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Sącob Q3ur<fb«t>t fetjt alä ©renjf^eibe für bie neue 3eit bie ©eburt beä Sn»

bivibuumä. „Sm SDlittelalter lagen bie beiben Seiten beä 03emu§tfeinä - nach ber Oßelt bin unb nach bem 3nnernbeä ORenfćhen felbft- mie unter einem gemein»

famen Schleier träumenb ober Ijalbmacf). Ser Schleier mar gemoben auä ©tauben, Kinbeäbefangenpeit unb Oßapn; burch ib« binburd) gefeben erfchienen Oßelt unb

©efcfjictjte munberfam ge»

färbt, ber OJZenfcf) aber er»

fannte ftch nur alä 9?affe, 03olt, Partei,Korporation,

‘Jamtlie ober fonffinirgenb»

einer $ornt beä 01Ugemcinen.

Sn Stalien juerft vermehr biefer Schleier in bie Cüfte;

eäermachteineobjeltive03e=

trachtung unb 03ebanblung beä Staateä unb ber färnt»

lieben Singe biefer Oßelt überhaupt; baneben aber er»

bebt ftch mit voller SDOacEjt baä Subjeftive, ber SDOenfcb) mirb geiftigeä Snbivibuum

mobl immer vorbanben. ©eftalten mie <Jriebrich II. von Äobenftaufen, mie bie Salier», bie 'Jranfenfaifer unb bieORätmer, bie fte umgaben, ftnb von nic£>t meniger flar auägeprägter Snbivibualität mie bie Schöpfer etma beä 'Jretburger ORünfter»

turmeä, ber ^laftifen von 03amberg, beä ^arjival ober beä Griffen. Oßaä ftch unb erfennt ftch alä folcheä."

03onOSurtfbnrbtä Staub»

punft berOJejiebung baupt»

fäc£>licf> auf ben Staat fyat biefe ^eftftellung entfliehen ihreCRichtigfcit; baä Snbivi»

buum alä folcheä aber mar

Euther, umgeben von ^erfönttcfjfeifen ber Deformationä- jeif. Q3on reepfä nad) linfä: ‘jülelancptpon, Sruciger, ßuftuä Sonaä, Sraämuä - alä ßanbämann unb fjreunb beä vorigen, ber ipn für bie Deformation ju gewinnen ftrebte - Q3uggenpaufen u. a. 2luä ber „2lufertt>ecfung beä Cajaruä"

von Eucaä Granacp b. 3. 1558 Q3Iaftuätircpe ju Dorbpaufen

©ie neuen Q3oraußfetjungen

156

vom breijehnten Salmhunbert ab ju veränbern beginnt, ift bie Stellung beß ein»

jelnen in ber Qßelf, fein Q3erf)ältniß jum (Sanjen. Sn ber frühen 3eit ift juerft baß <21llgemeine unb bann ber ©injelne, juerft baß ®efe$ unb bann ber <5Ofienfc^.

©ie Sbeen berQlUgemeinb>eitz Staat, &rd)e, Qßelfltrcbe fmb Qöirflicfyleiten, hinter

©ruderet. S>oljfd)nitt von Qlbrabam von Qßerbt. 1666

©ie erfte ©rudpreffe ©utenbergö

benen ber ©njelne unb fein 9led)t - mit feltenen Glußnahtnen fogar ohne Qßiber»

ffanb - jurüdtritt. SERif bem Äerauffteigen ber neuen Seit tritt ber SRenfct), ber (Sinjelne, baß Snbivibuum in bie'Jront. ©ie Qöenbung jur Qßirtlichteif, jurxRatur, bie mit bem ©nbe ber Stauferjeit einfetjt, ermeift ftd) in ihren ^onfeqttenjen julctri alß jerftörenb: baß ©eifrige mirb nid)t mehr alß objeltive ^Realität, fonbern nur noch alß im 3nneren mefentlid) aufgefafjt; für mirflid) mirb allein baß Sinjelne, baß für ftd)Stehenbe, baß Q3efonbere, Snbivi»

buelle genommen, ©aß ®ermanifd)e beginnt fid) bießmal verhängnißvoll außjumirfen: inbem eß'lben eingeborenen Sang ber ^Raffe jur Q3ereinjelung, jur Sfolierung unb Qlbfon-- berung gegen alleß SRachbarliche frei ftd) auß»

wirten läfjt, hilfteß mit,bie fchmäcbermerben»

benQ3inbungen beßGlllgetneinenjujerbrechen.

