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Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 10, No. 4

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Ja h rg a n g X . 1904. Nr. 4.

U nterricktsblätter

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

O rg an des V e rein s z u r F ö rd e ru n g

des U n te rric h ts in d e r M a th e m a tik u n d d en N a tu rw is se n sc h a fte n .

B egründet unter M itw irkung von B ernhard S ch w alb e,

herausgegeben von

F. P i e t z k e r ,

P ro fesso r am G ym n asiu m zu N o n ih a u sen .

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W . 3 0 . R e d a k t i o n : A lle fü r d ie R ed a k tio n b estim m ten M itteilu n g en und

S en d u n g e n w erd en nur an d ie A dresse des P ro f. P i e t z k e r in N o n fn a iiseii erb eten .

V e r e i n: A n m eld u n g en und B e itr a g sz a h lu n g e n fü r den V erein (3 Mk. J a h r e sb eitra g oder e in m a lig e r B e itr a g v o n 45 M k.) j sind an den S c h a tzm eiste r , P ro fesso r P r e s l e r 'in H an n over L in d en erstra sse 47, zu rich ten .

V e r l a g : Der B e z u g s p r e i s für den J a h r g a n g von 6 Num m ern is t 3 M ark, fü r e in z e ln e N um m ern GO P f . D ie V e re in sm it­

g lie d e r e rh a lte n die Z e itsc h r ift u n e n tg e ltlic h ; frühere J a h r ­ g ä n g e sind durch den V e rla g bez. e in e B u c h h d lg . zu b ezieh en . A n z e i g e n k o sten 25 P f. fü r d ie S -g esp . N o n p a r .-Z e ile ; bei A u fg a b e ha lb er od. g a n z e r S e ite n , so w ie bei W ied erh o lu n g en E n n ä ssig u n g . — B e ila g e g e b ü h r e n nach U eb erein k u n ft.

N achdruck der e in z e ln e n A r tik el is t, w e n n ü b erhaupt n ic h t besonders au sg en o m m en , nur m it g e n a u e r A n g a b e der Q uelle und m it der V erp flich tu n g der E in sen d u n g e in e s B eleg e x e m p la r s an den V e rla g g e sta tte t.

Inhalt:

D ie B ild u n gsau igab e der M athem atik im L ehrplan der höheren Schu len . V o n M a x N a t h . (S. 73). — D iskussion über den B etrieb der P h y sik als N atu rw issenschaft (S. 80). — "Weitere U ntersuchungen über N äherungsform eln zur B erech n u n g der L u d olfsch en Zahl. V on W . K o c h (S . 83). — K leinere M it­

teilun gen (S. 89). — V ereine und V ersam m lungen [76. V ersam m lu ng D eutsch er N aturforscher und A erzte in Breslau (S. 89). — B iicher-B esprechu ngen (S. 90). — Zur B esprech ung ein getr. B ücher (S. 92). — A n zeigen.

D ie B ild u n g sa u fg a b e der M ath em atik im L eh rp la n der h ö h eren Sch u len .

V orträg- au f der H aup tversam m lung zu H a lle (Saale).

V on M a x N a t l i (N ordhausen).

Meine hochgeehrten H erren! W enn ich, der Aufforderung unseres Vorstandes folgend, die Bildungsaufgabe der M athematik im Lehrplan der höheren Schulen zur Einleitung für unsere Besprechungen dieses Themas erörtere, so beab­

sichtige ich, Ihnen in meinen Ausführungen ein Bild der vielfachen Verhandlungen zu zeichnen, die seit langer Zeit darüber geführt worden sind, geführt worden sind nicht zum wenigsten in den Versammlungen unseres Vereins. E r­

w arten Sie also keine individuelle und besonders geartete Auffassung und Behandlung der Auf­

gabe. Nur eine Hervorhebung der hauptsäch­

lichsten S treitp unkte und eine Stellungnahme zu ihnen werden Sie finden. Und wenn ich um Ihre N achsicht b itte schon aus dem Grunde, weil ich m ir bew usst bin, dass unter Ihnen viele sind, die eine längere und ausgiebigere. U nter­

richtserfahrung haben, als m ir zur Verfügung steht, und die seit längerer Zeit und intensiver der F rage nachgedacht haben, die uns heute hier zusamm engeführt hat, so muss ich es noch besonders auch deswegen tun. weil ich ihrem

Studium wegen einer unvorhergesehenen Ab­

haltung nicht habe so viel Z eit widmen können, als ich bei der Uebernahme der A rbeit für möglich liielfc..

Ein philosophischer S chriftsteller unserer T ag e1) h at den B egriff der höheren Schulen dahin bestimmt, „dass es das leitende Prinzip des höheren U nterrichts sein muss, an einem zweckmässig ausgewählten Stoff die harmonische Entw ickelung aller derjenigen geistigen Kräfte in dem Individuum zur E ntfaltung zu bringen, die zur Erzeugung des gegebenen K ulturzustandes wirksam gewesen sind.“ Es ist m it R echt be­

m erkt w orden2), dass diese Definition sehr klar die in B etracht kommenden Begriffe hervorhebt, das O bjekt des U nterrichts, den Zögling, in dem K räfte geistiger A rt entw ickelt werden sollen, das Mittel dazu, den zweckmässig ausgewählten Stoff, endlich den Zweck, den Schüler zu b e­

fähigen, an dem K ulturzustande den rechten A nteil zu nehmen. Von dieser E rkläru ng aus-

!) F e r d i n a n d . T a k o b S c h m i d t " , die P h ilo ­ sop hie au f den höheren Schulen. P reussische L ehr­

bücher 1902. S. 4 6 1 — 482.

-) A l f r e d R a u s c h , Schü lerverein e, E rfahrungen und Grundsätze. H a lle a. S. 1904. S. 15 — auch in den V erh and lu ngen der 9. D irektorcnkonferenz der Provinz Sachsen 1903. B erlin, W eidm ann. S. 125.

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S. 74.

U NTERBICH TSBLÄ TTER.

Jah rg . K. No: 4.

geliend lassen Sie uns einen Blick werfen auf die Besonderheit anderer Bildungsveran­

staltungen, um für die Stellung und Aufgabe des m athem atischen U nterrichts an den höheren Schulen die Folgerungen zu ziehen.

E ntw ickelung geistiger K räfte erscheint als das Ziel des höheren U nterrichts. Tn dieser Zweckbestim mung fehlt die B erücksichtigung bestim m ter B erufsarten. N ur das eine wird an der Beschaffenheit dieser Geistesentw ickelung hervorgehoben, dass sie dem Zöglinge die tä tig e 3) Teilnahme an den durch die K ulturentw ickelung geschaffenen Verhältnissen ermöglichen soll.

Aber, wird man sagen, den Hochschulen, der Universitas literarum , w ohnt diese Absicht in noch höherem Masse bei. B etrachtet man die Dinge, entkleidet von dem schmückenden R anken­

werk überlieferter Beiworte, so sieht man, dass es in W irklichkeit etw as anders steht. W er die Hochschule bezieht, sucht Bildung — V o r ­ bildung, aber Vorbildung für das Eingreifen in die K ulturverhältnisse nach einer b e s t i m m t e n R ichtung, er sucht F a c h b ild u n g . Die H och­

schule b ietet sie ihm, wie die Fachschule ih rer­

seits dem, der sie aufsucht, eine Fachausbildung überliefert. Verschieden ist der U m f a n g und die G e s t a l t u n g dieser Fachbildung, ver­

schieden der W e g , auf dem man sie an jeder Stelle gew innt. Die Hochschule entw ickelt von den Prinzipien her, aus den inneren Gründen der Sache, historisch und system atisch vor dem H örer einen W issenszusammenhang, dessen dieser später einmal fü r die Ausübung eines Berufes sich wird bedienen müssen. Sie w ünscht vor allem, dass der H örer diesen Zusammenhang als solchen sich zu eigen mache, sie sucht ihn zu befähigen, dass er an der engeren Ver­

knüpfung und an der E rw eiterung dieses W issens selbständig sich beteilige, sie überlässt ihm, für die Anwendung im B eruf das Gegebene nach seinen Bedürfnissen zu verarbeiten. Anders die Fachschule. Den Stoff, den sie liefert, ver­

k nüpft sie auf das engste m it seiner Anwendung in einer bestim mten T ätigkeit, sie w ählt aus, was für die Verwendung von W e rt sein kann, sie verzichtet auf V ollständigkeit und system a­

tische G estaltung zu gunsten der schnellen und bequemen B enutzbarkeit des D argebotenen; wo sie auf Probleme zu sprechen kommt, ergeben sich diese aus der Anwendung, die das W issen finden soll, nicht aus dem W issen selbst. F a c h ­ bildung bieten sie also beide, die Hochschule, wie die Fachschule; die Hochschule in der Ab­

sicht, den Lernenden zu wissenschaftlicher E r­

fassung und Behandlung der für sein Fach nötigen Kenntnisse zu befähigen, die Fachschule,

3) So F r. Paulsen gegen ü ber stark betont von F r . P i e t z k e r , H um anism us und Schu lzw eck. Braun­

sch w eig, S a lle. 1889. S. 44, S . 53.

indem sie die Ausbildung für einen B eruf durch die D arbietung des nötigen W issens und seiner Verw ertung in dem Fache herbeizuführen sich bestrebt.

