPreußenalsStaat hättezu demKaiservon Deutschland, obgleich diesergleichzeitigKönigvon Preu- ßengewesenwäre, in demselbenBerhältnißgestanden.

Dann hätte sichNiemand zubeklagengehabt,undjene Unterordnung hätte Niemanden gekränkt,daersieMit Allen gleichmäßigzumallgemeinenBesten hätteüber- nehmen müssen.»

«

Man hat diesen so einfachenWeg nichteingeschlagen,

man läßtan seinerGrenzeeinLandbestehen,welches keinerlei Sympathie füruns hat,undwelches durchdie Unterordnung,dieest alleinundausnahmsweise erfährt, immer mehrund mehrgegen Preußenerbittert wird.

Möge sichdieserFehler nicht einst ebenso rächen,wiees sichgerächthat, daßman vor 50JahrendasKönig- reich SachsenalsselbstständigenStaat bestehen ließ.

Politische Wochenfchau. , Pteu en. Jn der abgelaufenen Woche hatdasAb- eordneten)ausdieThronrede des Königsmit folgender dresse, überderenFassung sich MitgliederallerParteien geeinigt hatten,beantwortet: «

Allerdurchlauchtigster 2c.

EuerKöniglicheMajestät habenineinemgroßenAugen- blickevon weltgeschichtlicherBedeutunguns um Jhren er-

habenen Thron versammelt. Unser VolkpreistinDemuth dieGnade Gottes, welch-e Euer MajestättheueresLebenbe- schirmteundso Großes zuvollbringen zuließ. «

DiegroßenThaten, welcheunser tapferes Heerinwe- nigen Wochenvon Land zuLand,von SiegzuSieg,dort überdenMain, hieran dieThorederHauptstadt Oester- reichs führten, habenunserHerzmitfreudigem Selbstgefühl undmit lebhaftemDank erfüllt. Wir sprechendenDank desVolkes aus andieTausende, welchedasGrab bedeckt,

an diesämmtlichenüberlebenden Streiter des stehenden Heeresund derin großerZeitgeschaffenen Landwehr,an sdieeinsichtigenFührer,vor Allen an EureMajestät selbst, dieSie, inder entscheidenden SchlachtdieLeitungüber- nehmend,Noth undGefahrmitdenKämpfern getheiltund dernKriege durch rasche FührungeinZielgesetzthaben.

Von hoher Bedeutung sind schon jetztdieerrungenen Erfolge:dieAuflösungderBundesverfassung,die Ausein- andersetzungmitQesterreich,dieErweiterungderGrenzen unddesMachtgebietesunseres Staates unddiedadurchge- gebene Aussicht, daßinnichtfernerZeit einpolitisch geeintes Deutschlandunter Führungdes größtenDeutschenStaates sichentwickelnkönne.

Diese Früchte,davon sindwir mit Euerer Majestät überzeugt,werden nur in einträchtigemZusammenwirken zwischenRegierungundVolksvertretungzurReise gedeihen.

OhnedieSicherungund Ausbildungder verfassuns- mäßigen RechtedesVolkes werdenwirnicht zählendürer

aufdieHuldigungderGeisterundHerzeninDeutschland, welcheallein derMacht·HaltbarkeitundDauer verleiht.

GegenüberderThatsache, daß seiteiner Reihevon JahrendieStaatsausgaben ohne einenzurgesetzlichenFest- stellung gelangtenStaatshaushalts-Etatund theilweiseim WiderspruchmitdenBeschlüssendesAbgeordnetenhausesge- leistetworden sind,gereichtesdemLetzterenzurgroßenGe- nugthuung,daß Eure Majestät feierlich auszusprechengeruht

haben,daßdie injenerZeitgeleistetenGeldausgabendergesetz- lichenGrundlage entbehren,weildieselbenur durchdasnach Artikel99derVerfassungs-Urkundealljährlichzu Stande zu bringende Etatsgesetz erlangtwerdenkann. JmHinblick auf diesKöniglicheWort, welchesnur dieNothwendigkeiteines unter ZustimmungdesAbgeordnetenhaujesinsLebentreten- dengährlichenStaatshaushaltsgeseßes,sowiedemgemäßdie NotwendigkeiteinerfürdieVergangenheitzuerwirkenden Jndemnitäts-Erklärungder beidenHäuserdesLandtaquan-

erkennt, iftdasVertrauen derLandesvertretunggerechtfertigt, daß künftighindurch dierechtzeitigeFeststellungdesStaats- haushalts-GesetzesvorBeginndesEtatsjahres jeder Konflikt verhütetwerde.