©ie metifchlich6 Aufgabe in berQßelt mirb bamit ungeheuerlich erfchmert. ©er ©injelne mirb ganjauf fein innereßGeben, auf ftd) allein geftellt. Sß ift natürlich burdjauß möglich, auf bem QBegüber baß©rinnen ju gleichen ’jReful»

taten ju fommen mie auf bem Qßeg über bie 'Jöelt.©ie StRpftifer um ben SDReiffer ©dehart,

MartinEuther T57 bie 03 or laufet ber ^Reformation, tonnten für fiel)biefen Qßeg mit 9łed)t al«gangbaren gehen unb ju befcfyreiben verfugen. Sie Frage bleibt aber, miemeitber gemitynlidje Sterbliche von ber Statur bie Q3orau«fefungen ju folgern Unterfangen mttbe-- fommt, mie meit er biefen inbivibualiftifchen Qßeg jur Befreiung be« 3nbivibuum«

überhaupt ju gehen in ber £age ift.

®ie3eit um bie'Sßenbe von 1500 ftanb unter bem 3mangeiner geiftigen Qßanb-- lung, für bie julcft aud)bie frei merbenben Snbivibuen nur ©rägerunb Funttionäre,

•nicf>t aber QJerantmortliche maren, ©ie Qöenbung jur Qßirflicbteit, bie in ben vorangefenben Safrfunberten langfam bie Hnterfcfyicfyten ber Nation an« Eicht gehoben hatte, erfuhr in biefenlebten

Sabrjebnten be« au«gehenbenfünf»

jebnten 3abrbunbert« ungeheure Stärtung unbQ3cfd)leunigung. 1453 eroberten bie ©ürfenkonftantinopel.

Oluf ber ^lu<f)t vor ihnen fommen Scharen gried)ifd)er (belehrter unb 'Philofophen in« meftrömifdje ®e- biet, nachStalien. €« entfielen bie 2lfabcmien an ben tleinen italieni-fchen ‘Jürftcnhöfen: bie Flüchtlinge bringen ihre £anb«leute, ^Ölato vor allem, ‘Slriftotele«, bie griecf>if<f>e

^htfofophie von neuem in SCRobe, geben bem geiftigen £eben junächft 3talien« einen ungeheuren Qlnftof in« <Ißcltlid)»®ciftige, nicht mehr kirchliche. €in ©ejennium früher,

1440, tvirb in ©cutfchlanb bie ver»

hängni«vollffe aller (Srfinbungen, bie be«Q3ud)brucf« gcmad)t. ©er 9Rain»

jer Sohannc« ®utenberg unter»

nimmt al« erfter, Schriften nicht ßrfchaffung 6va«. Soljf^nitt au« bererften mehr mit feften, fonbern mit bemeg» illuftrierten, in ElugSburg gebrudtenQ3ibel. 1470 liehen Eettern, bie man mieber für

anbere« vermenben tann, ju bruden. Qöa« mit ber Srfinbung ber 9hmenfd)rift begann, mirb hier granbio« unb fd)idfalvoll jugleid) ju €nbe geführt unb fdjafft bie ©Xögtid)?eif faft unbegrenjten Q3ervielfältigtmerben«. ©a« Snbivibuum baut fid) feine eigene QlUgemeinheit, unabhängig von ben allgemeinen ©ORäd)fen be«

Staate«, ber kirefe; e« mirb Äcrr im geiftigen Q3ereid), in einem 2lu«maf, ba«

e« gleichberechtigt neben, gegen ben Staat unb bie kirche ftellt. ©ie (Srfinbung ber Q3ud)brudcrtunft ift ba« ted)nifd)e ©egenftüd jur Eeiftung ber ^Reformation, bie fie verbereiten half«

9Ran tann bie Stärtung be« perfönlicfen Selbftbemufjtfein« begreifen, bie fid) allein au« fold) einer Srfinbungfür bie geiftigen 9Renfcf)en ber3eit ergeben muffe.