Diesen Zielen gegenüber ist die A bsicht der höheren Schule, die man als Bildungsschule be­

zeichnen kann, eine allgemeine, zugleich eine propädeutische, vorbereitend auf die spätere besondere Vorbildung für den Lebensberuf. Aber ohne B erücksichtigung irgend eines besonderen Berufs hat sie zum Ziel „diejenige allgemeine Reife des Denkens und W ollens, diejenige geistige und sittliche Ausbildung der P ersön­

lichkeit, welche den Menschen befähigt, sich m it E rfolg für die besonderen leitenden Berufe vorzubereiten, deren Aufgabe es ist, die Nation auf der Bahn der Bildung und G esittung zu erhalten und vorw ärts zu fü hren “ 4), sie is t be­

streb t, in ihren Schülern zu entw ickeln „klare und tiefe, zum W issen dringende E r k e n n t n i s der natürlichen und geschichtlichen W irklichkeit, sicheres U r t e i l über die eigenen Verhältnisse und Aufgaben, einen festen, durch die höchsten menschlichen Zwecke bestim m ten W i l l e n . “ “)

Aus zweckmässig ausgew ählten Stoffen be­

m üht sich die höhere Schule diese Entw ickelung in Bewegung zu setzen. Sie h at in ihren L eh r­

plänen den Kreis dieser Stoffe umschrieben, und in ihm ist seit langer Zeit auch unsere W issen­

schaft einbegriffen. Ein gewisses Mass sicheren und geordneten W issens, zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten verschieden weit ausgedehnt oder eingeengt, ist als das Ziel des mathem atischen U nterrichts bezeichnet, in den z, Z. gültigen Lehrplänen wie in allen früheren.

Ueberlieferung positiver Kenntnisse ist also die nächste Aufgabe unserer T ätigkeit. Man kann streiten, ob sie die w ichtigste ist, und wir werden darüber reden, in w elcher Ausdehnung sie zu lösen sei. Jedenfalls ist sie e i n e unserer Aufgaben, der w ir uns keinesfalls entziehen können. Aber w ir teilen sie m it den V ertretern der anderen Fächer, die zu jenem Kreise zweck­

m ässig gew ählten Bildungsstoffes gehören. Doch wie bei allen anderen Gegenständen des U n ter­

richts ist die Ueberlieferung des Stoffes nur e i n e Aufgabe, die uns obliegt. W ie der Sprach­

un terricht sich nicht dam it begnügen kann, die Form der Sprache, die Bedeutungen der W orte, ihre Abwandlung in D eklination und Konjugation, die Satzfügung und den Sprachgebrauch dem Gedächtnis und dem Verstände des Schülers nahe zu bringen, wie vielmehr erst in der An-

4) M a x S i m o n , D idak tik und M eth odik des m athem atischen U nterrichts, in : A . B aum eister, H and­

buch der E rzieh un gs- und U n terrichtslehre für höhere Schu len . M ünchen, 0 . H . B eck . 1898. B d . IV . S. 20.

“) F r . P a n I s e n , A rtik el „ B ild u n g “ in : W . R ein . E n zyk lop äd isch es H and buch der P ä d agogik . 2. Aufl, Langensalza, Beyer. 1. S. 662.

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1904. No. 4.

Di e Bi l d u n g s a u f g a b e d e r M a t h e m a t i k.

S. 75.

leitung und Gewöhnung zur Anwendung dieses Stoffes in der L ektüre und im eigenen Gebrauch der Sprache die sachliche Aufgabe des Sprach­

unterrichts sich erschöpft, so genügt auch der m athem atische U nterricht seiner Bestimmung erst dann, wenn er die Schüler befähigt, die erworbenen Kenntnisse in selbständiger A rbeit richtig anzuwenden. W issen, aber ebensosehr Fähigkeit, das W issen anzuwenden, ist das Ziel des U nterrichts. Das materiale Ziel, dem das formale gegenübersteht. Dass dieses Ziel, all­

gemeine Schulung und Bildung des Geistes, das w ichtigere sei, wird oft genug betont. Auf die Summe der Einzelkenntnisse komme es nicht an, die Hauptsache sei, dass der Schüler an­

schauen, dass er denken lerne, je nach der A rt des Lehrgegenstandes, m it dem die Schule ihn besch äftig t6). Aber, so sehr ich die W ich­

tig k eit dieses E rtrages unserer T ätig k eit schätze,

— um die Punktionen des Geistes in Bewegung zu setzen, bedarf es eines S t o f f e s , an dem sie ausgeiibt werden können. Diesen Stoff in irgend einer Umgrenzung zu überliefern, ist die e r s t e A ufgabe; die zweite, ihn s o zu überliefern, dass allgemeine Geistesbildung an ihm möglich sei.

Von der Um grenzung des m athem atischen Lehrstoffes wäre also zunächst zu sprechen.

V ielleicht w ar es einmal möglich, für alle höheren L ehranstalten das Ziel des m athem a­

tischen U nterrichts bezüglich des Stoffes gleich hoch — oder gleich niedrig — anzusetzen.7) Es wird das zu einer Zeit gewesen sein, wo die Lehrpläne hervorhoben, was die einzelnen Schultypen einander annäherte. Die j e t z i g e n Lehrpläne betonen ihre E igenart. Es ist m it R echt darauf hingewiesen worden, wie in dem je tz t abgeschlossenen Schulkampfe die kulturelle Bewegung sich spiegele, „gemäss w elcher die m athem atisch-naturw issenschaftliche Forschung in der allgemeinen Auffassung siegreich neben die. philologisch-historische getreten ist, nicht um jene überhaupt zu verdrängen, sondern um sich m it ih r in die H errschaft gleichm ässig zu teilen.“ 8) „Es gab eine Zeit, in welcher a lt­

sprachlich-historische B ildung tatsächlich m it F ug und Recht; als Allgemeinbildung bezeichnet werden durfte, dagegen m athem atisch-natur­

w issenschaftliche B ildung als Berufsbildung.

Diese Z eit ist vorüber, und man hat langsam aber sicher erkannt, dass der Begriff der Allge­

m einbildung eine V a r i a b l e ist und keine K onstante“, s) man bat sich entschlossen, die

6j H . S c h o t t e n , W issen sch aft und Schu le, in : U n terrich tsb l. f. M athem . u. N aturw . 1900. S. 40.

") A . W e r n i c k o . K ultur u .S c h u le . O sterw ieck a .H . 1895. S. 192.

s) A . W e r n i c k e , A llg em ein b ild u n g und B erufs­

b ildu ng, in : Ztschr. f. m athem . und natu nv. U nterricht.

X X I X . S . 381.

9) A . W e r n i c k e , a. a. 0 . S. 383,

«.

G leichw ertigkeit verschieden g efü hrter Bildungs­

wege anzuerkennen, man hat den Schulorga- nismen das R echt ihrer E igenart zugestanden.

Aus der E igenart der Schulorganism en er­

g ib t sich nun eine verschiedene Umgrenzung des m athem atischen Lehrstoffes, ergibt sich, dass er für die R ealanstalten einen w eiteren Umfang haben kann, als für das Gymnasium.

