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Die Ausdehnung des Krieges auf die Kolonien durch England

Am 2. August 1914 erhielt der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Dr. Schnee, vom Reichskolonialamt ein Telegramm mit der Nachricht, daß die Kolonien nicht in Kriegsgefahr ständen und die Ansiedler beruhigt sein sollten. Dr. Schnee gab das Telegramm an die Stationen der Kolonien weiter.

Er hatte die Ansicht, daß der Krieg nicht von England in die Kolonien getragen werde. Er schreibt: „Es erscheint unfaßbar, daß gerade Eng­

land, wo schon den Kindern in der Schule beigebracht wird, ,to play thegame fair', d. h. das Spiel ehrlich zu spielen — und dessen Vertreter beständig Worte wie ,justice, humanity, fairness‘ — Gerechtigkeit, Humanität, Ehr­

lichkeit — im Munde führen, einen grausamen Buschkrieg in Deutsch-Ost­

afrika beginnen würde, der jeder Gerechtigkeit und Humanität ins Gesicht schlug und für die unglücklichen Eingeborenenvölker Ostafrikas eine schlimmere Geißel werden mußte, als alle sonstigen Plagen, welche inter­

nationale Abmachungen über Seuchenbekämpfung, über Verhinderung der Waffen- und Alkoholeinfuhr von ihnen abzuwenden gesucht hatten.“

Dr. Schnee hat sich jede erdenkliche Mühe gegeben, auch nach englischen Berichten, die Neutralität der Kolonien zu sichern, und zwar so sehr, daß es in dieser Beziehung zwischen ihm und Lettoiv-Vorbeck, die sonst so ausge­

zeichnet zusammen arbeiteten, so etwas wie eine Spannung gab. Er stützte sich auf den bekannten Grundsatz Bismarcks, daß unsere Kolonien in der Hei­

mat verteidigt werden müßten. Dann stützte er sich auf die internationalen Abmachungen der Gruppe III der Kongoakte von Berlin, in der der belgische Kongostaat und die anschließenden Gebiete unter Neutralität gestellt waren.

Der zwölfte Artikel des dritten Abschnittes der Kongoakte, die von fast allen europäischen Großmächten, selbst der Türkei, unterzeichnet worden war, lautet nämlich: „Für den Fall, daß unter den Mächten, welche diese Akte unterzeichnet haben oder sich ihr später anschließen werden, ein ernster Streit in bezug auf die Grenzen oder innerhalb der Grenzen der in

Ausdehnung des Krieges auf die Kolonien durch England 59 Artikel I erwähnten, unter das Gesetz der Handelsfreiheit gestellten Gebiete, entsteht, verpflichten sich diese Mächte, bevor sie die Waffen ergreifen, die Vermittlung einer oder mehrerer verbündeten Mächte anzurufen. In demselben Falle behalten sich dieselben Mächte den wahlweisen Antrag auf schiedsgerichtliches Verfahren vor.“

Und weiter lautet Artikel 11:

„Falls eine Macht, welche Souveränitäts- oder Protektoratsrechte in den im Artikel 1 erwähnten und dem Freihandelssystem unterstellten Ländern ausübt, in einen Krieg verwickelt werden sollte, verpflichten sich die Hohen Teile, welche die gegenwärtige Akte unterzeichnen, sowie diejenigen, welche ihr in der Folge beitreten, ihre guten Dienste zu leihen, damit die dieser Macht gehörigen und in der konventionellen Freihandelszone einbegrifTenen Gebiete, im gemeinsamen Einverständnis dieser Macht und des anderen oder der anderen der kriegführenden Teile, für die Dauer des Krieges den Gesetzen der Neutralität unterstellt und so betrachtet werden, als ob sie einem nicht kriegführenden Staate angehörten. Die kriegführenden Teile würden von dem Zeitpunkt an darauf Verzicht zu leisten haben, ihre Feind­

seligkeiten auf die also neutralisierten Gebiete zu erstrecken oder diese als Basis für kriegerische Operationen zu benutzen.“

Dazu bemerkt Gouverneur Dr. Schnee:

„Diese Bestimmung sprach zwar nicht selbst die Neutralisierung des konventionellen Kongobeckens aus. Der ihr zugrunde liegende Gedanke war aber, daß die in dieser Zone liegenden Kolonien der Mächte, welche die Kongoakte unterzeichnet hatten, im Fall eines Krieges dieser Mächte neu­

tralisiert werden sollten. Innerhalb des konventionellen Kongobeckens lagen außer Deutsch-Ostafrika sämtliche an unser Schutzgebiet angrenzenden fremden Gebietsteile. Es gehören dazu: Im Norden und Nordwesten die englischen Kolonien Britisch-Ostafrika und Uganda, im Westen der belgische Kongo, im Südwesten Britisch-Njassaland, alle diese Kolonien in ihrer ganzen Ausdehnung; ferner im Südwesten der an Deutsch-Ostafrika angren­

zende Teil von Nord-Rhodesien.