9hm fällt menige 3al>rjehnte fpäter in bie von biefer feltfamen neuen Srfinbung

158 ©ie neuen Q3orauSfepungen

(SoppetnicuS. Soljfcpniff vermutlich von ©obiaś Stimmer

aufgeloderte Oßelt bie ORacfjri <ł> t von ©h riff opl) ÄolumbuS’ ppantaftifcher <Japrt nach 3nbien, bie mit ber ©ntbcdung OlmeritaS enbigt.©aS alte Oßeltbilb ber ©rbe als Scheibe, umfloffen vom Ojean, jcrfällt. Secpś 3apre fpäter ent-bedt Q3aSco be ®ama ben Seewegnad) Oft--inbien: bie ©rbe runbet fid), wirb jurÄugel,

©uropa tvirb Hein, bie ©rbe unenblicp viel weifer-unb baS alles burd) bie©ateneiniger weniger einzelner ‘EDZenfcpen. ©ie ©at beS

©oppernicuS,niebergelegt in feiner im ftillen grauenburg am ‘Sxifdjert Äaff entftanbenen Sd)rift von 1543„De revolutionibus orbium coelestium“ ift nur bie lepte Äonfequenj, in- bem fie bie ©rbe auS iprer rupenben Sonber* ftellung perauSnimmt, bie Sphären beS Pp--tpagoraS jerfcplägt unb ben breibimenfionalen Oßeltraum öffnet, in bem fich Srbe unbPla­

neten um bie Sonne bewegen.

SQian follte meinen, baf? eine 3eit, über ber berartige bieORenfcpen aufrüttelnbe ©nt- bedungen, ©rfinbungen unb ©rfenntniffe

fielen, ben ftärlften 9^ieberfcl)lag biefer

©rlebniffe in ber ©ieptung, bie tiefften Spiegelungen biefer fid) auSWeitenben Oßeltftellung beS SDOenfdjen in ber ßitera- tur finben müfjte. 'Jür ©eutfcplanb trifft biefeS nicht gu. ©ie ganje frei werbenbe geiftige ©nergie, bie fich auS aücbem ergibt, wirbpiernod)einmalfaft volltom-- men vom ^Religi Öfen aufgefogen. ©er ftärffte OluSbrud berweltlichen 3eitftim=

mung, bie aufunS getommen ift, ift viel-leichtÄuttenS berüpmteS Oßorf: „Oöiffen- fcpaftenunb Äünfte blühen; eS ift eine Cuft ju leben." ©Sjft aber fepr bejcicpnenb, baf?

biefeS OßorfbeS großen ©eutfcpen wieber lateinifcpgefcprieben würbe: „0 seculum!

O literae! Juvat vivere!“ ©er alte 3wicfpalt, ber mit bem Olufftieg beS

©priftentumS in ber gcrmanifcben Oßelt einfept,offenbart fiep pierunmittelbar an berScpwelle ber neuen 3eif noch einmal

- nur baf? jept bie mobernen, weltlichen Martin <23epaim (1459-1507) 3eitgenöffif(f)er Stich

SHarttn Eutper 159 Kräfte auf ber Seite beß Eateini»

fcfyen ftehen, bie firchltch»religiöfen bagegen auf ber Seife beß ©eut»

fc£>en. ©ie auffteigenbe ^raft ber neuen, auf baß Snbivibuum ge»

fte Uten Qöelt mir ft fich bei unß im mefentlicfyen im Äumanißmuß auß, baß hei^t in ber ^Reugeburt beß flaffifdjen 2lltertumß, ber ®e=

lefjrfamf ei t, beßmelf liehen QBiffenß - in lateinifcher Sprache. *2luf ber germanifeben Seite fte^t Euther, ber ber großen geiftigen QBelle bie Qöenbung inß OMigiöfe gibt unb bamitbie ganje Ära ft ber Seif ber