DiedenBerathungendesLandtagesunterbreiteten Vor- lagenüberdieJndemnitäts-Ertheilungund dieFinanzen werdenwir mitpflichtmäßigerSorgfaltinErwägungnehmen.

Mit derselben Sorgfalt werden wir diefreudigund dankbar begrüßtenVorlagenüber dieEinverleibungdermit Preußenzuvereinigenden deutschenLande undüber die Ein- berufungeiner Volksvertretungder norddeutschenBundes- staaten prüfen,vertrauen jedoch, daß,wenn Rechtedespreußi- schenVolkes und LandtageszuGunsten eines künftigen Parlaments aufgegebenwerdensollen, diesem Parlamente auch die volleAusübung dieserRechtegesichertsein wird.

Durchdrungenvon dergroßenWichtigkeitdergegenwär- -tigen Epoche fürdas ganzedeutscheVaterland bietenwir

aus vollemHerzen unsere Mitwirkungzureinheitlichenund freiheitlichen Entwickelung desselben,welchedieVorsehungin EuererMajestätHändegelegt hat«Wirkönnenuns derEr- kenntnißnicht verschließen,daß derselbennochgroße Schwie- rigkeiten entgegenstehen,unddaßmit derKonstituirungdes norddeutschenBandes nichtbiszurBeseitigungderselben ge- wartet werden kann. Aber fest- überzeugt-von derNothweup digkeiteinesnationalen Bandes zwischendemNorden und Süden desdeutschenJaterlandes,hoffenwirzuversichtlich, daß dasselbeinnichtallzuferner Zukunft geschaffenwerden wird, namentlichdann, wenn diedeutschenStämme im Sü- den dieschon jetztinweiten Kreisen daselbst empfundene Gefahreiner Zerreißung Deutschlandserkennen und dem Bedürfnisse nacheiner nationalen festenVereinigungmit demNorden einenaufrichtigenund unzweideutigenAusdruck geben.

KöniglicheMajestätl

Jn allen großen TagenunsererpreußischenGeschichte fandenzudemGeisteund derKraft seiner Fürstensichdie desVolkesinAufopferungundHingebung gesellt.Sosoll esauchfernerunter uns bleiben,undwermöchtedann wi- deruns sein?

JUtiefster Ehrfurchtec. - «

So wie derAntragvonMitgliedernallerParteienunter- stütztwar, sowurde erauchfasteinstimmigundohnegroße Debatte angenommen. Nur dieAbggspReichensperger und Dr. Johann Jacoby machtenIhren abweichenden Standpunkt geltend.Der letztereführteaus,daßer der Adressenichtwürdezustimmenkönnen,ohne seinerganzen Vergangenheit,dieerdemKampfe für RechtundFreiheit

gewidmet,untreu zu werden. »

DieAdressewurdedemKönigevon demPräsidtumdes Abgeordnetenhausesund einerDeputationvon 30Mitglie- dernüberreicht.DerKönig nahmsieohne Gegenwarteines Ministersentgegen und beantwortete dieVorlesung durch einige frei gelprocheneWorte. DafürdieseAntwort keine authentischeFassungvorlie t, so könnenwirsieunseren Lesern

nur somittheilen,wiesiedieberliner Zeitungen gebracht haben. Danach hatderKönig ungefährfolgendes gesagt:

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»Er sei durchdiefasteinstimmige Annahmeder»Adresse seht erfreutund beauftrageden Präsidenten, hierfurdem

auseseinenDank- auszusprechen Mit vollemRechte sprechedieAdressezunächstdenDank demHochstettaus, welcheraufsosichtbare Weise Preußen,’nachdemeszum Kriegeherausgefordertworden-,inseinen Schutz genommen habeunderst danndemWerkzeuge,derArmee,durch-welches sogroße Dingeerreichtseien.Mit derReorganisationder- selbenglaubeerfreilichdasRichtigegetroffenundJnsbe- sondere dadurch erreichtzuhaben,daßdieArmeeinsolcher ju endlichen FrischeundZähigkeitalleGefahrenundEnt-

behriingenhabeextraen können.Er könneGott nichtge- Mlgpreisen,daßeriannochinseinemAltergewnrdigthabe, fürdieGröße Preußens undDeutschlands einzutreten,wie essein verstorbenerBruder seinganzes Lebenlangvergebens ersehnt habe. Jn derAdresseseidieJndemnitaterwähnt.

Schonfrüher seivon seinerRegierungwiederholtdgsselbe ausgesprochenmitdenAusdrücken»:Entlastung,«nachtragliche Bewilligung;dasBudgetrecht seiniemalsbestritten worden, wenn aberdasdemAbgeordnetenhausezurGutheißungvor- gelegteBudetnicht vereinbart worden: sohabedieRegie- rung geglautpflichtmäßigzuhandeln,wenn siedie nothwen- digen Ausgaben gemacht,undingleicher Weisemüsseauch wiederverfahren werden,wenn einsolcherKonflikteintrete, aber ein solcherKonflikt würde nie wieder ein- treten. Sehrfreudig habe ihnderSchlußsatzder-Adresse berührt, inwelchemausgesprochensec,daßinZeitender GefahrinPreußenKönigundVolkzusammenstehen,mehr könneerjagarnichtverlangen-«

DieKommissiondesAbgeordnetenhauses,welchedie Vor- lagewegenderEinverleibung von Hannover, Hes- sen, Nassau und Frankfurt a.M. zuberathenhat, hat sichfiirdievollständigeEinverleibungdieserStaaten in Preußenausgesprochen,und soll diepreußischeVerfassung bisspätestenszum.1-·. Oktober 1867 daselbst eingeführtwer- den. Die Regierung hatsichmit dieser Forderung der Kommissioneinverstanden erklärt;gegeneinesofortigeEin- führungderpreußischenVerfassung hat sie sich entschieden

ausgesprochen. «

DasAbgeordnetenhaus hatinderletztenWochever- schiedenenoktroyirtenVerordnungendieZustimmungertheilh außerdem hatessichmitWahlprüfungenbeschaftigt.Es wurden dieWahlenderAbga.v. Degenund Schultz, welcheimWahlkreifeMemelsHeydekru gewähltsind, fur un- gültig erklärt, weil dasHausanna m,daß starkeBeein- flussungenvon Seiten desLandraths Schultz vorgekommen

eien.

s

Das Herrenhaus hatkeineSitzung gehalten.Die Kommissiondesselben,welche dasAnnektionsgesetzberathen, hat sich fürdieunveränderteAnnahmedesRegierungsent.

wurfsausgesprochen » ·

Der Friede mit OestertelchIstUnterzeichnet.»Er stiplmtfastganz übereinmit denschon mitgetheilten Prall- minarien.

Ebenso istmitBayern, Württembergund Baden derFrieden abgeschlossenworden. Bayern zahlt30Millio- nen Gulden,Württemberg8MillionenundBaden6Millio- nen Gulden,zusammenetwa25sMillionenThaler.Außer- dantrittBayern einige Gebietstheile,zusammenmit40,000 Einwohnern,ab. Mit Hessen- Darmstadt wirdnoch Umsthandeltzwievon einigen versichertwird, solldasganze

Großhtsktvgthumin denthddeutschenBundeintreten. Wenn dieswirklichderFall ist, sowird Badenwahrscheinlichseine FPWUUUGgleichfallsdemnorddeutschenBund beitreten zu Tonnen,erneuern. MitSachsen habendieUnterhandlungen

nachdemRücktritt desMinistersv.Beust begonnen, doch kommen sienicht vorwärts,daderKönigvonSachsen sich sträubt,auf dieForderung,daß Sachsenfortan eine preu- ßischeBesatzung erhalten soll, einzugehen.