Es bestand also sowohl nach dem vorerwähnten Telegramm des Reichs­

kolonialamtes wie nach den Bestimmungen der Kongoakte begründete Hoff­

nung, daß Deutsch-Ostafrika neutralisiert werden würde.“

Hiernach hätten der Kongostaat und die angrenzenden Gebiete, also Deutsch-Ostafrika, Britisch-Ostafrika, Britisch-Uganda, Britisch-Njassaland und Britisch-Rhodesien im Falle des Krieges der Protektoratsmächte gegen­

einander eigentlich „dem Gesetze der Neutralität unterstellt“ werden sollen.

60 Das Neutralitätsangebot Deutschlands in den Schutzgebieten

Belgien war geneigt, im „Interesse der Menschlichkeit den Schauplatz der Feindseligkeiten nicht auf Zentralafrika auszudehnen.“ Frankreich schien nicht abgeneigt, die Neutralität zu halten. Dagegen stellte sich die britische Regierung schon am 7. August auf den Standpunkt, daß sie sich dem bel­

gischen Vorschläge, die Neutralität der Besitzungen der kriegführenden Mächte im konventionellen Kongobecken zu berücksichtigen, nicht an­

schließen könne.

England eröffnete sofort den Krieg. Schon am 31. Juli wurde die „Kö­

nigsberg“ von dem Kapgeschwader beobachtet und verfolgt. Am 5. August wurde der Hilfskreuzer „König“ von einem englischen Kreuzer beschossen.

Am 8. August wurde Daressalam von zwei englischen Kreuzern bombardiert.

Da Daressalam unbefestigt und unverteidigt war, ließ der Gouverneur Dr.

Schnee die weiße Fahne hissen und zog nach Morogoro, 200 km landein ge­

legen. Der Funkenturm wurde von den Deutschen selbst gesprengt, um ihn nicht in die Hände der Engländer fallen zu lassen. Erst am 15. August be­

setzten die Deutschen Taveta jenseits der Grenze. „Es gehört angesichts dieser unzweifelhaften Tatsachen eine eiserne Stirn dazu, behaupten zu wollen, daß wir in Deutsch-Ostafrika den Krieg angefangen hätten,“ sagt Dr. Schnee.

In Kamerun hatten die Franzosen schon am 6. August das kleine Bonga genommen. Am 6. und 8. August besetzten sie Togo. Am 6. August hatte der Gouverneur der englischen Goldküste eine Aufforderung auf Übergabe nach 1 ogo gesandt, obwohl der deutsche Gouverneur, der durch die Funkstation Kamina (Togo) mit Berlin in direkter Verbindung stand, ein Neutralitätsangebot für Togo und Kamerun gemacht hatte. Am 10. August beschloß die Botha-Regierung von Südafrika, eine Expedition nach Deutsch- Südwest zu senden, nachdem am 7. August die Regierung in London tele­

graphiert hatte, „daß es ein großer und dringender imperialer Dienst sei für die Union-Regierung, wenn sie wünschte und sich dazu fähig hielte, die Wegnahme solcher Teile von Deutsch-Südwest zu bewerkstelligen, die ihnen die Beherrschung der Lüderitzbucht, Swakopmunds und der Funkenstationen ermögliche.” Weiter machte die britische Regierung am 8. August den Vor­

schlag, Windhuk zu nehmen. Durch die Stimmung unter den Buren und den Aufstand in der Union kam der Krieg gegen Südwest erst später zu ent­

scheidender Durchführung. Am 15. August ging von Neuseeland eine Expe­

dition ab, um Samoa zu besetzen. Australien stürzte sich unter Hughes auf Neuguinea.

Japan hatte am 15. August ein Ultimatum nach Berlin gesandt, worin es die Zurückziehung der deutschen Schiffe aus den Gewässern Chinas und die

Ausdehnung des Krieges auf die Kolonien durch England 61 Herausgabe von Kiautschou an Japan verlangte. Im August hatte Japan Kriegsschiffe gegen das gefürchtete Speegeschwader ausgesandt und dabei

die Karolinen und Marianen als kostbare Prise genommen.