©ichtung entjieht. ©aß beutfehe Scho ber EReformationßjeit in ber

©ichtung heifcf Äanß Sachß. Eluf ber Seite beß Äumanißmuß fleht ein SOlann mie ©raßmuß von cRotterbam, flehen ^Reuchlin, (Erotuß ERubianuß, (Eelfeß unb viele anbere; auf ber anberen

San Soffaert

Eulas malt bie Sftabonna. £lm 1520

©er Triumph O^cudjtinS. 55ol?>fcf>nitt aug Sutten:

Eleutherii ByzeniTriumphus Doctoris Reuchlini 1558

(Seite ftehen Euther unb feine ‘Jreunbe. ©aß lateinische TJittelmeeribeal, bie frentbe Q3il=

bung hälteßje^t mit ber c2öelt: bie ©eutfchen, emporgcffiegen auß benSchiebenbeßQ3olfß, gierenbie ^onfequenjen ber ^ERpftif beß vier»

jehnten Sahrhunbertßunb verbünben fich bem Senfeitß.Sieger bleibt mieber baß (Schriftliche, bießmal in feiner beutfdjengorm. ©ie ^Refor»

mation gräbt bem Äumanißmußunb feiner Qßeltlichfeit ben ^3oben ab. kulturell mag baß in vielem eine Verarmung gemefen fein;

eß mar berQSemeiß, bafj jept für eine betont lateinifcheKultur feinQ3oben mehr im^Reich mar. ©aß Q3olf ftegte jum erftenmal über bie Q3ilbung - ju einer Seif, ba in Stalien Elrioft unb Elrctino, in <Jranfreich ber un»

ff erbliche ©idjter beß ©argantua, C-Rabelaiß, mirften, inßnglanbbaß ©rama fićh anfehief te, langfam ben Qöeg für Shafefpeare ju bereiten,

i6o ©te neuen Q3orau«fet;ungen

„®ie ^bilofopöie"

‘Bucpilluftration ®üretS aus Äonrab Seite«

„Quatuor libri amorum“, Nürnberg 1502

fiutper fteht viel beutlicher fichtbaralsin ©ürer oberSolbein ober gar AanS SadjS baS felbft- verantwortliche 3nbivtbuum ba. QöaS bisher nur auf ben Äöpen ber SORenfchheit unb in be-fonberen einzelnen ©rfcheinungen möglich tvar, enthebt ficb jept ben allgemeinen, bürgerlichen Schichten. “iReben 5?aifergeftaltenwie 'Jriebrich ben 3weiten treten ein Scaler auS Qlfchaffen-burg, ein Erfurter SDRönd) - biefer fogar mit ber‘Jorberung, baf fein Verhalten jum £eben, feine perfönlidpe Eöfungber religiöfen Rlufgabe allgemcinverbinblid), allgemeines Q3orbilb -Aufgabe febeS ‘SRenfchen auch feiner Schichtfei.

Rin biefem ^unft wirb baS ©efährltche ber geiftigenQßenbung fichtbar, bie bie 3eitum 1500 nimmt.£uther unb mit ihm bie ^Bewegung, bie er

in Spanien bie (fntwidlung ju

£opebe Q3ega unb Servante»ging,

©ie beutfcfye Sichtung, Sebaftian R3rant, xDiurner, felbft fyifdjart, blieb int Schatten ber religiöfen

^Revolution; nur bie Malerei er­ hielt von beutriefenpaftengeiftigen 3ntpulS ber Seit ipr ©eil mit.

Sieben £eonarbo, Michelangelo,

©Raffael ftehen im91ieberbeutfd)en Quinten MaffpS unb ©offaert,

©eertgen unb ©erarb ©avib, im Qberbeutfdjen ©ürer unb Äatts ÄolbetnberSüttgere unb,vielleicht ftärlfter SluSbrucfber ganzen 3eit, TiatthiaS ©rünewalb, in beffen Rßerf ©eiftlicheS unb RöeltlicheS,

©iefe beSgühlenfömtenS bis in bie mpftifchen Schichtenunb lepte ©3 er-bunbenheit mit ber Qöelt, ber go-tifche Menfd) ber SOReifter=<£cfe=

hart-3eit unb ber neue TienfchbeS herauffteigenben geiftigen ©eutfeh-- lanb in eines gefaft fjingeftellt worben ftnb. 3n ©rünewalb unb