Die E igenart der A nstalten b esteh t in der Ver­

schiedenheit des W eges, auf dem sie zu dem­

selben Ziele, zur Bildung, zum V erständnis des K ulturlebens, dem w ir angeboren, zur Fähigkeit, in dieses einzugreifen, leiten. Der W eg ist die M itteilung verschiedenartiger K enntnisse, die Uebung und Ausbildung des Geistes an ihnen.

Dem Gymnasium ist die historische Vertiefung eigentümlich, der W eg durch die Vergangenheit, die O rientierung an den Verhältnissen des A lter­

tums, — den R ealanstalten das Studium der Sprachen und des Lebens m oderner Völker, die B etrachtung der Naturerscheinungen und die V ertiefung in die Gesetze des N aturgeschehens.

Gemeinsam sind daneben beiden Schulformen eine Anzahl solcher Lehrgegenstände, deren die B ildung der G egenw art in keinem Palle entraten kann, gemeinsam ist beiden auch der m athe­

matische U nterricht. Aber er kann je tz t „je nach Bedürfnis und im Zusammenhang m it dem allgemeinen Bildungsziele der A nstalt bald mehr die eine, bald mehr die andere Seite hervor­

kehren ; erst die G esam theit der nebeneinander stellenden A nstalten h at sozusagen für die ganze V ielseitigkeit der W issenschaft aufzukommen.“ 10)

Es hat nicht an Stimmen gefehlt, die den Umfang des m athem atischen U nterrichts am Gymnasium zu erw eitern rieten, es h at nicht an Versuchen gem angelt — g elun gen enn ), und gewiss auch nicht an verfehlten — die Möglich­

keit zu erweisen. Ein E rfolg war ihnen nicht beschieden. Der Umkreis des W issens, wie ihn die Lehrpläne des vergangenen Jah rhu nderts im wesentlichen gleichartig festgelegt hatten, ist 1892 durch die Einfügung der Lehre von den Kegelschnitten um ein Stück vergrössert worden. Die Lehrpläne von 1901 haben diesem Bestände etwas w esentliches nicht hinzugefügt,

—- denn die W iedereinführung der 1892 aus­

gem erzten Kom binatorik und W ahrscheinlich- keitslehre wird als eine Verm ehrung doch wohl kaum in b etrach t kommen können. So ist die Lehraufgabe nach wie vor im wesentlichen das geblieben, was man als Elem entarm athem atik seit langer Zeit von der höheren M athematik sondert. V erzicht leistend auf eine E rw eiterung des Pensums gehen andere W ünsche dahin, in

10) F e l i x K l e i n , der U n terricht in der M athe­

m atik in : W . L ex is, D ie R eform des höheren S ch u l­

w esens in P reussen. H a lle a. S., W aisenhaus. 1902.

S. 263.

J1) Man denke an C. Sch ellb ach s T ätigk eit.

(4)

S. 76.

U N TER RICHTSBLÄTTER.

Jahrg.' X. No. 4.

der Behandlung und D arstellung des Stoffes andere W ege einzuschlagen. Die S ta rrh e it der Euklidischen Geometrie ist beklagt worden, die, wie sie schon an dem G rundw erke des A lt­

meisters das Verständnis erschw ere, auch in den neueren B earbeitungen ein Hindernis bilde, j ohne dass doch die jüngeren Erzeugnisse die

j

Vorzüge des Vorbildes sich erhalten h ä tte n .12) E inführung moderner B etrachtungsw eisen, eine

„Umbildung vieler Teile der in der Schule ge­

lehrten Geometrie an der Hand der neueren Geometrie ist für ein Bedürfnis der Zeit er­

k lä rt“ IS) worden. Und in verschiedenem Um­

fange ist auch der Versuch dazu gemacht worden.

F ü r die ersten Anfänge w enigstens hat man unternommen, „durch Drehen, W enden und Verschieben der Figuren die Anschaulichkeit und die K larheit des Verständnisses der F igur und ihrer Beziehungen zu steig ern , zugleich die Anforderungen an das Gedächtnis der Schüler zu verm indern“, u ) man h at im Gebiet der Kongruenz die vier Kongruenzsätze durch die Sätze der axialen und zentralen Symmetrie ersetzt, man h at bei der B ehandlung der Aehn- lichkeit die Definition auf die perspektivische Lage gegründet“, 15) u. dgl. m. F ehlte es an Zeit und Raum, die neuere Geometrie selbst in die Schule einzuführen, so suchte man in den Elem enten doch ihren Methoden G eltung zu verschaffen. Die Versuche blieben nicht ohne W id ersp ru ch ; gegenüber den B estrebungen, die Geometrie der Lage im U nterricht zu behandeln, hat man es unternomm en, „die Geometrie des Masses nach Euklid als Ausfluss e i n e s Prinzips kennen zu lehren und dabei gleichzeitig ihre Stellung im Organismus unseres W issens zu bestim m en.“ 18) Auch die A rithm etik h at man einer ähnlichen U m arbeitung zu unterw erfen ver-

12) H u b e r t M ü l l e r , B esitzt die h eu tige Schtil- geom eü 'ic » o ch die V orzüge des E uk lid isch en O riginals?

M etz, G. Scriba. 1889.

13) A eu sseru n g von A l f r e d C l c b s c h , vergl.

H u b e r t M ü l l e r , L eitfa d en der ebenen G eom etrie m it B en u tzu n g neuerer A n schau ungsw eisen . L e ip zig , B . G. T eubner. 1878. S. II I.

ll ) H e n r i c i und T r e u t l e i n , Lehrbuch der E lem entargeom etrie. L eip zig , B . G .T eu b n er. 1897. S. III.

,5) H u b e r t M ü l l e r , a. a. O. S. V u. VI . 16) A i W e r n i c k e , G rundzüge der E uk lid isch en G eom etrie des M asses. B rau n sch w eig 1887. B eila g e zum Jaliresber. d. H erzog!. N euen G ym nasium s. S . 1.

— V erg l. J o l i. K . B e c k e r . D ie M ath em atik als L ehr- g egen stan d des G ym nasium s. B erlin, W eid m ann. 1883.

S. 24. „D ie F an atiker der projektivisch cn G eom etrie vergessen, dass die G eom etrie des M asses und der F orm . . . . zwar m anche B erührungspunkte m it der G eom etrie der L a g e hat, im Ganzen aber davon unab­

h ä n g ig ist und dieser also n ich t un tergeord net w erden kann, ohne dass m an ih r G ew alt an tu t; dass m an also n ich t das vergeblich e U nternehm en versuchen soll, zu verein igen , was nich t ziisam m engehört, statt den P rin ­ zip ien nachzuforschen, nach w elch en auch die G eom etrie des M asses und der Form in ihrer W e ise en tw ick elt w erden kann, die sie als W issen sch aft auf die g leiche S tu fe der V ollkom m en h eit bringt, d ie d ie G eom etrie

i sucht, indem man die Strenge und Schärfe modern- : wissenschaftlicher Begriffsbildung, Schlussfolge­

rung und Beweisführung in die Schule ü b ertru g .17) Die Lehrbüchererseheinungen bieten ein buntes B ild dieser w iderstreitenden Tendenzen, z. T.

ein H inausschreiten über die bisherigen Ziele des Gymnasiums durch die Einfügung neuer Gebiete, z. T. den Versuch, den gegebenen Lehr­

stoff nach neuen G esichtspunkten zu bearbeiten, endlich eine nicht geringe Zahl, die kurz und g u t in hergebrachter Form den hergebrachten Stoff behandelt.