Dennoch versuchte die deutsche Regierung am 25. August, die Neutralität aufrechtzuerhalten. Sie wandte sich an die spanische und amerikanische Regierung. Die amerikanische Regierung gab notgedrungen die Noten wei­

ter, ohne auch nur einen Schritt für die Neutralität der Kolonien und das deutsche Angebot zu tun.

Damit entbrannte der Krieg an allen Grenzen der deutschen Schutzgebiete, in den ganz Afrika, mit einziger Ausnahme Abessiniens und der spanischen Gebiete, verwickelt wurde. Dr. Schnee schreibt: „Auf England kam es aber für das Schicksal unseres Schutzgebietes allein an. Keine der anderen kriegführenden Mächte wäre, wenigstens nicht ohne Hilfe Englands, in der Lage gewesen, den Krieg in unsere Kolonien hineinzutragen.“

Diesem Satze Dr. Schnees gab die britische Regierung am 7. August 1914 recht. „Die Regierung in London glaubt, daß die Kräfte, die sie nach Afrika sendet, hinreichen werden, jeden Widerstand zu brechen.“

Wie sonderbar in Afrika die Neutralität gehandhabt wurde, zeigen zwei Berichte, die ich hier einander gegenüberstellen will. Der erste ist vom Gouverneur von Deutsch-Ostafrika und lautet: „Was die südlich an Deutsch-Ostafrika angrenzende portugiesische Kolonie Mosambik anbetrifft, so bestanden eine Zeitlang Zweifel, ob Portugal am Kriege teilnahm oder nicht. Der aus dem Süden nach Anlaufen portugiesischer Häfen bald nach Kriegsausbruch in den Lindihafen im südlichen Teile unseres Schutz­

gebietes einlaufende Dampfer „Präsident“ der Deutschen Ostafrika-Linie brachte die private Meldung mit, daß Portugal sich ebenfalls im Kriege gegen Deutschland befinde. Ferner trafen Nachrichten aus dem Süden unserer Kolonie ein, wonach die Haltung der Portugiesen Zweifel erweckte, ins­

besondere Mitteilungen über das Festhalten deutscher Reservisten, welche sich aus portugiesischem Gebiet nach Deutsch-Ostafrika begeben wollten, seitens der portugiesischen Behörden in den der deutschen Grenze nächst­

gelegenen portugiesischen Plätzen. Da wir über die Grenze hinaus keine telegraphische Verbindung hatten, so ließ ich durch das Bezirksamt Lindi von einem Beamten über Land bis Palma, den ersten portugiesischen Platz mit telegraphischer Verbindung, Nachrichten über die Haltung Portugals im Kriege einholen. Gleichzeitig ließ ich die Forderung stellen, im Falle der portugiesischen Neutralität die deutschfeindliche Maßnahme der Fest­

haltung deutscher Reservisten sofort aufzuheben. Es traf darauf die tele­

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graphische Mitteilung des portugiesischen Generalgouverneurs in Laurenco Marques ein, daß Portugal neutral sei. Den in Palma festgehaltenen Reser­

visten wurde die Weiterreise nach Deutsch-Ostafrika gestattet.

Ich ließ telegraphisch an sämtliche in Betracht kommenden militärischen und zivilen Stellen die Anweisung ergehen, auch unsererseits strikte Neu­

tralität gegenüber den Portugiesen zu beobachten. Einige auf Grund der irr­

tümlichen Nachricht, Portugal nehme am Kriege gegen Deutschland teil, bereits eingeleitete Truppenbewegungen konnten noch rechtzeitig vor Er­

reichung der Grenze rückgängig gemacht werden. Nur weit im Inneren, im entferntesten Teil des Lindibezirks, eine Anzahl von Tagemärschen von der nächsten Telegraphenstation entfernt, war es zu einem Zusammenstoß ge­

kommen, wovon die Nachricht erst später zu uns drang. Dort hatte, mit durch Eingeborenennachrichten über Kriegsvorbereitungen der auf dem Bornas (kleinen Forts) an der deutsch-portugiesischen Grenze befindlichen portugiesischen Truppen und deren drohenden Einfall in Deutsch-Ostafrika veranlaßt, eine kleine deutsche Abteilung, um dem Gegner zuvorzukommen, die portugiesische Grenzboma Maziwa angegriffen und eingenommen. Ein portugiesischer Unteroffizier war dabei gefallen; es waren einige Gewehre und Munition von unserer Abteilung erbeutet worden. Ich ließ sofort bei Ein­

gang der Nachricht dem Gouverneur von Mosambik mein Bedauern über den Vorfall übermitteln und das erbeutete Kriegsmaterial zurückgeben. Der Zwischenfall hatte zunächst keine weiteren Folgen. Er ist aber später, im Jahre 1916, wie ich aus portugiesischen Zeitungen entnommen habe, von der zur Zeit des Eintritts Portugals in den Krieg in Lissabon bestehenden Re­

gierung mit angeführt worden, um die beständigen Feindseligkeiten Deutsch­

lands gegen Portugal zu beweisen. Der Angriff auf die Borna Maziwa habe nur ein Glied gebildet in dem weit angelegten deutschen Plan, von Deutsch- Ostafrika aus den portugiesischen Kolonialbesitz in Ostafrika zu erobern!”