91icolauS ‘xOlanuel

Enthauptung Sopanneś beS Säufer«

Canbfcfyaft mit 5?ircf>e

Aquarell von SJIIbrcdjt Qlltborfcr. SOtufeum ‘Sobmanś, 9totterbam

Nach dem Albertina-Druck des Verlages Anton Schroll & Co. in Wien

“SOZcirtin Eutfjer 161

SERatttüaß ©rüneroalb: SJlagbalena unter bem &reuj SfenbeimerSlltar. £ltn 1510. SOlufeum Hnterlinben Colmar

entfacht, bie ^Reformation, [teilen itjre 2lnfprüd)e an eine Qßelt, bie biefe 2lnfprüd)e juglcid) nichtmehrunb noch nicf>f ju erfüllen inberSage ift. ©ie0berfd)icbten, bie dürften, ber 2lbel finb mit wenigen 2lußnahmen geiftig verbürgerlicht, ©ie geiftig werbenben <5ct>i<f>ten beß bürgertumß ftnb nocl)nictjt in ber £age, baß Verlangte ju leiften-unb ber Suntanißmuß, biemoberne bilbungßfd)icht, iftgenau genommen gleichgültig. (£ß ergibt [ich baß merfwürbtge Schaufpiel, baf? bie größte geiftige bewegung ber neuen Seit ihre ftärtfte ©ßirtung junächft im ©egner fyat. ©ie

^Reformation ruft ^apfttum unb ^atholijißmuß auf ben

^lan. 1546 ftirbt Euther;

1540ift ber 3cfuitenorben ent=

[tauben, beginnt ber 2®elt=

fampf jwifchen ^örotcftantiß--muß unb ^atholijißniuß.

cRunb jweihunbert Salärevor»

bereitenberÓlrbeit werbennoch notwenbig, biß auß ben ©rüm--mern beß im ©reifjigjährigen Sfrieg jufammengebrochenen bürgertumß bie eigentliche 2lußwirfung ber beutfchen

^Reformation, bie 3eit beß beutfchen, nidjf mehr la feint-- fd)en Äumanißmuß unbbamit bie jweite blütejeitber beut--fcE>en ©ichtung erwachfen tann - ber ©urdjbruch jum (Seift an ftch, 5um freien (Seift, ber nicfjt mehr einfeitig religiöß gebunben ift, fonbern ftch jetjt nach einem halben3ahrtaufenb qualvoller borbereitung mit einer Äraft unb einemjugleich jugenblichen unb wiffenben (£lan auffchwingt, wie eß ein jwciteß 9Ral in ber (Sefdjichte beß europäifchen (Seifteß nicht

erhört ift. ©Saß Grcfehart begonnen hat/ waß Euther jur bewußten, wenn auch gefährlichen Aufgabe für alle machte, trägt feine Früchte um 1800: fte heilen Äerberunb Ecfftng, Soetheunb Schiller, Ä’ant unb Segel, Sapbn unb ‘SRojart unb beethoven unb Schubert; fie heilen Sölberlin unb Sean ^aul, brentano unb Sichenborff, (fafpar ©avib ‘Jriebrich unb ^Ijrlipp Otto 9?unge. Sie [teilen neben bie 3eit von 1200, je^t auß bem bürgerlichen heraufgeboren, bie jweite grofje blüte ber beutfchen ©ichtung unb, wichtiger nod), beß beutfchen (Seifteß.

*

11 ftccbter

i6s ©ie neuen Qtoraugfe^ungen

gtabant.3 ftraaiiiHa tifttflinujo i*

■cwigtuunoropulaą-ęnnouudU.

ras ttt lamilian$*iw ptttta tantum toqrag.tiDffitola'ipalpäscäralaft.