Nun, eine U eberschreitung der Grenzen der Elem entar-M athem atik wird der U nterricht am Gymnasium wohl nu r gelegentlich, nicht ohne die Gefahr des M isslingens, sich gestatten können. Die Zeit, die zur Verfügung steht, die Anforderungen an die Leistungskraft der Schüler, die er stellen darf, sie reichen dazu im allgemeinen sicherlich nicht aus. Wem es gelingt, der möge dessen sich freuen und an seiner Stelle das Seine tun, — es ist auch zu wünschen und zu hoffen18), dass es ihm nicht gew ehrt wird, falls er es leisten kann ohne B eeinträchtigung anderer Interessen, — aber er möge nicht fordern, dass anderen b e f o h l e n werde, was ihm besonders günstige Umstände erm öglichten. Die E igenart des Gymnasiums

der L a g e erreich t.“ S. 5 9 : „W as ferner den S to ff an- betriift, so is t doch zunächst die G eom etrie des M asses und der Form w ich tiger als d ie der L age, und es ist zw eckm ässiger, erst die F igu ren selb st zu betrachten, ehe man von ihrer kongruenten oder ähnlichen A b ­ b ild u n g und den B ezieh un gen zw ischen Original utul P rojektion handelt. . . . Es kann nur verwirren, wenn m an g leich anfangs von Strahlenbüscheln und P arallel­

scharen spricht, V ieleck e und V ielseite unterscheidet, das V ie le c k bloss als G eb ild e aus Geraden und P un k ten definiert und dann doch von seiner F lä ch e spricht, p o sitiv e und n eg a tiv e F läch en u n terscheidet, Punkto und gerad e L in ien p ersp ek tivisch aufeinander bezieh t u. dgl. m. . . . H a t es nun auch keinen Z w eck, m ehr aus der G eom etrie der L a g e in die E lem en targeom etrie heruberzunehm eu, als auch schon zum besseren Ver­

ständnis der E ig en sch a ften der F ig u r und der sich in derselben aussprechenden G esetze erforderlich ist, so darf man in dem B estreben, auseinandcrzukalten, was n ich t zusainm engehört, doch w ieder n ich t zu w eit gehen.

D ie B ezieh u n gen der Sym m etrie zw ischen P u n k t und G erade (zen trische und sym m etrische F ig u ren ), d ie R elation en zw ischen Strahlenbüschel und Parallel schar, die B egriffe von Zentrum , Durchm esser, kon jugierten D urchm esserpaaren, harm onischen P unk t- und Strahlcn- paaren geh ö ren zw eifellos auch in die E lem e n te.“

17) Z. B . F r . M e y e r , E lem en te der A rith m etik und A lgebra. 2. A ufl. H a lle a. S., H . W . Schm idt. 1875.

— F . A u g u s t , D ie E lem en te der A lgeb ra für die M ittel­

klassen höherer Schu len . B erlin. W inckelm an n. 1875.

— 0 . R e i c h e l , D ie G rundlagen der A rith m etik unter E in fü h ru n g form aler Z ahlb egriffe. 2 T eile. B erlin, H au d e und Spener. 1886 u. 1890. — K . S c h w e r i n g , A n fangsgrün de der A rith m etik u. A lgeb ra. F rcib urg i. Br.

H erder. 1893.

I8J V ergl. A d o l f M a t t h i a s , D ie P lle g e der E igen art in unseren höheren S ch u len , in : D eutsche M onatssch rift für das gesam te L eben der G egenw art.

H I . H eft 7 (A p ril 1904). S. 4 0 51, bes. S. 49 ff.

(5)

1 9 0 4 .

No.

4 . Di e Bi l d u n g sAu f g a b e d e r Ma t h e m a t i k.

S.

7 7 .

als der Schule der historischen Bildung, die Ansprüche, die d i e s e Bildung an die Zeit und K raft des Schülers stellt, sie n ö t i g t , nicht der B e d e u t u n g , wohl aber dem U m f a n g e nach, die exakten Fächer zurücktreten zu lassen.

Zusammenhang und G ründlichkeit des W issens, Sicherheit des Könnens lassen sich nur auf einem kleinen, auf dem abgegrenzten Gebiet der Elem entarm athem atik, erreichen. Es ändert daran nichts, wenn seit 1892 der Koordinaten-

1

begriff und die Lehre von den K egelschnitten j im Lehrplan steht, wenn 1901 die Behandlung j des Funktionsbegriffes empfohlen wird. Es gilt doch hier nicht eine system atische Be­

handlung zu g e b e n , sondern Ausblicke und Orientierungen, Vorbereitungen des Schülers für die neuen Anschauungen, die der H ochschul­

unterricht ihm nahe führen w ird .19) Dieser Aufgabe kann es dann auch dienen, wenn — ur­

sprünglich aus Gründen der Vereinfachung und Erleichterung, — von der althergebrachten D ar­

stellung abgegangen wird, wenn die Anschau­

ungen und Methoden neuerer W issenschaft in den Lehrstoff der Scliiilmathematik eingeführt w erden.20) Aber kein Hinausgehen über dieses Gebiet in m aterialer Beziehung, auch nicht aus Rücksicht auf die N aturw issenschaften, etw a auf das bessere und tiefere Verständnis von P hysik und Astronomie ! Kein Schüler bat je tz t ein Recht, dem Gymnasium daraus einen Vor­

w urf zu machen, dass er zu kurz gekommen sei bei der B elehrung in den exaktw issenschaft­

lichen Fächern. W ie das Gymnasium heute sein s o l l und sein k a n n , m u s s und k a n n es sich B eschränkungen auferlegen. Es kann m it F ug und R echt darauf verweisen, dass ja die Schw esteranstalten bieten, was bei ihm vermisst wird, und dass je tz t keine äussere R ücksicht mehr n ö tig t, den sachlich minder genehmen Bildungsweg zu wählen.

An den R ealanstalten liegen die Verhältnisse anders. Die neuen Lehrpläne haben die Dis­

ziplin der darstellenden Geometrie dem U nter- , richtsstoife hinzugefügt und einen oft ausge- i ---

,0) V ergl. W . M ü n c h , G eist des L ehram ts. B erlin, ] R eim er. 1904. S. 4 3 4 : „W as von den schw ierigeren m athem atisch en G ebieten den H öh epu nk t und A bschluss des gesam ten höheren Schulunterrichts bilden soll, u n terlieg t noch dem M ein u n gsstreite; erste E in b lick e jed en falls in die je n se itig e n G eb iete m öch te m an gern noch verm itteln , auch um Jnteressse m it au f den W eg zu g e b e n .“

20) H . S c h o t t e n , In h a lt und M eth ode des plani- m etrischen U nterrichts. L e ip zig , B . G. T eubner. 1890.

I. 8 . 2 2 : „D agegen m uss entschieden ein e R eform des plan im etrischen E lem entar-U nterrichts g eford ert w erden in dem S in n e, dass die neueren M ethoden, insofern als sie das V erständnis und die E in sich t nich t erschweren, sondern erleichtern, und insofern als sie grössere A n ­ sch au lich k eit und natürlichere B ew eisfü hru n g gew ähren,

‘dem geom etrisch en E lem entar-! nterricht dienstbar g e ­ m acht w erd en .“

sprochenen W unsch befriedigt. Einem zweiten gegenüber, der Einführung der Elem ente der Infinitesim alrechnung, haben sie sich spröder verhalten. Ich stehe nicht a n , meine Ansicht dahin auszusprechen, dass diese Einführung wünschenswert, in der N atur der Sache liegend und dass sie möglich sei. Die Stimmen, die sie fordern, haben sich je länger je m ehr ver­

stärk t, gem ehrt an Zahl und an Gewicht, ge­

m ehrt aus dem Kreise der L ehrer an (len R ealanstalten, 2!) selbst wie aus dem der Hoch­

schullehrer. ss) Man h a t unter den letzteren nicht immer so g e d a c h t,23) man hat sicli oft g e g e n diese F orderung ausgesprochen, m it dem Bedenken, dass die jungen Leute auf den Hochschulen den Anfangsvorlesungen dann nicht die nötige Aufm erksam keit und Sorgfalt zu­

wenden möchten, dass die Strenge w issenschaft­

licher U ntersuchung aber in den Unterweisungen der Schule schon aus Mangel an Zeit nicht werde zu erreichen sein. J e tz t fordert man oft diese Unterweisungen, weil u nter -ihrer Voraus­

setzung sich die H ochschulvorträge von vorn herein anders würden gestalten lassen. Aus anderen Beweggründen stellen wohl die L ehrer der höheren Schulen ihre F orderung. W as für mich die H auptsache ist, was mich dazu geführt hat, sie zu der meinen zu machen, das ist die E igenart der realistischen L eh ran stalten , die Bedeutung, die auf ihnen die M athem atik als L ehrgegenständ und B ildungsfaktor sowohl an und für sich als auch als H ilfsm ittel für die N aturerkenntnis hat. Es hat für mich sehl- wenig B edeutung, dass für den Mediziner und den V erw altungsbeam ten. für den Chemiker und den Nationalökonom en Kenntnis der Infini­

tesim alrechnung von W ert ist. Diesem Bedürfnis könnte durch E inrichtung besonderer Kurse an den Hochschulen, wie für das Lateinische und Griechische, abgeholfen werden. Aber so gewiss auch die R ealanstalten nu r E l e m e n t e der M athematik lehren können und lehren sollen, so muss doch der Begriff „Elem ente“ hier anders gefasst werden. Man kann von Elementen

21) A. T h a e r , D ifferentialrech nun g au f R e a l­

anstalten, in: M onatsschrift für höh ere S ch alen , I I I . S. 8 6 — 89. — H . S e e g e r , R em erkungen über A b ­ gren zu ng und V erw ertun g des U n terrichts in den E lem en ten der In fin itesim alrech nu ng. G üstrow . Opitz.