Die ,,Kreuz-Zeitung«,welchemitgroßerUebe«rwi—ndung inderletzten Zeitzuallen MaßregelnderRegierunginder äußerenPolitik ihre Zustimmungausgesprochenhat, glaubte, daßjetzt,womitOesterreichFriedegeschlossenist,wiederdie alten BeziehungenPlatz greifen werden, undsiehat schnell aufdasKönigreichJtalien und dieHelden, welche dasselbe gegründet-inalter Weise geschmpr Sie hat dafürvon der Norddeutschen allgemeinen ZeitungundTagesdarauf auchvom Staats-AUGUST eine Zurechtweisung erhalten.

Seitdem ist sieindieserBeziehun ruhig geworden, macht aber nun ihrem Unmuthüber unsereinnerenVerhältnise Luft. Wenn esnachihremSinn ginge,dann würdewohl baldallesanderssein,obbesser,das bezweifelnwir. Es würde inPreußen allerdingsdannRuhe herrschen,aberjene weltberiihmte »Ruhe«,welche1831 in Warschau herschte, nachdemPaskiewitschmitseinen russischenSchaarendieStädt erstürnithatte. Gott bewahreuns vor solcher Ruhe!

Unsere TruppenrückenjetztlangsamausBöhmenindie Heimath Sie werden ungefährMitte Septemberin -der NähevonBerlin sein,und essolldannbeiGroßbeeren einegroßeRevue abgehaltenwerden. Alsdann sollen siein Berlin eiiirücken,woalleszuihrem festlichenEmpfangevor- bereitetwird.

Eswar einigeZeitdavon dieRede,daßder Minister desInnern undderMinisterderJustizvonihren Posten zurücktretenwürdenund man bezeichneteschondenfrüheren badischenMinister,denHerrenv.Roggenbach mitgroßer Bestimmtheitalsden künftigenMinisterdes Innern in Preußen. iachdenneuestenNachrichtensoll jedochvon einemsolchenMinisterwechselkeine Redesein.

Mitden süddeutschenStaaten, welcheeinen besonderen Bund bilden sollen,findenjetzt Verhandlungenwegendes FortbestandesdesZolloereinsstatt.

Allgemeines gleichesWahlrecht und geheime Abstimmung.

«

Jn unserer letztenNummer habenwirbeiGelegenheit des ReichswahlgesetzesdieHindernissedargelegt,welchein diesemAugenblickenocheiner vollständigen·uiid ehrlichen Durchführungdes direkten Wahlrechtes entgegenstehen.

Gleichwohlhabenipir anerkannt, daß dasselbeeinwesentlicher Fortschrittgegendas indirekteWahlrecht ist.Heute wollten wirüberdas allgemeine gleicheWahlrecht undüber diegeheimeAbstimmung unsereMeinungabgeben.Jn- zwischen habenwirüber diese Dingevon eineinFreunde unseres Blattes eineZuschrift bekomme-usdiewir unsern Lesernnichtvorenthaltenwollen. Wir selbsthättenuns hie und davielleichtetwas anders ausgedrückt,doch überlassen wireslieberunsern LesernsichihreMeinungselbstzu bilden, ohne daßwirmitderunsrigendazwischentreten.

UnserFreundschreibt so:

»WasSieneulichüberdirekte undindirekteWahlenge- sagt haben, scheintMlkfürdieGegenwartvollkommen aus- reichendzusein, aber vielleichttheilenSie JhrenLesern mit,was Jhr alter Freund von derallgemeinen gleichen Abstimmungdenkt«

»EskannEinem wohl wunderlichvorkommen, daßeine konservativeRegierungeinso demokratischesReichswahlge-