Der andere Bericht ist von dem Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, Dr. Seitz, und lautet:

„Ehe wir die Ereignisse im Süden weiter verfolgen, ist es notwendig, einen Blick nach dem äußersten Norden zu werfen, wo inzwischen ein neuer Feind aufgetaucht war. Da das Schutzgebiet im Osten und Süden von englischem Gebiet umschlossen, von der See her durch englische Kriegsschiffe und Hilfs­

kreuzer blockiert war, blieb zur Verbindung mit der Außenwelt nur der Weg nach Norden, über die portugiesische Kolonie Angola offen, solange Portu­

gal neutral blieb. Über Angola war vielleicht eine Verbindung mit Deutsch­

land herzustellen und unser knapper Vorrat an Mehl, Reis, Kaffee und

Ausdehnung des Krieges auf die Kolonien durch England 63 Zucker zu ergänzen. Ich versuchte deshalb sofort mit deutschen Kaufleuten in Angola in Verbindung zu treten, was zunächst auch gelang. Aber der englische Einfluß war von vornherein in Portugal so stark und wurde in An­

gola so energisch eingesetzt, daß von einer portugiesischen Neutralität nicht die Rede sein konnte. Kaum hatte die portugiesische Regierung er­

fahren, daß einige Ochsenwagen mit Lebensmitteln nach Deutsch-Siidwest- afrika unterwegs seien, als die Mehrzahl dieser Wagen sofort beschlagnahmt wurde. Der deutschen Studienkommission, die sich zur Zeit zum Zwecke von Vorarbeiten für eine Eisenbahn in Angola befand, wurde das Weiterarbeiten untersagt. Von den Mitgliedern dieser Kommission gelang es dem Führer derselben, Thurner, nach Spanien zu kommen, Dr. Vageier floh nach Deutsch-Südwestafrika, Regierungsbaumeister Schubert aber wurde am 9. November 1914, also Jahre vor der offiziellen Kriegserklärung Portugals und über einen Monat vor dem Gefecht bei Naulila ins Gefängnis geworfen.

Inzwischen aber war mir über die absolut feindliche Haltung der Portugiesen jeder Zweifel benommen worden. Anfang September war ein kühner deutscher Seemann, der Landungsoffizier der Woermann-Linie in Swakop- mund, Brauer, mit einem Kutter nach Mossamedes gesegelt, um die Ver­

bindung mit den deutschen Kaufleuten dort erneut aufzunehmen. Brauer entging glücklich den die Küste bewachenden englischen Schiffen und war am 2. September 1914 in Mossamedes. Er stieß überall auf eine durchaus deutschfeindliche Haltung, entging nur mit Not der Verhaftung und brachte, nachdem es ihm auch auf der Rückfahrt gelungen war, mit seinem kleinen Kutter den verfolgenden Engländern zu entrinnen und bei Cap Groß zu landen, die Nachricht, daß an den Bezug von Nahrungsmitteln aus Angola nicht zu denken, vielmehr mit einem Angriff der Portugiesen zu rechnen sei.

Trotzdem vermieden wir jede feindliche Handlung, und als durch den Buren du Plessis in Ontje die Nachricht eingetroffen war, daß einige Ochsenwagen mit Mehl auf dem Wege zur Grenze seien, begab sich der Bezirksamtmann Dr. Schulze-Jena mit wenigen Begleitern, darunter Oberleutnant Lösch von der Schutztruppe, der Farmer Röder und der Däne Jensen als Dolmetscher, nach der Grenze, um die Wagen in Empfang zu nehmen. Sie wurden in ihrem Lager von einem portugiesischen Offizier aus dem benachbarten Fort Naulila besucht, der Portugiese übernachtete bei den Deutschen und lud sie auf den nächsten Tag nach Naulila zum Frühstück ein. Als die nichts ahnenden Deutschen im Hofe des Forts von den Pferden gestiegen waren, wurde ihnen erklärt, sie seien verhaftet. Die Deutschen sprangen auf die Pferde, griffen zu den Waffen und versuchten durch das inzwischen von

64 Das Neutralitätsangebot Deutschlands in den Schutzgebieten

portugiesischen Soldaten besetzte Tor zu entkommen. Die Portugiesen er­

öffneten sofort von allen Seiten ein wütendes Feuer. Dr. Schulze-Jena fiel noch innerhalb des Forts tödlich getroffen vom Pferde, Oberleutnant Lösch und der Farmer Röder gelangten schwer verwundet ins Freie, stürzten aber bald von den Pferden und starben unter Qualen ohne jede ärztliche Hilfe.