1894. — G. K e w i t s c h , H öhere A n alysis in der Schu le, in: U nterr.-B ). für M ath. u. N atu n v. H I . S. 53 ff.

23> V or allem je tz t E . K l e i n , a u f der Sehul- konferenz 1900 (V erh and lu ngen S. 154) und zu letzt wohl in : U eber den m athem atisch en U n terrich t au f höheren Schulen (Ztschr. d. deutschen M a th em atik er-V erein igu n g X L 3 und auch Ztschr. f. m ath. u. n atu n v. U nterricht X X X I I I . S. 114 11'.), dann auch W . L e x i s und G.

H a u c k in dem G utachten zur Schulkonferenz (V e r ­ handlungen S . 383 u. 391.)

->3) Z. B . A . W e r n i c k e , K u ltu r und Schule, S. 191 u. 1 9 2 ; S l a b y , G utachten zur Schulkonferenz 1900. (V erh and lu ngen S. 377 11’., besonders S. 382).

(6)

S. 78. U NT E R R I C H T S B L Ä T T ER .

Jahrg. X. No. 4.

der M athem atik sprechen in dem Sinne, dass man darunter alle Grundbegriffe, die Fundam en­

talsätze und H auptm ethoden aller Gebiete ver­

ste h t.24) In diesem Sinne das U nterrichtsgebiet der R ealanstalten erw eitern zu wollen, wäre natürlich nicht möglich. Aber unter den neuen

„Elem enten“ nehmen die Elem ente der Infini­

tesim alrechnung immer noch eine besondere Stelle ein , ausgezeichnet einmal durch ihre historische Bedeutung, ausgezeichnet noch m ehr durch ihre Verwendbarkeit. Von der ganz j ein'zigen B edeutung, die für die E ntw ickelung der M athem atik der Begriff’ der Stetigkeit, des Unendlichkleinen, des Differentialquotienten und des Integrals gehabt hat, eine Vorstellung zu gew ähren, scheint m ir einer höheren Schule anzustehen, die so, wie die • R ealanstalten es tun, die M athematik in die vorderste Reihe der B ildungsfächer schiebt. Is t man der Ansicht, dass E inführung in die antike Philosophie zu den Aufgaben des Gymnasiums gehöre und glaubt man dieser Aufgabe gerecht zu werden, indem man zwei bis drei platonische Dialoge m it den Schülern liest, so meine ich, müsste es auch hier möglich sein, aus dem w eiten Gebiet der Infinitesim alrechnung eine Auswahl | zu treffen, die es ermöglicht, dass der Schüler das Rechnungsm'ässige sich zu eigen mache, und dass er eine Vorstellung erhalte von dem gew altigen Rüstzeug, das der Mensch m it dieser W issenschaft in der Hand hält. Die Aus­

führung der Forderung mag auf Schwierigkeiten stossen. Es werden vielleicht m a n c h e Schüler das Gebotene nicht verarbeiten können. Aber verarbeiten alle Gymnasiasten, was ihnen in Plato und Sophokles geboten w ird? Und hat man schon daran gedacht, diese S chriftsteller von der Schule zu verbannen, weil einige Schüler ihnen nicht gewachsen sind ? Man behält sie bei und m isst an ihnen die Geister. Man hält sie, weil die E igenart der L ehranstalt sie fordert. Ziehen wir die Konsequenzen. E in st­

mals h a b e n realistische L ehranstalten ihre Schüler in die Infinitesim alkalkül eingeführt,25) sie haben davon A bstand nehmen müssen aus äusseren Gründen. Es sind aber auch je tz t wohl noch einige m it Erfolg bem üht, die Leistungen auf ihrer alten Höhe zu halten.

Mir selbst fehlen ja freilich Erfahrungen in diesem U nterricht. Aber die Diskussion bietet vielleicht Gelegenheit, aus erfahrenem Munde B ericht über die Erfolge zu erhalten. Man 2G)

-1) V ergl. dazu E . u. U . D i i h r i n g , N eu e G rund­

m ittel und E rfin du ngen zur A n alysis, A lgebra usw.

L eip zig, Fues. 1884. K ap. 1(3, bes. S . 414 IV.

aä) In W iesbaden bei T r a u g o t t M ü l l e r und U n v e r z a g t , in G üstrow bei S e e g e r , in Berlin bei G a l l e n k a m p und wohl noch an m ancher anderen S telle.

2G) V or allem G. H o l z m ü l l e r , an vielen Orten und zuletzt in der M onatsschrift für höhere Schulen.

I I . S. 5 5 7 : I s t es m ö g lich und w ünschensw ert, die

h at gegen die F orderung eingewendet, dass die Z eit zu knapp sei, dass die Kenntnisse nur oberflächlich sein könnten, dass sich ein mecha­

nisches, gedankenloses Handhaben des Ver­

fahrens ergeben würde. Die Zeit i s t knapp, das gebe ich zu, — sie wird auch stets knapp bleiben, so sehr man durch Ausscheidung alles Entbehrlichen, gewohnheitsmäsSig Ueberlieferten an Stoff und Hebungen bemüht' sein mag, Klar­

h eit des W issens und K raft des Könnens der Schüler fü r die Einführung in die neuen Vor­

stellungen zu bereiten.

Es soll ja aber an den R ealanstalten auch kein Kolleg über Differential- und In teg ral­

rechnung gelesen werden, es sollen nicht alle Subtilitäten der Funktionentheorie behandelt werden. Das geschieht ja wohl auch je tz t noch nicht in den Vorlesungen der Hochschulen.

Auch je tz t, wie zu meiner Z eit, bietet die Anfangsvorlesung doch wohl ganz einfach und simpel A nleitung und Uebung zur gew andten und sicheren Handhabung des Kalküls und dem nächst die Anwendungen auf Geometrie, Analysis und M echanik.27) W as auf den Real­

anstalten zu erreichen wäre, das h a t ein Freund der Sache vor kurzem so form uliert: „A nleitung zur system atischen Trennung des W esentlichen vom Unwesentlichen, Vereinfachung der Lehre von den Reihen und von den extremen W erten, von den Tangenten, schärfere Begründung der Exhanstionsm ethode, der Bewegungslehre wie der mathem atischen Teile der Physik überhaupt, Gelegenheit, die ganze M athem atik unter einem neuen G esichtspunkt zu wiederholen. . . . Der Prim aner w ird gezwungen, die Potenz-, Wurzel-, Logarithm enlehre und die Goniometrie sich w ieder zu eigen zu machen, die Anwendungen führen ihn an planimetriscHe, trigonom etrische und stereom etrische Aufgaben, von der eigent­

lichen analytischen Geometrie, d. h. von der Anwendung der Analysis auf Geometrie erhält

D ifferential- und In tegralrech nu ng in den L ehrplan der höheren Schu le aufzunehm en? V ergl. auch K. F r a n z , Zur F rage des U nterrichts in der In fin itesim alrech nu ng an den höheren Schu len , in U n terr.-B l. für M ath, und N aturw . X . S. 33.