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setz vorschlägt,wiedas,wasjetztvonunserer Volksvertretung berathenwerden soll.Aberichlassemichdurch Mißtrauen ebenso weni blind machen, wiedurchschwächlicheVertrauens- seligkeit.Ichsehe vielmehrdas Ding selbstmitmöglichst ungetrübtenAugenanunduntersuche,obesanundfür sich selbst gutoderschlechtist. Da wirdesmir dennzu aller- erst klar, daßdasalteWahlgesetzvon1849 dieWählermit einerUngleichheitbehandelt,dieman vergebenszurechtfer- tigen sucht.Dies Gesetzsagtnämlichzuuns: »Ihr preußi- schenStaatsbürger sollt allesammteine Stimme bei den LandtagswahlenhohenzwennJhr nur unbescholtene,groß- jährigeUndfelbststandlgeMännerseid.Eskommtnichtda- raufan, obJhr tausendodernur einenThalerSteuern das Jahrüberbezahlt.EswirdEuchAllen dasStimmrecht ertheilt.Abergleiches StimmrechtgebenwirEuchdarum dochnicht.DasgrößteRecht muß vielmehrderhaben,der dieMelstenSteuern bezahlt.Seine Stimme mußso viel gelten,wiedievon 10oder 20oder100andern Staats- burgern.« Nun, bei einerAktiengesellschaftwoEiner blos mitseinemGeldedient, wäre daswohlganz inderOrdnung;

aberwenn man imStaate einenUnterschiedbeimStimm- recht machenwollte und dürfte,dann müßteman doch wenigstens sagen: »Dermußam meistenmitzureden haben, derdemStaate mit derbesten Einsicht,mit dergrößten Hingebung,derihminderStunde der Gefahr auchmit LeibundLebendient. Denn einMann, der zwar keinen PfennigdirekteSteuern bezahlt,deraberdurchseine Klug- heituns gute GesetzeundEinrichtungenverschafft,oderdurch seine TapferkeiteineSchlacht gewinnen hilft,ist dochdem Staate unduns Allentausendmal mehr werth,alsdererste besteSchlummerkopf,der alle-Vierteljahreeinen großen Beutel vollGeld indieSteuerkassebringt. Aberman sollbeim WahlrechtKeinen bevorzugen,weder, weil er reichist, nochweilman ihnfüreinenbesondersklugenund tapfernMann hält.Wernach seinenKräftenmitthatet,der soll auch mitrathen,woesamPlatzeist.Wo esabervor denWahlen gestattet ist,überallseineMeinung offenund ehrlichherauszusagen,dawird derklugeund einsichtsvolle Mann schonganzvon selbstseinen größerenAntheilam Stimmrechtehaben;denn aufseinen Rathwerden die Absiimmenden hören,wenn sie selbstnur verständigeLeute sind,undnicht aufdenRathderThorenoderderSelbst- süchtigenundHerrschbegierigen

«

» .

»Aberdaraufkommt esan, wenn namlich gute und verständige WahlenzuStande kommen-sollen,daß die Wähler wenigstensinihrerMehrzahlverstandige Männer sind,denendasGemeinwohl mehramHerzen liegt,alsihr

eigenesliebesIch. . ' .

»Unddatritt.nun dieschwierigeFraeein,obeswirk- lichgerathen ist,alle Männer von 25Jahren,wenn sienur

nicht vonGerichtswegen fürbescholten erklärt oder unter Kuratel gestelltsind, so ohneWeiteres zudenWahlenzu-

ulaen. -

z YJlitdemaltengutenWorte: »Wowirnichtmitrathen«, oder»Werdamitthatet,dersoll auchmitraihen«,kommen wirdanichtaus. Denn auchdie, die nochnicht25Jahre altsind,undgar vielesteueriahlendeFrauenthatendochauch mitundkeinem Menschenfälltesein, siezumMitrathenzu berufen.Denn dasMitthaten,daszumMitrathenberechtigt, sollnichtblos befohlenesunderzwungenes, sondern es soll einsreiwilligesundmitklaremVerständnißgeübtessein.

»Ichweißsehr wohl,daßesleicht gesagt,daßesaber unendlich schwer, ja daßesgeradezu unmöglich ist,Irgend

einen gerechtenund ausreichenden Maßstabzufinden,an welchemman ausmessen kann-, welchevon dengroßjährigen Männern im Staate dennöthigen Verstand,und welche unter denklugenLeuten dennöthigenguten Willen besttzeu,

um verständigund gewissenhaftzuwählen.JedesMittel, dasman vorschlagenkönnte,,vum dieUnfähigenvon dem Wahlrechte auszuschließen,WürdezutausendVerkehrtheiten führenunddieallerschlimmsten,jagefährlichstenUebelstände mitsich führen.