ftö to rimot-n önnrta» ftnptururü auötarandltam.lemn^inuttml»

b itouiö-nuoftiä l ultaffr amina#, turnus abcifft jpfus-mana träDlft-

©er Qlnfang ber 42jeiligen, »on ©utenberg gebrudfen Q3ibe(. Q3or 1455

$at unb 'JöirtungMartinßutherä waren von breifacher ßlrt unb bo<h auf einem gemeinfamen tragenben ürgrunb gewachfen - auf ber $atfad)e, baf? fjier jum erftenmal in ber beutfchen Snfwid-- lung ein <2Df?enfc£> von größtem geiftigem 'Jormat jugleid) vollkommen 'zOJann beä Q3oltcä, ber 2lllgemeinf)eit war unbblieb, ßuther [teiltewiebie Nipftit, wie Sdehart bie religiöfeQjßelt auf baä (Erlebniä beä einjelnen; er verfugte aber, wenn aud) vergeblich, mit biefem ©laubenäerlebniä in ben Sßereidjen ju bleiben, bie bem Q3olf, ber ßlllgemeinheit neben ihm ju=

gängiidj) waren. (Er fdj>uf biefer ßlllge-- meinheit ben erften grunblegenben, Volk bilbenben 'Jattor, biegemeinfameSprache - unb er legte mit bieferSprache, beren Präger er herauärif? auä ber immer nod) beftehenben großen europäifchen 3nter=

nationalität ber Kirche, ben erften voltä-- mäfjigen®runbfür ben QSegriff berNa=

tion überhaupt.

Niartin ßuther hat mit feiner Q3ibel=

Überfettung viel mehr getan, alä baf?

er bem Q3OII bie heiligen Schriften beä feiner Näitterfprache jugänglich machte, vor ihm fchön beä öfteren verfucht tvorben. (Eä gibt oberbeutfdje,

alemannifche, nieberbeutfehe Übertragungen ber heiligen Schrift auä bem fünfjehnten 3ahrhunbert lange vor ßuther.

Seine $at iftnicht fo fehr, baf?

er bie Q3tbel übertrug, fon=

bern, wie er baä tat, unb in welcher Sprache er baä tat.

©ie einjelnen Stämme auf beutfehem QSoben waren ju jener 3eit nod) viel mehr alä heute munbartlich unb nichtnur munbartlich voneinanber ge«

fdjieben. ©aä Nieberbeutfd)e warbie Sprache beä Norbenä von ©ünfirchen biä Niga unb unterfchieb ftch feparf unb Svenen unb beä eilten Seftamentä in

©aä tvar

■Sitcl ber erften Oluśgabe »on Eutperä Überlegung t>e2 Neuen Seftamento. 'Jßittenberg 1522

SRartin Eutper 163 abgegrenjt vom £>berbeutfchen, von ber Sprache beź Subettź unb beź Sdbmeftenź.

€in allgemeinverbinblid)eź ©eutfd), baź meber ober- nod) nieberbeutfd), meber thüringisch noch alemannifcf), meber bairifd) nod) fränfifch mar, tarn im (Srunbe nur auź ben taiferlidjen Ä’anjleien; bieQ3Uroź ber dürften unb Stabte paßten ftch biefem SJluźgleichźbeutfch an, machten eź aber zugleich für ihre Sonbermunbarten verftänblid).. Eufhcrź $at mareź, baf er bie Q3ibel, auźgehenb vom Sprachftil ber fäd)ftfd)en Äanjleien, in

ein ©eutfd) übertrug, baź 9berbeutfd)en mie 9tieber-beutfd>en sugleict) jugängltd) mar. (Er fcijuf bamitbaź erfte

‘Such,baź alle©eutfchen lefen tonnten, baź nidjtmehr nieber- beutfcb °ber oberbeutfcfy mar, fonbern beutfch. ,,©aź 9?eme

^eftament ©eutjfd)" ftef)t auf bem ® telblatt ber September­ bibel von 1522. ©er Segriff

©eutfd) mar bamit auź bem blofj begrifflichen in bie Qßirt- lid)feit beź ganzen bolteź bitt-eingertffen.

Sie bibelüberfetjung £u-tf>erź ift immer nod) baź ver- breifelfte buch ber ©eutfchen.