V ergl. H . B u r c k l i a r d t , M athem atisches und natu rw issenschaftlich es D enken in: Ztschr. d. D eutsch en M a th em atik er-V erein igu n g. X I . S. 49 ff., bes. S. 5(3:

„Dem angehenden J ü n g er der M ath em atik w ürde ich raten, sogleich m it beiden Füssen in die D ifferential- nnd In tegralrech n u n g zu springen. D iese D isziplin kann man so vortragen, dass m an dab ei g a r nicht danach fragt, w ie es d ie A n alysis anfängt, der F ord erun g der G eom etrie g erech t zu w erd en , sondern in den en t­

scheidenden Punk ten an die geom etrisch e A n schau ung ap p elliert.“ — E benso F. K l e i n , a . a . O . S. 121: ..Ich w ünsche ein e praktische D ifferential- un d In teg ra l­

rechnung, w elch e sich a u f d ie einfach sten B ezieh ungen beschränkt und diese an der H and der dem Schü ler bereits geläu figen N atu rvorgän ge fortgesetzt veran­

sch au lich t.“

(7)

1904. No. 4.

Di e Bi l d u n g s a u f g a b e d e r Ma t h e m a t i k.

S. 79.

er erst hier eine klare V orstellung.“ 28) Ob eine solche Einführung als oberflächlich zu bezeichnen wäre, erscheint mir doch sehr disku­

tabel. Und dass das Verfahren nicht mechanisch wird, hätte der L ehrer zu verhüten, ebensoweit wenigstens zu verhüten, als auch z. B. das Radizieren und Logarithm ieren nicht zu einer mechanischen Operation wird.

Wie w eit oder wie eng wir aber auch den Kreis m athem atischer Belehrung zieh e n , die Forderung, dass „das erste und unbedingte Erfordernis auf allen Gebieten des Schulunter­

richts ein gediegenes und verständnisvolles W issen sein m üsse“ 20), g ilt stets für sie. Und icli möchte die F orderung um so stärk e r be­

tonen, je mehr ich Gewicht lege auf die andere Seite, auf die Befähigung der Schüler, das W issen in Können umzusetzen, es in selbst­

ständiger A rbeit zu verwerten. Ich halte es für durchaus richtig, dass „ohne festes, voll verstandenes W issen ein Können ganz unmöglich is t, oder doch wenigstens ein äusserliches, mechanisches, leicht wieder verloren gehendes Besitztum b leib t.“ !l°) Man mag den einzu­

prägenden Stoff auf das sorgfältigste sichten und auf seine U nentbehrlichkeit hin prüfen, man mag alles ausscheiden, was irgend als nicht notw endig für den F ortgang erwiesen werden kann, -— das, was übrig bleibt, muss aber zu klarem, sicherem, unverlierbarem , stets präsentem oder w enigstens leicht wieder hervorzurufendem geistigen Eigentum des Schülers gem acht werden.

Ich halte also einen system atischen Aufbau des m athem atischen W issens im Geiste des Zöglings für eine unabw eisbare Pflicht des U nterrichts und muss daher ebenso die Bestrebungen ab­

lehnen , die M athem atik als Hilfswissenschaft der Naturwissenschaften zu behandeln31), wie auch diejenige, den U nterricht in der M athe­

matik in eine fortlaufende Reihe von Aufgaben zu verw andeln.32) Freilich, die Erzeugung des

2S) A. T l i a c r , a . a . O . S. 89. — V ergl. auch 11.

F r a n k , E in fü h ru n g in die Infinitesim alrechnung.

B eila g e z. Jahresb. d. K ön igl. Fried rieh-W ilhelm s-G ym ­ nasium s zu Berlin. 1895.

SB) H. S c h o t t e n , M athem atischer U n terricht.

B eilage z. .Jahresb. der städ tisch en O berrealschule zu H alle a. S. 1899. S. 19.

30) H. S c h o t t e n , a . a . O . S. 6.

81) A . R i c h t e r , B eila g e z. Jahresb d. G ym nasiums zu W andsbeck. 1891. — D r s b . , V orschläge zur U m ­ gestaltu n g des m athem atischen U n terrichts in: Ztschr.

f. m ath. u. natunv. U nterricht. X X I I 1. S . 321 ff. — D r s b . , A rith m etisch e (T rigon om etrisch e) A u fgaben m it besonderer B erü ck sich tigu n g der A nw endungen. L eip zig, B . G. T eubner. 1898. — Fr. P i e t z k e r , D ie S tellu n g der P h ysik im G ym nasialunterricht, in : Ztschr. f. phys.

u. ehem . U n terricht. IV . S. 2 1 7 : auch H um anism us und Schu lzw eck. S. 47.

:ß) M. S c h u s t e r , G eom etrische A u fgab en und Lehrbuch der G eom etrie. 3 T eile. L eip zig , B . G.

T eubner. 1900— 1903. — A n zeigen des Buches von M. N a t h in der Ztschr. für das G vm nasiahvesen.

Jahrg. 1900 O kt.-H eft, 1901 A p ril-H eft, 1903 D ez,-H eft.

W issens ist nur die e i n e Aufgabe des U nter­

richts. E ntstehen muss natürlich m it und neben dem W issen ein K ö n n e n . M athem atik wissen und sie nicht anwenden können, heisst ein Schw ert halten, ohne es schwingen zu können.

Nur, meine ich, der allein w ird daran denken können, das Schw ert zu schwingen, der es fest

j

in seiner Hand hält. Das Können herbeizuführen ist die zweite Aufgabe des U nterrichts, eine I Aufgabe, die aber nicht erst nach der Lösung der ersten an den L ehrer heran t r i t t 1 , sondern j zugleich m it und neben dieser, aber nicht m it i Vernachlässigung derselben, ihre Erledigung i findet. Es ist sehr wohl möglich, — und ich

; habe m it grösser F reude das glückliche Gelingen begrüsst, das der Versuch gefunden hat, — die m athem atischen Disziplinen durch die Vor­

führung von Aufgaben zu lehren. Ein m äch­

tig er Hebel selbständiger M itarbeit der Schüler lieg t in dieser Unterrichtsform , — aber die andere Seite, die Zusammenfassung des an den Aufgaben erarbeiteten Stoffes zu übersichtlich angeordnetem , in sich fest verknüpftem Wissen darf nicht fehlen. Aber ich zweifle nicht, dass dies erreicht werden kann und erreicht w ird.

Es ist h i e r , wie im Sprachunterricht. Die E rkennung der Sprachgesetze, der Formen von D eklination und Konjugation, der Regeln des Satzbaues aus der Anwendung der Sprache s e lb s t, die in d u k tiv e, direkte oder imitative M ethode der Spracherlernung, ist im höchsten Masse geistbildend. Aber für die Zwecke des U nterrichts reicht sie zuletzt doch nur dann, wenn m it Energie und nachhaltiger Konsequenz das Ergebnis dieser A rbeit zusammengefasst, dem Gedächtnis der Schüler eingeprägt und in dem Gedächtnis erhalten, wenn die logischen und psychologischen Zusammenhänge aufgewiesen und verständlich gem acht werden.

U ebungen, Anwendungen sind also nötig, sei es, dass dem Zögling zur freien Aneignung in der Form von Aufgaben geboten wird, was von den Stoff des W issens nicht notw endig zum System gehört, sei es, dass dieser selbst au f die Gebiete Anwendung findet, die man im engeren Sinne als Aufgaben bezeichnet, auf die eingekleideten Gleichungen, auf die K onstruk­

tionsaufgaben, auf solche Aufgaben, die neben der Kenntnis planim etrischer, trigonom etrischer, i stereom etrischer Relationen F ertig k eit im Rechnen fordern. Entnim m t man aber den Stoff der Uebungen auf diese W eise hauptsächlich der M athematik selbst, so „kann es nicht aus- bleiben, dass diese E inseitigk eit der M athem atik Angriffe zuzieht.“ 33) So ist man darauf ge­

kommen, den Uebungsstoff aus unendlich mannig-

®) A .

S

e h ü 1 k e , W ie soll M athem atik und Physik au f höheren Schulen betrieben w erd en ? in: Ztschr. f.

m ath. u. phys. U n terricht. X X L I. S. 413.