»Ichdachtewohleinmaldaran, Wenigstensdieauszu- schließen,welche nichtordentlich lesenUndschreibenkönnen, Jchmeinte nämlich,daßunter diesen,wenn auch sonstrecht ordentlichenundrechtschaffenenLeuten doch herzlich wenige wären,die dieFähigkeiteneinesAbgeordnetenzubeurtheilen verständen.Denn,so sagte ichmir,um überdieseurtheilen zukönnen,reichtesnichtaus,wenn man sichblosmitseinen NachbarnundFreunden,odermitdiesemoderjenem Manne von höherer BildungüberStaatsangelegenheiten bespricht.

Man muß doch auch selbstinZeitungenundBüchernlesen können,was andereLeutezuandernZeitenund anandern Orten überdieAngelegenheitendesStaatess esagt haben undheutesagen.Aberichüberlegtemirauch,daginPreußen

undüberhauptindemaußeröstreichischenDeutschlandglück- licherweisedieZahlder Leutesehr geringist, die keineBücher undZeitungenzulesen verstehen,unddaßdieselbeninunse- rem Staate, höchstensin denProvinzenPreußenundPosen undinOberschlesieneinigermaßenin’sGewicht fallenkönnten.

Auchsagteich mir, daßansolcherUnwissenheitzumgrößten TheilederStaat selbftund dieim besseren Wohlstande lebenden KlassenderGesellschaft schuld sind.Darum blieb ich dabei,daßdasallgemeinegleicheWahlrecht,wieesdie Regierung jetztvorschlägt, docham Endedasallein gerechte und trotzvieler Mißstände dochdasZweckmäßigste ist. Ja, esempsiehlt sich auchdarum, weilesdemStaate unddem gebildeterenTheiledes Volkesso recht eindringlichdiePflicht einschärft,mitallerAnstrengung derKräfte für Bildungund Gesittungauchunter denärmstenundoftnurallzu sehrver- nachlässigtenKlassenderGesellschaftzusorgen.

»Endlichdiegeheime Abstimmung.

»Man hatindenletztenJahren wohl oftundmitRecht gesagt, daßdieöffentlicheAbstimmung,wiesie auf Betrieb derReaktion imJahre1849eingeführtworden ist,den Mut und denCharaktergar vieler unserer»Mitbürger sichtli gestählthat« Aberjede Gefahr,diewir bekämpfenmüssen, erhöhtdieKraftdesMannes, und doch«wareeswohldie allerveikehrtesteBehauptung, daß »dieGesetzgeberdasRecht Odergar DiePflicht hätten,dieBürgerdesStaates ohne alleNothinGefahrenzustürzen,blosum siezutapfern Männernzuerziehen. Auch wissenwirauslangerschmerz- licherErfahrung,daß dieVerführungen,dieDrohungen»die Beschädigungen,durch welcheman Wahlenineinem gewissen Sinne erzielenwollte, garmanchenwackern Mann verhindern können,seine Wahlstimme abzugeben.Undwer zähltalle diesonst ehrlichenLeute,diedochschwachgenugsind,um aussündhafterMenschenfurchtge·gennhreUeberzeugungund ihrGewissenzustimmen? Esist keineFrage: Wenn man gerechtseinund wenn man Wahlen erzielenwill, »diedie EinsichtdieGesinnungundden WillendesVolkeswirklich ausdrücken,somußWM schlechterdingsdasgeheimeStimm- rechteinführen. Nur mußdasAbgeordnetcnhausauchsur solcheEinrichtungen sorgen, daßNiemand im Stande ·ist, demWähler inseinen Stimmzettelhineinzusehen,eheerihn indieUrne gesteckthat«.

VerlagvonAlexander Jenas inBerlin.DruckvonFranz Duncker inBerlln. BerantwortlicherRedakteurundHerausgebersDis. Lewlnftein in Berlin

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