Gr fyat mit ihr bie Qltmo-fpfjäre beź biblifchen gefd>af-fen, bie aud) für unź fyeute fyat mitihr bie geiftige 21tmo--fpbäre für bieneue ©icf>tung ber ©eutfd)en überhaupt feft­

gelegt. (Er ging vomboltauź; man brauchtnur einmal bie berühmten ©runbfätje feiner bibelarbeitin bem „Senbfdjreibenvom ©olmetfdjen" nach^ulefen, in benen feine urfprüngliche natürliche berbunbenbeit mit bem (Sanken mit prachtvoller Selbftverftänblid)leit jutage tritt. (Er verteibigt ftch gegen feine Krittler: „SQlan rnuft nicht bie buchftaben in ber lateinifchen Sprachen fragen, mie man foll beutfch reben, mie biefe Gfel tun; fonbern man mup bie butter im Saufe, bie Äinber auf ber ©affen, ben gemeinen 9Xann auf bem SDiarft brum fragen unb benfelbigen auf baź 9Raul fef>en, mie fte reben, unb barnach bolmetfchen, fo ver­

fielen fte eź benn unb merfen, baf? man beutfch mit ihnen rebet... 3fem: ba ber

11

*

ÄeTHEKNA IPXE SVAE-AXENTIS $IMVLACHRĄ LVTHERW EkPRJMITAT WLTVS CERA LVGKE OCCLDVOS1

AVJDCKX

, • . A-..

Eutper. Äoläfctmitt von Eucaź Eranacß b. Qi.

164 ®te neuen Q3or«u2fet)un<ien

©ngel SOiariant grüft, unb fprićĘ>t: ,®egrüfjet feift ©u, ORarta voll ©naben, ber Serr mit

©ir‘. Oßohlan, fo ift’« bi«her fcfjtecfjtben latei* nifcfyen Q3u<hftaben nad) verbeutfd)et.Sage mir aber, ob’« aud) gut beutfd) fei! Qßo rebet ber beutfche SERamt alfo? ©ubiftvoll ©naben.Unb mcld^er©eutfd)er verfielt, tva«gefagt fei: voll

©naben? ©r mufj beuten an ein gaf? voll Q3ier ober Qßeufel voll ©elbe«. ©arum hab icfj’ß ver--beutfd)t: ,©u Solbfelige', bamit aud) ein ©eut«

fchcr befto mehr fjinju fünne benten, ma« ber

©ngel meinet mit feinem ©ruf)."

ßuther«Seftalt unb Oßerffteht fomif tveniger in al« vor ber neuen beutfchen ßiteraturentmid»

lung. ©r fdjafft bie Q3orau«fehungen, fcßafft fte in einem Oßerf, ba« von ftd) au« erft in jtveiter ßinie in eine ®efd)id)te ber beutfchen©ichtung gehört, meil e« ftch um eine £lberfct)ungdarbeit hanbelt. Seine eigenen bicßterifcßen Örbeifen ffehen neben biefer entfdjeibenben ßeiftung im Sintergrunb, frohaller ^raftunb Unmittelbarfeit, bie aud) fte erfüllt, ©er ©ichter ßutherfcßuf ba« ßieb, ba« über bie

3ahrhunberte hintveg feine 9?olle in ber geiftigen ©nttvidlung ber Station auf« bextt licßff e umfchreibt, ba« ßieb ber ©eutfd)en, fotveitfie O>roteftantenfinb:„©in feffe Qßurg ift unfer ©oft." 9lur ein SOOenfcf) fonnte biefe Qßerfe fd>reiben, ber in fich S<tnj volf«mäf ige Äraft beä OMigiöfen tvar; felbft fo unver-- gängltd)e ©inge tvie ßuther« Qßeih»

nad)t«lieb: „Q3om Simmel hoch, ba fomm icß her", vberba« grof»

artige: „Serr ©ott,©ichloben tvtr"

treten bagegen in benSinfergruttb.

Äeine jmeite ©rfcheinung be«

geiftigenßeben« hat berart tiefin bie ©efchide ber Nation einge--griffen mie ßuther. ©« ift, al« ob in ihm ein ©injelner fpmbolhaft nod) einmal für fich allein unb ba»

geiftigenßeben« hat berart tiefin bie ©efchide ber Nation einge--griffen mie ßuther. ©« ift, al« ob in ihm ein ©injelner fpmbolhaft nod) einmal für fich allein unb ba»