(8)

S. 80.

Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg. X. No. 4.

faltigen Gebieten zu entnehm en, durch diese V ielseitigkeit den U nterricht zu beleben, ihn anziehend und fruchtbar zu machen, ihn praktisch zu g e sta lte n .31) Man reisst dam it die M athe­

m atik aus einer gewissen Isolierung, man bringt sie m it anderen Fächern in B erührung und b e w irk t, dass die Schüler die m athem atische Auffassung auch für das spätere Leben be- j halten.35) Aber es lieisst ganz gewiss über das i Ziel hinausschiessen, wenn man verlangt, dass nun die Mitthematik ganz den Naturwissenschaften dienstbar gem acht werde, dass m it R ücksicht auf diese Stellung der Stoff beschnitten werde in einem Masse, dass der system atische Zu­

sammenhang der mathem atischen K enntnisse verloren gelten muss.86)

Schon die Häufung der Anwendungen an sich hat ihre Bedenken. N icht sie ist „mass­

gebend für eine w irkliche Aneignung, sondern eine durch und durch dringende Erkenntnis, wenn auch nur weniger Aufgaben.“ 3|) Beim mathematischen U nterricht kann „vor lauter Vorführung interessanter Anwendungen die eigentliche logische D urchbildung verkümmern, und das d arf auf keinen Pall eintreten, weil sonst der Kern der Sache verloren g e h t.“ !|S)

„Ein U nterricht, der Anwendungen auf die Volks­

w irtschaftslehre, auf Erd- und Himmelskunde und auf Geodäsie, auf K rystallographie und N autik, auf P hysik und technische Fragen wie Dach- und B rückenkonstruktionen berücksichtigt, muss im w eitesten Sinne auch F achunterricht sein, wenn er wirklichen Nutzen schaffen soll und nicht an Stelle theoretischer B etrachtungen und Aufgaben unverstandene, mechanisch gelöste Anwendungen treten sollen, was sicher gefährlich sein würde.

(Fortsetzung folgt).

D i s k u s s i o n ü b e r d e n B e t r ie b d e r P h y s i k a l s N a t u r ­ w i s s e n s c h a f t a u f d. H a u p t v e r s a m m l u n g z u H a lle .* ) F ür diese D iskussion hatte der V ortragend e G r i m s e l i l den w esentlich en In h a lt seiner A u s­

führungen in d ie nachstehenden L eitsä tze zusam m en- g c fa ss t:

1. E s ist w ünschensw ert, auf den A n schau ungsbildern für die U nterstufe auch physikalische V orgänge aus dem natürlichen A nschauungs- und Id cen- kreiso der K in der w ahrheitsgetreu zur 'D arstellung zu b rin gen und im A n schau ungsun terricht zu b e­

sprechen, d am it die natürliche N e ig u n g der K in d er

M) A . S c h i i l k e , a. a. 0 . S. 414.

» ) A . S c h i i l k e . a. a. 0 . S. 421.

3ß) V ergl. A . R i c h t e r , V orsch läge zur U m g e­

staltu n g des m athem atischen Unterrichts.

3") H i S c h o t t e n , a . a . O . S. 6 und 7.

3S) F. K l e i n . V erhand lungen der Schulkonferenz 1900. ' S. 153.

*) S. Unt.-Bl. X., Nr. 3, S. C-I.

zur B eob ach tu n g ph ysikalischer N aturerscheinungen n ich t vollstän d ig vern ach lässigt und unterdrückt w ird.

2. D ie im n atu rgesch ich tlicb en U n terrichte behan­

d elten L ebenserschein ungen au der Pflanze und am T ier sind an passenden S tellen durch einfache p hysikalische E x p e rim e n te zu erläutern.

3. D er U n terrich t in der E rdkunde b ie tet G eleg en ­ h e it zur B eh an d lu n g der für d ie G eb irgsb ildu ng und für d ie k lim atologisclien E rschein ungen w ich tig en V o rg ä n g e aus der P h y sik der unbe­

leb ten N atur.

4. Im ph ysikalischen U n terricht soll bei der exp eri­

m entellen B ehandlung der zur D arstellu ng eines N atu rvorganges verw andte A p parat stets als neben­

sächlich gegen ü b er der E rsch ein u n g selb st zurück­

treten.

5. D ie M athem atik ist im P hysik unterrich t als H ilfs­

w issen sch aft zu behandeln. S ie hat h ier nur den Z w e c k , das b eob ach tete T atsachenm aterial zu ordnen, aus ph ysikalischen H ypothesen sichere Schlü sse zu ziehen und einem N atu rgesetz ein e m ö g lich st ein fach e und präzise F assu ng zu geben.

6. D ie B ehand lung physikalischer A ufgaben m it schw ierigen m athem atischen E n tw ick elun gen ist

der M athem atikstunde zuzuweisen.

7. D er physikalische U n terrich t hat au f allen G eb ieten A nschluss zu suchen an die in der freien N atur stattfind en den Vorgänge.

8. E s ist w ü nschensw ert, dass der Physik unterrich t bis in die oberen K lassen auch von den Lehrern der üb rigen natu rw issenschaftlich en F äch er und n ich t ausschliesslich von den M athem atikern er­

teilt w ird.

D ie D iskussion le ite t der V orsitzen d e P r e s l e r m it dem V orsch la g ein, sich zunächst au f die Thesen 1 bis 7 zu beschränken, die T h ese 8 aber, d ie vielleich t d ie m eisten M einungsverschied en heiten hervörrufen w erde, zunächst zurückzustellen. D ie T h esen 1 bis 7 w ürden dann der Reihe nach durchzusprechen sein, ohne sich dabei ä n gstlich an die jed esm al zur D iskussion ) steh en d e T hese zu b in den. D ie V ersam m lu ng stim m t

diesem V orsch läge zu.

P i e t z k e r (N ordhausen) is t m it der T endenz und dem In h alt der T hesen im ganzen einverstanden, b ehält sieh allerdings an versch iedenen S tellen A cnd crun gs- v orsch läge im ein zelnen vor. E r verm isst aber zw ei T hesen. E rstens ein e E in leitu n gsth ese, diu den in dem G rim sehlschen V ortrag ausgesprochenen G edanken zum A u sd ru ck bringt, dass die ph ysikalischen Gesetze, n ich t a u f die V orgän ge beschränkt sind, die im ph ysikalischen U n terrich t durch besondere V eran staltun gen nervor- geru fen w erden, d ie d iesbezüglichen A usfüh ru ngen des V ortragenden hätten ihm besonders gefallen , zw eitens ein e hin ter der G rim sehlschen T hese 4 ein zu fügende T h ese betreffend das V erh ältn is der im früheren U n ter­

richt. g eleg en tlich zu gebenden ph ysikalischen Be- i leh ru ngen zu dem system atischen P hysik unterrich t.

I In d em er sich ein en V orsch la g für die -letztere T hese vorbehält, schlägt er für d ie erstem den W ortlau t v o r :

„D er letzte, nie aus dem A u g e zu verlieren de

„Zw eck des p h ysikalischen U n terrich ts ist die Be-

„greiflichm achung der (V erm ittelu n g des V erstän d ­ n i s s e s für die) fortw ährend ohne unser Zutun in der

„uns um gebend en W e lt auftretenden' V orgän ge.“

S u c h s l a n d (H alle) tr itt dem A n trage P ietzk er a u f V orsetzu n g ein er beson deren Ü b ersch rift en tgegen .

(9)

1904.

No.

4.

Di s k u s s i o n ü b e r d e n Be t r i e b d e r Ph y s i k a l s Na t u r w i s s e n s c h a f t.

S. 81.

Ei- meint,, dass T h ese 1 gen ü gte, wenn bei den A n ­ schauungsbildern durch ein ig e B eisp iele darauf hin­

g ew iesen w ürde, w elcher A r t die B ild er sein könnten.