Nur der Däne Jensen, der einen Schuß in den Rücken erhalten hatte, ge­

langte bis an den Kunene, wurde aber dort von portugiesischen Eingeborenen und Soldaten gefangen. Die Leichen der Deutschen wurden vollständig aus­

geraubt. Als die Nachricht über diesen verräterischen und gemeinen Mord, einen der größten Schurkenstreiche, den die Weltgeschichte kennt, ins Schutzgebiet kam, konnte sie nur einen Schrei des Schmerzes und der Wut auslösen. Die Hetzereien der britischen Jingopresse hatten es dahin ge­

bracht, daß jeder Schurke glaubte, die Deutschen wie wilde Tiere nieder­

schießen zu können: alles im Namen der heiligen modernen Zivilisation.

Bald kam die Nachricht, daß auch den deutschen Polizisten am Okavango das gleiche Schicksal zugedacht war. Der Führer des gegenüberliegenden portugiesischen Forts hatte die ganze deutsche Besatzung, die aus mehreren Polizeibeamten bestand, zum Kaffee in das Fort eingeladen. Nur der Vor­

sicht des deutschen Postenführers, des Polizeiwachtmeisters Ostermann, der seinen Leuten verbot, der Einladung Folge zu leisten, ist es zu verdanken, daß die beabsichtigte Ermordung der deutschen Besatzung unterblieb. Zugleich trafen verschiedene Meldungen ein, daß portugiesische Patrouillen weit ins deutsche Amboland eingedrungen waren und die Eingeborenen aufzuwiegeln suchten. Auch erfuhren wir, daß in Mossamedes Anfang Oktober mehrere tausend Mann portugiesischer Truppen gelandet und nach dem Süden ge­

schickt worden waren. Obgleich trotz aller Bemühungen der Großfunken­

station Windhuk aus Deutschland keine Mitteilung zu erhalten war, ob Portugal den Krieg amtlich erklärt hatte — nicht einmal eine Warnung war uns zugegangen —, so konnte ich doch nicht mehr daran zweifeln, daß wir uns tatsächlich im Kriegszustand mit den Portugiesen befanden. Bei einer Unterredung mit Oberstleutnant von Heydebreck, der kurz vor seinem Tode noch einmal nach Windhuk gekommen war, wurde auch die Frage erörtert, ob ich durch einen Parlamentär von dem portugiesischen Gouverneur Rechenschaft für den Mord des Dr. Schulze-Jena und seiner Kameraden ver­

langen sollte. Wir kamen aber übereinstimmend zu der Ansicht, daß es sich den feigen Mördern gegenüber nicht rechtfertigen lasse, noch ein deutsches Leben aufs Spiel zu setzen. Angesichts des bevorstehenden Angriffes blieb nur übrig, einen energischen Gegenschlag zu führen, wenn wir nicht in

Auf VorposteninSiidwest

Ausdehnung des Krieges auf die Kolonien durch England 65 kurzer Zeit von Norden nach Süden her erdrückt werden sollten. Oberst­

leutnant von Heydebreck beschloß deshalb, die Abteilung Franke nach dem Norden zu senden, um einen portugiesischen Angriff abzuwehren. Am 17. November 1914 setzte sich Oberstleutnant Franke, der inzwischen an Stelle des tödlich verunglückten Oberstleutnants von Heydebreck das Kom­

mando der Schutztruppe übernommen hatte, mit 600 Mann nach Norden in Marsch. Nach Überwindung der größten Schwierigkeiten auf dem Wege durch das Kaokofeld traf er am 17. Dezember an der Grenze ein und er­

stürmte nach glänzendem Gefecht am folgenden Tage das Fort Naulila, den Ort des schändlichen Mordes. Die Portugiesen, die über 800 Mann stark waren, wurden vernichtend geschlagen, und bis zu unserm Untergang wagte sich kein Portugiese mehr über die Grenze.“

Ein Kommentar zu diesen Berichten erübrigt sich.

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