E r sch lä g t vor z. B. ein B ild zu schaffen m it der Ü b er­

sch rift: „Das Trinken der T ie r e “. W enn a u f einem solchen dargestollt wären ein trin kender H un d, ein trinkendes P ferd , eine trinkende Gans, ein H uhn, eine T aube etc. und dann im A nschluss daran erörtert würde, w ie die verschiedenen T iere durch die L age ihrer N asenöffnungen oder durch den B au ihrer Schnäbel und M äuler zum T e il von dem herrschenden Luftdruck heim Sau fen G ebrauch m achen könnten oder nicht, so w ürde dadurch eine schöne A n regu n g zur B esprechung physikalischer E rschein un gen als N atu rvorgänge gegeb en .

T l i a e r (H am burg) sp richt sieh durchaus für die G rim sehlschen Thesen aus, insbesondere hält er die p ositive A n regu n g w ahrheitsgetreuer D arstellung auf den A n sehauungstafeln in T h ese 1 für zw eckm ässig.

W e t e lc a m p (S o h ö n cb erg ): Ic h brauche wohl nach m einen A usfüh ru ngen in früheren V ersam m lungen n ich t erst hervorzuheben, dass ich m it dem S in n e der T hesen durchaus einverstanden bin, am liebsten würde ich es sehen, w enn in den Thesen unter „P hysik “ gleich

„C hem ie“ zu g efiig t würde. G egen die vom V orsitzenden vorgeschlagonen Zusätze habe ich nich ts einzuw enden.

D em Vorredner stim m e ich darin durchaus zu, dass im U n terricht von der untersten S tu fe an viel m ehr G e­

w ich t au f A n schau ung g e le g t w erden m uss, die w ieder­

um nur durch P flege der H a n d tä tig k eit erreicht werden kann. W eniger W orte und m ehr S achen; w eniger ein­

fache R ezep tiv itä t — m ehr S elb stb etätigu n g. Unsere A u gen sind noch zu anderem da, als nur schw arze Buchstaben und allenfalls L aternen pfäh le zu sehen. - - D ass es au f der untersten S tu fe schon m ö g lich ist, p h ysikalische E rscheinungen m it E r fo lg zu behandeln, habe ich schon in D ü sseld orf an dem B eisp iel der Schu le der dänischen G esellsch aft g e ze ig t. — Im Sinne der Thesen sch ein t es m ir zu lie g en , w enn in der ersten T hese der H in w eis a u f die B ild er fortb leibt, es könnte scheinen, als sollten diese als besonders w ertvolles A n ­ schauungsm ittel h in g estellt werden, während doch nur vor falschen bildlich en D arstellungen gew arn t wird.

Das H aup tan schau un gsm ittel m üssen im m er die G egen ­ stände seih st sein.

P o s k c (B erlin) erklärt sich geg en die von P ietzk er beantragte E in leitu n gsth ese, weil deren S til m it dem Charakter der G rim sehlschen Thesen n ich t zusam m en­

stim m e. E in W ort w ie B e g re iflich k eit würde G rim selil Dicht gebrauchen. M in destens sei die Zusatzthese in eine m öglich st kurze Fassung zu bringen.

S i t t i g (Frankfurt a. M .): Ic h bin in voller Ü b er­

ein stim m u n g m it den A usführu ngen des H errn Prof.

Grim selil für den A n trag Pietzker, dass G rim sehls G rundforderung als besonderer L eitsatz an die Sp itze g e stellt w erde. G egenüber den h eu tigen B estreb u n gen, grosse Sum m en in für Schüler un du rchsichtigen E in­

richtungen und kom plizierten A pparaten zu verschw enden, m ö ch te ich ein e ganz besonders scharfe Fassung des v orgesch lagen en L ehrsatzes befürw orten. Dem g leich en Z w ecke würde überdies die unm ittelbare A nreihung von L eitsatz 4 und 5 dienen können. — D en H in w eis a u f die A n schau ungsbilder in L eitsatz 1 begriisse ich m it F reud e und m ö ch te ihn k einesw egs m issen. V on diesen T afeln sollten auch alle die D arstellungen schw inden, für die das K in d in unseren T agen keine U n terla g e in der W irk lich k e it m ehr findet.

P i e t z k e r ste ift sich nicht a u f die von ihm vor- i gesch lagen e F a ssu n g , v ielleich t wäre H err G rim sehl

| selbst g en eig t, eine passende F assu ng vorzuschlagen.

G r i m s e h l : Ich stim m e dem V orsch läge von H errn P i e t z k e r vollkom m en b ei, habe nur deshalb die von ihm vorgeseh lagene T h ese n ich t an den A n fa n g der Thesen gestellt, da der In halt desselben j a schon in der U eb ersch rift angegeben ist. Ich h ätte auch g eg en die P i e t z k e r s e h e F orm u lieru n g nich ts ein zu ­ w enden, vielleich t em pfiehlt sieh am m eisten eine Fassung, d ie ein T eil der ursprünglich von m ir in A u ssich t genom m en en , nachher fallengelassenen ersten T h ese ist (s. d. W ortlau t der T hese 1 in den B eschlüssen der V ersam m lu ng).

W e i s s (W e ilb u rg a. L.) m ach t darauf aufm erksam , dass die im G ebrauch bofindlioheu A nsehauungstafeln öfters geradezu falsch e D arstellungen geben.

G e b h a r d t (D resd en -B lasew itz): Ich sch liesse m ich dem V orredner an, ich m öch te das W o rt w a h r h e i t s ­ g e t r e u in der T h ese 1 noch besonders unterstreichen.

M ir is t es z. B . v ielfa ch au fgefallen , dass ph ysikalische A nschau ungstafeln, die m it groben perspektivischen Fehlern b eh a fte t sind, n ich t nur feilg eb o ten , sondern sogar in Prospekten noch besonders angepriesen werden.

So tritt insbesondere noch der perspektivisch gezeich n ete K reis o ft als ein G eb ild e m it zw ei scharfen Sp itzen auf. Ich kenne D arstellu ngen des G ram m eschen R in ges und des R itchie-M otors, hei denen ein zelne G ruppen derselben Z eichn un g ganz' versch iedene Stan dp unk te des Beschauers voraussetzen. Ich habe d ie E rfahrung gem ach t, dass denkende S ch ü ler geradezu U n behagen em pfinden, w enn sie sich ¡11 solch e B ild er einarbeiten sollen und b en u tze diese B ild er daher je tz t geradezu als M uster, w ie m an n ich t zeichnen soll. G ew isse In konsequenzen bei rein schem atischen Sk izzen , die m anchm al n ich t zu um gehen sind , sollen hier ausser B etrach t bleib en . Im übrigen bin ich durchaus für w eise B eschränkung in der A n w endu ng fertig gedruckter A n schau ungstafeln für ph ysikalische A pparate. Zum m indesten sollten sich nur w irkliche Fachm änner m it ihrer H erstellu n g befassen, was leid er vielfach n ich t der Fall ist. Ic h für m ein e Person pflege g u te Z eich ­ nungen zu ph otographieren und danach hergestellte D iap ositive bei nur m assig oder gar nicht verdunkeltem Zim m er zu projizieren, wodurch P latz, G eld und Z eit gespart wird.

II a m d o r f f (G uben) w eist darauf hin, dass, w ie der V ortragende selb st ja auch vorausgesetzt hatte, auch je tz t an vielen Schu len in der gew ün schten W eise p h ysikalische E rschein un gen im natu rgeschichtlichen und erdkundlichen U n terricht in den M ittel- und Unter- K lassen besprochen werden. Im übrigen lehre die E rfahrung, dass m an m it all den neuen U n terrich ts­

m eth oden au f ältere M eth oden zurückkom m e, d ie selb st­

redend verbessert würden. S o sei in dem altpreussischen G ym nasium von 1834—56 m ehrfach direk t U n terricht in der P h y sik von Q uarta an erteilt w orden — w ie R edner aus eigener E rfahrung wreiss, m it gutem E rfolge, die R ü ck sich t au f E in h eit der L ehrpläne verlangte das A u fh ören dieses U n terrichts. IVas aber selb st kleineren Schülern zu gem u tet w erden kann, lehrten die E rfah­

rungen unseres unvergesslichen S c h w a lb e , der vor Jahren in der ersten V orschulklasse seiner A n stalt selb st Physik unterrich t h atte und über dessen E r g eb ­ nisse überrascht war. Ob dieser die s. Z, geäusserte A b sich t, die Su m m e seiner Erfahrungen nach dieser

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